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Last Desire 9

L x BB
von

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Eine schicksalhafte Begegnung

Sie hatten nach einer kurzen Fahrt die Adresse erreicht, wo Dr. Wednesday Weather ihre Wohnung hatte und tatsächlich lag sie nicht weit von Olivers und Andrews Haus entfernt. Immer noch rätselten sie, was eine Chefärztin mit den ganzen Einbruchsdiebstählen erreichen wollte und was sie mit Eva zu schaffen hatte. Aber das würden sie noch herausfinden. Da auf das Klingeln hin niemand reagierte, regelte Beyond das eben schnell, indem er sein Geschick bewies und sich und den anderen Zutritt verschaffte. Gleich schon als die die Wohnung betraten, fanden sie sie auf dem ersten Blick eher verlassen vor. Das Apartment war sehr einfach, aber dennoch hübsch eingerichtet und sie hörten jemanden leise singen. Sie folgten dem Geräusch und kamen an einer Kommode vorbei, wo eine schwarze Perücke lag. Und sogleich fanden sie auch den schwarzen Mantel und den Sonnenhut, den die Einbrecherin getragen hatte. Eine gute Verkleidung, etwas anderes konnte man kaum dazu sagen. „Ah verdammte Hacke!“ hörten sie plötzlich die Frauenstimme laut rufen und nun hatten sie auch die Quelle geortet, von woher die Stimme denn kam. Da sie nichts riskieren wollten, ging Liam vor und die anderen blieben hinter ihm. Keiner konnte sagen, ob Dr. Weather gefährlich werden könnte, wenn sie sie überraschten. Sie gingen den Flur entlang und erreichten schließlich ein Zimmer, wo sie tatsächlich eine Frau vor einem Computer sitzen sahen, die gerade an der Auswertung irgendwelcher Daten war. Es herrschte ein gewisses Chaos im Arbeitszimmer und man konnte sehen, dass diese ominöse Chefärztin blond war und zudem eine etwas merkwürdige Sitzhaltung hatte, die ihnen mehr als bekannt vorkam. Nun aber hielt die Frau ein Reagenzglas mit einer Flüssigkeit in der Hand, drehte sich um und sah erst jetzt die Gruppe da stehen, woraufhin sie einen solchen Schreck bekam und das Reagenzglas fallen ließ und auch die Brille verrutschte ihr fast. L, Jeremiel, Beyond und Liam sahen gleichermaßen entsetzt und fassungslos aus, als sie die Frau erkannten, die da auf dem Drehstuhl saß und mindestens genauso perplex aussah. Sie wirkte immer noch erschrocken, doch als sie L sah, da weiteten sich ihre Augen und sie schien es gar nicht glauben zu wollen. „Das… das gibt es doch nicht… Henry?“ L brachte kein einziges Wort hervor, er war wie erstarrt und glaubte zuerst an einen Irrtum. Aber die Erinnerung an dieses Gesicht war einfach zu stark und diese Frage war es, die seinen Verdacht bestätigte. „Nein, ich… ich bin L. Und… bist du… bist du es, Mum?“ Die Frau erhob sich nun von ihrem Stuhl und sagte nichts. Doch es sammelten sich Tränen in ihren Augen und sie musste ihre Brille abnehmen, um sich die Tränen irgendwie wegzuwischen. Sie nickte und senkte fast schon beschämt den Blick. Jeremiel wandte sich an Beyond und verstand das Ganze nicht. Doch auch dieser glaubte seinen Augen nicht zu trauen und schüttelte den Kopf. „Das gibt’s doch nicht. Es ist tatsächlich Nastasja Kasakowa. Sie ist unsere Einbrecherin?“

„Ich verstehe das nicht“, brachte L hervor und ging auf sie zu, doch sie selbst bewegte sich nicht und wirkte irgendwie, als hätte sie Angst. „Was hat das zu bedeuten, Mum? Ich dachte, du wärst tot und du… du bist seit damals nicht gealtert. Was ist passiert und wieso hast du die Einbrüche begangen? Erklär mir das bitte.“ Doch sie schwieg erst noch und wusste nicht, was sie sagen sollte. Dann aber atmete sie tief durch und versuchte sich zu sammeln. „Wie wäre es, wenn wir uns alle ins Wohnzimmer setzen und ich euch die Sache in Ruhe erkläre? Es ist ein wenig kompliziert und nicht einfach zu verstehen.“ Da sie alle noch recht unter Schock standen über diese unerwartete Entdeckung, legte niemand einen Protest ein und so gingen sie allesamt ins Wohnzimmer und setzten sich. Nastasja folgte als letzte und hatte eine Tüte Salzlakritz dabei. Sie setzte sich auf einen Stuhl und nahm dieselbe Haltung ein wie L. Eine Weile schwieg sie noch, um sich die passenden Worte zu überlegen, dann aber schien sie soweit zu sein und erklärte den ganzen Sachverhalt. „Ich bin Nastasja Kasakowa, das stimmt. Aber… ich stamme nicht aus dieser Zeit. Genauer gesagt komme ich aus einer der vergangenen Zeitschleifen, näher gesagt aus der 33. Zeitschleife. Als ich damals am Eva-Projekt gearbeitet habe, stieß ich auch auf ein Projekt mit dem Code „AIN SOPH“. Ich habe damals versucht, das Projekt zu stoppen und den Drahtzieher ausfindig zu machen, was mir aber bis zu meinem Tod nicht gelungen ist. Da einer von euch schon Kontakt zu einem Proxy hatte, wisst ihr ja wahrscheinlich auch schon einigermaßen darüber Bescheid. Jedenfalls habe ich versucht ein Mittel zu entwickeln, um den Parasiten zu zerstören und gleichzeitig den entstandenen Schaden im anatomischen Gedankenschaltkreis wiederherzustellen. Damals hatte ich nicht die Zeit und die Mittel dazu. Ich wusste, wann meine Zeit ablaufen würde und habe deshalb immer wieder versucht, es fertig zu stellen, aber es gab zu dem Zeitpunkt einfach nicht die Mittel dazu, um das Serum herzustellen. Und da ich wusste, dass das unfertige Serum nicht ausreichen würde um den Parasiten dauerhaft zu bekämpfen, begann ich mit einer neuen Idee. Wenn es mir gelänge eine Art zeitversetzten Teleporter zu entwickeln, könnte theoretisch eines meiner Ichs aus einer vergangenen Zeitschleife in die Zukunft reisen, nachdem die Zeitschleife beendet wurde. Der Hyperkubus, den ich entwickelt habe, funktioniert in beiden Zeiten wie ein Sender und ein Empfänger. Der Tesserakt in der Vergangenheit ist der Sender und der in eurer Zeit der Empfänger. Er ist so eingestellt, dass ich zumindest in der Nähe des Empfängers lande und da Eva eingeweiht war, hat sie mir geholfen, eine Wohnung zu finden. Sie hat mir die ganzen Papiere und eine falsche Identität besorgt, damit ich unerkannt hier leben kann. Und ich habe die Einbrüche begangen, um an meine Unterlagen zu kommen, wo ich auch die Formel aufgeschrieben habe, damit ich sie ergänzen konnte. Zu meinem Erstaunen hatte sie aber schon jemand vervollständigt und so konnte ich die Arzneien und die Gerätschaften besorgen, die ich brauchte um das Serum herzustellen, damit ein ich Heilmittel entwickeln konnte, das auch eurem Freund Andrew helfen würde.“ Sie schwiegen eine Weile, um das alles erst mal zu verdauen. Es klang einfach zu unglaublich um wahr zu sein. Nastasja hatte allen Ernstes eine Art Zeitmaschine entwickelt, die sie aus einer vergangenen Zeitschleife in die Zukunft holen konnte und sie lebte tatsächlich. Es war eindeutig sie. Und Eva hatte all das gewusst und darüber geschwiegen. L konnte es aber immer noch nicht ganz verstehen und fragte „Aber wieso hast du nicht Kontakt zu uns aufgenommen? Wieso hast du dich vor mir versteckt?“

„Ich wusste nicht, wie viel Zeit inzwischen vergangen war und ich hatte Angst. Ich wusste nicht, was aus dir geworden ist und ob du überhaupt am Leben warst. Es hätte ja sein können, dass gut 50 bis 60 Jahre vergangen wären. Der Hyperkubus aktiviert sich erst dann, wenn die Zeitschleife beendet wurde und der Parasit, der Elions Körper zerfrisst, wieder aktiv wird. Deshalb konnte ich auch nicht abschätzen, wann das sein würde. Ich weiß ja selbst jetzt nicht, wie viel Zeit seit damals vergangen ist und ehrlich gesagt wollte ich das auch nicht so wirklich wissen, als ich hier gelandet bin. Ich wollte mir und vor allem dir unnötigen Kummer ersparen und mich auf meine Aufgabe konzentrieren, das Projekt zu stoppen. Ich wusste einfach nicht, wie ich dir ins Gesicht sehen sollte.“

„Zwanzig Jahre…“, murmelte L und senkte den Blick. „Zwanzig Jahre sind vergangen.“ Und hier konnte Nastasja ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie schluchzte und Tränen liefen ihre Wangen hinunter als sie das hörte und man sah ihr an, wie sehr ihr das wehtat. Wäre es nach ihr gegangen, dann wäre sie viel früher zurückgekehrt. Dann hätte sie ihren Sohn aufwachsen sehen können und hätte ihn auf seinem Weg zum Erwachsenwerden begleiten können. Doch stattdessen hatte sie zwanzig Jahre verpasst und nun war aus dem kleinen fünfjährigen L ein erwachsener Mann geworden. Dieses Opfer hatte sie bringen müssen, um ihr Ziel zu erreichen, nämlich dieses Projekt zu stoppen, bevor es ein Unglück geben konnte. Auch wenn es ihr unendlich schwer gefallen war sich mit dem Gedanken anzufreunden, eventuell in eine Zeit reisen zu müssen, wo es ihre Familie längst nicht mehr gab. Sie hatte es in Kauf genommen, dennoch brach es ihr das Herz, dass ihr kleiner Sohn nun erwachsen war und sie nichts von seinem Leben mitbekommen hatte, weil sie nicht die Möglichkeit dazu hatte. Schließlich brachte sie unter heftigen Schluchzern hervor „Es tut mir Leid… ich wünschte, ich wäre schon viel früher zurückgekommen. Du… du musst mich sicherlich dafür hassen, dass ich dich weggegeben und einfach zurückgelassen habe. All die Jahre warst du so alleine und ich war nicht für dich da. Welche Mutter tut so etwas? Es tut mir alles so Leid!“ Nun erhob sich L und ging zu ihr hin. Sie so zu sehen wie sie bitterlich weinte, weil sie sich solche Vorwürfe machte, war zu viel für ihn und er umarmte sie. Sie erwiderte die Umarmung und drückte ihn fest an sich. „Ich hasse dich doch nicht dafür. Ich weiß doch, dass du mich nur beschützen wolltest. Und ich war doch nicht alleine. Watari war immer bei mir und hat wirklich sein Bestes gegeben, sich gut um mich zu kümmern.“ „Und er hat ihn auch ganz gut hingekriegt“, bemerkte Beyond nebenbei und sah zufrieden dieses Familienbild an. Aber dann sah er zu Jeremiel herüber, der seinerseits ziemlich unglücklich wirkte. Er ahnte schon, was los war und wollte ihn schon ansprechen, doch dieser erhob sich und verließ das Wohnzimmer, ohne ein Wort zu sagen. Liam folgte ihm und fing ihn auf dem Flur ab. „Was ist los? Ist es wegen deiner Mutter?“ Der Blondhaarige senkte den Blick und sah aus, als würde er noch selbst gleich Tränen vergießen. „Ich kann das nicht, Liam. Sie weiß doch nicht mal, dass es mich überhaupt jemals gegeben hat. Für sie bin ich doch ein Fremder, also wird sie für mich auch nie das Gleiche empfinden können wie L. Und wenn sie erfährt, wer ich vorher war, dann wird sie mich nur verstoßen. Darum ist es besser, wenn sie die Wahrheit nicht erfährt und ich weiterhin ein Fremder für sie bleibe.“

„So ein Unsinn“, wandte Liam energisch ein und legte einen Arm um ihn. „Nastasja ist nicht so und sie würde dich auch nicht verstoßen. Glaub mir, ich hab sie früher mal kennen gelernt und sie ist eine wirklich tolle Frau. Und wir sind doch bei dir.“ Dennoch hatte Jeremiel Angst, was man ihm aber auch nicht verdenken konnte. Aber Liams Zuspruch schien ihm doch etwas Mut zu machen und so gingen sie gemeinsam wieder zurück. L löste sich von seiner Mutter und ging zu Jeremiel hin, um ihn näher an sie heranzuführen. „Mum, das ist mein älterer eineiiger Zwillingsbruder Jeremiel. Er ist dir damals während einer Operation heimlich von Joseph Brown herausgenommen und für die Eva-Experimente benutzt worden, um seine DNA mit Evas zu kreuzen. Ich habe ihn vor kurzem kennen gelernt.“ Nastasja sagte nichts, sie sah diesen jungen Mann, der rein äußerlich überhaupt nichts mit L gemeinsam hatte. Und diese Nachricht war natürlich auch erst mal ein ziemlicher Schock für sie. Sie blieb stehen, sah Jeremiel mit einem Blick an, der fast schon entsetzt wirkte. Dann aber ging sie langsam auf ihn zu, strich ihm über die Wange und sah in seine Augen. Sie musterte ihn, als versuche sie eine tatsächliche Verwandtschaft festzustellen, dann aber lächelte sie warmherzig und gab ihm einen Kuss auf die Stirn, bevor sie auch ihn in den Arm schloss. Sie drückte ihn fest an sich und diese Geste hatte etwas sehr Mütterliches an sich. „Ich kann es kaum glauben… ich habe zwei gesunde Kinder geschenkt bekommen.“ Jeremiel konnte es kaum glauben, dass das hier wirklich passierte. Seine Mutter kannte ihn nicht, sie hatte nichts von seiner Existenz gewusst und dennoch nahm sie ihn genauso in den Arm wie L und war glücklich. Ja, sie war glücklich darüber, dass es ihn gab. Und tatsächlich sagte sie dann auch noch „Danke“. „D-danke wofür?“ „Dafür, dass du geboren wurdest.“ Es war ein so einfacher Satz, aber er hatte etwas sehr Emotionales in sich. Jeremiel wusste, dass Nastasja nicht fähig war, lebende Kinder zu gebären. Alle davor waren Fehlgeburten gewesen und erst durch Frederica konnte sie überhaupt einen lebenden Sohn zur Welt bringen, nämlich L. Und nun hatte sie noch einen zweiten Sohn. Ein größeres Geschenk konnte es kaum für sie geben und in dem Moment war er auch kein Fremder mehr. Sie hatte ihn sofort als ihren Sohn akzeptiert und das ging selbst den anderen sehr nahe. Jeremiel erwiderte die Umarmung seiner Mutter und konnte selbst die Tränen nicht zurückhalten, als er realisierte, dass er jetzt wirklich eine Mutter hatte. Er hatte sich so sehr gewünscht, seine Eltern wenigstens ein einziges Mal kennen lernen zu dürfen und nun stand seine Mutter direkt vor ihm und umarmte ihn. Das war einfach zu viel für ihn und er ließ seinen Tränen freien Lauf. Er verstand zuerst nicht, wieso er weinte, weil er doch gar nicht traurig war, aber dann erinnerte er sich an etwas: Menschen konnten auch weinen, wenn sie glücklich waren. Ja… er weinte, weil er glücklich war, seine Mutter kennen lernen zu können und weil sie ihm die gleiche Liebe schenkte wie L.
 

Nachdem sich die Aufregung langsam gelegt hatte, wollte Nastasja natürlich erst einmal wissen, wer denn die anderen waren. Liam erkannte sie sofort und grüßte ihn mit einem Faustgruß wie zwei Bro’s sich eben grüßten. „Mensch Liam, du bist aber auch wirklich keinen einzigen Tag älter geworden.“

„Das Kompliment kann ich nur erwidern.“ Sogleich begann L die anderen vorzustellen und fing bei Andrew an. „Das ist Andrew Asylum, er hat deine Konstruktionspläne zum elektrischen Gedankenschaltkreis entschlüsseln und vervollständigen können und trägt selbst einen. Der da neben ihm ist Oliver O’Brien, Mitinhaber von Vention und sein Verlobter. Ich greife hin und wieder mal auf seine Unterstützung zurück, wenn ich mit Ermittlungen zugange bin.“

„Du bist Ermittler?“

„Eine Art Detektiv. Der Knallkopf da neben mir, der eher wie ein Zwilling aussieht, ist Beyond Birthday. Er lebt bei mir und ist… nun ja… er ist mein Partner.“ Nastasja sah abwechselnd zu den beiden und dachte wohl nach. Sie aß noch etwas von ihrer Lakritze und ihr Blick hatte etwas ähnlich Forschendes und Bohrendes wie L. „Ihr seid keine kollegialen Partner, oder?“ Natürlich war das für L nicht gerade einfach, auch wenn er vor den anderen problemlos über seine Beziehung reden konnte. Aber hier ging es darum, seiner Mutter beizubringen (die gerade erfahren hatte, dass sie noch einen Sohn hatte und inzwischen zwanzig Jahre vergangen waren), dass er mit einem Mann zusammen war. Und Jeremiel übrigens auch. Natürlich war das nicht gerade einfach. L atmete tief durch und nickte. „Ja, wir sind seit ein paar Monaten zusammen. Und Jeremiel hat eine Beziehung mit Liam.“ „Das heißt, ihr seid schwul.“ Nastasja stellte diese Tatsache ein wenig überrascht fest und sah erst aus, als würde gleich irgendetwas kommen, aber sie atmete kräftig aus, fuhr sich durchs Haar und sammelte sich. „Nun, das kommt alles sehr überraschend für mich und ist auch ehrlich gesagt ziemlich viel auf einmal. Tut mir Leid, dass ich gerade keine Freudensprünge mache, versteht das bitte nicht falsch. Auch wenn ich schon ziemlich viel erlebt habe, muss ich mich kurz sammeln.“ Beyond und L tauschten kurze Blicke aus und schienen sich nicht ganz sicher zu sein, was sie jetzt tun oder sagen sollten. Sie ergriffen jeweils die Hand des anderen, als suchten sie jetzt Halt für diesen entscheidenden Augenblick. Natürlich konnte niemand erwarten, dass Nastasja so locker und begeistert reagierte wie Rumiko. Immerhin waren Jeremiel und L ihre Söhne und das war etwas völlig anderes. Aber dann, als sich Nastasja wieder gesammelt und diese Neuigkeit zumindest halbwegs verarbeitet hatte, da faltete sie die Hände und sah ihre Söhne forschend an, wobei sie sehr ernst wurde. „Eine Frage müsst ihr mir offen und ehrlich beantworten und die ist sehr wichtig für mich.“ Sie rechneten schon mit dem Schlimmsten, was ihre Mutter denn fragen würde, doch dann kam es ganz anders als befürchtet. „Seid ihr jeweils glücklich mit eurem Partner?“ „Ja“, antworteten die Lawliet-Zwillinge einstimmig und wieder schwieg die gebürtige Russin und nickte dann. Ihr ernstes Gesicht wich einem herzlichen Lächeln und gab den anderen Entwarnung. „Wisst ihr, auch wenn ich Wissenschaftlerin und Atheistin bin, so bin ich dennoch sehr gläubig. Und ich glaube fest daran, dass es egal ist, wen man liebt, solange es sich um eine einvernehmliche Sache handelt. Wenn der Herr gewollt hätte, dass es Homosexuelle, Bisexuelle, Transsexuelle und weiß der Himmel noch was nicht gäbe, dann hätte er sie auch nicht erschaffen. Und wenn ihr glücklich mit dem Menschen an eurer Seite seid und er sich auch gut um euch kümmert, dann bin ich garantiert die Letzte, die eurem Glück im Weg stehen wird.“

„Dann heißt das, du hast kein Problem damit?“

„Nun, ehrlich gesagt finde ich es schon schade, dass ich wohl keine Enkelkinder bekommen werde. Aber der Herr hat mir zwei gesunde Kinder geschenkt, obwohl ich keine hätte gebären können. Ich bin dankbar genug, dass ich euch habe und darum gönne ich euch auch euer Glück von Herzen. Aber eines sag ich euch!“ Und damit deutete sie auf Liam und Beyond, wobei ihr Blick ziemlich respekteinflößend wurde. „Wenn ihr meinen Jungs das Herz brecht, dann zieh ich euch das Fell schön verkehrt herum an. Und glaubt mir: ich bin nachtragend wie ein Elefant, was das betrifft. Niemand verarscht Nastasja Kasakowa oder ihre Familie.“ Und die Warnung war mehr als deutlich gewesen. Sie alle waren tief bewegt und beeindruckt von Nastasjas Festigkeit und der Tatsache, dass sie ohne zu zögern Jeremiel als ihren Sohn angenommen und auch noch die Liebe ihrer Söhne akzeptiert hatte und ihnen auch zugleich ihren Segen gab. Schließlich aber brauchte sie doch noch eine Weile, da das Ganze doch ziemlich viel war und sie auch selbst mit den Emotionen zu kämpfen hatten. Nastasja ließ sich erzählen, was L seit damals gemacht hatte und wie Jeremiel den Weg zu ihm gefunden hatte. Auch ließ er die unangenehmen Tatsachen nicht aus und die Russin hörte ihnen aufmerksam zu. Sie nickte und holte schließlich Getränke, wobei sie wieder Lakritze aß, für die sie schon damals eine große Schwäche gehabt hatte. „Offenbar ist viel passiert, seit ich fort war. Wie oft hat Frederica gebraucht, um die Zeitschleife zu beenden?“

„Insgesamt 58 Male. Sie… sie ist gestorben.“

„Ich weiß“, sagte Nastasja und holte ihren Rosenkranz hervor, wobei sie wieder die Hände faltete, als würde sie beten. „Wir alle wussten, wie es ausgehen wird. Aber wir waren bereit, dieses Opfer bringen, um dein Leben und auch dein späteres Glück gewährleisten zu können. Ich habe den Tesserakt gebaut weil ich wusste, dass Frederica nicht mehr da sein würde, um euch zu helfen. Und da ich Angst hatte, die Proxys würden Jagd auf dich machen, wollte ich diesen Versuch wagen. Leider war es mir nicht möglich, auch Henry mitzunehmen. Der Tesserakt ist nur auf mich eingestellt und ich musste ihn schweren Herzens zurücklassen. Und außerdem war ich mir nicht mehr sicher, wem ich noch vertrauen konnte. Wisst ihr, als ich mich mit den Proxys näher beschäftigt hatte, da konnte ich etwas sehr Interessantes in Erfahrung bringen. Und wenn die Geschichte mit Jeremiel auch so stimmt, dann ergibt sich für mich langsam aber sicher so ein ungefähres Bild. Und wie schon gesagt: ich hatte damals die Vermutung, dass der Drahtzieher hinter Projekt AIN SOPH höchstwahrscheinlich jemand aus unseren Reihen war, der am Eva-Projekt gearbeitet hat. Jeder hätte es sein können, selbst Watari oder Henry. Darum habe ich niemandem von dem Tesserakt erzählt und die Pläne vernichtet. Dass Joseph da drin steckte, war mir recht schnell klar, aber wenn das Projekt selbst nach zwanzig Jahren noch nicht aufgegeben wurde und Joseph nun tot ist, dann muss derjenige, der schon damals an den Eva-Experimenten beteiligt gewesen war, noch leben. Aber so allmählich glaube ich, da langsam durchzublicken, was da vor sich geht und was sie planen.“ Nastasja dachte nach und begann dabei ihr Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger zu klemmen. Irgendwann aber wanderte der Zeigefinger weiter hoch zu ihrem Mund und sie begann grübelnd auf der Fingerkuppe zu kauen. Man konnte an ihren Bewegungen, ihrer Mimik und ihrer Art deutlich erkennen, von wem Jeremiel und L ihr Verhalten geerbt hatten. Schließlich aber fragte Jeremiel „Was weißt du über das Projekt und kannst du uns auch etwas über das Unborn-Phänomen sagen?“

„Klar kann ich das. Immerhin habe ich damals zusammen mit meiner besten Freundin Alice einen solchen Fall studiert und sogar schon einen Unborn gesehen.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  pri_fairy
2014-11-30T19:58:55+00:00 30.11.2014 20:58
super Kapitel !:*
das Ls Mutter die Einbrecherin ist hätte ich wirklich nicht gedacht !
Antwort von:  Sky-
30.11.2014 21:07
Tja unverhofft kommt eben oft. Witzigerweise bedeutet Nastasjas Name auch "die Auferstandene". Ich sagte ja mal, dass ich die meisten Namen aus einem bestimmten Grund aussuche ;-)


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