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Shards

At the End of Nightfall ... no one will be safe ... [Trailer online]
von

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Baptized in Fire

Paris, Frankreich

Dienstag, 31. Juli 2007

22:03 Uhr
 

Gedankenverloren rührte Sora mit dem kleinen Früchtespieß in ihrem Cocktail herum. Sie hatte den Kopf auf eine Hand gestützt und ließ – wieder einmal – die Seele baumeln.

Auf das La Liberté, einem schmucken, modernen Lokal in einem Außenbezirk von Paris, passte die Bezeichnung klein, aber fein, als wäre sie eigens dafür erfunden worden, um dieses Etablissement zu beschreiben. Sora war seit ihrer Ankunft in Paris vor etwa einer Woche fast jeden zweiten Abend hier, und fast immer war sie beinahe die einzige Besucherin. Dabei war das Lokal gar nicht so unangenehm: Die Theke, die Fensterbretter und sogar die Töpfe der zahlreichen, menschengroßen Zimmerpflanzen waren mit gedämpften blauen und grünen Neonlichtern bestückt, die sie wie Linien durchzogen und das Lokal in angenehmes, ruhiges Dämmerlicht tauchten. Der einzelne Barkeeper, ein hagerer Mann mittleren Alters mit dünnem, eingeringeltem schwarzem Schnauzbart und stets schwarzweißem Frack, polierte Gläser mit derselben Gemächlichkeit, mit der er Cocktails mixte und manchmal auch mit seinen Gästen plauderte. Er sprach nur Französisch, aber bisher hatte Sora noch jeden Drink bekommen, den sie bestellt hatte, und sich auch, was andere Dinge anging, verständigen können.

Eine Wand des La Liberté bestand bis auf einige Betonverstrebungen komplett aus getöntem Glas, durch das man nach draußen auf die Straße sehen konnte, die selbst zu dieser Stunde noch belebt war. Das dunkle Glas schirmte das aufdringliche Licht der Straßenlaternen zum Großteil ab. Die Atmosphäre war ebenfalls eine ruhige; aus einer Jukebox kam leise Musik.

Kurz gesagt, das La Liberté war der beste Ort, um nach einem anstrengenden Tag abzuschalten, und genau deswegen hatte Sora es wieder einmal ausgewählt, um hier gemütlich einen Drink zu nehmen.

Was nichts daran änderte, dass sie hier einsam war.

Auf große Menschenansammlungen konnte sie ihn ihrem momentanen Gemütszustand zwar verzichten; die Stille des Lokals war ihr lieber als ein weiteres Zusammentreffen mit einem französischen Don Juan, der nicht nur sie, sondern auch sich selbst unwiderstehlich fand und nicht kapieren wollte, dass sie bereits vergeben war. Aber …

Sora seufzte. Dass Matt ihr fehlte, war auch ein Grund für ihre anhaltende Melancholie. Und dass es noch mindestens zwei Wochen dauern würde, bis sie sich wiedersahen, machte es nicht besser.

Sie sah aus den Augenwinkeln, wie ein anderer Gast sich auf den Barhocker neben ihr setzte und einen doppelten Cherry bestellte. Sora stutzte. Diese Stimme … Sie wandte den Kopf.

„Mimi!“, rief sie erfreut.

Das hübsche, immer noch kindlich wirkende Gesicht ihrer Freundin grinste ihr entgegen. Mit einem Satz war Sora auf den Füßen und die beiden umarmten sich stürmisch. „Dass ich dich hier treffe!“, rief Sora lachend aus, als sie sich wieder setzten und anstießen. „Wie kommst du denn hier her?“

„Och, weißt du, mir war langweilig in den USA – also hab ich mir gesagt, mach doch eine Weltreise“, meinte Mimi leichthin und lachte.

„Es ist eine Ewigkeit her … Woher hast du gewusst, dass ich hier bin?“ Sora kam aus dem Staunen immer noch nicht raus.

„Intuition?“, meinte Mimi und zwinkerte verschwörerisch. „Ich hab einfach die Stadionleute gefragt. Ich war bei deinem Spiel heute.“

„Oh.“ Dann war sie also extra nach Paris gereist, um Soras Niederlage zu sehen.

Mimi wusste, woran sie dachte, und winkte ab. „Hey, du warst super. Es war immerhin das Viertelfinale, oder? Du hast eine Menge Spiele gewinnen müssen, um so weit zu kommen.“

„Eben darum ist es so schade …“ Was redete sie da? So wichtig war ihr der Sieg auch wieder nicht gewesen … Jetzt konnte sie wenigstens in den nächsten Tagen auschecken und wieder nach Japan zurückreisen. Ohne Matt … Sie seufzte erneut.

„Jetzt lass dich mal ansehen“, verlangte Mimi. Sie musterte ihre wie gewöhnlich relativ kurzen Haare und das schlichte, blassgelbe Abendkleid, das sie trug. „Du hast dich gar nicht viel verändert, weißt du das?“

Sora rang sich ein Lächeln ab. „Du aber auch nicht.“ Hatte Mimi früher alle möglichen Kleider, Frisuren und Haarfarben durchprobiert, so war sie in den letzten Jahren etwas seriöser geworden und trug ihr brünettes Haar wie früher. Wahrscheinlich war sie immer noch verwöhnt und bequem wie eine Diva, aber äußerlich merkte man das nur noch an der teuren Halskette, die sie trug. Sora hatte gehört, dass sie kurze Zeit in Amerika einen Freund hatte, nun aber wieder single war. Ansonsten trug sie Alltagskleidung; ein sommerliches, blütenweißes Top und gleichfarbige knielange Safarihosen. Wie in alten Zeiten hatte sie einen Sommerhut im Nacken hängen. Der Anblick ließ Sora ein wenig nostalgisch werden. Früher waren sie als DigiRitter unzertrennlich gewesen … Ach, vermutlich war sie nach der Niederlage heute einfach ein wenig wehmütig.

„Ich hab übrigens eine Überraschung für dich“, sagte Mimi mit gesenkter Stimme und deutete auf den Rollkoffer, den sie an die Bar gelehnt hatte. Mit einer flinken Handbewegung öffnete sie den Reißverschluss und kaum dass der Koffer offen war, zwängte sich eine exotische Blüte an die frische Luft, gefolgt von einem pflanzengrünen Kopf, der Sora anlächelte.

„Palmon!“, rief Sora überrascht aus und Mimi legte rasch einen Finger an die Lippen. Es war noch ein Gast in das La Liberté gekommen, hatte sich ein paar Sitze neben Mimi an die Bar gesetzt und einen Bourbon bestellt. Zum Glück stand der Koffer zwischen Mimi und Sora und konnte von ihm in diesem Dämmerlicht kaum gesehen werden. „Wie ist das möglich?“, fragte Sora, während sie das grinsende Digimon aus großen Augen anstarrte.

Mimi strahlte. „Ich weiß auch nicht, es war in etwa vor einem halben Jahr. Ich bin in mein Zimmer gegangen, der Computer war an und Palmon saß auf dem Sessel …“ Sora schüttelte fassungslos den Kopf und ertappte sich dabei, Palmons Blütenblätter berühren zu wollen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte. Das Digimon hatte sich überhaupt nicht verändert – natürlich nicht. Und sie hatte Piyomon jetzt seit viereinhalb Jahren nicht gesehen …

„Entschuldigung?“, drang eine Stimme an ihr Ohr. Sora fuhr zusammen und blickte auf. Palmon verschwand blitzschnell wieder im Koffer, aber der andere Gast dürfte es nicht bemerkt haben. Der junge Mann sah nur nachdenklich abwechselnd in Mimis und Soras Gesicht. „Die Tennisspielerin Sora Takenouchi?“

„Das bin ich“, sagte Sora verwundert. In dieser Bar hatte sie noch niemand wegen ihrer Tenniskünste angesprochen, noch dazu in ihrer Muttersprache.

„Sehr schön. Ich hatte leider keine Zeit, zu dem Match heute zu kommen, aber …“ Ihr Fan drängte sich zwischen sie und Mimi und hielt ihr einen brandneuen Tennisball vor die Nase. „Würden Sie mir hier drauf unterschreiben, damit ich meine Sammlung erweitern kann?“

Sora sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Äh, sicher …“ Sie tastete nach ihrer Handtasche. „Ich fürchte nur, ich habe momentan keinen Stift.“

„Kein Problem, nehmen Sie meinen.“ Der junge Mann zog unter seinem grauschwarzen Mantel eine teure Markenfüllfeder hervor und zog die Kappe ab, worunter eine unglaublich schmale, blitzende Klinge zum Vorschein kam.

Es ging so schnell, dass Soras und Mimis Reaktionen viel zu spät kamen. Die Klinge zog einen leuchtenden Schein nach sich, als die Hand des Mannes vorschnellte.

Giftig grüne Pflanzenranken peitschten aus dem geöffneten Koffer hervor, der immer noch zwischen den Mädchen stand, und wickelten sich kraftvoll um das Handgelenk des Attentäters. Palmon hatte als einziges rechtzeitig reagiert. Die hauchdünne Messerklinge, die in dem Füllfederkörper eingebaut war, kam fünf Zentimeter vor Soras Kehle zum Halt.

Alles Blut wich aus Mimis Gesicht, und auch Sora selbst brauchte einen Moment um zu verstehen, was da gerade passiert war. Der Gesichtsausdruck des Fremden hatte sich verändert; seine Augen waren nun hart, eiskalt, und er hatte abfällig die Mundwinkel verzogen.

Mit einem lauten Kreischen sprang Mimi von ihrem Hocker auf und auch Sora stolperte zurück, weg von dem Messer. Dabei stieß sie versehentlich mit dem Fuß gegen den Koffer, in dem sich Palmon versteckte. Das schwere Gepäckstück fiel polternd um. Palmon ließ ein dumpfes Ächzen hören und der Attentäter hatte seine Hand plötzlich wieder frei, als die Ranken von ihm abfielen. „Rufen Sie die Polizei!“, schrie Mimi dem Barkeeper auf Französisch zu. Der Mann war käsebleich geworden und erwachte erst durch den Zuruf aus seiner Erstarrung. Er griff in seine Tasche, zog ein altmodisches Handy hervor – der Attentäter wirbelte herum und schleuderte das Messer. Gurgelnd sank der Barkeeper zu Boden, als die tödliche Klinge seinen Kehlkopf durchbohrte. Sora schlug die Hand vor den Mund.

„Du hättest auch im Sitzen auf den Tod warten können. Mir ist noch nie jemand entkommen“, sagte der Mörder kalt und so schnell, dass er sich im Dämmerlicht der Neonstreifen in einen Schatten verwandelte, stürzte er sich auf Sora. Auf seiner vorgestreckten linken Hand prangte ein eiserner Aufsatz, aus dem drei lange, grauschwarze Krallen ragten. Sora sprang geistesgegenwärtig zur Seite und riss dabei einen Barhocker um, kam aus dem Gleichgewicht und stürzte. Die Klauen zogen tiefe Furchen über die Tischplatte der Bar. Die Augen des Fremden glühten regelrecht in der Dunkelheit und funkelten Sora wie Eiskristalle an.

„Palmon! Du musst etwas tun!“, schrie Mimi entsetzt.

„Aber dann sieht man mich …“

„Ist doch völlig egal, tu was!“

Palmon krabbelte umständlich aus dem umgefallenen Koffer. Der Attentäter wollte sich mit erhobener Krallenhand auf Sora stürzen, als das Digimon erneut seine Rankenfinger vorschnellen ließ. „Giftiger Efeu!“ Wie Seile umwickelten sie den Oberkörper des Angreifers. Der Schwarzgewandete wirbelte herum und zerhackte die Schlingen ohne Mühe mit seinen Krallen.

„Du bist also ihr Digimon?“, fragte er leise. „Oder …“ Sein Blick fiel auf Mimi und plötzlich zuckten seine Mundwinkel. „Oder seid ihr alle beide DigiRitter? Dann ist heute ja mein Glückstag.“

„Das werden wir noch sehen“, fauchte Palmon. Etwas an Mimis Tasche begann zu glühen. Sora glaubte zu ahnen, dass es ihr DigiVice war. Palmon wurde von goldenem Licht eingehüllt, als es digitierte. Sora schluckte und kroch so weit es ging zurück. Gut möglich, dass es in dem Lokal jetzt eng wurde …
 

Unter den Fußgängern, die zu dieser Stunde noch auf der Straße waren, brach in Sekundenschnelle Panik aus. Die komplette Glasfront des Lokals La Liberté zersplitterte, Scherben regneten auf den Bürgersteig. Eine schlanke, schwarze Gestalt sauste durch die Öffnung, rollte sich auf dem scherbenübersäten Boden ab und sprang wieder auf die Beine, und keine Sekunde später bückte sich ein riesiger, lebendiger Kaktus mit roten Boxhandschuhen unter die Fensterkante hindurch und setzte dem Schwarzgekleideten nach.

Mimi und Sora, die vor Schreck immer noch ein wenig wackelig auf den Beinen war, folgten ihm nach draußen, blieben aber vorsichtshalber hinter den relativ dünnen, nadelgespickten Beinen von Togemon.

„Hast du eine Ahnung, wer das ist?“, fragte Mimi zaghaft.

Sora schüttelte stumm den Kopf.

Jeden Menschen hätte das riesige Pflanzendigimon in die Flucht geschlagen – das zeigte allein die Panik, die der Kaktus in dieser Straße der Fußgängerzone auslöste: Wer nicht neugierig und leichtsinnig genug war, hinter der nächsten Häuserecke auf Togemon zu spähen, rannte, als ginge es um sein Leben.

Nicht so der Fremde. Es schien, als würde ihn Togemon nicht einmal im Ansatz beeindrucken. Der Kaktus trampelte ihm nach und ließ seine Fäuste spielen. Der Attentäter rollte sich elegant zur Seite ab, als die Boxerhand so hart in den Boden schlug, dass die Pflastersteine Risse bekamen und Steinstaub aufwirbelte. Sofort setzte ihm Togemon weiter nach, aber der Fremde wich erneut aus, federte aus der Hocke auf die Spitze des abstrakten Springbrunnens, der die Mitte der Straße zierte, und sprang von dort weiter auf die rotweiß gestreifte Markise eines Geschäfts, während Togemons Faust die Skulptur in Stücke sprengte.

Sora verfolgte seinen Bewegungen mit weit aufgerissenen Augen. Er schien angesichts des riesigen Digimons, gegen das er absolut nichts ausrichten konnte, ganz cool zu bleiben und beschränkte sich darauf, auszuweichen und sich wahrscheinlich eine Strategie zu überlegen … Sie studierte aufmerksam seine Bewegungen. Sie waren schnell und kraftvoll, aber keineswegs übernatürlich; er war ein gewöhnlicher Mensch, durchtrainiert und ausdauernd, mit großen akrobatischen Fähigkeiten.

Togemon wurde des Herumspielens überdrüssig. „Nadelfeuer!“, rief es und ein Hagel aus spitzen Dornen löste sich aus seinem Körper und schoss auf den Attentäter zu.

„Togemon!“, rief Mimi entsetzt. Er war trotz allem nur ein Mensch, kein Digimon … Aber immerhin hatte er versucht sie zu töten, machte sie sich bewusst. Außerdem war das Nadelfeuer bereits eröffnet.

Der Attentäter schlitzte mit seiner unheimlichen Kralle den Markisenstoff auf – er zerfetzte ihn regelrecht – und glitt durch den Schnitt nach unten. Der Nadelregen war weit genug gestreut, um ihn auch dort zu treffen, doch der Schwarzgekleidete sprang auf einen Tisch, trat kraftvoll die Kante hinunter, glitt gleichzeitig hinter ihn und zog ihn an der anderen Kante nach oben, sodass der Tisch zu einem provisorischen Schutzschild aufkippte. Die Nadeln prasselten wirkungslos dagegen, einige blieben in der dicken Holzplatte sogar stecken, aber keine konnte den Attentäter auch nur ankratzen.

„Er ist zu schnell für Togemon“, murmelte Sora, die von Sekunde zu Sekunde weniger glauben konnte, was sie da sah. Ein Mensch, der gegen ein Digimon kämpfte? Unmöglich!

„Togemon!“, rief Mimi. „Du musst noch einmal digitieren, dann schaffst du es!“

Togemon wandte sich um. „Bist du sicher, Mimi?“

„Aber Mimi!“, rief Sora. „Wenn es zu Lilymon digitiert … Es ist viel zu stark für einen …“ Sie verstummte, als sie den zornigen Gesichtsausdruck ihrer Freundin sah.

„Na und? Er wollte dich töten, Sora!“ Ein grünes Leuchten durchdrang den Stoff von Mimis Top. Das Symbol der Aufrichtigkeit glühte in ihrer Brust und das Licht griff auf Togemon über. Während der Kaktus zusammensank und ins Nichts schrumpfte, erblühte auf seinem Kopf eine Blume und gab Palmons Ultraform frei: Schnell wie ein Kolibri und anmutig wie eine Fee flatterte Lilymon in die Lüfte.

„Wollen mal sehen, wie du mir jetzt entkommen willst! Blumenkanone!“ Die Hände des Kobolddigimons verschmolzen zu einer Blüte, die sich entfaltete und einen leuchtenden Schuss abgab, der den Tisch traf und zerschmetterte, sodass die Trümmer quer durch die ganze Straße rollten.

Der Attentäter war nicht mehr da – dafür war die Tür des Geschäftes eingetreten worden. Die Zeit, die Togemon für die Digitation gebraucht hatte, hatte er genutzt, um hinter seinem Schild unbemerkt in das Gebäude einzubrechen. „Ist er geflohen?“, fragte Sora hoffnungsvoll.

Glas splitterte, als das Fenster direkt neben Lilymon zu Bruch ging. Mit vorgestreckten Krallen sauste der Schwarzgewandete auf das Digimon zu, das ihn gerade noch rechtzeitig bemerkte. Lilymons schnelle Flügel surrten, als es auswich, fünf, sechs Meter in die Luft schoss und sofort noch eine Kanonenladung auf den Angreifer schleuderte.

Dieser kam in einer eleganten Rolle wieder auf die Füße und rannte weiter – doch Lilymon hatte gut gezielt. Die Blumenkanone erwischte ihn mitten im Laufen – alles, was er tun konnte, war, sich mit dem Krallenhandschuh zu schützen, der sich sofort in einen funkelnden Datensturm auflöste. Der Fremde wurde von den Füßen gerissen und schlitterte über das Pflaster, kam in einer fließenden Bewegung wieder auf die Beine und führte seinen Spurt zu Ende, der ihn in ein kleines Seitengässchen führte.

„Sag mir, dass ich träume“, murmelte Mimi ungläubig.

Auch Sora schüttelte fassungslos den Kopf. „Er nimmt es tatsächlich mit Lilymon auf …“

Der dunkle Attentäter sprang auf einen in der Gasse stehenden Müllcontainer, dann gegen die Wand, stieß sich sofort wieder ab und gleich nochmal an der gegenüberliegenden Wand und landete schließlich im ersten Stock des Gebäudes auf einem schmalen Fenstersims und hielt sich mit der Hand an der Regenrinne fest. Eine Blumenkanone sauste haarscharf an ihm vorbei und explodierte an der anderen Hausmauer. Die Druckwelle ließ den Kapuzenmantel des Fremden flattern und zerzauste sein rabenschwarzes Haar, und in diesem Moment sah Sora etwas an seinem Gürtel grün aufleuchten.

Der junge Mann hob den rechten Arm. Wie aus dem Nichts tauchte ein schwarzer Handschuh auf seiner Hand auf, aus dem ein violett glühender, unterarmlanger Stachel wuchs. Der Attentäter stieß sich vom Fensterbrett ab. Er stach nach Lilymon, das gerade noch ausweichen konnte, doch die Attacke durchbohrte einen seiner Flügel und ließ es mit einem Aufschrei zu Boden trudeln.

Aber Lilymon war nicht das eigentliche Ziel des Assassinen gewesen. Bevor Sora wusste, wie ihr geschah – der Kampf der beiden hatte sie so gebannt –, sah sie ihn mit wehendem Mantel wie ein Raubvogel auf sich zustürzen.

Es war Mimis Geistesgegenwart zu verdanken, dass sie überlebte. Ihre Freundin stieß einen spitzen Schrei aus, als sie die Gefahr erkannte, packte Sora am Arm und riss sie zur Seite. Ein glühender Schmerz brannte sich in ihren Oberarm, als der violette Stachel durch ihre Schulter schlitzte und die Wucht des Anpralls sie, Mimi und den Angreifer gleichermaßen zu Boden stürzen ließ.

Tränen stiegen in Soras Augen, als sie den prickelnden Schmerz spürte, der sich ihren Arm hinunterfraß. Sie wollte vorsichtshalber gar nicht nachsehen, wie tief die Wunde war … Der Attentäter ließ ihr auch keine Zeit dazu. Er hatte es irgendwie fertiggebracht, sich bei diesem Sprung nicht beide Beine zu brechen und war schon wieder auf den Füßen. Der Stachelhandschuh war verschwunden. Er umkreiste die Mädchen, offenbar noch am Überlegen, wie sein nächster Angriff aussehen sollte – als Lilymon zwischen ihn und sein Opfer sprang. „Du hast wohl nie genug?“, fragte es.

Der Fremde hob die Hände, als würde er einen unsichtbaren Gegenstand halten, und ließ sie dann wieder sinken. Durch ihren Tränenschleier meinte Sora, ein rotes Blinken an seinem Gürtel zu sehen, aber vielleicht täuschte sie sich. „Schon aufgebraucht? Naja, es war ja auch ein langer Tag“, sagte er. In der Ferne ertönte Sirenengeheul – Polizeiwagen, die auf dem Weg hierher waren. Natürlich, der Kampf war nicht unbemerkt geblieben. Der Attentäter horchte. „Immer zur ungünstigsten Zeit“, murmelte er. Er wirbelte auf dem Absatz herum, Lilymon spannte sich an, doch er lief nur zu dem zerstörten Fenster im Erdgeschoss des Geschäftes und schwang sich durch den scherbenbesetzten Fensterrahmen.

„Lass ihn nicht entkommen! Lilymon!“

Das Digimon flatterte ungeschickt mit seinem kaputten Flügel auf die Stelle zu.

„Alles in Ordnung?“, fragte Mimi und starrte auf Soras Verletzung, wagte aber nicht, sie zu berühren. „Aua, das sieht schlimm aus …“

Sora musste all ihre Nervenstärke zusammennehmen um die Ursache des brennenden Schmerzes in Augenschein zu nehmen. Es war nicht annähernd so schlimm, wie es sich anfühlte – auch, wenn es nicht gerade eine Schramme war. Der Stachel hatte sie nur gestreift und eine flache, lange Wunde in ihre Schulter gerissen, die jedoch heftig blutete. Ihr einfaches Sommerkleid hatte bereits unansehnliche, rote Flecken abbekommen, aber wahrscheinlich musste man die Verletzung nicht einmal nähen.

„Mimi!“, ertönte Lilymons Stimme aus dem Ladeninneren.

„Ja?“

„Er ist fort.“

„Was meinst du mit fort?“ Mimi und Sora folgten dem Digimon in das verlassene Geschäft. Eine eingetretene Tür an der Hinterseite des Raumes führte in ein winziges Büro. Es war ebenfalls leer, aber der uralte Röhrenbildschirm des Computers, der auf dem Schreibtisch stand, flimmerte hell.
 

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So, Actionkapitel Nr. 2! Ich hoffe, dass, obwohl das Attentat doch recht vorhersehbar war, der Wechsel zwischen Alltag und Kampf auch hier wieder überraschend gekommen ist - oder wart ihr gleich am Anfang bei diesem "Fan" misstrauisch? Ansonsten hoffe ich, dass es wieder schön spannend war und man dem Kampfverlauf gut folgen konnte ;) Ich hab mich bemüht, Soras Skrupel, gegen einen Menschen zu kämpfen, herauszuarbeiten, und auch, den mysteriösen Attentäter nicht als Übermensch erscheinen zu lassen. Hoffe, es ist mir gelungen^^

Danke übrigens für die Kommis beim letzten Kapitel! Ihr seid super :D



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Kommentare zu diesem Kapitel (8)

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Von:  L-San
2013-12-19T10:41:01+00:00 19.12.2013 11:41


Yo!^^


Da bin ich wieder.
Das Kapitel habe ich schnell durchgelesen, weil spannend.
Dachte mir schon, dass mit dem 'Fan' was nicht stimmte.
Aber ich wollte es zu dem Zeitpunkt einfach nicht wahrhaben.
Ich hätte nicht gedacht, dass er es mit einem Digimon aufnehmen kann.
Vielleicht hat er ein Spezialtraining absolviert für solche Fälle.^^
Vielleicht lese ich ja einen Einblick in sein Leben, mal schauen, was mich erwarten wird.
Den Anfang hast du schön gestaltet, recht friedlich, und dann eben die Action.^^
Die ist dir gut gelungen.
Steigerung ist sicherlich noch drin, denke ich.^^
Und ich vermute, dass die Verletzung nicht ohne sein wird, wahrscheinlich eine Vergiftung?
Nun ja, ich lasse mich überraschen. ;]
So, damit hab ich nun wieder eine gerade Zahl zu diesem Kapitel und zur FF überhaupt. DDD
Gutes Kapitel!


LG
L-San


Von: abgemeldet
2012-11-17T01:48:02+00:00 17.11.2012 02:48
Ein schönes Wiedersehen der Freundinnen, das hast du sehr gut beschrieben. Hui, kaum zu glauben wie schnell sich diese Fanfic liest, dein Schreibstil erlaubt wirklich einen guten Lesefluss.
Ja da rettet Mimis Geistesgegenwart die Sora... Das war ja schon knapp. Stellt sich die Frage ob die Angreifer mit den violetten Stacheln Menschen oder Digimon sind, wenn zum Schluss der PC flackert kommen sie wohl aus dem Computer.
Warst du schonmal in dieser Bar oder ist sie an eine ähnliche angelehnt? Sie ist so gut beschrieben. Ich kenne das von mir selbst, dass oft solche Orte an mir bekannte angelehnt sind (insbesondere die Innenausstattung).
Von:  Juju
2012-10-17T12:43:33+00:00 17.10.2012 14:43
Ich bin... schon wieder schockiert. O_O
Wie gut, dass Mimi aufgetaucht ist und Palmon mitgebracht hat. Ohje, das ist ja echt ein skrupelloser Kerl. Ich bin sehr gespannt, was sein Motiv ist und wie er es bei den anderen Digirittern versuchen wird.
Und ich war nicht von Anfang an misstrauisch. Also erst mal schon, aber dann sagte er, er wolle ein Autogramm und dann war ich es nicht mehr. Für mich kam das überraschend und ich fand es wirklich, wirklich gut!
Also alles in allem hat mir das Kapitel sehr gut gefallen. Ich merke gar nicht, wie schnell die Zeit beim Lesen vergeht. :D
Von:  Ailtvesiki
2012-09-20T09:52:50+00:00 20.09.2012 11:52
armer Schnauzbart-Barmann... (Trauersekunde)
aber es hätt ja auch schlimmer ausgehen können, hab fast erwartet, dass einer der digiritter es nicht überlebt...

hab am anfang glaubt, das mimi nicht die richtige mimi ist und das sie der attentäter wird, beim fan war ich gar nicht misstrauisch, auch nicht als gestanden ist, der kugelschreiber hatte eine klinge. naja, vielleicht heißt ja die feder vorne klinge, weiß ich doch nicht xD... und dann "bummmm!!" war er der böse. xD

war toll das palmon vorgekommen ist, bringt den geschmack der digiwelt in die ff! :)

(und mein verdacht, dass der typ durch die digiwelt reist hat sich verstärkt xD)
armer matt, der ruht sich bestimmt noch aus und denkt, es ist eh noch alles in ordnung. bin schon gespannt, wann er sich meldet und was er zu dem attentat sagt. und er soll endlich izzy anrufen! vielleicht hat der schon was über den unheimlichen typ herausgefunden!

bleibt nur noch zu sagen:
fantastisches kapi!! ^^
Von:  little_Emily
2012-09-19T21:25:00+00:00 19.09.2012 23:25
Super gutes Kapitel.
Also der Kerl ist echt fürchterlich, der kann echte kein Mensch sein. Bin echt gespannt was er/es will. :D
Armes Lillymon hoffe es wird bald besser. Hatte echt angst das es besiegt wird.

Freu mich aufs nächste Kapitel.:)
Von:  Kaninchensklave
2012-09-19T07:34:54+00:00 19.09.2012 09:34
Ein Tolles Kap

hmmm wer der Krl ist ist shcwer zu vermuten aber sihc dneke nicht das er ein Hybrid ist eher jemand der herraus gefunden hat wie man Digimon wo ein speert und desen Kräfte für sich nutzen kann um Attantata zu ebgehen

Darun tippe ich darauf das es Wormmon in seiner gewalt hat und sich zurzeit die Kräfte von Stingmon zu nutze macht

GVLG
Von:  EL-CK
2012-09-19T07:11:47+00:00 19.09.2012 09:11
fahnm hat recht..... das kann man wirklich nur mit "WOW" beschreiben....
Echt gut geworden...

Und ich frag mich auch wer oder was dieser Kerl ist....
Von:  fahnm
2012-09-18T20:14:08+00:00 18.09.2012 22:14
Wow
Der Kerl kann kein Mensch sein.
Ein Hybrid vielleicht?


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