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Im Schatten der Samurai

Sasori X Deidara X Gaara
von

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Zweifel in der Nacht

Hämmernde Schmerzen und ein fieses Übelkeitsgefühl weckten den Blonden. Ein raues Stöhnen verließ seinen Mund. Seine Kehle war so ausgetrocknet wie eine Pfütze nach einer langen Trockenzeit. Die Folgen des Alkohols in Massen kannte Deidara inzwischen zur Genüge. Meistens ignorierte er sowohl die Schmerzen als auch die Übelkeit. Es war ihm schlichtweg egal.

Jedes Mal, wenn Deidara zur Sakeflasche griff, hoffte er, dass der Alkohol seine Trauer für ein paar Stunden wegspülen würde. Eigentlich sollte er doch inzwischen begriffen haben, dass es nichts brachte. Der Schmerz des Verlustes verging einfach nicht. Mit jedem Tag schien er nur noch stärker in ihm zu glimmen. Und nun drang Sasori schon in seine lausige Illusion ein. Dieser Kuss war ein Wunschtraum, hallte es in seinem Kopf wider. Nichts weiter. Der Traum eines Heimatlosen. Die fremden Lippen hatten sich so echt angefühlt. Deidara brummte leise. Seine Einbildung wurde allmählich zu lebhaft.

Müde hob sich seine linke Hand, um übers Gesicht zu reiben. Doch sie hielt inne. Irritiert tastete er über die Stirn, dann schoben sich seine Finger unter sein Haar, nur um festzustellen, dass auch über seinem linken Augenlid kein Stoff mehr war. Wo war der Stofffetzen hin? Erst jetzt lenkte seine Umgebung die Aufmerksamkeit auf äußere Umstände. Er lag auf einem Futon. Langsam öffnete sich sein rechtes Auge und er rappelte sich in eine sitzende Position auf. Mürrisch wanderte sein Blick durch das Zimmer. Er war nicht in einer Herberge. Dafür war der Raum zu groß. Ein flacher Tisch nicht weit von ihm verriet ihm allerdings auch nichts über seinen Aufenthaltsort. Das graublaue Auge huschte weiter zu Sasoris Waffen, seinem Bogen, dem dazugehörigen Köcher mit Pfeilen und einem kleinen Stapel ordentlich zusammengefalteter Kleidung neben dem Futon. Kritisch sah der Blonde an sich hinab. Jemand musste sich um seinen Körper gekümmert und ihn anschließend in einen Yukata gesteckt haben. Zudem war sein Haar ordentlich gekämmt. Nicht, dass ihn diese Tatsache sonderlich interessierte. Jedoch kam unweigerlich die Frage auf, wer ihn aufgelesen hatte. Er wusste von niemandem, dem dies einen Vorteil bringen würde. Was war überhaupt nach seinem Wunschtraum von Sasori passiert? War es wichtig? Nein.

Schwerfällig erhob Deidara sich. Die Decke rutschte von seinem Körper. Einen Augenblick taumelte er, bis sein Kreislauf sich soweit gefangen hatte, um einen Schritt vor den anderen zu tun. Beim Fenster angekommen, schob er selbiges auf. Selbst das schwache Licht des Mondes enthüllte ihm die Gebäude und Gärten der Burg von Matsuyama. Morgen war Sasoris Todestag… oder die Nacht war so weit fortgeschritten, dass es bereits heute war. Deidara war nach Matsuyama gekommen, um sein Grab zu besuchen. Doch seine Erinnerung setzte irgendwo mitten in der Stadt aus, nach der äußerst lebendig scheinenden Illusion seines Meisters. Wenigstens musste er sich nun keinen Zutritt mehr verschaffen, wenn er schon innerhalb der Burgmauern war. Und der Rest interessierte ihn einfach nicht.

Deidara schlurfte zum Futon zurück, öffnete den Obi und ließ ihn samt Yukata achtlos zu Boden fallen. Dann beugte er sich zu der frischen Kleidung hinab. Mehr schlecht als recht kleidete der Blonde sich an, verzichtete aber darauf, den Gi in den Hakama zu stecken, sodass der Stoff lose herab hing und tiefe Einblicke auf seinen Oberkörper zuließ. Es war Nacht. Also sah er nicht ein, sich angemessener zu kleiden. Wo war der Rest seines Hab und Guts? Die wenigen Gegenstände, die er in seinem Hirazutsumi mit sich getragen hatte? Da nichts weiter gut sichtbar im Raum lag, trat er zum Wandschrank und schob eine der Türen auf. Hier war nichts. Die nächste Tür wurde aufgeschoben und er wurde fündig. Sasoris Ihai, das Ihai seiner Eltern, die langstielige Pfeife, sowie seine hölzerne Reisschale, die Essstäbchen und das wenige Geld, welches er besaß, lagen ordentlich nebeneinander. Sein Hirazutsumi und die Decke waren dafür ebenfalls auf rätselhafte Weise verschwunden, wie seine Kleidung. Aber die waren auch nicht so wichtig.

Deidara nahm Sasoris Ihai und ließ es in seinem Ärmel verschwinden. Ohne den Wandschrank zu schließen ging er die wenigen Schritte zum Futon zurück. Die Waffen seines Meisters schob er unter den Obi. Unbewaffnet verließ er niemals ein Zimmer.

Da Deidara keine Lust hatte, anderen Personen zu begegnen, stahl er sich leise durch die Flure hinaus ins Freie. Beim Eingang streifte er sich irgendwelche Zori über. Wem sie gehörten, war ihm egal. Sein Weg führte ihn zu den Gräbern. Nur wenige Samurai waren tatsächlich innerhalb der Burgmauern bestattet. Die meisten Gräber gehörten Angehörigen der Daimyô-Familie. Deidara verharrte vor Sasoris Grab. Sein Blick streifte über die Schriftzeichen, welche in den schlichten Stein gemeißelt waren. Tief seufzte der Blonde und ließ sich im Schneidersitz vor dem Grab nieder. Ein Jahr war es her. So viel Zeit war vergangen. Die Monate hatten sich unendlich lang angefühlt. Jeder Tag war eine Qual für ihn gewesen. Allein, ohne Ziel, ohne Sinn zu leben. Wieso nur hatte Sasori ihm dieses Versprechen abgerungen? Er musste doch gewusst haben, was passieren würde, …oder? Seinem Meister musste doch klar gewesen sein, dass er Deidaras einzige wirkliche Bezugsperson gewesen war. Der Blonde hatte nie gelernt, sein komplettes Leben für sich selbst zu entscheiden. Sasori hatte das einfach getan und es war ok gewesen. Er hatte es nicht anders gekannt. Hätte die Kugel seinen Meister nicht getroffen, wäre es auch heute noch so. Und sie wären sicherlich noch bei Akatsuki.

Eher unbewusst griff Deidara in den Ärmel und zog das Ihai heraus. Seine Finger drehten es in seiner Hand um und strichen sanft über den Namen seines Danna, den er auf der Rückseite eingekratzt hatte. Für ihn war sein Name Akasuna no Sasori und nicht Eika. Deidara war wichtig gewesen, seinen wahren Namen auf dem Ihai lesen zu können. Die Schriftzeichen waren ihm vertraut.

Lange saß der Blonde auf dem Boden vor Sasoris Grab und starrte auf den länglichen Stein vor sich, während seine Finger gedankenverloren über das hölzerne Täfelchen strichen. Aber irgendwann fingen seine Ohren das Geräusch von leisen Schritten auf, die sich ihm näherten.

Mit einem Ruck wandte er seinen Kopf um und erkannte den jungen Daimyô in einem schlichten Yukata, wie man ihn zur Nachtruhe trug. In geringem Abstand verharrte Gaara vor ihm. „Ist es Euch recht, wenn ich mich zu Euch geselle?“, fragte der Rotschopf ruhig. Deidaras Augenbrauen zogen sich zusammen. „Was wollt Ihr?“ Unhöflichkeit schlug dem Daimyô entgegen. „Woher wisst Ihr, dass ich hier bin, hm?“ Vielleicht durch irgendeinen Wachmann oder einen Diener, der ihn doch gesehen hatte. Deidara war zwar achtsam gewesen, kein Aufsehen zu erregen, jedoch hatte er auch nicht darauf geachtet, ob jemand zu ihm herüber sah. Auf Gaaras Frage ging er nicht weiter ein. Als Daimyô konnte Gaara sowieso tun und lassen, was er wollte. Passte dem Blonden jedoch nicht, was dieser tat, würde er entsprechend reagieren. Allerdings hatte der Rotschopf Sasori eine anständige Beerdigung ermöglicht, auf die kein Rônin normalerweise hoffen durfte. Für Sasori sollte er sich vielleicht etwas zusammenreißen und nicht wie im vergangenen Jahr üblich kontern, mit einer ätzenden Antwort oder einer nonverbalen Reaktion in Form eines gepflegten Faust- oder Schwerthiebes.

Der Hauch eines Lächelns umspielte Gaaras Lippen. „Dies ist meine Burg. Es ist wohl selbstverständlich, dass ich weiß, was innerhalb dieser Mauern passiert“, erklärte er. An der Respektlosigkeit schien der Rotschopf sich nicht zu stören. Deidaras sichtbares Auge durchbohrte den anderen. Auf seine erste Frage antwortete Gaara nicht. Also wiederholte er sie. „Was wollt Ihr?“ Seine Stimme wurde von einem schneidenden Unterton durchdrungen.

„Ich sehe nach meinem Gast.“ Gaara setzte sich in gut einem Meter Entfernung neben ihm im Seiza auf den Boden. Irritation machte sich in Deidaras Gesicht breit. „Jetzt? Hier, hm?“, hakte er nach. Das war ihm unbegreiflich. Warum sollte der Daimyô mitten in der Nacht zu einem Rônin kommen, der bei den Gräbern herum hockte? Doch Gaara nickte lediglich, sein Blick lag jedoch auf Sasoris Grabstein.

„Zuvor wart Ihr unpässlich“, war die besonnene Antwort. „Ich nehme an, es geht Euch besser?“ Die jadefarbenen Augen richteten sich auf ihn. Im sanften Mondschien schimmerten sie dunkel. Deidara brummte nur. Unpässlich war nett ausgedrückt. Und auf die Frage musste er wohl nicht antworten. Laufen und klar denken konnte er offensichtlich wieder, sonst wäre er nicht bis zum Grab gekommen.

„Wieso bin ich hier, hm?“, fragte Deidara schließlich nach ein paar Augenblicken des Schweigens. Man sammelte einen Rônin nicht ohne Gründe irgendwo von der Straße. Und die folgenden Worte bestätigten ihm dies auch, teilweise. „Ihr seid in mein Gefolge hinein gelaufen und wart anschließend nicht mehr ansprechbar. Es war logisch, warum Ihr ausgerechnet jetzt in Matsuyama aufgetaucht seid.“ Gaara deutete ein Nicken Richtung Sasoris Grabstein an. Zugegebener maßen war Deidara überrascht, dass der Daimyô sich den Todestag gemerkt hatte. Allerdings war diese Tatsache wohl nicht halb so überraschend, denn vor genau einem Jahr hatte Gaara eine folgenreiche Schlacht gewonnen. „Nun müsst Ihr nicht mehr am Burgtor um Einlass bitten.“

Das stimmte. Deidara hätte vielleicht gar nicht am Burgtor um Einlass gebeten, sondern sich irgendwie anderweitig in die Burg gestohlen. Es wäre nicht das erste Mal, dass er ungesehen in eine Burg hinein gelangte. Wieder war nur ein Brummen seine Reaktion auf die Erklärung. So recht ergab selbige keinen Sinn für ihn. Ein Daimyô musste sich nicht um die Belange irgendeines umherstreifenden Kriegers scheren. Aber er verspürte momentan auch nicht das Bedürfnis, weiter nach zu bohren. Erneut wallte Schweigen zwischen ihnen auf. Des Blonden Blick fiel auf seine Hände in seinem Schoß, welche das Ihai umfassten. Wieso hatte die Kugel ausgerechnet seinen Meister treffen müssen? Hätte sie sich nicht ins Gras fressen können? Dort wäre harmlos gewesen. Noch immer hatte er das Gefühl zu spüren, wo Sasoris Lippen seinen Handrücken berührt hatten. Wie einen leidvollen Schatten meinte er das Blut sehen zu können, wie es sich rot von seiner Haut abhob. Mit den Fingern der anderen Hand rieb er über die Stelle. Er sollte an etwas anderes denken. Durch Gaaras Anwesenheit fühlte er sich gestört in seinen Gedanken an seinen Danna.

Gaara erhob sich inzwischen wieder, klopfte etwaigen Staub aus dem Stoff seines Yukata. „Wo sind meine Sachen, hm?“, fragte Deidara. Eigentlich war es egal, was er am Körper trug, aber er war seine eigene Kleidung gewöhnt. Und er wollte sie wieder haben.

„Sie wurden gewaschen. Sobald sie trocken sind, erhaltet Ihr sie zurück.“ Erneut brummte Deidara als einzige Bestätigung, dass er zugehört und verstanden hatte.

„Ich ziehe mich nun zurück“, erklärte der Rotschopf. „Es wäre mir eine Freude, würdet Ihr noch ein paar Tage mein Gast sein.“

Abschätzend schaute Deidara zu dem Daimyô hoch. Ach ja? Es wäre ihm eine Freude? „Abwarten, hm.“ Zweifel schwangen Gaara entgegen. Vielleicht schmiss er ihn schon morgen wieder vor die Tür, weil sein Gast doch nicht so angenehm war wie er hoffte. Der Blonde begriff sowieso nicht, wieso der Daimyô ihn als Gast duldete. Aber ihm konnte es egal sein, solange er bei Sasoris Grab sein konnte.
 

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Karte, die ich als Orientierung nutze:

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c6/Azuchimomoyama-japan.png


Nachwort zu diesem Kapitel:
Puppenprinzessin meinte, dass eine Karte zur Orientierung vielleicht ganz schön wäre. Also habe ich mal die Karte verlinkt, die ich selbst zur groben Orientierung nutze :3 Komplett anzeigen

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