Zum Inhalt der Seite

Von Waschmitteln im Supermarkt

KaZe
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Von nicht-funktionierenden Feuerzeugen, Krankenpflegern und verbrannten Zungen

"Scheiße..", fluchte ich unter meinem Atem hervor und presste die Lippen zusammen, damit die Zigarette nicht auf den Boden fiel. Erneut versuchte ich, meinem Feuerzeug eine Flamme zu entlocken, aber es klappte nicht.

Ich stand unweit meiner Wohnung auf der Straße und mied die Laterne. Es musste ja niemand merken, dass ich Loser nicht mal mein Feuerzeug anbekam. "Verfluchter Mist..", brummte ich gedämpft und steckte das Feuerzeug missmutig zurück in meine Jackentasche. Ich hatte jetzt Bock auf eine verfluchte Zigarette!

"Kann man dir helfen?" Ich zuckte zusammen und sah auf, ließ dann aber mehr oder weniger erleichtert die Schultern hängen.

"Mir kann man schon lange nicht mehr helfen", erwiderte ich tonlos, woraufhin Karyu grinste.

"Ooh, das sehe ich aber ganz anders." Ich seufzte nur und er hielt mir unvermittelt ein Feuerzeug vor die Nase. "Na? Bitte."

Zögernd nahm ich es entgegen. Es glänzte blau. "Danke..", murmelte ich und zündete mir meine Zigarette an. Zwei Wochen war es mittlerweile her, dass ich dem Blonden im Supermarkt begegnet war. Ich war froh, dass wir uns jetzt auf der Straße befanden, so konnte er mir nicht wieder ein Produkt vor der Nase weg schnappen!

"Du weißt doch, einer schönen Frau kann ich nicht widerstehen." Auf diese Aussage hin verdrehte ich nur die Augen. Ob es noch was brachte, ihm zu sagen, dass ich keine Frau war?

"Ja nee, ist klar", murrte ich nur und zog genüsslich an der Zigarette. Der tiefe Zug tat verdammt gut. Etwas entspannter gab ich Karyu das Feuerzeug zurück.

"Hast du es mal mit dem aufhören probiert?", fragte er mich dann, woraufhin ich leise knurrte.

"Nein, hab ich nicht, denn es ist meine Sache." Wollte er mir hier jeden Spaß nehmen? "Als nächstes schlägst du vor, dass ich auch mit dem Trinken aufhöre, damit ich meinen zarten Teint nicht zerstöre."

Aus großen Augen sah er mich an. "Alkoholikerin bist du auch noch? Was für ein lasterhaftes Luder." Erneut verdrehte ich die Augen. Der Typ hatte wirklich keine Augen im Kopf!

Ich zog langsam an meiner Kippe, stieß den Rauch aus und blinzelte ihn dann an. "Vergessen wir das einfach, ok?"

"Hast du Waschmittel bei dir?", wechselte Karyu plötzlich das Thema, woraufhin ich die Augenbrauen hob. Und misstrauisch wurde.

"Und wenn?"

Er zuckte mit den Schultern und lächelte. "Dann bin ich erleichtert."

"Brauchst du was?", erkundigte ich mich, doch er schüttelte schon den Kopf.

"Nein, ich wollte nur sichergehen, dass wir uns demnächst im Supermarkt nicht wieder bekriegen.", erwiderte er und warf seine Zigarette beiseite.

"Mh, ja...erstmal nicht", meinte ich nur und nahm einen letzten Zug. "Danke für das Feuer. Man sieht sich!"

Ich hob die Hand und drehte mich schon um, da rief er mir hinterher. "Warte! Also...sehen wir uns mal wieder?", fragte er mich, woraufhin ich den Kopf zu ihm umwandte und die Stirn runzelte.

"Alter, ich bin keine verfluchte Frau!", stellte ich klar und wartete weder eine Antwort noch eine Reaktion ab, sondern ging gleich weiter, während ich in meiner Jackentasche nach den Schlüsseln suchte.

So ein komischer Typ, warum ließ der mich nicht einfach in Ruhe? So langsam bekam ich das Gefühl, dass das doch ein Stalker oder ein Räuber war, wer wusste das schon so genau? Jetzt bot er mir schon Feuer an und fragte indirekt nach Dates oder sowas. Dabei war ich nicht einmal besonders nett zu ihm. Wieso wollte er dann mit mir reden? Für die meisten war ich sowieso uninteressant. Wahrscheinlich hatte er mich wirklich für eine Frau gehalten.

Während ich die Treppen zu meiner Wohnung hoch ging, dachte ich kurz darüber nach. Ich als Frau. Da musste ich aber eine sehr merkwürdige Frau sein: flachbrüstig und mit tiefer Stimme. Zugegeben, meine Haare waren nuttenblond oder wie man das heute nannte und sie fielen mir bis über meine Schultern. Ok, nicht jeder Typ rannte so herum. Aber musste man nicht schon an meinen Sachen erkennen, dass ich keine Frau war?

Nachdenklich stellte ich mich im Flur vor den langen Spiegel und musterte mich. Ok, das Tuch war etwas unmännlich. Die dunkelblaue Jacke war neutral. Aber die schwarze Jeans, die hätte es doch richten müssen! Oder war sie zu enganliegend? Spätestens die Stiefel aber, die waren nun wirklich nichts für Frauen! Aber wahrscheinlich hatte der Kerl auch nie darauf geachtet. Normalerweise achteten Männer ja auf Brüste. Tat ich auch, wenn sie einem mal ins Blickfeld sprangen - und bei einigen Frauen war das eben so. Aber dann hätte Karyu auch auffallen müssen, dass ich keine beschissenen Brüste hatte.

Plötzlich schlich sich ein Grinsen auf meine Lippen, das immer breiter wurde. Wie lange es wohl dauerte, bis Karyu merkte, dass ich ein Mann war, sofern er es auch nach meiner kleinen Ansprache heute noch nicht bemerkt hatte?

Ich strich mir durch die Haare und zog Stiefel und Jacke aus, dann ließ ich mich im Wohnzimmer aufs Sofa fallen. Würde ich Karyu noch mal über den Weg laufen, konnte ich ja aufhören, mich gegen seine Ansicht, ich wäre eine Frau, zu wehren. Irgendwann würde er es schon von allein kapieren, und wenn nicht, war es nicht mein Problem. Ich räusperte mich und grinste erneut. Meine Stimme war ziemlich tief, aber klar, in seinen Augen war ich eine Frau. Vermutlich war er ein bisschen taub und dachte, dass es trotzdem irgendwie möglich war, dass Frauen so eine komische Stimme hatten. Amüsiert schaltete ich den Fernseher an, da ich etwas Hintergrundmusik brauchte, egal von welcher fragwürdigen Sendung. Das japanische Fernsehen gab mir immer wieder Rätsel auf, weswegen ich schon gar nicht mehr darauf achtete, WAS lief, Hauptsache, es lief irgendwas mit Ton.
 

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
 

"Haa-tchuuu!!" Ich zog die Nase hoch und drehte mich auf die Seite, um nach einem Taschentuch zu greifen. Seit 2 Tagen war ich nun schon erkältet. Eigentlich hatte sich die Erkältung schon vor 4,5 Tagen angekündigt, aber ich hatte ihr standgehalten, war zur Arbeit gegangen, einmal in die Uni und hatte versucht, an meiner Hausarbeit zu schreiben. Die musste ich in einer Woche abgeben, Drecks-Teil. Aber nun war ich gezwungen, im Bett zu bleiben. Zumindest heute. Ich war zu nichts fähig. Hauptsache, morgen konnte ich wieder zur Arbeit. Die brauchten mich da.

Ich schnäuzte hörbar ins Taschentuch und bekam einen spontanen Hustenanfall, als es plötzlich an meiner Tür klingelte. Post? Ich schaute auf die Uhr, die an meiner Wand oberhalb der Tür hing und nervtötend vor sich hin tickte. Es war bereits Nachmittag, etwas zu spät für die Post, die schon mittags kam. Und bestellt hatte ich auch nichts. Zwischen Angst und Neugier stemmte ich mich hoch. Man konnte ja mal fragen, wer da klingelte. Aufmachen musste ich ja noch lange nicht!

Ich tapste in meinem sexy babyblauen Pyjama zur Tür. Wieder klingelte es, und diesmal dröhnte es in meinen empfindlichen Ohren. Ich fluchte und drückte mit zitternden Fingern auf die Taste der Gegensprechanlage. Mensch, war das kalt in meiner Wohnung! "Wer ist da?", schniefte ich und zog wieder die Nase hoch.

"Zero, bist du das?"

"...ja."

"Hier ist Karyu." Woher zum Teufel wusste der denn, wie mein Nachname war? Nur die standen auf den Klingelschildern, aber ich hatte ihm einzig meinen Vornamen genannt. "Ich hab dich schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen und dachte, ich klingel mal und frag, wie es dir geht. Allerdings hab ich ein paar Anläufe gebraucht und die Hälfte deiner Nachbarn gestört.."

Oh, er hatte sich also einmal rauf- und runter geklingelt. Dann hatte mich bestimmt das geweckt. Viele der Klingeln hörte man in diesem hellhörigen Haus. "Ehm..ja...mir geht's so lala. Bin erkältet", murmelte ich stirnrunzelnd. "Wir sind uns doch erst vor anderthalb Wochen oder so begegnet", fügte ich dann hinzu.

"Nee, das ist schon länger her. 2,3 Wochen.." Ich hatte das Gefühl, dass er, im Gegensatz zu mir, ganz genau wusste, wie lange es her war. Das machte mir Angst. "Du bist also krank?"

"Hab nen Schnupfen", wiegelte ich ab. //Also geh..//

"Ach je...kann ich dir behilflich sein? Ich kann dir eine Hühnersuppe machen...Tee kochen...deine Wäsche waschen", sagte er mit einem leichten Grinsen in der Stimme.

"Nichts für ungut, aber ich kenne dich doch eigentlich gar nicht", erwiderte ich mit leichtem Unbehagen. So weit kam es noch, dass ich jemand Fremden in meine Wohnung ließ, der mir auch noch offensichtlich nachstellte.. Da Karyu kein Elektriker oder Klempner oder der Hausmeister war, kam es nicht in die Tüte, dass er hier reinkam!

"Ja, verstehe ich...aber ich hab dir Waschmittel gegeben! Und Feuer! Hab ich nicht einen gut bei dir?"

Ich seufzte lautlos. "Ja, hast du. Wenn du mal Waschmittel oder ne Zigarette brauchst...dann komm zu mir." Was war der denn so hartnäckig?

Kurz herrschte Schweigen. "Hör mal..." Er setzte zum Sprechen an und sagte irgendwas, was ich gar nicht verstehen konnte, weil mich ein Hustenanfall schüttelte. Ich zog die Nase hoch. "Was hast du gesagt?"

"Mensch Zero, hast du Streptokokken?", fiel er mir überrascht ins Wort.

"Hab ich was?", hakte ich verwirrt nach.

"Na weiß nicht...eine Lungenentzündung?"

"Ach was, ich sag doch, es ist nur ein Schnupfen."

Ich hörte ihn seufzen. "Ich verstehe, du bist einer von der Sorte: ich bin nicht krank, auch wenn ich mir die Eingeweide rausspeie."

"Was?" Nun war ich aber wirklich irritiert.

"Zero, du bist eindeutig krank. Das ist nicht nur ein Schnupfen. Der hört sich anders an."

Ich schnaubte. "Ich rotze viel ins Taschentuch, wenn du es wissen möchtest. Es ist Schnupfen."

"Es ist noch viel mehr. Nur weil du dir einredest, du seist nicht krank, bedeutet das nicht, dass du es nicht bist. Verstehst du?"

"Nee."

"Lass mich rein, bitte. Ich seh dich mir mal an."

"Ah ah ah!" Da hatte ich was dagegen!

"Atme mal tief ein. Ich komm auch nicht gleich in deine Wohnung. Ich bleib brav in deiner Tür stehen. Ich mach mir nur Sorgen."

"Warum denn? Weil du mir mal im Supermarkt das Waschmittel geklaut hast?"

"Weil ich dich irgendwie mag. Nun stell dich nicht so an.", sagte er in einem strengen Ton, den ich nie erwartet hätte von ihm.

Verblüfft hielt ich inne. "Was soll das denn bringen, wenn du mich anguckst?"

"Ich mach ne Ausbildung zum Krankenpfleger und bin im letzten Jahr. Ich hab schon so viele Kranke gesehen, die dachten, sie hätten nur einen Schnupfen und dann lagen sie zwei Tage später plötzlich bei uns auf der Intensivstation. Nun mach halt auf!"

So ganz glaubte ich noch nicht daran, dass er irgendwas mit Medizin am Hut hatte. Der lange Lulatsch sah einfach nicht so aus.. Dennoch drückte ich wenige Sekunden später auf den Türöffner und er kam ohne ein weiteres Wort hoch.

Ich machte die Wohnungstür auf und stellte mich misstrauisch in den Türrahmen. Es war kalt im Treppenhaus.

Schon tauchte der blonde Schopf auf, der große Körper folgte. "Ach jeeee...", machte Karyu und blieb vor mir stehen. Ungefragt packte er mein Kinn und hob meinen Kopf an. Misstrauisch sah ich ihm ins Gesicht, während er das meinige studierte. Plötzlich nahm er meine Hände und sah sich diese an. Ich zitterte. "Ist dir kalt?", wollte er von mir wissen, woraufhin ich nickte. Er legte eine Hand auf meine Stirn, aber da mich der nächste Hustenanfall schüttelte, drehte ich mich zur Seite. Ich hörte Karyu seufzen. "Das ist nicht nur ein Schnupfen, Zero. Hat dir dein Arzt das nicht gesagt?"

Ich schüttelte den Kopf und sah wieder zu ihm, und ich bemerkte, dass er meinen Pyjama musterte. "Ich war nicht beim Arzt."

"Was?" Er sah auf und runzelte die Stirn. "Du bist wirklich krank. Vielleicht brauchst du sogar Antibiotika, das kann ich dir so auf dem Flur nicht sagen. Du hast Fieber und bekommst wahrscheinlich Schüttelfrost. Jetzt stehst du im dünnen Leibchen im kalten Flur.. Du hast ernsten Husten... Leg dich sofort ins warme Bett und lass mich dir einen Tee machen, oder ich begleite dich zum Arzt!"

Ich murrte und verschränkte die Arme. "Vielen Dank für deine Fürsorge, ehrlich. Und danke für deine Diagnose. Ich nehme mir das zu Herzen und lege mich ins Bett - und du gehst wieder, ja?" Meine Nase lief, da konnte ich noch so viel hochziehen. Seufzend drehte ich mich um, wartete keine Antwort ab und grapschte nach der Taschentuchpackung auf der Kommode im Flur. Geräuschvoll rotzte ich hinein, während ich mich zur Wohnungstür umdrehte, um mich zu vergewissern, dass Karyu verschwunden war. Stattdessen starrte ich genau gegen seine Brust. Ich hörte, wie die Wohnungstür zufiel.

Ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinab. Ganz genau konnte ich spüren, wie ich Angst bekam. "Was machst du da?", fragte ich ihn mit dünner Stimme. "Ich hab gesagt du sollst gehen."

Karyu seufzte. "Das werde ich auch machen. Wenn ich weiß, dass du gut versorgt bist. Wie ich schon sagte, ich kenne Menschen wie dich. Die können 40 Grad Fieber haben und gehen trotzdem zur Arbeit." Prüfend sah er mich an. "Hast du denn jemanden, der sich um dich kümmern kann? Eltern, Geschwister, einen Freund..?"

Ich schüttelte dummerweise, ehrlich wie ich war, den Kopf. "Nein, bin allein...ich komm schon klar."

"Ja, bestimmt tust du das. Lass mich dir doch einfach ein bisschen helfen. Ich mach dir was zu essen und was heißes zu trinken, ich schau mal in deinen Medizinschrank, wenn du einen hast, und dann geh ich wieder, wenn du schön im Bett liegst.", versuchte er mich zu überreden. Doch mir war nicht ganz wohl dabei.

"Ja, und wenn ich schlafe, raubst du mich aus", murmelte ich unbedacht.

Etwas traurig, wie mir schien, zog Karyu eine Schnute. "Hör mal, zur Zeit geht wirklich eine ernst zu nehmende Grippewelle um. Es hat schon viele Menschen erwischt, und es wird noch einige Zeit so weitergehen. Ziemlich ungewöhnlich für diese Jahreszeit, daher sind die Krankenhäuser und Praxen in erhöhter Alarmbereitschaft. Ich will nicht, dass du dir was Schlimmes einfängst. Jeder muss jetzt wirklich vorsichtig sein.", sagte er leise. Etwas schien ihn zu bedrücken - wirklich nur diese Sache?

Ich sah beiseite. "Aber wenn man jetzt vorsichtig sein soll, warum bist du dann hier? Ich stecke dich bestimmt an." Ob ich dann wirklich ein schlechtes Gewissen hätte, wusste ich nicht.

Ich sah sein schwaches Lächeln nicht. "Stimmt, ich bin vor Erkältungen und Krankheiten auch nicht gefeit. Aber ich kann versuchen, mich zu schützen. Davon aber abgesehen, war ich erst krank. Jetzt sollte ich wieder 3,4 Monate Ruhe haben - ja, bei mir ist das ganz gut abzuschätzen. Es gibt Leute, die werden einmal im Jahr krank - die kriegen immer im Herbst oder im Winter einen Schnupfen, das war's." Er lächelte mich beruhigend an.

Geräuschvoll zog ich die Nase hoch. "Na meinetwegen."

Er nickte. "Gut. Also, willst du dir gleich was Wärmeres anziehen und ins Bett, oder willst du mir zugucken, was ich in der Küche treibe, damit ich auch ja nichts klaue?"

"Ich sehe dir zu", antwortete ich ohne Umschweife.

Er grinste leicht. "Gut, dann nimm dir wenigstens eine Decke und setz dich in der Küche hin, ja? Du stehst sowieso schon viel zu viel. Du bist eine ganz schön sture Ziege."

"Bock, sturer Bock", korrigierte ich ihn, aber er hörte schon gar nicht mehr hin, mal wieder.

"Und paranoid bist du auch", brabbelte er weiter, während er sich seine Schuhe und seinen Mantel auszog.

"Häng es dort auf", wies ich ihn an und winkte ihn hinter mir her, führte ihn so in die Küche. Sie war klein, dennoch hatte ich es geschafft, einen schmalen Esstisch hineinzustellen.

Nachdem Karyu den Weg zu mir gefunden hatte und die Küche betrachtete, holte ich aus meinem angrenzenden Wohnzimmer eine warme Decke, schlang sie mir um die schmalen Schultern, bevor ich mich an den Esstisch setzte. "Der Wasserkocher steht da...und die Teebeutel sind in diesem Kästchen da in der Ecke der Anrichte..."

Artig bereitete er mir einen Pfefferminztee. "Hast du auch etwas für eine Hühnersuppe?"

Ich deutete mit dem Finger auf die Orte, wo er alles finden würde, was er brauchte. Als ich meinen Tee hatte und das Süppchen vor sich hin köchelte, drehte er sich zu mir um, während er den Kochlöffel schwang.

Nachdenklich sah er mich an. "Du sagtest, du hättest niemanden, der sich um dich kümmern könnte." Ich nickte schweigend und starrte auf meine Teetasse hinab. "Wirklich niemanden?"

"Niemanden", bestätigte ich leise. Zu meinem Überraschen bohrte er nicht nach.

"Das ist scheiße..ich weiß wovon ich rede", murmelte er. "Ich arbeite recht viel und außerhalb des Krankenhauses hab ich dann auch keine Freunde. Na ja, die Leute auf der Station sind aber auch nur meine Kollegen...da hätte auch keiner Zeit, mal nach mir schauen zu kommen." Er lächelte schwach. "Es ist also ganz gut, wenn ich nach dir schaue, meinst du nicht?"

Ich schnaubte. "Du hoffst doch bestimmt, dass ich dann dich pflegen komme, wenn du mal krank bist."

Er zuckte schmunzelnd mit den Schultern, während er sich wieder zum Herd umdrehte. "Ja, vielleicht. Zur Not gehe ich aber einfach ins Krankenhaus", sagte er zwinkernd. "Ich hab keine Angst dahin zu gehen, so wie du."

Ich brummte nur und nahm einen vorsichtigen Schluck vom heißen Tee. Ich verbrannte mir die Spitze meiner Zunge. Leise zischend schob ich die Tasse von mir. Das würde warten müssen.

"Hast du Angst vor Spritzen?", erkundigte Karyu sich bei mir, nachdem er den Herd ausgeschaltet hatte.

Ich hob die Schultern. "Ich mag sie nicht besonders, aber wer tut das schon? Zumindest laufe ich nicht schreiend davon, wenn eine Impfung oder Blutabnahme ansteht.", erzählte ich und räusperte mich. Jetzt hatte ich einen Frosch im Hals... Ich hustete leise.

"Hier.." Karyu stellte mir ein Glas Wasser auf den Tisch.

"Danke...", brachte ich hervor, bevor ich das Wasser hinunter stürzte. Es kratzte in meinem Hals. Mein Kopf fühlte sich zunehmend wie in Watte verpackt an. Kein gutes Zeichen. So ein Mist, ich wollte doch morgen zur Arbeit gehen! Aber wenn ich mich nicht wohl fühlte, würde ich einen Teufel tun...

Ich kramte nach einem Taschentuch und schnäuzte mir diskret die Nase, dann warf ich es in den Mülleimer. Der war beinahe schon voll mit meinen Rotzfahnen. Ich seufzte.

Aufmunternd lächelte Karyu mir zu und servierte mir eine Schüssel mit Hühnersuppe. "Die wird dir ganz gut tun", meinte er. "Du solltest dir vielleicht noch Socken und einen warmen Pullover drüber ziehen, bevor du dich hinlegst", riet er mir, bevor er sich wieder dem Herd zuwandte und sich selbst eine kleine Portion auftat. Hm. Ich hatte gehofft, dass er gehen würde. Worüber sollte ich mit ihm reden? Wenn ich etwas hasste, dann war es unangenehmes Schweigen. Und das kam sehr schnell auf, wenn ich mit jemand Fremden zu tun hatte.

Ich probierte von der Suppe, die aber noch sehr heiß war - natürlich verbrannte ich mir nochmals die Zunge. Zischend schob ich den Teller ebenfalls etwas von mir und lehnte mich zurück. Es hatte keinen Sinn, ich würde noch 5 Minuten warten müssen, bis hier auch nur irgendwas genießbar war.

"Zu heiß, hm?", erkundigte sich der Blonde, während er seine Schüssel neben der meinen abstellte und auf mich herab sah. Ich nickte nur und machte mir nicht die Mühe, aufzuschauen. Davon würde ich nur Nackenstarre bekommen. Leise seufzend schloss ich für einen Moment die Augen. Die brannten leicht, warum auch immer. Ich hörte, wie Karyu nachdenklich summte, dann spürte ich im nächsten Augenblick, wie mein Kinn angehoben wurde. Verwirrt machte ich die Augen auf und blickte direkt in jene dunklen des Blonden. Was war denn nun los? Musste er mich wieder 'untersuchen'?

Doch seine Lippen, die, wie ich aus der Nähe bemerkte, angenehm voll waren, näherten sich mir und schon lagen sie auf meinen. Doch damit war es noch nicht genug. Im nächsten Augenblick schob Karyu mir seine Zunge ungefragt in den Mund. Ich war zu perplex um sie ihm einfach abzubeißen. Sie umspielte ganz speziell meine lädierte Zungenspitze.

Nach ein paar Sekunden ließ Karyu mich wieder los. "Besser?"

Ich starrte ihn an, blinzelte etwas überrumpelt. Ich spürte, wie mir heiß wurde. Weniger aus Erregung, mehr aus Schamgefühl. "Ehm..." Tatsächlich waren die Schmerzen erstmal vergessen. Mein Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Wenn ich ihm jetzt sagte, dass er einen Mann geküsst hatte, dann würde er wohl schreiend meine Wohnung verlassen - hatte ich das nicht gewollt? Er würde mich dann bestimmt in Ruhe lassen... "Dein saurer Speichel verätzt mir eher alles", murmelte ich nur. Das würde ihn wohl auch dazu veranlassen, schnell meine Wohnung zu verlassen, aber ich wollte ihm die Schmach ersparen, einen Mann geküsst zu haben. Mich persönlich störte es sicherlich weniger als die Information ihn stören würde.

Doch Karyu schüttelte nur grinsend den Kopf und setzte sich mir gegenüber. "Tut mir leid, dass ich dich so überfallen habe. Du hast so ausgesehen, als wenn du einen heilenden Kuss gebrauchen könntest."

Ich schnaubte leise. Heilender Kuss...?

Vorsichtig nahm ich die Teetasse in die Hand, pustete kurz, dann versuchte ich nochmals, einen kleinen Schluck zu nehmen - nicht mehr so heiß! Ich pustete über meine Suppe, wartete noch etwas, dann probierte ich noch mal. Auch hier lief es jetzt besser.

Schweigend schlürften wir unsere Hühnersuppe. Dabei musste ich 4 Mal niesen. So langsam begann ich, mich vor mir selbst zu ekeln. Ein Fremder musste das nicht miterleben. Ich sah auf und schob meinen leeren Teller von mir. "Ich werd mich jetzt hinlegen. Danke für deine..Unterstützung", meinte ich und sah ihn ohne zu blinzeln an. Hoffentlich verstand er die Botschaft und verschwand.

Tatsächlich nickte er leicht. "Ok...denk an warme Kleidung. Das hilft. Und nimm ein heißes Bad, das tut wirklich gut."

"Ich hab nur eine Dusche..", erzählte ich ihm abwesend, woraufhin er abwinkte.

"Besser als nichts. Ich komme morgen noch mal nach dir schauen, ja? Ich weiß nur nicht, wann...nur weil meine Schicht um 18 Uhr endet, heißt das nicht, dass sie da wirklich endet... Manchmal bekomme ich eine Doppelschicht aufgedrückt", murmelte er, doch ich sah ihn nur unbeeindruckt an.

"Ich komme alleine klar, wirklich. Mach dir keine Umstände", sagte ich nur und stand auf. Soweit kam es noch, dass ich ihn hier wieder reinließ.

Er schien meinen Gedanken zu erraten und lächelte schelmisch. "Ich verspreche auch, deine Zunge morgen in Ruhe zu lassen."

Ich seufzte lautlos, während ich das benutzte Geschirr beiseite stellte. "Du hast dir bestimmt meine Ekel-Krankheit zugelegt. Warum hast du mich auch geküsst?"

Er hob die Schultern. "Ich arbeite in einem Krankenhaus. Ich habe täglich mit kranken Menschen zu tun und werde aber nur 2 Mal im Jahr krank. Mir passiert schon nichts."

"Toll. Gib mir aber nicht die Schuld daran, wenn du doch krank wirst.", erwiderte ich trocken, während ich ihn in den Flur begleitete. Das unbekümmerte Lächeln störte mich.

"Mach ich bestimmt nicht." er zog sich an. "Ich wünsche dir eine gute Besserung, aber ich fürchte, der schönste Part steht dir noch bevor", verkündete er mir und klang dabei tatsächlich wie ein Doktor.

Murrend öffnete ich ihm die Tür. "Ich werde es überleben."

"Denk an meine Tipps, das macht was aus! Und wenn es viel schlimmer wird, dann geh bitte zum Arzt oder ruf da an..."

Ich nickte nur und winkte ihm. "Danke für deinen Besuch." er nickte und schenkte mir ein Lächeln, dann ging er.

Ich schloss die Tür und lehnte mich dagegen. Ich fühlte mich elend. Und irgendwie einsam. Einsamer als sonst. Kopfschüttelnd holte ich meinen Tee und suchte mein Schlafzimmer auf. Wie mir Karyu geraten hatte, zog ich Socken und Pullover über meinen Pyjama. Mir war halt sowieso kalt. Ich nahm ein paar wärmende Schlucke des Tees, dann kuschelte ich mich ins Bett. Im Nachhinein, so fand ich, hätte ich Karyu wirklich mal fragen sollen, wie es denn so war, einen Mann zu küssen. Nicht, dass mich das wirklich interessierte, ich wusste wie sich das anfühlte. Aber damit hätte ich ihn geschockt und abgeschreckt. Sonderlich schwul oder sowas kam er mir nicht vor. Schließlich hielt er mich für eine Frau - und die hatte er ja jetzt geküsst.

Ich verdrehte die Augen. Irgendwie konnte ich das Gefühl der weichen Lippen, die feuchte, sanfte Zunge in meinem Mund, nicht vergessen. Ärgerlich. Mit dem Gedanken an Karyus Zunge schlief ich ein.
 

~~~~~~

Fortsetzung folgt...!
 

Ganz vielen lieben Dank für die Kommentare! Irgendwie war das erste Kapitel eigentlich echt als One-Shot gedacht, aber plötzlich trudelten mehr als nur ein Kommentar ein...ich hatte noch weitere Ideen...daher habt ihr mich motiviert, noch etwas nachzulegen ^^ Ich kann aber zum jetzigen Zeitpunkt noch NICHT versprechen, dass es nach dem nächsten Kapitel ein weiteres geben wird...mal sehen, ob meine Muse mich weiterhin küssen wird ;)



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (5)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Kurenai_chan
2014-02-05T05:39:55+00:00 05.02.2014 06:39
Das Kapitel war wieder echt cool! ^^
Jaja Karyu der Stalker xDD Ich finds süß wie er sich um den armen Zero gekümmert hat. Freu mich schon aufs nächte Kapi! ^__^v
Antwort von:  Phoenix_Michie
05.02.2014 10:31
Danke für den lobenden Kommentar :3 Das motiviert mich ungemein ^^ Bin schon fleißig am Weiterschreiben.
Karyu gefällt mir auch sehr als potentieller Stalker xD mal schauen ob er einer ist ;D
Antwort von:  Kurenai_chan
05.02.2014 12:10
Da bin ich mal gespannt! ^o^
xD
Von:  --Tsuki--
2014-02-04T18:22:32+00:00 04.02.2014 19:22
Ohhh wie passend! Habe das Kapitel teilweise auf Arbeit gelesen, den Rest eben gerade in der Badewanne - Erkältungsbadnehmenderweise xD

Ob es wirklich so taube/blinde Menschen gibt, die jeden Hinweis auf Zeros Männlichkeit eiskalt ignorieren? :)
Und ob es so aufdringliche Menschen gibt? haha :3

Fand es wieder sehr süß, aber du weißt, ich mag deine Stories sowieso *.*
Fand den heilenden Kuss auch sehr putzig! (danach wäre mir jetzt auch) und ich hoffe doch sehr, dass Karyus viele Bemühungen nicht nur in einer Freundschaft münden!! Ich möchte was Lustiges, und was fürs Herz!

So... Ich mach mir dann mal ne Hühnersuppe... Will ja morgen wieder zur Arbeit ;D
Antwort von:  Phoenix_Michie
04.02.2014 20:20
Oh nein, du armes krankes Huhn Q_Q
*Tee koch und warmes Deckchen reich* Ist eben immer noch die Jahreszeit ûu Ich warte auch noch auf meine Erkältung.. Ich drücke dir die Daumen, dass das Bad und die Hühnersuppe dir helfen >.<

Danke für deinen Kommentar :D Tjaaa...was Karyu sich dabei denkt, oder ob er überhaupt was denkt, das wird sich hoffentlich noch klären ^^
Der heilende Kuss hat es dir also angetan hm? Wollen wir mal sehen, ob der überhaupt hilft XD Vielleicht tut er das Gegenteil, und dann willst du sowas sicher auch nicht mehr ;) Lass dich doch von deinen Katern wieder gesund knuddeln, wäre doch eine Alternative ;D
Nicht nur eine Freundschaft, ja? Das sagt mir ja zu xD Lustig wird's größtenteils bleiben. Aber es könnte auch zu etwas Drama kommen..bin noch am Tippseln.

Gute Besserung!!
Von: Futuhiro
2014-02-04T12:56:46+00:00 04.02.2014 13:56
Menno, doch ein verdammtes Shonen-Ai oder schlimmeres, Mist. ... ich hatte mich so gefreut, endlich mal eine J-Rock-FF zu finden, wo es nicht um sowas geht und wo es nicht schon im Genre steht. v__v

Also ich finde die Geschichte bisher echt spaßig geschrieben. Die Idee dazu gefällt mir super und ich mag den Schreibstil total. Karyu ist ja echt aufsässig, ich bin gespannt ob demnächst noch rauskommt warum er so ist. Ich werde die Story erstmal noch weiter verfolgen, und hoffe einfach, daß der Pairing-Part nicht noch schlimmer wird. ^^°
Antwort von:  Phoenix_Michie
04.02.2014 14:31
Vielen Dank für deinen Kommentar ^^
Ich kann momentan noch nicht sagen, inwieweit das Shonen-Ai wird... Also wie ich schon sagte, war das Ganze eigentlich wirklich nur als One-Shot gedacht. Mit diesem zweiten Kapitel sind wir also darüber hinaus. Ich lade es ziemlich zeitnah zum Schreiben hoch. Bisher ist noch nichts "Romantisches" weiter passiert. Keine Ahnung wie sich das entwickeln wird, oft machen meine Charas spontan irgendwas, womit ich selbst nicht rechne xD"
Aber ich muss hinzufügen, dass so ziemlich alle meine FFs etwas mit Shonen-Ai etc zu tun haben... Also mit Andeutungen muss man dann leben ^^"
Und ich wurde noch daran erinnert, dass Karyu ja anscheinend denkt, Zero seine Frau...dann stellt sich das Ganze doch gleich anders dar, oder? ;D
Antwort von: Futuhiro
04.02.2014 14:38
Jaha, ich hatte gehofft, Karyu würde noch einsehen, daß Zero ein Mann ist. ^^
Ich muss dazusagen, daß ich ja deine anderen Storys nicht kenne. Ich hatte diese FF hier nur auf der Startseite, weil ich D´espairsRay-Fan bin und alles dazu abonniert habe. Und als ich reingeklickt habe und in den Genres nix von Shonen-Ai o.ä. stand, hab ich halt mal losgelesen. Die Tatsache, daß Karyu Zero für eine Frau hält, hatte ich mir im ersten Kapitel noch als einen Scherz erhofft, mit dem Karyu ihn aufziehen und ärgern will. XD (Darum hatte ich das erste Kapitel auch noch nicht kommentiert, ich wollte erstmal skeptisch weiterverfolgen, worauf es hinausläuft.)

Auf jeden Fall bleibe ich dabei, daß mir die Idee gefällt und ich den Schreibstil mag. Die Charaktere sind schön authentisch dargestellt. Bin gespannt wie es weitergeht.

Danke für die Rückantwort. ^__^


Zurück