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Das Panopticon

von

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Teil IV

Derjenige, welcher der Sichtbarkeit unterworfen ist und dies weiß, übernimmt die Zwangsmittel der Macht und spielt sie gegen sich selber aus; er internalisiert das Machtverhältnis in welchem er gleichzeitig beide Rollen spielt, er wird zum Prinzip seiner eigenen Unterwerfung.

Foucault
 

Rose knallte ihren Stift auf den Schreibtisch und sprang auf. Zwei Wochen, dachte sie, fast zwei Wochen lebe ich bereits mit einem Mörder unter einem Dach und niemand tut etwas dagegen. Ihr Körper bebte. Wie konnte es sein, dass niemand etwas gegen die Morde tat? Wieso machte sich offenbar niemand Gedanken darum?

„Es geht doch alle etwas an“, flüsterte sie. „Es könnte doch wirklich jeder der nächste sein!“ Warum interessierte das keinen? Sie dachte daran, wie alle nach Alexanders Tod ganz normal weitergemacht hatten. Als ob das jeden Tag vorkäme! Sie stampfte im Zimmer auf und ab und warf einen trotzigen Blick zur Überwachungskamera an ihrer Decke hinauf. „Und ihr macht auch nichts!“, schrie sie das blinkende rote Licht an.

„Es ist nicht üblich, uns bei Problemen zu kontaktieren“, hatte die blonde, nichtssagende Dame ihr beim Vorstellungsgespräch erklärt. „Wir überprüfen zwar zu jedem Zeitpunkt Ihre Leistung und Ihr Verhalten, aber wenn Sie irgendwelche Probleme mit Ihren Kollegen haben, müssen Sie das selber lösen.“

Selber lösen, pah!

„Nur wenn jemand die Regeln übertritt, oder die Gefahr besteht, dass Informationen über unsere Tätigkeit hier an die Öffentlichkeit gelangen, sehen wir uns gezwungen einzuschreiten. Aber wenn Sie sich gut verhalten“ (hier hatte die Dame emotionslos gelächelt) „werden wir keinen weiteren Kontakt miteinander haben.“

Rose hatte schon früh erkannt, dass Computer einen Großteil der Firma leiteten, aber sie war sich der Präsenz der menschlichen Verwaltungseinheit im Turm stets bewusst gewesen. Man merkte, dass man beobachtet wurde. Das subtile Blinken der roten Lämpchen reichte als stete Erinnerung daran und war genug, um einen jede seiner Handlungen überdenken zu lassen. Rose hatte sich an den Gedanken gewöhnt, nie alleine zu sein. So furchtbar ihr diese Vorstellung am Anfang gewesenen war, so tröstlich konnte sie einem doch werden, wenn man sich einem Gefühl der Bedrohung ausgesetzt sah. Aber anscheinend sah die Verwaltung es nicht als wichtig an, wenn in ihrer Belegschaft ein Mörder sein Unwesen trieb.

Beim Mittagessen erzählte sie Carter, worüber sie nachgedacht hatte.

„Vielleicht sollten wir die Verwaltung kontaktieren“, schlug sie vor. „Vielleicht verstehen sie das Ausmaß der Situation nicht, schließlich haben sie den eigentlichen Ort des Mordes ja gar nicht gesehen.“

Carter schüttelte den Kopf. „Das ist erstens sehr unwahrscheinlich, und zweitens weiß ich nicht, wie wir denen da draußen Bescheid sagen sollen. Wir haben keine Telefonnummer oder so.“

„Man könnte eine Mail an den internen Server schicken“, überlegte Rose, „von dem wir die Aufgaben bekommen. Der ist doch bestimmt im Turm und wird von einem Team gesteuert.“ Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu einer der Kameras an der Decke.

„Wenn sie sich bisher nicht gekümmert haben, dann werden die das auch jetzt nicht tun“, meinte Carter trocken. Er beobachtete sie aufmerksam.

„Ist etwas nicht in Ordnung?“, fragte sie, als ihr das auffiel.

„Nein, alles bestens“, antwortete er. „An was arbeitest du gerade?“

Sie schaute ihn vorwurfsvoll an. „Es ist untersagt, über die Arbeit zu reden.“

„Vielleicht ist da aber gar niemand, der das überprüft“, sagte er lauernd. „Könnte doch sein, dass man euch... ich meine, dass uns das alles nur vorgaukelt wird, damit wir brav sind.“

„Aber es gab schon einige Kündigungen wegen Regelübertritts“, widersprach Rose. „Das ist ja auch nicht einfach so passiert.“

Er zuckte die Schultern und schaute aufmüpfig zu einer der Kameras. „Jedenfalls fühlt man sich nicht sicherer mit den Dingern, oder?“

„Nicht wirklich.“

Als sie nach der Mittagspause die Kantine verließ, wurde sie auf einmal von Karla angesprochen.

„Rose, richtig?“, raunte sie leise.

Überrascht dass Karla ihren Namen kannte, schaute Rose auf. „Ja, richtig.“

„Dürfte ich Sie etwas fragen?“

„Natürlich.“

Sie wurde in eine abseitige Ecke gezogen. Karla baute sich so vor ihr auf, sodass sie vor neugierigen Blicken weitesgehend abgeschirmt war. Trotzdem sah Rose, wie Carter den Kopf hob und mit einem besorgten, beinahe wütenden Blick zu ihnen hinübersah.

„Sie haben sich doch vorgestern mit Marley unterhalten, oder?“

„Kurz.“

„Hat er etwas darüber gesagt, wen er für den Mörder hält?“

Rose stockte der Atem. Sie wusste, dass Karla mit Steve befreundet war. Es war doch möglich, dass es mehr als einen Mörder gab. Vielleicht waren es mehrere. „Wie kommen Sie darauf, dass er etwas wusste?“, fragte sie vorsichtig.

„Er hat erzählt, dass er den Fall untersuchen würde. Und er sprach von einer Helferin, daher schloss ich auf Sie, da Sie mit ihm an einem Tisch saßen.“

„Ich weiß nicht, ob er einen konkreten Verdacht hatte“, sagte Rose leise. „Eigentlich glaube ich, dass er keinen hatte.“

Karla wollte zu einer weiteren Frage ansetzen, aber Carter fasste sie plötzlich am Arm und zog sie ein Stück zurück. Erstaunt sah sie ihn an.

„Was erlauben Sie sich?“

„Ich denke Sie haben meine Freundin lange genug belästigt“, erklärte er ruhig. „Sie sollten jetzt besser gehen.“
 

Liebermann starrte auf die Mappe mit den Unterlagen auf seinem Schreibtisch. Er hatte sie mit ins Büro genommen, auch wenn er nicht genau wusste, warum. Eigentlich sollte er die Aufgabe nicht hier bearbeiten. Sie unterlag höchster Diskretion. Obwohl er nicht wusste, woher die Behörde ihre Informationen bezog war ihm doch klar, dass sie einige gute Quellen haben musste. Vielleicht spionierten seine Mitarbeiter ihn aus?

Fanny brachte mit einem freundlichen Gruß die Post hinein und ging wieder. Liebermann schaute ihr misstrauisch hinterher. Jede Person konnte zu der Behörde gehören, ohne dass er etwas davon wusste. Schließlich gehörte er ja jetzt auch dazu. Wider Willen fühlte er ein Gefühl von Stolz in sich aufkommen.

Mit einer schnellen Bewegung schlug er die Mappe auf. Sie enthielt eine steckbriefartige Auflistung der Eckdaten des Zielsubjekts, sowie einen Lebenslauf und ein paar andere Informationen. Zwischen zwei Blättern lag ein Foto. Die Person auf dem Foto war ihm nicht bekannt. Nicht dass er das erwartet hätte, aber es hätte die Sache mit Sicherheit erleichtert. Und bei dieser Behörde wunderten ihn seltsame Zufälle gar nicht mehr.

Im Lebenslauf fand er einen Hinweis darauf, dass die Zielperson in einer Firma namens Pantop Innovation Technology gearbeitet hatte. Eine interne Informationsbroschüre wies die Firma als ein Entwicklungsunternehmen aus. Was genau dort entwickelt wurde, konnte Liebermann jedoch nicht feststellen. Trotzdem notierte er sich den Namen der Firma und die Adresse, da sie bisher sein einziger Anhaltspunkt war. Vielleicht konnte er am Wochenende dorthin fahren und sich ein wenig umsehen.

Das Klingeln seines Telefons schreckte ihn aus seinen Überlegungen auf. Mit einiger Beunruhigung stellte er fest, wie viele Gedanken er sich um einen Auftrag machte, den er doch eigentlich ablehnte. Er beugte sich über den Apparat, da er befürchtete, dass die Behörde für Innovation und Datenübermittlung seine Fortschritte überprüfen wollte, doch auf dem Display war nur die Nummer seines Chefs eingeblendet. Er hob ab.

„Liebermann hier. Was kann ich für Sie tun?“

„Könnten Sie bitte sofort in mein Büro kommen, Herr Liebermann?“, fragte sein Chef. „Wir haben etwas Wichtiges zu besprechen.“

„Natürlich. Ich mache mich gleich auf den Weg. Geht es um den Einkauf des Dürers? Ich habe einige Informationen gesammelt, die ich Ihnen vorlegen könnte.“

„Nein, es geht um etwas Privates. Sie brauchen keinen Unterlagen mitzubringen.“

„Okay, bis gleich.“

Beunruhigt erhob er sich aus seinem Stuhl und stand einige Sekunden grübelnd im Zimmer. Der Hinweis es ginge um etwas ‘Privates’ hatte ihn stutzig gemacht. Er würde doch nicht etwa entlassen werden? Er hatte immer gute Arbeit geleistet. Kopfschüttelnd verdrängte er diese Gedanken. Wahrscheinlich war die Sache völlig harmlos kein Grund sich Sorgen zu machen.

Das Chefbüro befand sich in der obersten Etage am Ende eines langen Ganges. Für Liebermann, der nur ein Stockwerk darunter arbeitete, war der Weg nicht besonders weit. Trotzdem fiel ihm auf, dass er während seiner siebenjährigen Arbeitszeit erst ein paar Mal hier oben gewesen war. Sein Verhältnis mit seinen Vorgesetzten war stets gut gewesen, aber nie gut genug, dass sie ihn auf ein Schwätzchen eingeladen hätten.

Er klopfte. Neben der Tür war ein Schild angebracht auf dem „Prof. Dr. Julius Berger“ vermerkt war, darunter die Namen seiner Sekretärinnen (er hatte zwei). Die ältere der beiden, die blonde Haare und einen beachtlichen Körperumfang hatte, öffnete ihm und er trat ein. Er befand sich im Arbeitsraum der Sekretärinnen, die durch eine weitere Tür an der hinteren Wand mit dem Büro von Prof. Dr. Berger verbunden war.

„Sie können einfach durchgehen.“

Berger saß hinter seinem Schreibtisch und studierte ein dickes, in schwarzes Papier eingebundenes Buch.

„Schön, dass Sie gleich kommen konnten“, sagte er, als Liebermann eintrat.

Liebermann wusste nicht recht was er antworten sollte, schließlich sah er sein sofortiges Kommen als eine Selbstverständlichkeit an, weshalb er nur nickte und vor dem Schreibtisch Stellung bezog.

„Setzen Sie sich.“

Im Gegensatz zu der Vernehmung in seinem Haus, standen diesmal Stühle zur Verfügung. Er ließ sich auf dem linken nieder und schlug ein Bein über das andere. Berger schloss das Buch und legte es auf die Seite. Dann verschränkte er die Hände und stützte sein Kinn darauf.

Er war ein runder, gedrungener Mann, der Liebermann immer ein wenig an einen dicken, kleinen Vogel erinnerte. Zu diesem Eindruck trugen seine Glatze, sein dünner Schnurrbart und vor allem die spitze Nase bei. Im Alter war er weitsichtig geworden, sodass er beim Lesen einen runden Zwicker trug, den er jetzt aber abnahm und in einem schwarzen Kästchen verstaute.

„Ich habe erfahren, dass Sie jetzt für die Behörde arbeiten“, sagte Berger ohne Umschweife.

Liebermann erschrak. Woher wusste sein Chef davon? Ihm kam der Gedanke, dass es wahrscheinlich illegal war, für zwei Arbeitgeber zu arbeiten.

„Ich wurde-“, setzte er an sich zu verteidigen, doch Berger brachte ihn mit einer schnellen Handbewegung zum Verstummen.

„Machen Sie sich keine Sorgen. Ich weiß, dass das eine Ehre für Sie ist.“

„Eine ...Ehre?“, stammelte Liebermann.

„Natürlich. Nicht jeder wird dazu erwählt.“

Da war es wieder: ‘erwählt’.

„Also kennen Sie die Behörde?“, hakte Liebermann vorsichtig nach.

„Natürlich. Auch wenn ich nie die Gelegenheit hatte, für sie zu arbeiten. Aber ich verstehe, dass Sie sich jetzt, wo Sie einen solch wichtigen Auftrag haben, ganz darauf konzentrieren wollen. Deswegen werde ich Sie für die Dauer der Arbeiten freistellen.“ Perplex schaute Liebermann seinen Chef an. „Freistellen?“

„Ja. Sehen Sie, ich habe bereits alles unterschrieben.“ Und er holte ein Formular aus einer Schublade hervor und gab es Liebermann zum Lesen. Der schaute jedoch nur einmal der Höflichkeit halber drüber und gab es ihm dann wieder, ohne auch nur ein Wort verstanden zu haben.

„Das heißt ich bin beurlaubt?“

„Sozusagen. Mit sofortiger Wirkung. Ich möchte, dass Sie Ihr Bestes geben, schließlich repräsentieren Sie das Museum.“

Diese aufmunternd gemeinten Worte wirkten auf Liebermann beinahe wie eine Drohung. Er erhob sich.

„Dann ... soll ich jetzt gleich gehen?“

„Das dürfen Sie, ja.“

Er nickte wie in Trance und bewegte sich zur Tür. Kurz bevor er das Zimmer verließ, fiel ihm jedoch gerade noch ein, dass er sich verabschieden musste. „Auf Wiedersehen“, murmelte er dumpf.

„Viel Erfolg!“, antwortete sein Chef. „Ich glaube an Sie!“

Er nickte nur und stolperte nach draußen in den Flur. Dort lehnte er sich gegen die Wand und atmete tief durch. Er begann, das Ausmaß des Einflusses der Behörde zu begreifen. Irgendwie hatten die seinen Chef dazu gebracht, ihn zu beurlauben. Was würden die Kollegen denken?

Er fasste den Entschluss, dass es wohl tatsächlich das Beste wäre, wenn er gleich ginge. Darum kehrte er in sein Büro zurück, um die Mappe mit den Unterlagen zu holen. Weitere persönliche Gegenstände hatte er nicht, wenn man einmal von einigen Fachbüchern über Kunstgeschichte absah. Er schlüpfte in seinen Mantel und setzte den Hut auf, kehrte allerdings noch einmal zu seinem Schreibtisch zurück in der Hoffnung, doch noch irgendetwas anderes mitnehmen zu können, als die Unterlagen der Behörde. Neben der noch ungeöffneten Post von diesem Morgen lag sein silberner Brieföffner. Nach kurzem Überlegen ließ er ihn in seine Manteltasche gleiten.

Dann trat er aus der Tür, zog sie hinter sich zu und schloss ab.
 

Die Tage vergingen mit einer schleppenden Langsamkeit. Rose zählte die Stunden bis zum Wochenende. Es bedeutete diesmal nicht nur Freiheit von der Arbeit, sondern ebenso eine zeitweilige Erleichterung von der ständigen Angst vor neuen Toten. Wenn sie frei hatte, war sie mit Carter zusammen. Sie sprachen wenig über die Mordfälle und Rose wusste, dass Carter sie ablenken wollte. Überall sonst waren sie in aller Munde, jeder sprach davon und man ging nirgendwo mehr alleine hin. Dies war eine neue ungesagte Regel, die innerhalb weniger Tage in der Firma entstanden war. Um sich abzulenken wenn sie alleine war, arbeitete Rose wie eine Besessene. Am Donnerstagnachmittag hatte sie, nach zwei harten Arbeitstagen, ihren aktuellen Auftrag beinahe fertiggestellt. Es war außerdem der letzte Teilschritt eines großes Entwicklungspaketes, an dem sie seit mehr als einem halben Jahr arbeitete. Obwohl Rose natürlich keine Ahnung hatte, was genau die anderen machten, hatte sie doch die Vermutung, dass ihre Berechnung der Energielieferung für ein Gerät diente, das gerade entwickelt wurde. Durch ihre Arbeit hatte sie das Problem der Energiegewinnung beseitigen können, womit bestimmt ein wichtiger Schritt zu der Vollendung des Gerätes getan war. So kam es, dass sie trotz der derzeitigen gedrückten Stimmung, einen gewissen Stolz verspürte, als sie endlich ihren Auftrag abschickte.

Sie wartete danach noch eine halbe Stunde darauf, einen neuen Auftrag zu erhalten, aber anscheinend musste ihr jetziger erst geprüft werden und vor dem nächsten Morgen würde sie keinen neuen erhalten.

Stolz erzählte sie an diesem Abend Carter – obwohl sie wusste, dass sie es eigentlich nicht tun sollte – von der Beendigung des Auftrags. Er lächelte halbherzig, machte aber eher einen besorgten Eindruck. Daraufhin ließ sie ihn damit in Ruhe. Wahrscheinlich machte er sich nur zu viele Sorgen um die Mordfälle, um mit ihr über so etwas Banales reden zu wollen.
 

Donnerstagabend erreichte Liebermann ein Anruf, den er schon lange gefürchtet und gleichzeitig erwartet hatte. Als er sich meldete, ertönte die dumpfe Stimme wieder, die er schon einmal gehört hatte.

„Wie kommen Sie voran, Liebermann?“

„Nicht schlecht“, antwortete er vage. „Ich habe bisher allerdings noch keine richtigen Hinweise gefunden.“ In Wahrheit hatte er die Unterlagen seit dem Tag seiner Beurlaubung gemieden wie einen tollwütigen Hund. Er wusste, dass sowohl sein Chef, als auch die Behörde von ihm erwarteten, dass er sich anstrengte. Aber die Aufgabe setzte ihn derartig unter Druck, dass er sich unfähig sah, einen ersten, möglicherweise entscheidenden Schritt zu tun, aus Angst etwas falsch zu machen. Er wollte niemanden enttäuschen.

„Was haben Sie vor?“

Ihm fiel seine Idee vom Anfang der Woche ein. „Ich werde demnächst zu der Firma fahren, in der Ro-“

„Keine Namen!“

„In der die Zielperson gearbeitet hat.“

„Wann?“

„Ich weiß noch nicht genau, wie-“

„Fahren Sie morgen. Ich lasse Ihnen alles Nötige vorbeibringen.“

Ein Klicken signalisierte ihm, dass sein Gesprächspartner aufgelegt hatte.

Keine Stunde später klingelte die Wächterin, die ihn am Montag zu dem Vorsitzenden geführt hatte, an seiner Tür. Sie hatte eine große, schwarze Sporttasche dabei, die sie auf den Küchentisch stellte, nachdem sie ungebeten in seine Wohnung marschiert war. Mit einer ruckartigen Bewegung riss sie den Reisverschluss auf und griff hinein.

„Hier ist alles was Sie brauchen“, sagte sie und legte eine Plastikkarte mit Magnetstreifen, einen Stadtplan, einen etwas kleineren Gebäudeplan und ein Handy mit Kopfhörern nacheinander auf den Tisch.

"Auf der Landkarte ist der Weg zur Firma eingezeichnet", erklärte sie, "der kleinere Plan zeigt das Firmengebäude. Mit der Karte können Sie jede Tür dort öffnen. Sie sind dazu verpflichtet bei der ganzen Aktion das Handy an und die Kopfhörer im Ohr zu haben, damit wir wissen, was Sie auf unserem Grundstück treiben."

Liebermann nickte hilflos, traute sich aber nicht, die Dinge anzufassen.

"Was soll ich machen, wenn ich Ro- ich meine, das Zielsubjekt finde?", fragte er.

Die Wächterin sah ihn kalt an, griff ein weiteres Mal in ihre Tasche und holte ein Gerät heraus, das Liebermann stark an einen Elektroschocker aus Polizeifilmen erinnerte. "Exekution", sagte sie kalt und drückte ihm den Schocker in die Hand.
 

Am Freitagmorgen erwachte Rose wie gewöhnlich um halb sieben. Sie blieb einige Minuten im Bett liegen und spürte die Erleichterung darüber, dass sie heute Abend schon im Zug nach Hause sitzen würde. Noch nie hatte sie sich so auf ihre kleine Wohnung gefreut. Ihre Nerven lagen blank, aber wenn sie noch diesen Tag überstehen würde, konnte sie sich erstmal ausruhen. Und wer weiß, vielleicht hatte sich die Verwaltung ja um das Problem gekümmert, wenn sie am Montag wiederkam. Je länger sie darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher schien ihr das. Man wollte schließlich keine Panik unter den Arbeitern auslösen, und das wäre unweigerlich die Folge, wenn man mitten in der Arbeitszeit Untersuchungen anstellte. Zufrieden schloss Rose noch einmal kurz die Augen, bevor sie die Beine über den Bettrand schwang.

„An alle Mitarbeiter“, erklang plötzlich eine blecherne Computerstimme aus dem Lautsprecher über ihrer Tür, aus dem sonst immer der Gong erklang. „Wir bitten Sie, heute in Ihren Zimmern zu bleiben. Es handelt sich hierbei um eine Sicherheitsübung. Bleiben Sie ruhig. Ich wiederhole ...“

Verwundert fuhr sich Rose durch die Haare. Eine Sicherheitsübung? Wollte man sich gleich um die Sache kümmern, während noch alle da waren? Und damit keine Panik entstand blieben alle getrennt auf ihren Zimmern. So konnte man auch verhindern, dass die Täter untereinander die Aussagen absprachen. Solche Szenarien hatte Rose schon einige Male in Filmen gesehen und es kam ihr auf einmal sehr einleuchtend vor. Beruhigt atmete sie auf. Alles würde sich aufklären.

Sie nickte zufrieden und stand auf, um sich anzuziehen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: Futuhiro
2012-06-17T16:05:52+00:00 17.06.2012 18:05
"...damit wir wissen, was sie auf unserem Grundstück treiben."
Den Satz fand ich ja bezeichnend. Demnach hat die BID also was mit der Firma zu tun. Ich muss sagen, ich hatte bis zum Schluss keine Idee, wie die beiden Handlungsstränge von Rose und Liebermann irgendwann mal zusammenführen könnten. Aber so wie das jetzt aussieht, gibt es da sicher noch einige Wendungen und Überraschungen.

Niedlich fand ich ja das Wort <Zielsubjekt>. Das was sonst ein <Objekt> ist, wird hier gleich mal degradiert und verzwielichtigt. Genial. ^^


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