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So finster wie die Nacht

von

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Erwischt!

Kapitel 7

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Erwischt!
 


 

Mona machte sich mit gemischten Gefühlen auf den Weg zu Lionels Arbeitszimmer. Einerseits wurde sie noch immer von einer trotzigen Wut beherrscht, andererseits wusste sie, dass es zu einem Teil von seinem Wohlwollen abhing, wann der Arrest aufgehoben wurde. Über die große Treppe gelangte sie ein Stockwerk tiefer. An den Wänden hingen Bilder von Personen, die Mona nicht kannte, für die sie sich aber auch nicht interessierte. Sie fühlte sich nur merkwürdig beobachtet, wenn sie in deren Nähe war. Als sie bei Lionels Gemächern ankam, klopfte sie ohne zu zögern. Er sollte nicht von ihr denken, dass sie besorgt war.

„Herein.“

„Du wolltest mich sprechen.“ Mona war stolz darauf, wie kühl und desinteressiert ihre Stimme klang, denn sie wollte nicht, dass er bemerkte, dass sie nervös war.

„Ja, komm herein.“ Lionel deutete auf einen freien Stuhl. „Die Oberen sind zu einem Entschluss gekommen, was deinen Fall betrifft.

Warum sitze nur ich hier? Warum nicht auch Eve? Die Antwort auf diese Gedanken konnte sich Mona selbst geben: Die Oberen hielten sie für einen Problemfall. Eve hingegen ließ sich – bedacht wie sie war – sonst nie etwas zu Schulden kommen.

„Dein Arrest wird aufgehoben“, fuhr Lionel fort. Er faltete seine langgliedrigen Finger und schaute Mona über den Tisch hinweg an, um zu sehen, ob sie ihm auch wirklich zuhörte und begriff.

„Aufgehoben?“ Monas Kopf ruckte hoch.

Langsam nickte Lionel. „Ja, unter der Voraussetzung, dass du dich zukünftig von diesem Haus fernhältst. Es ist dir ferner nicht gestattet dich den Personen zu nähern, die du in jener Nacht aufgesucht hast. Hast du das verstanden?“

Eine freche Erwiderung lag Mona auf der Zunge, doch sie schluckte diese hinunter. „Ja, selbstverständlich“, entgegnete sie. „Kann ich jetzt gehen?“

„Nur zu.“

Mona erhob sich fast ein wenig zu übereilt. In diesem Moment interessierte sie das jedoch herzlich wenig. Sie wollte so schnell wie möglich diesen Raum verlassen. Ihr Verstand arbeitete auf Hochtouren. Vom Charakter her war sie viel zu stur, als dass sie eine solche Entscheidung hingenommen hätte, ohne nicht wenigstens deren Sinn zu hinterfragen. Allerdings hütete sie sich davor Lionel danach zu fragen. War es nicht schon immer so gewesen, dass ein Verbot die Neugier nur noch weiter anstachelte?
 

Ryan hatte an diesem Abend Spätdienst. Draußen war es bereits dunkel und herbstlich verregnet. Er schaute auf seine Armbanduhr – in einer halben Stunde konnte er den Laden abschließen. Kein Grund unvorsichtig zu werden. Erfahrungsgemäß wusste er, dass zu dieser Zeit die eigenartigsten Leute unterwegs waren. Wenn man etwas in einer Buchhandlung lernte, dann, dass die Kunden seltsame Ansprüche stellten. Als er an seinem ersten Arbeitstag nach dem „Pferdeflüsterer“ in einer Hardcore-Ausgabe gefragt wurde, hatte er vor Schreck seine Kaffeetasse fallen gelassen. Eine Kollegin, die schon seit nahezu zwanzig Jahren in dem Geschäft arbeitete, hatte dem Kunden das Gewünschte in einer Hardcover-Ausgabe überreicht und Ryan milde angelächelt. Da wusste er, dass er sich nicht unbedingt den entspanntesten Beruf der Welt ausgesucht hatte.

Ryan war in Gedanken versunken und blickte erst auf, nachdem die Klingel an der Tür geläutet hatte. Die Frau, die das Geschäft betrat, trug ein schwarzes Kostüm, das schmal, aber dafür umso weiter ausgeschnitten war. Ihre Augen waren hell – von einem beunruhigenden Grauton. Unwillkürlich musste Ryan an ein Filmplakat denken, an dem er eine Zeit lang auf dem Weg zur Arbeit vorbei gelaufen war – „Der Teufel trägt Prada“.

Er grinste über diese Flegelei, wünschte der Dame aber dennoch einen guten Abend. Keine Reaktion. Innerlich seufzte er. Das waren ihm die liebsten Kunden.

Die Frau ging scheinbar ziellos durch die kleine Buchhandlung. Ihr Blick verharrte an keinem Regal länger als ein paar Sekunden. Sie blieb vor dem Fach mit der Aufschrift Fantasy stehen und Ryan wunderte sich ein bisschen. Als sie sich abrupt zu ihm umdrehte, wich er vor Überraschung einen Schritt zurück.

Ryan fing sich aber gleich wieder. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“

Die Frau lächelte und von Nahem betrachtet wirkten ihre Augen sogar noch unheimlicher. „Ich glaube schon“, entgegnete sie. Ihre Stimme war tief und wohlklingend.

„Suchen Sie etwas Bestimmtes?“

„Ich war auf der Suche nach Ihnen.“

Ryan hatte Mühe damit seine Verwunderung zu verbergen. „Nach mir?“

Die Frau nickte. „Wie ist Ihr Name?“

Ryan hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache, dennoch stellte er sich vor. „Mein Name ist Ryan Parker. Und Sie sind?“

„Marguérite“, antwortete sie. Einen Moment lang schaute sie ihn einfach nur an, dann wandte sie sich halb ab. „Ich fürchte, Sie müssen schließen. Wir werden uns jedoch bald wiedersehen. Da bin ich mir ganz sicher.“
 

Seufzend verstaute Ryan den Inhalt der Ladenkasse im Tresor und griff anschließend nach seinem Mantel. Der Tag war ihm unerträglich lang vorgekommen. Verstohlen warf er einen Blick auf sein Handy. June hatte nicht angerufen. Natürlich nicht. Sie machte sich bestimmt noch Sorgen, aber sie war viel zu stolz um Ryan noch einmal um seine Gesellschaft zu bitten. Vermutlich hockte sie gerade in ihrer Wohnung, hatte jede Lampe angeschaltet, saß vorm Fernseher und schaute sich die erste Staffel der Serie „Friends“ an. Bei dem Gedanken musste Ryan lächeln. June versuchte immer sich mit allen möglichen Dingen abzulenken, wenn ihr etwas auf dem Herzen lag.

Ryan löschte das Licht in der Buchhandlung und schloss dann hinter sich ab. Bis auf das klimpern seiner Schlüssel, war nichts zu hören. Etwas beruhigter wollte er sich auf den Weg nach Hause machen, als er Schritte hinter sich vernahm. Rasch drehte er sich um. Da stand sie wieder, die Frau – Marguérite.

„Haben Sie mich aber erschreckt.“

Marguérite zog einen Mundwinkel nach oben. „Verzeihen Sie bitte. Das lag nicht in meiner Absicht. Ich bin nur gekommen, um mich ein wenig mit Ihnen zu unterhalten. Das ist alles.“

Ryan hatte herzlich wenig Lust sich mit der seltsamen Prada-Frau zu unterhalten. „Tut mir leid. Ich habe keine Zeit. Ich muss...“

„Es ist aber nicht höflich, die Bitte einer Dame abzulehnen.“

Über seine Schulter hinweg schaute sich Ryan um. Woher war der Junge so plötzlich gekommen? Er hatte ihn gar nicht gehört.

Der Junge mit den zerrissenen Hosen und der wilden Frisur gesellte sich zu Marguérite. Sein Blick war spöttisch auf Ryan gerichtet.

Marguérite rollte mit den Augen. „Du konntest wirklich keine zehn Minuten abwarten, nicht wahr, Daniel?“

„Du weißt doch, wie ungeduldig ich bin.“

„Ja, und das ist noch eine deiner besten Eigenschaften.“

Voller Misstrauen blickte Ryan zwischen dem ungleichen Paar hin und her. Während er noch überlegte, ob es sich bei den Beiden nun um Drogendealer oder Menschenhändler handelte, trat Daniel einen Schritt auf ihn zu.

Daniel verschränkte die Arme vor der Brust. „Was soll an dem nun so besonders sein?“

„Das weiß ich noch nicht, aber der Orden der Ewigen Nacht wird nicht ohne Grund Interesse an ihm haben.“ Marguérite tat so, als wäre Ryan gar nicht da. „Für gewöhnlich verschwenden die nicht so viel Zeit mit Menschen. Es sei denn, es dient der Nahrungsaufnahme.“

Wenn das ein böser Traum war, dann wollte Ryan ganz schnell aufwachen. Er beschloss den Rückzug anzutreten, solange die Beiden sich noch unterhielten und dadurch abgelenkt waren. Dummerweise bekam Daniel das mit. Sein Gehör musste unglaublich gut sein. Blitzschnell packte er Ryan am Kragen. „Nicht so eilig. Wir sind noch nicht fertig.“

„Ich bin schon lange fertig.“ Ryan befreite sich aus dessen Griff und stieß den Jungen zugleich von sich weg. Ein merkwürdiges Zischen war zu hören. Es klang beinah wie Wasser, das auf eine heiße Herdplatte tropfte.

Daniel selbst stieß ein unmenschliches Fauchen aus und wich im Bruchteil einer Sekunde fünf Meter zurück – beinahe wie ein verschrecktes Tier.

Ryan prallte hart gegen die Hauswand hinter sich. Er kniff die Augen zusammen, weil Sterne davor tanzten und Schmerz durch seine Glieder fuhr. Nur langsam nahm die Benommenheit wieder ab. Vorsichtig schaute er auf.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht hielt sich Daniel den linken Arm.

Skeptisch zog Marguérite eine Augenbraue nach oben. Auch sie schien die Situation noch nicht zu begreifen. „Was machst du für einen Aufstand?“, fuhr sie den Jungen an.

Anstatt einer Antwort zeigte Daniel ihr seinen Arm, auf dem sich eine unschöne Brandwunde gebildet hatte.

Marguérite betrachtete Ryan eingehend. Das Einzige aus Silber an ihm waren seine Ohrringe.

„Er hat mich mit bloßer Hand berührt“, wandte Daniel ein.

„Das ist unmöglich“, widersprach Marguérite.

Daniel wirkte nun fast so trotzig wie ein kleines Kind. „Ich sage die Wahrheit.“

Ryan hatte keine Lust zu erfahren, worauf das Gespräch hinauslief. Er nahm die Beine in die Hand und rannte zu seinem Auto.

Die beiden Gestalten sahen ihm lediglich nach.

„Wir sehen uns wieder“, murmelte Marguérite mit einem versonnenen Lächeln auf den Lippen.
 

Jason schreckte von der Couch hoch, als die Wohnungstür krachend ins Schloss fiel. Er erhob sich gähnend, schaltete den Fernseher aus und ging in den Flur, wo er seinen Bruder fand, der keuchend auf dem Boden hockte. „Was ist denn mit dir passiert?“

Ryan kam etwas wackelig auf die Beine. „Mann, das war der schrägste Abend, seit ich damals mit einem Kumpel ein Tequila-Wettsaufen veranstaltet habe.“

„Geht das auch etwas genauer?“

„Zwei Leute haben mir heute nach der Arbeit aufgelauert. Ein Halbstarker und eine Frau in Prada Pumps“, entgegnete Ryan.

Jason bedachte seinen Bruder mit einem höchst ungläubigen Blick. „Und du bist sicher, dass du nichts getrunken hast?“

„Ganz sicher.“ Ryan winkte ab und ging in die Küche hinüber, um sich ein Glas Wasser zu holen. Verkehrt herum setzte er sich auf einen der Stühle, von denen keiner zum anderen passte. Als Jason ihm schließlich folgte, erzählte er ihm die Geschichte von Anfang an, wobei er kein noch so unglaubwürdiges Detail ausließ.

Geduldig hörte sich Jason alles an, wobei er noch schwankte, ob er Ryan nun glauben oder doch besser einen Arzt rufen sollte. „Das klingt, wie aus einem Horrorfilm“, meinte er letztendlich.

Ryan zuckte mit den Schultern. „Wer weiß, vielleicht sind wir ja mittendrin in einem Horrorfilm.“
 

Fortsetzung folgt...



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Taroru
2009-12-27T17:31:33+00:00 27.12.2009 18:31
so und nu will ich weiter lesen XD
wieso ist daniel zurück gewichen? was ist mit seinem arm? o.O
gott da bin ich wieder verdammt neugierig geworden XD
die bildhaften vergleiche gefallen mir richtig gut ^^ der treufel trägt prada XD der film war klasse, ich konnte mir das jetzt hier richtig vorstellen XD
oder das sie 'friends' gucken würde XD *lach* kann ich mir auch sehr gut vorstellen XD
die wortwahl ist echt klasse ^^
mal von der spannung die aufgebaut wird, abgesehen XD

ich bin nach wie vor begeistert ^^ und will sofort wissen wie es weiter geht XD *lach*
also schreibt schnell weiter XD


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