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Last Desire 9

L x BB
von

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Mutter und Sohn

Am Abend, als die anderen heimgekehrt waren, ging Jeremiel, der die Nacht bei Liam verbringen wollte, in den Anbau um seine Mutter zu besuchen. Bisher hatte er noch nicht die Chance gehabt, mit ihr näher ins Gespräch zu kommen und obwohl er auch ein kleines bisschen Angst davor hatte, so hatte Liam ihm auch Mut gemacht. Als er die Patientenzimmer erreichte, fand er das Bett seiner Mutter leer vor, woraufhin er sie suchen musste. Er fand sie bei Sariel, die an lebenserhaltenden Maschinen angeschlossen war. Die Russin hielt ihren Rosenkranz in ihren gefalteten Händen, kniete am Bett und schien zu beten. Er blieb an der Tür stehen und hörte, wie seine Mutter leise auf Russisch murmelte „Herr, bitte führe diese arme gequälte Seele in dein Reich und schenke ihr die Liebe und das Glück, welche diesem verlorenen Kind niemals zuteil wurde. Schenke ihr Trost und schließ sie in deine liebevollen Arme, auf dass Sariel das Glück findet, was sie in dieser Welt nicht finden konnte. Nimm ihr all das Leid und den Kummer, welches ihre Seele gepeinigt hat und halte deine schützenden Hände über sie und die anderen. Schütze du auch meine beiden Söhne und diese wunderbaren Menschen, die sie so liebevoll aufgenommen haben und schenke ihnen die Kraft, damit sie niemals von ihrem Weg abkommen.“ Jeremiel hatte noch nie an einen Gott geglaubt, aber dieses Gebet berührte ihn doch sehr. Vor allem weil seine Mutter auch ihn in ihr Gebet einschloss. Als sich Nastasja erhob und Sariel einen Kuss auf die Stirn gab, da wandte sie sich zur Tür und schien schon längst geahnt zu haben, dass Jeremiel an der Tür gestanden hatte. Sie lächelte warmherzig und fragte „Kann ich dir irgendwie helfen?“ Durch das Gebet völlig aus dem Konzept gebracht, wusste Jeremiel gar nicht, was er antworten sollte und geriet schon beinahe ins Stammeln. Er war unsicher ob er überhaupt hereinkommen sollte und es war ihm schon peinlich genug, dass er sie beim Beten belauscht hatte. „Tut mir Leid“, sagte er und wich ein wenig verlegen ihrem Blick aus. Erst jetzt spürte er, wie furchtbar nervös er eigentlich war und sein Herz raste wie verrückt. „Ich wollte dich nicht beim Beten stören.“

„Nicht schlimm. Und Russisch versteht hier sowieso kaum ein Mensch.“

„Nun, ich spreche schon Russisch.“

„Echt?“ fragte Nastasja und war sichtlich erstaunt und begann ab diesem Zeitpunkt nur noch Russisch mit Jeremiel zu reden. „Wo hast du das denn gelernt?“ „Ich weiß es nicht. Ich denke einfach, dass sich Sam Leens mit Sprachen beschäftigt hat. Jedenfalls kann ich auch Deutsch und ein wenig Latein, aber das war es auch schon.“

„Ist doch auch was. Ich finde es wirklich schön, mich endlich mal mit jemandem auch mal wieder in meiner Muttersprache unterhalten zu können. Hier in Amerika Russen anzutreffen oder in England ist relativ selten. Aber lass uns doch woanders ganz in Ruhe weiterreden, was hältst du davon? Dann haben wir zwei die Chance, uns besser kennen zu lernen.“ Da Nastasja sichtlich Mühe hatte, sich auf den Beinen zu halten, stützte Jeremiel sie und brachte sie zurück in ihr Zimmer. Auf die Frage, wie sie es denn überhaupt geschafft hatte, in Sariels Zimmer zu gelangen, da antwortete sie nur „Eiserner Wille und eine kleine Spur von Masochismus“, woraufhin sie herzlich lachen musste. „Ich weiß ja selbst, dass es absolut ungesund ist, wenn ich einfach so aufstehe und herumlaufe, aber ich wollte doch wenigstens von Sariel Abschied nehmen und für sie beten.“

„Watari sagte, dass du jeden Abend gebetet hast.“

„Ja. Für meine Familie und die Proxys, welche in dieses grausame Leben hineingedrängt wurden. Weißt du, ich habe mich immer bemüht, redlich zu sein und alles zu tun um anderen zu helfen. Aber manchmal zweifle ich wirklich daran, ob ich das Richtige tue, oder ob ich nicht Schuld an allem bin. Natürlich weiß ich, dass ich selbst nur in eine Verschwörung hineingeraten und benutzt worden bin. Womöglich hat die ganze Sache schon angefangen, als ich mich noch gar nicht mit den Gedankenschaltkreisen beschäftigt habe. Doch obwohl ich das weiß, denke ich, dass ich vielleicht auch ein Stück weit daran Schuld bin, dass Frederica tot ist und du ganz alleine in dieser Welt warst und niemals eine Familie hattest.“ Nastasja setzte sich auf ihr Bett und wirkte ziemlich erschöpft. Sie nahm eine Tüte Lakritz, öffnete sie und bot auch Jeremiel was an. Er nahm das Angebot gern an und setzte sich neben seine Mutter hin. „Du hast keine Schuld daran, dass ich nicht bei euch aufwachsen konnte. Immerhin hast du ja nicht mal gewusst, dass du mit Zwillingen schwanger warst und Joseph Brown hat dich hintergangen. Natürlich war ich traurig als ich erfuhr, dass meine Eltern schon lange tot waren, aber ich war froh, dass ich wenigstens L hatte und als du plötzlich da warst, da hatte ich zuerst Angst gehabt.“

„Wovor denn? Bin ich denn so unheimlich oder wirke ich wegen meinem Temperament so bedrohlich? Glaub mir, ich bin zwar manchmal ziemlich laut und schlagfertig, aber ich kann auch ganz lieb sein.“

„Nein, das ist es nicht. Ich hatte einfach Angst, dass du vielleicht auf Distanz gehst, weil ich für dich ein Fremder bin.“ Nastasja sah ihn sprachlos an und man hätte meinen können, sie wäre erschrocken darüber, was Jeremiel gesagt hatte. Aber dann umarmte sie ihn und sagte „So ein Unsinn. Du bist mein Sohn und deshalb bist du auch kein Fremder für mich.“ Als sie sich wieder von ihm löste, da fiel ihr etwas auf. Nämlich eine Kette, die er unter seinem Hemd trug. Neugierig fischte sie die Kette hervor und fand ihren Rosenkranz oder besser gesagt war es der Rosenkranz von ihrem verstorbenen Ich aus dieser Zeit. „Watari hat ihn aufgehoben und mir dann gegeben“, erklärte er. „Er meinte dass es gerechter wäre, wenn ich ihn bekomme, weil ich dich ja nie kennen lernen konnte.“

„Schon verrückt das alles“, murmelte sie und betrachtete das kleine silberne Kreuz. „Der Rosenkranz ist ein Erbstück meiner Mutter. Sie war sehr streng katholisch und hat vor ihrer Auswanderung nach St. Petersburg in Sizilien gelebt. Kurz nach meiner Geburt ist sie verstorben und mein Vater fiel der sowjetischen Regierung zum Opfer, weil man ihn verdächtigte, er sei ein Spion der Opposition. Ich bin daraufhin im Waisenhaus aufgewachsen und der Rosenkranz ist das einzige Erinnerungsstück. Ich habe nicht einmal Fotos von ihnen, deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass es nicht gerade schön für dich war, als du alleine warst.“ Nastasja versteckte den Rosenkranz, den Jeremiel unter dem Hemd trug, wieder darunter und richtete ihm dann ein wenig den Kragen. „Es stimmt schon, dass ich sehr religiös bin, auch wenn sich das mit meinem Beruf schlecht vereinen lässt. Aber es ist nicht so, dass ich unbedingt glaube, dass Adam und Eva die ersten Menschen waren, oder dass die Welt in sieben Tagen erschaffen wurde. Ich glaube einfach daran, dass uns für alles Leid, was uns in diesem Leben zugemutet wird, im nächsten Leben Gutes widerfährt und wir dasselbe nicht noch mal durchmachen müssen. Und außerdem glaube ich daran, dass wir für unsere guten Taten belohnt werden und dass jeder Mensch eine Chance verdient. Zumindest wenn er seine Taten aufrichtig bereut.“

„Dann glaubst du nicht an die Hölle?“

„Doch schon, aber ich habe eine andere Auffassung davon. Ich denke dass die Hölle nur ein vorübergehender Ort ist, wo man für jene Verbreche büßt, die man begangen hat, bis einem diese vergeben wurden. Also halte ich die Hölle eigentlich für das Fegefeuer. Aber weißt du, wir können ja auch mal über etwas anderes sprechen. Ich wollte nämlich unbedingt mehr über dich erfahren. Erzähl doch mal was du so gerne machst.“ Nun, Jeremiel brauchte eine Weile, um eine angemessene Antwort geben zu können, denn er wusste nicht so ganz, was seine Mutter alles hören wollte. Aber dann begann er einfach zu erzählen, dass er gerne Rätsel löste und sich mit allem gerne beschäftigte, was irgendwie mit Emotionen zu tun hatte. Dass er gerne Süßes und Scharfes aß und dass er es überhaupt nicht mochte, wenn Beyond seine Späße mit L zu weit trieb. Und dann musste er natürlich auch von seinem etwas peinlichen Kapitel erzählen, als er sich betrunken hatte und wie er sich da wie ein bockiger und quengeliger Sechsjähriger verhalten hatte. Nastasja konnte sich ein Lachen natürlich nicht verkneifen und klopfte ihm schließlich auf die Schulter. „Dein Vater war jedes Mal genauso schlimm, wenn er getrunken hatte. Nur hat er dann immer Panikstimmung gemacht und vom Weltuntergang geredet. Ich weiß noch als wir Silvester gefeiert hatten, da war ich gerade 20 Jahre alt geworden. Er hat zu tief ins Glas geschaut und die ganze Zeit gerufen „Die Russen kommen! Versteckt eure Sachen und bringt euch in Sicherheit. Die Russen sind da. Der Weltuntergang ist nahe.“ Wir haben uns kaum noch eingekriegt und das Beste war, dass er versucht hat, 8703 mit einer Karotte zu multiplizieren. Also was eure mangelhafte Trinkfestigkeit angeht, die habt ihr eindeutig von eurem Vater. Und den Dickschädel von mir. Was diese Liebe zu Süßigkeiten angeht, da scheint ihr das auch von mir zu haben. Ich geb zu, ich könnte für Lakritz sterben, genauso wie für Prjanik. Aber mit L war das schon damals immer schlimm gewesen. Ich hab um die Süßwarenregale immer einen Riesenbogen machen müssen, wenn wir einkaufen gegangen sind. Du kannst dir nicht vorstellen, wie dein Bruder gequengelt hat. Teilweise hat er den ganzen Laden zusammengebrüllt, weil ich ihm keine Süßigkeiten gekauft habe.“ Jeremiel musste sich das bildlich vorstellen, wie ein kleiner L sich so aufführte, wenn er seinen Willen nicht bekam. Und er konnte sich das sogar ziemlich gut vorstellen. „Nun, er isst auch heute ziemlich viel Süßkram. Aber Rumiko, Beyonds Adoptivschwester, bringt ab und zu mal was vorbei, weil sie meint, er müsse sich gesünder ernähren.“

„Watari ist in vielerlei Hinsicht einfach zu nachsichtig und war schon damals nicht der Konsequenteste gewesen. Nun ja, jetzt ist es auch zu spät. Und solange er…“ Nastasja sprach nicht zu Ende, sondern begann stattdessen lauthals zu kreischen. Sie klammerte sich an Jeremiel fest, hatte die Augen vor Entsetzen geweitet und schrie wie am Spieß „Mach sie weg, mach sie weg. Um Gottes Willen MACH SIE WEEEEEEG!!!!!“ Der 25-jährige war völlig überrumpelt und wusste gar nicht, was jetzt los war, als er dann den Übeltäter sah, der seine Mutter so in Panik versetzt hatte: eine Spinne. Sie seilte sich gerade von einem Faden am Fenster ab und ließ sich auf die Fensterbank nieder. Nun gut, sie war nicht sonderlich groß und es handelte sich allerhöchstens nur um eine harmlose Hausspinne, die sich hineinverirrt hatte. Aber allein ihr Anblick genügte, dass Nastasja völlig hysterisch wurde und aufsprang, als wäre die Spinne so groß wie ein Fußball. Jeremiel stand auf, nahm die Spinne auf seine Hand, woraufhin er das Fenster öffnete und die Spinne (die sich wahrscheinlich genauso über das Gekreische gewundert hatte) in die Freiheit entließ. Daraufhin schloss er das Fenster wieder und wandte sich seiner Mutter zu, die immer noch komplett aufgekratzt war. „Ist… ist sie weg?“

„Ja. Aber sag mal, was regst du dich wegen einer Spinne auf?“

„Halloho! Das Vieh hat acht Augen und acht Beine. Welcher normale Gott erschafft denn bitteschön so eine Monstrosität? Ich hasse Spinnen und Ungeziefer. Da krieg ich jedes Mal gleich einen Anfall…“

„Aber beschäftigst du dich nicht mit Biologie?“

„Humanbiologie! Das hat mit Menschen zu tun aber nicht mit solch abartigen Kreaturen, die mehr Augen und Beine haben als eigentlich nötig! Ich traue keinem Tier über den Weg, das mehr als vier Beine hat oder dessen Bezeichnung mit einem „W“ anfängt und mit einem „urm“ aufhört.“ Okay, offenbar hatte seine Mutter ganz eindeutig etwas gegen Ungeziefer. Naja, eigentlich nicht verwunderlich. Viele Menschen empfanden Ekel oder Angst vor Spinnen und Insekten und das galt für seine Mutter offenbar auch so. Nun, sie war ja auch nur ein Mensch mit ihren eigenen Macken. „Wieso hast du denn so eine Angst vor Insekten?“ „Das liegt bei mir in der Kindheit. Das Waisenhaus, wo ich aufgewachsen bin, war ziemlich heruntergekommen und es herrschten dort teilweise schlimme Zustände. Eines Tages bin ich beim Fangenspielen durch den maroden Fußboden gekracht und im Keller gelandet. Dort war es stockfinster und dort befand sich auch wahrscheinlich eine Art Nest. Jedenfalls waren dort überall Taranteln und Ungeziefer. Und für ein siebenjähriges Mädchen ist das nicht gerade eine schöne Erfahrung. Ich hab seitdem eine verdammt große Angst vor diesen Monstern.“ Nun, in dem Fall war ihre Angst ja auch mehr als verständlich. Trotzdem fiel es ihm schwer zu verstehen, wie Menschen vor solch kleinen Tierchen eine dermaßen große Angst haben konnten. Das war ja wie mit diesem Bild von dem Elefanten, der sich vor einer kleinen Maus fürchtete. Schließlich gesellte er sich wieder zu seiner Mutter, die sich inzwischen wieder beruhigt hatte und sichtlich froh war, die Gefahr wieder losgeworden zu sein. Erleichtert atmete sie auf und konnte dann nicht anders, als über sich selbst zu lachen. „Mensch war das peinlich. Henry hat sich immer halbtot gelacht, wenn ich Panik geschoben habe. Zum Glück hast du keine Angst, sonst wäre das noch echt problematisch geworden.“ Nun, zumindest nahm sie ihre Phobie mit Humor. Schließlich aßen sie die Tüte Lakritz leer und sogleich holte Nastasja zwei Dosen Dr. Pepper heraus und gab eine davon Jeremiel. „Ist zwar nichts Alkoholisches, aber immerhin besser als gar nichts. Weißt du, ich habe mir da mal was überlegt: wie wäre es, wenn wir zwei Hübschen mal einfach was zusammen unternehmen und uns so näher kennen lernen? Und wenn die Leute uns sehen, können wir denen ja sagen, ich wäre deine Freundin.“

„Gerne. An was hättest du so gedacht?“

„Na, ich wollte mir Boston mal näher ansehen. Vergiss nicht, ich bin durch den Zeitsprung von jetzt auf gleich hier gelandet und hab wirklich keine Ahnung von der Stadt. So eine kleine Sightseeingtour wäre sicher ganz interessant und so werde ich eben auch meine neue Heimat besser kennen lernen.“

„Du bleibst hier in Boston?“

„Natürlich, wo soll ich denn sonst hin? In Russland habe ich keine Verwandten oder Freunde und da mein Mann tot ist, habe ich auch in England nichts mehr, was mich dorthin zurückziehen würde. Meine jetzige Familie lebt hier in Boston und da ich mich ohnehin um Sheol kümmern will und auch Elion wahrscheinlich bald zurückkommen wird, werde ich deshalb hier bleiben. Oder was hast du geglaubt?“ Unsicher zuckte der 25-jährige mit den Achseln und murmelte „Nun, ich war mir nicht sicher, ob du jetzt für immer hier bleibst, oder ob du nicht vielleicht wieder zurückreisen musst… in die Vergangenheit meine ich.“ Nastasja leerte die Dose auf ex und drückte sie in ihrer Hand mühelos zusammen. „Wenn ich aus dieser Zeit in die Zukunft gereist wäre, dann wäre das so. Immerhin würde das sonst erhebliche Probleme geben. Du weißt schon: dieser ganze Raumzeit-Kontinuum-Quatsch eben. Aber da ich aus einer anderen Zeitschleife stamme, die keine Zukunft hat, existieren quasi zwei Nastasjas in dieser Welt. Streng genommen könnte man sogar sagen, dass ich aus einer Art Paralleluniversum stammen könnte. Deshalb ist es auch kein Problem, wenn ich dauerhaft hier bleibe. Und leider ist es auch so, dass der Hyperkubus nur ein einziges Mal funktioniert. Die Energie, die in seinem Kern gespeichert war, ist fast vollständig aufgebraucht worden und um diese wieder aufzuladen, bräuchten wir Evas Kraft. Es ist auch besser so, wenn er nicht mehr funktioniert, so kann er wenigstens nicht als Waffe missbraucht werden. Er war ja nur dazu da, damit ich in eure Zeit reisen und die Proxys aufhalten konnte. Und es hat ja auch funktioniert, also hat sich der ganze Aufwand gelohnt. Das Schöne ist, dass ich jetzt die Möglichkeit habe, dich besser kennen zu lernen und für dich und L da zu sein, wenn ihr mich braucht. Tja und ich muss erst mal versuchen, mich in dieser Zeit und in dieser Umgebung zurechtzufinden.“

„Mach dir da mal keine Sorgen. Wir werden dir schon helfen. L und die anderen haben genug Möglichkeiten und ich denke, wir werden schon eine Lösung finden.“ Sie saßen den ganzen Abend zusammen und redeten über alles Mögliche. Insbesondere Nastasja hatte genug Geschichten von L zu erzählen, als er noch ein Baby war oder was er alles angestellt hatte, als er noch klein war. Und natürlich erzählte sie auch, wie sie und Henry Lawliet zusammengekommen waren. „Eigentlich ist das Ganze echt witzig. Wir waren schon eine Zeit lang ineinander verliebt gewesen, aber ich dachte, er wäre mit Alice zusammen und er hat sich nicht getraut, mich anzusprechen. Ich hab nämlich alle anderen abblitzen lassen, die mich um ein Date gebeten haben. Zwei Jahre ging das so. Damals war ich 17 Jahre alt und habe bei den Wammys gewohnt und Alice war meine beste Freundin. Sie hat Henry schließlich ins Sportstudio geschickt, wo ich gerade beim Training war mit der Absicht, dass wir beide endlich ins Gespräch kamen. Tja, wir sind nach dem Training was trinken gegangen und dann haben wir die auch die Nacht zusammen verbracht. Und seitdem waren wir zusammen. Alice hat uns quasi verkuppelt. Wir drei waren ein unschlagbares Trio. Ich war die mit den Fäusten und dem Dickschädel, Henry war eher der Ausgewogene und Alice war das Genie. Nun gut, wir drei waren die Jüngsten an der Uni, aber Alice hatte schon immer so eine Ausstrahlung von einem Genie und sie besaß auch wirklich Klasse. Während ich Männer im Ring verdroschen habe, die gut und gerne zehn Jahre älter waren, hat sie über ihren Büchern gesessen und Bach oder Mozart gehört. So verschieden wie wir waren, war wirklich keine andere Clique. Aber wir haben immer zusammengehalten. Umso größer war dann der Schock für Henry und mich, als Alice nach der Silvesterfeier mit dem Auto verunglückt ist. Auf uns hatte sie immer gewirkt, als wäre sie wie eine englische Adlige. Sie war bildschön, hat manchmal ein wenig kühl auf andere gewirkt, aber in meinen Augen war sie schon fast perfekt. Ich war manchmal echt neidisch auf sie. Das Einzige, was mich manchmal an ihr genervt hat, war ihre gehobene Art. Sie wirkte manchmal etwas verklemmt auf mich, aber sie war eben eine Wammy und die waren schon immer dafür bekannt, dass sie dem guten Ruf der Engländer alle Ehre machen.“

„Hast du ihr mal gesagt, dass du neidisch auf sie bist?“

„Klar, nämlich als ich während einer Party schon zwei Gläser Wodka intus hatte. Das Zeug kann ich eh wie Wasser trinken. Als ich ihr gesagt habe, dass ich sie für ihre fast schon perfekte Art beneide, da sagte sie „Es gibt keinen Grund, neidisch auf mich zu sein. Glaub mir, es ist ein Fluch so wie ich zu sein. Ich wünsche mir manchmal, mehr so wie du zu sein und die Kraft zu haben, noch an das Gute in der Welt zu glauben.“ Nun ja, ich hatte manchmal irgendwie das Gefühl, dass Alice ein klein wenig unglücklich war, weil viele sie wegen ihrer vornehmen Art und ihrem Aussehen für hochnäsig und arrogant gehalten haben. Da hatte sie außer mir und Henry kaum Freunde, nur sehr viele Neider und das hat Watari damals nie gemerkt. Aber es ist schon eine gewisse Ironie gewesen. Ich hab sie für ihre Schönheit, ihre Eleganz und ihre Ausstrahlung beneidet und sie mich für meinen eisernen Willen. Alice und ich waren schon immer komplett verschieden gewesen. Selbst vom Aussehen her.“ Hierbei begann sie Jeremiel nachdenklich durchs Haar zu streichen und sein blondes Haar zu betrachten. „Selbst du und dein Bruder seht euch nicht ähnlich. L kommt ja gänzlich nach seinem Vater, aber du… hey, wir beide haben fast dasselbe blond und fast dieselben blauen Augen. Wenn das mal kein Zeichen ist, oder?“ Und damit gab sie ihm einen Kuss auf die Stirn. Sie blieben noch eine ganze Weile im Zimmer, bis Nastasja langsam doch die Müdigkeit übermannte und Jeremiel sich für heute von ihr verabschiedete. Bevor er aber ging, sagte sie noch „Das mit dem gemeinsamen Tag steht aber auf jeden Fall. Allerdings solltest du an deinem Russisch noch ein wenig feilen. Bei dir klingt das noch etwas zu sehr durch die Nase.“ „Ich werde mir mehr Mühe geben“, versprach er und wünschte ihr noch eine gute Nacht. Als er auf den Flur hinaustrat, sah er dort schon Liam an der Wand gelehnt stehen, der offenbar schon eine Weile wartete. Er hatte die Arme verschränkt und wirkte ein wenig nachdenklich, aber als er dann Jeremiel sah, da lächelte er zufrieden und legte einen Arm um ihn. „Na, was habe ich denn gesagt? Deine Mutter ist zwar schräg, aber ein wunderbarer Mensch. Und sie liebt dich sehr.“ Der 25-jährige brachte kein Wort hervor. Tränen sammelten sich in seinen Augen und er konnte sie auch nicht zurückhalten. Tröstend nahm Liam ihn in den Arm. „Hey, ist schon gut. Lass es ruhig raus.“ Und Jeremiel klammerte sich an den Unvergänglichen und konnte seine Gefühle einfach nicht mehr unter Kontrolle halten. Er war so überglücklich, dass er eine so wunderbare Mutter hatte, dass er gar nicht anders konnte als zu weinen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  pri_fairy
2014-12-03T15:08:40+00:00 03.12.2014 16:08
oh was für ein süßes Kapitel!^^
ich freu mich so für Jeremiel !:)
Von: abgemeldet
2014-12-03T15:05:26+00:00 03.12.2014 16:05
Ein wunderbares Kapitel^^


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