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Last Desire 11

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Evas Vorbereitungen

Es war dunkel und in dem kleinen Laden hingen unzählige Gerüche von getrockneten Blüten und Kräutern in der Luft. Räucherstäbchen brannten in einer Schale und sorgten für ein solches Geruchschaos, dass man kaum noch atmen konnte. Und so chaotisch, wie dieses Duftreich war, so verhielt es sich auch mit dem Inneren des Ladens. Es war alles vollgestopft mit Requisiten, Tierknochen und Glaskugeln. Tarotkarten lagen verstreut herum und man fand auch Amulette und Pentagramme. Und da der Rest mit schweren orientalischen Tüchern oder vergoldeten Ornamenten beschmückt war, konnte man ziemlich schnell die Übersicht verlieren und vergessen, was man eigentlich wollte und wieso man überhaupt hereingekommen war. Es war ja an sich schon ein Wunder, dass man so viel Dekoration überhaupt in diesem kleinen Laden unterbringen konnte. Aus einer kleinen Ecke des Ladens kam eine Frau mit offensichtlich südländischer Abstammung zum Tresen. Sie hatte eine dunkle Haut, trug schweren Goldschmuck an den Händen und Fußgelenken, große goldene Ohrringe und mit Türkissteinen besetzte Ketten. Zusätzlich trug sie ein orientalisches Tuch, welches ihren Kopf und ihre Schultern bedeckte. Sie sah aus wie eine Zigeunerin und als sie ihre Besucherin sah, spielte sich ein listiges Lächeln auf ihre Lippen. „Herzlich Willkommen in meinem bescheidenen Laden, Eva. Was kann ich als Händlerin der tausend Wunder für dich tun? Willst du die Meere teilen, Wasser in Wein verwandeln oder umgekehrt? Willst du die Toten wiedererwecken oder die unheilbar Erkrankten heilen? All diese Wunder verkaufe ich gerne, allerdings hat jedes Wunder auch seinen Preis, wie du weißt.“ Eva, die von diesem Geruchschaos ein wenig benebelt war und Mühe hatte, ihre Gedanken beisammen zu halten, brauchte eine Weile, um zu antworten. „Guten Tag, Minha. Nein, ich bin an diesen Wundern nicht interessiert. Ich wüsste auch gar nichts damit anzufangen.“ Doch die Zigeunerin lachte und begann damit, die verstreuten Karten auf ihrem Tisch wieder einzusammeln und Ordnung zu machen. „Du wirst dich wundern, was die Menschen alle für Wunder haben wollen. Vor einiger Zeit hatte ich einen Kunden, der genau solche ungewöhnlichen Wunder kaufen wollte.“

„Die Geschichte kenne ich“, unterbrach Eva, bevor die Wahrsagerin weitersprechen konnte. „Er wurde später hingerichtet. Wie so viele, die deine Wunder gekauft haben und leichtfertig damit umgegangen sind.“

„So etwas ist nun mal der Preis für ein Wunder: das eigene Glück. Also… wenn du kein Wunder haben willst, was kann ich dann für dich tun?“ Eva beugte sich etwas vor und sah der Zigeunerin fest in die Augen. Ihr Blick wurde ernst und sie erklärte „Samajim sagte mir, du hast Ahavas Schwert in Verwahrung. Ich bin hier, weil ich es dringend brauche.“

„Oho“, rief Minha und hob erstaunt und neugierig die Augenbrauen. „Dann stimmen also die Gerüchte?“

„Das tut nichts zur Sache. Ich brauche das Schwert, weil ich mich um ein persönliches Problem kümmern muss. Ich habe auch etwas mitgebracht, um dich für den Aufwand angemessen zu entschädigen.“ Damit hole Eva einen goldenen Armreif hervor, der wie eine Schlange aussah. „Das habe ich noch aus Elohims Schatzkammer. Ich denke, das dürfte deinen Geschmack treffen, oder?“ Minha nahm den Armreif entgegen und begutachtete ihn genau. Dann ließ sie ihn in einer Schublade verschwinden und kam schließlich um den Tresen herum. „Komm mit, ich gebe dir das Schwert.“ Eva folgte der Zigeunerin durch den Laden in ein Hinterzimmer. Aus einem Wandschrank, der mit mehreren Schlössern gesichert war, holte sie ein Schwert hervor, welches wie ein altes japanisches Samuraischwert aussah. Minha hielt es wie einen wertvollen Schatz in den Händen, zögerte aber noch, es Eva zu geben und blickte sie ernst an. „Du musst dir auch wirklich sicher sein. Bedenke gut, dass das Schwert nur von Ahava selbst richtig geführt werden kann. Sobald du es an dich nimmst, wird das, was dein Innerstes ausmacht, sich auf deinem ganzen Körper abzeichnen. Die Finsternis wird dich und deinen Körper zerfressen und es wird ein äußerst schmerzhafter Prozess. Wenn du das Schwert zu oft benutzt, wird das dein Tod sein.“

„Das weiß ich“, sagte Eva und nahm das Schwert an sich. Sie wirkte ernst und nachdenklich. „Aber ich werde nicht zulassen, dass mein Bruder erneut in Gefahr gerät und er dann doch hingerichtet wird, wenn er sich einen Fehler erlaubt. Es ist besser, wenn er sich an nichts erinnert und glaubt, außer uns beiden gäbe es keine anderen Sefirot. Ich habe eben Angst um ihm.“ „Liebe wird zu Angst, Angst zur Verzweiflung und Verzweiflung artet in Hass aus. Du wandelst auf einem sehr gefährlichen Pfad, Eva. Du weißt, was für schreckliche Konsequenzen das hat, wenn du dich von der Finsternis in deinem Herzen vereinnahmen lässt.“

„Du klingst schon wie Samajim. Was ist denn eigentlich mit dir los, Minha? Normalerweise erteilst du nie Ratschläge.“ Doch die Zigeunerin lächelte nur wissend und ging zusammen mit Eva wieder zurück in den Laden, wo die Weißhaarige schon wieder von dem Geruchschaos überwältigt wurde. Aber Minha war schon komplett dagegen abgestumpft und nahm es auch nicht mehr wahr. „Das stimmt. Für gewöhnlich mache ich das auch nicht. Ich habe mich schon nicht für den Krieg damals interessiert und es kümmert mich auch herzlich wenig, welche Seite gewinnt. Ich verkaufe meine Wunder an jene, die sie brauchen. Und zugegeben: während des Krieges habe ich sehr viele Vorteile gehabt, weil es immer mehr Leute gab, die ein Wunder brauchten. Aber die meisten sind unvernünftig und blauäugig und wissen nicht, welch fatale Konsequenzen ein Wunder haben kann. Sollen sie sich doch ruhig ins Verderben stürzen. Solange ich einen angemessenen Preis für meine Dienste erhalte, ist es in Ordnung. Allerdings hätte es nicht sonderlich viele Vorteile für mich, wenn Elohim sein Ziel erreichen würde. Es wäre das Beste für alle, wenn er endlich getötet wird, aber es macht mir Sorgen, wer überhaupt in der Lage dazu sein wird, wenn er seine alte Macht wiederhergestellt hat. Der Einzige, der ihn ohne Probleme hätte aufhalten können, war Hajjim. Doch er ist tot und selbst Samajim konnte es nicht alleine mit ihm aufnehmen. Fraglich ist also, ob du es schaffen wirst. Du weißt ja: die Liebe kann den Zorn besiegen und so konnte Ahava Elohim aufhalten. Aber was kann denn die Verzweiflung ausrichten? Wohl nicht allzu viel, wie mich dünkt.“

„Einen Versuch ist es trotzdem wert. Danke für alles, Minha.“ Damit verließ Eva den Laden und sogleich wehte ihr die angenehm kühle Luft entgegen. Mit dem Schwert in beiden Händen bog sie in eine kleine Seitengasse ein und blieb mit dem Rücken zur Wand gelehnt stehen. Sie zog die Klinge aus der Schwertscheide und betrachtete sie. Kein einziger Kratzer und sie sah fast wie Weißgold aus. Es war lange her, seit sie so eine Waffe zuletzt in den Händen gehalten hatte. Und da kamen ihr auch Erinnerungen zurück. Erinnerungen an den Krieg, die Angst und die vielen Toten. Elohims unbändiger Hass auf die Unvergänglichen und alles, was vergänglich war. Es stimmte schon, was Minha gesagt hatte. Verzweiflung konnte den Hass nicht bekämpfen. Verzweiflung wird zu Hass, das war nun mal unumgänglich. Und fraglich war, ob sie dann auch so enden würde wie Elohim. Nichts war gefährlicher als die Verzweiflung, das wusste sie. Sie konnte die aufrichtigsten Seelen ins Verderben stürzen und sie in einen Strom aus Hass und Schmerz reißen. Ob sie auch eines Tages diesen Weg einschlagen würde? Tja, wer wusste denn schon, was das Schicksal für sie bereithielt. Ein rasender Schmerz durchfuhr Evas Arm und war so plötzlich gekommen, dass sie das Schwert fallen ließ. Sie biss sich auf die Unterlippe und hielt sich den linken Arm, der sich anfühlte, als würde sich eine Säure durch die Haut fressen. Also doch… Minha hatte Recht gehabt. In dem Falle durfte sie bloß keine Zeit verlieren. Sie musste unbedingt verhindern, dass die anderen nach dem Alpha-Proxy suchen würden. Insbesondere musste sie Liam vor ihm fernhalten, ansonsten waren all ihre Bemühungen, ihn zu beschützen, völlig umsonst gewesen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  pri_fairy
2015-01-06T12:53:59+00:00 06.01.2015 13:53
Oh es geht schon sofort weiter ^^ Klasse Anfang:) ich freu mich schon wie das sich jetzt alles entwickelt:)
Von: abgemeldet
2015-01-06T11:18:42+00:00 06.01.2015 12:18
Der Anfang war schon mal klasse.
Ich freue mich schon wenn es weiter geht. :D

LG^^Alien^^


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