Tag 7: Donnerstag
Am nächsten Morgen stand ich mit Zero auf und verabschiedete ihn an der Haustür. Ich war immer noch etwas skeptisch, was das anging, aber er hatte geschworen, nur für 3 oder 4 Stunden auf Arbeit zu bleiben. Allem voran musste er ein paar Zeichnungen und Entwürfe abgeben, die dringend benötigt wurden. Außerdem wollte er ein bisschen Papierkram abarbeiten und den Anderen auf die Finger schauen, ob die alles im Griff hatten. Sonst würde er keine Ruhe haben.
Typisch Workaholic. Ich war auch so gewesen, als ich noch Arbeit gehabt hatte. In diese konnte man sich hinein stürzen, hatte Ablenkung.
Sobald ich allein war, überlegte ich, ob ich mich nochmals hinlegen sollte. Nicht einmal einkaufen gehen konnte ich, weil alles da war. Vielleicht schwimmen gehen…es war nur ein wenig wolkig.
Nur durch Zufall fiel mir auf, dass Zero etwas Wichtiges vergessen hatte. Seine Entwurfmappe lag noch auf dem Tisch im Wohnzimmer. Beinahe hätte ich einen Herzanfall bekommen. Dann fiel mir aber ein, dass ich ihm die Zeichnungen einfach schnell zur Arbeit bringen konnte.
„Yosh!“ Ich nahm mir die Mappe und zog mir im Flur die Turnschuhe an, doch bei der Gelegenheit fiel mir ein, dass ich gar nicht wusste, wo ich hin musste. Wo befand sich das Architektenbüro überhaupt? Am besten fragte ich Zero. Ich konnte ihm eine SMS schreiben! Ich zückte mein Handy. Vielleicht war anrufen doch besser…dann konnte ich ihn gleich beruhigen. Es begann zu klingeln. Und auf einmal gesellte sich ein zweites Klingeln hinzu, direkt neben mir. Verwirrt zuckte ich zusammen und sah mich um. Auf dem Flurschrank lag ein Handy…es war Zeros. Ich legte auf und ließ die Schultern hängen. Das konnte doch jetzt nicht sein.
Seufzend ging ich zurück ins Wohnzimmer und schaute, ob ich einen Hinweis finden konnte. Vielleicht lag hier ja eine Visitenkarte rum…aber Zero hatte so gut aufgeräumt, da lag nichts rum.
Was konnte ich tun…? Einem Geistesblitz folgend setzte ich mich vor meinen Laptop und schaltete ihn an. Google konnte vielleicht helfen. Ich wusste immerhin zumindest den Anfangsbuchstaben von dem Büro, und zudem würde es in dieser kleinen Küstenstadt sicher nicht so viele Architektenbüros geben.
Und ich hatte ausnahmsweise mal Glück. Ich schaute mir an, wie ich am besten zum Maekawa-Haus kam. Würde über dreißig Minuten dauern…
Sofort sprang ich auf, nahm die Handys sowie die Entwürfe und rannte gleich los. Ich hoffte inständig, rechtzeitig zu kommen. Und ich flehte, dass Zero noch nichts gemerkt hatte und nicht nach Hause kommen würde. Wie bekloppt rannte ich durch die Straßen, verlor nur einmal die Orientierung. Doch gleich fragte ich ein paar Leute, die mir den Weg weisen konnten.
Nach nur 25 Minuten, was Rekordzeit darstellte, und mit schmerzenden Lungen stand ich keuchend vor dem Maekawa-Gebäude. Das war also Zeros Bürohaus. Beeindruckend. Viele, meterbreite Steinstufen führten nach oben zum Eingang. Das Haus war fast komplett aus Glas, ragt weit in die Höhe. Unter dem blauen Himmel sah es wunderschön aus.
Ich ließ mir keine Zeit zum Verschnaufen und erklomm rasch die Treppen. Fast alle Leute, die hier rumliefen, trugen Anzug oder Kostüm. Da sah Zero ja noch normal aus mit seiner Weste. Zumindest war er wenigstens nicht so ein Anzugheini wie sein Exfreund…der sah zwar gut aus, wirkte aber recht herrisch. Das hatte ich ja zu spüren bekommen.
In der großen, hellen Eingangshalle, in der geschäftiges Treiben herrschte, sah ich mich verloren um. Wie sollte ich jetzt zu Zero kommen? Wo arbeitete er hier genau?
Ich schluckte und blieb stehen, doch dann sah ich einen Empfang. Dort einfach mal nachfragen, das war meine einzige Chance. Langsam trat ich auf die junge Frau zu und schilderte ihr die Situation.
„Ah, für Shimizu-san? Das können Sie ruhig mir geben, ich werde es zu ihm hoch bringen. Er scheint es noch nicht bemerkt zu haben, zumindest habe ich ihn noch nicht wieder runter gehen sehen und durchgeklingelt hat er bei mir auch nicht.“ Sie lächelte mich an. „Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie es hergebracht haben. Manchmal ist Shimizu-san doch etwas zerstreut. Vor allem in letzter Zeit.“, fügte sie etwas besorgt hinzu. Ob sie wusste, woran das lag? Ich konnte es mir ja denken…
Zögernd überreichte ich ihr die Mappe. „Ich werde es gleich bei ihm abgeben.“, versicherte sie mir, bedankte sich in Zeros Namen und wünschte mir noch einen angenehmen Tag. Sie war sehr freundlich.
Beruhigt nickte ich und verabschiedete mich höflich von ihr.
Als ich mich umdrehte, stockte ich und musste schlucken. Da stand Akira, einige Meter von entfernt, zwischen den anderen Mitarbeitern, die hin und her liefen, und starrte mich an. Und das nicht allzu freundlich. Er winkte mich heran und drehte sich um. Offenbar wollte er draußen mit mir reden…
Sofort brach mir der kalte Angstschweiß aus. Was wollte er jetzt von mir?!
Langsam setzte ich mich in Bewegung und folgte ihm hinaus vor die Türen. Auf den Treppen blieb er stehen und wandte sich mir zu. Mit kühlem Blick musterte er mich. „Glaubst du nicht, dass es etwas zu viel des Guten ist, wenn du Zero auch noch auf der Arbeit störst?“, fragte er mich, woraufhin meine Augen groß wurden. Er erwartete nicht einmal eine Antwort von mir.
„Geh ihm nicht noch mehr auf die Nerven, als du es schon bei ihm zu Hause machst. Ich weiß nicht, warum du dich bei ihm einquartiert hast. Lange kennst du ihn sicher noch nicht. Von dir hat er nie erzählt, ich habe dich vorgestern das allererste Mal gesehen“, sagte er kühl. „Und ich sage dir ganz offen, dass es mir nicht gefällt, dass du bei ihm wohnst. Glaubst du nicht, dass er was Besseres verdient hat?“
Mittlerweile waren meine Augen so groß, dass sie mir beinahe aus dem Kopf fielen. Nur mit Mühe konnte ich meinen Mund zurückhalten, einfach auf zu klappen. Meinte Akira das ernst?!
„Lass ihn endlich in Ruhe. Eine Beziehung zwischen euch kann nicht funktionieren.“
„A-aber…wir sind doch gar nicht zusammen!“, bekam ich schließlich hervor, woraufhin er nur mit den Schultern zuckte.
„Interessant. Ihr werft euch aber Blicke zu, die für mich eindeutig sind. Irgendwas läuft da doch, das kannst du nicht leugnen. Außerdem würde Zero ja sonst nicht so oft von dir erzählen.“ Er machte eine kurze Pause. „Als ich mich gestern um ihn kümmerte, hat er sich die ganze Zeit Sorgen um dich gemacht. Karyu hier, Karyu da. Das sagt mir schon alles.“ Er sah mir eindringlich in die Augen. „Und das gefällt mir nicht. Du bist nicht gut genug für ihn. Lass die Finger von ihm. Mit dir hat er nur Probleme, und auf ihn Acht geben kannst du auch nicht. Besser wäre es, du verschwindest endlich. Zero hat genug zu tun und kann nicht für dich Babysitter spielen. Wie alt bist du überhaupt? 19?“
Diesmal schien er wirklich eine Antwort zu verlangen. Ich schüttelte nur den Kopf und senkte ihn. „22…“
Akira seufzte. „Auch nicht viel besser.“ Er sah auf die Uhr. „Ich muss an die Arbeit. Denk mal über das nach, was ich gesagt habe.“
Schon verschwand er in der Halle. Ich blieb nur kurz stehen. Schon wieder machte sich dieses unangenehme Gefühl in mir breit, dass er versuchte, mir Zero wegzunehmen… Als ob er mir überhaupt gehören würde…
Ich drehte mich um und rannte die Stufen hinab, schlug den Weg zum Strandhaus ein. Schon wieder versuchte ich wegzulaufen. Vor meinen eigenen verwirrenden Gedanken.
Akira schien mich wirklich vergraulen zu wollen. Durfte er sich da einmischen…? Zero und ich waren nur Freunde, wollten einander helfen. Es war schon ironisch, dass ausgerechnet derjenige, der für Zeros Leid verantwortlich war, nun dachte, er hätte das Recht, über Zeros Freunde und Leben zu entscheiden.
Mir gegenüber war er so abschätzig gewesen, dass ich nicht wirklich ernst nehmen konnte, was er gesagt hatte.
Als ich zurück im Strandhaus war, sank ich seufzend an der Haustür zu Boden. Ich hatte vergessen, Zero auch das Handy geben zu lassen. Noch immer schleppte ich es mit mir rum.
Toll. Ich war wohl wirklich unfähig.
Vielleicht half es mir, ein wenig aufzuschreiben. Jetzt brauchte ich das zumindest einfach. Bevor ich Akiras Worte noch vergaß, würde ich sie aufschreiben. Und dabei würde ich vielleicht darüber nachdenken können, ob das stimmte, was er sagte…
Ich machte es mir auf der Veranda gemütlich, setzte mich auf eine der Sonnenliegen und schaltete meinen Laptop an. Weit kam ich mit dem Schreiben nicht.
Kaum eine halbe Stunde später hörte ich die Haustür und Zeros Stimme. Er rief aufgeregt nach mir. Was war nun passiert…?
Ich stellte den Laptop wieder beiseite und richtete mich auf, wandte den Blick fragend in Richtung Wohnzimmer, in dem Zero in diesem Moment erschien. „Da bist du!“
Er kam zu mir raus und umarmte mich einfach. Verwirrt ließ ich es geschehen. „Alles in Ordnung?“, wollte ich wissen, woraufhin er mich losließ und mir in die Augen sah.
„Das frage ich dich. Was hat Akira zu dir gesagt?“
„Eh?“ Mit großen Augen erwiderte ich seinen Blick. Woher wusste er, dass ich mit ihm gesprochen hatte?
„Schau nicht so. Ich hab dich und Akira kurz vor dem Büro gesehen. Bevor ich zu euch gehen konnte, bist du auch schon losgerannt. Was war los? Was hat er gesagt?“
„Ach…“ Ich kratzte mich am Kopf. „Nichts besonderes. Er hat sich nur bedankt, dass ich dir deine Mappe gebracht habe.“
„Lüg nicht!“ Ernst sah er mich an. „Ich hab erstens gesehen, dass du alles andere als begeistert und fröhlich ausgeschaut hast, und zweitens hab ich auch Akira die gleiche Frage gestellt. Er hat mir gleich gesagt, dass er der Meinung ist, du seist nicht gut genug für mich und das habe er dir auch mitgeteilt.“ Leise seufzte Zero, während ich den Blick senkte und schwieg. „Es tut mir leid, Karyu. Ich hab gestern noch gesagt, dass ich das nicht noch mal zulassen würde. Und nun konnte ich es doch nicht verhindern.“ Er machte eine kurze Pause. „Am besten vergisst du, was er gesagt hat. Zur Zeit hat Akira viel Stress. Und manchmal…da ist er eben etwas schwierig und weiß nicht, was er sagen darf und was besser nicht. Mach dir keine Gedanken wegen dem, was er gesagt hat, okay?“
War das so einfach…? Langsam hob ich den Kopf und lächelte leicht, während ich nickte. „Ja.“
Erleichtert nickte er und setzte sich endlich auf die Sonnenliege mir gegenüber. Er sah auf seine Hände hinab und schien auf einmal sehr nachdenklich. „Danke, dass du mir die Zeichnungen gebracht hast…“, sagte er leise, aber es schien mir, als wolle er noch etwas anderes sagen.
„Gern geschehen. Sag mal…ist alles in Ordnung?“
Wieder seufzte er und sah nur kurz zu mir auf. „Wie man es nimmt…als ich mit Akira geredet habe, da meinte er plötzlich…“ Er wurde immer leiser und hielt inne, während er mit seinen Fingern spielte. Er schien nervös…
„Akira sagte…dass er mich zurück haben will.“
---
tbc~
Jetzt wird's doch langsam interessant *hehehe*
Ganz lieben Dank an:
@-Zero-chan-: *lol* Kurz würde ich den Kommi nicht nennen, er war immer noch schön lang *freu* Hach, ich glaube mal, Akira ist dir in diesem Kapitel noch viel sympathischer geworden, oder? ;) SO! Aber jetzt musst du mit deinen Vermutungen über Zero endlich rausrücken! QQ Sonst schreib ich nicht weiter *eiskalt erpress*
Nichtsdestotrotz vielen Dank für dein Lob!! ^///^ Ich frag mich echt, wie ich das bisher hinbekommen habe, dass dir die FF immer noch so gefällt. Mal sehen, was du dann zum Ende sagst ^^' Nur so viel: es wird wohl einen zweiten Teil zu PP geben ^^'
@abgemeldet: Akira ist toll, ne? xD Jeder mag ihn *lach* Spaß beiseite. Nun, da Zero schwul ist, darf der auch einfach in Karyus Bett schleichen ;) Ihm gehört ja eh die ganze Bude, Zero darf also machen was er will *hehe* Und nein, du musst Private Practice nicht schauen, um die Story hier zu verstehen xDD Ich hab die FF nur so benannt, weil ich die Idee dazu bekommen habe, während ich Private Practice geschaut habe^^