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Von Waschmitteln im Supermarkt

KaZe
von

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Von fiesen Grippeviren, Krankenpflegern am Hals und zögerlich geschlossenen Freundschaften zwischen Männern

Mir war heiß und mir fiel das Atmen schwer. Bestimmt lag Karyu auf meiner Brust. Blinzelnd öffnete ich die Augen. Tat er nicht. Niemand und nichts lag auf mir.

Seufzend setzte ich mich auf und rieb mir mit den Fingern über die Schläfe. Ich hatte Kopfschmerzen. Übel war mir auch. Mittlerweile fühlte ich mich kränker als krank. Orientierungslos blickte ich zur Uhr, da ich total den Bezug zur Zeit verloren hatte. Es war 12 Uhr mittags. Ich hatte nicht gut geschlafen, daran erinnerte ich mich noch.

Mit schmerzenden Gelenken quälte ich mich aus dem Bett, da ich Durst hatte. Mein Tee war schon längst kalt. Die kleine Pfütze brachte ich langsam in die Küche. Um mich herum drehte sich alles. Ich musste Fieber messen und dann durfte ich mir wohl überlegen, wie ich das wieder senken konnte.

Während das Wasser für einen neuen Tee kochte, durchsuchte ich im Bad eines der Schränkchen nach Medikamenten. Was ich fand, waren Kopfschmerztabletten und Nasentropfen. Mehr nicht. Es herrschte gähnende Leere in meinem kleinen Medizinbereich. Ok, ich hatte nie einen gehabt. Ich konnte mich auch nicht daran erinnern, wann ich das letzte Mal so krank gewesen war. Das gestand ich mir nun ein. Eine leise Panik machte sich in mir breit. Ob das von selbst wieder weg gehen würde?

Zweifelnd nahm ich eine Kopfschmerztablette zu mir. Vielleicht würde die schon mal ein bisschen helfen. Langsam und vorsichtig kehrte ich in die Küche zurück, bereitete mir einen Tee zu und legte mich wenig später wieder ins Bett. Allerdings wünschte ich mir jetzt einen TV in meinem Schlafzimmer. Der aber stand im Wohnzimmer. Dort war es mir zu unbequem, jetzt auf der Couch zu liegen. Ich grummelte und schloss kurz die Augen. Ich würde das schon durchstehen.

Doch im nächsten Moment lief mir ein kalter Schauer über den Rücken und mir drehte sich der Magen um. Ich hatte auf Arbeit nicht Bescheid gesagt, dass ich krank war. Sofort schoss ich aus dem Bett und suchte mein Handy. Das lag auf dem Couchtisch im Wohnzimmer. Mit klopfendem Herzen wählte ich die Nummer meiner Vorgesetzten. Zum Glück ging sie sofort ran. Ich entschuldigte mich tausendmal dafür, dass ich mich nicht rechtzeitig gemeldet hatte, doch als sie hörte, dass ich krank war, klang sie besänftigt und sogar besorgt. Sie versuchte mir mein schlechtes Gewissen auszureden und mit Erleichterung legte ich wenig später auf.

Nun war mir wirklich super schlecht. Mir war unangenehm heiß und ich wusste, dass ich gleich ins Bad gehen konnte. Gerade rechtzeitig öffnete ich den Deckel der Toilette, dann übergab ich mich auch schon. Es schien bloß der Tee zu sein, der wieder rauskam.

Mit zitternden Beinen putzte ich mir rasch die Zähne und legte mich zurück ins Bett. Ruhe war jetzt wohl wirklich das beste!
 

Wenn es etwas gab, das ich hasste, dann war es Kotzen. Reihern. Kübeln. Wie auch immer. Und als es an meiner Tür klingelte, dachte ich sofort daran, mich bestimmt übergeben zu müssen, wenn ich aufstand um die Tür zu öffnen. Also blieb ich lieber liegen und ließ klingeln. Es würde sicher nur die Post sein. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass es schon halb 7 war. Ich runzelte die Stirn. Hatte Karyu nicht gesagt, er hätte 18 Uhr Schluss und würde mich besuchen kommen?

Unvermittelt klopfte jemand an meine Wohnungstür. "Zero, ich bin's, Karyu. Mach auf." Er wartete kurz ab. Ich dachte ja nicht daran, aufzustehen. Wieder klopfte es, diesmal nachdrücklicher. Ich fragte mich, wer ihn überhaupt ins Treppenhaus gelassen hatte. Alles Verräter hier. "Zero, ich mach mir Sorgen! Ich weiß, dass du immer noch sehr krank sein wirst und bestimmt nicht die Wohnung verlassen hast. Du bist da, also mach bitte auf." Seine Stimme klang irgendwie verzweifelt.

Warum machte er sich solche Sorgen?!

Da bekam ich ja selbst Angst. Ich runzelte die Stirn und setzte mich langsam auf, während der Blonde heftig gegen meine Tür klopfte. Bestimmt ging gleich die Tür nebenan auf und einer würde sich beschweren. Seufzend stand ich auf und schlurfte zur Tür. "Komme ja schon..", murmelte ich und konnte nicht einschätzen, ob Karyu es überhaupt hören konnte.

"Zero?"

Langsam machte ich die Tür auf und das erste, was ich von ihm sah, waren seine Augen - groß, rot und blutunterlaufen. Er war eindeutig geschafft von seinem Dienst. Ich wich zurück. Das war ja furchterregend.

"Du siehst schrecklich aus!", meinte er zu mir, woraufhin ich mit den Schultern zuckte.

"Du auch", erwiderte ich nur.

"Ich bin aber nicht krank, im Gegensatz zu dir", sagte er und kramte in seiner Hosentasche umher. Ich folgte seiner Hand mit den Augen und bemerkte, dass er eine weiße Hose trug und graue Adidas-Turnschuhe. "Trägst du etwa noch deine Arbeitssachen?"

Karyu nickte und holte eine Diagnostikleuchte hervor, mit der er mir einfach ins Auge leuchtete, während er mit der freien Hand meinen Kopf festhielt. "Hey! Lass das, das blendet", murrte ich und kniff die Augen zusammen. Meinen Kopfschmerzen war das nicht gerade zuträglich.

"Halt still", befahl er mir, hatte mich nicht losgelassen. Widerwillig machte ich die Augen wieder auf und er leuchtete kurz von einem ins andere Auge.

"Was machst du denn da? Ich hab sicher keine Gehirnerschütterung", murrte ich und schob seine Hand mit der Leuchte beiseite. "Willst du unbedingt Doktor spielen?"

Er grinste und steckte die Leuchte wieder weg. "Ich hab gehört, Frauen stehen drauf." Wieder dieser Scheiß. Diesmal verzichtete ich sowohl aufs Augen verdrehen als auch auf den verbalen Hinweis. Ich seufzte nur.

"Du bist Krankenschwester..", murmelte ich schwach und rieb mir die Schläfe. "Was gibts denn?", fragte ich überflüssigerweise nach.

"Ich schaue nach dir", antwortete er. "Und du siehst nicht gut aus." Er tätschelte meine Stirn. "Du hast immer noch Fieber. Es ist gestiegen, oder?"

Ich zuckte mit den Schultern. "Hab vorhin eigentlich messen wollen..", murmelte ich.

"Dann machen wir das jetzt", legte er fest und drängte sich an mir vorbei. Ich hatte weder die Lust noch die Kraft ihn aufzuhalten.

Langsam schloss ich die Tür und atmete tief durch, dann blickte ich zu Karyu, der sich gerade ausgezogen hatte. Unter seiner Jacke kam ein tiefblaues Shirt zum Vorschein. "Wo hast du denn dein Fieberthermometer?"

"Moment..", murmelte ich und schlurfte ins Bad, wo ich es aus dem Spiegelschrank holte. Auf dem Rückweg nahm ich mir den schwarzen Bademantel und zog ihn über. Vorhin war mir noch warm gewesen, jetzt war es aber wieder kalt. Im Flur drückte ich Karyu das Fieberthermometer in die Hand. "Hier.."

"Leg dich am besten hin", riet er mir, woraufhin wir zusammen ins Schlafzimmer gingen, doch kurz vor dem Bett blieb ich stehen und drehte mich zu ihm um.

"Halt." Ich nahm ihm das Fieberthermometer wieder ab, weswegen er mich fragend ansah. "Ich kann das selbst."

Karyu schmunzelte nur und blieb am Bettrand stehen, während ich mich wieder ins Bett legte und das Messgerät unter Bademantel, Pullover und Pyjamaoberteil in meine Achsel schob.

"Also, genauer wäre es-..", fing Karyu an, doch ich sah böse zu ihm auf und unterbrach ihn.

"Du willst mir doch nicht erzählen, dass ihr all euren erkälteten Patienten ein Thermometer in den Hintern schiebt?" Er hielt inne. Ich hatte genau vorhergesehen, wohin das führen sollte. Ein unschuldiges Lächeln legte sich auf seine Lippen und ich erwartete keine Antwort, weswegen ich abwinkte. "Ich will es gar nicht wissen."

"Hm, also nicht jedem Patienten", sagte er da aber schon und grinste. "Es ist halt nur genauer."

"Ich brauch es aber nicht genau!", verdeutlichte ich ihm und verschränkte die Arme. So hielt auch das Thermometer besser. "Willst du nicht gehen? Und dich umziehen?" Die Situation drohte nämlich in peinliches Schweigen zu münden.

Karyu zuckte mit den Schultern, während er aus dem Fenster sah, dass der Bettseite gegenüber lag. "Ich weiß, ich muss duschen und in frische Kleidung schlüpfen... Normalerweise mache ich das direkt im Krankenhaus, aber..." Er hielt kurz inne und wandte mir den Kopf zu, lächelte schwach. "Ich wollte nach dir sehen. Du hast schon gestern nicht gut ausgesehen. Da allein zu sein, ist schlecht."

Ich brummte nur leise und wurde das Gefühl nicht los, dass es da noch einen anderen Grund gab. Er erzählte mir etwas nicht, aber dazu war er auch nicht verpflichtet.

Das Piepen des Fieberthermometers zerriss die kurze Stille. Ich fummelte es hervor und schaute darauf. Wie war das, ich hatte kein fiebersenkendes Mittel im Haus? Neugierig beugte Karyu sich zu mir herab und warf einen Blick auf das Display, dann hörte ich schon, wie er die Luft einzog. "39 Grad?!" Er sah mich an. "Du hast hohes Fieber! Und wenn ich das so sage, dann meine ich es auch so. Du hast axillär gemessen, das bedeutet, du kannst noch 0,5 - 1 Grad Celsius dazurechnen. Das ist an der Grenze zu sehr hohem Fieber, und damit ist nun wirklich nicht mehr zu spaßen."

Ich seufzte und legte das Thermometer beiseite auf den Nachttisch. "Fieber zu haben ist doch nicht gleich was Schlimmes. Das gehört doch irgendwie zur Abwehrreaktion von irgendwas...", brubbelte ich und versuchte, nicht in Panik auszubrechen.

"Ja, da magst du recht haben. Man muss im Kopf behalten, dass Fieber Teil der physiologischen Immunantwort des Körpers ist. Aber bei deiner Temperatur sollte man vorsichtshalber etwas zur Senkung tun, bevor es unangenehm wird."

"Es ist schon unangenehm", stöhnte ich leise.

Karyu schien nachzudenken. "Trinkst du denn genug? Ich sehe hier nur eine leere Tasse Tee. Hast du fiebersenkende Tabletten?" Ich schüttelte den Kopf, weswegen er seufzte, und dann verschwand er plötzlich. Voller Unbehagen sah ich ihm hinterher, dann beschloss ich, aufzustehen. Ich musste ihn im Auge behalten. Nach wie vor war er mir fremd und ich wurde immer noch nicht schlau draus, was zur Hölle er hier eigentlich trieb! Wir kannten uns doch nicht! Ich wollte nur meine Ruhe und schlafen.

Gerade füllte er ein Glas mit Wasser, als ich in die Küche trat. Er seufzte, sobald seine Augen mich erfassten. "Du solltest im Bett bleiben. Ich klaue schon nichts." Ich nickte nur. "Welche Beschwerden hast du neben dem Fieber und der laufenden Nase eigentlich noch?", fragte er mich, während er mir das Wasser reichte und sich dann selbst eines füllte.

"Kopfschmerzen, obwohl ich dagegen schon eine Tablette genommen hab.", antwortete ich langsam. "Gliederschmerzen...ich bin müde..und musste mich vorhin übergeben.." Ich zuckte mit den Schultern. Wahrscheinlich das übliche, was man dann so hatte. Bei mir war solch eine heftige Erkältung schon zu lange her.

Karyu sah mich eine Weile an, dann nickte er nur, nahm einen Schluck Wasser und trat auf mich zu. "Geh wieder ins Bett." Ich wehrte mich nicht gegen seine Anweisung. Ich war so erschöpft vom krank sein, dass ich genau da hin wollte - ins Bett.

Ich drehte mich um und schlurfte durchs Wohnzimmer in den Flur, wo das Schlafzimmer angrenzte. Mir wurde schon wieder so übel. Und heiß. Deswegen zog ich den Bademantel im Gehen aus. Meine Beine fühlten sich wie Wackelpudding an und vor mir begann sich alles zu drehen. "Karyu..?", rief ich mit heiserer, zitternder Stimme.

"Hm?", machte er und schien direkt hinter mir zu stehen.

Kurz schwankte ich hin und her zwischen dem, was ich sagen wollte. "Du siehst auch so furchtbar aus", erinnerte ich ihn mit leicht fragendem Unterton.

"Ja. Meine Schicht war lang und scheußlich. Ich hab früher ins Krankenhaus gehen müssen. Es ist so viel los. Die ganzen Grippe-Kranken und was die Leute nicht alles haben", sagte er leise. Er klang bekümmert.

Kurz schwieg ich. Mir war danach, ihn aufzumuntern. Aber mir ging es so schlecht. "Karyu?"

"Hm?", machte er wieder, während ich mich an der Wand des Flurs abstützte.

"Bringst du mich bitte ins Bett?" Als starker Krankenpfleger würde er das doch bestimmt schaffen.

Er stellte sich neben mich und sah mich prüfend an, doch ich hielt den Blick gesenkt. "Aber klar doch", sagte er dann und legte die Arme um mich, in die ich sofort fiel - meine Beine knickten ein, meine Augen schlossen sich von selbst.

"Zero?"
 

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Aus halb geschlossenen Augen und etwas verwirrt beobachtete ich, was vor sich ging. Es wuselten drei verschiedene Personen um mein Bett herum. Eine davon war Karyu. Es war so hell im Raum, auch laut, dass ich mir sicher war, nicht in meinem eigenen Bett zu liegen.

Ängstlich sah ich zu Karyu. Was war denn hier los? Er sah über mich hinweg jemanden anderen an. "Wir brauchen Amantadin und Neuraminidase-Hemmer." Dann drehte er sich um. "Ich brauche hier einen Arzt!" Kurz schloss ich die Augen, öffnete sie jedoch wieder, als ich einen Schmerz an meiner Hand spürte. Karyu stach mir eine Nadel in den Handrücken. "Zugang ist gelegt. Wo bleibt denn Dr. Nishida?"

"Er ist schon auf dem Weg", hörte ich eine Frau neben mir sagen.

"Zero? Hey Zero", sagte Karyu und beugte sich zu mir hinab. Ich versuchte, seinen Blick zu erwidern. "Es wird alles wieder gut, ja? Bleib bei mir, der Doktor kommt gleich."

Ich versuchte zu nicken. Wovor hatte er Angst? In meinem Zustand lief ich nirgendwo hin. Ohne es zu merken schlief ich ein, auch wenn mir so heiß war.

Ich fürchtete mich nicht mehr.
 

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Langsam öffnete ich die Augen und blinzelte. Irgendwas steckte in meiner Nase und kitzelte. Ich hob eine Hand und führte sie zu meinem Gesicht, wo ich einen dünnen Schlauch ertastete und diesen ergriff.

"Die Sauerstoff-Sonde würde ich drin lassen", erklang eine sanfte Stimme direkt neben mir. Verwirrt ließ ich die Hand wieder sinken und sah auf. Karyu saß an meinem Bett - und hielt meine Hand mit den seinen. Gleich mit beiden...

Ich entzog ihm meine Hand und strich mir über die Stirn. "Was ist denn passiert?", stellte ich die wichtigste Frage.

"Als ich gestern Abend bei dir war - daran erinnerst du dich noch?" Ich nickte. "Da bist du zusammen gebrochen. Das kann vorkommen. Viele unserer Grippe-Patienten wurden nach einem Zusammenbruch eingeliefert. Ich sag ja, das geht zur Zeit rum." Er tätschelte mein Bein. "Ich hab im Krankenhaus angerufen und mich um dich gekümmert."

"Ist denn jetzt alles wieder ok?", wollte ich von ihm wissen, woraufhin er nickte.

"Ich denke schon. Du hast die Nacht gut überstanden und solltest über dem Berg sein. Jetzt stehst du ja auch unter ärztlicher Beobachtung. Dir dürfte nichts mehr passieren."

So wie er davon erzählte, klang das ja dramatisch. Ich nickte nur leicht. "Ok...danke."

Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen. "Schon gut. Gern geschehen. Einer Frau in Not muss man doch helfen."

Ich blinzelte und wurde stutzig. Wenn ich hier im Krankenhaus lag und die Ärzte wahrscheinlich meinen Namen über meinen Personalausweis erfahren hatten - dann musste Karyu mittlerweile ganz genau wissen, dass ich eben KEINE Frau war! Doch ich war zu erschöpft, um jetzt darüber zu diskutieren. Ich hatte nicht einmal große Angst, obwohl Karyu mich jetzt schon im Krankenhaus verfolgte...

"Ruh dich noch etwas aus", schlug er vor, woraufhin ich nickte.

"Wann kann ich denn hier raus?"

"Das kommt drauf an. Mindestens einen Tag solltest du noch hier bleiben. Der Arzt entscheidet das aber eigentlich. Es gibt Fälle, da bleiben die bis zu zwei Wochen hier."

Ich schluckte. So lange wollte ich nun wirklich nicht hier bleiben! Vor allem nicht, wenn Karyu hier jeden Tag arbeitete und am Ende noch bei mir vorbei schneite.

Er erhob sich und ich bemerkte, dass er immer noch (oder schon wieder?) in seiner weißen Stoffhose und in seinem dunkelblauen Shirt rumlief. "Ich komm nachher noch mal vorbei."

"Musst du nicht", erwiderte ich matt, doch er grinste nur und verließ das Zimmer.

Innerlich seufzend schloss ich die Augen. Jetzt hatte ich also einen aufdringlichen Krankenpfleger am Hals. Dabei wollte ich doch nur meine Ruhe.
 

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Seufzend starrte ich aus dem Fenster. Es regnete, und ausgerechnet jetzt wollte ich nach Hause gehen. Ich hatte darauf bestanden, entlassen zu werden, denn nach zwei Tagen, in denen Karyu trotzdessen, dass er arbeiten musste, immer wieder Zeit gefunden hatte, mich zu belästigen, hatte ich die Nase voll. Hier bekam ich keine Ruhe. Also war ich dem Arzt auf die Nerven gegangen, bis er nachgegeben hatte. Und es ging mir ja auch wirklich schon etwas besser. Den Weg nach Hause würde ich irgendwie schaffen. Aber dass es regnete, gefiel mir nicht.

"Hey..." Ich drehte mich um. Karyu stand in der Tür und kam näher. "Du wirst also wirklich entlassen."

Ich nickte und lächelte leicht. "Ja."

"Ich hatte gehofft, dass es dir bei mir gefallen würde", meinte er schmunzelnd, weswegen ich die Augenbrauen hob und den Kopf schief legte.

"Ist das hier dein Krankenhaus? Oder warst du mein heimlicher, persönlicher Krankenpfleger?", wollte ich wissen, woraufhin er sachte die Schultern hob und dabei irgendwie ertappt aussah.

"Na ja, zuerst hatte ich deinen Fall, weil ich so getan hab, als wenn ich dich unterwegs aufgegriffen hätte. Aber dann hat der diensthabende Arzt Wind davon bekommen, weil die Schwestern gepetzt haben, dass ich die Nacht über bei dir saß...mir wurde der Fall entzogen."

"Was dich nicht daran gehindert hat, mir trotzdem auf- ... Mich trotzdem zu überwachen", warf ich ein, woraufhin er lachend nickte.

"Richtig..." Er senkte den Blick und schwieg einen kurzen Augenblick. "Du hast Glück gehabt. Ich habe in den letzten Wochen so einige Influenza-Patienten gehabt und...zwei sind unter meiner Aufsicht gestorben", erzählte er leise. "Das sollte dir nicht auch passieren.."

Ich hielt inne. "War es das, was dich bedrückt hat? Du schienst etwas auf dem Herzen zu haben.."

Er nickte. "Genau, das war diese Sache", murmelte er.

"Tut mir leid für dich", sagte ich leise und sah ihn mitfühlend an. Das musste hart für ihn gewesen sein - oder das war es sogar immer noch. Karyu nickte nur und ich atmete tief ein. "Danke, dass du dich um mich gekümmert hast."

Nun legte sich zumindest ein leichtes Lächeln auf seine Lippen und er sah mich wieder an. "Keine Ursache. hab ich gern gemacht."

"Ist dein Job, hm?", meinte ich und ging am Bett und an ihm vorbei in Richtung Tür.

Der Blonde schüttelte sachte den Kopf. "Nicht ganz, ich hab mich nicht um dich gekümmert und gesorgt, nur weil es mein Beruf ist." Er machte eine kurze Pause. "Ich mag dich."

Nachdenklich blinzelte ich ihn an. Hinter diesen Worten steckte eine größere Bedeutung, wenn ich mich nicht irrte.

Ich wandte mich ihm zu, blieb an der Tür stehen. "Karyu, ich bin immer noch keine Frau", machte ich ihm zum gefühlt hundertsten Mal klar, woraufhin er zu meiner Überraschung nickte.

"Ich weiß."

Verwirrt zog ich die Augenbrauen hoch. "Du weißt es?"

Ein Schmunzeln legte sich auf seine Lippen.

"Zuerst dachte ich wirklich, dass du eine Frau wärst. Die etwas längeren blonden Haare, der zierliche Körperbau..." Zierlich? sollte ich beleidigt sein? "Aber allerspätestens als wir zusammen vor deiner Wohnung standen und du dann hochgelaufen bist...seitdem weiß ich, dass du wirklich ein Mann bist."

Verwirrt blinzelte ich ihn an. "Warum hast du dann immer wieder was davon gefaselt, ich wäre eine...? Hä?" Das verstand ich nun wirklich nicht.

Karyu strich sich durch die Haare und spielte dann verlegen mit einer blonden Strähne. "Wie ich schon sagte, ich mag dich. Das wusste ich von der ersten Minute an..", sagte er leise, aber bereits da kam ich erneut nicht mit.

"Aber..du dachtest doch zuerst, ich wäre eine Frau..?"

Er nickte. "Ja, ist mir doch eigentlich egal, was du bist.."

Ich hob die Augenbrauen. Das konnte man jetzt aber auch falsch verstehen. "Ach so. Hmmm...", machte ich nur und verschränkte die Arme.

"Na ja und ich dachte...", setzte er an, nagte dann aber unschlüssig an seiner Unterlippe. Oh je, das könnte ja jetzt dauern, bis er mir das Ganze erklärt hatte. "Also...um dich nicht zu verschrecken, hab ich erstmal so getan, als würde ich denken, du seist eine Frau. Damit du einfacher mit meinen Annäherungsversuchen klar kommst, falls du eben..nicht...interessiert bist...weißt du...?"

So ganz ersichtlich war mir die Sache noch nicht. "Du meinst, damit ich keinen absoluten Schock bekomme, wenn du mir plötzlich die Zunge in den Mund schiebst? 'Oh, er denkt ja, ich wäre eine Frau. Na dann ist es ja nicht so schlimm.' Sollte ich das denken? Das macht es doch nicht besser."

Er zuckte verlegen mit den Schultern. "Wenn du es aber wirklich schlimm und..halt eklig oder so gefunden hättest, dann hättest du mir das spätestens in dem Moment deutlich gemacht." Er seufzte. "Das mit dem Kuss war ja nun auch wirklich nicht geplant gewesen", versicherte er mir, aber das war mir nicht so wichtig. Er schaute mir fest in die Augen. "Ich mag dich, Zero. Ich hab mich gleich in dich verguckt, ok?" Ich schluckte. Oh Gott nein. Bitte nicht. "Ich würde dich gern besser kennen lernen!"

Oh nein nein nein. Das konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Ich rieb mir mit der Hand die Stirn und rang mir ein leichtes Lächeln ab. "Ok..." Ich räusperte mich. Wie peinlich. "Mit sowas kann ich nicht gut umgehen...", murmelte ich, woraufhin er schmunzelte.

"Du sollst mir ja jetzt nicht sagen, dass du mich über alles liebst und dich jeden Tag ohne mich nach mir verzehrst.", grinste er. "Ich will nur..mal was mit dir unternehmen." Karyu senkte den Blick. "Ich hab dir doch erzählt, dass ich außerhalb des Krankenhauses keine Freunde habe." Ich nickte nur, denn ja, daran erinnerte mich. Es war eine traurige Geschichte. "Tja, sobald ich das Krankenhaus verlasse, bin ich endgültig allein. Ich hab zwar meine Katzen, aber das ist eben etwas anderes. Und dann läufst du mir zufällig über den Weg. Ich meine, ich besuche seit Jahren diesen Supermarkt und noch nie habe ich dort mit jemandem geredet. Ich hab dich sofort gemocht..." Vorsichtig hob er den Blick. "Das ist eine Chance, dachte ich. Die will ich nicht vertun."

Er schwieg und ich dachte kurz darüber nach. Karyu war ja ganz ok.. Und er hatte bei mir was gut. Schließlich hatte er mich ins Krankenhaus gebracht. Ich legte eine Hand auf die Türklinke. "Lass uns Freunde sein, ok?", sagte ich leise und lächelte sachte. "Mehr kann ich dir erstmal nicht versprechen. Ich muss mich zuerst ja noch vergewissern, dass du kein Betrüger oder Stalker bist."

Er grinste glücklich und nickte. "In Ordnung! Damit gebe ich mich zufrieden."
 

Wenig später verließ ich das Krankenhaus. Den Krankenpfleger hatte ich also immer noch am Hals, aber etwas hatte sich verändert. Der Krankenpfleger war erstmal mein Freund - ein Freund, nicht fester Freund. Das war ja schon mal ein großer Fortschritt in meinem Leben. Ob ich auf Dauer mit seinen Avancen klar kommen würde, wusste ich aber noch nicht.
 

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Fortsetzung folgt!

Nächstes Kapitel wird voraussichtlich das letzte. Und man kann es nicht gerade ein Happy End nennen, so viel sei schon mal verraten. Das Wort Sad End halte ich an der Stelle aber für Definitionssache.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  ZERITA
2014-04-25T19:13:43+00:00 25.04.2014 21:13
Ich will auch mal von Karyu ins Bett getragen werden! Allerdings will ich dabei nicht ohnmächtig werden. :<
Aber super das Karyu doch nicht so begriffsstutzig ist und denkt, dass Zero eine Frau wäre. :D Ich finde es übrigens sehr süß, wie er sich um Zero gekümmert hat. *^* Echt sympathisch.
Von:  --Tsuki--
2014-02-07T12:55:10+00:00 07.02.2014 13:55
So, also erstmal: ich war heute morgen ganz schön spät auf Arbeit wegen der FF! *lol* hab das Kapitel heute direkt nach dem Aufwachen gesehen und die erste Hälfte gleich im Bett verschlungen. Die zweite Hälfte dann beim Kaffeetrinken und Müsli essen, obwohl ich da schon spät dran war, aber ich konnte nicht aufhören!! O.o

Schade, dass das schon das vorletzte Kapitel sein soll... Ich finde, die Story hat richtig richtig viel Potential, länger zu werden. Allein schon, weil die Annäherung so behutsam von statten geht und Zero ja immer noch skeptisch ist.
Da ist so viel Platz für mehr als nur ein Kapitel (außerdem möchte ich eine schöne Romanze! :p)
Also überleg's dir bitte nochmal ;_;
Sad end klingt so, als seien Karyus reichliche Bemühungen alle für die Katz, und das wäre irgendwie echt schade ._.
(btw habe ich es so rausgelesen, als sei ein gewisser Grundstein sowieso schon gelegt, also warum davon zurück treten? Ich geh mal davon aus, dass du mit sad end nicht meinst, dass Zero plötzlich doch an Grippe stirbt!)

So genug gejammert! Tolles, packendes, süßes Kapitel!
Karyu ist so süß mit seiner Fürsorglichkeit! Und dass Zero langsam auftaut.... Awww... <3
Weiter so~
Antwort von:  Phoenix_Michie
07.02.2014 19:24
Aww, also ich wünschte, man könnte Kommentare favorisieren wie auf Twitter XD Dann würde ich mir deine jedes Mal durchlesen, wenn ich einen Dämpfer erlitten oder einen Durchhänger habe :3
Es freut mich sehr, dass du das Kapitel so gern gelesen hast ^^
Du möchtest also eine schöne Romanze...hm ich irgendwie auch. Da bin ich ja eigentlich immer für ;) Mensch, bei deinen vielen Aufmunterungsworten und Motivierungsversuchen fange ich automatisch an zu überlegen, ob ich nach dem Ende, das ich vorgesehen habe, vielleicht noch etwas nachschieben kann ^^
Also Sad End bedeutet übrigens NICHT, dass jemand stirbt! Dann hätte ich geschrieben, dass es wirklich ein Sad End wird XD Aber ich meinte ja, dass man das Sad erstmal definieren müsste (das heißt, so traurig wird es nicht ;D).
Ach weißt du was, da ich sowieso gerne mal alles wieder über den Haufen werfe, lasse ich mich besser auf nichts festnageln und sage gar nichts mehr xD Du musst wohl oder übel geduldig abwarten :'D
Danke danke für dein tolles Lob ♥
Und ich gebe weiterhin mein allerbestes, um nicht zu enttäuschen :)
Von: Futuhiro
2014-02-07T11:47:02+00:00 07.02.2014 12:47
Neeeeiiiiin ... XD
Ich kann Zero so supergut verstehen. Diese ganzen Reaktionen "Wie peinlich", "Mit sowas kann ich nicht gut umgehen" und "das kann ich gerade gar nicht gebrauchen" haben mir echt aus der Seele gesprochen. Ich dachte die ganze Zeit bloß <Sag NEIN, man! Bitte bitte wimmel ihn ab!>
Nagut, daß ich kein Fan davon bin, real existierende Personen/Musiker zu verschwulen, die es im wirklichen Leben gar nicht sind, hab ich ja in meinem letzten Kommentar schon deutlich gemacht. Nichtsdestotrotz finde ich den Schreibstil und die Story drumrum immer noch ziemlich genial. Die Grippe und der Zusammenbruch waren sehr glaubhaft dargestellt.
Hast du eine medizinische Ausbildung, daß du mit den Medikamenten und Fachbegriffen so gut Bescheid weist? Die waren doch realitätsgetreu, oder?
Antwort von:  Phoenix_Michie
07.02.2014 19:10
Danke für den erneuten Kommentar ^^
Zero ist da halt etwas scheu und zurückhaltend :'D Wirklich kennen tut er Karyu nicht, und der...kommt ihm irgendwie immer näher, obwohl er das nicht will xD' Ich würde mich an seiner Stelle etwas bedrängt fühlen. Ist eher der misstrauische Typ ;D
Ist ja ok, es kann nicht jeder Fan von Slash sein, aber ich mach das eben gerne ^^" Und da diese FF, wie gesagt, zuerst als One-Shot geplant war, hatte sie auch zuerst nichts mit Shonen-Ai zu tun, aber da ich sowas ganz gern mache, kann es natürlich darauf hinauslaufen..
Zu der Medizin: ich hab keine dahingehende Ausbildung (hätte aber gerne eine und mache vielleicht in meinem späteren Leben eine), aber ich beschäftige mich unglaublich gern und viel mit Medizinbüchern und allem drum und dran ^^ Was diese Story hier angeht, so habe ich da alles recherchiert, ja xD das macht mir Spaß und ich finde es sehr interessant ^^
Antwort von: Futuhiro
07.02.2014 19:21
Find ich super. Ich liebe gut recherchierte Geschichten über alles. ^^

Mir drängt sich allerdings langsam die Frage auf, was Karyu eigentlich vor seiner Lehre im Krankenhaus gemacht hat. Er betont ja immer wieder, außerhalb des Krankenhauses keine Freunde zu haben. Nichtmal irgendwelche "übriggebliebenen" aus Schulzeiten? Das wäre mal noch ein interessanter Fakt, den man eventuell im nächsten Kapitel beleuchten könnte.


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