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New Reign

Wie Game of Thrones, nur mit Digimon. [Video-Opening online]
von

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Der Auftrag des Löwen


 

Tag 43

 

Kens Stiefel knirschten über den Teppich aus Glasscherben. Das Festzelt hatte sich in ein Schlachtfeld verwandelt, die Kämpfe hier waren heftiger ausgefallen als die Scharmützel in der restlichen Stadt. Aber Ken hatte beschlossen, ernst zu machen. Beschlossen, mit voller Kraft zu kämpfen, um diesen Irrsinn möglichst schnell zu beenden.

„Wie lästig, dass man nach einem großen Fest immer auch wieder aufräumen muss“, seufzte Spadamon, das den anderen Digimon dabei half, den Pavillon abzubauen und die Trümmer der Tische und Bänke von den intakten Möbeln zu trennen. Es war Musyamon mit dessen Verstärkung in einigem Abstand zu seiner Kotemon-Garde gefolgt und erst nach der Schlacht eingetroffen. Bis heute hatte es auf Musyamons Landsitz bei den Reisfeldern darauf geachtet, dass die Abmachung eingehalten wurde.

„Ich hatte übrigens noch ein paar Informationen über Little Edo für Euch“, sagte es beiläufig, wie um sich auszuruhen. Ken spannte nicht nur Schwarzring-Digimon für die Arbeit ein, sondern auch alle anderen. „Aber ich schätze, das hat sich jetzt erledigt, ja?“

„Weißt du, wo der Drachenritter steckt?“

Der kleine weiße Löwe zuckte die Achseln. „Als ich das letzte Mal hier war, war er auch noch hier. Wahrscheinlich ist er zurück ins Nördliche Königreich geflogen, als die Prinzessin den Antrag des Wolfs angenommen hat.“

„Kannst du das bestätigen?“ Ken wandte sich an Matt. Er sah übel aus; sein schöner Anzug war zerrissen und schmutzig, in seinem Haar klebte getrocknetes Blut, wo Ogremons Keule ihn heftiger als nötig getroffen hatte. Seine Hände hatten sie mit Stricken gefesselt und zwei steinharte Gotsumon flankierten ihn. Er kniff nur mit zornigem Blick die Lippen zusammen. Ken seufzte. Egal, was er tat oder sagte, er würde aus Matt nichts herausbekommen. Als er mit Yolei in der Maya-Pyramide gesprochen hatte, hatte er erkannt, dass nichts seine ehemaligen Freunde dazu bewegen konnte, ihm zu glauben. „Nehmt im sein DigiVice ab und bringt ihn und sein Gabumon in die Festung“, wies er die Gotsumon und eine kleine Eskorte Allomon an, die zum Aufräumen nachgekommen waren. „Sperrt sie ein und passt auf sie auf, und behandelt sie gut. Und ihre Wunden.“

Während Matt, immer noch in stummer Verachtung schweigend, abgeführt wurde, rief Ken seinen ersten Ritter zu sich. „Ogremon.“

„Zur Stelle.“ Das grünhäutige Digimon sah aus wie neu geboren, die Wochen ohne Kämpfe schienen an seinen Kräften gezehrt zu haben. Nun hatte es seinem Kriegerkodex Ehre machen dürfen. „Ein Auftrag, ja? Sehr gut. Allemal besser, als hier zu putzen.“

„Nimm deine Getreuen mit dir und such nach den beiden Mädchen, die uns entkommen sind. Ihnen darf kein Haar gekrümmt werden, aber achtet auf ihre Digimon und DigiVices. Wenn ihr gegen sie kämpft, dann habt die Cerberusmon in vorderster Reihe. Spadamon hilft dir, sie aufzuspüren.“

„Alles klar.“ Ogremon knackte mit den Knöcheln und gab Spadamon einen Wink. „Los geht’s, Kleiner.“

„Wie du willst, Großer.“ Die beiden ungleichen Digimon gingen zur Empore, wo Ogremon seine Anhänger zusammenrief.

„Nun zu Euch“, sagte Ken und wandte sich an Musyamon, das schweigend auf einer zerbrochenen Bank hockte und den Arbeiten zusah. „Ihr habt mir gute Dienste geleistet.“

Musyamon schnaubte nur. „Als Euer kleiner Freund zu mir in mein Anwesen kam, dachte ich, Ihr würdet Witze machen. Aber Ihr habt es tatsächlich geschafft. Ein ausgeklügelter Plan.“

„Danke.“ Ken kam gleich zur Sache. „Ich vermute, dass Ihr einen gewissen Groll gegen den Ehernen Wolf hegt. Ich will Euch daher erinnern, dass er mein Gefangener ist, und ich allein bestimme, was mit ihm geschieht.“

„Ich habe keinen Groll gegen ihn. Er war nur der arme Tropf, der das Pech hatte, heute einen silbernen Kelch hochzuheben.“

Das überraschte Ken. Er hatte gedacht, Musyamon hätte ihm geholfen, weil es Matt hasste. „Dann lasst mich Euch eine Frage stellen. Wenn wir Prinzessin Mimi auch erwischt hätten, hättet Ihr darauf bestanden, sie zu heiraten?“

Musyamon schnaubte wieder. „Was bringt es, jemanden zu heiraten, der einen nicht liebt? Das Mädchen wusste nichts von meiner Vereinbarung mit ShogunGekomon. Sie verabscheut mich, das muss ich hinnehmen.“

Die Antwort gefiel Ken, obwohl er schon flüchtig mit dem Gedanken gespielt hatte, Mimis Ehe mit Matt zu annullieren und mit einer erneuten Heirat Musyamon zum rechtmäßigen Shogun zu machen. Aber kein Digimon würde ihn dafür lieben, und ehe er Mimi das antat, konnte er gleich bei seinen Schwarzen Ringen blieben. „Nun gut. Ich halte mich an mein Versprechen. Ich werde Euch aber nicht zu einem meiner Ritter schlagen, wenn Ihr das erwartet. Schließlich seid Ihr ein Verräter.“

„Bin ich das?“ Musyamon zeigte die Zähne. „Der alte Shogun hat abgedankt. Dem neuen habe ich nie meinen Treueeid geschworen. Ich habe Eurem Ogremon gesagt, was ich mit ihm anstelle, wenn es zu spät Radau schlägt und mich zwingt, den Schwur zu erneuern.“ Es deutete auf das Oger-Digimon, das eben mit seiner Truppe und Spadamon vom Vorplatz trottete.

„Wie dem auch sei. Ich werde Euch gemäß unserem Abkommen Little Edo und die Reisfelder als Fürstentümer übergeben, wenn Ihr mir jetzt die Treue schwört; die Voxel-Stadt dürft Ihr natürlich ebenfalls behalten. Das Schneisental und die westlichen Berghänge werden an andere meiner Vasallen gehen.“

„Natürlich.“ Musyamon kniete vor ihn nieder. „Bei meiner Ehre als Samurai. Ich, Musyamon, schwöre Euch Treue bis in den Tod und nenne Euch meinen Lehnsherren und Kaiser.“

Ken wusste nicht, wie weit er diesem Digimon trauen konnte, aber so waren sie übereingekommen. Ohne Musyamon wäre das hier alles nicht möglich gewesen. „Und ich schwöre, Euch als Euer Schirmherr vor jedwedem Unheil zu schützen, das Euch droht. Erhebt Euch, Musyamon, Fürst von Little Edo, der Voxel-Stadt, den Gekomon-Reisfeldern und der Bambusbucht.“

Musyamon stand mit klappernder Rüstung auf. „Dann werde ich mir jetzt meine neue Stadt ansehen, wenn Ihr gestattet.“

„Tut das. Einen Rat möchte ich Euch noch geben: Passt gut auf den Schwarzen Turm auf. Ich werde im Umland weitere errichten lassen. Ich befürchte, die Bürger hier werden Euch nicht gerade lieben.“

„Lasst das meine Sorge sein.“ Musyamon nickte ihm zum Abschied zu.

„Du meine Güte, was hast du denn hier angestellt?“

Ken wandte sich um und sah erfreut Nadine, die über den Scherbenteppich ging. Glas zerbrach unter ihren Absätzen. Sie trug das gleiche, königliche Kleid wie bei ihrem ersten Treffen. Am anderen Ende des Platzes war ihr Ookuwamon gelandet.

„Ich tue nur, was ich tun muss“, sagte er und lächelte schwach.

„Wormmon hat mir gesagt, dass du hier bist. Und dabei bin ich extra den ganzen Weg bis zu deiner Festung geflogen.“ Nadine schüttelte tadelnd den Kopf, als sie die Zerstörung sah. „Ken, Ken, Ken, was machst du nur? Da lässt man dich ein paar Tage aus den Augen und schon eroberst du mal eben Little Edo. Bist du nicht zufrieden damit, dass du die Felsenklaue kriegst?“

„Wer bist du, dass du es wagst, so mit dem DigimonKaiser zu reden?“, blaffte sie ein Gazimon an, das Ogremon wohl übersehen hatte. Es sah betrunken aus und lallte leicht; nach dem Kampf hatten sich seine Digimon an dem Sake der Gekomon gütlich getan, und Ken hatte ihnen den Spaß gelassen, auch wenn der Wiederaufbau so nur schleppend voranging.

„Das, Gazimon, ist die Königin der Schwarzen Rose“, erklärte er und Nadine schenkte dem hundeartigen Digimon ein Lächeln, und Ken meinte, trotz seines Fells sehen zu können, wie es erbleichte und schlagartig nüchtern wurde.

„Oh, das … ich … Ichbittteumverzeihung, Milady. Eure Hoheit“, murmelte es so schnell, das man es kaum verstand, kniete ehrfürchtig nieder und kniff die Augen zusammen, als erwartete es Schläge.

„Ich vergebe dir“, meinte Nadine lächelnd. „Aber nur, wenn du ab jetzt doppelt so hart arbeitest. Jemand sollte diese Scherben hier wegräumen.“

„Jawohl!“ Gazimon schnellte in die Höhe, wankte kurz und machte sich dann wieder an die Arbeit. Ken gestattete sich noch ein losgelöstes Lächeln, dann wurde er wieder ernst.

„Hat alles geklappt?“

Nadine runzelte die Stirn. „Sagen wir es so, ich hab gute und schlechte Nachrichten für dich. Aber wir bereden das am besten nicht hier, vor allen Leuten.“

„Du hast recht. Komm mit.“

 

ShogunGekomons Privatgemach war riesig – was für ein Digimon seiner Größe nur natürlich war. Jetzt brauchte es das Zimmer nicht mehr; leider war es gestorben, so wie auch Karatenmon. Sie waren als Ultra-Digimon die beiden größten Risikofaktoren in der Aktion gewesen. Das Alte Gekomon hatte schließlich sein Knie gebeugt und seine Ländereien an Ken abgetreten, der mit dem Gedanken spielte, es als Handelsmeister einzusetzen, aber diese Überlegungen hatten noch Zeit.

Der hohe Raum entbehrte jeder Einrichtung. Der ehemalige Shogun schien einfach auf dem Boden geschlafen zu haben. Die Echos in diesem kahlen Zimmer waren laut und hallend und die Luft kam Ken unangenehm kühl vor. Also suchten sie einen anderen Ort und fanden schließlich etwas, das nur das Gemach von Mimi sein konnte.

Ein wenig unwohl fühlte sich Ken schon dabei. Er hatte das Gefühl, in ihre Privatsphäre einzudringen, als er mit Nadine das Zimmer betrat. Der DigimonKaiser und die Schwarze Rose – sie beiden gehörten nicht hierher, wo alles so prinzessinenhaft wie in einem Märchenbuch war: kunstvoll geschnitzte Schränke, zweifellos voller Kleider und Schuhe, ein großer Schminktisch, ein Wald aus Tinkturen, Parfüms und anderer Fläschchen, ein riesiges, sahneweiches Himmelbett, hübsche verschnörkelte Lampenschirme, und alle Sitzgelegenheiten waren dick und weich gepolstert. Andererseits war der ganze Tand ja nur etwas, das sie von Deemon erhalten hatte.

Nadine hob beiläufig einen verzierten Handspiegel auf, der auf der Kommode lag, sah hinein und strich sich das Haar glatt. Ken wagte es nicht, sich auf das Bett zu setzen, also wählte er einen bequemen Stuhl, dessen Lehne mit cremefarbenem Samt gepolstert war. „Also, gab es Probleme bei dir daheim?“

„An der Felsenklaue? Nein.“ Nadine sah nicht auf, sondern zwirbelte eine Haarsträhne zwischen den Fingern. Dann ließ sie den Blick abschätzig über die kitschige Einrichtung wandern. „Außer, dass mir Keiko schon wieder auf die Pelle rückt. Das Mädchen will einfach nicht in Frieden mit mir reden. Ich weiß nicht, was die gegen mich hat.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Nein, sonst ist alles glatt gelaufen. Meine Berater wollten zwar zuerst nichts von der ganzen Sache wissen, aber dann hab ich ihnen versichert, dass sie immer noch mir persönlich unterstehen und du nur deine Türme baust, weil das unser Reich besser sichert.“ Grinsend zwinkerte sie ihm zu, legte den Spiegel weg und ließ sich einfach auf das Bett fallen, wo sie prüfend auf der Matratze wippte. „Wir werden unsere Entscheidungen ja ohnehin gemeinsam treffen. Spielt doch keine Rolle, von wem meine Berater sie erfahren.“

Genau deswegen hatte Ken gar keine Berater, zumindest keine solchen, die nichts anderes taten als ihm Pläne vorzuschlagen und seine eigenen zu kritisieren. Kaum jemand in der DigiWelt hatte eine Ahnung davon, was das hier eigentlich alles für eine Farce war, also war er der Ansicht, dass er allein entscheiden konnte und musste, was am besten war. „Aber du hast sie überzeugt?“

„Klar. Meine Fürsten hab ich auch für dich gewinnen können. Sie haben aber gemeint, ich sollte vielleicht verstärkt Propaganda mit dir gemeinsam machen, damit das gemeine Volk auch hinter uns steht.“

Er nickte. Das war eine gute Idee. Wenn er zu sehr in sein altes Muster zurückfiel, ohne Werbung für sein Regime zu machen, würde er den Bürgern höchstens unsympathisch werden. Vor allem nach so hinterhältigen Schachzügen wie dem heutigen.

„Was ist dann das Problem?“

Nadine hatte einen Fächer gefunden. Sie hatte sich wieder aufgesetzt und fächelte sich kühle Luft zu. „Der Bohrturm. Die Kavallerie wird mir abspenstig.“

„Das heißt?“

„Sie meinen, sie haben unter so großen Verlusten gegen dich gekämpft und dann den Turm so lange gehalten, dass ein Bündnis zwischen uns einfach nicht in Frage käme.“

Ken schnaubte. „Sie hatten kaum Verluste. Ich habe meine Digimon zurückgezogen, als sie gekommen sind.“

„Sie wollen weiterhin den Turm halten. Das geht sicher auf RiseGreymons Konto. Die anderen waren mir eigentlich immer treu, aber RiseGreymon war schon immer ein Kandidat für Fahnenflucht. Blöd nur, dass es das stärkste von ihnen ist und ich ihm deswegen das Kommando gegeben habe.“

„RiseGreymon?“

„Ein großes Dino-Digimon mit Metallrüstung. So ähnlich wie das MetallGreymon von diesem, wie heißt er noch gleich, Tai.“

Jetzt wusste Ken also, was das für ein Digimon war, das gegen Ende der Aufzeichnungen damals gegen den Bohrturm gekracht war wie ein lebender Fels. „Ich kümmere mich darum. Jetzt habe ich wenigstens einen Grund, den Bohrturm zurückzuerobern. Ich kann das ja schlecht auf mir sitzen lassen.“

„Nein, du machst gar nichts“, erwiderte Nadine. „Ich habe dir das eingebrockt, und deine Truppen sind sowieso schon so dünn gesät. Ich schicke meine Elite, damit sie den Bohrturm für dich knackt.“

Ken nickte dankbar.

„Wormmon sehnt sich übrigens schon nach dir.“ Sie stand schwungvoll auf, dass ihre Röcke raschelten. „Kannst du hier weg?“

Ken überlegte. „Ein wenig würde ich noch gern die Dinge hier überwachen. Um das meiste darf sich Musyamon kümmern. Sagen wir, um Mitternacht?“

„Von mir aus.“ Ihre Zähne blitzten im Abendlicht. „Ich wusste ja gar nicht, dass du ein Nachtschwärmer bist.“

 

 
 

Tag 44

 

Als Tai zum Sitzungssaal in Santa Caria gerufen wurde, sah er, dass Davis zurückgekehrt war. „Du bist schon wieder da?“, fragte ihn der Junge.

„Sieht so aus, nicht wahr?“, gab Tai ruppig zurück. Sie gingen beide auf das Rathaus zu. War Davis etwa auch zu der Besprechung geladen? Was bedeutete das?

„Das heißt, du hast die Prinzessin wirklich nicht geheiratet.“

„Woher weißt du davon?“, fragte Tai mit zusammengekniffenen Augen. Musste er sich die ganze Leier jetzt auch noch von so einem Grünschnabel anhören?

Davis zuckte die Achseln. „Es war das Erste, was man uns erzählt hat, als wir heute Morgen angekommen sind. War sie hübsch?“

„Sie wäre nichts für dich“, sagte er auf sein Grinsen hin. „Und für mich auch nicht.“

Beidhändig stieß er die Torflügel auf, die direkt in den Saal im Rathaus führten.

„Ah, Drachenritter“, begrüßte ihn Meramon. „Wie es aussieht, habt Ihr Little Edo ein paar Tage zu früh verlassen.“

Tai hatte bereits jetzt die Nase voll von diesem Thema. Von Mimi wollte er am liebsten nichts mehr hören. Es war schon seltsam – eigentlich hatte er sie nie heiraten wollen, aber dass sie nun diesen Matt an seiner Stelle gewählt hatte, verletzte trotzdem seinen Stolz. „Warum? Ist die Hochzeitszeremonie in aller Munde? Hat sich der Wolf blamiert?“, fragte er kühl, während er zur Rechten des Königs Platz nahm. Heute waren sie alle anwesend, Leomon, Centarumon, das keinen Stuhl brauchte, Meramon und er. Wizardmon war in die Blütenstadt zurückgekehrt, hatte er gehört, dafür war Davis nach Santa Caria gekommen.

„Blamieren würde ich das nicht nennen“, sagte Meramon. „Aber die Hochzeit ist in aller Munde, ja.“

„Der DigimonKaiser fiel während der Zeremonie in Little Edo ein“, sagte Leomon ruhig. „Er hat mit Fürst Musyamon von den Reisfeldern konspiriert. Der Shogun ist tot, und der Eherne Wolf ist in Gefangenschaft geraten.“

Das überraschte, schockierte Tai sogar. „Aber dann ist Little Edo …“

„Die Stadt hat nicht viel Schaden erlitten. Aber es hat sich vieles geändert. Der DigimonKaiser hat sie sich in sein Reich einverleibt. Musyamon ist sein Vasall geworden.“

Tai schüttelte fassungslos den Kopf. Er hatte gestern einen eintägigen Flug in die Eisregion unternommen, um eine Expedition von Frigimon, das das Lehen dort hielt, in den unbekannten Westen zu überwachen. Erst heute Morgen war er wieder in Santa Caria angekommen und hatte bis Mittag geschlafen. So viel konnte sich also innerhalb eines Tages ändern … „Das bedeutet ja, dass sein Reich jetzt nicht mehr gespalten ist. Dann gehört ihm jetzt alles von der Knöchelküste bis zum Stiefel.“ Ich habe mir dieses lächerliche Minneduell mit Matt geliefert, weil wir beide Little Edo wollten. Jetzt hat uns der DigimonKaiser gezeigt, wie es gemacht wird.

„Es kommt noch schlimmer“, sagte Centarumon. Wenn es sprach, hörte es sich immer sehr dramatisch an, doch diesmal steckte auch etwas dahinter, das spürte Tai. „Die Nachricht hat uns heute Vormittag erreicht. Der DigimonKaiser und die Schwarze Rose haben am Morgen ein Bündnis verlautbaren lassen.“

„Ein Bündnis mit dem Süden? Das … das ist …“

„Eine Katastrophe“, führte Leomon Tais Satz zu Ende.

Was zum Teufel war in den letzten zweiunddreißig Stunden noch alles passiert, von dem er nichts wusste? „Dann gehört ihm ja bald die halbe DigiWelt!“ Das war übertrieben, aber so gesehen war sein Machtbereich jetzt der größte von allen Kriegsteilnehmern.

„Wir haben ihm viel zu lange freie Hand gelassen“, knurrte Meramon. „Er macht da unten im Süden, was er will. Am Stiefel hat er eine Schlacht verloren, heißt es, aber dafür hat er jetzt Little Edo in seiner Gewalt und die Felsenklaue hinter sich. Jemand muss diesem Kaiser mal die Zähne ziehen!“

„Wir hatten keine Wahl. Die Schwarze Königin hat uns dazu gezwungen, unser eigenes Land zu verteidigen“, warf Centarumon ein.

„Apropos.“ Tai wandte sich an Davis. „Wie ist es gelaufen? Ich habe gehört, dass du erfolgreich warst, aber ich würde es gerne offiziell hören.“

Davis lächelte triumphierend. „Und wie. Veemon und ich haben ihnen richtig eingeheizt.“

„Davis hatte den Einfall, der die Blütenstadt gerettet hat. Anschließend hat er geholfen, den feindlichen General ausfindig zu machen und zu vertreiben. Zumindest im Dornenwald herrscht jetzt wieder Frieden“, sagte Leomon.

Tai hob eine Augenbraue. „Nicht übel“, sagte er.

„Och, war keine so große Sache“, meinte Davis und Tai war sich nicht sicher, ob er nun verlegen oder hochnäsig war.

„Womit wir beim eigentlichen Thema wären“, sagte der König. „Centarumon?“

Der Zentaur breitete eine Karte auf dem Rundtisch aus und sie alle beugten sich darüber. „Es gab Überfälle hier, hier und hier.“ Seine behandschuhten Hände deuteten auf Gebiete rund um das Nadelöhr, einen großen See am Fuße der Nadelberge, und auf den Nebelwald westlich davon, der sie eigentlich nichts mehr anging.

„Wieder das Blutende Herz?“, fragte er.

„Wir sind uns nicht sicher, wer dahinter steckt“, sagte Centarumon. „Es scheint sich um Banditen zu handeln, die die Kriegssituation ausnutzen. Überall dort fehlen starke Digimon, die wir südlich des Dornenwalds und auf der Großen Ebene stationiert haben, um die Grenze zu sichern. Die Banditen nutzen das aus, überfallen Dörfer und Siedlungen und plündern und brandschatzen.“

„Briganten“, murmelte Tai. „Waren es denn immer dieselben?“

„Es scheint mehrere Gruppierungen zu geben. Sie sind eine Plage und stellen den Schutz infrage, den wir unseren Bürgern bieten wollen“, sagte König Leomon.

„Alles klar, die walzen wir platt.“ Davis krempelte symbolisch die Ärmel hoch. „Veemon und ich kümmern uns um sie.“

„Weil du weißt, wie solche Halunken denken?“, fragte Tai. Es war unfair, das wusste er, aber er musste immer noch Dampf ablassen.

„Im Gegenteil!“, brauste Davis auf. „Diese Briganten vergreifen sich nur an Unschuldigen! Die Getreuen des Staubes haben das immer andersrum gehalten.“

„Du willst dich uns also weiterhin anschließen?“, fragte König Leomon.

Davis nickte. „Ja.“

„Ja, Eure Majestät“, zischte ihm Tai zu.

Davis rollte mit den Augen. „Ja, Eure Majestät. Verzeihung. Vor allem, wenn es um solche Überfälle geht. Ich will den Digimon dort helfen, die nichts mit dem Krieg zu tun haben.“

Leomon nickte. „Dann werde ich es dir überlassen, sie aufzuspüren. Dir und Sir Taichi.“

„Ich auch?“, fragte Tai. Er verspürte eigentlich keine große Lust, mit Davis zusammenzuarbeiten. Eigentlich wollte er nur seine Megadramon und Agumon in seiner Nähe wissen, andere Menschen konnten ihm im Moment gestohlen bleiben.

„Seht es als Chance, Euer Versagen im Königreich der Kröten reinzuwaschen“, griente Meramon und er knirschte mit den Zähnen.

„Es ist gut, Meramon“, mahnte es Leomon, aber Tais Zorn war bereits neu entfacht.

„Was soll mit dem DigimonKaiser geschehen?“, fragte Centarumon. „Wir sollten ihm nicht mehr freie Hand gewähren. Ich habe gehört, seine Hauptarmee steht momentan am Rand der Kaktuswüste. Es sieht nicht so aus, als würde er seine Aufmerksamkeit bald gen Norden richten.“

„Würde ja auch keinen Sinn machen“, brummte Davis, der sich die Karte ansah. „Wenn er die Kaktuswüste auch noch erobert, hat er einen wunderschönen, kompakten Fleck Land.“

„Die Große Ebene ist noch zum größten Teil frei“, gab Leomon zu bedenken. „Der Eherne Wolf ist gefangen, und wir haben gehört, seine Digimon sind entweder versprengt oder versklavt worden. Little Edo ist gefallen. Nichts steht mehr zwischen ihm und uns.“

„Nur meilenweites Grasmeer“, sagte Tai.

„Das wird ihn nicht aufhalten. Wir müssen mit unseren nächsten Schritten vorsichtig sein. Wenn er sich nach Norden wendet, kann er die Front ausweiten und unsere Armee ausdünnen. Das sollten wir verhindern, bevor es passiert.“ Centarumon war immer sehr vorsichtig.

„Welcher Art ist sein Bündnis mit der Schwarzen Rose?“, fragte Tai.

„Wollt Ihr wissen, ob sie geheiratet haben?“, stichelte Meramon.

„Sie haben beide verkünden lassen, dass sie nun als ein Reich gelten. Die Währung des Kaisers wurde auch auf der Felsenklaue eingeführt, und ihre Untertanen dürfen sich frei im gesamten Gebiet bewegen“, sagte Centarumon. „Außerdem lassen sie durchblicken, dass sie beide im Reich des jeweils anderen vollstes Verfügungsrecht haben.“

„Das heißt aber, dass das Bündnis nur auf Papier existiert, richtig?“ Meramon schlug mit der Faust auf die Karte, wo sie zum Leidwesen Centarumons einen angekokelten Fleck hinterließ. „Dem DigimonKaiser kann man nicht trauen. Er hat Ränke mit diesem Musyamon geschmiedet. Wenn wir das der Rose klarmachen, wird sie sich vielleicht von ihm abwenden.“

„Ihr wollt sein Bündnis brechen?“, fragte Tai.

„Wir werden ihr stattdessen ein eigenes Angebot unterbreiten. Menschen sind wankelmütig.“

Die Felsenklaue wurde von einer Königin als Alleinherrscherin regiert. Wenn sie wieder von ihm verlangten, dass er ihr schöne Augen machte, um sie zu ehelichen …

„Einen Versuch ist es wert“, sagte Leomon. Es schien seine Gedanken gelesen zu haben. „Nein, Sir Taichi, ich werde Euch auf keine solche Mission mehr schicken. Wir werden die Rose auf andere Art für uns erwärmen.“

„Habt Dank“, murmelte Tai säuerlich.

„Außerdem sollten wir König Takashi von der Kaktuswüste ebenfalls etwas in der Art vorschlagen. Der DigimonKaiser wächst auch ihm langsam über den Kopf. Wir müssen alle zusammenhalten, wenn wir ihn bezwingen wollen“, sagte Centarumon.

„Glaubt Ihr wirklich, der hört auf uns? Er soll noch ein halbes Kind sein, habe ich gehört“, spottete Meramon.

„Wir werden es auf einen Versuch ankommen lassen.“

Wizardmon würde eine lange Reise unternehmen müssen, dachte Tai.

 
 

Mighty eagle rule alone

Liberator claim the throne

Lion from the northern land

Take the scepter, from its hand

(Sabaton – The Lion From The North)
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Mal wieder ein etwas ruhigeres, dialogreiches (und kürzeres O.o) Kapitel zum Ausklang des Kampfes, aber es ist immerhin doch so einiges passiert, weswegen ich hoffe, dass es nicht langatmig war ;)

Im nächsten Kapitel: Zwei Banner im Wind. Und es kommt auch mal wieder das Team am Meer der Dunkelheit vor :) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  Juju
2016-03-06T12:36:58+00:00 06.03.2016 13:36
Hmmm okay so schlimm scheint Little Edo ja doch nicht vernichtet zu sein. Nochmal Glück gehabt. Dann kann es ja vielleicht relativ schnell wieder aufgebaut werden.
Ich kann verstehen, dass Ken sich in Mimis Zimmer wie ein Eindringling fühlt. Ich stelle es mir sehr süß vor und gerade in ihrem Bett würde ich auch gern mal schlafen wollen. Große, weiche Himmelbetten sind doch was Tolles. Witzig, dass Nadine sich so gar nicht unwohl zu fühlen scheint. Die beiden sind doch recht unterschiedlich. ;)
Oh, ich bin mal gespannt, ob die Kavallerie noch großen Ärger machen wird. Und jetzt hat man auch erfahren, was für einen schmutzigen Auftrag Ken da hatte. Es ging also um Musyamon. :)
Haha ich musste lachen, als Tai Angst hat, dass er jetzt Nadine als nächstes heiraten soll. xD Wäre so witzig gewesen, wenn du ihn zu ihr geschickt hättest xDD Auch witzig, dass er von Menschen momentan die Nase voll hat. Der Arme. Zurückgewiesen zu werden scheint er nicht gewöhnt zu sein. xD Jetzt soll er mit Davis herausfinden, was das für Plünderertruppen sind oder? Hab ich das richtig verstanden? xD
Ich hüpfe mal weiter zum nächsten Kapitel.
Antwort von:  Juju
06.03.2016 13:58
Ach ich musste übrigens auch echt lachen, wie Tai darüber nachdenkt, dass Matt und er sich ein lächerliches Minneduell geliefert haben, um Little Edo zu bekommen und der DigimonKaiser ihnen einfach gezeigt hat, wie man es richtig macht. xD
Von:  dattelpalme11
2015-12-16T20:02:43+00:00 16.12.2015 21:02
Soo, endlich schaffe ich es auch mal das aktuellste Kapitel zu kommentieren :D
Matt scheint es ja wirklich erwischt zu haben, aber immerhin lebt er noch o.O
Es hätte ja auch anders ausgehen können :O
Little Edo wurde jetzt vom Digimon-Kaiser übernommen o.o Tai hat schon recht, er hat gezeigt, wie man es richtig macht xD
Ich finde es witzig, wie Tai wegen der Heirat aufgezogen wird, und ich glaube auch das es etwas an seinem Ego gekratzt hat, auch wenn er es nicht zugeben will :D
Und jetzt wollen sie auch noch das Bündnis brechen ? Ich bin mir echt nicht sicher, ob sie es schaffen werden o.O
Aber gut, mal sehen was du dir auch für den Rest noch so einfallen lässt :D
Ich freue mich, dass im nächsten Kapitel wohl wieder Takeru und Hikari vorkommen werden :)
Ich bin echt gespannt, was noch alles passieren wird, es folgt ja ein Schachzug nach dem anderen :P

Bis zum nächsten Kapitel ;)
Antwort von:  UrrSharrador
20.12.2015 13:23
Danke für deinen Kommi mal wieder :)
Ohja, so eine Ogremon-Keule auf den Kopf zu bekommen ist sicher nicht allzu gesund xD
Ich glaube auch. Obwohl er die Idee mit der Heirat ja eigentlich nie mochte, da dann zu verlieren ... er hat ja auch seinen Stolz^^
Ja, das Bündnis zu brechen dürfte in der Tat schwierig werden^^ Ich fands einfach lustig, dass sie da keine Ahnung über die Hintergründe des Bündnisses haben^^
lg :)
Von:  Maloich
2015-12-09T16:40:04+00:00 09.12.2015 17:40
Na das war mal ein spannendes Kapitel, auch wenn es im Vergleich zu den anderen eher kürzer war. Ich finde Tai hat recht nüchtern auf die Nachricht von Little Edos Untergang reagiert, aber sei's drum. Ich denke auch nicht, dass sie es schaffen werden Nadines und Kens Bündnis zu brechen, sie sind ja die einzigen, die wissen was wirklich los ist. Ich bin mal gespannt wie es weitergeht - hoffentlich kommt Izzy mal wieder vor, da er schon immer mein Lieblingscharakter war.

Digimon Tri fand ich wirklich gut, auch der Zeichenstil gefiel mir recht gut. Einzig auszusetzten habe ich bei einzelnen Soundtracks. Ich wünschte sie wären unverändert von den ersten beiden Staffeln verwendet worden und nicht so "abgeändert". Aber ich kann damit leben.
Antwort von:  UrrSharrador
09.12.2015 20:39
Danke für deinen Kommentar! Und dabei dachte ich, es ist gar nicht spannend haha XD In dem Fall bin ich froh, mich zu täuschen^^ Hm, Izzy hat nach Plan wirklich zu lange Funkstille ... aber da lässt sich was machen. Irgendwann im Laufe der folgenden Kapitel :)

Ich war froh, dass sie überhaupt die alten Melodien hergenommen haben, wenn auch abgeändert. Von daher fand ichs ok^^
Von:  EL-CK
2015-12-07T07:40:07+00:00 07.12.2015 08:40
ich finde das Kapitel sehr interessant...
ich denke nicht das es wirklich klug ist, das Bündnis der Rose mit dem Kaiser versuchen zu zerbrechen und auch "der Versuch" mit "König Takashi" klingt gefährlich...
Aber es freut mich auch dass ich Ken doch recht gut eingeschätzt hab': Matt ist "nur" etwas lädiert aber sonst geht es ihm ganz gut - ausser vll seinem Stolz und auch die Ladies will er "nur" gefangen nehmen...

Ich bin schon aufs neue Kapi gespannt...


P.s.: Danke für die ENS-Benachrichtigungen immer ;)
Antwort von:  UrrSharrador
07.12.2015 12:54
Danke für denen Kommi^^ Jep, deren Bündnis zu brechen könnte sich als schwierig erweisen XD
Klar, Ken tut ja alles in bester Absicht :)

PS: Gern doch^^
Von:  fahnm
2015-12-06T23:37:45+00:00 07.12.2015 00:37
Ein Tolles Kapitel
Mach weiter so
Antwort von:  UrrSharrador
07.12.2015 00:38
Wie hast du das so schnell geschafft? O.o Wollte dich grade erst benachrichtigen^^
Antwort von:  fahnm
07.12.2015 00:45
Ich bin ein Schnell Leser^^
Antwort von:  UrrSharrador
07.12.2015 00:59
Nicht schlecht XD


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