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New Reign

Wie Game of Thrones, nur mit Digimon. [Video-Opening online]
von

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Tag 130

 

„Geschafft, sie kehren um“, seufzte Yolei erleichtert und sah dem Ookuwamon nach. „Kommt, wir sagen es Michael.“

Sie rutschte die Düne hinunter, hinter der sie sich versteckt hatte. Von der Festung her hagelte es immer noch Angriffe auf die Guardromon, aber schon war das Gigadramon im Sand gelandet und nahm sie alle auf. Schnell wie der Wind hielt es auf die Küste zu, wo Whamon mit all ihren Freunden auf sie wartete.

„Alles in Ordnung!“, rief Yolei Michael zu, als sie landete. Er nickte, klappte seinen Laptop auf und funkte Izzy an, der sich vor einer Stunde so plötzlich bei ihnen gemeldet hatte.

Yolei verstand nur die Hälfte der Geschichte. Es hatte mit dem legendären Drachenritter zu tun, der einmal um Mimis Hand angehalten hatte. Anscheinend war er in der Kaktuswüste in die Gewalt des Einhornkönigs geraten. Der hatte einen digitalen Klon von ihm gestellt und anstelle des echten Sir Taichi nach Norden geschickt, wo seine Landsleute vorhatten, ihn zum neuen König zu machen. Der DigimonKaiser war dahinter gekommen, und aus welchen Gründen auch immer hatte er eine Hologramm-Botschaft nach Norden geschickt, die Izzy, dem Tausendsassa der Wissens-Armee, in sein Computernetz gegangen war. In der Botschaft sprach der Kaiser jedenfalls über genau diesen Täuschungsversuch. Izzy hatte auch überlegt, ob es nicht nur eine Falle war, aber nun, drei Tage später, war plötzlich ein Ookuwamon von der Kaktuswüste hierher beordert worden. Als Izzy es auf seinem Schirm gesehen hatte, war ihm sofort der Verdacht gekommen, dass der DigimonKaiser nun versuchte, den Drachenritter in seine Heimatfestung zu bringen. Die Verlockung war dann doch zu groß gewesen: Izzy hatte Michael kontaktiert und ihn gebeten, ihm bei einer Operation zu helfen.

Die Rebellen hatten das Whamon noch immer nicht verlassen, weil Michael, Yolei und Mimi ein ernstes Gespräch geführt hatten: Es würde tatsächlich nicht einfach werden, Matt zu befreien. Sie wollten den richtigen Moment, den richtigen Ort abpassen. Michael hatte die ganze Zeit über eifrig bei seiner Konföderation nach Hinweisen gefragt. Ein solcher Hinweis hatte dann all ihre Pläne über den Haufen geworfen: Gerüchten zufolge war der Eherne Wolf entkommen und hatte sich nach Norden durchgeschlagen. Mimi hatte zunächst ganz entgeistert dreingeblickt, dann erleichtert. Auch den Rebellen war spürbar ein Stein vom Herzen gefallen. Nun mussten sie sich doch nicht auf ein Himmelfahrtskommando begeben, um ihren rechtmäßigen Shogun zu befreien.

Nicht lange danach, noch während sie sich ihre nächsten Schritte überlegt hatten, hatte sich Izzy mit der Bitte gemeldet, einige Digimon ins Landesinnere zu schicken und das Gigadramon zu unterstützen, das die Fabrikstadt geschickt hatte. Yolei hatte sich freiwillig für den Einsatz gemeldet, und sie hatten ihren Auftrag erfüllt: Das Ookuwamon mit Tai an Bord hatte den Kurs gewechselt. Michael zeigte ihr den Daumen zum Zeichen dafür, dass es tatsächlich die Voxel-Stadt anflog. Sie hätte zu gern gewusst, warum das wichtig war, aber das schien selbst Michael als Militärgeheimnis zu betrachten.

„Werden wir jetzt ständig für die Konföderation die Lockvögel spielen?“, fragte Mimi gelangweilt, die auf einem Felsen saß und ihre Beine ins Meer baumeln ließ.

„Das war nur eine Ausnahme.“ Michael zögerte. „Es sei denn, du möchtest uns weiterhin unterstützen. Die Rebellen sind eine Truppe, mit der sogar der DigimonKaiser rechnen muss.“

Mimi überlegte lange. Dann meinte sie: „Wenn Yolei auch dafür ist … dann würde ich gern mit Michael zusammenarbeiten. Wir haben ja sonst sowieso kein Ziel.“

„Was ist mit Matt?“, fragte Yolei.

„Was soll mit ihm sein?“, meinte sie schulterzuckend. „Es geht ihm doch gut. Komm mir jetzt nicht wieder damit, dass er mein Ehemann ist. Wir haben diese Heirat beide nie gewollt!“

„Verständlich“, murmelte Michael.

„Aber er ist immer noch der Shogun, den deine Digimon verehren.“

„Dann lass sie uns doch selbst fragen“, verkündete Mimi und sprang von ihrem Felsen. Nur Yasyamon und Palmon waren bei ihr, die anderen Digimon warteten auf Whamon. Sie würden bald wieder von hier verschwinden und forttauchen müssen. Michael packte eben seinen Laptop ein, ein stabiles Ding, dem selbst gelegentliche Nässe nichts auszumachen schien. „Aber erst, wenn unser Vertrag mit Whamon ausläuft“, fügte sie mit einem spitzbübischen Lächeln hinzu. Michael zufolge könnten sie das große Digimon noch etwa eine Woche lang mit Futter bezahlen, das die Konföderation zur Verfügung stellen würde.

Yolei war verwundert. Warum wollte sie länger als nötig in Whamons Rachen bleiben? Im Nördlichen Königreich hätte sie es sicher bequemer. „Sag mal, weißt du, warum Mimi es so gar nicht eilig hat?“, fragte sie Palmon, als Mimi mit Yasymon und Michael begann, über die Felsen weiter ins Meer zu klettern, dorthin, wo Whamon sie auflesen würde.

„Ich glaube, ich weiß es“, antwortete Palmon. „Michael hat Mimi gestern erzählt, dass er wahrscheinlich wieder von der Wissens-Armee woanders hinbeordert wird, sobald er Mimi sicher bei ihrem Gemahl abgesetzt hat. Schließlich hat sie jetzt eine ganze Rebellentruppe und braucht seinen Schutz nicht mehr.“

Yolei beobachtete, wie Michael Mimi über die glitschigen Steine half. „Ach, daher weht der Wind“, sagte sie trocken.

 

 

Tai weigerte sich, sich in die Rolle des Gefangenen zu fügen. Er war durch die halbe DigiWelt geflogen, um die Schwarze Königin gefangen zu nehmen, und seither hatte er selbst keine Freiheit mehr geschmeckt. Erst war er Soras Gefangener gewesen, dann der des DigimonKaisers, dann, als er endlich geglaubt hatte, alles würde sich zum Guten wenden, hatte man ihn nachts in seinem Zimmer in der Pyramide überfallen. Ehe man ihn fortgeschleppt hatte, in eine winzige Kammer in einer geheimen Ebene des Gebäudes, hatte er noch gesehen, wie Datamon mit seinen Kabelfingern etwas in Agumon gepumpt hatte. Danach hatte er gewartet, alleine in der Dunkelheit, für Ewigkeiten, wie es ihm vorkam. Hatte darauf gewartet, dass sich etwas tat, dass jemand mit ihm sprach oder man ihm Essen und Trinken brachte. Letzteres war ab und zu geschehen, aber die Tür hatte sich jedes Mal nur einen blendend weißen Spalt geöffnet. Als sie endlich aufgebrochen wurde und mehr Licht und frische Luft in dieses Grab drangen, hätte Tai am liebsten traurig aufgelacht. Ausgerechnet der DigimonKaiser war sein Befreier. Und sogleich war er wieder sein Gefangener gewesen.

Er machte sich große Sorgen um Agumon. Auch um Sora. Er hatte sogar den DigimonKaiser nach ihnen gefragt, doch der hatte gemeint, er wüsste nicht, wo sie sich aufhielten. Wahrscheinlich schon in Santa Caria, gemeinsam mit einer Kopie von ihm, Tai. Der Tyrann war ungewohnt gesprächig gewesen, aber nur wenig von dem, was er sagte, ergab Sinn oder war verständlich. Tai verstand immerhin, dass er ihm weismachen wollte, König Takashi hätte sie alle hintergangen. Warum er stets fragte, ob er sich noch an seinen Namen erinnerte, war Tai ein Rätsel. Der DigimonKaiser war der DigimonKaiser. Eine Hassfigur für jeden, der recht und gerecht war, brauchte keinen Namen.

Irgendwann hatte der DigimonKaiser die Gespräche mit ihm abgebrochen, sichtlich unzufrieden. Aber was hatte er sich erwartet? Dass der Drachenritter die Spielchen eines Tyrannen mitspielte, der in das friedliche Little Edo eimarschiert war, Krieg in alle Ecken des Kontinents brachte und ihn selbst auf einen Fußmarsch durch die DigiWelt geschickt hatte?

Wohin sie nun unterwegs waren, hatte Tai geahnt. Man wollte ihn tief im Herzen des Kaiserreichs versenken, vermutlich würde man bei König Leomon Lösegeld für ihn verlangen. Das Arukenimon, das mit ihm flog und eigentlich weniger wie ein Digimon und mehr wie ein Mensch aussah, war überheblich und antwortete nicht auf seine Fragen. Dass es nun zur Voxel-Stadt gehen würde, war das Informativste, das er heute von ihm gehört hatte.

Von einem Moment auf den anderen waren sie da. Arukenimon funkte die Stadt mit dem technischen Gerät an seinem Handgelenk an und erbat Landeerlaubnis. Eine Stimme – diesmal ohne Projektion – wies dem Ookuwamon eine Landefläche am Rand der Stadt zu, dann merkte Tai, wie es tiefer ging.

Als die MetallMamemon ihm beim Aussteigen halfen, fand er sich in einem großen, betonierten Gehege wieder, das wie ein Truppenübungsplatz aussah. Dahinter waren Baracken und Wellblechschuppen zu sehen, als wären sie in einem Armenviertel der Stadt gelandet. In der Ferne erhob sich die beeindruckende Skyline der Voxel-Stadt, mitsamt dem Schwarzen Turm, dem einzigen Makel inmitten spiegelnder Wolkenkratzerfassaden.

Eine Delegation aus Schwarzring-Digimon erwartete sie. „Hier sieht es ja noch öder aus als in der Wüste“, kommentierte Arukenimon die graue Atmosphäre und zog an seinem Kragen. „Und viel kühler ist es hier auch nicht. Wer von euch ist der Anführer? Ich hab hier etwas Kostbares.“

„Das wäre wohl ich“, grollte ein eindrucksvolles Kabuterimon, das einzige Digimon ohne Schwarzem Ring. „Wir haben keine Lieferung erwartet.“

„Eine Notlösung. In der Kaiserwüste geht es gerade drunter und drüber.“ Arukenimon nickte den MetallMamemon zu, die Tai einen Stoß verpassten. Betont grimmig blickte er Kabuterimon entgegen.

„Ist er dieses Kostbare?“

„Ja. Kennst du ihn?“

„Ein Mensch“, stellte Kabuterimon fest.

„Was du nicht sagst“, meinte Arukenimon ironisch. „Gut, dass jemand mit so viel Durchblick die Stadt kontrolliert. Der DigimonKaiser will, dass es ihm gut geht und dass er nicht flieht. Bekommt ihr das hin?“

Kabuterimon senkte den Kopf. „Ist das nicht ...“

„Ja, ihr nennt ihn Drachenritter“, meinte die Digimon-Frau genervt. „Noch Fragen?“

„Wir werden gut auf ihn achtgeben.“

„Versprich nichts, was du nicht halten kannst“, gab Tai sich rebellisch. Niemand reagierte. Er bot wohl auch einen bemitleidenswerten Anblick.

„Schön. Ich fliege dann mal zu unserer Majestät zurück. Wir sollen wichtige Dinge ja nicht über Funk klären, also verklickere ich ihm das mal persönlich.“ Arukenimon trug eine violette Sonnenbrille, aber Tai war sich sicher, dass es die Augen rollte. „Ich darf dich wahrscheinlich persönlich zur Rechenschaft ziehen, wenn du versagst, also gib dir Mühe. Und du, sei zur Abwechslung mal brav und gib denen keinen Grund, dich anzugreifen“, sagte es an Tai gewandt.

Er ballte die Fäuste. „Wir sprechen uns noch.“

„Vermutlich. Bis dahin solltest du überleben.“

Es stieg mit der MetallMamemon-Eskorte wieder auf Ookuwamons Rücken. Aus der Flugrichtung konnte Tai ungefähr abschätzen, wo die Kaktuswüste lag, und bekam somit ein Gespür für die Himmelsrichtungen.

„Dann wollen wir mal“, grollte Kabuterimon und bedeutete den Schwarzring-Digimon, Tai ins Innere der Stadt zu eskortieren.

Er hatte sich immer gefragt, wie die Voxel-Stadt aussehen mochte, mit ihren chromblitzenden Häuserfassaden, den Wolkenkratzern, der hohen Technologie, die im Norden einzigartig war und im Süden nur von der Fabrikstadt übertroffen wurde. Allerdings hatte er sich einen Ausflug hierher nicht so vorgestellt: Er war zwar nicht in Ketten, aber alleine ohne seinen Partner umgeben von Champion-Digimon zu sein, kam letztendlich aufs Gleiche hinaus. Wo war nur Agumon? Ging es ihm gut?

Bald kamen Straßen in Sicht, als sie auf das Herz der Stadt zugingen, vorbei an den Baracken und grauen Übungsplätzen. Auch der Turm kam näher. Kabuterimon schlurfte vor ihm her, obwohl es hätte fliegen können. Offenbar war es sehr stolz auf seinen neuen Gefangenen … Tai fragte sich, wie Digimon freiwillig dem DigimonKaiser dienen konnten. Es musste von Grund auf verdorben sein.

Der Asphalt war rissig, nur ein wenig, aber das machte den Weg wenigstens etwas interessanter. Ansonsten verlief die Straße schnurgerade und auch die Häuser links und rechts davon sahen gleich aus. Die Pracht der Voxel-Stadt ließ auf sich warten. Tai taten bereits die Füße weh, als sie auf einem kleinen Vorplatz stehen blieben – einem Vorplatz zu irgendetwas; einem relativ hohen Gebäude am äußeren Rand der Stadt. Er sah sich um und fragte sich, was hier sein sollte. Seine Zelle vielleicht?

Mit einem leisen Surren glitten die verspiegelten Türen des Gebäudes auf, und ein Junge kam heraus. Tai war verwirrt. Nicht nur hatte er diesen Rotschopf noch nie in seinem Leben gesehen, er hatte auch nicht davon gehört, dass andere Menschen außer der Schwarzen Rose sich auf die Seite des DigimonKaisers geschlagen hatten. Aber wunderte es ihn? Söldner konnte man ja für alles begeistern.

Der Junge hob sein DigiVice. Unter den Arm hatte er einen tragbaren Computer geklemmt. „Gut gemacht, Kabuterimon. Sie haben keinen Verdacht geschöpft?“

„Keinen. Es hat geklappt.“

Kabuterimon digitierte in hellem Licht zu einem Tentomon zurück. Die Schwarzringdigimon grinsten plötzlich alle unverschämt, als wäre ihnen ein lustiger Streich gelungen. Ein Numemon schob sich seufzend den Ring über den Kopf. Was ging hier vor?

Der rothaarige Junge nickte Tai freundlich zu. „Seid mir gegrüßt, Sir Taichi. Ich bin Izzy, Generaloperator von Mission Seeungeheuer, rechte Hand von Premierminister Andromon und taktischer Berater des Komitees der Konföderation zur Wahrung des Wissens der DigiWelt. Ihr seid unter Freunden.“

 

 
 

Tag 138

 

Die Sitzungen zogen sich in die Länge, und T.K. war nicht eingeladen.

Irgendwie hatte er es geschafft, als Störenfried zu gelten. Die Piximon beobachteten ihn mit Argusaugen, wann immer er in der Nähe war, obwohl Wizardmon eine öffentliche Entschuldigung hatte verlautbaren lassen. T.K.s Nase schmerzte in der trockenen, staubigen Stadtluft.

Neun Tage waren mittlerweile vergangen, seit Davis freigesprochen worden war. Wieder einmal, wie er gehört hatte. Davis machte sich auch hier einen Namen als Helden, während T.K. die Randfigur spielen durfte. Er wollte nicht eifersüchtig sein, wollte nicht darüber nachgrübeln und stattdessen alles tun, um der DigiWelt zu helfen, doch er hatte so viel Energie am Meer der Dunkelheit aufgebraucht, sich so ins Zeug gelegt und so gelitten ... und all seine Freunde, die Einzigen, die es würdigen könnten, hatten keinen Plan von nichts. Sie torkelten ziellos durch die DigiWelt und bekamen Heldentitel, obwohl sie vergessen hatten, wer und was sie waren. T.K.s Kopf schwirrte vor Schmerzen und Hitze.

„Du sitzt ja schon wieder hier.“

Er hob den Blick. Sora kam über den Platz und steuerte die Steinbank an, auf der er saß. Sie trug das weiße Kleid, das sie sich hatte nähen lassen und das ihr gestern übereicht worden war. Es war nichts, das sie in ihrem wahren Leben getragen hätte; prinzessinnenhaft und mit langem Rock mit Drahtgestell, schulterfrei, mit Spitze und ein paar Rüschen. Aber es stand ihr. Hinter ihr tappte Piyomon gut gelaunt über das Pflaster. Die beiden hatten sich in den letzten Tagen in das blühende Leben verwandelt.

„Hier.“ Sora hielt ihm einen Tonbecher hin. Ein leicht saurer Geschmack drang in seine Nase. „Apfelwein“, erklärte sie auf seinen fragenden Blick hin. „Den gab es heute bei der Sitzung. Ist unerwartet erfrischend in der Hitze, aber mir schmeckt er nicht.“

T.K. nahm den Becher entgegen, sah aber nur auf die durchsichtige Oberfläche des Weins. Ob Alkohol tatsächlich Schmerzen lindern konnte? T.K. hatte die Minderjährigenregelungen immer strikt eingehalten – warum sollte er auch nicht? Bei seinem Vorstrafenregister in der DigiWelt schien es ihm hingegen nur recht und billig, wenn er trank – und genau deshalb verbat er es sich.

„Also ist die Sitzung zuende?“, fragte er. Seine Stimme klang heiser.

„Noch nicht. Sie diskutieren jetzt, wie sie die Große Ebene am unauffälligsten überqueren können. In dem Teil der DigiWelt war ich noch nie, daher kann ich ihnen dabei nicht helfen.“ Sie setzte sich neben ihn auf die Bank. „Sag … hast du von mir gehört?“, fragte sie zögerlich.

„Was meinst du?“

„Ich kenne dich kaum, aber ich bin ... Also, ich wüsste gerne, ob du glaubst, was man über mich erzählt.“

T.K. hatte kaum mit jemandem gesprochen, seit er hier war, schon gar nicht über Sora. „Was erzählen sie denn über dich?“

Sie schwieg bedrückt, also antwortete Piyomon. „Sora hat Angst, dass man von ihr nur als wahnsinniger Tyrannin denkt.“

„Ach so, das meinst du.“ T.K. drehte den Becher in der Hand und leerte den Inhalt auf den heißen Boden. Das schreckte Sora aus ihrer Trance. „Keine Sorge. Dafür halte ich dich ganz sicher nicht. Im Gegenteil. Schließlich hast du meinem Bruder mal sehr nahe gestanden – auch wenn du es nicht mehr weißt. Und mir auch.“

Sie sah ihn erstaunt an, schien aber ihre Frage nicht in Worten formulieren zu können. „Du hast einen Bruder?“, fragte sie daher.

T.K. sah starr auf den Apfelwein, der sich in den Ritzen der Pflastersteine verlor. „Ich hatte einen Bruder.“

„Oh“, murmelte sie. „Das … tut mir leid.“

„Ja“, brummte er. Der Wein würde in der Hitze bald getrocknet sein. „Ja, mir auch.“

 

 

Eigentlich sollte Kari ja mit vollem Eifer bei der Sache sein, dennoch konnte sie nur mühsam ein Gähnen unterdrücken. Seit Stunden, Tagen diskutierten sie hier schon, wie sie Tai finden könnten, und das nur zu siebt – oder eher zu viert, denn Klecks saß nur teilnahmslos daneben, und Gatomon und Veemon stimmten stets wie ihre Partner und löschten ihre Stimmen damit gegenseitig aus. Denn Kari und Davis waren selten einer Meinung. Die Tage, in denen er mit Freuden nach ihrer Pfeife getanzt hatte, schienen endgültig der Vergangenheit anzugehören.

Die meisten Adligen der Königskür waren in ihre Provinzen zurückgekehrt, vor allem um zu den Fahnen zu rufen und Digimon für den Kampf gegen die Geisterarmee um sich zu scharen. Wizardmon war ebenfalls in die Blütenstadt gezogen, und Kari vermisste Matt, der dem Rat mit seinem kühlen Kopf sicher eine Bereicherung gewesen wäre. Wegen der neuen Entwicklungen hatte er sich bereiterklärt, an der Front zu Centarumon zu stoßen. So blieben außer Klecks, Kari, Davis und ihren Partnern nur Meramon und Sir Agunimon, und diese beiden waren, genau wie Karis Freund, eher temperamentvoll. Vermutlich wollte man nicht, dass die Gastköniginnen das gebeutelte Reich überstimmten.

Jedenfalls standen die Zeichen nun auf Angriff, man wurde sich nur nicht einig, welche Stellung des DigimonKaisers man zuerst überfallen sollte. Kari hatte bereits all ihre Bedenken an diesen Plänen geäußert: den Krieg gegen MetallPhantomon, die geschwächten Reihen des Nördlichen Königreiches und die Gefahr, dass der DigimonKaiser Tai als Geisel benutzen könnte. Die anderen hatten ihre Einwände zwar aufgenommen, aber sie hielten Angriff in diesem Fall trotzdem für die beste Verteidigung.

„Es wird immer später“, knurrte Agunimon irgendwann. „Wir kommen heute wieder zu keiner Lösung.“

„Wir gehen nicht, bevor wir nicht einen Konsens erreicht haben!“ Die Tischplatte war schon ganz verrußt von Meramons wiederholten Faustschlägen.

„Trotzdem, ich sage, wir sehen uns noch den letzten Hinweis an und kommen dann langsam zu einem Ende“, beharrte Agunimon.

Kari horchte auf. Ein Hinweis?

„Einem Schwarzen Ring ist nicht zu trauen“, befand Meramon. „Schmeißt das Ding weg. Es spioniert uns höchstens aus.“

„Was für ein Schwarzer Ring?“, fragte Davis. Er schien auch nichts davon zu wissen.

„Man hat ihn heute Morgen vor dem Tor gefunden.“ Agunimon stand trotzig auf, öffnete eine Seitentür und winkte einen Candlemon-Diener herein. „Er ist seltsam manipuliert. Spielt uns eine Nachricht vor – aber Meramon und ich sind überzeugt, dass es nur ein Trick des Kaisers ist.“

Candlemon hüpfte auf seinem Kerzenständer heran und legte etwas auf den Tisch, das tatsächlich nach einem Schwarzen Ring aussah. Kaum lag er fest auf der Tischplatte, geschah jedoch etwas Merkwürdiges: Das Ding begann zu summen – Veemon ballte die Fäuste – und zu vibrieren, dann erschien plötzlich eine geisterhafte Projektion darüber. Kari schnappte nach Luft. Den anderen mochte das Gesicht nichts sagen, selbst Davis nicht, doch sie erkannte Izzy sogar in seiner Militäruniform.

„Seid gegrüßt“, erklang seine Stimme. Hinter ihm sah man Computerröhren und technische Geräte. „Ich bin Izzy, taktischer Berater des Komitees der Konföderation zur Wahrung des Wissens der DigiWelt. Ich hoffe, der gefälschte Ring konnte den DigimonKaiser täuschen. Ich gehe hiermit ein großes Risiko ein, doch es wird Zeit, unsere Karten auszuspielen. Sir Taichi der Drachenritter ist bei uns, in Sicherheit. Wir haben die Voxel-Stadt eingenommen, und noch weiß niemand davon. Ihn euch zurückzuschicken wird schwierig, da wir die Stadt nicht verlassen können, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Ich schlage daher einen gemeinsamen Angriff vor. Wenn wir unsere Deckung aufheben, dann nur, um den Kaiser in einem letzten Feldzug zu besiegen.

Der Plan sieht vor, dass Ihr nach Süden zieht und Little Edo angreift. Sind die Streitkräfte des Kaiserreichs abgelenkt, fallen wir ihnen von Südosten in den Rücken. Sobald unsere Heere aufeinander stoßen, können wir den Drachenritter wieder an Eure Seite stellen. Sofern wir dann unsere Stellungen halten, wird der DigimonKaiser zu geschwächt sein, um weiter Widerstand zu leisten.

Ich hoffe, Ihr vertraut mir. Ich gebe Euch drei Tage Zeit. Wenn Ihr einverstanden seid, schickt Digimon in das Gebiet der Knöchelküste. Wir haben das System des DigimonKaisers gehackt und werden uns mit Euch darüber verständigen, wie viele Digimon-Signaturen seine Türme in diesem Gebiet aufzeichnen. Schickt ein Digimon für jeden Tag, den Ihr danach noch braucht, um Eure Dinge zu regeln, ehe wir gemeinsam losschlagen. Seid Ihr bedauerlicherweise nicht gewillt, mit uns zusammenzuarbeiten, tut einfach nichts. Wir werden Sir Taichi beschützen und auf eine neue Gelegenheit warten.“ Izzy lehnte sich zurück. „Das wär’s. Wollt Ihr noch etwas anfügen?“, fragte er über die Schulter hinweg.

Davis murmelte überrascht etwas, als sich tatsächlich Tai ins Bild schob. Die Projektion verlieh ihm etwas Geisterhaftes. Kari tat es wieder weh, seine Augenklappe sehen zu müssen. Etwas in ihr hatte gehofft, dieses Detail wäre nur dem Klon hinzugefügt worden.

„Davis. Meramon. Wer auch immer sonst noch zusieht. Agumon? Ihr könnt ihm vertrauen, es ist wahr, was er sagt. Und sein Plan ist gut – ich bin dafür! Richtet das meinen Drachen aus, sie sollen sich auch beteiligen. Mit Izzys Plan können wir den verhassten Tyrannen besiegen – ein für alle Mal!“

Izzy nickte, sah noch einmal entschlossen in die Kamera, drückte dann irgendwo hin und das Bild erlosch.

„Wie gesagt“, brummte Meramon in die folgende Stille hinein und riss Kari damit wieder ins Hier und Jetzt. „Ausgekochter Blödsinn. Eine Falle, nichts weiter. Der DigimonKaiser hat Sir ... König Taichi in seiner Gewalt. Er wird ihn unter Folter gezwungen haben, das da zu sagen. Wir können diesem dürren Wicht nicht trauen.“

„Aber – was, wenn es stimmt?“, fragte Davis hoffnungsvoll.

„Es wäre doch zu schön.“ Agunimon schüttelte den Kopf, dass seine blonde Mähne flog. „Die Voxel-Stadt? Ohne dass der DigimonKaiser etwas ahnt? Ich bitte Euch. Selbst wenn die Nachricht von der Wissens-Armee stammt, mit deren technischen Mitten können sie Sir Taichis Abbild sicher ganz leicht fälschen. Sie wollen uns ausnutzen. Der DigimonKaiser und wir sollen unsere Klauen aneinander stumpf schaben, darauf hoffen sie. Warum sollten sie plötzlich an einer Zusammenarbeit interessiert sein? Die Sache stinkt zum Himmel.“

„Vielleicht, weil sie Tai tatsächlich befreit haben?“, schlug Davis vor.

„Wie gesagt. Zu viel des Zufalls.“

„Ihr könnt ihm vertrauen“, sagte plötzlich Kari mit einer Überzeugung, die ihr die überraschten Blicke aller einbrachte.

„Und wie könnt Ihr da so sicher sein, Königin vom Schwarzen Meer?“, fragte Agunimon nicht ganz unhöflich.

„Weil ich Izzy kenne. Und das sieht genau nach seiner Handschrift aus.“

Während das Feuer der Diskussion wieder aufloderte und in eine neue Richtung brannte, dachte Kari an ein anderes Feuer. Die Pipeline. Izzys Plan, an das Herz des DigimonKaisers heranzukommen. Vielleicht war es ihre immerwährende Sorge um Tai, aber sie konnte nicht anders, als voll und ganz auf Izzy zu setzen.

 

 
 

Tag 140

 

Tagelang wartete Izzy nun auf eine Antwort, und er wurde immer nervöser. War der Schritt zu gewagt gewesen? Trauten sie ihm nicht? War der Ring über dem Territorium des DigimonKaisers abgefangen worden, obwohl Izzy seine Präsenz verschleiert hatte? Oder funktionierte die Überwachung des Küstengebiets gar nicht? Tat der DigimonKaiser am Ende gerade etwas, das er nicht hatte vorhersehen können?

Auch Taichi wurde zunehmend unruhig. Stundenlang tigerte er in Izzys Zentrale auf und ab. Nachdem Joe sich seine Verletzung angesehen hatte, versuchte er sich nun als Katalysator für die Angespanntheit der beiden, war aber selbst besorgt, obwohl er gar nicht in den Plan eingeweiht war.

Als Izzys virtueller Sensor plötzlich anschlug, waren er, Tentomon und Taichi deshalb sofort vor dem Bildschirm, auf dem das Muster der unregistrierten Digimon-Signaturen in dem Küstenlandstrich zu sehen war.

„Fünf?“, meinte Izzy entgeistert. „Sie brauchen noch fünf Tage?“

„Das heißt, dass sie es ernst meinen“, überlegte Taichi. „Sie haben noch einen Feind im Westen, vermute ich. Erst, wenn der erledigt ist, können sie sich auf den DigimonKaiser konzentrieren.“

Izzy atmete tief durch. Es konnte immer noch sein, dass der DigimonKaiser Bescheid wusste und das Signal fingiert war. „Sei’s drum“, murmelte er. „Wir haben genug gewartet. Noch fünf Tage, und es wird sich entscheiden. Tentomon, benachrichtige Andromon und die anderen und bereite alles auf einen schnellen Schlag vor.“

 

 

Raidramons Blitze fuhren mit vernichtender Wucht in die Bakemon. Sie waren einander nur zwei Reitstunden vor der Stadt begegnet. Auf Raidramons Rücken saß Davis, der sein Digimon anfeuerte. Endlich konnten sie wieder etwas tun!

„Ihr könnt das uns überlassen“, rief ihm Kari zu, neben der engelsgleich Angewomon schwebte. Um sie herum kämpften ihre Divermon träge, aber effektiv gegen alle, die sie packen wollten.

Auch dieser T.K. war bei dem Ausfall dabei, mit seinem MagnaAngemon. „Sie hat recht“, rief er gerade. „Die langsamen Digimon werden mit denen hier allein fertig. Die schnellen sollten zur Front, wir sehen uns dort!“

T.K. schien Davis seine gebrochene Nase weniger übel zu nehmen, als dieser geglaubt hatte, auch wenn er ihm für gewöhnlich sehr kühl begegnete.

„Ist gut!“, rief Davis zurück. Raidramon stürmte weiter, gefolgt von einigen Triceramon, Monochromon, Tuskmon und Tyrannomon. Sie hatten Santa Caria nur mit den Piximon und Agunimon als Verwalter zurückgelassen. Um ihren König zu retten, mussten sie MetallPhantomon in weniger als fünf Tagen besiegen.

Während sie über Feldwege galoppierten, verdunkelte kurz ein Schatten die Sonne. Davis sah zu Garudamon hoch. Sora hatte es sich nicht nehmen lassen, auch in den Kampf zu ziehen. Vor allem wollte sie ihren Träumen und ihrer Vergangenheit den Kampf ansagen, hatte sie gemeint.

 

 

„Das Heulen ist das Schlimmste. Sie können vor meinen Augen Digimon zerreißen und uns stinkenden Unrat entgegenwerfen, meinetwegen, aber das Heulen …“, murmelte Gaogamon. „Es fängt immer schon bei Einbruch der Dämmerung an. Dann geht es die ganze Nacht. Schlafen können wir sowieso nicht, aber es tut in den Ohren weh, dieses Kreischen und Stöhnen, so als würden sie sich selbst gegenseitig die Haut abziehen. Wenn’s doch nur so wäre! Und dann greifen sie nicht mal jede Nacht an. Wenn sie jedes Mal angreifen würden, müssten wir nur darauf warten, aber so ... Man weiß nie genau, wird es heute Nacht losgehen oder nicht? Erleben wir den Morgen noch oder nicht?“

Matt lauschte ihm schweigend. „Mach dir keine Sorgen. Jetzt sind wir wieder zusammen. Es wird bald vorbei sein.“

Er stand auf, nickte Gaogamon noch einmal zu und ließ es dann allein an seinem Lagerfeuer weiterzittern. Tief durchatmend schritt er die langen Gräben und provisorischen Holzwälle ab, die bestenfalls als Schutzschild vor Attacken schützten, aber schnell überrannt werden konnten. In regelmäßigen Abständen brannten Feuer oder Fackeln auf den hölzernen Wachtürmen, die viel zu schnell gebaut worden waren, um stabil zu sein.

Zuerst hatte er sich gefreut, das Gaogamon wiederzusehen. Diese Freude war schnell verflogen, als er erkannt hatte, wie sehr sich das Wolfsdigimon verändert hatte. Gaogamon war nie ängstlich gewesen. Keiner der Ehernen Wölfe war ein Feigling. Dass es mittlerweile so verstört war, bewies nur umso deutlicher, wie schlecht es um die Nordarmee stand. Er hatte von zwei weiteren Wölfen gehört, die sich Centarumon als Söldner angeschlossen hatten. Einer von ihnen war bei einem Gefecht getötet worden, der andere desertiert.

Dass sie mit MetallGarurumon nun ein Megalevel-Digimon bei sich hatten, hob die Moral der Soldaten nur bedingt. Die Front war einfach zu breit. Matt ließ den Blick über das weite Feld aus Erde, Gras und verbrannter Asche wandern. Centarumons Digimon hatten am Rand des Mori-Mori-Waldes alles niedergebrannt, was dem Feind als Deckung dienen könnte, aber sie hatten jetzt keinerlei strategischen Vorteil mehr, keinen Engpass, in dem sie die Feinde aufhalten konnten, sondern eine endlose Linie aus Zelten, Baracken, brütenden Digimon, Wachtürmen und zugespitzten Holzpfählen, von Gräben durchzogen wie sehniges Fleisch.

Die Briganten hatten ihre Lager irgendwo außer Sichtweite, aber Kundschafter berichteten ebenfalls von Holzbauten, Gräben und Erdhöhlen. Bislang war es Centarumons Heer nicht gelungen, diese Nester auszuräuchern – sie hatten genug mit der Verteidigung zu tun. Die Veteranen erzählten, dass MetallPhantomon bei der Belagerung der Blütenstadt die Träume der Verteidiger vergiftet hatte. Das war nun gar nicht mehr nötig, denn sie kamen kaum zum Schlafen. Ihre Feinde hatten dieses Schlachtfeld sicher gewählt, um die Vorteile von Geistern und Briganten zusammen auszuspielen. Andernfalls hätten die Geister auch einfach durch die Berge kommen und Santa Caria angreifen können; das Heer der Briganten jedoch hätte dabei Schwierigkeiten gehabt, sich zu formieren, und die Stadt konnte man gut gegen Angriffe aus den Bergen verteidigen. Deshalb waren sie alle zusammen im Norden aus den Nadelbergen geklettert und versuchten, nach Osten durch den Mori-Mori-Wald zu gelangen.

Tagsüber griffen die Briganten an, die MetallPhantomon unter seinem Banner vereint hatte. Sie pickten Stücke aus dem Nordheer wie aus einem verwundeten Beutedigimon, gingen wenige Risiken ein und beschränkten sich zumeist darauf, sie zu terrorisieren und ihnen die Erholung zu verweigern. Nachts dann, unter schauerlichem Geheul, kamen die Geister. Von ihnen hatte MetallPhantomon eine solche Menge, dass es sie ungeordnet und ohne große Taktik in den Kampf schickte. Sie waren die wahre Gefahr. Alle Verteidigungswälle nützten nichts gegen sie, und man wusste auch nie, wo sie als Nächstes angreifen würden. Matt fragte sich, ob MetallGarurumon seine gewaltige Stärke gegen einen so breitgefächerten Feind ausspielen konnte. Die Nacht würde es wohl zeigen.

Langsam ging er an den Türmen vorbei, die die Mitte der Frontlinie verstärkten. Tagsüber hatte MetallGarurumon recht gute Dienste geleistet. Zumindest einen Teil des Brigantenheers hatte es fast ausgelöscht, mit einem einigen Schlag, dann hatten sich die Gesetzlosen zurückgezogen. Die Angriffe waren aber nicht zuende gewesen – den halben Tag lang hatten Matt und Garurumon die Briganten von einem Ende der Front bis zum anderen gejagt. Das Areal war einfach viel zu groß, und ihr Feind legte es auf Zermürbung an.

Matt rieb sich den schmerzenden Nacken. Wenigstens war es nun etwas ruhiger. Nur am frühen Morgen und jetzt, wenn die Abenddämmerung düster über das Land blutete, war ihnen eine Auszeit vergönnt, nicht genug, um sich zu erholen, aber immerhin.

Centarumons Zelt lag zwischen den Türmen. Es war durch nichts von den anderen verschieden; sie wollten die Feinde nicht wissen lassen, wo sich ihr Anführer aufhielt. Von dort kam Matt Gabumon entgegen. Ihm fiel sofort auf, dass seinen Partner etwas beschäftigte. „Was hast du?“

Gabumons Blick wanderte über die Feuerstellen „Ich weiß nicht“, meinte es zögernd. „Irgendwas stimmt nicht. Findest du es nicht auch zu ruhig?“

„Zu ruhig?“ Matt lauschte. Tatsächlich, außer den gesenkten Stimmen der Verteidiger und dem Prasseln der Flammen war die Abendluft still, dick und schwer. Die Dunkelheit senkte sich bereits über den Norden.

„Die Digimon haben alle gesagt, dass das Geistergeheul anfängt, sobald die Briganten abgezogen sind“, erinnerte sich Gabumon. „Wieso hören wir dann nichts davon?“

„Wer weiß?“ Matt seufzte. „Sie sind alle völlig erschöpft und verängstigt. Sicher haben sie nur übertrieben.“

„Trotzdem, irgendwas stimmt nicht.“

Ein Blick in Gabumons Augen sagte Matt, wie ernst es ihm war. Er nickte. „Gut, dann lass uns wachsam ...“

„Da! Pass auf!“

Auf Gabumons Schrei hin wirbelte Matt herum. Sofort sah er es. Auf einem der Türme, ganz in der Nähe, wo eigentlich einige Gotsumon Wache halten müssten, blitzte etwas auf, das wie eine Blüte aus Sternsplittern aussah.“ Matt kniff die Augen zusammen. Was war das?

„Vorsicht!“

Im nächsten Moment bereute er sein Zögern. Die glimmenden Splitter lösten sich aus der Wolke und rasten auf ihn zu. Matt stieß sich mit aller Kraft ab und versuchte, sich zur Seite zu werfen, doch er war zu langsam. Ein scharfer Schmerz flammte in seinem rechten Bein auf, als etwas wie rasiermesserscharfe Klingen sich in seine Haut bohrte. Er landete hart auf dem Boden, schmeckte Erde und Asche im Mund und rollte sich herum. Gerade sah er noch einen Schatten, der sich von der Turmspitze löste …

Ein Faden blaues Feuer schoss aus Gabumons Maul und an dem Turm vorbei. Das flackernde Licht riss die Silhouette eines menschengroßen Fuchsdigimons aus der Finsternis, das dem Erdboden entgegen sauste.

„Gabumon!“, ächzte Matt. „Digitiere!“

Sein DigiVice glühte an seinem Gürtel auf. Gabumons Kräfte waren noch vom Tag überbeansprucht, aber sie hatten sich ohnehin auf eine ereignisreiche Nacht eingestellt. Goldenes Licht hüllte Gabumon ein, seine Haut begann blau zu schillern, als es sich daran machte, das Mega-Level zu erklimmen.

Die Schüsse erklangen zunächst wie aus einem Traum. Ohne zu verstehen, was geschah, sah Matt Erde und plattgedrückte Grashalme überall um sich herum aufspritzen. Auf einem anderen Turm, hinter Gabumon, flackerte Licht auf, dann wurde Matts Partner von einer Salve erwischt, mitten in seiner Digitation. Gabumon wurde herumgeworfen, stieß einen abgehackten Schrei aus, und das blaue Licht erlosch.

„Gabumon!“, keuchte Matt. Er versuchte, auf die Beine zu kommen, trotz des sengenden Schmerzes, der in seiner Wade glühte. Rings um ihn wurden Rufe laut, Attacken blitzten auf, irgendwo wirbelten bereits Datensplitter auf. Nach dem ersten unbeholfenen Schritt stürzte er wieder und erhaschte mehr zufällig einen Blick über seine Schulter. So leise, dass er es nicht gehört hatte, war das Digimon von vorhin hinter ihm aufgetaucht. Nun erkannte er ein fast zwei Meter großes Renamon, das ihn aus kleinen Fuchsaugen musterte. Attentäter, ging es Matt durch den Kopf. Dann traf ihn ein harter Schlag in den Nacken und löschte jeden weiteren Gedanken aus.

 
 

A world full of conflict

Time patiently waits

Emotions directing

The choices he makes

(Firewind – World Of Conflict)
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Iwie gefällt mir das Kapitel nicht ganz ... Aber naja, wir schreiten mit großen Sprüngen voran und nach der ganzen Politik wird jetzt wieder munter gekämpft^^ Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Juju
2017-06-29T21:56:24+00:00 29.06.2017 23:56
Mäh schon wieder Handykommentar. Aber liege leider schon im Bett. :D
Das war wieder mal ein spannendes Kapitel! Ich weiß gar nicht, wohin mit meinen Gedanken. Glaubt Ken wirklich, die Voxel-Stadt stünde unter seinem Einfluss oder verfolgt er einen Plan? Ich bin irgendwie verwirrt. Aber gut, Joe wird Tai aufpäppeln und ich bin mal gespannt, wie Izzys Plan gelingt. Little Edo angreifen und dann Ken in den 
Antwort von:  Juju
30.06.2017 00:02
Das hat man nun davon, wenn man mit dem Handy schreibt. -.- Irgendwie hat es gesponnen.
Little Edo angreifen und dann Ken in den Rücken fallen, sollte das heißen. Mal gucken, ob es klappt. Ich frage mich, was Tai von seinem neuen Lager hält. Und er weiß ja noch gar nichts von seinem Glück, dass er jetzt König ist. xD
Und Mimi, Yolei und Michael sind auch wieder aufgetaucht. Ich bin ja ein Fan von dieser kleinen Romanze zwischen Michael und Mimi und dass sie es gar nicht so eilig hat, Matt zu befreien. :D Die beiden sind schon irgendwie süß zusammen, auch wenn Yolei mir ein bisschen leid tut.
So dann zu Matt. Da sehe ich gerade nicht durch. Wäre er mal einfach in Santa Caria geblieben und hätte sich um Sora gekümmert. Bin mal gespannt, wie es jetzt bei ihm weitergeht. Irgendwie sieht es ja gerade nicht so gut aus. O.o
Von:  EL-CK
2017-04-26T17:32:30+00:00 26.04.2017 19:32
Autsch >.<


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