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A Bullet For You

Mafiosi, Dämonen, Bandenkriege - und Naruto mittendrin! [Trailer online]
von

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Die Ahnherren der Dämonen

In der Tür stand ein Junge mit blutrotem, kurzem Haar. Seine leblosen Augen schienen alle vier Personen in dem Zimmer gleichzeitig und doch keinen von ihnen zu mustern. Er trug einen maßgeschneiderten, edlen Anzug, doch sein Kragen war umgeschlagen, sein Hemd hing ihm zum Teil aus der Hose und die Bänder seiner teuren Lackschuhe baumelten lose von seinen Füßen.

Naruto erkannte ihn wieder. Er hatte plötzlich wieder jenen furchtbaren Abend vor Augen, an dem er in der dunklen Seitengasse zu sich gekommen war, von Blut und Regen durchnässt, nachdem der Dämon die Kontrolle über ihn übernommen hatte. An dem Tag hatte er zum ersten Mal in diese toten Augen geblickt. Was hatte der Junge noch zu ihm gesagt? Die Erinnerung daran war verwaschen, er erinnerte sich noch genau an die Stimme, sogar an die Worte … aber irgendwie ergaben sie keinen Sinn. Oder aber, sein Verstand weigerte sich einfach, sie zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzusetzen, denn Orochimarus nächste Worte erschreckten ihn zutiefst.

„Welch eine Ehre, dass Ihr uns besucht, Meister.“

Naruto fuhr zu ihm herum. Orochimaru hatte sein Grinsen nicht eingebüßt, aber ein Schweißtropfen glitzerte auf seiner blassen Wange.

Und dann ertönte die emotionslose Stimme des Jungen, die Naruto aus seiner Erinnerung noch so gut kannte und die ihm aus irgendeinem Grund die Nackenhaare aufrichtete.

„Orochimaru. Du wirkst überrascht.“

„Ein wenig“, räumte der Gangsterboss ein. „Ich hatte nicht damit gerechnet, dass Ihr hier sein würdet.“

Naruto schwindelte. Dass Orochimaru so respektvoll mit diesem Jungen sprach … es schien geradezu absurd. Und wäre Orochimaru nicht ein bloßer Mensch gewesen … Nein, auch das stimmte nicht. Man hörte deutlich heraus, wie schwer es ihm fiel, vor dem Jungen zu katzbuckeln. Wäre er annähernd mächtiger gewesen, hätte er ihre Rollen liebend gern vertauscht. Naruto wusste längst, wer der Junge war.

„Hast du etwa geglaubt, du könntest einen von meinem Blute in dein Anwesen schmuggeln, ohne dass ich es spüre?“

„Ich habe mir wenig dabei gedacht“, meinte Orochimaru. „Hätte ich Euch über sein Kommen informieren sollen?“

Der Junge schüttelte den Kopf und fixierte Naruto mit seinem Blick. „Nun bin ich ja hier. Und er auch.“

„Ähm …“, machte Naruto. „Was soll das heißen, von deinem Blute?“

Der Junge schwieg eine Weile. Dann sagte er: „Ich sagte es dir doch bei unserer ersten Begegnung. Wir sind einander ähnlich. So ähnlich, wie sich eineiige Zwillinge unter Menschen sind, genauso ähnlich sind unsere Bestien einander. Sie … Wir sind Geschwister.“

„Jiroubu“, sagte Orochimaru spröde. „Steh nicht nur herum, sondern bring dem König eine Erfrischung.“

Der Halbdämon wollte davoneilen, aber der Rotschopf stoppte ihn mit einer Handbewegung. „Du wolltest ihn benutzen, um mich zu töten, Orochimaru“, stellte er fest, klang dabei aber kein bisschen brüskiert.

„Es beschämt mich, dass ich Euch Grund gebe, mir zu misstrauen“, sagte Orochimaru. „Ich habe die Stadt in Eurem Namen immer gut verwaltet.“

„Das hast du. Du hast immer genau das getan, was ich wollte. Selbst jetzt.“

Naruto zwang sich, dem Blick des anderen standzuhalten. „Also bist du wirklich …?“

Der Junge nickte. Er hatte noch kein einziges Mal geblinzelt. Seine Pupillen waren blassgrün. „Du kannst mich Gaara nennen. Man kennt mich in Akuma Gakure aber eigentlich nur unter der Bezeichnung Dämonenkönig.

Naruto schluckte. Das war er also, der Feind, gegen den er seine ganzen Kräfte richten sollte. Das Monster, das die Stadt knechtete und Orochimaru unverdiente Macht über das Schicksal ihrer Bewohner verlieh. Kimimaros finales Ziel.

„Ich spüre, dass du mit mir kämpfen willst“, sagte Gaara und legte den Kopf schief. „So soll es auch sein. Auch ich habe auf diesen Tag gewartet. Als ich dich auf meinem Streifzug auf der Straße sah, habe ich überlegt, dich herauszufordern. Aber deine Kraft war geschwächt. Dein Wille war noch nicht erwacht – dein Wille, über diese Stadt zu herrschen. Du hattest noch nicht lange genug die Luft von Akuma Gakure geatmet.“

„Aber … ich will die Stadt doch gar nicht beherrschen!“, rief Naruto.

Gaara verzog keine Miene. „Bist du sicher? Willst du nicht deinen Freunden helfen und diese Stadt zu einem besseren Ort machen? Mit Gewalt Veränderung erzwingen? Meine Ideale stürzen und deine eigenen darüber stellen? Ist das nicht dasselbe wie zu herrschen?“

„Du bist ein Tyrann“, murmelte Naruto.

„Den Tyrannen siehst du hier.“ Gaara nickte in Orochimarus Richtung. „Er war der schnellste Weg, jemanden meiner Geschwister zu finden.“

„Geschwister? Heißt das … es gibt noch mehr wie … uns?“ Naruto konnte es immer noch nicht glauben, dass der Dämonenkönig ihn irgendwie mit sich auf eine Stufe stellte.

„Mehrere. Du weißt noch wenig über unsere Herkunft. Wie nennen dich die Menschen, nebenbei?“

„Na…ruto“, hörte sich Naruto wie von selbst murmeln.

Gaara nickte. „Du und ich und unsere Geschwister, wir entstammen derselben Urmaterie. Dieselbe Materie musste erst noch in den Elementen dieser Welt reifen, um andere Dämonenrassen hervorzubringen. Das ist die Geschichte hinter der Existenz der Dämonen, Naruto. Wir sind das Urgeschlecht, aus dem alle anderen Dämonen abstammen.“

„Ich verstehe das nicht …“ Naruto sah hilflos zu Chiyo. „Ich bin doch noch gar nicht so alt … Was bedeutet das?“

Die alte Frau senkte den Kopf. „Ich habe dieselbe Geschichte schon gehört. Die Urmaterie, aus der letztlich alle Dämonen bestehen, gab es schon, seit diese Welt existiert. Ähnlich wie Menschen aus Zellen und einer DNA gebaut sind, entstehen Dämonen auch aus einer bestimmten Energiequelle. Dämonische Energie, könnte man sagen. Sie ist in unserem Universum verteilt wie die Materie, die wir kennen und zum Teil sehen können – Kohlenstoff, Licht, Sauerstoff, alles, was ist. Die dämonische Energie konzentriert sich manchmal an gewissen Orten in der Welt und kristallisiert. Diese Kristallisationen sind die Dämonenessenzen, die dann den Kern eines vollständigen Dämons bilden.“

„Die dämonische Energie lässt sich, ähnlich wie die uns bekannte Materie, auf eine Art Urknall zurückführen“, ergänzte Orochimaru ungefragt. „Es scheint einen einzigen Energiekern gegeben zu haben, der sich am Anbeginn der Zeit in eine bestimmte Anzahl von Essenzen gespaltet hat. Sie waren die allerersten greifbaren Ansammlungen dämonischer Macht. Und durch diese Abspaltung strahlten diese Essenzen erst die Energie ab, die notwendig war, um weiteres dämonisches Leben zu erschaffen.“

Gaara nickte. „Du scheinst sehr weit in die Vergangenheit zurückgeforscht zu haben, Orochimaru.“

Orochimaru lächelte. „Ich war schon immer neugierig.“

„Und diese ersten Essenzen, von denen alle anderen abstammen … das sind wir?“, fragte Naruto ungläubig.

Gaara legte eine Hand auf seine Brust. „Die Dämonen in uns. Anders als jüngere Dämonen können unsere Dämonen nicht ohne einen Wirt leben. Im Laufe der Jahrtausende muss es viele Menschen gegeben haben, die solche urtümlichen Dämonen in sich getragen haben. Sie werden nicht krank und ihre Verletzungen heilen vergleichsweise schnell. Aber wenn sie nicht in Kontakt mit anderer dämonischer Energie kommen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie niemals erwachen.“

„Also wäre das … Ding in mir gar nicht zum Vorschein gekommen, wenn ich nicht nach Akuma Gakure gekommen wäre?“ Naruto warf Chiyo einen vorwurfsvollen Blick zu. Orochimaru lachte nur heiser, während sie seinen Blick nachdenklich erwiderte.

„Dämonen ziehen Dämonen an. Sie kämpfen gegeneinander, versuchen sich zu verschlingen, wollen einander beherrschen. Darum gibt es in Akuma Gakure auch so viele davon“, sagte Orochimaru. „Ich habe noch nicht herausgefunden, woher die Halbdämonen kommen. Vielleicht sind sie Nachkommen von gemischt menschlichen und dämonischen Eltern, oder sie sind einfach eine schwächere Unterart der richtigen Dämonen.“

„Oder die ersten Halbdämonen wurden künstlich erschaffen. So, wie du es tun willst“, sagte Gaara. „Ich kenne bereits all deine Pläne, Orochimaru.“

Während der Gangsterboss nicht ganz sein zuversichtliches Lächeln wahren konnte, war Narutos Mund ganz trocken geworden. „Und dein Plan sieht auch vor, dass wir … einander begegnen sollten, sobald ich …“

„Sobald du so weit bist. Sobald du deinen Dämon akzeptierst, ihn kennst und ein Verlangen hegst, etwas zu verändern“, sagte Gaara. „Das ist der Unterschied zwischen uns. Mir ist das Schicksal dieser Stadt gleichgültig. Du trägst den Willen in dir, es zu verändern. Willenskraft ist wichtig für einen Dämon. Sie definiert seine innere Stärke. Und darum will ich mit dir kämpfen.“

Orochimaru öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Gaara unterbrach ihn sofort wieder.

„Du hast deine Aufgabe erfüllt, Orochimaru. Ich brauche dich nicht mehr. Naruto und ich werden uns vereinen und dann weitersehen, wie wir den nächsten unserer Geschwister herlocken.“ Er hob die Hand. Orochimaru wollte etwas erwidern, aber nur ein ersticktes Krächzen entrang sich seiner Kehle, denn plötzlich fiel die Wand hinter ihm auseinander.

Woraus auch immer die Mauer bestand, ob es nun Beton oder gewöhnliches Mauerwerk war, es zerbröckelte, wurde regelrecht pulverisiert, und wie grauer Sand schossen winzige Kügelchen auf Orochimaru zu, hüllten ihn wie in einem Wirbelsturm ein und drängten dann mit einem Knall aneinander. Orochimarus Körper wurde binnen Sekundenbruchteilen von einem Sandsturm zerquetscht. Die grauen Körnchen saugten sich an seinem Blut rot und fielen dann als klumpige Masse zu Boden. Nur Orochimarus Kopf war nicht in dem Wirbel gefangen gewesen. Er plumpste auf den roten Sandhaufen, der Mund immer noch geöffnet, die Augen voller Unglauben.

Chiyo seufzte erschrocken auf, Jiroubu knurrte und riss seine Schrotflinte in die Höhe, erinnerte sich dann aber daran, wen er hier vor sich hatte.

Gaara tötete ihn dennoch.

Diesmal stob eine Wolke aus grauem Staub von der Decke des Raumes, hüllte den massigen Leib des Halbdämons ein und zermalmte ihn mit der gleichen Härte wie Orochimarus. So waren Meister und Diener, so unterschiedlich sie auch waren, denselben traurigen, augenblicklichen Tod gestorben.

Naruto war zurückgeprallt. Eine solche kaltblütige Macht erschrak ihn bis in sein Innerstes. Und sein Innerstes jauchzte gierig auf, als es diese Kraft spürte.

„Er … war doch dein Untergebener? Deine rechte Hand?“, brachte er heraus. Ihm war, als wäre auch seine Zunge mit Staub bedeckt, so trocken und klumpig fühlte sie sich an.

Gaara ließ die Hand sinken. „Orochimarus einziger Zweck war es, meine Geschwister herzulocken. Um große Dämonen aufzutreiben, muss man große Dinge tun. Ich beschloss, mich zum Oberhaupt dieser Stadt zu machen, in der es viele Dämonen gibt, die ihrerseits starke Dämonen anlocken. Ich gab diesem Mann die Macht, an meiner Stelle hier zu herrschen. Ich ließ jeden wissen, dass ein mächtiger Dämon ihn beschützte. Das und einige wenige Demonstrationen meiner Stärke reichten schon. Er verschaffte sich Respekt und eine Armee aus Gangstern und knechtete die Stadt. Das war alles dazu da, um jemanden wie dich herzubringen, Naruto. Irgendwann würde einer aus demselben Urgeschlecht wie ich in die Stadt kommen. Und er würde meine Macht nicht hinnehmen, sondern mich herausfordern. Wobei es zum größten Teil dennoch dir zu verdanken war, das er hierhergefunden hat.“ Gaara nickte Chiyo zu, die leichenblass geworden war.

„Du hast diese Stadt in Leid und Chaos gestürzt, um deine Geschwistern anzulocken?“ Naruto konnte es nicht fassen. „Weswegen das alles? Was bist du nur für ein …“ Fast hätte er Mensch gesagt. Er hätte wohl kaum gründlicher daneben liegen können.

„Wie gesagt, mir ist das Schicksal dieser Stadt gleich. Ich suche meine Geschwister, seit ich um meine Herkunft Bescheid weiß. Nun habe ich dich gefunden. Und wir werden eins werden. So wie Dämonen einander schon immer gegenseitig beherrschen, werden wir ein Wesen werden.“

Das ist alles?“, platzte es aus Naruto heraus. Die Wut, die der Schock gedämpft hatte, war wieder da. „Das steckt hinter deiner Schreckensherrschaft?“

„Wie gesagt hat Orochimaru geherrscht. Ich habe nur gewartet, dass jemand kommt, der das ändern will. Jemand, der sich mächtig genug fühlt, um mich herauszufordern.“

„Dann bin ich also mächtig genug?“, knurrte Naruto. „Fein. Wirklich, wirklich toll. Also kämpfen wir, und der Sieger unterwirft den Verlierer.“

Gaara nickte. „So ist es uns vorherbestimmt. Wir können gar nicht anders, als uns gegenseitig zu verschlingen. Das Urgeschlecht der Dämonen muss wieder eins werden. Wir werden unser Bewusstsein verschmelzen und ein neues Wesen werden.“

Narutos Finger zuckten. Er spürte, wie seine Fingernägel und Eckzähne wuchsen.

„Überleg es dir gut, Naruto“, sagte plötzlich Chiyo. „Wenn du mit ihm verschmilzt, dann ist es egal, wer nun wen besiegt hat. Ihr seid zwei so mächtige Wesen, dass ihr hinterher nicht mehr ihr selbst sein werdet.“

„Dafür musst du bereit sein“, sagte Gaara. „Das ist es, was Dämonen tun.“

„Aber wenn ich gewinne, dann kann ich dir meinen Willen aufzwingen, oder?“, fragte Naruto. „Und genau das werde ich tun, echt jetzt! Ich werde dafür sorgen, dass diese Stadt wieder in Ordnung kommt!“

„Das steht dir frei“, sagte Gaara. „Aber ich werde immer ein kleiner Stachel in unserem gemeinsamen Bewusstsein bleiben. Nein, ich werde  ein Teil unseres Bewusstseins sein. Wir werden unsere Entscheidungen immer zu zweit treffen, ob dir das nun bewusst ist oder nicht. Ich werde Mitbestimmungsrecht haben, egal was passiert, die Frage ist nur, wie viel. Und du kannst dir sicher sein, dass wir weitere Geschwister von uns anlocken werden. Vielleicht in einer heilen Stadt. Aber ich glaube, wenn wir erst eins sind, wird dir Akuma Gakure nichts mehr bedeuten.“

„Weil die Stadt dir nichts bedeutet und unsere Gedanken verschmelzen?“, fragte Naruto fauchend. „Ich hab genug davon gehört. Ich spüre ja selbst, wie sehr das Ding in mir gegen dich kämpfen will.“ Naruto grub seine Fingernägel in seinen Brustkorb, wo ein glühendes, feurig-wütendes Herz pochte. „Eine wirklich gute Freundin von mir hat mal gesagt, dass ich ein guter Mensch bin. Ich werde einfach darauf vertrauen, dass ich das auch bleibe, selbst wenn du in meinem Kopf herumspukst!“

Er legte all seine Willensstärke hinter diesen Gedanken, und als er ihn derart auf Gaara warf, spannte der rothaarige Junge zum ersten Mal all seine Muskeln an. Und als ob ein Verschluss vor den dunklen Seiten ihrer beider Seelen aufgeschnappt wäre, brachen die Untiere aus ihnen hervor, und keiner der beiden hielt sich mehr zurück.

 

Ein Blitz war das Erste, das sie sahen – nein, es waren sogar zwei, zwei simultane Lichtsäulen, von denen man nicht sagen konnte, ob sie in den Hügel mit Orochimarus Anwesen einschlugen oder daraus hervorbrachen. Die Schattenwölfe hielten den Atem an.

Dann explodierte der ganze Hügel.

In einem Farbenspiel aus Rot, Orange und Gelb zerbarst die Hügelkuppe, als wäre an der Stelle ein Vulkan ausgebrochen. Schutt und Erdreich wurden meilenweit davongeschleudert und gingen wie ein Trümmerregen über dem Stadtteil nieder.

Und als sich die gewaltige Staubwolke ein wenig gelegt hatte, sah man anstelle des Hügels zwei riesige, tierische Kreaturen miteinander ringen.

Sakura hielt die Luft an. Hinata stieß einen Schrei aus und klammerte sich an Ino. Die meisten anderen standen einfach nur da, unfähig sich zu rühren. Shikamaru ließ sein Funkgerät fallen.

„Was … was ist das?“, schnappte Temari nach Luft.

„Dämonen.“ Das war wohl das Einzige, was Shikamaru dazu einfiel.

Ich glaube, Kimimaros Plan ist aufgegangen“, murmelte Sakura, doch sie konnte sich nicht darüber freuen. Stattdessen hatte sie plötzlich schreckliche Angst. Warum hatte sich Naruto nur auf so etwas eingelassen? Das konnte doch kein gutes Ende nehmen!

„Was denn? Was genau hat er denn nun vorgehabt?“, rief Kiba aufgelöst.

„Den Dämonenkönig zu stürzen“, erklärte sie mit zitternder Stimme. „Mit Narutos Hilfe.“

„Hä? Wie das? Dann sind diese Dinger da vorne …“

Sakura nickte fahrig. Es gab keinen Zweifel. Naruto hatte immer von einer Fuchsform gesprochen, wenn er seinen Dämon beschrieb. Eines der Wesen, die den Hügel zerschmettert hatten, war eindeutig ein Fuchs – ein orangeroter, riesengroßer Fuchs mit struppigem Fell und neun Schwänzen. Er war so groß, dass man seine roten Augen bis hierher leuchten sah. Das andere Wesen war schwieriger zu identifizieren. Sein Körper war vielleicht mit Fell bedeckt, aber es konnte auch genauso gut roher Fels sein – die Farbe hätte dafür gesprochen. Ein blaues Muster überzog es, und seine Form erinnerte vage an einen Waschbär oder Tanuki. Ein langer, dicker Schweif peitschte über Dutzende von Metern über den Boden. Sakura konnte sich nur einen Dämon vorstellen, der so plötzlich in so großer Form erscheinen konnte.

Sie ignorierte die überraschten Rufe und das Fragengewitter ihrer Freunde, wirbelte herum und stürmte aus dem Raum. Alle zwölf Stockwerke lief sie hinab und merkte kaum, wie ihre Knie zu schmerzen begannen, als sie immer zwei oder gleich drei Stufen auf einmal nahm.

Sie wusste nur, dass sie dorthin musste. Naruto kämpfte gegen den Dämonenkönig, er hatte es tatsächlich zu ihm geschafft … Und Sakura spürte irgendwie, dass das ein Fehler war. Dass sie hier etwas geweckt hatten, das man besser auf ewig hätte ruhen lassen sollen. Sie konnte nicht sagen, woher sie diese Gewissheit nahm, aber sie wusste einfach, dass etwas Schreckliches geschehen würde, wenn dieser Kampf nicht sofort aufhörte.

 

Naruto versank in einer Grube aus flüssigem Feuer. Sein ganzer Leib brannte, stand in Flammen … oder bestand aus Flammen, auch das hätte ihn nicht überrascht. Er sah die Welt durch die Augen eines Untieres, sah die Kraft seines Gegners pulsieren, sah alles rötlich und verzerrt durch Hass, Wut und Blutdurst. Hier war ein Gegner, den er besiegen musste. Er musste ihn verschlingen, sich seine Macht einverleiben. Was kümmerte es ihn, wenn ihr Bewusstsein dabei verschmolz? Hauptsache, er mehrte seine Macht. Wer brauchte schon Identität? Er wäre mächtig genug, die ganze Stadt auf einen Schlag auszulöschen!

Gleichzeitig erkannte er etwas. Aus dem Strudel von Gedanken, bei denen er seine eigenen nicht mehr von denen seines Dämons auseinanderhalten konnte, schälte sich nach und nach eine ganz bestimmte Empfindung hoch, die für den Kampf irrelevant war und sich vielleicht gerade deshalb festhalten ließ. Nämlich dass Gaara selbst nicht böse war. Er hätte die Stadt längst dem Erdboden gleichmachen können, wenn er gewollt hätte. Er hatte die Wahrheit gesagt – ihm lag nichts am Leben der Stadtbewohner, aber auch nichts an ihrem Sterben. Naruto spürte eine Sehnsucht in den Augen des Wesens, das ihm gegenüberstand, die er gut nachempfinden konnte. Die Sehnsucht nach einem Teil von ihm, der abhanden gekommen war. Und die Gier, die ihn mit Gewalt in sich zurückreißen würde.

Die beiden riesenhaften Dämonen zertrampelten fast beiläufig die kläglichen Ruinen von Orochimarus Anwesen zu ihren Füßen. Ihre gewaltigen Leiber zertraten Straßen und Autos wie Würmer und Ameisen. Naruto wusste, dass dort unter ihnen kaum noch jemand lebte – er spürte sogar, wie mehr und mehr winzige Lebensflammen im Schatten seines eigenen, lodernden Feuers verglommen. Chiyo war gestorben, als sie sich verwandelt hatten. Orochimarus Privatarmee hatte der Vulkanausbruch bis zur Hälfte dezimiert. Und das Sterben ging weiter. Und am schlimmsten war, es fachte Narutos Kampfeslust nur noch mehr an.

Sie hatten einander umklammert, jeder packte die Pranken des anderen, ihre Krallen waren ineinander verschränkt. So rangen sie miteinander, fauchten sich an, brüllten dem jeweils anderen ihre Wut ins Gesicht.

Naruto fand es plötzlich gar nicht mehr so schlimm, mit Gaara zu verschmelzen. Er war schon jetzt nicht mehr er selbst. Was zählte mehr, ein neuer Körper oder der alte, ausgediente, schwache Geist?

Stück für Stück, Meter für Meter merkte Naruto, wie er Gaara zurückdrückte. Der Dämonenkönig hatte recht gehabt. Ihre Kräfte waren tatsächlich  ausbalanciert, aber Naruto besaß den stärkeren Willen. Er würde diesen Kampf gewinnen. Und danach doch seine Persönlichkeit verlieren und vielleicht sogar der nächste Tyrann werden.

So ist es, grollte eine Stimme in seinen Gedanken. Sie kam nicht von seinem eigenen Dämon – dessen Gedanken waren längst seine eigenen. Er hörte Gaaras innere Bestie. Sie waren schon im Geiste verbunden. Wir werden alles tun, um auch noch die anderen unserer Geschwister zusammenzutreiben. Wir werden uns einen neuen Herrscher für das suchen, was von dieser Stadt übrig sein wird, wenn wir fertig sind. Oder wir ziehen selbst los und machen uns auf die Suche. Wie wir uns auch entscheiden, die Jagd nach unseren Geschwistern wird unser Leben prägen.

Du hast recht, wusste Naruto. Wer auch immer von uns gewinnt, wir sind beide die Sieger. Es ist kein Kampf, es ist ein Ritual. So wie man zwei Schneebälle aneinanderdrücken muss, damit sie ein größerer Ball werden. Wir gehören zusammen.

Als er dies dachte, öffnete Naruto sein Fuchsmaul und sammelte seine dämonische Energie darin. Auch der Waschbär ließ vor seinem Maul eine dunkle Kugel erscheinen, und als sich die beiden berührten, gab es eine Explosion, die sie beide fast auseinandergerissen hätte.

 

Die Straße erbebte und Deidara wurde beinahe von der Ladefläche des Jeeps geschleudert. In einer Welle zersplitterten sämtliche Fenster in allen Stockwerken in der Allee, durch die sie gerade fuhren. Auch die gepanzerten Scheiben der Jeeps zersprangen in tausend Stücke, und Deidara wurde kurz darauf von einer unsichtbaren Macht getroffen, die ihm fast das Bewusstsein raubte. Ohne zu bemerken, wie, war er auf die Ladefläche gesunken. Blut lief ihm aus der Nase und den Ohren und ihm war speiübel.

„Was war das?“, murmelte der Weiße Richter neben ihm, ein recht junger Kerl namens Suigetsu. Die Wagen hatten kurz gestoppt und fuhren nun unsicher weiter. „Alles in Ordnung?“, rief Anko zu ihnen nach hinten.

„Deine Sorge ist rührend, hm“, sagte Deidara halbherzig.

„Also alles in Ordnung. Schade“, meinte sie.

Deidara sah auf die kämpfenden Giganten, die von hier aus gut zu sehen waren. Er fragte sich, wann sie ihn gehen lassen würden. Vor zehn Minuten hatten sie Kimimaros und Sasukes Leichen gefunden. Deidara wollte es sich selbst nicht eingestehen, aber er war schockiert gewesen, den Knochenkopf tot zu sehen. Immerhin war er ein ziemlich verlässlicher Kamerad gewesen und dazu kein allzu übler Kerl. Aber so war das Leben. Oder eben der Tod.

Jetzt galt es noch, dass er selbst wieder irgendwie lebend hier herauskam. Und das Ziel ihrer Jeepreise war dem nicht gerade förderlich. Anko bestand darauf, dass sie gegen diese Dämonen kämpften. Natürlich wusste sie, dass einer davon der Dämonenkönig sein musste, aber sie hatte gemeint, es wäre ihre Pflicht.

Verdammte Fanatiker.

 

Sakuras Finger schwitzten so sehr, dass sie es nicht schaffte, die Autotür zu knacken. Genervt stöhnend schnappte sie sich einen verwaisten Metallstuhl aus einem Café und zertrümmerte das Fenster auf an der Fahrertür.  Sie drückte die übrigen Splitter aus dem Rahmen. Das Auto hatte an den Innenseiten der Türen kleine Stifte, die sie entriegelten. Sie zog den Stift auf ihrer Seite in die Höhe und stieg ein.

Fast meinte sie vergessen zu haben, wie man eine Zündung kurzschloss, aber nach einigen Fehlversuchen sprang der Motor an. Sakura wendete schwungvoll und stieg dann kräftig aufs Gas.

Sie musste verrückt sein, in den tobenden Hexenkessel zu fahren, der die beiden Dämonen waren. Die schwarze Energieexplosion von vorhin hatte den Himmel über ihnen pechschwarz gefärbt – obwohl gar keine Wolken zu sehen gewesen waren. Es war, als hätten sie die Wolken selbst erzeugt … oder eher pure Düsternis, die sich über die Stadt legte. Hin und wieder sah man in der dicken Schwärze rotes Wetterleuchten.

Naruto, ich weiß, du hast immer gefürchtet, dich an deinen Dämon zu verlieren, dachte Sakura und biss sich auf die Lippen. Bitte, sei noch du selbst, wenn ich ankomme.


Nachwort zu diesem Kapitel:
... und im nächsten Kapitel: Das fette Finale von ABFY :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Blue_StormShad0w
2016-03-03T16:28:03+00:00 03.03.2016 17:28
Ui, ui, ui!!!
Jetzt geht echt die Post ab!
Hoffendlich gewinnt Naruto, aber wird er dann wirklich noch er selbst sein?
Die wahren Hindergründe warum Naruto nach Akuma Gakure gehen sollte, waren echt überraschend, ebenso das Gaara - den hatte ich völlig vergessen gehabt - der Dämonenkönig ist.
Echt überraschend.
Ich werde mir das letzte Kapitel entweder heute Abend oder erst Morgen lesen. Mal sehen. Bin aber schon echt gespannt, auf das große Finale.
Also, bis dann erst mal, ciao!
Von:  fahnm
2016-02-23T22:03:40+00:00 23.02.2016 23:03
Spitzen Kapitel
Antwort von:  UrrSharrador
01.03.2016 13:41
thx mal wieder^^ das Letzte kommt gleich online^^


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