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Shards

At the End of Nightfall ... no one will be safe ... [Trailer online]
von

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Reunion

Zerstörte Stadt, DigiWelt

Donnerstag, 3. August 2007

22:17 Uhr
 

Joe seufzte mutlos. „Das ist ja wie eine Nadel, die man in einem Heuhaufen sucht! Wie sollen wir etwas finden, wenn wir noch nicht mal wissen, wo wir suchen sollen?“

„Was ist hier nur passiert?“, murmelte Kari entsetzt. Sie hatte ihm gar nicht zugehört, sondern blickte nur starr auf die Ruinen vor ihnen.

Der Mond beleuchtete das Trümmerfeld und ließ es fast friedlich wirken. Nirgendwo war auch nur eine Seele zu erblicken, nur Staub und gemahlenes Gestein, Holz und verwehtes Stroh. Die endlose Steppe, auf die sie gelangt waren, war schon trostlos genug gewesen, daber das hier …

„Das ist das Ergebnis eines Kampfes, würde ich sagen“, murmelte T.K. düster.

„Das war weit mehr als ein gewöhnlicher Kampf“, stellte Joe fest. „Seht mal, wie groß das Trümmerfeld ist. Das war einmal eine ganze Stadt!“

„Ob es überall in der DigiWelt so aussieht?“, überlegte Kari bang.

„Ach, nein, sicher nicht“, versuchte Davis sofort sie aufzumuntern.

Karis Sorge ließ sich allerdings nicht so schnell vertreiben. „Und wenn … Gatomon und die anderen auch …“, sagte sie leise.

„Seht mal, da vorne!“, rief T.K. in dem Moment. „Da brennt Licht!“ Er deutete auf eine Ansammlung niedriger Hügel in der Ferne.
 

„So, und diese Blätter werden wir jetzt noch auf der Wunde befestigen, dann sollte es gehen.“

„Hab vielen Dank“, sagte das Betamon.

„Gern geschehen. Achte nur darauf, dass du das Bein nicht zu sehr bewegst.“

Das Betamon nickte und humpelte auf drei Beinen davon. Es hatte sich schon eine kleine Schlange neuer Patienten gebildet. Gatomon seufzte innerlich. Es war mitten in der Nacht, und dennoch waren immer noch verletzte Digimon da, die behandelt werden wollten. Und weil das Katzendigimon in der Menschenwelt einige – wenige – Erfahrungen mit dem dortigen Gesundheitssystem gemacht hatte, hatte man es kurzerhand zum Lazarettarzt auserkoren.

In dem Moment stürmte ein mausartiges Chipmon mit einem geschienten Arm durch die Reihen und blieb atemlos vor ihm stehen. „Gatomon!“, piepste es und zeigte mit seinem heilen Arm nach hinten zum Rand des Lagers. „Me-Menschen!“

Gatomon horchte alarmiert auf. Einige der Digimon stoben kreischend auseinander, andere, die noch bei Kräften waren, rotteten sich zusammen und zogen gemeinsam los, um sich den Menschen zu stellen. Gatomon begleitete sie. Als sie die Menschen jedoch sahen, erlebte es eine Überraschung.

„Kari!“, rief Gatomon aus und sprang auf sie zu.

„Gatomon!“ Kari ging in die Hocke und fing ihr Digimon auf. Sie drückte es fest an sich. Tränen standen ihr in den Augen. „Du hast mir so gefehlt …“

„Du hast mir auch gefehlt, Kari.“ Auch Gatomon blieb nicht von seinen Emotionen verschont.

Unter den anderen Digimon brach erstauntes, stellenweise sogar empörtes Gemurmel aus. Gatomon löste sich von Kari, stellte sich vor die DigiRitter und breitete die Pfoten aus. „Diese Menschen hier sind nicht unsere Feinde! Wer von euch sich an den Kampf gegen Myotismon vor fünf Jahren erinnert, weiß das!“ Das Gemurmel wurde lauter, aber niemand rührte einen Finger, um sie anzugreifen.

T.K. sah sich genau um. Es war ohne Zweifel ein Flüchtlingslager, das die Digimon hier auf dem Hügel errichtet hatten. Es bestand nur aus Erdlöchern und kleinen Zelten, in die gar kein Mensch gepasst hätte. Dazwischen brannten Lagerfeuer. Die Digimon, die sie ängstlich oder feindselig musterten, waren in einem erbarmungswürdigen Zustand. Keines von ihnen war auf den ersten Blick unverletzt, er sah ein Chipmon, das seinen Arm in einer Schlaufe trug, ein Numemon mit verbundenen Augenstielen, ein Gizamon, das ihn anknurrte, dessen rechtes Vorderbein jedoch dick verbunden war, und so weiter und so fort.

Gatomon drehte sich wieder zu ihnen um. „Ich bin so froh, euch zu sehen. Ich habe nicht geglaubt, dass ich euch wiedersehe.“ Die Erleichterung war dem Digimon anzuhören.

Kari ergriff es unter den Schultern, hob es hoch und drückte es erneut an sich. Dabei kraulte sie es an den Ohren. „Gatomon …“

„Kannst du uns sagen, was hier los ist, Gatomon?“, fragte Joe.

Gatomon, das ungelenk in Karis Umarmung lag, antwortete düster: „Wir sind hier alle Opfer des DigiKriegs geworden. Ich werde es euch erzählen.“
 

Kurze Zeit später saßen sie um ein Lagerfeuer herum und aßen die harten, geschmacklosen Körner, die für die Digimon hier die einzige Verpflegung darstellten und die man in der Menschenwelt wohl höchstens Vögeln gefüttert hätte.

Gatomon hatte es sich auf Karis Schoß bequem gemacht und erzählte. „In der Stadt auf der Ebene hat es vor ein paar Tagen eine Schlacht gegeben. Die Stadt ist jetzt völlig zerstört. Die Überlebenden und Heimatlosen haben sich hier zusammengefunden.“

„Und wie bist du hier gelandet?“, fragte Kari.

Gatomons Augen funkelten belustigt. „Das ist eine lange Geschichte. Ich habe damals, als ich für Myotismon Soldaten rekrutiert habe, nicht nur Wizardmon geholfen, sondern auch andere Digimon kennen gelernt. Nach unserem letzten Kampf bin ich durch die DigiWelt gezogen und habe einige von ihnen wieder hier getroffen. So bin ich bei ihnen geblieben, bis der Kampf begonnen hat.“ Dann verdüsterten sich Gatomons Züge. „Ich habe gehört, welchen Schaden die neuen DigiRitter angerichtet hatten, und als die Stadtglocken Alarm läuteten, habe ich eigentlich gedacht, ich müsste bald einem Menschen gegenüberstehen. Aber es waren die Scherben, die uns angegriffen haben, die letzten Splitter der Macht der Dunkelheit. Wir haben versucht die Stadt zu verteidigen, und dann sind uns andere Digimon zur Hilfe gekommen, aber es war bereits zu spät. Die Stadt wurde zerstört und die Scherben sind weitergezogen. Die Digimon, die ihr hier seht, sind mit dem Leben davongekommen, manche nur knapp. Es sind Heimatlose, die in der Stadt gelebt haben, aber auch verletzte Soldaten der DigiAllianz, die desertiert sind oder von ihren Kameraden zurückgelassen wurden.“ Gatomon ließ traurig die Ohren hängen. „Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr sich die DigiWelt verändert hat.“

„Gatomon“, sagte T.K. Der Junge war aufgestanden und hatte ihnen den Rücken zugewandt. Kari wusste, warum. Sie sollten sein zorniges Gesicht nicht sehen. „Weißt du, wo Patamon und die anderen sind?“

„Ich habe sie lange nicht mehr gesehen“, sagte das Digimon. „Ich weiß, dass Tentomon, Gabumon, Gomamon und Piyomon zusammengeblieben sind. Wo sie jetzt sind, weiß ich nicht. Agumon hat noch vor mir begonnen, auf eigene Faust durch die DigiWelt zu wandern. Über Hawkmon, Patamon und Armadillomon weiß ich auch nichts. Veemon ist auf einem Erkundungsgang und sollte bald zurück sein.“

„Warte mal – du meinst, Veemon ist hier?“, rief Davis erfreut. „Warum hast du das nicht früher gesagt?“

Gatomons Gesicht formte sich zum katzischen Äquivalent eines Grinsens. „Du hast nicht gefragt.“ Kari kicherte und strich ihrem Digimonpartner über den Rücken.
 

Es war ein stürmisches Wiedersehen. Davis und Veemon schrien beide durcheinander. Davis wirbelte das blauweiße Digimon herum, bis ihm schlecht wurde. Es war Mitternacht geworden, als sie in der Mitte des Lagers ein paar Felldecken als Schlafstätten zugeteilt bekamen.

„Du hast dich ganz schön verändert“, stellte Veemon fest.

„Wirklich?“, fragte Davis.

„Ja.“ Es grinste. „Aber erwachsener geworden bist du trotzdem nicht.“

Alle lachten, während Davis Veemon einen Klaps auf die Stirn gab. Schon lange waren sie nicht mehr so ausgelassen gewesen. Kurz vergaßen sie sogar den Krieg, der über der DigiWelt schwebte, und plauderten frei über die Dinge, die sie in den letzten Jahren erlebt hatten. Gatomon hatte sich in Karis Armen eingerollt und schnurrte zufrieden, während Kari still und glücklich sein weiches Fell streichelte.

„Wie bist du denn überhaupt hier gelandet?“, fragte Davis schließlich.

Veemon schlug sich stolz mit der Faust gegen die Brust. „Ich bin der DigiAllianz beigetreten!“

„Der DigiAllianz?“, fragte Joe.

„Ja. Wir versuchen, die Scherben und die Dunklen, diese neuen DigiRitter, zu bekämpfen und die DigiWelt zu retten. Auch wenn wir bei dem Kampf um die Stadt recht alt ausgesehen haben, wir haben viele Anhänger!“ Es wurde ein wenig melancholisch. „Trotzdem ist es gut, dass ihr jetzt auch hier seid. Ich konnte als Rookie-Digimon nie wirklich etwas ausrichten. Als wir die Schlacht verloren haben und zum Rückzug geblasen wurde, bin ich bei Gatomon geblieben. Ich hatte das Gefühl, inmitten von schwachen und verletzten Digimon würde ich eine größere Hilfe sein.“

Die anderen schwiegen. Die bedrückende Atmosphäre war wiedergekehrt und es hatte auch niemand die zahllosen Schrammen auf Veemons Haut übersehen.

„Schlafen wir jetzt“, schlug Joe vor. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Wir müssen Patamon und Gomamon finden, und dann werden wir versuchen, der DigiAllianz zu helfen.“
 

Tokio, Japan

Freitag, 4. August 2007

10:05 Uhr
 

Die Sonne sengte so gnadenlos auf das weite Rollfeld hernieder, dass die Luft flimmerte. Matt blinzelte. Endlich waren sie im Haneda-Flughafen gelandet – der Flug war ihm wie eine Ewigkeit vorgekommen. Die Ereignisse in Spanien, die nur zwei Tage zurück lagen, hatten ihn in seiner Entscheidung bestärkt, endlich nach Hause zu fliegen. Es hatte einen heftigen Streit unter den Bandmitgliedern gegeben, und er war auch nicht mit Andeutungen davongekommen: Gekimaru und die anderen hatten hartnäckig alles wissen wollen, was mit ihm, den Digimon und den Vorkommnissen vor fünf Jahren zu tun hatte. Im Endeffekt hatten sie ihm wohl nicht geglaubt, obwohl sie Palmon mit eigenen Augen gesehen hatten und das Digimon sich auch nicht mehr die Mühe gemacht hatte, sich vor ihnen zu verstecken. Matt hatte das düstere Gefühl, seiner Band nun für immer den Rücken gekehrt zu haben. Immerhin war es kein sehr freundlicher Abschied geworden … Aber nun gab es Wichtigeres.

Er atmete tief durch, als er, Mimi und Sora nach einer Ewigkeit des Gepäckstück-Zusammensuchens den Flughafen verließen.

„Hey, ihr drei, hierher!“, trällerte eine fröhliche Stimme quer über den Parkplatz. Yolei stand neben einem rostigen, schwarzen Toyota und winkte ihnen ausgelassen zu.

Sora musste lächeln. Es musste eine Ewigkeit her sein, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten … Auch Mimi war erfreut.

Die drei zerrten ihre Koffer – in einem davon versteckte sich natürlich Palmon – zu dem Wagen und erkannten, dass Tai hinterm Steuer saß. Er hatte sich lässig gegen das Lenkrad gelehnt und grinste Matt über die Ränder seiner Sonnenbrille hinweg an. „Alles klar, Alter?“

Sora wollte ihn schon stürmisch begrüßen, aber Yolei – ausgerechnet Yolei – sagte: „Später. Steigt schnell ein, damit wir fahren können.“ Sie half den dreien, die Gepäckstücke zu verstauen, dann zwängten sie sich auf die Rückbank – Mimi nahm Palmon auf den Schoß – und Tai brauste auch schon los.

„Ich komme mir vor wie ein Schwerverbrecher“, stellte Matt fest. „Was habt ihr herausgefunden, dass wir so geheimnistuerisch sein müssen?“

„Ich dachte, ihr hättet schon Feindkontakt gehabt?“ Tai blickte für Matts Geschmack zu oft in den Rückspiegel. Was war hier wohl in den letzten Tagen passiert? Izzy hatte am Telefon erklärt, er würde ihnen alles erzählen, sobald sie wieder vereint wären. Die drei warteten schon gespannt auf die Neuigkeiten, mussten sich aber noch gedulden.

Die Sonne ließ den Asphalt schimmern und Matt ließ das Fenster hinunter und sich vom Wind das Haar zerzausen. Es kam ihm vor, als wäre es kaum kühler als in Spanien.

„Ein Attentäter namens Ansatsu hat Leute angeheuert, um uns anzugreifen“, sagte Sora, als Matt schwieg.

„Und vielleicht nicht nur euch.“ Tai schwieg kurz, sah erneut in den Rückspiegel und sagte nach dieser genau berechneten Pause: „Wir haben einen überlebenden DigiRitter gefunden.“

„Was?“ Matt beugte sich zum Vordersitz vor. „Was habt ihr uns verschwiegen?“

„Sie ist todkrank, aber sie kann uns noch ein Tor zur DigiWelt öffnen. Wir wollten vermeiden, dass Ansatsu das herausfindet, deswegen haben wir nichts gesagt. Alles Weitere erkläre ich euch später.“ Auf Tais Stirn erschien eine tiefe Falte, als er, länger als zuvor, in den Spiegel sah. „Dieser schwarze Porsche verfolgt uns“, sagte er knapp.

„Bist du sicher?“, fragte Yolei. Panik sickerte durch ihre Stimme. Sie verrenkte sich den Hals, um nach hinten zu sehen.

„Er ist schon seit dem Flughafen hinter uns.“

„Verstehe.“ Yolei öffnete das Handschuhfach. Sora erstarrte, als sie sah, was sie herausholte.

„Yolei, das ist …“

Das Mädchen nickte langsam.

„Wo hast du die her?“ Sora klang richtig entsetzt, auch in Mimis Blick stand Sorge geschrieben.

„Ein Onkel von mir, der am Rand von Tokio wohnt, hat eine ganze Sammlung. Er hat einen Waffenschein für so ziemlich alles.“ Sie wog die blitzende Pistole aus schwarzem Metall andächtig in der Hand. „Ich hab ihn nach meiner Heimreise kurz besucht und sie aus seinem Schrank genommen, als Izzy mir gesagt hat, was alles passiert ist, und eine Nachricht hineingelegt, in der ich mich dafür entschuldige. Er soll sich keine Sorgen machen und mir vertrauen.“

Matt runzelte die Stirn. Er wandte sich an Tai, als er fragte: „Glaubt ihr wirklich, dass wir sie brauchen werden?“

Tai schwieg beharrlich, aber Yolei sagte grimmig: „Wenn es zum Äußersten kommt, werden wir uns verteidigen.“ Matt glaubte nicht, dass sie je eine Pistole abgefeuert, ja, auch nur in der Hand gehalten hatte, und ganz sicher würde sie auch niemals den Abzug betätigen, aber wenn es sie beruhigte … Ihn beruhigte der Anblick der Waffe hingegen ganz und gar nicht.

Sie kamen an eine rote Ampel. Tais Finger tippte ungeduldig auf dem Lenkrad herum, bis das Lichtzeichen wieder auf Grün sprang. Sie fuhren geradeaus weiter, der Porsche bog rechts ab. Tai atmete hörbar auf. „Falscher Alarm.“

„Hoffentlich“, murmelte Mimi.

Tai schien bei der nächsten Kreuzung kurz zu überlegen, dann lenkte er den Wagen in eine Einbahnstraße und bog danach erneut ab, sodass sie nun wieder in die Richtung fuhren, aus der sie gekommen waren.

„Was wird das?“, fragte Matt.

„Reine Vorsichtsmaßnahme“, gab Tai knapp zu verstehen. „Auch wenn unsere Zeit wahrscheinlich knapp ist, es darf uns niemand folgen.“

Sie kurvten noch eine Weile durch die Straßen, ohne dass sie den schwarzen Porsche wieder zu Gesicht bekamen. Wahrscheinlich war es wirklich falscher Alarm gewesen. Der Weg, den sie dann einschlugen, führte allerdings an den Rand der Stadt und nicht, wie Matt, Sora und Mimi erwartet hatten, nach Odaiba zu ihren Wohnungen.

„Wohin fahren wir?“, fragte Sora unbehaglich.

„Eine weitere Vorsichtsmaßnahme.“ Yolei klang nun nicht mehr so angespannt wie vorher. Die Waffe lag jedoch immer noch auf ihrem Schoß. „Wenn euch Ansatsu in Europa gefunden hat, weiß er mit Sicherheit auch schon, wo wir wohnen. Also mussten wir ausweichen.“

„Und wohin ausweichen?“, fragte Matt.

„Wart’s ab“, sagte Tai wortkarg.

„Ach ja, und schaltet eure Handys aus, zur Sicherheit. Izzy meint, es wäre möglich, uns damit zu orten“, fügte Yolei hinzu.

„Na toll.“
 

Mobile Festung des DigimonKaisers, DigiWelt

Freitag, 4. August 2007

10:45 Uhr
 

Es war fast völlig dunkel in der Kommandozentrale. Ansatsu glich einem Schatten, als er aus dem Gang trat. Dennoch wurde er bemerkt.

„Du bist spät.“

Ansatsu würdigte die Gestalt, die auf dem Boden vor einem Laptop kauerte, von dem ausgehend Dutzende Kabel in die Dunkelheit verschwanden, keines Blickes. „Was gibt es?“, fragte er kühl. „Ich bin beschäftigt.“

„Das glauben wir. Offensichtlich bereitet es dir gewisse Schwierigkeiten, ein gewöhnliches Menschenmädchen zu töten“, ertönte eine weibliche Stimme aus der Dunkelheit neben ihm. Er drehte sich gerade so langsam zu ihr um, dass es als Provokation gelten konnte, aber er konnte sie in den Schatten nicht ausmachen.

„Beträchtliche Schwierigkeiten, wenn wir uns ehrlich sind.“ Das Klappern fliegender Finger auf der Laptoptastatur ließ Ansatsu wieder den Jungen vor ihm fixieren. Er sah im Schein des Monitors Zeichen über dessen Brillengläser rasen. „Daher werden wir dir von jetzt an ein wenig zur Hand gehen.“

Ansatsu reckte sich. „Ich arbeite allein“, sagte er bestimmt. Seine Untermänner in Spanien waren nur eine kalkulierte Vorsichtsmaßnahme gewesen, keine Verbündeten, und schon gar keine Gleichgestellten.

Der Junge klappte das Notebook zu und stand auf. Er reichte dem Attentäter gerade einmal bis zur Nasenspitze. „Nicht mehr.“ Ansatsu starrte den Jungen finster an. Ohne das Licht des Bildschirms konnte er nicht einmal die Sommersprossen auf dessen Gesicht sehen. Selbst das rotbraune, wirre Haar war kaum auszumachen. Die dicken, viereckigen Brillengläser jedoch funkelten in einer Lichtquelle, die Ansatsu nicht ausmachen konnte. Der Junge liebte es, im Dunkeln an seinem Laptop zu arbeiten. „Da du dich wie ein unfähiger Amateur aufführst, müssen Miyuki und ich das wohl erledigen“, fuhr er fort.

„Sei ein wenig vorsichtiger mit dem, was du sagst“, warnte ihn Ansatsu mit schneidender Stimme.

Der Junge legte erwartend den Kopf schief. „Sonst was? Bringst du mich sonst um? Dieses Talent hast du ja in den letzten Tagen etwas verlernt. Wie viele Ziele hast du jetzt schon vergeigt? Vier? Fünf? Sechs?“

Ansatsus Hand schnellte so blitzartig vor, dass man sie gar nicht sah. Drei schwarze, stählerne Krallen, die aus seinem Handschuh ragten, deuteten genau auf den Hals des Jungen. „Von jemandem wie dir muss ich mich nicht beleidigen lassen“, sagte er und seine Stimme klang dabei wie klirrende Eiswürfel.

„Jungs, Jungs“, seufzte das Mädchen und kam näher. „Ihr benehmt euch kindisch, wisst ihr?“

Ansatsu sah sie nicht einmal an, sondern wandte den Kopf dorthin, wo nur quellende Dunkelheit zu sehen war. „Was sagst du dazu, Taneo?“

Schritte erklangen, etwas piepste, dann flammte eine einzige Deckenlampe an. Ansatsu musste geblendet blinzeln. Taneos Umrisse wurden verschwommen sichtbar. Wie immer trug er einen weiten Mantel, der fast an einen Laborkittel erinnerte, wäre er nicht sandfarben gewesen. Sein braunes Haar bildete leichte Locken an den Spitzen. Quer über seinen Nasenrücken zog sich eine lange Narbe, die bis zum linken Ohr reichte. „Du hast deine Aufträge bisher immer ordentlich erledigt“, erklang seine Stimme. Sie war melodisch, fast hörte es sich an, als würde er die Worte singen. „Aber ich will die Sache so schnell wie möglich beenden. Kentarou und Miyuki werden von jetzt an übernehmen.“ Er ging zwischen Ansatsu und Kentarou hindurch, die Hände in den Manteltaschen vergraben, und brachte sie damit auf Abstand. Seine Augen musterten jeden von ihnen kurz und eindringlich und schienen dabei zu funkeln. „Und ich wünsche nicht, dass ihr darüber streitet. Tut, was ihr tun müsst, und fertig.“

Er ging noch ein paar Schritte weiter, ehe er stehen blieb und zu ihnen zurückrief, ohne sich umzudrehen: „Und tut es bald.“
 

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Ich wollte auch mal ein bisschen aus der Sicht der "Bösen" schreiben ;) Vielleicht aufschlussreich, vielleicht nicht, ich weiß es nicht^^

Ab dem nächsten Kapitel geht es so richtig los :D Die Kapitel bisher waren ja eigentlich eher eine Einleitung. Deswegen weiß ich nicht, ob sie nicht vielleicht zu langatmig waren ... Danke an die Leser, die bis hierher durchgehalten haben^^ Ab jetzt geht es mit der Story steil aufwärts, versprochen ;)



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Kommentare zu diesem Kapitel (6)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Miliko
2012-11-12T22:35:17+00:00 12.11.2012 23:35
Ich schreibe jetzt auch mal ein Kommentar. Schließlich habe ich ja bereits geschrieben, dass ich es diesen Montag tue.
Der Titel Reunion passt super. Aber das kannst du dir ja denken.
Ich freue mich, dass zumindest Gatomon und Veemon am Leben sind und mit ihren Partnern vereint sind. Jetzt können sie zumindest schon mal etwas ausrichten, ob es was hilft ist die andere Frage.
Den Part in der realen Welt mag ich am liebsten. Leider hat Tai Matt ja noch nicht erklärt, was mit TK ist. Ich fands übrigens gut, dass du Tai einen Toyota gegeben hast. Ich kann mir lebhaft vorstellen wie Tai cool wie James Bond durch die Straßen Tokios düst, um den Porsche abzuhängen.Yolei und eine Pistole? Ich frage mich, wie sie die bitteschön von Korea nach Japan bekommen hat oder soll ich mir das selbst ausdenken ;) Diesmal wurde an jede Vorsichtsmaßnahme gedacht. Handys ausschalten etc. Aber ich bin mir sicher, dass Ansatsu sie trotzdem findet. Schließlich hat er auch Sora in einem Cafe gefunden und ich kann mir vorstellen, dass er sich schon denkt, dass sie alle gemeinsam in Japan sind.
Bei den Bösen Part habe ich mich gefragt: Haben die eigentlich noch ein Digimon? Oder haben sie das gleich zuerst getötet? Mir gefiel, dass du einen Einblick in die Welt der Bösen gegeben hast. Jedoch hat das zumindest bei mir sehr viele Fragen aufgeworfen. Zu welcher Beziehung steht Ansatsu zu Taneo und wer ist dieses eine Mädchen? Wie viele Feinde gibt es insgesamt oder besser wie viele böse Digiritter?
Du siehst, du musst weiterschreiben ;)

LG Miliko
Von:  Juju
2012-11-11T16:23:25+00:00 11.11.2012 17:23
Also ich fand die Kapitel bisher super und überhaupt nicht langweilig. Es macht immer wieder Spaß sie zu lesen.
Ach, die Wiedervereinigungen von Kari und Gatomon und Davis und Veemon waren schon echt süß. :) Ich hab fast geweint. Ich liebe Kari und Gatomon total, sie sind auch meine liebsten Fanartopfer haha. :D Ich würde auch so an Gatomon kleben, wenn ich es hätte. xD
Hoffentlich finden sie bald auch Gomamon und Patamon. Und hoffentlich lebt Fumiko noch, sodass die anderen schnell nachkommen können. War Cody nicht auch schon in der Digiwelt?
Was ich noch besonders spannend und gelungen finde, ist, wie Tai und die anderen die ganze Zeit fürchten müssen verfolgt zu werden. Es ist bestimmt schrecklich so zu leben. Bin mal gespannt, wo und wie sie jetzt wohnen. Und ohje, Yolei mit Waffe. Aber es scheint wohl nötig zu sein, um sich im Falle eines Falles verteidigen zu können.
Ah, ich dachte, Ansatsu wird jetzt aus dem Weg geräumt, weil er versagt hat. Ich finde es gut, dass du etwas aus der Sicht der Bösen geschrieben hast. Aber noch mal eine Verständnisfrage: Das sind jetzt alles die neuen DigiRitter, oder? Also bei Taneo weiß ich es noch, aber auch Ansatsu, Miyuki und... der dritte? (xD Sorry, ich kann mir japanische Namen schlecht merken).
Achso und die Idee mit der DigiAllianz finde ich schön. Und Gatomon als Lazarettarzt ist wirklich süß. :D Ich kann es mir lebhaft vorstellen.
Bitte schreib schnell weiter!

P.S.: Ich finde, deine Fanfic sollte der neue Digimonfilm werden. ;)
Von:  Ailtvesiki
2012-11-11T13:25:25+00:00 11.11.2012 14:25
wow, das kapi war echt genial!
finds toll das kari und davis ihre partner schon gefunden haben! und davis und veemon sind echt gut getroffen ;)

matt, sora und mimi sind endlich wieder bei den anderen, juhu! jetzt bekommen sie hoffentlich was gescheites auf die reihe - sprich sie sollen auch in die digiwelt!
aber irgendwie glaub ich nicht das der porsche gänzlich verschwunden ist, der ist wahrscheinlich ein krimineller profi, der weiß schon wie man jemanden verfolgen muss xD
und yolei mit pistole!! sie ist echt verrückt! aber das hat sie ja in der serie auch bewiesen (ich sag nur, schwarze türme raufklettern xD)
und noch was muss ich zu der szene sagen: tai am steuer, yeah! kann ich mir richtig vorstellen xD

und dann denkt man sich, das kapitel ist gleich aus und... bammm! mobile festung des digimonkaisers xD
echt toll das du aus der sicht der böse geschrieben hast ;)
das heißt wohl das unsere helden es jetzt mit drei gleichzeitig aufnehmen müssen...

hab übrigens nicht gefunden das es bis jetzt "langatmig" war, ein bisschen erklärung muss ein ;)

dann warte ich halt mal bis du das nächste kap rauflädtst "Und tu es bald!"
Von:  fahnm
2012-11-10T22:53:00+00:00 10.11.2012 23:53
Hammer Kapi^^
Mal sehen wie es weiter gehen wird.
Hoffentlich schaffen es Tai und die anderen in die Digiwelt rüber zu gehen.
Von:  Kaninchensklave
2012-11-10T14:20:10+00:00 10.11.2012 15:20
ein Klasse Kap

ich hoffe das die anderen bald benfalls in die Digiwelt reisen um den Dunkeln der gar asu zu machen

cih ich hoffe auch das die Digiritter eien möglichkeit finden alle Ihre Digimon auch ohne DNA DIgitation auf Mehga level
zuz bringf vorallem alt von der ersten gernation inkl. T.k und Kari

GVLG
Von:  EL-CK
2012-11-10T11:27:26+00:00 10.11.2012 12:27
Das Kapitel fand ich wieder mal richtig gut...
va das Ende - die Bösen sind dir echt gut gelungen...
wenn ich ehrlich sein soll hat mich das Ende ein bisschen an die Folgen
der ersten Sailor-Moon-Staffel erinnert (da haben sich die untergebenen auch immer so behandelt wie bei dir) - das mein ich im positiven Sinne ^.~


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