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Last Desire 3

L x BB
von

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Ab in die (Schwulen)bar

Als sie nach einem langen Flug endlich in Boston gelandet waren, lud Rumiko Beyond und Jamie in ihr Haus ein, wo sie sich erst mal von der Reise erholen konnten. Auf das Angebot kamen sie gerne zurück und im Gegenzug mussten sie nur versprechen, gemeinsam mit ihr und Jamie in ihrer gemeinsamen Lieblingsbar Lovely Evening vorbeizuschauen. Dort wollten sie zusammen feiern und Rumiko versicherte, dass es noch ein lustiger Abend werden könnte. Zwar war L nicht gerade der Typ Mensch, der gerne irgendwo hinging, aber Jamie und Rumiko zuliebe willigte er schließlich ein. Gleich am nächsten Tag, nachdem sie sich von den Strapazen erholt hatten, trafen sie sich am Abend, um Rumikos und Jamies Junggesellenabschied in ihrer gemeinsamen Lieblingsbar Lovely Evening zu feiern. Sie fuhren mit dem Taxi dorthin und schon vom Fenster aus sahen sie den Namen in leuchtender Neonschrift über dem Eingang. Die Bar selbst war modern eingerichtet und wirkte sehr einladend. Eigentlich war L ja nicht der Typ Mensch, der an solch belebte Orte ging, aber so konnte er auch mal neue Erfahrungen sammeln. Gleich schon, als sie die Bar betraten, wurden sie lautstark und begeistert begrüßt, als sie Rumiko und Jamie sahen. Die Stimmung in der Bar war ausgelassen. Es war nicht zu laut und obwohl ziemlich viel los war, wirkte es seltsamerweise gar nicht mal so chaotisch, wie L zunächst befürchtet hatte. Der Barbesitzer, ein gewisser Terry begrüßte Rumiko herzlich. „Mensch Rumi-schätzchen, es ist schön, dich wiederzusehen. Und dich natürlich auch, Jamie. Wie war denn euer Urlaub?“

„Wunderbar. Und ich hab auch gleich mal meinen Bruder und dessen Freund mitgebracht.“ Er führte sie zu einem Tisch, der sich als Rumikos und Jamies Stammplatz entpuppte. Tatsächlich verbrachten sie fast jeden Abend hier, um sich mit Freunden zu treffen, oder einfach so mal Spaß zu haben und zu reden. Nachdem sie alle Platz genommen hatten, nahm der Kellner Joey ihre Bestellung auf. Schließlich, als er Rumiko fragte „Das Übliche?“, da schüttelte sie den Kopf und antwortete „Einen alkoholfreien bitte. Alkohol ist für mich ab heute gestrichen.“ Und als sowohl Joey als auch Terry das hörten, wurden ihre Augen groß und sie fragten überrascht „Dann… dann bist du…“ „Jep, ich bin schwanger.“ Begeistert tauschten sie Blicke aus und wandten sich an die anderen Gäste der Bar. „Hey hört mal her, Leute! Unsere Rumi ist schwanger!“ Partystimmung brach aus und alle, die gerade etwas zu trinken parat hatten, hoben ihre Gläser. Rumiko gab erst mal allen Leuten zur Feier des Tages einen Drink aus und man sah ihr an, dass sie sich sichtlich wohl fühlte. „Ich liebe diese Bar hier. Die Jungs hier sind alle so herzlich und man kann immer Spaß mit ihnen haben.“ L, der sich in so einer Umgebung noch nicht so wirklich wohl fühlte, sah sich schweigend um und bemerkte, dass die Männer hier alle Rumiko ganz gut kannten. „Sind das alles Freunde von euch?“ „Die meisten schon. Das sind alles Stammgäste und die kennen uns schon eine ganze Zeit lang, auch Beyond. Sie sind wirklich herzlich und absolute Gentlemen.“

„Sag mal Rumiko“, warf Beyond kurz ein und deutete auf den Barbesitzer, der gerade mit dem Barkeeper redete. „Haben Joey und Terry etwa schon…“

„Nein, das ist vorbei. Joey ist jetzt mit Sammy verheiratet und Terry ist mit Alex zusammen.“

„Alex?“ fragte er überrascht und hob die Augenbrauen. „Dabei dachte ich eher, Alex würde mit Troy zusammenkommen. Mensch, ich muss echt einiges verpasst haben.“ L hörte den Gesprächen nur mit einem halben Ohr zu und ließ immer wieder den Blick durch die Bar schweifen und beobachtete die Gäste neugierig. Schließlich aber spürte er eine Hand auf seiner Schulter und ein groß gewachsener, muskulöser und sonnengebräunter Mann mit kurz geschnittenem schwarzem Haar und einer goldenen Halskette stand neben ihm. Er machte einen etwas seltsamen Eindruck und grinste ihn an. „Hey, wie wäre es, wenn ich dich auf einen Drink einlade?“ „Danke Norman, aber L ist mit mir hier!“ entgegnete Rumiko mit einem höflichen Lächeln, bevor L noch die Chance bekam, selbst zu antworten. „Oh, wenn das so ist…“ Damit ging der sonnengebräunte Mann wieder und L sah ihm noch nach. Was war das denn gerade? Was wollte der Kerl denn von ihm? Rumikos rot leuchtende Augen sahen L mit einem etwas verträumt wirkenden Blick an und sie hatte immer noch ihr Lächeln auf den Lippen. „Die Jungs hier sind alle anständig und absolute Gentlemen. Wenn du sie höflich abweist, dann gehen sie auch schon wieder und lassen dich in Ruhe.“

„Wieso abweisen? Was…“ L verstand nicht so wirklich, was das zu bedeuten hatte und worauf Rumiko denn eigentlich andeuten wollte. Doch dann dämmerte es ihm langsam und er sah sich noch mal um. Bis vorhin war es ihm noch nicht seltsam vorgekommen, dass es hier in der Bar nur Männer gab, aber als er dann plötzlich in einer Ecke ein Paar knutschen sah, da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und ein kleiner Schreck durchfuhr ihn. Großer Gott, wieso hatte er es denn nicht gleich erkannt? Das Lovely Evening war nicht bloß irgendeine Bar, das war eine Schwulenbar. Rumiko hatte sie allen Ernstes in eine Schwulenbar gebracht. Dabei hatte er es doch die ganze Zeit vor Augen gehabt. Rumiko hatte doch selbst gesagt, dass alle ihre männlichen Freunde schwul seien und dass sie hier in der Bar oft Freunde traf. Es war so offensichtlich gewesen und er hatte natürlich mal wieder die längste Leitung von allen gehabt, bis er es endlich geschnallt hatte. „Jedenfalls solltest du bei Norman aufpassen, L. Er ist ein wenig komisch. Pass also besser… ähm, L? Alles okay mit dir?“ Beyond sah ihn fragend an und merkte dann, was los war. Und natürlich konnte er nicht anders, als zu lachen. „Ich glaube, ich lach mich kaputt! L hat erst jetzt gecheckt, dass das hier eine Schwulenbar ist. Oh Mann, was Kriminalfälle betrifft, bist du ja ein absolutes Genie, aber bei solchen Sachen bist du ja der absolute Spätzünder.“

„Sehr witzig“, entgegnete der Detektiv beleidigt und zog eine missmutige Miene. „Hättet ihr mich nicht vorher warnen können, bevor wir hierher gehen?“

„Wieso denn?“ fragte der Serienmörder und zuckte gleichgültig mit den Schultern, so wie sonst auch immer, als wäre nichts dabei. „Ist doch nicht so wild. Wir beide sind doch auch vom anderen Ufer. Und außerdem kann man hier auch Spaß haben. Als ich eine Zeit lang hier in Boston gewohnt habe, da habe ich in der Bar glatt drei Verehrer gehabt. Und überhaupt: Ich hatte nicht erwartet, dass ich dir das extra sagen muss, weil du ja sonst immer den absoluten Durchblick hast. Also bleib mal locker. Die Jungs hier sind alle in Ordnung und die machen schon nichts Unanständiges.“ Das ist es doch gar nicht, du Blödmann. Ich hätte nur gerne vorher gewusst, auf was ich mich hier einstellen muss, dachte L und grummelte leise vor sich hin. Jamie lächelte wie immer und sah L mit seinen großen Augen an. „Die sind alle hier wirklich sehr nett. Wenn du ihnen sagst, dass du schon mit jemandem hier bist, dann lassen sie dich auch in Ruhe. Terry und Joey sind unsere engsten Freunde und haben uns oft geholfen. Die beiden waren auch schon verlobt gewesen, aber dann haben sie sich getrennt und Joey ist jetzt mit Sammy zusammen und Terry mit Alex.“ Trotzdem musste L das jetzt erst einmal sacken lassen, denn er hätte ja mit allem gerechnet, aber nicht damit, dass Rumikos und Jamies Lieblingsbar ein Schwulentreff war. Oh Mann, mit denen passieren mir auch die unmöglichsten Dingen, dachte er und seufzte. Aber das Lovely Evening schien gar nicht mal so schlecht zu sein. Die Stimmung war hier ausgelassen und man sah schon, dass Rumiko und Jamie hier wirklich gerne gesehen waren. Sie standen zwischendurch auf und unterhielten sich auch mit den anderen Gästen, während Beyond sich eher etwas zurückhielt. „Hast du etwa ein Problem damit, dass wir hierher gekommen sind?“ fragte der Serienmörder schließlich und sah L mit seinen rubinroten Augen an. Dieser schüttelte den Kopf und murmelte „Nein, das ist es nicht. Ich bin das hier alles nur nicht so wirklich gewohnt, das ist alles. Die ganzen Jahre hab ich ja recht zurückgezogen gelebt und jetzt so was…“ „Na komm, so schlimm ist es ja nicht. Aber weißt du was? Hauptsache ist doch, dass Rumi und Jamie ihren Spaß haben. Sie werden immerhin morgen heiraten und an den Gedanken habe ich mich selber noch nicht gewöhnt. Jamie kenne ich schon seit ich klein war und er war immer ein guter Freund gewesen. Und jetzt zu wissen, dass er meine Adoptivschwester heiraten und bald mit ihr ein Kind haben wird, das ist für mich noch ein bisschen viel. Aber ich denke mir einfach, dass sich alles zum Guten gewendet hat. Die beiden sind glücklich und wir zwei sind es doch auch. Wir sind zusammen und auch wenn wir unsere Probleme hatten, haben wir doch alle Schwierigkeiten bis jetzt meistern können. Und wenn wir hier in Boston bleiben, müssen wir beide lernen, uns ein wenig mehr anderen Menschen zu öffnen. Denn eines steht fest: Rumiko wird uns nicht das letzte Mal in die Bar gebracht haben. Das ist ihr zweites Zuhause.“ L schwieg und sah zu Rumiko und Jamie, die sich mit einem Pärchen unterhielten und dabei viel lachten. Die schienen wirklich glücklich zu sein. Wie er von Beyond erfuhr, war das Pärchen, bestehend aus Greg und Jeffrey, hauptberufliche Hochzeitsplaner und schienen auch Rumikos und Jamies Hochzeit organisiert zu haben. Und auch einige andere Stammgäste der Bar schienen da mitzumachen. „Wie kommt es, dass Rumiko hier so bekannt ist?“

„Sie kommt hier schon seit Jahren her und außerdem hat sie die Bar vor der Schließung gerettet und sie komplett auf Vordermann gebracht. Für die meisten ist das Lovely Evening mehr als nur eine Bar. Es ist der Ort, wo sie Gleichgesinnte treffen und offen über ihre Beziehungen sprechen können, ohne dass sie dumm angemacht werden. Und außerdem finden hier neue Paare zusammen. Man könnte das also auch als eine Art Datetreff bezeichnen. Wie schon gesagt: als ich eine Zeit lang hier in Boston gelebt hatte, da habe ich drei Verehrer gehabt. Und wie es scheint, hast du auch schon den ersten.“ Damit deutete Beyond zu dem gebräunten Mann am Tresen, der ihn vorhin angesprochen hatte. Rumiko hatte ihn Norman genannt. Der Kerl schaute immer wieder kurz zu ihm rüber und irgendwie hatte L kein sonderlich gutes Gefühl bei ihm. Hatte Rumiko ihm auch nicht ans Herz gelegt, bei diesem Kerl besser aufzupassen? „Kennst du den?“

„Ich hab ihn nur ein Mal gesehen. Besser du fragst Rumiko oder Jamie.“

Es wurde immer später und die Stimmung in der Bar war auf dem Höhepunkt. Rumiko war richtig in Partylaune und gab einen Drink nach dem anderen aus. Die Musik wurde weiter aufgedreht und es wurde auch getanzt. L, dem das langsam ein wenig zu viel wurde, ging nach draußen an die frische Luft. Zwar war die Feier ganz nett und er konnte nicht leugnen, dass er es gar nicht mal so schlecht fand, aber trotzdem würde er sich so schnell nicht daran gewöhnen können. Und außerdem war es ihm darin ein wenig zu laut geworden. Draußen an der frischen Luft konnte er erst einmal tief durchatmen. Der Wind war eisig, es war dunkel, aber zumindest war es nicht so laut und stickig. L ging noch ein paar Schritte und lehnte sich dann gegen die Hauswand. Und während er sich abkühlte, dachte er noch mal über die letzten Tage nach. Es war wirklich viel passiert für seine Verhältnisse. Er hatte Beyonds Adoptivschwester und ihren Verlobten kennen gelernt, sich mit Beyond gestritten und zum ersten Mal mit so etwas wie Eifersucht zu kämpfen gehabt. Und jetzt war er nach einem recht kurzen Aufenthalt in Japan nach Boston gezogen und hatte jetzt Freunde. Seit er mit Beyond zusammen war, begann sich sein Leben immer weiter zu verändern und er konnte sich selbst kaum wiedererkennen. Es war ein so seltsames Gefühl und er fragte sich, ob das wirklich alles nur an Beyond lag, oder auch ein Stück weit an ihm selbst. Zugegeben, er war nicht gerade gesellig und würde es auch nie werden, denn seine Sozialkompetenz war wirklich miserabel. Aber diese Freundschaft zu Rumiko und Jamie war ganz anders als die zu Light Yagami, die er damals geführt hatte. Die beiden halfen ihm und Beyond, weil sie es als selbstverständlich ansahen und weil sie Wert auf Zusammenhalt legten. Sie taten es, ohne auch nur die geringsten Hintergedanken zu haben. Irgendwie fühlte sich diese Freundschaft richtig an und er mochte Rumiko und Jamie auch. Immerhin hatten sie ihm geholfen, sich wieder mit Beyond zu versöhnen, als sie sich zerstritten hatten. Und als er krank war, hatten sie sich um ihn gekümmert. So als wären sie alle eine Familie. Familie… zwanzig Jahre war es jetzt her, seit er eine richtige Familie hatte. Und zum ersten Mal nach all der Zeit verspürte er wieder die Sehnsucht zu seinen Eltern, die damals sterben mussten. Obwohl er sich kaum noch an sie erinnern konnte, vermisste er seine Mutter, die ihn damals gepflegt hatte, als er schwer krank wurde und nicht von seiner Seite gewichen war. Ob Rumiko damit zu tun hatte, weil sie genauso liebevoll und fürsorglich war wie seine Mutter? Oder war es, weil sie das gleiche Lied gesungen hatte?

Irgendwie war ihm tatsächlich so, als hätte er jetzt nach all der Zeit wirklich eine Familie. Es war schon irgendwie seltsam…
 

L war so abgelenkt, dass er gar nicht registrierte, dass jemand ihn kurz ansprach, dann grob am Arm packte und ihn in die dunkle Seitengasse zerrte. Ehe er sich versah, wurde er mit dem Rücken zur Wand gedrückt und jemand presste eine Hand auf seinen Mund. In der Dunkelheit konnte der Detektiv nur mit Mühe erkennen, dass es der Kerl aus der Bar war, der ihn vorhin angesprochen hatte. Dieser Norman, vor dem Rumiko ihn gewarnt hatte. Was wollte der denn von ihm? Gutes schien der jedenfalls nicht wirklich im Sinn zu haben, so wie der drauf war. Und sein Atem roch nach Alkohol. „Na, ganz alleine hier draußen? Wie wäre es, wenn wir zwei Hübschen ein kleines bisschen Spaß miteinander haben?“ Hat er etwa das vor, was ich wirklich befürchte? Hoffentlich nicht… L sah das hinterlistige und sadistische Grinsen in Normans Gesicht und innerlich durchfuhr ihn ein eiskalter Schauer. Großer Gott, der will es wirklich! Scheiße, ich muss mich irgendwie befreien. L versuchte sich zu wehren und sich irgendwie zu befreien, doch der Kerl war verdammt gut durchtrainiert und gegen ihn hatte er kaum eine Chance. Und als der ihm auch noch ein Springmesser an den Hals hielt, da bekam der Detektiv wirklich Angst. „Ich an deiner Stelle würde das nicht tun, kapiert? Wenn ich vernünftig wäre, würde ich mich nicht allzu sehr wehren, sonst wird das noch verdammt wehtun für dich.“ Da L keine Anstalten mehr machte, sich zu befreien, klemmte Norman das Messer zwischen die Zähne und wollte mit seiner freien Hand gerade an L’s Hose gehen, da hörten sie Schritte von Absätzen in der Gasse und im schwachen Licht einer Neonröhre leuchteten zwei rote Augenpaare dämonisch auf. „Ich dachte ich hätte mich klar genug ausgedrückt als ich sagte, er ist mit mir hier“, hörte er Rumikos Stimme und ihr Ton klang alles andere als freundlich. Ihre Stimme klang kalt wie Eis und bedrohlich. Aus dem Schatten traten Rumiko, Beyond und Jamie hervor und die beiden Geschwister mit den Shinigami-Augen hatten einen unheimlichen Glanz in ihren Augen. Er wirkte mörderisch, bedrohlich und angriffslustig. Norman sah sie ungläubig an und nahm sein Messer wieder zur Hand. „Was willst du denn hier?“ Rumiko warf Beyond einen kurzen Blick zu und er nickte bloß. Dieser sprach sich kurz mit Jamie ab und dann kam die Halbasiatin langsam auf Norman zu. „Ich hab es dir schon mal gesagt, Norman und ich sag es dir hier und jetzt noch mal in aller Deutlichkeit: solange ich hier bin, hast du dich gefälligst an die Spielregeln zu halten und niemand fasst meine Freunde an.“

„Dann komm doch her, wenn du Ärger haben willst.“ Und Rumiko kam auf ihn zu. Sie zeigte nicht die geringste Spur von Angst und ihr Blick war so düster geworden, dass man wirklich Angst vor ihr bekommen konnte. Und dann geschah alles blitzschnell. Ehe sich Norman versah, hatte sie ihm einen Tritt auf den Fuß, einen Ellbogenhieb in die Magengrube und einen Schlag ins Nasenbein verpasst und trat ihm dann zwischen die Beine. Stöhnend sank er zu Boden und ließ das Messer fallen. L blieb wie angewurzelt stehen und sah, wie Rumiko das Messer aufhob. „L, du gehst zu Jamie und Beyond.“ Der 24-jährige eilte zu ihm und zog ihn mit sich und damit weg von Norman, der sich immer noch nicht von den Angriffen erholt hatte. Rumiko drehte ihn auf den Rücken und bohrte den Absatz ihres Schuhs in seinen Brustkorb. Sie war wie verändert und kaum wiederzuerkennen. Die fröhliche und liebevolle Frau war verschwunden und in dem Moment erinnerte sie L an das Monster in Beyond. Er sah dies und er ahnte nichts Gutes. „Was… was hat sie vor?“ „Sie wird ihm die Hölle heiß machen“, erklärte Beyond und machte keinerlei Anstalten, seine Adoptivschwester aufzuhalten. „Denn niemand vergreift sich ungestraft an jemandem, der unter ihrem Schutz steht.“

„Der wird sich noch wundern“, stimmte Jamie zu und nickte, während er zusammen mit Beyond und L aus sicherer Distanz zuschaute. Rumiko richtete die Spitze des Messers auf Norman und funkelte ihn mordlustig an. „Solchen Abschaum wie dich will ich in meiner Stadt nicht sehen, kapiert? Wag es auch nur ein einziges Mal, meinen Freunden zu nahe zu kommen und ich werde dir eigenhändig die Eier abschneiden und sie dir in den Hals stopfen, dass du daran erstickst.“ Das monströse Funkeln in diesen blutroten Augen machte Norman wirklich Angst und er ahnte, dass er sich mit der falschen Frau angelegt hatte. „J-ja… okay, ich hab’s kapiert!“ „Offenbar nicht, sonst müsste ich dich nicht schon wieder verwarnen. Dieses Mal werde ich nicht so gnädig mit dir sein. Und ich glaube, L’s Freund hat auch noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen. Glaub mir, ihn willst du lieber nicht zum Feind haben.“ Damit wandte sie sich an Jamie. „Du gehst mit L zurück nach Hause. Beyond und ich haben hier noch ein paar Dinge mit Norman zu klären.“ Und damit ergriff der 24-jährige L’s Arm und verließ mit ihm die Gasse. Der Detektiv, der sich langsam wieder von seinem Schrecken erholt hatte, sah zurück in die Dunkelheit und war sich nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee war, die beiden mit diesem Norman allein zu lassen. „Jamie, sollten wir nicht lieber zurückgehen und sie aufhalten?“ „Nein, wir gehen zurück nach Hause. Beyond und Ruby werden schon zurechtkommen.“

„Das weiß ich ja. Ich hab nur kein gutes Gefühl dabei…“

„Musst du nicht. Ruby ist kein böser Mensch. Sie wird ihm nur ordentlich Angst machen, damit er nichts Schlimmes mehr macht.“ Trotzdem war L nicht ganz wohl bei der Sache, aber er ging dennoch mit Jamie mit nach Hause. Mensch, das war aber wirklich mehr als knapp. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Rumiko und die anderen nicht rechtzeitig aufgetaucht wären. Allein schon bei der Vorstellung wurde ihm schlecht. „Wie kommt es, dass ihr gewusst habt, was los war?“ Auf diese Frage hatte Jamie eine einfache Antwort parat. „Ruby und Beyond hatten ein Auge auf dich und als sie sahen, dass du rausgegangen bist und Norman kurz danach auch, da hatten sie so ein Gefühl gehabt. Also sind wir nachschauen gegangen.“ Dann hatten sie die ganze Zeit ein wachsames Auge auf ihn gehabt? Irgendwie war das schon eine verrückte Ironie. Normalerweise war es immer L gewesen, der andere im Auge behielt, wenn er das Gefühl hatte, es könnte ein Verbrechen geschehen und jetzt war er derjenige gewesen, der unter Beobachtung gestanden und im letzten Moment gerettet worden war. „Und du machst dir keine Sorgen um Rumiko und Beyond?“ „Nein, die kommen zurecht. Sie waren schon damals echt stark, als sie mich vor den anderen Kindern beschützt haben.“ So langsam fragte sich L, ob diese unheimliche Seite wirklich nur durch ihre schwere Kindheit bedingt war, oder ob es nicht vielleicht eine Art Begleiterscheinung ihrer Shinigami-Augen war. Aber ihn ließ einfach nicht die Frage los, was Beyond und Rumiko wohl mit diesem Norman vorhatten. Hoffentlich massakrierten sie den nicht noch. So wie sie ausgesehen hatten, musste man wohl mit ähnlichem rechnen. Es dauerte knapp drei Stunden, bis Rumiko und Beyond wieder zurückkamen. Sie waren gut gelaunt, unterhielten sich und lachten zusammen. Jamie war inzwischen schon schlafen gegangen, aber L blieb noch wach und wartete im Wohnzimmer. Beyond und seine Adoptivschwester kamen direkt zu ihm und fragten sofort nach, ob bei ihm alles in Ordnung war. „Bei mir ist noch alles dran. Aber sagt mal, was habt ihr denn mit dem Kerl gemacht?“ Die beiden Geschwister grinsten sich an und kicherten. „Nichts Besonderes.“ Und als sie den beunruhigten Blick sahen, klopfte Beyond ihm auf die Schulter. „Keine Sorge, L. Der Kerl lebt noch. Mehr oder weniger…“

„Sagen wir mal so: ich hab ihm wortwörtlich die Flötentöne beigebracht und ich glaube, der wird sich nie wieder in Boston blicken lassen.“ Zufrieden setzten sie sich auf die Couch und schienen sichtlich Spaß zu haben, was dem Meisterdetektiv mit den Pandaaugen nicht wirklich behagte. Diese Andeutungen klangen nicht gerade beruhigend und schließlich erklärte Beyond „Rumiko hat während ihres Psychologiestudiums die Wirkung der Musik auf das menschliche Gehirn erforscht und konnte nicht nur Melodien entwickeln, um Menschen zu therapieren, sondern konnte auch eine neuartige akustische Foltermethode entwickeln.“

„Es gibt diverse Töne, die Emotionen wie Trauer, Freude, Angst oder Ruhe hervorrufen können und somit die Psyche eines Menschen beeinflussen. Tatsächlich ist es in den 30ern Reszo Seress gelungen, mit seinem Lied „Gloomy Sunday“ Menschen so tief in Depressionen zu stürzen, dass sie daraufhin Selbstmord begingen. Und durch meine Studien konnte ich herausfinden, dass es insgesamt 12 Töne gibt, die bei einem Menschen Panik, Angstzustände, Aggression und auch Wahnsinn hervorrufen können. Wenn er diese Töne lange genug hört, dreht er durch. Natürlich kommt es auch ganz darauf an, wie diese Töne gespielt werden. Auch das muss man wissen. Und Beyond und ich haben den guten Norman für gute zweieinhalb Stunden dieser akustischen Folter ausgesetzt. Und das Praktischste an der ganzen Sache ist, dass diese Art der Folter legal ist, weil es nirgendwo geschrieben steht, dass man Menschen nicht mit Musik quälen darf.“ Da Rumiko sich noch für ihre morgige Hochzeit ausruhen musste, wünschte sie den beiden noch eine gute Nacht und ging ins Schlafzimmer. Beyond blieb noch bei L, setzte sich zu ihm und nahm seine Hand. Sein Grinsen war verschwunden und er sah ihn besorgt an. „Und er hat dir wirklich nichts angetan?“ „Nein, wirklich nicht. Er hat mich gegen die Wand gedrückt und mir ein Messer an den Hals gehalten, als ich mich gewehrt habe. Aber bevor es schlimmer werden konnte, seid ihr auch schon gekommen.“

„Ein Glück…“ Damit nahm der Serienmörder ihn in den Arm und drückte ihn fest an sich. „Ich hätte diesem Mistkerl am liebsten den Kopf abgerissen und ihn eigenhändig kastriert dafür, dass er dich angefasst hat. Wäre Rumiko nicht dabei gewesen, ich wäre noch komplett durchgedreht.“

„Jetzt beruhige dich doch mal. Es ist ja zum Glück nichts Schlimmeres passiert.“

„Das ist es nicht. Mich regt es einfach nur auf, dass da irgendjemand denkt, er könne sich einfach an dir vergreifen, obwohl dein Arsch eindeutig mir gehört!“ Das war ja mal wieder so was von typisch für Beyond. L griff sich eines der Sofakissen und klatschte es dem Serienmörder ins Gesicht. „Du verstehst es auch immer wieder, die Stimmung mit solch perversen Kommentaren zu ruinieren.“

„Aber wenn es doch stimmt? Du gehörst zu mir und ich werde dich ganz sicher nicht mit irgendjemandem auf dieser Welt teilen. In der Hinsicht bin ich eben ziemlich besitzergreifend, das gebe ich ja zu. Es ist nicht so, dass ich irgendwie eifersüchtig bin oder so, aber ich dulde es einfach nicht, dass irgendein anderer dich anfasst oder dich auch nur anbaggert. Und wenn ich es dir auf den Allerwertesten tätowierten muss, dass dein Arsch mir gehört.“

„Den Teufel wirst du tun und meinen Allerwertesten schön in Ruhe lassen. Ich sehe doch, dass du mal wieder nur an das eine denkst.“ Als Beyond das hörte, zog er eine Schmolllippe. „Warum nur denkst du immer nur so schlecht über mich?“

„Wer hat denn im Flugzeug bitteschön von Sex im Auto gesprochen? Und diesen Blick kenne ich nur zu gut. Ich sage klipp und klar nein! Rumiko und Jamie heiraten morgen und ich möchte morgen nicht wieder vollkommen gerädert aufstehen.“ Immer noch sah Beyond ihn schmollend an und wirkte in diesem Moment wie ein kleines Kind, dem man sein Spielzeug weggenommen hatte. „Ach komm schon, L. Jetzt stell dich mal nicht so an. Ist doch nichts dabei und ich verspreche auch, dass ich dieses Mal rücksichtsvoller sein werde.“ Doch L ließ nicht mit sich reden und zog ihn am Ohr. „Das sagst du jedes Mal! Ich glaub dir kein Wort und überhaupt hatten wir es doch schon gestern gemacht.“

„Na und? Dafür hab ich knapp eineinhalb Wochen warten müssen, weil du krank warst. Und jetzt bist du wieder fit genug, als spricht doch nichts dagegen, wenn wir die verlorene Zeit nachholen.“

„Und ob was dagegen spricht, du verdammter Nymphomane. Ich hab im Moment keine Lust darauf und gehe jetzt ins Bett. Immerhin heiratet deine Schwester morgen.“ Beyond war immer noch unzufrieden und grummelte leise vor sich hin. Schließlich folgte er L ins Schlafzimmer und fragte schließlich „Können wir dann wenigstens kuscheln?“

„Vergiss es. Ich weiß doch, dass es bei dir nicht bloß bei kuscheln bleiben wird. Wenn man dir den Finger reicht, reißt du gleich den ganzen Arm ab.“

„Könntest du mir dann wenigstens einen bl…“ Und schon fing sich der Serienmörder eine Kopfnuss ein und ein „Geh schlafen!“ war die einzige Antwort darauf.
 

In dieser Nacht zog Beyond leider den Kürzeren und wurde schließlich auf die Couch verbannt, als er trotz Warnung seine Finger nicht von L lassen konnte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Und wie immer hatte ich besonders Spaß daran, dass Beyond versucht, L wieder in die Kiste zu kriegen. Natürlich konnte ich es auch nicht lassen, dass L erst viel zu spät merkt, wo er denn überhaupt gelandet ist. xD Komplett anzeigen

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