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Tödliches Geheimnis

Die Legende der geflügelten Rasse
von

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「四回」 ・ Dämon 「Yokai ~ She is really weird」

Kapitel sieben: 「四回」 ・ Dämon 「Yokai ~ She is really weird」
 

Der Nächste Tag brach an. Noriko saß in der Nähe des Lagers und döste an einen Baum angelehnt vor sich hin, als sie daran dachte, wie sie sich vorhin vom Lager davon geschlichen hatte. Niemand hätte merken sollen, dass sie mal wieder eine Nacht lang wach gewesen war. Natürlich war es mittlerweile deutlich sichtbar, dass sie schon seit längerer Zeit wach war, denn unter ihren Augen zeigten sich leichte Ränder, und sie sah auch sonst sehr matt und abgeschlafft aus, wie als ob sie krank gewesen wäre.

Vorhin hatte die Lilahaarige es trotzdem irgendwie ziemlich einfach gehabt, sich vom Lager zu entfernen, da Riku trotz Nachtwache tief im Land der Träume steckte. Während er halb auf Yoshi lag und schnarchte, sprach sie die ganze Zeit nur von Essen und Reisbällchen. Noriko hatte es ernsthaft schwer gehabt, nicht loslachen zu müssen, als sie dieses Bild angesehen hatte.

Nun jedoch war wieder eine schlaflose Nacht vergangen. Sie war es leid, immer wieder in der Nacht durch einen Traum gestört zu werden, da war es ihr schon lieber, wenn sie einfach überhaupt nicht mehr schlafen würde. In der Tat dachte sie die letzten paar Stunden nur über ihre letzten beiden Träume nach. Der zweite war leicht zu durchschauen, sie träumte wahrscheinlich immer noch von jener Nacht, da sie in ihrem tiefsten Herzen daran glaubte, dass alles ganz anders gekommen wäre, wenn sie sich nur mehr angestrengt hätte. Der Traum wollte ihr immer und immer wieder ein schlechtes Gewissen bereiten, und in der Tat hatte er auch ziemlich viel Erfolg damit gehabt. Doch Noriko wollte sich davon erst mal nicht beirren lassen, denn der andere Traum bereitete ihr viel mehr Sorgen. Sie fand es seltsam, dass sie auf einmal einen komplett anderen Traum geträumt hatte. Vor allem war es komisch, da sich Noriko nicht an solche Geschehnisse erinnern konnte. Dieser Traum hatte sich nie im Leben wie ein echter Traum angefühlt, sie hatte eher das Gefühl, dass es jemand vor langer Zeit einmal erlebt hat…doch warum genau dann ausgerechnet sie davon träumen musste…das konnte sie sich allerdings nicht zusammen reimen. Sie hatte aber auch das Gefühl, dass ihr dieser letzte Traum irgendetwas Wichtiges sagen wollte…doch was genau wollte er sagen?

Noriko konnte sich beim besten Willen keinen einzigen Reim daraus machen. Sie seufzte schwer und fuhr sich ein Mal durch ihre Lavendelfarbenen Haare.

Wo sie schon über seltsame Dinge nachdachte…sie wollte unbedingt wissen, warum sie sich körperlich so sehr verändert hatte. Wie hatte sie es angestellt, dass sich ihre eigentlich weißen Flügel plötzlich pechschwarz gefärbt hatten? Warum wurden ihre natürlich blonden Haare Lavendelfarben? Und warum sah sie deswegen nun genauso aus, wie diese Tora?

Je mehr Noriko darüber nachdachte, desto mehr bereitete ihr diese Angelegenheit Kopfschmerzen.

„Hey, warum schon so früh wach No-chan?“, fragte plötzlich eine Stimme neben dem Mädchen. Sie fuhr erschrocken zusammen und sah sich nach der Person um. Neben ihr hockte die grinsende Misa, welche ihr zu winkte.

„Ach, du bist es nur…“, stellte die Jüngere fest und musterte wieder ihre Hände. Misa hob eine Augenbraue.

„Was soll dieses desinteressierte „nur“? Wäre es dir lieber gewesen, wenn dich jemand anderes abgeholt hätte?“, fragte sie leicht beleidigt und drehte sich schnell weg. Die Angesprochene schüttelte schnell ihren Kopf.

„Nein, so mein ich das ja gar nicht…ich hab mich einfach nur erschreckt und nicht mit dir oder jemand anderem gerechnet. Das ist schon alles…“, erklärte sie und fuhr sich noch einmal durch ihre Haare.

„Na, wenn es weiter nichts ist~“, sagte die Blonde und kicherte leise vor sich hin.

„Und jetzt erzählt mal, warum bist du schon so früh wach?“

„Hmm…ich konnte nicht schlafen…“, gab die Lilahaarige zu und sah verlegen zu ihren Händen. Noriko wusste nicht mal, warum sie eigentlich verlegen war, was konnte sie denn bitte dafür, dass ihre Albträume sie nicht ruhig schlafen ließen? Misa sah sie bedauernd an.

„Was denn, schon wieder?“, fragte sie und seufzte leise auf.

//So kann und darf die Sache nicht laufen…wir müssen etwas unternehmen, sie kann nicht die ganze Zeit wach bleiben…//, dachte die Ältere und wuschelte Noriko schnell durch die Haare.

„Mach dir keine Sorgen, und kraus die Stirn nicht so. Wir werden schon irgendwie eine Lösung finden, vertrau mir.“, sagte sie aufmunternd und Noriko musste wohl oder übel leicht lächeln.

„Also…wollen wir Ren wecken gehen?“, fragte Misa und kicherte leise. Noriko hob eine Augenbraue.

„Ja, du hast richtig gehört…der faule Sack pennt immer noch wie ein kleines Kind…“, lachte die Blonde und auch die Jüngere stimmte in ihr Lachen ein, als beide dann schließlich los gingen, immer hin würden sie ein paar Minuten lang laufen müssen, um wieder zu ihren Freunden zu stoßen zu können.
 

In der Tat lag ein gewisser blonder Jemand gerade auf seiner Schlafmatte und lag noch friedlich in seinen tiefsten Träumen. Doch wenn man wirklich glaubte, dass sein Traum gerade friedlich war, dann hatte er sich aber getäuscht…
 

Er stand in einem großen Raum. Wo dieser Ort hier war, konnte er nicht genau deuten, denn nichts kam ihm hier in irgendeiner Weise bekannt vor. Er sah sich etwas um, doch immer noch konnte er nichts entdecken, was ihm auch nur irgendwie bekannt vor kam. Doch als ihm plötzlich ein ziemlich unangenehmer Geruch in die Nase stieg, lief er weiter und stand dann in einem anderen, viel größeren Raum. Und wie es hier nur aussah…

Überall klebte Blut, an der Wand, auf dem Boden, an den zerstörten Möbeln…

Auf dem Boden sah Ren deutlich die Umrisse von drei Menschenleichen. Er konnte von weitem natürlich nicht erkennen, dass die Menschen tot waren, doch als er näher kam, sah er sofort, dass alle drei Körper mit Rissen und Blut übersät waren, und keiner der drei bewegte sich noch in irgendeiner Weise, dass Einzige, was man noch in ihrem Blick erkennen konnte, war die reine Angst vor etwas undenkbaren. Was war hier nur passiert…?

Als er genauer hinsah, konnte der Blonde tatsächlich noch eine weitere Gestalt erkennen. Es schien sich um ein kleines Mädchen zu halten, denn die Umrisse waren zierlich und fein geschnitten. Als er noch näher zum Geschehen kam, schien ihn die Gestalt zu bemerken, und langsam drehte sich das blonde Mädchen um, als…
 

Mit einem heftigen Stoß in den Magen, wurde Ren aus seiner Traumwelt gerissen. Er bewegte sich schnell und rappelte sich sofort auf. Als er sich einigermaßen beruhig hatte, erkannte er vor sich die Gestalt von Yoshi, welche sich neben ihn gehockt hatte, und ihn nun gierig anstarrte. Sie hatte ihm anscheinend eben in den Magen geschlagen…

„WAS IST?!“, fragte Ren, aufgewühlt darüber, dass er eben beinahe etwas Interessantes gesehen hätte. Yoshi vor ihm schien die Ruhe selbst zu sein, in der Tat verhielt sie sich nicht wirklich anders als sonst. Sie tippte ihm mit zwei Fingern auf die Stirn und starrte ihn weiterhin an.

„Hunger. Mach mir was.“, sagte sie ruhig, und erhob sich wieder. Der Blonde seufzte leise und richtete sich ebenfalls auf. Traum hin oder hin, an der Tatsache, dass er den Traum nicht zu Ende sehen konnte, konnte er nun eh nichts mehr ändern, also war er auch nicht irgendwie sauer auf Yoshi. Er ging zu der kläglichen Flamme, die gestern Abend noch ein Lagerfeuer gewesen war, und fing langsam an, etwas für alle zu kochen. Währenddessen sah er einmal rüber zu Riku, welcher gegenüber von ihm noch immer schnarchend schlief, und ein großes Stück Holz umklammerte. Ren fragte am besten gar nicht erst, warum Riku gerade mit einem Stück Holz kuschelte, er würde es sowieso bereuen, wenn er erst mal gefragt hätte…
 

Ein paar Minuten später war er auch schon fertig mit seiner Arbeit. Er verteilte das Essen auf mehrere Portionen, und reichte Yoshi eine davon.

//So nebenbei…wo sind eigentlich Misa und Noriko?//, wunderte er sich in Gedanken. Dann sah er Yoshi gespannt beim Essen zu. Sie setzte sich erst mal ordentlich hin, legte den Teller auf ihrem Schoß ab und nahm dann einen Bissen.

„Na, wie schmeckt das Essen so?“, fragte Ren hoffnungsvoll. Die Rothaarige schluckte, stand dann auf und ging langsam zu Riku herüber, welcher immer noch mit offenem Mund zu schlafen schien. Sie füllte ihm das Essen in den Mund, wodurch der Braunhaarige dann auch aufwachte. Er schluckte ahnungslos, lief von dem Geschmack blau an und kippte schließlich um.

„Kein Kommentar.“, sagte Yoshi und beobachtete Riku beim vermeintlichen Überlebenskampf. Ren kratzte sich entschuldigend am Hinterkopf.

„Ähm, tut mir ehrlich leid…ich dachte, dass Fliegenpilze mit Schnecken gut schmecken würden…“, erklärte er und sah ebenfalls zu Riku, welcher sich anscheinend nicht mehr bewegte. Yoshi piekste ihm ab und zu mal in die Seite.

Noriko und Misa kamen wieder am Lager an. Sie guckten misstrauisch zu Riku rüber.

„Was hat der denn schon wieder? Ist er aufgewacht und er hat festgestellt, dass er nicht von 72 Jungfrauen umgeben ist?“, fragte Misa und kicherte leicht.

„Das wäre auch gar nicht möglich, Riku-kun ist kein Märtyrer…“, erklärte Noriko und beäugte ihn genau.

„Naja…vielleicht doch.“, gab sie zu und ging dann Ren entgegen.

„Ne, er wollte keinen Selbstmord begehen…ich hab nur gekocht ^.^“, erklärte Ren und grinste peinlich berührt. Misa starrte ihn an.

„Was? Ist das dein Ernst? Was hat er dir denn getan, wolltest du ihn umbringen?“, fragte sie vollkommen schockiert und lief zu dem halbsterbenden Jungen.

„Jetzt komm mal runter, ganz so schlecht koche ich nun auch nicht…“, sagte Ren beleidigt.

„Und ob…“, murmelte Misa leise und rüttelte dann etwas an Riku rum. Noriko’s Magen knurrte. Schnell rannte sie zu Ren und nahm sich ebenfalls etwas zu Essen.

„Oh man, ich hab nen Mordshunger, ich würde sogar welche von diesen komischen Pilzen essen!“, sagte sie und lächelte Ren an.

„Hey, werden mir diese Sachen immer nachgetragen?“, fragte er grinsend und dachte an das letzte Mal, als er solche seltsamen Pilze gegessen hatte. Noriko nahm etwas von dem Essen und steckte es in ihren Mund.

„NEEEEEEEEEEEEIN! Tu es nicht! Du wirst es noch bereuen!“, schrie Misa, doch die Jüngste zuckte nur mit ihren Schultern und schluckte runter. Alle Blicke lagen auf ihr, als Noriko’s rechtes Auge leicht zuckte. Sie rührte sich nicht, bis sie dann ebenfalls umfiel.

„Upps…“, sagte Ren und kratzte sich am Hinterkopf. Misa kam angerannt und haute ihn mit voller Wucht auf den Hinterkopf.

„Au! Brutalo! AUUUUU~“, schrie Ren, als Misa vor Wut ein zweites Mal zugehauen hatte. Die Blonde polierte ihre Faust.

„Ich sagte doch, dass ich dir verboten habe zu kochen!“, sagte sie wütend und ging zurück zu Riku. Ren zuckte kurz mit seinen Schultern.

„Ich hab halt vergessen, dass ich schlechter koche als ein sterbender Waschbär…“, meinte er entschuldigend.

//Der immer mit seinen seltsamen Vergleichen…//, dachte Yoshi still und sah zu Misa, welche neben Riku in die Hocke ging, und anfing, an ihm herum zu rütteln.

„Das wird nichts bringen…“, sagte Yoshi leise und stach mit einem dünnen Ast in Riku’s Bauch. Misa schien zu überlegen.

„Vielleicht kann ich ihn ja wachküssen!“, schlug sie voller Begeisterung vor und grinste schelmisch.

„Das ist Schwachsinn.“, sagte Ren und schmiss die Überbleibsel seines sogenannten „Essens“ weg. Doch Misa gab mit ihren Ideen nicht auf, und so beugte sie sich zu Riku’s rechtem Ohr und flüsterte etwas hinein. Sofort sprang der Braunhaarige auf.

„Wo ist ein nacktes hübsches Mädchen?“, fragte er begierig und mit geröteten Wangen. Ren konnte darüber nur den Kopf schütteln.

„Warum erzählst du ihm so einen Mist?“, fragte er an Misa gewandt.

„Ist doch egal, Hauptsache es hat geklappt, oder?“, fragte sie grinsend und stand wieder auf. Ren seufzte. Langsam packten alle ihre Sachen zusammen, denn sie wollten so schnell wie möglich weiter reisen, um heute noch in Daikoku anzukommen. Riku sah zweifelnd zu Noriko.

„Glaubt ihr, dass sie in den nächsten paar Minuten noch wach wird?“, fragte er skeptisch und kniete sich zu ihr. Misa zuckte mit ihren Schultern.

„Keine Ahnung. Wenn nicht, kann einer von euch sie tragen?“, fragte sie und packte die Matten zusammen. Riku schien nachzudenken. Er legte Zeigefinger und Daumen an sein Kinn und grinste.

„Oh oh…was kommt jetzt?“, fragte sich Ren verzweifelt.

„Was wäre, wenn wir sie einfach wachküssen würden?“, fragte er von sich selbst überzeugt, und wiederholte so Misa’s Idee von vorhin. Misa kicherte und sah zu Ren rüber, welcher sich eine Hand an die Stirn schlug.

„Bin ich hier nur von Idioten umgeben?“, fragte er und sah zum Himmel hinauf. Riku unterdessen näherte sich grinsend Norikos Gesicht. Zeit für Ren, um sich nun einzumischen. Schnell rannte er zu den beiden und haute Riku weg. Dann nahm er Noriko hoch und trug sie so, während Riku schmollend ein paar andere Sachen trug.

„War doch nicht ernst gemeint…“, sagte er und grummelte leise vor sich hin.

„Sicher ist sicher!“, murmelte Ren und Riku kicherte leise.
 

Als Noriko nach zwei Stunden endlich erwachte, verschwamm alles vor ihren Augen.

„Na, endlich aufgewacht?“, fragte Misa und Noriko sah sie fragend an. Als sie dann bemerkte, dass sie getragen wurde, starrte sie verwundert in das Gesicht von Ren. Dieser grinste ebenfalls.

„Yo!“

Knallrot sprang die Jüngste von Ren’s Arm runter. Sie sagte nichts mehr, sie ging einfach nur still neben Yoshi durch den Wald. Nach einiger Zeit räusperte sie sich einmal kurz und richtete das Wort an Riku, welcher einen Kompass in der Hand hielt.

„Also, wie lange brauchen wir noch, bis wir am Kiseki-See sind?“ Riku starrte den Kompass an.

„Hmm…also…wenn wir nach Norden gehen…in etwa 3 Wochen, aber dafür müssten wir die Welt umkreisen, also vielleicht doch eher 5 Monate…wenn wir nach Westen gehen, kommen wir…zurück zu unserem Lager. Jetzt hab ich‘s, wenn wir nach Osten gehen-“, fing Riku an zu erklären, doch Noriko nahm ihm den Kompass weg.

„Sag mal, hat dir ernsthaft niemals jemand beigebracht, wie genau man einen Kompass benutzt?“, fragte sie ernsthaft und sah ihn besorgt an. Doch Riku grinste nur leicht.

„Natürlich weiß ich, wie man einen Kompass liest! Wenn der rote Zeiger nach Norden zeigt, muss man genau 34,64674 Meter nach rechts gehen, und dann Richtung Süden, dann kommt man im Osten wieder raus!“, erklärte er und strich sich seinen nicht vorhandenen Bart zurecht.

„Was genau hast du da gerade erzählt?“

„…keine Ahnung, aber es hörte sich gut an, oder?“, fragte er hoffnungsvoll. Die Lilahaarige seufzte leise. Dann ergriff Misa schnell den Kompass.

„Hmm…wenn wir dieser Karte vertrauen können, dann müssten wir in etwa zehn Minuten da sein.“, sagte sie, und deutete auf den Kiseki-See, welcher einen großen Teil der Karte einnahm.

Und sie hatte mit ihrer Einschätzung Recht gehabt, es waren nur circa zehn Minuten vergangen, und man konnte geradeaus schon die Umrisse des Sees erkennen.

„Klasse!“, freute sich Noriko, und sie lief mit Yoshi an der Hand dem See entgegen. Die anderen drei kamen ihnen nachgelaufen. Zu fünft standen sie am Ufer und keiner schien als erstes durchgehen zu wollen. Der Grund dafür war ganz logisch…eigentlich…

„Okay, dann gehe ich als erstes, immerhin wollen wir ja nur nach Daikoku, weil ich diese komischen Albträume habe…“, erklärte Noriko sich freiwillig und sie ging ins warme Wasser des Sees.

„Aber No-chan…du weißt, dass du noch etwas tun musst, um auf die andere Seite zu gehen, oder?“, fragte Ren und machte ein leicht besorgtes Gesicht.

„Kein Problem für mich…“, sagte die Jüngste und winkte ab. Dann zog sie ihren Kimono ein Stück weiter nach oben, und ganz oben an ihrem Oberschenkel blitzte ein kleiner Dolch. Ren und Riku sahen schnell weg, da sie nicht Misa’s Zorn spüren wollten.

„Bist du sicher, dass du das willst? Wir können immer noch umdrehen, und-“

„Ja, ich bin mir sicher!“, sagte Noriko schnippisch, dann ergriff sie das Ende des Dolches und zog ihn aus seiner Halterung. Verglichen mit den Schmerzen, die sie immer hatte, wenn sie ihre Flügel hervorholte, war dieser Schmerz beinahe gar nichts. Und von ihren Worten überzeugt, rammte sie sich den Dolch in ihren Unterarm, und ein paar Tropfen ihres Blutes tropften in das klare Wasser. Sie zog den Dolch heraus und steckte ihn wieder zurück. Ihre Wunde glühte leicht bläulich, dann schloss sie sich sofort wieder und nichts war zu sehen.

„No-chan…wie hast du das jetzt gemacht?“, fragte Ren und sein Mund stand leicht offen. Noriko lächelte schief.

„Ich hab doch Heilfähigkeiten, bei solchen Wunden muss ich sie gewöhnlich nicht einsetzten, diese Wunden heilen ganz von alleine. Bei größeren Wunden allerdings, muss ich dann die Initiative ergreifen.“, erklärte die Lilahaarige und lächelte etwas. Ren nickte leicht mit dem Kopf.

Unter Noriko begann der See zu brodeln, er kochte beinahe. Es stiegen jede Menge Luftblasen und Lichtpartikel auf, und das Wasser färbte sich türkisblau – Es schien etwas zu leuchten. Noriko ging noch weiter in den See, bis sie fast nicht mehr stehen konnte. Ren und die anderen folgten ihr langsam, bis jeder in der Mitte angekommen war. Nun schloss die Jüngste unter ihnen die Augen und murmelte stumm ein paar Wörter vor sich hin.
 

Dann war es Zeit, sich von Kagami-koku zu verabschieden, denn es würde noch eine Weile dauern, bis unsere Freunde wieder hier hin zurückkehren würden.

Einer unter ihnen würde sogar nie wieder zurück kehren können, doch davon ein anderes Mal…
 

Sie hatte die Luft angehalten, um nicht nervös zu werden, während sie ein Fluss aus magischem Wasser umhüllte und direkt in die andere Welt transportierte. Es dauerte nicht lange, vielleicht höchstens ein paar Sekunden, und der Mantel aus dem Wasser verzog sich, während die fünf Freunde ihre Augen öffneten.

Alles sah genauso aus, wie in Kagami-koku, ihrer Heimat. Derselbe See, die gleichen Bäume, die gleiche Luft…

Die Winged Race hatte ihre Heimat beabsichtigt „Kagami-koku“ genannt, denn übersetzt in die heutige Sprache bedeutete es nichts anderes, als „Spiegel-Land“. Dieses Spiegelland sah tatsächlich ganz genau so aus wie Daikoku, der einzige Unterschied bestand in der Bevölkerung.
 

Als Noriko sich zuerst innerlich weigerte, ihre Augen zu öffnen, hatte das einen ganz speziellen Grund. Während ihrer Reise durch den Kiseki-See hatte sie eine schreckliche Vorahnung gehabt. Sie hatte zwar nur Bruchteile von Sekunden Zeit gehabt, um über solche Sachen überhaupt nur nachzudenken, doch trotzdem war ihr der Gedanken gekommen, dass dieser Traum, den sie neulich zum ersten Mal gehabt hatte, vielleicht sowas wie eine Vorhersage sein sollte. Vielleicht sollte er sie davor warnen, nach Daikoku zu kommen, weil mit ihr sonst genau das Selbe geschehen sollte, wie mit der Person in ihrem Traum. Und für einen Moment schien es ihr so, als hätte sie tatsächlich das leise Geräusch eines Pfeiles wahrgenommen…nur für einen winzigen Augenblick war sie kurz zusammen gezuckt, ohne, dass es jemandem aufgefallen war.
 

Die Lilahaarige hatte nun auch nicht mehr länger Zeit, um über ihren kurzen Gedanken nachzudenken, denn alle fünf wurden durch einen lauten Aufschrei aus der Fassung gebracht.

„Was war das?“, fragte Misa sofort. Ihre Stimme hatte einen leichten Unterton von Angst.

„Keine Ahnung…Glaubt ihr, dass da gerade jemand angegriffen wird?“, fragte Riku.

„Nein…das hörte sich nicht wie ein Hilfeschrei an…“, fing Ren an und überlegte. Noriko stimmte ihm zu.

„Es hörte sich mehr wie ein Kampfschrei an. Meiner Meinung nach findet hier ganz in unserer Nähe ein kleine Kampf statt…“, teilte sie den Anderen ihre Gedanken mit und die fünf betraten das Ufer des Kiseki-Sees.

„Aber aus welcher Richtung kam der Schrei?“, fragte Misa. Die Jüngste dachte nach, die Situation nahm in ihrem Kopf erneut Gestalt an, und…

„Da entlang!“, sagte sie laut und zeigte in eine Richtung, etwas nördlich von ihrem genauen Standpunkt.

„Worauf warten wir dann noch?“, fragte Ren und grinste Noriko an. Sie weitete ihre Augen.

„Nein, bitte nicht, neeeein!“, schrie sie, als Ren seine Flügel hervorholte, Noriko an sich zog und dann abhob, während Riku, Misa und Yoshi den beiden sofort folgten.

Es dauerte nicht lange, und von weiter unten konnte man einen erneuten Aufschrei hören.

„Da unten muss es sein!“, rief Ren und er setzte zum Sturzflug an. Die anderen folgten ihm sofort, und keine drei Sekunden waren vergangen, als die fünf auf einer Lichtung gelandet waren. In einer Reihe stellten sie sich auf – Ganz rechts Ren, lässig die Arme verschränkt. Neben ihm die zerzauste Noriko, welche nicht ganz bei der Sache zu sein schien. Daneben stand Misa, welche Riku davon abbrachte, Yoshi noch näher zu kommen, als er es eh schon war.

„Sei doch kein Spielverderber!“, quengelte er, als Misa ihm eine geklatscht hatte. Ganz deutlich zeichneten sich ihre Finger auf seiner linken Wange ab. Misa schenkte ihm noch einen tödlichen Blick, dann war er auch schon wieder still.

„Und wo ist jetzt der Kampf?“, fragte Noriko und lief etwas hin und her. Plötzlich schoss etwas keine 50 Zentimeter von ihr entfernt an ihr vorbei – Es war ein Pfeil, wie die Soldaten sie benutzten. Von links kam eine ganze Truppe von den Soldaten. Sie liefen jemandem hinterher, doch wer genau es war…das konnte man aus der Entfernung noch nicht erkennen. Erst als die drei Gestalten noch näher kamen, sahen sie, dass es drei Menschen waren.

„Hey, die gehören zur Winged Race!“, bemerkte Riku und zeigte auf die Flügel, die bei jedem am Rücken hervorschauten. Tatsächlich waren es Leute von der Winged Race. Die drei hoben vom Boden ab, einer schrie laut „Weg da!“, und eine große lila Flutwelle ergoss sich über die Lichtung. Die Freunde handelten schnell und hoben ebenfalls vom Boden ab. Die Welle verschluckte alle Soldaten, obwohl es wirklich viele gewesen waren. Und als sie sich schließlich verzogen hatte, mussten die fünf genauer hinschauen, damit sie begreifen konnten, was genau da gerade passiert war:

Die komplette Lichtung war von der „Welle“ überflutet worden, jetzt standen nur noch ein paar mickrige Pflänzchen und der ganze Grasboden war zerstört worden.
 

„Was war das?“, fragte Misa und landete wieder auf dem Boden.

„Tut mir leid wegen der Umstände…“, sagte eine Stimme. Direkt neben Misa landete ein großer, schwarzhaariger Junge. Er hatte wohl eben gesprochen. Neben ihm landete dann ein kleines blondes Kind, und neben ihr stand ein regloses Mädchen, mit silbergrauen Haaren. Erneut entschuldigte sich der Junge, dann grinste er Misa an und erklärte die Situation:

„Tut mir leid, dass das eben so heftig gelaufen ist…Wir drei sind versteckt durch Daikoku gereist, um etwas über den Krieg herauszufinden, als wir plötzlich von den ganzen Soldaten angegriffen wurden, und so weiter…“, sagte er und grinste wieder.

„Ach, das macht doch nichts!“, winkte Misa ab und strahlte.

//Was ist denn mit der los?//, fragte sich Ren und hob eine Augenbraue. Doch der schwarzhaarige Typ machte keine Pause, und so redete er direkt weiter:

„Mein Name ist Ryoko, aber nenn mich Ryo, das ist irgendwie cooler. Sag mal, Schätzchen, wie ist dein Name?“, fragte Ryoko und lächelte charmant.

„Ähm…ähmm, ich bin Mi-misa“, stammelte sie und wurde leicht rot. Sie hatte irgendwie schon immer eine kleine Schwäche für Männer gehabt, darüber musste Noriko leicht schmunzeln.

„Ähm, kannst du mir vielleicht verraten, was du da gerade mit den Soldaten gemacht hast?“, stotterte Misa verlegen weiter und begutachtete die große Verwüstung, die der Junge eben mit dieser lila Welle angerichtet hatte. Ryoko grinste leicht und kratzte sich am Hinterkopf.

„Ach das…das ist eigentlich nichts besonderes für mich, hat etwas mit meiner speziellen Fähigkeit zu tun…“, erklärte der Junge und die Freunde staunten nicht schlecht.

„Wahnsinn…und was hast du für eine spezielle Fähigkeit?“, fragte Ren und richtete so zum ersten Mal das Wort an einen der drei.

„Ich kann mit meinem Körper Gift produzieren. Ich habe Unmengen davon zur Verfügung in meinem Körper, und das eben war eine „Gift-Welle“, eine meiner stärksten Attacken. Zuerst wusste ich noch nicht genau, wie genau ich die Soldaten besiegen sollte, doch als ihr dann aufgetaucht seid, hatte ich dann einen Grund, um diese Attacke zu verwenden.“, sagte der Schwarzhaarige und zwinkerte Misa zu. Diese wurde dunkelrot und kicherte lustig. Noriko zwickte ihr in die Seite.

„Reiß dich mal zusammen, da kann man ja kaum noch zusehen.“, meinte sie, doch Misa winkte nur ab.

Als Ryo dann zu Noriko schaute, grinste er noch breiter und stand dann plötzlich vor ihr.

„Hallo meine Schöne, darf ich dich zum Baden einladen?“, fragte er, und Noriko hob eine Augenbraue.

„Bitte was willst du?“, fragte sie verwundert, doch da hatte der Schwarzhaarige schon Yoshi gesehen.

„Oh, noch so eine Schönheit! Verzeihen sie mir, Madame, dass ich sie nicht schon eher entdeckt habe!“, sagte er und machte einen kleinen Knicks, während er sich Yoshi’s Hand näherte, und ihr einen kleinen Kuss drauf drückte. Riku stellte sich vor die Rothaarige und räusperte sich.

„Entschuldigung, könntest du das bitte lassen?“, fragte er und versuchte vergebens, so nett zu klingen, wie nur möglich. Plötzlich sprang das kleine blonde Mädchen auf Ryo’s Rücken und kniff ihm in’s Ohr.

„Na, siehst du, deswegen haben wir nie Freunde, du dämlicher Weiberheld!“, sagte sie und zog einmal an dem Ohr.

„AUUUU~ Tut mir leid AAUU~ Rin, aber du darfst erst Kommentare abgeben, wenn AUUU~ du so größe Brüste wie die da hast!“, redete sich der Junge raus und piekste mit seinem Zeigefinger in Yoshi’s Oberweite. Sie sah teilnahmslos zu seiner Hand, während Riku nur die Augen weitete und sein Kiefer bis zum Boden fiel. Yoshi packte Ryo’s Hand, griff sehr fest zu und drehte seinen Arm herum. Ein lautes Knacken ertönte, und das Opfer sprang drei Meter weg.

//Die ist gruselig…//, stellte er fest und pustete einmal. Das stumme Mädchen hinter den beiden Neuankömmlingen hatte noch gar nichts gesagt, doch nun kam sie einige Schritte nach vorne und stellte sich neben Ryo.

„Was gibt’s, Yoko-chan?“, fragte er und lächelte sie an. Sie nahm seinen Arm hoch und begutachtete die Verletzung. Dann sah sie ihn wieder fragend an.

„Ähm, keine Sorge, dass tut nicht mehr weh.“, erklärte Ryo, als könnte er die Gedanken des Mädchens lesen. Noriko sah zu Ren.

„Weißt du, was mit der los ist?“, fragte sie, doch Ren konnte nur leicht den Kopf schütteln. Misa unterdessen schubste Riku beiseite und zog ihre Karte hervor.

„Jetzt mal ein anderes Thema, kennt ihr euch hier zufällig aus?“, fragte sie und hielt Ryoko die Karte entgegen. Dieser nahm sie an sich.

„Klar, ich wohne hier schon seit fast fünf Jahren!“, sagte er stolz und grinste. Misa verdrehte leicht die Augen.

//War doch klar, dass so ein süßer Typ so seltsam drauf ist…//, dachte Misa und seufzte innerlich. Ryoko studierte die Karte.

„Wohin wollt ihr denn, wenn ich fragen darf?“, säuselte er vor sich hin und drehte die Karte in alle Himmelsrichtungen.

„Wir suchen nach Nori-chan’s Haus. Sie weiß nicht mehr, wo genau es ist, was ich eigentlich merkwürdig finde, immerhin hat sie die ganze Zeit hier gewohnt, und-“

„Erzähl du mir nichts über Orientierung Riku, du hast dich an einem Tag schon öfter verlaufen, als ich in meinem ganzen Leben.“, winkte Noriko ab, und unterbrach den Braunhaarigen dabei. Ryo drehte noch immer die Karte herum.

„Und, hast du irgendeine Ahnung, in welcher Richtung das Haus ungefähr lag, oder ob irgendwas auf dieser Karte hier vielleicht in der Nähe ist?“, fragte der Schwarzhaarige und hielt die Karte verkehrt herum. Das Mädchen, welches Yoko hieß, nahm ihm die Karte ab und drehte sie richtig herum.

„Danke Yoko-chan~“, sagte der Junge und grinste leicht peinlich berührt. Noriko sah hoffnungslos zu Ren. Dieser zuckte mit seinen Armen.

„Ähm, in der Nähe war ein sehr großer Vulkan…ich habe ziemlich in der Nähe von diesem Dorf da gewohnt…“, erklärte sie weiter. Ryoko nickte und sah sich die Karte genauer an.

„Okay, der Karte nach ist…genau hier der Vulkan. Und das Dorf heißt…Kuzan…Karun…ähm…“, fing der Junge an, doch offensichtlich hatte er einige Schwierigkeiten beim Lesen des Namen’s des Dorfes. Yoko haute ihm auf den Kopf.

„Da steht Kazan-Mura“, sagte sie in einer Stimme, welche gleichzeitig desinteressiert und ruhig klang. Das war das erste Mal, dass dieses Mädchen überhaupt etwas gesagt hatte. Ryoko kratzte sich erneut am Hinterkopf.

„Natürlich, vielen Dank Yoko-chan~“, sagte er.

„Also, das Dorf heißt offensichtlich Kazan-Mura und liegt in der Nähe von…hmm? Wie viele Vulkane sind das denn? Die Karte ist an der Seite abgebrannt…“, erklärte der Junge und zeigte die Karte Yoko. Sie nickte nur stumm.

„Ich weiß…die Karte hab ich von meiner Schwester bekommen, es war die Einzige, die sie damals noch auftreiben konnte…“, sagte Noriko und nahm die Karte wieder an sich.

„Aber ist es nicht eigentlich total egal, wie viele Vulkane da stehen?“, fragte das kleine Mädchen, welches vorhin Rin genannt worden war, und sie zupfte aufgeregt an Ren’s Oberteil. Er sah zu Riku, der zuckte mit seinen Schultern.

„Ich denke schon, dass es unwichtig ist, aber vielleicht konnte man dahinten noch etwas anderes erkennen…“, erklärte Misa und sah Noriko über die Schulter. Diese zuckte ebenfalls mit ihren Schultern, und damit war die Sache dann gegessen.

„Okay, wenn das Haus also irgendwo dort in der Nähe steht, sollten wir uns vielleicht dort hin auf den Weg machen. Und wenn wir erst mal in die Gegend kommen, erinnert sich No-chan ja vielleicht an irgendetwas…“, sagte Ren, und die anderen vier nickten. Ryoko, Rin und Yoko verabschiedeten sich.

„Es war nett, euch mal kennen gelernt zu haben. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder!“, sagte Ryo und schickte an alle drei Mädchen einen Luft Kuss. Misa wurde rot, Yoshi rührte sich nicht und Noriko verdrehte nur ihre Augen, dann gingen sie weiter. Noriko drehte sich noch einmal um und stellte überrascht fest, dass Yoko stehen geblieben war, und sie interessiert anstarrte. Ihre offensichtlich dunkelroten Augen musterten sie genau. Die Lilahaarige lächelte sie an, das Mädchen presste ihre Lippen zusammen und drehte sich um. Was sollte das jetzt eben?

„Also, ich fand die nett~“, sagte Riku, um die anhaltenden Stille zwischen den fünf Freunden zu brechen. Misa drehte sich zu ihm um.

„Das lag nur an dem hübschen Mädchen, welches Ryo-kun begleitet hat, oder?“, fragte sie und grinste leicht. Riku, welcher sich leicht ertappt fühlte, sah schmollend zur Seite, und Ren und Nori mussten lachen.

„Und schon ist alles wie vorher~“, sagte die Lilahaarige glücklich.
 

Es war schon spät geworden. Nachdem sich die fünf auf den Weg zu Noriko’s Haus gemacht hatten, wussten sie, dass es noch ein paar Tage dauern würde, bis sie dort angekommen sein würden. Die Hauptsache war aber erst mal, dass sie überhaupt in die Nähe der Gegend kommen würden. Wahrscheinlich lauerten überall Soldaten und Verräter der Menschen, die irgendwelche Leute für Geld verrieten, zum Beispiel, wenn sie in der Vergangenheit mal einem Mitglied der Winged Race geholfen hatte. Deshalb entschlossen sie sich dazu, erst mal ein Lager aufzustellen, da es schon ziemlich dunkel war.

Noriko und Misa kümmerten sich um das Essen, Yoshi packte ihre Schlafmatten aus und Ren und Riku kümmerten sich um das Lagerfeuer.

„Perfekt!“, sagte Ren, als sie alle zusammen um das Feuer saßen und ihr Abendessen zu sich nahmen.

„Sagt mal…“, begann Ren dann, als alle schon zur Hälfte mit ihrem Essen fertig waren.

„Kamen euch die drei von heute Mittag nicht auch irgendwie unheimlich vor?“, fragte er und biss von seinem Reisbällchen ab.

„Ich fand es komisch, dass diese Yoko nie etwas gesagt hat. Sie schien uns irgendwie nicht wahrzunehmen…was meint ihr?“, meinte Noriko und schaute in die Runde. Riku hob die Augenbrauen.

„Nur weil sie nicht so viel sagt, muss sie doch noch lange nicht seltsam sein…Ich meine, guckt euch doch mal Yoshi an. Sie sagt nie etwas, außer, wenn sie mal wieder Hunger hat. Und sie finden wir ja schließlich auch nicht seltsam, versteht ihr, was ich meine?“, erklärte der Älteste und verschlang seinen letzten Bissen. Yoshi nickte.

„Ich bin nicht seltsam…“, sagte sie mit ihrer ruhigen Stimme.

„Und das ist auch gut so.“, meinte Misa und gab ihr den letzten Rest ihrer Reisbällchen.
 

Es wurde noch später, und so langsam waren alle ziemlich müde und abgeschlafft von der langen Reise. Misa lag neben Noriko und beide sahen sich lange schweigend an.

„Glaubst du, dass wir die noch mal treffen werden?“, fragte Misa nach einer Weile. Noriko seufzte.

„Keine Ahnung…aber ich wäre irgendwie ganz froh, wenn dem nicht so wäre. Wer weiß, was die noch so für Ziele haben…Nachher sind sie noch irgendwelche Verräter oder sowas in der Art…“, meinte sie und legte sich mit dem Rücken auf ihre Matte. Misa tat es ihr gleich.

„Denkst du an einen bestimmten Typ Verräter? Zum Beispiel einer, wie der, der deine Eltern verraten hat?“, fragte die Blonde und Noriko sah sie überrascht an.

„Neulich, als du diesen Albtraum hattest, war ich nachts noch wach. Ich hab mich über dich gewundert, da du die ganze Zeit geschrien hast. Du hast irgendwas von deiner Familie geschrien, von einer Miyuki, und…naja, sowas eben…“, erklärte die Ältere. Noriko atmete einmal ruhig aus. Es erinnerte sie wieder daran, warum sie sich gerade in Daikoku befanden. Es erinnerte sie wieder an ihre Schwester, die noch immer als verschwunden galt…

Ob sie inzwischen wohl tot war?

…Nein, sie durfte nicht so negativ denken…aber in dieser Hinsicht konnte sie einfach nicht anders…
 

„Noriko?“ Noriko schreckte aus ihren Gedanken.

„Hmm?“, fragte sie. Sie war nicht ganz bei der Sache.

„Ich hab dich gerade etwas gefragt.“, sagte Misa und betrachtete sie unruhig. Die Lilahaarige strich sich ein paar Haare aus der Stirn und entschuldigte sich.

„Tut mir leid, ich bin…nur etwas aufgebracht…“, stammelte sie und knabberte an ihrem Fingernagel herum. Die Blonde seufzte.

„Ich merk schon…aber du musst dich damit abfinden, wenn du dich nicht zusammen reißt, bist du sehr angreifbar. Falls tatsächlich so ein Verräter auftauchen sollte, dann bist du ein leichtes Fressen für ihn. Lass dich gefälligst nicht unterkriegen, okay?“, sagte Misa und lächelte Noriko warmherzig an. Sie lächelte zurück, und dann drehte sich die Blonde zum Schlafen um.
 

Misa hatte Recht. Noriko durfte sich nicht so leicht von ihren Gefühlen leiten lassen. Sie musste sie in eine imaginäre Schublade stecken, diese abschließen, und dann, wenn niemand gerade da war, könnte sie sie dann aufschließen, und ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Es brachte absolut gar nichts, wenn sie ihren Freunden etwas vorheulen würde.

Aber jetzt waren diese Zeiten vorbei! Sie würde sich nicht mehr unterkriegen lassen! Sie würde jetzt stark sein, und es den anderen auch beweisen! Und wenn sie erst mal bei ihrem zu Hause sein würde, würde sie auch endlich einen Grund für Miyuki’s Verschwinden finden.

Zuversichtlich drehte sich nun auch Noriko um, sodass sie schlafen konnte. Misa, die mit dem Rücken zu ihr lag, spürte, dass Noriko irgendwie positiver war, als noch vor ein paar Augenblicken, und mit einem warmen Gefühl im Bauch und einem breiten Lächeln auf dem Mund, schlief sie wenig später ein.
 

Keine zwei Stunden später wachte Noriko schweißgebadet wieder auf. Sie richtete sich sofort auf. Schon wieder ein Albtraum…

Als sie ein nicht sehr schönes Gefühl in sich spürte, atmete sie erst mal tief ein und aus, dann verschloss sie ihre Gefühle und stand rasch auf. Misa und Yoshi schliefen noch, Ren und Riku saßen am Lagerfeuer und redeten irgendetwas. Die beiden waren heute mit der Nachtwache dran, aber sie erledigten ihre Arbeit nicht sehr genau – Noriko bemerkte einen Moment später auch wieso:

Als sie den beiden einen Moment zuhörte, merkte sei, dass beide schwer betrunken waren. Doch darüber wollte die Lilahaarige nun nicht nachdenken, sie langte nach ihrem Kimono und lief etwas weiter vom Lager weg.

Sie setzte sich nun auf einen umgestürzten Baum und zog die Beine an ihren Körper. Noriko strich sich einige verschwitzte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie dachte über ihren Traum nach.

//Schon wieder…immer und immer wieder…warum? Warum macht mich dieser Traum so fertig?//, dachte sie unglücklich, und unbewusst öffnete sie das Schloss zu ihren Gefühlen. Das unangenehme Gefühl von vorhin schlich sich in ihren Kopf, und sie spürte eine Welle der Frustration.

Sie war traurig darüber, dass sie ihre Familie nicht schützen konnte.

Sie war verletzt, da sie immer und immer wieder denselben Traum träumen musste.

Sie war enttäuscht, da sie es einfach nicht schaffte, ihre Ängste zu besiegen.
 

Ein paar Tränen kullerten. Warum? Warum war sie so unglaublich aufgewühlt? Dieser Traum war doch keine Neuigkeit in ihrem Leben…doch warum machten sie diese Träume immer wieder aufs Neue so schrecklich fertig?

Die Lilahaarige erhob sich und strich sich ihre Tränen weg. Sie wollte so unglaublich gerne einmal in ihrem Leben stark sein. Doch das konnte sie nicht, wenn die Schublade mit ihren Gefühlen überzulaufen schien. So konnte es nicht weitergehen…sie musste mit jemandem darüber reden…doch mit wem?

Mit wem hätte sie über so etwas geredet?
 

Miyuki…
 

Wo war sie, wenn man sie mal brauchte?
 

Richtig…
 

Wie in Trance sah Noriko in eine bestimmte Richtung. Sie wusste nicht wieso, aber irgendetwas zog sie wie magisch dorthin.

Vielleicht lag es daran, dass sie seit mehreren Tagen nicht mehr ordentlich geschlafen hatte, doch so langsam glaubte sie wirklich, dass sie bald durchdrehen würde.

Ihre Vermutung wurde unterstützt, als sie auf einmal etwas anderes spürte. Etwas Schlimmes…
 

Sie rannte los, sprang über kleine Büsche und Steine. Ein Mal fiel sie hin und schürfte sich das Knie auf. Doch sofort rappelte sie sich auf und lief weiter. Irgendetwas stimmte nicht, und irgendetwas war wirklich sehr seltsam…nur was?

Warum hatte sie so eine schreckliche Vorahnung? Lag es an dem schwachen Schrei, den sie nur wenige Augenblicke später hören konnte?

Oder lag es daran, dass sie auf einmal dieses Mädchen von vorhin weinen hörte? Sie ging durch ein paar Blätter, ging an ein paar dichten Bäumen vorbei, und…
 

Das saß sie…

Sie schien zu weinen, und sie schien nicht wirklich sie selbst zu sein, doch Noriko erkannte sie wieder.

Die Silbergrauen Haare…

Die zierliche Gestalt…

Das konnte nur diese Yoko sein…

Sie, die sie ihr unheimlich war, weil sie sich so seltsam verhalten hatte.
 

Noriko trat auf einen Ast, und sofort drehte sich das Mädchen um. Ihre tiefroten Augen schienen irgendwie zu glühen, und sie sahen nicht gerade freundlich aus.

„Wer ist da?“, fragte eine Stimme, die so kalt und unheimlich war, dass sie gar nicht zu dem Mädchen ihr gegenüber passen wollte.

„Ähm…ich bin es…Noriko…wir sind uns vorhin begegnet…“, erklärte die Jüngere und ging mit erhobenen Händen auf das verstörte Mädchen zu. Sie stand schnell auf.

„Halt! Nicht bewegen!“, sagte sie kalt und strich sich ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Noriko bewegte sich aus Angst nicht mehr weiter. Yoko kam langsam auf sie zugelaufen – Ihre roten Augen musterten sie interessiert.

„Du bist…“, fing sie an, und kam noch näher. Ein kalter Schauder lief ihren Rücken hinunter, als sie die süßlich kalte Stimme von Yoko hörte. Kalter Angstschweiß lief ihren Nacken hinunter und sie musste schwer schlucken.

„Ich bin…?“

„Du bist…wie ich~“, sagte sie, noch immer benutzte sie diese abscheuliche Stimme. Das Mädchen mit den silbergrauen Haaren stand nun genau vor ihr.

„Dachte ich es mir doch~ Du bist…tatsächlich wie ich."
 

„Wie meinst du das?“, fragte Noriko weiter. Noch immer war sie vor Angst wie gelähmt, dabei wusste sie nicht einmal, warum dieses Mädchen, welches sie heute Mittag nicht mal beachtet hatte, sich plötzlich so komplett anders verhielt.

Doch dann fiel ihr wieder ein, wie Yoko sie am Ende gemustert hatte. Sie hatte plötzlich irgendwie interessiert gewirkt. Und ihre Augen hatten sie regelrecht vor Neugier verschlungen…hatte es etwas damit zu bedeuten, wie sie sie gerade anstarrte?
 

„Ich meine…dass du auch etwas in dir trägst…“, erzählte das Mädchen und holte Noriko somit wieder zum Boden der Tatsachen zurück. Sie schluckte erneut. Was meinte sie damit?

Du trägst auch etwas in dir~

Was trug sie auch in sich?

Was wollte dieses Mädchen von ihr?

„Schau mich nicht so fragend an…ist dir nie aufgefallen, dass du dich manchmal an bestimmte Uhrzeiten nicht mehr erinnerst, was du dann getan hast? Ist dir nie aufgefallen, dass deine Freunde mal erzählt haben, dass du dich jemals anders als sonst verhalten hast?“, fragte Yoko, und lächelte leicht. Aber es war kein angenehmes Lächeln, es war eins, voller Kälte, einfach nur grässlich. Noriko‘s Herz pochte, als würde etwas in ihrem Inneren Yoko antworten wollen. Yoko lächelte abschätzend.

„Es ist wahr…du trägst auch ein Monster in dir~ Zwar nicht so eines, wie ich es besitze, aber deins wird noch früh genug schlimmer werden…“, sagte das Mädchen vor ihr, und ihre roten Augen glühten durchdringender, als jemals zuvor.

„Ich…in mir trage ich kein Monster!“, stritt Noriko alles ab, denn sie wollte nicht zugeben, dass sie tatsächlich manchmal nicht wusste, was sie wann genau getan hatte. Und Miyuki hatte ihr früher schon oft ängstlich gesagt, dass sie sich manchmal sehr seltsam verhalten hätte… Sollte das alles jetzt Sinn ergeben?
 

NEIN!
 

Sie schüttelte heftig ihren Kopf und biss sich auf die Unterlippe.

„Du kannst es ruhig abstreiten, aber tief in deinem Inneren weißt du, dass ich recht habe…und es weiß es auch.“, sagte Yoko und lachte kalt. Dann ging sie ganz dicht an der Lilahaarigen vorbei.

„Solltest du mir jemals wieder begegnen, und sollte ich dann herausgefunden habe, dass du jemandem von unserem kleinen Treffen erzählt hast, wirst du es ganz sicher noch bereuen…“, hauchte die Silberhaarige an ihr linkes Ohr. Als Noriko sich noch einmal umgedreht hatte, war sie verschwunden…

Was sollte das alles bedeuten? Was genau meinte sie mit einem Monster? Sollte das alles etwas mit ihrem zweiten Ich zu tun haben?

„Ganz schön verwirrend, oder?“, fragte eine Stimme hinter ihr.

„Das kannst du laut sagen…“, antwortete Noriko und seufzte. Plötzlich weiteten sich ihre Augen. Wer zum Teufel hatte da gerade mit ihr gesprochen? Sie schluckte. Warum kam ihr diese Stimme nur so furchtbar bekannt vor? Langsam drehte sie ihren Kopf zur Seite. Ihre Augen weiteten sich noch mehr.

„Hallo, lang nicht mehr gesehen, No-chan.“, sagte die Stimme freundlich.

„Miyuki?!“

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Nächstes Kapitel: 「真実」 ・ Wahrheit 「Shinjitsu ~ I want to talk to you」



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Shaytan
2010-01-21T16:00:25+00:00 21.01.2010 17:00
ryo- kun is ja so wie sanji, da muss ich immer wieder schmunzeln, hihi!
is das jetzt echt ihre schwester? da stimmt doch was nicht, ganz und gar nicht!
Von: abgemeldet
2010-01-21T15:21:04+00:00 21.01.2010 16:21
aaaaaaaahhhhhhhhhhhhhhhhhhh !!

ich liebe yoko♥
scary, creepy, etc. <3

mann, du musst echt mal weiterschreiben^^

ld♥


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