Ein Bad für zwei
Lost Angel
Kapitel 9 – Ein Bad für zwei
Jesko’s PoV
Ich schmiegte mich noch einen Moment an ihn, bevor ich mich aufsetze. Er war
eingeschlafen. Neben mir. Einfach so. Hatte er denn keine Angst, dass ich ihm
noch irgendetwas antat? So sicher konnte er sich doch gar nicht bei mir fühlen.
Und dennoch schlief er. Sah dabei sogar richtig niedlich aus. Wenn er wach war,
wirkte er gar nicht so. Die Kälte war ihm dann buchstäblich ins Gesicht geschrieben.
Ob er wohl einmal richtig von Herzen lachen konnte. Gekonnt hatte er es. Früher
einmal. Das war doch schon so lange her. Aber zumindest wenn so sah er süß aus.
Er war aber auch völlig ausgepowert gewesen. Kein Wunder also, dass er sich
nicht wach halten konnte. Und gerade in diesem Zustand hätte ich ihn doch ganz
einfach zerreißen können. Es wäre ein Leichtes gewesen. Keiner hätte ihm auch
helfen können. Niemand hätte seine gequälten Schreie gehört. Wenn er überhaupt
schreien hätte können. Aber im Grunde konnte ich nicht. Seinem schönen Körper
konnte ich nicht wehtun. Bei jedem anderen Vampir wäre mir das Momentan nicht
schwer gefallen. Aber irgendetwas hinderte mich bei ihm. Vielleicht dieses
kleine, gerade aufblühende Gefühl in mir. Ein klein wenig musste das doch da
auch bei ihm sein. Wie sollte er sich denn mir sonst so hingeben können.
Ich beugte mich über ihn. Sah eine endlose Minute in sein schlafendes Gesicht.
Ich wäre wohl wirklich nicht in der Lage gewesen in zu zerfetzen, obwohl es mich
schon lange einmal interessiert hatte, wie Vampirfleisch wohl schmecken würde.
Ob es wirklich süßer war, als anderes. Ich schluckte. Zart war es sicherlich.
Zumindest seines.
Er reckte sich im Schlaf hoch. Schlang die Arme um meinen Hals. Sanft löste ich
die Umarmung aber sofort wieder. Sammelte meine und seine Klamotten ein. Es wäre
nicht gerade gut, wenn uns so jemand hier draußen entdecken würde. Weder für mich
noch für ihn. Obwohl es für mich wohl schlechter aussehen würde. Er schlief
immerhin und ich war der Werwolf. Keiner würde mir glauben, dass er es freiwillig
getan hatte. 'Sayonara' könnte ich dann nur noch sagen. Es wäre für mich aus. So
schnell könnte ich wohl auch gar nicht schauen. Zum Glück war bis jetzt nur noch
niemand in Sicht. Vielleicht lag das auch einfach nur daran, dass wir so ziemlich
weit hinter der Villa waren und dann auch noch weit genug am Wald.
Binnen Minuten hatte ich mich vollendet angezogen und kurz darauf auch meinen
Herrn. Er war nicht einmal aufgewacht. Wie müde musste er nur gewesen sein, dass
er so fest schlief? Oder war ich einfach nur zu vorsichtig gewesen? Wecken
wollte ich ihn eigentlich wirklich nicht. Gerade wo er anfing im Schlaf etwas
vor sich hinzu murmeln. Irgendwie war er schon ... süß.
Ich spürte, wie mich eine Schneeflocke berührte. Und es sollten noch mehr
werden. Wenn ich mich nicht beeilen würde, dann könnten wir wohl hier draußen
erfrieren oder zumindest würde sich Jemil eine Erkältung – wenn nicht sogar
etwas Schlimmeres – zuziehen.
Sanft nahm ich ihn hoch. Versuchte ihn auch gleich etwas zu wärmen. Er fror doch
so. Das musste ich nicht einmal sehen. Ich spürte es. „Mein armer, kleiner Vampir“,
flüsterte ich. Es war mir im Moment völlig egal ob er nun etwas für mich empfand
oder nicht. Ich ertrug es auch gut und gerne, wenn er mich nicht liebte und nur
einfach mit mir schlafen wollte. Diese Anhäufung von guten Gefühlen reichte mir
schon.
Ich marschierte zum Haus. Einfach geradewegs darauf zu. Mir war ganz egal, ob
dort eine Tür war oder nicht. Blickte mich dann schließlich nach rechts und links
um. Nichts als Mauer vor mir. Nicht einmal ein Fenster. Oder lag das nur daran,
dass ich nicht wirklich viel mehr sah. Es hatte immer schlimmer angefangen zu
schneien. Meine Kleidung war schon leicht durchnässt und bei Jemil sah es auch
nicht besser aus. Ich musste ihn wirklich dringend nach drinnen bringen.
Zwar fand ich bald eine Terrassentür und die war auch offen. Nur war es stockdunkel
und ich sah nichts. Beinahe wäre ich über etwas gestolpert und dann wäre ich
auch noch fast ausgerutscht. Mit ihm im Arm war laufen wohl gar nicht so
einfach. Und bei der Finsternis erst recht nicht.
Plötzlich wurde das Licht angeschaltet und ich blickte in die dunklen Augen von
Jemils Vater. Vor Schreck hätte ich aufschreien können. Aber irgendwie konnte
ich es mir verkneifen. Doch der Schock war mir wohl ins Gesicht geschrieben.
„Was machst du dreckige Missgeburt mit meinem Sohn?“, fauchte der Vampir mich
an. Ich trat ein paar Schritte zurück. War er ihm doch etwas wichtig? Oder lag
es einfach nur daran, dass ich ihn im Arm hatte. „Äh ... er ...er ist ... äh ...
er ist draußen ... zusammengebrochen, Meister.“ Irgendeine Ausrede musste ich
mir einfallen lassen und das war wohl für den Anfang das Beste.
Es kam erst keine Antwort. Verängstigt schluckte ich. Ging noch einmal einen
Schritt zurück. „Wie hast du mich genannt?“, knurrte Jemils Vater. Ich schluckte.
„Mei... Mei... Ich habe Euch Meister genannt.“ Langsam senkte ich den Kopf. Es
wäre wohl falsch gewesen, den Blick noch hoch zu halten.
„Bring ihn in sein Zimmer, Köter!“
Langsam wagte ich es wieder aufzusehen. Blickte wieder direkt in diese dunklen
Augen. Nickte dann zaghaft. „Werde ich machen ... Meister.“
Ich schlich an dem Vampir vorbei. Wagte es nicht mehr ihn auch nur einen Moment
anzusehen. Als ich endlich mit Jemil außer Hör- und Sichtweite war, drückte ich
ihn zärtlich wieder an mich. Seufzte erschöpft. Ich hatte wirklich Panik. Jemils
Vater hätte mich genauso gut umbringen können. Und dennoch hat er es nicht getan.
Wieso denn nur? Hatte ich irgendetwas gemacht, was ihn davon abhielt?
„Na, Wölfchen, wieder deinen Spaß gehabt?“ Ich wirbelte verschreckt herum. Sah
aber nur Devin. Atmete dann erleichtert auf. „Ach nur Ihr“, seufzte ich. Lehnte
mich an die Wand und drückte Jemil erneut an mich.
„Was habt ihr gemacht? Du bist klitschnass!“ Devin zog eine Augenbraue hoch. Sah
mich irritiert an. „Wir waren nur eben noch draußen“, erwiderte ich. Die Augen
des Rothaarigen weiteten sich. „Bist du irre! Jemil wird ohnehin so leicht
krank! Und dann läufst du mit ihm bei dem Wetter draußen herum?“
Besorgt sah ich zu Jemil. Er schmiegte sich im Schlaf an mich. „Dann sollte ich
ihm wohl besser ins Bett bringen!“ Bei meinen Worten zog Devin nur noch die andere
Augenbraue hoch. „Das wird wohl das Beste sein, aber ... lass ihm lieber ein
warmes Bad ein.“
Ich sah zu dem rothaarige Vampir auf. „Aber dann wird er doch wach.“ „Und? So
wird ihm aber nicht warm und erst recht nicht in den nassen Klamotten!“ Ich
nickte langsam. „Dann werde ich das machen.“ Zaghaft marschierte ich weiter.
Doch ich wendete mich noch mal kurz zu dem anderen. Lächelte leicht.
Kurz darauf war ich endlich wieder in 'Jemils' Gang. Betrat einfach das erste
Zimmer. Es sah fast genauso aus, wie das in dem ich die letzten beiden Tage
verbracht hatte. Sanft legte ich ihn aufs Bett. Tapste geradewegs ins Badezimmer.
Nur um gleich das Badewasser einzulassen. Es dauerte Minuten bis endlich genügend
in der Wanne war.
Ich marschierte schließlich zurück in das andere Zimmer. Jemil war aufgewacht
und hatte sich aufgesetzt. Er zitterte leicht. „Ich hab dir ein Bad eingelassen“,
meinte ich. Setzte mich einen Moment neben ihn. Legte leicht den Arm um ihn.
„Du kannst mit baden“, hauchte er mir ins Ohr, als er aufstand und auch gleich
versuchte mich mit hochzuziehen. „Das ist doch doof!“ Ich ließ mich wieder
zurückfallen. Riss ihn dabei unweigerlich mit. Etwas unsanft landete er auf mir.
Rappelte sich etwas wieder auf.
„Hast du mich hergetragen?“, fragte er. Kniete sich kurz wieder neben mich aufs
Bett. Ich nickte. Mit einem fast schon netten Gesichtsausdruck stand er wieder
auf. „Dann kannst du auch mit kommen!“, meinte er nur, als er schon an der Tür
ins Badezimmer stand.
Wirklich wollen tat ich nicht. Er hatte sowieso nur wieder das eine mit mir vor.
Und auch wenn ich mich als sein kleiner Sklave geoutet hatte, musste er nicht
andauernd. Sollte er doch mal wieder seine Finger spielen lassen.
„Komm endlich!“, rief er. Und auch wenn ich gar keine Lust hatte, stand ich
einfach auch auf und ging hinter ihm her. Ich war eben doch nur sein williger
Sklave.
Genüsslich hatte er es sich schon in der Wanne bequem gemacht, als ich eintrat.
Mit einer Handbewegung deutete er mir an, dass ich herkommen sollte, was ich
einfach auch machte. Er legte mir seine nasse Hand auf die Wange. „Komm mit rein!“,
flüsterte er, als mein Blick über seinen Körper schweifte. Wenn ich ihn noch nie
so gesehen hätte, wäre ich wohl rot geworden, aber zu meinem Glück war es nicht
so.
Zaghaft zog ich mich aus. Jemil sah mir mit dem Kopf auf den Wannenrand gelegt
dabei zu. „Dein Körper ist wirklich schön“, meinte er schließlich. Ich konnte
fast schon sehen, wie die Adern unter seiner Haut pulsierten.
„Kommst du jetzt zu mir ins Wasser?“, fragte er vorwurfsvoll, als ich mich keinen
Zentimeter rührte. Etwas unsicher wollte ich es schon machen. Nur fiel mir dann
auf, dass da überhaupt kein Platz mehr für mich war. „Legt dich einfach auf
mich“, meinte Jemil, als ob er es bemerkt hatte, dass ich darüber nachdachte.
Aus irgendeinem Grund hatte ich das dann gemacht. „Bin ich dir auch nicht zu
schwer?“ Es kam mir so vor, als wäre es genau so. „Nein, geht schon!“ Etwas
mühsam brachte er einen seiner Füße unter mir hervor. Legte ihn mir um die
Hüfte. „So ist es besser“, flüsterte er.
Ich fühlte mich nicht gerade wohl bei dem Gedanken, dass ich wirklich gerade so
einfach auf ihm lag. Ohne Hintergedanken. Denn er wohl auch nicht hatte.
„Das wollte ich schon immer mal machen!“ Er reckte sich zu mir hoch. Berührte er
meinen Hals mit seinen Lippen und wanderte dann ein Stück weiter nach unten. Ich
keuchte leicht. „Magst du nicht?“ Jemil sah zu mir auf. Es hatte ihn doch bei
keinem der beiden Male, als wir Sex hatten, interessiert, ob ich wollte. Und
dann fragte er gerade jetzt.
Langsam schüttelte ich den Kopf. Er rutschte etwas hoch. So blieb ein Stück für
mich am eigentlichen Fußende der Wanne. Irgendwie eingeschüchtert zog der Blonde
die Füße ganz nah an den Körper. Zwar hatte ich so noch etwas mehr Platz, aber
es gefiel mir nicht, wenn er so da saß. Wirkte so schüchtern. Das kannte ich
nicht von ihm. Sonst war er doch immer dieses kalte Etwas gewesen. Und jetzt? Er
machte sich wirklich die Mühe mir zu zeigen, wie es ihm ging. Und ich verstand
es sogar, auch ohne Worte.
Zärtlich legte ich die Arme um ihn. Schmiegte mich an ihn. Nur das warme Wasser
war das, was noch zwischen unseren nackten Körper lag. Und gerade dieses ließ
sich ganz leicht verdrängen.
Er summte leicht, als ich sanft mit den Händen über seinen Rücken fuhr. Solche
leichten Berührungen genoss er wohl noch viel mehr, als irgendwelche andere. Da
konnte ich ihn so sehr befummeln, wie ich wollte. Es wäre nie so schön für ihn.
Er presste den Kopf gegen meine Brust. Drückte mich dadurch leicht zurück. Bis
er fast auf mir lag. „Rollen getauscht“, flötete er fröhlich. Ich lächelte nur
leicht. Bis ich den Druck auf meinem Schritt spürte. „Nicht, Jemil!“ Ich
versuchte mich von ihm zu befreien. Doch er ließ nicht locker. „Lass dich doch
etwas von mir verwöhnen, mein süßes, kleines Hündchen!“
Er fuhr mir mit den Fingern durchs nasse Haar. Legte schließlich den Kopf in den
Nacken. „Das ist richtig entspannend“, seufzte er. Nur war das für mich nicht
ganz so angenehm, wenn er so weiter machte. Der aufkommende Druck zwischen
meinen Beinen war nämlich nicht gerade etwas, was man den ganzen Tag haben
wollte.
„Ich glaube, du hast schon genug“, säuselte Jemil. Lächelte aber gleich darauf
ganz leicht. Streckte sich dann auch noch. Ich konnte keinen Moment die Augen
von seinem Körper lassen. Noch vor ein paar Tagen hätte es mich angewidert
irgendeinen Vampir so zu sehen, aber bei ihm war es jetzt sogar ein schöner
Anblick.
Er beugte sich noch einmal kurz über mich. Berührte meine Stirn mit den Lippen
und stand schlussendlich auf. Tapste mit seinen nassen Füßen über die Fliesen.
Nur um sich ein Handtuch um die Hüften zu legen.
Trocknete sich schließlich auch genüsslich langsam ab. Nur damit ich wohl noch
ein paar Blicke auf ihn werfen konnte. Bis er sich anzog. Ohne meinen traurige
Seufzer zu beachten.
„Tu nicht so lüsternd“, kicherte Jemil und drehte sich zu mir um.
Ich hatte es gar nicht bemerkt, dass ich so geschaut hatte. Eigentlich bewunderte
ich doch nur seinen Körper. Sonst nichts.
Er seufzte. „Ich geh dann mal. Lass dir Zeit und entspann dich noch ein bisschen“,
meinte der Vampir noch, bevor er den Raum verließ. Wieso wollte er denn nur
plötzlich so schnell weg? Hatte er etwas gehört?