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Magie der Zeilen

[Rundum-Wichteln die Erste]
von

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Schneeengel

Das erste Opfer war Kathrin Down.

Ihr geschundener Körper war in ein weißes Kleid, das nicht ihr gehört, gesteckt worden und lag im Schnee.

Die Szenerie, welche die Polizei von Destiny, Alaska, auffand, war makaber.

Detektiv Harold Goodchild berichtete es seinem Kollegen, Partner und besten Freund Detektiv Angelo Canny so: „ Du musst es dir wirklich ansehen! Angelo, er hat sie hergerichtet wie einen gottverdammten Engel. Ihre Lippen, Haare und Augenlider, alles ist mit kleinen Schneekristallen überzogen. Sie trägt keine Schuhe und er hat mit ihren Armen einen Schneeengel gemacht. Also ich meine, er hat sie da hin drapiert. Denn sie kann da, wenn man den Schneefall beachtet, nicht länger als eine Stunde liegen, doch der Körper sieht aus, als wäre sie schon mindestens fünf Stunden tot. Arme Kathrin!“
 

Angelo ging ein paar Schritte mit Herold und legte ihm dann die Hand auf die Schulter: „Du darfst das nicht so an dich ran kommen lassen Harry. Atme tief ein und aus.“

Angelo erblickte die Leiche, welche gerade abgedeckt wurde.

Sie sah wunderschön aus.

Dieser Gedanke brachte ihn selber zum Schlucken. Er musste denken wie der Mörder.

Die Leiche sollte wunderschön aussehen. Schon im Leben war Kathrin eine starke, schöne Frau gewesen. Ihre blauen Augen hatten tapfer der Welt entgegen geblickt, als wollte sie jeden herausfordern und mit ihren blonden Haaren hatte sie oft gespielt.

Ihre Haare hatten ein helles Blond und wirkten durch die Eiskristalle noch heller und beinah magisch. Ihre Lippen waren rot.

Er musste blinzeln.
 

„Unser Täter hat ihr frischen Lippenstift aufgetragen“, stellte er laut fest.

„Wer tut nur so etwas Schreckliches und dann auch noch bei uns?! Hier ist nie was los...“ Harold war kurz davor zu schluchzen.

Der einzige Arzt in der Kleinstadt gab das Zeichen die Leiche weg zu transportieren.

Ester Harsen war eine durchschnittlich große Frau mit braunen Augen, heller Haut, kleinen Sommersprossen und kinnlangen dunkelbrauner Korkenzieherlocken.

Oft hatte sich Detektive Angelo Canny gefragt, wie eine Frau, die solche Weichheit in ihren Zügen hatte, einen Job erledigen konnte, in dem sie so viel Leid sah.

„Den Rest überlasse ich euch, Jungs. Findet das Schwein“ Ihre braunen Augen funkelten wütend.

„Danke, dass du uns hilfst“ Angelo nickte Doktor Ester Harsen kurz und dankbar zu.

„Oh Mann, musst du sie jetzt aufschneiden Doc?“ Harolds Teint war sowieso schon hell, doch nun sah er ungesund blass aus.

„Ich weiß, dass du sie mochtest, Goodchild, aber es ist unumgänglich. Ihr wollt doch wissen, wie sie gestorben ist.“ Ester drehte sich um und folgte der Leiche aus dem Wald in Richtung der ersten Häuser.

„Wer hat sie denn gefunden?“, fragte Angelo und bückte sich dabei. Dort, wo die Leiche gebettet war, lag etwas.

Es war ein etwas feuchtes Stück Papier.

„Ein kleines Mädchen, das mit ihrem Pferd ausreiten wollte. Rachel Brown. Sie wohnt in einem der Häuser am Waldrand“, Harolds Stimme war sehr dünn, als er sprach.

Angelo brauchte zwei Versuche um die Zeilen auf dem Papier zu entziffern.
 

Whose woods these are I think I know.

His house is in the village though;

He will not see me stopping here

To watch his woods fill up with snow.
 

Es kam ihm bekannt vor. Nur woher kannte er diese Zeilen? Ein Gedicht. Von welchem Dichter? Aus welcher Zeit? Welche Bedeutung?

Es war eine kleine Spur.

Unauffällig ließ er das Stückchen Papier in seine Tasche gleiten.

Angelos Rücken schmerzte. Seine Schulterblätter schienen sich immer wieder zu verschieben.
 

Nicht jetzt!
 

Fast hätte er aufgeschrien. Er unterdrückte seinen Drang zu fluchen und zu schreien. Seine Selbstkontrolle überraschte ihn manchmal selber.

„Wir müssen mit ihr reden“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Ja, aber sie ist erst zehn Jahre! Sie ist traumatisiert!“

„Du weißt genau so gut wie ich, dass wir da durch müssen“, war das letzte, was Angelo sagte, bevor auch er sich umdrehte und in Richtung seines Wagens ging.
 

Der Motor heulte einmal auf, dann fuhr Detectiv Angelo Canny los. Sein Haus lag auf der anderen Seite von Destiny. Es war eine alte Hütte umgeben von großen Bäumen. Die einzige Verbindung war die Straße, die in das Dorf führte und in die anderen Richtung nach Anchorage. Bloß zwei Stunden bis zu dieser Stadt und dem damit verbundenem Flughafen.

Endlich bei seinem Heim angekommen schloss er die Tür und die Vorhänge.

In seinem Wohnzimmer standen ein einsames braunes Sofa, ihm gegenüber ein Fernseher und um auch bei der eisigsten Kälte warm zu bleiben, ein Kamin.

Nur zwei Bilder hingen an den Wänden. Einmal eine Fotografie des Schnees, wie er die Bäume bedeckte, welche er von Ester zu seinem angeblich 30ten Geburtstag geschenkt bekommen hatte und eine Fotografie von einem Sonnenaufgang über dem 'Great Canyon'. Er wusste nicht einmal, woher er dieses Bild hatte, doch er hing emotional daran.

Erst da entlud sich der wütende Schrei in ihm.

Lange nachdem er aufgehört hatte zu brüllen, hallte der Laut noch im Raum wieder. Seine schwere Jacke fiel zu Boden.
 

Welches Monster hatte bloß diese Arme Frau ermordet und geschändet?!
 

Er knöpfte sein Hemd so schnell, wie er konnte, auf und kaum dass es zu Boden fiel, brach seine Haut zwischen seinen Schulterblättern auf.

Anstatt Blut kamen Federn zum Vorschein.

Angelo fiel auf seine Knie und schrie wieder. Das schmerzhafte Ausfahren seiner Flügel war bloß ein Reflex. Eine Reaktion auf starke Emotionen wie Hass, Wut, Angst und Erregung.

Er konnte es unterdrücken, doch im Moment wollte es einfach nicht klappen.

Immer mehr der Schwingen kam zum Vorschein, bis sie sich prächtig und riesig hinter ihm ausbreiteten.

Die Federn sahen weich aus, als wären sie ihm gerade erst gewachsen. Die jeweiligen Spitzen seiner Flügel berührten in ihrem ausgebreiteten Zustand die zwei gegenüberliegenden Wände.

„Oh nein“, fluchte er halblaut.
 

Er bewegte seine Flügel hin und her, dann rollte er seine Schultern. Die Schmerzen waren wieder weg, doch er wusste, das Einfahren seiner Schwingen würde noch schmerzhafter werden.

Das warme Licht seiner Lampe ließ die Federn in einem angenehmen Bronzeton schimmern. Das Rotbraun entsprach fast seiner Haarfarbe. Ein lustiger Zufall, wie ihm seine Mutter immer gesagt hatte.
 

Früher, bevor er seine Aufgabe angetreten war. Bevor er merkte wie verdorben die meisten Menschen waren.

Bevor er wusste, dass der Sinn seines Daseins schon vor seiner Geburt festgelegt war.

Bevor er erfahren hatte, dass er wohl nie älter als Mitte dreißig aussehen würde.
 

Es dauerte eine Viertelstunde, bis Detective Canny sich sicher genug fühlte um aufzustehen. Im selben Augenblick klingelte sein Handy.

„Ja?“, meldete sich Angelo.

Am anderen Ende der Leitung knackte es, dann wurde aufgelegt.

Die Rufnummer war unbekannt.

„Verdammt! Ich werde noch verrückt!“ Er schüttelte den Kopf und ging zu seinem Schlafzimmer im hinteren Teil der Hütte.

Sein Bett war groß, die schweren, blauen Vorhänge waren auch hier zugezogen. Die kleine Lampe an der Decke flackerte.

Er entledigte sich auch noch seiner Hose und versuchte, auf der Seite einzuschlafen.

Die Flügel würde er erst dann wieder einziehen, wenn er das Haus verlassen musste.

Er war müde. Die Ereignisse hatten sich einfach überschlagen.
 

Seine Lieder wurden schwerer.
 

Er hatte den Dienst früh begonnen.

Seine Mittagspause hatte er fast kaum wahrgenommen. Es gab so viele Akten zu bearbeiten, die alle nur von Kleinkram und Alkohol handelten.

Als er gerade Schluss hatte machen wollen, klingelte sein Telefon.

Eine Leiche.

Er hatte den Tatort so schnell, wie er konnte, angepeilt und schlussendlich war er auf einen zerstreuten und verstörten Harry getroffen.
 

Es dauerte nicht sehr lange, bis Angelo endlich in den Schlaf glitt.
 

Ein penetrantes Klopfen riss ihn aus seinem Schlaf.

Dann hörte er verschwommen eine Stimme.

„Angelo, mach endlich auf! Komm schon, Alter!“

Sofort war der Engel hellwach.

Er sprang aus dem Bett und schlüpfte wieder in seine Hose rein.

Es blieb wohl keine Zeit zum Duschen, so wie Harolds Stimme klang.

Kurz bevor er die Tür öffnete, entsann er sich zwei Tatsachen, die Harold bis jetzt noch nicht über ihn wusste.

Das Paar Flügel bewegte sich kurz, dann traten Angelo Schmerzenstränen in die Augen.

Die Schwingen schienen sich wieder unter seine Haut zu schieben.

Um nicht zu schreien biss er sich auf die Hand. Dass seine Flügel nun nicht mehr zu sehen waren, merkte er an den Gleichgewichtsproblemen. Er musste sein Gewicht wieder so verlagern, wie vorher, da er nun keine Last mehr am Rücken hatte, die auszugleichen war.

Detective Canny öffnete die Tür.
 

„Was hat denn so lange gedauert? Du bist ja nicht mal richtig angezogen... Hast du auf eine Zitrone gebissen? Du solltest mal dein Gesicht sehen“, Harry trat an ihm vorbei in die Hütte.

„Hab mir nur den Zeh gestoßen“, grummelte Angelo leise, während er zurück in Schlafzimmer ging, um ein frisches Hemd zu suchen.

„Du brauchst dringend ein Frau, so wie du hier lebst“ Ein kurzes Lachen ertönte von Harold.

„Und dafür sind Sie hier her gekommen, um mir das zu sagen, Detective Goodchild?“, Mit einem frischen Hemd gekleidet kam Angelo zurück ins Wohnzimmer, wo sich Harold auf das Sofa niedergelassen hatte.

„Nein, ich wollte dich abholen, weil wir ein Verhör haben, mit Rachel Brown. Ich habe es gestern noch organisiert. Wir fahren jetzt zu ihr nach Hause“, Harolds Stimme klang wieder düster. Ein Schatten des jüngsten Ereignisses.

„Dir scheint die Sache sehr ernst zu sein. Was ist los?“ Angelo hob seine Jacke vom Boden auf, dort wo er sie gestern hatte fallen lassen.

„Verdammt, ein Mensch ist tot! Eine Frau!... Verdammt, ich hatte geplant Kathrin in ein paar Tagen einen Antrag zu machen!“ Es schien, als würde Harold gleich in Tränen ausbrechen.

„Ich wusste nicht, dass ihr ein Paar wart“, antwortete Angelo wahrheitsgemäß und sehr betroffen. Es war sein Aufgabe Goodchild zu schützen und dabei auf das Dorf aufzupassen. Unter Schutz verstand Gott oder welche Höhere Macht ihm auch immer befahl bestimmt etwas anderes.

„Wir haben es nicht an die große Glocke gehangen. Aber es lief schon vier Monate und ich wusste: Sie ist die Frau meines Lebens. Ich meine, ich bin verliebt in sie seit meinem ersten Tag an der Schule.“ Nun waren da wirklich Tränen.
 

„Ich fahre, gib mir deine Autoschlüssel.“ Nachdem er das gesagt hatte, händigte Harold ihm sofort die Schlüssel aus.

Es dauerte genau zehn Sekunden, bis Angelo seinen besten Freund im Auto hatte.

Selbst als er auf die Straße bog, spürte er seinen schmerzenden Rücken.

Angelo hasste seinen Flügelreflex.

„Ich kann nicht glauben, dass sie nicht mehr da ist“, seufzte Harold.

„Und ich kann nicht glauben, dass du mir nichts von euch erzählt hattest.“ Ein grimmiges Lächeln umspielte Angelos Lippen.

Wieder herrschte Schweigen, bis er endlich zur Auffahrt des Hauses bog, welches am Nächsten am Tatort lag.

Das Haus hatte eine schöne weiße Fassade und hob sich nur unerheblich aus dem Schnee hervor.

Das Rote Dach war mit leichtem Schnee bedeckt. Es leuchtete nur leicht die Farbe der Ziegel durch die Schneeflocken.

Spuren im Schnee hinterlassend gingen die beiden Detectives zu der schwarzen Haustür.

„Sei nicht zu unsensibel. Sie ist...“, kurz stockte Harold in seinen Worten.

„Sie ist meine Cousine, Angelo“, etwas Nachdruck lag in seiner Stimme.

Detective Canny nickte bloß und klingelte dann.
 

Das Wohnzimmer war in warmen Orange- und Rottönen eingerichtet.

Die Sessel, auf denen er und Harold Platz genommen hatten, waren mit einem milden rostfarbenden Stoff überzogen.

Rachel saß auf dem Sofa, welches rot war und orangene Kissen besaß.

Die Wände waren über und über mit Kinderbildern beklebt, die auf glückliche Zeiten verwiesen.

Das kleine Mädchen ihm gegenüber wirkte noch viel zu zart für ihre zehn Jahre.

Einzelne ihrer roten Strähnen strich sie immer wieder hinter ihr kleines helles Ohr.

Ihr Gesicht hatte nur eine leichte Spur von Sommersprossen und ihre Nase wirkte auf eine Art trotzig, die Angelo unter normalen Umständen zum Lächeln gebracht hätte.

Ihre blauen Augen sahen nervös von einem zum anderen Fenster, als hätte sie Angst nicht entkommen zu können.

„Ich glaube er beobachtet mich“, ihre Stimme war nur ein leichtes Hauchen.

Es war nicht ihr Cousin der sie beruhigte, sondern Angelo: „Keine Sorge, wir werden dafür sorgen, dass dir nichts zustößt!“

Kein Unschuldiges Kind sollte wegen einer Unaufmerksamkeit leiden.

„Kannst du uns vielleicht ein paar Fragen beantworten?“

Als Antwort nickte sie.

„Weißt du vielleicht, was diese Zeilen zu bedeuten haben?“, er reichte ihr das Stückchen Papier, welches er bei der Leiche gefunden hatte.

Laut las sie die Zeilen vor.

„Ich kenne das Gedicht...“ Sie schien weiter zu überlegen.

„Das ist Robert Frost. 'Stopping by woods on a snowy evening', das Lieblingsgedicht meiner Mutter“, diese Antwort kam von unerwarteter Seite.

„Wie geht es weiter, Harold?“, seine Stimme war einfach zu ruhig für diese Situation.

„Ich weiß es nicht mehr. Es war irgendwas mit 'woods and frozen lake; The darkest evening of the year. '

„Es könnte ein Hinweis sein, aber wenn es ein Hinweis ist, dann muss die erste Strophe auch ein Hinweis sein“, Angelo redete in Gedanken weiter.

„Wir werden dir später weitere Fragen stellen, okay, Rachel?“ Das meiste hatten die anderen Polizisten schon übernommen, da war sich der Engel sicher.
 

Es dauerte nicht lange und Angelo betrat mit Harold im Schlepptau das Polizeirevier.

Sofort ging er zu seinem Computer und suchte im Internet nach diesem Gedicht.
 

My little horse must think it queer

To stop without a farmhouse near

Between the woods and frozen lake

The darkest evening of the year.
 

„Welcher Tag ist heute?“, fragte Angelo geschockt in Richtung seines besten Freundes.

Dieser ließ vor Schreck die Akte, die er sich gerade angeschaut hatte, fallen.

„Der 21. Dezember. Heute ist.“ Angelo unterbrach Harold grob: „Wintersonnenwende! Scheiße. Der dunkelste Tag im Jahr. Wieso ist mir nicht aufgefallen, wie dunkel es ist!“

„Weil du es gewohnt bist. Was ist los?“

„Er hat ein weiteres Opfer und heute ist 'The darkest evening of the year'. Er wird jemanden töten und wir werden es nicht verhindern können! Wir müssen zum See“, Detective Canny schnappte sich hektisch seine Jacke und verließ das Büro wieder, dicht gefolgt von Detective Goodchild.
 

Das zweite Opfer war Lila Carter.

Ihre Haut hatte den etwas exotischeren Farbton einer Frau, die in ihrem Stammbaum einen Inuit hatte. Ihre Haare lagen schön drapiert in schwarzen Locken um ihr Gesicht herum.

Auch sie trug frischen Lippenstift und steckte in einem ihr fremden, weißen Kleid.

Ebenfalls mit ihrem Körper hatte man einen Schneeengel gemacht.

Die einzige Spur im Schnee, abgesehen von Angelos und Harolds Schuhabdrücken, war eine Schlittenspur und zwar von einem Pferdeschlitten.

Diese Spur verschwand zwischen den Nadelbäumen, welche ganz und gar weiß waren. Kleine Schneeflocken fielen vom Himmel und ließen die Lichtung noch idyllischer erscheinen.
 

„Mich beschleicht das komische Gefühl, der Kerl hat es auf dich abgesehen“, flüsterte Angelo in die Kälte, während sein Atem in der Luft sichtbar aufstieg.

„Erst deine Freundin, nun dein beste Freundin seit Kindertagen. Zudem richtet er sich nach dem Lieblingsgedicht deiner Mutter. Wem gehört also der Wald, in dem er seine Leichen ablegt. Wem gehört das Stück Wald, welches von dem Grundstück der Familie Brown bis zu diesem See reicht?“ Eigentlich war die Antwort für Angelo klar.

„Meiner Familie“, flüsterte Harold beschämt. Er hatte Ester angerufen, damit sie sich um die Leiche kümmern konnte.

Detective Canny beugte sich über Lila, er kannte sie selber gut. Sie hatte sich nie Feinde gemacht, war immer auf eine Art ehrlich, die man ihr nicht übel nehmen konnte.

Sein Blick glitt zu ihrer Faust, die Rechte war zusammengeballt.

„Was versteckst du vor mir, Lila?“, murmelte er, während er ihre Faust öffnete und ohne viel Überraschung einen weiteren Zettel fand.
 

My little horse must think it queer

To stop without a farmhouse near

Between the woods and frozen lake

The darkest evening of the year.
 

„Es hat noch zwei weitere Strophen, das heißt zwei weitere Tote“, Angelo drückte Harold das Stück Papier in die Hand.

He gives his harness bells a shake

To ask if there is some mistake.

The only other sound's the sweep

Of easy wind and downy flake. “, Harold Stimme klang brüchig.

„Wie bitte?“

„Das ist die dritte Strophe.“

„Also ein ruhiger Ort, wie unheimlich aufschlussreich!“ Wütend stapfte Angelo davon. Wie sollte er diesen Mörder nur fassen?

Er hinterließ ja nur Spuren, die man nicht zu ihm verfolgen konnte.

Angelo lief an der Schlittenspur entlang, die auf der anderen Seite des Sees einfach endete.

Irgendwas war hier gewaltig falsch!
 

Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis er wieder bei Harold war.

„Wie geht die vierte Strophe?“

The woods are lovely, dark and deep.

But I have promises to keep,

And miles to go before I sleep,

And miles to go before I sleep.

„Es hört sich an, als wollte er danach weiter ziehen.“

„Oh Gott, noch eine Leiche.“ Ester war zu ihnen gestoßen.

„Hast du eigentlich schon etwas zu Kathrin heraus gefunden?“, bei seiner Frage bückte sich Ester zu der Leiche und fing an sie provisorisch zu untersuchen.

„Ja, sie wurde eindeutig vergewaltigt, während er sie erdrosselte“, eine nüchterne Antwort.

Harold würgte und übergab sich in den Schnee.

„Ich bringe ihn wohl besser zu sich nach Hause.“ Angelo packte Harold am Arm und zog ihn hinter sich her.
 

Nachdem Harold geduscht hatte und nun in seinem Schlafanzug in seinem Bett lag, seufzte Angelo schwer.

„Soll ich noch hier bleiben?“ Er positionierte ein Glas warme Milch auf dem Nachttisch.

„Vielleicht ein bisschen“, murmelte Harold müde.

„Jetzt auch noch Lila. Hältst du mich einen Augenblick?“, ein kleines Wimmern kam aus seinem Mund und im nächsten Augenblick verdrehte Angelo mitleidig die Augen.

Er legte sich zu Herold und strich diesem durch die braunen Haare.

Herolds müde blaue Augen schlossen sich langsam und einzelne Tränen verließen sie.

„Ich bin froh dich einen meiner Freunde nennen zu können“, flüsterte Harold gegen Angelos T-Shirt.

„Ich bin auch froh, dass wir Freunde sind“, doch das hörte Harold gar nicht mehr, denn er war schon eingeschlafen.
 

Erst weit nach einer Stunde später kam Angelo bei sich zu Hause an.

Er hatte es nicht verhindern können.

Es waren zwei Leute gestorben und er war hilflos gewesen.

Wieder schmerzte sein Rücken.

Er setzte sich in seinem Wohnzimmer auf dem Teppich in den Schneidersitz und konzentrierte sich.

Irgendetwas hatte er bestimmt übersehen.

Der Mörder richtete seine Opfer her.

Er wollte, dass man sie in dieser Position fand.

Er hatte Kathrin vergewaltigt und Lila bestimmt auch.

Er hinterließ kleine Spuren. Er wollte entdeckt werden oder er wollte nur, dass jemand wusste, wer er war.

Beide Opfer standen mit Harold in Verbindung.

Vielleicht sollte man Harolds Verwandten und Freundeskreis beobachten, beschützen lassen.

Doch was war ihm entfallen?

Wie sollte er herausfinden, wer das nächste Opfer war und wo es liegen sollte?

Wie Angelo sich so in seinem Geist verlor, spürte er seinen Körper gar nicht mehr.
 

Erst ein vorsichtiges Klopfen riss ihn aus seiner Trance.

Sein Rücken hatte aufgehört zu protestieren, er hatte seine Flügel unter Kontrolle.

Er musste verwirrt blinzeln, als vor der Tür Ester stand.

„Ich dachte mir schon, dass du noch wach sein würdest.“ Sie lächelte matt und drückte ihm eine Papiertüte in die Hand.

„Habe was zu essen mitgebracht, ich werde dir jetzt etwas kochen“, ihre Stimme war herrisch. Sie warf ihren Mantel und ihren Schal auf das Sofa und nahm ihm die Tüte wieder ab.

„An deiner Stelle solltest du die Tür schließen.“ Sie deutete etwas ausladend auf ihn, der immer noch erstarrt im offenen Türrahmen stand.

Er schüttelte seinen Kopf, schlug die Tür zu und rollte seine steifen Schultern.

Wie lange hatte er da gesessen?

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es bereits nach 22 Uhr war.

„Was erlauben Sie sich eigentlich, Dr. Harsen?“, er klang weder wütend noch schnippisch. Eher neckend.

„Ich dachte mir, dass ein armer Detective wie sie selten etwas Selbstgekochtes isst und nach den letzten Tagen wollte ich sie aufmuntern, Detective Canny.“ Sie zwinkerte und verschwand in die Küche.

Schmunzelnd bemerkte Angelo, dass sie vielleicht einmal zu oft hier war.

Bevor das mit dem Mord an Kathrin begonnen hatte, waren sie Freunde geworden.

Ester war wie er nicht seit seiner Geburt in Destiny.

Sie war eine kluge und nette Ärzten, die nichts mit den Hinterwäldlern, die sie ständig anbaggerten, anfangen konnte.

Gerne nahm er sie bei solchen Dingen in Schutz.

„Angelo, wo bist du nur wieder in Gedanken? Ich sagte, das Essen ist fertig.“ Sie stupste ihn an und deutet in die Küche, wo ein kleiner Tisch stand.

„Oh, tut mir Leid“ Er folgte ihr und war wiedermal erstaunt, wie sie es schaffte, in solch einer kurzen Zeit ein so geniales Essen zu zaubern.

„Das sieht echt gut aus!“, lobte er Ester begeistert.
 

Das Erwachen war deswegen unangenehm, da der Anruf sowohl ihn als auch Ester weckte.

Doch das schlimmste sollte erst kommen.

Rachel Brown war verschwunden, sowohl sie, als auch ihr Pferd.

Zuerst war die Rede davon, dass Rachel einfach nur weggelaufen war.

Angelo wusste aber, was er anordnen sollte.

„Ihr Idioten! Durchsucht den Wald. Jeden einzelnen Fleck!“, fauchte er in das Telefon und legte dann auf.

Seine Hände legten sich über seine Augen. Erschöpft rieb er sich durch sein Gesicht.

„Ich gehe duschen, du solltest auch langsam zur Arbeit gehen. Wir werden uns heute wahrscheinlich noch sehen“, er schaute zu Ester und seine Stimme klang düster.

„Was ist passiert?“, sie klang eindringlich.

„Rachel Brown ist verschwunden. Sie wird sein nächstes Opfer sein.“

„Gibst du dir selber die Schuld daran, Angel?“ Nun war ihre Stimme tadelnd.

„Ich hatte dir schon einmal gesagt, dass du mich nicht so nennen sollst“, er musste grummeln.

„Du solltest wirklich duschen, ich bin verschwunden wenn du fertig bist“, ganz klar versuchte sie ihn mit ihren Worten nur abzulenken, doch die kleine Sorgenfalte über ihren braunen Augen ließ sich nicht einfach ausblenden.
 

Angelo hatte es geschafft, alle Anrufe von Harold fern zu halten.

Nun stand er vor der Haustür seines besten Freundes mit einem Kaffee in der Hand und wartete, dass ihm aufgemacht wurde.

Eine gefühlte Ewigkeit stand er in der Kälte, die ihm schon lange nichts mehr ausmachte.

Mit der Zeit härtete man wirklich ab, wenn man nur durch Waffengewalt sterben konnte.

„Ich glaube, ich melde mich heute krank“, murmelte Harold erschöpft, als er die Tür öffnete.

„Ist auch besser so, ich habe dir einen Kaffee mitgebracht.“ Er betrat das Haus und übergab seinem besten Freund dessen Lieblingsgetränk.

„Irgendwas Neues?“, kam auch sofort die Frage, vor der sich Angelo schon die ganze Zeit gefürchtet hatte.

„Es ist etwas passiert. Noch kein Mord, aber...“, Angelo stockte. Er war der einzige, der das Recht hatte, es Harold zu sagen.

„Rachel ist verschwunden.“

„Ein schlechter Scherz“, fast klang die Stimme des Dunkelhaarigen hoffnungsvoll.

„Bleib hier, lass niemanden rein, ich werde mich darum kümmern. Wenn ich etwas Neues weiß, rufe ich dich an.“ Damit verließ Detective Canny fluchtartig das Haus.
 

Sein Handy klingelte.

„Ja?“

„Wir haben Hufabdrücke gefunden“, die Stimme am anderen Ende der Leitung klang atemlos.

„Und worauf wartet ihr?! Folgt ihr!“ Er legte auf. Es war Frank gewesen. Sein Team suchte im nördlichen Teil des Waldes.

Angelo wusste also ungefähr, wo er hin musste.

Wieder klingelte sein Handy.

„Was ist denn noch?!“, meldete er sich unfreundlich.

Erst ein Schweigen, dann hörte er das leise Atmen einer anderen Person.

„Ihre Haut war zart. Wieder ein toter, nicht mehr so unschuldiger Engel“, die Stimme war verzerrt. Männlich, aber verzerrt.

Der Anruf wurde unterbrochen und das Tuten hallte in Angelos Ohr wieder.

„Nein! Nein! Nein!“ Er versuchte die Nummer anzurufen. Doch diese war unterdrückt.

„Verdammt!“

Er tippte schnell Franks Nummer ein.

„Sie ist tot!“

„Canny? Woher wissen sie das? Wir haben sie gerade gefunden“, die Stimme des erfahrenen Polizisten klang dünn.

„Der Mörder hat gerade bei mir angerufen“, spuckte Angelo hervor.

„Gib mir deine Koordinaten, ich bringe Dr. Harsen mit.“
 

Das dritte Opfer war Rachel Brown.

Ihre roten Haare waren im Schnee ausgebreitet und sahen aus wie Feuer.

Ihre Haut war die blasse einer Rothaarigen und auch sie steckte in einem weißen Gewand. Es war wie bei den ersten zwei Opfern ein eher schmuckloses Gewand, welches nur knapp über die Knie reichte. Es hatte einen runden hochgeschlossenen Ausschnitt und war mit winzigen silbernen Schnörkeln am Saum verziert. Die weißen Ärmel waren lang, doch der rechte war hochgerutscht und entblößte ihr blasses Handgelenk.

Alles in allem ein hübsches, schlichtes Gewand, welches der Täter wohl in vielen Größen besaß.

Wie die beiden ersten Opfern war auch sie ein Schneeengel.
 

„Sie ist viel zu jung“, hauchte Ester entsetzt, während sie den kleinen geschundenen Körper untersuchte.

Neben der Zehnjährigen an einen Baum war ihr Pferd angebunden. An seinem Hals befanden sich Glöckchen die immer wieder erklangen.

Auch hier fehlte das Stück Papier nicht.
 

He gives his harness bells a shake

To ask if there is some mistake.

The only other sound's the sweep

Of easy wind and downy flake.
 

„Ich muss Harold benachrichtigen.“

„Keiner hindert dich daran, Angel“ Ester beobachtete, wie die Leiche von den Männern wegtransportiert wurde und legte ihm kurz eine Hand auf die Schulter.

Sie war ihm zu vertraut geworden.

Eine enge Bindung war in seinem Beruf eigentlich nicht möglich oder eher nicht gerne gesehen.

Er meinte damit natürlich nicht seinen Job als Detective.

Seine Art, sie lebte viel zu lange und auf Dauer lohnte es sich nur einen anderen Engel zu suchen, der ebenfalls solange lebte.

Mit Menschen hatte man nur unnötige Trauer am Hals.

Doch leider war es selbst für einen Engel schwer einen anderen zu finden.

Sogar der Kontakt zu seiner Mutter war vollständig abgebrochen und von seinem Vater hatte er gar keine Ahnung.

„Ich sagte doch, ich will nicht so genannt werden“, diese Erwiderung klang lahm.

Er drehte sich um und wollte zu seinem Auto.

Harold hatte es nur verdient, dass er ihm gegenüberstand, wenn er ihm sagte, dass seine Cousine umgebracht worden war.
 

Harold öffnete ihm nicht die Tür.

Sein Klopfen war penetrant geworden und dazu gesellte sich seine Stimme, die immer wieder den Namen seines besten Freundes rief.

„Verdammt, Harry, mach die Tür auf“, fluchte er, noch bevor er die Türklinke herunter drückte.

Unabgeschlossen.

„Scheiße!“, Angelo sah sich panisch im Haus um.

Einige Möbel waren umgestoßen, eine Lampe kaputt.

Von Harold war nirgends eine Spur.
 

Harold sollte also das vierte und wahrscheinlich letzte Opfer sein.
 

Wo sollte er suchen? Was sollte er machen?

Er saß wieder an seinem Schreibtisch auf der Polizeiwache.

Seine Augenlider waren schwer, doch es gelang ihm einfach nicht einzuschlafen.

Sein Sichtfeld verschwamm. Sein Kopf schmerzte.

Wie aus weiter Ferne hörte er das Klingeln eines Telefons.

Er hörte verschwommen die Worte seiner Kollegen, verstand aber nicht was sie sagten.

Als sich eine warme und sehr vertraute Hand auf seine Schulter legte, wurde es schwarz um ihn herum und kurz bevor er einschlief, hörte er noch wie Esters Stimme ihm ins Ohr flüsterte: „Angel, du musst auf dein Herz hören, wenn du ihn finden willst.“
 

Angelo schreckte auf.

Das war es. Harold war der, den er beschützen musste. Als Harolds Wächter musste er sich auf ihn konzentrieren, um ihn zu finden.

Verdutzt stellte er fest, dass er diese Erkenntnis vorher noch nie gehabt hatte.

Er schaute auf die Uhr und plötzlich war ihm auch klar, warum niemand mehr im Revier war.

Mit geschlossenen Augen trat er an die frische Luft.

Er musste nach rechts, sagte ihm sein Instinkt.

Nur von seinem Gefühl geleitet lief er eine gefühlte Ewigkeit durch Destiny, Alaska und bald auch durch den Wald.
 

Nachdem er die ersten Bäume hinter sich gelassen hatte, wusste er nicht mehr, wo er war. Alles sah gleich aus. Seine Füße bewegten sich nach Osten, wie ihm die Sterne verrieten. Im ersten Augenblick wollte er es selber verhindern, dann aber wurde ihm wieder klar, dass das - was auch immer hier vorging - viel weiter ging, als das, was er kontrollieren konnte.

Er war gerade dabei zu versagen und sein Blut wollte das verhindern. Seine übernatürliche Abstammung.

Etwas in ihm wusste, dass nicht nur Harold verloren wäre, wenn er versagte.
 

Neben Angelo fiel etwas Schnee von einem Baum und ließ ihn wieder aufmerken.

Die Lichter des Dorfes waren in weite Ferne gerückt und der Schnee bedeckte jeden Pfad zurück. Auch seine Fußspuren wurden langsam von den dicken Flocken, die vom Himmel fielen, gefüllt.
 

Ruckartig blieb er stehen.
 

Er erkannte den Ort sofort wieder.

Hier hatten sie Kathrins Leiche gefunden.

Doch nun lag dort Harold. Eine dunkle Gestalt war über seinen beinahe leblosen Körper gebeugt.

„Verschwinde!“, rief Angelo der Person zu, die langsam die Hände um den Hals seines besten Freundes legte.

Das Gesicht drehte sich zu ihm und dort, wo die Augen sein sollten, glühten zwei gelbe Kohlen.

Die verzerrte Stimme, die ihm entgegen zischte, war dieselbe, die er schon am Telefon gehört hatte: „Und wieder wird ein Engel sein Leben lassen, Wächter!“

„Nein!“, schrie Angelo.

In ihm wallte Kraft auf. Das Feuer, das jeder Engel besaß. Das Licht, was erstrahlte, wenn er sich genug konzentrierte.

„Hau ab!“, seine Stimme wurde dunkel und hallte von den Bäumen wieder.

Seine Flügel fuhren aus, doch Angelo spürte dieses Mal keinen Schmerz. Er zuckte nicht einmal zusammen. Es lag wohl an der Macht, an dem Licht, das ihn einhüllte.

Der Schnee unter seinen Füßen begann zu schmelzen.

Seine Schritte waren schwer, während er dem Szenerie entgegen trat.

„Ich sagte, du sollst gehen!“, eine Macht sprach aus seiner Stimme, die ihm auf eine merkwürdige Weise bekannt vorkam. Doch er konnte sich nicht erinnern sie jemals benutzt zu haben.

In seine Flügel trat ein angenehm warmes Prickeln.

„Versuch es doch“, spuckte ihm die verzerrte Stimme entgegen.

Nur eine Sekunde später stand Angelo bei der Gestalt und riss sie mit aller Macht von Harold herunter.

Unter seinen glühenden Fingern fing der schwarze Mantel der Gestalt an zu zischen.

Ein fauliger Geruch drang in seine Nase.

„Was bist du?“

„Wenn es dich gibt, muss es auch mich geben. Denn wo Licht ist, ist auch Schatten“, nun klangen in der Stimme Schmerzen mit.

Der schwarze Stoff hatte sich in seinem Licht aufgelöst, als wäre es Säure.

Die Gestalt fiel zu Boden und schneller als er schauen konnte, kroch das Wesen mit einem Winseln in den Schutz der Bäume.

Er wollte ihm zuerst folgen, bis er wieder an Harold dachte.

Neben Harold sackte Angelo Canny auf die Knie. Er nahm kaum noch ein Lebenszeichen war.

Seine Hände legten sich wie automatisch auf Harolds Brust.

„Komm schon!“, flüsterte er beschwörerisch, während er seinem Licht dabei zuschaute, wie es auf den Körper seines besten Freundes übergriff.

Einzelne Schweißperlen rannen ihm die Stirn herunter.

Sein Atem wurde schwerer.

„Ich hätte nicht gedacht, dass es mich so viel Kraft kostet dir den Arsch zu retten“, schnaubte er erleichtert, als er merkte wie Harolds Augenlider zuckten.
 

„Angelo?“, die Stimme klang kratzig.

„Ich muss tot sein, denn du leuchtest und hast Flügel“, nun lachte er trocken auf und rieb sich über den Hals.

„Ich bin froh, dass du lebst“, etwas Wütendes lag in seiner Stimme.

„Angel, Angel, Angel“, auch Ester war anwesend und ihre Stimme klang tadelnd.

Keiner der beiden hatte sie bis jetzt bemerkt.

„Er hätte sterben können, aber das wäre nicht so schlimm gewesen wie die Enthüllung deines Wesens“, ein theatralisches Seufzen verließ ihren Mund, dann wurde ihre Miene ernst.

„Du weißt es nicht mehr, aber vor 30 Jahren befanden wir uns in einer ähnlichen Situation. Das Problem ist, dass du die Spielregeln kanntest, doch durch deine Bestrafung, weil du die Regeln brachst, hast du sie vergessen“, sie trat näher und hielt Harold etwas zu Trinken hin.

„Das wird dir jetzt gut tun.“ Sie zwinkerte ihm zu und drehte sich wieder zu Angelo.

„Wenn ein Engel einem Menschen seine wahre Gestalt zeigt, muss er vergessen. Dafür Sorgen dann ihre Begleiter. Ein Wesen, das nur dazu bestimmte ist den Engel zu überwachen und ihn vergessen zu lassen, wenn nötig.“

„Du... Du bist mein Begleiter?“, fragte er verwirrt und verunsichert.

„Angel, mein Schatz, ich war es schon immer und das letzte Mal hat es dich nicht gestört.“ Sie legte ihm die Hand auf die Wange.

„Bevor du deine Aufgabe erledigst, würdest du mir zwei Fragen beantworten?“ Er konnte seine Augen nicht abwenden.

„Frag.“ Sie tat es auch nicht.

„Warum Harold? Was war an ihm und seiner Familie so interessant?“

„Hey ich lebe noch!“, beschwerte sich Harold, der die beiden immer noch ungläubig anschaute und sich Schnee von der Hose klopfte.

„Du musst zuerst verstehen, dass Lila seine Großcousine war und Kathrin war schwanger.“ Sie machte kurz eine bedeutungsschwere Pause.

„In Harolds Familie fließt das schwach verdünnte Blut eines Engels. Harold hat noch die reinste Konzentration. Wenn man Personen mit solchem Blut quält, zeigen sich manchmal Fähigkeiten ihrer Vorfahren. Dunkle Wesen, wie der Dämon, können diese Fähigkeit aus schwachen menschlichen Körpern aussaugen. Genügt das als Erklärung?“ Nun war ihr Blick auf Harold gerichtet. Sein Gesicht war blass. Er stammelte etwas über Kathrin.

„Deine zweite Frage?“

„Warum nennst du mich immer Angel?“

„Weil du beim letzten Vergessen gesagt hast, ich soll dich immer Angel nennen, komme was wolle. Denn es wäre das einzige, dass von unserer Liebe übrig bleiben würde.“ Auch ihre zweite Hand legte sich auf sein Gesicht.

Sie drückte ihm ihre Lippen auf seine und bei der Berührung sackte er zu Boden.
 

Angelo war ohnmächtig.
 

„Ich werde dich auch weiter Angel nennen, versprochen“, hauchte sie in den Wind.

„Warum tust du ihm und dir immer wieder diese Tragödie an“, Harolds Stimme klang wieder normal.

„Weil uns nichts anderes übrig bleibt. Ich nehme dir jetzt auch die Erinnerung. Danach werden alle in Destiny, du eingeschlossen, denken ein Schneesturm hätte drei Opfer gefordert. Du wirst nichts mehr von der Schwangerschaft wissen und Angelo wird wieder seinen Platz als dein bester Freund einnehmen. Du wirst nicht einmal ahnen, dass er ein Engel ist.“ Sie ging auf ihn zu und ihre Hände legten sich auf seine Wangen.

„Ich wünschte, ich könnte all das Leid behalten, nur damit ich die Wahrheit über ihren Tod nicht vergesse.“ Er schloss die Augen und ein Ausdruck der Entschlossenheit lag in seinen Zügen.

„Und ich wünschte, ich dürfte alles vergessen und nicht länger an jemanden gebunden sein, der mich immer erst mit Misstrauen bedenkt“, auch ihre Augen schlossen sich.

Um sie herum fielen Schneeflocken zu Boden.

Angelos bronzene Federn waren mit Eiskristallen überzogen.

Am Himmel funkelten einsam die Sterne.

Nur Harold und Ester standen dort und für einen kleinen Augenblick wussten beide, wie sich der andere fühlte.

Es dauerte bloß einen kleinen Augenblick, bis Harold zu Boden sank und sich Ester erschöpft in Richtung der Kleinstadt wendete, die ihr eine kleine Heimat bot.
 

Der Mond schien auf die zwei Körper im Schnee und vertrieb die Dunkelheit um sie herum.
 

************
 

So ich hoffe mein Wichtelkind Arianrhod- hat das hier gerne gelesen ;)

Ich hatte zuerst wirklich überlegt ein Crossover von Primeval und Cold Case zu schreiben, war mir aber nicht sicher ob du Cold Case magst/kennst und deswegen bin ich bei der altbewehrten Eigenen Serie geblieben. NCIS hätte ich vielleicht auch gerne gemacht, aber ich habe so einen Respekt vor Gibbs, dass ich diesen Charakter nicht schreiben kann....

Na gut ich hoffe es hat dir zugesagt

Ich würde mich über Kritik jeder Art freuen

lg

Cliona



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