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Fallen Angel of the Night - Pt. 01

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Kapitel 01

Kapitel 1

Langsam begann die Sonne unterzugehen. Adam hatte einen anstrengenden Tag an der Schule hinter sich. Und nach wie vor schlauchten ihn die 5 km mit dem Rad in die Stadt ziemlich. Erschöpft saß er nun beim Kamin und brütete über seinen Hausaufgaben. Erst als es langsam finsterer in ihrer kleinen Hütte wurde, sah er auf und verstaute das Matheheft in seinem Rucksack.

Es wurde Zeit, Nathanael zu wecken. Er konnte es schließlich nicht leiden, wenn er verschlief. Wobei sich Adam selbst nach drei Jahren noch immer nicht vorstellen konnte, dass ein Vampir überhaupt verschlafen konnte. Aber sein Meister hatte das bis jetzt immer wieder unter Beweis gestellt. Die Hütte verfügte über eine kleine Scheune, wo das Gemach Nathanaels untergebracht war. Schnell zog sich der Schwarzhaarige die Turnschuhe an und ging nach draußen. Es war bereits Anfang November und die Nächte wurden immer kühler. Er trug nur eine kurze Hotpant und einen dünnen Pulli, da es im Haus schön warm war und das war jetzt auch der Grund, warum er leicht fröstelte. Langsam drückte er die Tür auf und steckte den Kopf hinein.

"Nathanael! Es wird finster! Stehst du bitte auf?"

Er traute sich selbst nach Jahren noch nicht, das Gebäude zu betreten. Schließlich hatte der Grünäugige keine Ahnung, was ihn dahinter erwarten würde. Vermutlich aber ein grausamer Anblick von zerstückelten Leichen und ner Menge Blut. Schnell schob er diesen Gedanken jedoch zur Seite.

"Nathanael!"
 

Der Vampir war schon eine ganze Weile wach und hockte in der kleinen Scheune, las dabei ein Buch, dass ihn weniger interessierte, aber irgendwie doch fesselte. Er konnte nicht anders, als es zu lesen und bald hätte er es geschafft, dann würde er schon wissen, was dem Jungen, der zur Zeit in seinen Diensten stand, auftragen würde. Neue Bücher. Warum sollte man Lebenserfahrungen sammeln, wenn man sie auch lesen konnte? Außerdem, so empfand er es, konnte man bei Nacht keine vielseitigen Erfahrungen sammeln, im Grunde traf man die gleichen Leute, nur zu einigen Festen ließ er sich einladen. Darunter ein Maskenball, zu dem er bisher jährlich gegangen war. Er hatte Adam noch nicht dort mit hin genommen, wo er es bisher als zu verdächtig empfunden hatte, doch der Junge schien sehr treu zu sein und vielleicht würde er ihn dieses Mal mit hin nehmen, dafür müsste er nur erst einmal die geeignete Aufmachung besorgen und er konnte den Jungen da ja schlecht selber losschicken.

Als sich die Tür ein wenig quietschend und sehr langsam öffnete, sah er zu dem etwas helleren Schein, der herein strahlte und das beinahe farblose Gesicht von Adam, dass unsicher in die Dunkelheit starrte und ihn, den Vampir, eigentlich sehen müsste, würden seine Augen es zulassen.

Er stand auf und klappte das Buch geräuschvoll zu, dann schritt er zu der Tür heran und trat an seinem Diener vorbei. Die Tür fiel hinter ihm zurück in das kleine, eher zur Zierde angebrachte Schloss und der im vergleich doch recht große Mann blickte den Kleineren an.

"Hast du einen guten Tag gehabt?" fragte er, wie er es immer fragte.

Weniger interessiert, eher so als wäre es ein notwendiges Übel und er schritt weiter, um in das sicher sehr warme Haus zu treten. So wie Adam aufgemacht war, in den kurzen Shorts, müsste er ordentlich geheizt haben. Ob der Junge wusste, wie schwer gutes Holz zu bekommen war? Scheinbar nicht, aber es kümmerte den Vampir eigentlich weniger, er mochte nur keine verschwenderischen Seelen, doch beruhigte er sich selbst in dem Gedanken, dass er es selber wohl nur als sehr warm empfand und es für den Menschensohn nur gerade richtig war.
 

Als das Buch geräuschvoll zugeklappt wurde, zuckte Adam merklich zusammen. Ihm war es noch immer nicht geheuer im Wald zu leben, zusammen mit einer Kreatur für die ihn vermutlich einige als verrückt erklären würden. Er konnte sich nichteinmal mehr an ihre erste Begegnung erinnern, dabei lag es nicht einmal drei Jahre zurück. Vielleicht wollte er sich auch gar nicht erinnern. Und hatte alles verdrängt.

Er nickte, als Nathanael ihm die Frage stellte. Die gleiche wie jeden Abend. Was sollte er auch anderes sagen. Das er in der Schule wieder Bester gewesen war, die anderen ihn nach wie vor mieden, weil er niemanden zu sich nach Hause einlud und der Aussenseiter war? Sicherlich waren das Dinge, die Nathanael nicht interessierten. Selbst wenn, wären sie nicht über die Lippen von Adam gekommen, dafür war er viel zu stolz. Schnell folgte er dem großgewachsenen Vampir zurück ins Haus, wo ihn sofort eine wohlige Wärme umfing.

"Wirst du heute noch weggehen?" fragte er leise.

Er empfand Nathanael als ziemlich einschüchternd, auch wenn er ihn mittlerweilen besser kannte.

"Du hast Post bekommen, liegt auf dem Tisch und ein paar Anrufe, die Nummern liegen auch dort."

Er konnte irgendwie nicht verstehen, wie es Leute schafften, für Nathanael unter tags anzurufen, obwohl sie scheinbar von seiner Identität wussten. Ignoranten, dachte sich Adam nur leise.

"Hast du Hunger?" Eher eine sproadische Frage, da er die Antwort nur zu gut kanne.

Ein unwilliges Knurren, ein böser Blick und eisiges Schweigen. Nathanael hatte ihn noch nie gebissen. Nicht einmal.
 

Das Nicken des Jungen hatte er schon gar nicht mehr beachtete. Wieso auch, es war jeden Abend die gleiche Antwort und es lohnte kaum mehr, überhaupt Aufmerksam darauf zu warten. Allerdings war sich der Vampir nicht immer so sicher. Weder sah er irgendwelche Erfolge, wie gute Klausuren oder Noten oder sonst irgendeine Bewertung, noch schien der Junge einmal zufrieden heim zu kommen. Viel mehr vermutete er, dass der Kerl sich durch die Schule quälte, gerade mal so gut, dass niemand aufmerksam wurde und er kein Aufsehen erregte.

Kaum war Nathanael im Haus angelangt und die Tür geschlossen, da drang erneut diese durchaus verführerische junge Stimme an sein Ohr. Er drehte sich mit leerem Blick dem Jungen zu.

"Ich weiß noch nicht", war eine eher untypische Antwort, aber je nach dem, was für Briefe ihn erwarteten würde er es sich überlegen.

Noch während Adam erzählte, griff er zu den Briefen und setzte sich auf den alten, gemütlichen Sessel in der Nähe des Ofens, öffnete den ersten Brief, der kaum interessante Neuigkeiten enthielt. Strom- und Wasserkosten, die Miete und der Gesamtpreis. Eigentlich sollte er das Grundstück bald kaufen, dann würde er sich darum selber kümmern können, aber eigentlich hatte er keine Lust auf diese Verantwortung, immerhin gehörte ihm schon das Haus, das sollte erst einmal reichen. Er sah dann zum zweiten Brief, der, wie er erkannte, von einem guten Freund stammte. Sogar noch nach alten Sitten mit einem Wachssiegel verschlossen. Er erbrach diesen und musste gar nicht lange lesen, da wusste er bereits worum es ging. Die alt bekannte Einladung zum Maskenball.

Leider, obgleich er es weder oft noch gerne tat, konnte er nicht anders, als ein zufriedenes Grinsen über seine Lippen huschen zu lassen und den Brief in einer Innentasche seines Mantels, den er trotz der Wärme im Haus trug, zu stecken. Dann blickte er zu dem Jungen, der ihm eine Frage stellte, für die er ihn in der ersten Zeit am liebsten aus dem Fenster geworfen hätte. Doch er bekam wie jedes Mal keine Antwort, sondern nur einen verhassten Blick und eine böse Miene.

Er sah sich, nachdem das geregelt war, die Nummern an. Eigentlich nichts wichtiges dabei. Es gab allgemein nicht viele wichtigen Sachen in Nathanaels Leben. Er blickte wieder zu dem Jungen und stand auf.

"Hast du gute Noten mitgebracht?" fragte er schließlich, da er nicht darüber hinweg kam, nicht einmal in diesen Jahren, wie der Junge schon bei ihm lebte, eine einzige gute Bewertung gesehen zu haben.

Und es interessierte ihn durchaus, ob der Mensch vor ihm wirklich so intelligent war, wie dieser es ausstrahlte, oder ob er vielleicht einer dieser "möglichen Klugen" war, die es selber gar nicht wussten.

Adam hatte sich gerade ein Glas Milch eingeschenkt, als ihn die Frage von Nathanael erreichte. Heftig verschluckte er sich an dem weißen Getränk und sah ihn aus fragenden Augen an. Sonst interessierte es ihn doch auch nicht, ob er gut war in der Schule oder nicht. Aber in der Tat, heute hatten seine eine Literaturklausur zurückbekommen. Eine schlechte 1, aber immerhin wars ne 1.

"In der Tasche neben deinem Stuhl."

Was ihn noch eher wurmte als Literatur war Mathe, da war er nicht gerade berauschend gut, aber er wollte ja auch nichts mehr mit Mathe zu tun haben.

"Mathe war nicht so gut. Nur ne 4, aber Literatur war ich besser." Warum zum Geier redete er wie ein Wasserfall?

Sonst brachte der Vampir ihn auch nicht so schnell aus der Fassung, doch dieser Blick eben war anders gewesen, so viel anders, das ihm ein wohliger Schauer durch den Magen gelaufen war.

'Himmel' dachte Adam 'so hat er mich noch nie angesehen' Zumindest nicht, wenn er es mitbekommen hätte. Es war zwar noch nicht sonderlich spät, aber trotzdem konnte Adam ein Gähnen nicht unterdrücken. Die letzte Nacht war er wieder wieder viel zu lange wach gewesen, um bei dem Schwarzhaarigen zu sein.

Der Vampir hätte am liebsten gleich wieder den Raum verlassen, als der den Kerl so aus der Fassung brachte, dass dieser sich nicht nur verschluckte, sondern auch sein Puls heftig in die Höhe schoss. Ob dem Menschen bewusst war, wie anstrengend dessen Gegenwart am frühen Abend für den noch ziemlich durstigen Vampir war?

Vermutlich nicht, er ließ ihn davon ja auch nichts merken, außer wenn seine Laune mal wieder getrügt war. Sein Blick wanderte dann von Adam zu dem Rucksack. War unter dieser Aussage tatsächlich zu verstehen, dass er sich selber zu der Tasche bewegen und die Arbeit heraus suchen sollte? Als wüsste er nicht so recht was von ihm erwartet wurde, sah er zu dem Milchtrinkenden und ruhte mit einem stummen Blick auf seinem Gesicht. Das war durchaus etwas, dass nur noch sehr selten geschah, aber dafür doch noch zu oft und immer seltener. Adam bediente ihn nicht?

Manchmal hatte er das Gefühl, er war zu nachgiebig und dem Jungen würde es früher oder später am nötigen Respekt fehlen. Vielleicht hatte er auch nur vergessen, in welchen Positionen sie beide standen und welche Erwartungen er zu befolgen hatte, doch sollte das der Fall sein, würde es sicher nur ein paar kleine Erziehungsmaßnahmen brauchen, um ihn daran zu erinnern.

"So, und wieso bist du so schlecht in Mathe, einem sehr logischen Fach, wie man sich eingestehen muss. Bist du zu faul zu lernen?" Er hob eine Augenbraue streng in die Höhe.

Man musste lediglich ein paar Formeln auswendig lernen und sie in den kleinen Rechner eintippen, soweit seine Informationen stimmten. Da wusste er wirklich nicht, wie das so schwer sein konnte. Er kannte durchaus noch andere Zeiten, wo Mathe tatsächlich noch eine Wissenschaft war.

Nun verschränkte Adam trotzig die Arme vor der Brust.

"Faul ja? Ich bin jede Nacht wach, um dem gnädigen Herr hier nachzulaufen wie ein kleiner Hund und dann behauptest du allen ernstes auch noch, ich wäre faul, nur weil ich Mathe nicht verstehe?"

So hatte er noch nie mit Nathanael gesprochen, er hatte zwar Respekt vor dem Älteren, aber er brauchte sich selbst in seiner Postition nicht alles gefallen lassen. Das war doch mehr als lächerlich.

"Ich verstehs eben nicht! Und ich kann niemanden darum bitten, es mir zu erklären! Alle meiden mich, weil ich niemanden mit hier her nehme, weil ich mit 18 Jahren bereits seit drei Jahren alleine hier lebe! Sie grenzen mich aus, weil ich mit einem Vampir zusammenlebe, der es nicht mal für nötig hält, sich bei mir zu bedanken, micht mit etwas Aufmerksamkeit zu bedenken." Adam ging jetzt wütend vor Nathanael auf und ab.

"Weißt du eigentlich, wie ich mich fühle? Was in mir vorgeht? NEIN, weißt du nicht, weil du mich lediglich jeden Abend fragst, wie es in der Schule war! Und du erwartest nicht mehr von mir, als das ich schwanzwedelnd hinter dir herlaufe und dich vergöttere, was ich durchaus tue. Und wenn ich das alles nicht wollte, würde ich es sicherlich nicht tun, ABER ich habe es verdient, etwas Wahrnehmung von dir zu erfahren!" Er pausierte kurz und fixierte den schwarzhaarigen Mann mit einem verletzten Blick.

"Für dich bin ich doch nicht mehr als ein kleiner Diener, der zu springen hat, wenn du es befiehlst."

Der Vampir spürte nahezu, während er noch ruhig in seinem Sessel saß, wie diese Ruhe die er ausstrahlte, allmählich verschwand. Sein Kopf schmerzte ihm fürchterlich und er war wirklich nicht in der Lage, Ruhe zu bewahren. Es lechzte ihm nach Blut, nach frischen, warmen Blut, dass seine Adern kurzzeitig zum Pulsieren bringen würde, dass seine Augen für einen Moment vernebeln würde und dieser Junge dort vor ihm ließ ihn beinahe seine guten Sitten vergessen. Er spürte nahezu, wie er sich selber auf die Zunge biss, doch kein Tropfen Blut verlief in seinem Mund, nicht ein kleiner Genuss des einzigen Gutes, dass die Menschen beneidenswert machte, wollte sich ihm opfern.

Als Adam stehen blieb, scheinbar mit seiner Rede fertig, sprang der Vampir auf und hatte das Menschenkind schneller an die Wand genagelt, als er es selber für möglich gehalten hatte. Eine Hand legte sich an den Hals des Jungen und befreite seine Füße von dem schweren Gewicht. Nun an die Wand gedrückt blickte er dem anderen direkt in diese spiegelnden Augen, die so verletzt schienen, dass der Vampir beinahe seine Wut verlor, doch diese undankbarkeit, die ihm zugeschrieben wurde und doch so sehr auf den Jungen zutraf brachte ihn zurück in seine Rage, die er gerade spürte.

"Du willst Aufmerksamkeit", kam es eher zischend, beinahe schon fauchend, als das er es sagte.

Seine Hand zitterte ein wenig, als er sich selber davon abhielt, die Kehle des Jungen zu zerdrücken und sich an dessen Blut zu laaben.

"Vergiss nicht, wer du bist", presste er zwischen den zusammen gebissen Zähnen hervor.

"Ja, du bist mein Diener", schrie er plötzlich um diese ungeheure Wut los zu werden und ließ den Jungen etwas grob die Seite wechseln und ließ ihm selben Moment los, so dass Adam noch etwas Schwung bekam.

Als dieser dann wohl etwas unsanft landete, stürzte er sich beinahe wie eine Raubkatze auf ihn, hockte auf dessen Leden und fixierte dessen Handgelenke mit einer Hand gekonnt über dessen Kopf.

"Wage es noch einmal, mir entgegen zu treten", erneut fiel es ihm mehr als schwer sich zusammen zu reißen.

Er brauchte diesen Jungen und er sah ihn sich gerne an. Er war ein hübscher Junge und es wäre schwer auf die Schnelle einen neuen zu finden, der ihm gefiel und der keine Fragen stellte. Wie in Trance leckte er sich leicht über die spitzen, durch und durch weißen Zähne und neigte sich so nahe zu dem Jungen runter, dass er dessen Atem beinahe schmecken konnte.

"Ich kann dich jederzeit töten, wenn es mir passt. Du bist für mich nichts weiter, als ein pulsierendes Stück Fleisch, nachdem es mich so sehr sehnt, dass ich darin vergehen könnte", hauchte er ihm zu und automatisch senkte sich sein Kopf an die stark pulsierende Schlagader am Hals, die so verführerisch roch und so angenehm warm war.

Seine Zähne berührten leicht die weiche Haut und sein Griff verfestigte sich, mit der noch freien Hand drückte er leicht gegen den Brustkorb des Jungen, und doch verharrte er in seiner Bewegung.

So schnell wie er vom Sessel aufgesprungen war, löste er sich nun auch von Adam, drehte sich zur Tür und verließ das Haus.

Das alles passierte viel zu schnell, als das Adam irgendetwas realisieren konnte. Erst als er sich wieder am Boden unter Nathanael vorfand kehrte auch seine Wut zurück.

"Dann tu es doch! Aber dazu fehlt dir wohl der Mut! Weil du genau weißt, dass du so schnell niemanden findest, der dir zu Füßen kricht!" Als der andere von ihm aufsprang und zur Türe eilte, sah Adam ihm verletzt hinterher.

"Du schaffst es doch nichtmal, mich beim Namen zu nennen!" Erst jetzt rieb er sich die schmerzenden Handgelenke.

Als Nathanael das Haus verlassen hatte, raffte sich der Schwarzhaarige schnell auf und packte seine Sachen zusammen. Keine Sekunde länger würde er bei diesem Blutsauger blieben. Er hatte zwar keine Ahnung, wohin er gehen sollte, doch das war ihm im Moment auch egal. Hauptsache, er konnte endlich weg von diesem Monster. Doch eine Stimme tief in seinem Inneren brachte ihn zur Ruhe und flüsterte immer wieder, dass er doch gar nicht wegwollte. Natürlich nicht, herrschte er sie an, aber er hielt es auch keine Minute länger mehr in dieser Knechtschaft aus. Vielleicht würde er es sogar schaffen, in ein normales Leben zurückzukommen. Mit den Schulsachen im Rucksack und dem Mantel angezogen verließ er die hölzerne Hütte und ging in Richtung Stadt davon. In welcher Gefahr er sich auch immer befinden würde, es war ihm egal. Und wenn andere von Nathanaels Rasse hinter ihm her wären, war es auch egal. Sie würden ihn endlich von diesem erbärmlichen Leben erlösen. Wenn Nathanael ihn schon nicht wollte, dann vielleicht jemand anderes.
 

Zwei Stunden später war er in der Stadt angekommen und ging gerade durch eine dunkle Gasse, als er ein Geräsuch hinter sich hörte. Erschrocken fuhr Adam zusammen und drehte sich um, konnte jedoch nichts erkennen.

"Nathanel?" fragte er hoffnungslos in die Finsternis.

Der Vampir konnte sich selbst, als er draußen herum geisterte, nicht wirklich zur Ruhe bringen. Dieses Gefühl, wie er es hasste, wenn es ihm egal war, was er als nächstes tun würde und wenn es ihn nicht interessierte, ja wenn er es gar nicht realisieren konnte, wen er gerade nutzte, um seine Triebe zu stillen. Erst als er spürte, wie es warm wurde in seinem Körper und ein schwacher Körper an ihm herunter rutschte konnte er wieder klarer denken. Zumindest so klar, wie es in seinem kurzen Rausch möglich war. Er blickte nach unten und sah eine hübsche und sehr junge Frau auf dem Boden zusammen fallen. Sie war nicht tot, aber ob sie die Nacht überleben würde konnte er nicht beurteilen. Er ließ sie dort liegen wo sie war, vielleicht würde sie jemand finden, wenn nicht, so würden mal wieder die Tiere, besonders die Wölfe aus der Umgebung die Schuld bekommen. Es war schon angenehm hier in der Gegend, wenn er mal wieder wilderte und keine Vorsicht walten ließ. Die Leute waren nicht abergläubisch und es gab genug Tiere, die im Wahn auch Menschen angriffen, im Grunde so wie er.

Als er dann unter den Straßenlaternen entlang ging, er befand sich scheinbar in der Stadt, überholte ihn das ungute Gefühl, dass der Junge nicht, wie er gehofft hatte, daheim geblieben war. Er kam ihm sehr präsent vor, aber leider nicht nur der Junge. Er konnte nahezu spüren, wie eine andere, gewaltige und alte Kraft sich herum schlich und etwas verfolgte, dass nun auch seine Aufmerksamkeit auf sich zog. So so, zwei Dumme und ein Gedanke, kam ihm das moderne Sprichwort in den Kopf. Er ging nun ebenfalls auf die "Jagd", er wollte sich vergewissern, ob sie nun das gleiche Opfer verfolgten, obgleich der Junge weniger sein Opfer des Blutdurstes werden sollte, sondern viel mehr das Opfer seiner Konsequenzen.

Wie konnte er nun auch noch davon gelaufen sein, es war doch nicht zum Aushalten. Drei Jahre lang hatte er Ruhe und nun wurde er aufsässig und es konnte nicht einmal mit dem Alter zu tun haben. Vielleicht hätte er ihn kastrieren sollen, als er ihn fand. Dann wäre er auf jeden Fall ruhiger, zumindest wahrscheinlich. Auf jeden Fall - Wahrscheinlich.

Der Vampir schüttelte seinen Kopf. Die Gedanken waren ja noch ganz wirr. Schließlich entdeckte er die dunkle Gestalt im Blätterwerk ihm gegenüber und auch das Menschenkind, dem er nun seine Aufmerksamkeit schenkte. Der Vampir auf der anderen Seite schien kein geübter Jäger zu sein, er war viel zu geräuschvoll und versuchte damit wohl sein Opfer zu verwirren oder zu beängstigen, was ja auch klappte, aber taktisch klug war es nicht. Denn nun wusste Nathanael sicher, wo er sich befand und konnte ihn genauer beobachten.

Als Adam leise seinen Namen sprach, wohl in der Hoffnung aufgesammelt zu werden, wollte er dem anderen Untoten den Vortritt lassen. Sollte er ein wenig spielen und Adam ein paar Manieren beibringen. Vielleicht würde Nathanael selber dann keine so großen Einschüchterungsversuche mehr unternehmen müssen. Er hoffte es wenigstens, denn er wollte keinen Diener, der aus Angst bei ihm blieb, denn, so hatte er die Erfahrungen gemacht, verängstigte Diener waren unzuverlässige Diener. Also wollte er Adam lieber bei sich wissen, weil dieser Junge ihn, Nathanael, einfach als kleineres Übel betrachtete.
 

Adam bemerkte sofort, dass es nicht Nathanael war, der in seiner Nähe war, sondern jemand anderes. Gut, sollte er sich doch trauen, ihm was anzutun. Trotzig blieb er an der Stelle stehen. Wenn Nathanael in der Nähe war, würde er ihm sicherlich helfen, wenn nicht, brauchte er sich zumindest keine Sorgen über sein weiteres Leben machen. Ohne Vorwarnung erschien der andere Blutsauger nun vor ihm und musterte Adam mit glühenden, hungrigen Augen. Er konnte das Verlangen des Anderen förmlich spüren, doch es war nicht der Hunger, den er sonst bei Nathanael immer spürte, es war eine Art Spieltrieb, der ihm noch mehr Angst machte.

"Na, wo ist denn dein Herr und Meister, kleiner Adam?" Erschrocken riss Adam seine Augen auf.

Woher kannte der andere seinen Namen. Ein kalter Schauer lief über Adams Rücken, als er sich dessen bewusst wurde, wer das war. Sein Chemielehrer. Großer Gott, aber er dachte immer, dass Vampire sich nur Nachts bewegen konnten. Zumindest machte Nathanael nichts anderes oder auch nur anstalten. Und dann ließ er ihn auch noch den ganzen Tag über rumrennen, obwohl er für die Schule zu lernen hatte. Ziemlich schnell fand sich Adam nun unter dem Andern, der ihn sanft beschnupperte.

"Du riechst so verteufelt gut kleiner Adam, ich überlege schon lange, ob ich dich etwas missbrauchen soll. Dein Meister hätte es redlich verdient" meinte der andere leise.

Adams Herz schlug unglaublich schnell und fest gegen seine Brust, er wagte es kaum zu atmen und als der Andere auch noch an seiner Schlagader entlang leckte, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken und er stöhnte ungewollt auf. Trotz der Gefahr erregte ihn die Situation an sich. Wenn das doch nur Nathanael wäre, der ihn gerade anmachte.

"Bitte ..." flehte er leise. "Tun Sie mir nicht weh!"

Er konnte sich das wütende Gesicht des schwarzhaarigen Vampirs vorstellen, wenn er rausfand, dass er das Haus verlassen hatte und das ohne Erlaubnis. Ein Schluchzen rang sich aus seiner Kehle und er wünschte sich nichts sehnlicher, als zurück in der hütte zu sein.

"Nathanael! Wenn du da bist hilf mir!" schrie er flehend.
 

Der Vampir beobachtete das Geschehen und hockte auf allen vieren wie eine Raubkatze dicht über dem Boden im Buschwerk und sah zwischen den Wurzeln und Ästen hindurch. Ihn überkam wieder ein wenig Wut, sowohl war er wütend auf Adam, als auch auf diesen fremden Vampir, der hier zwar öfters herum lungerte, aber bisher nie in seinem Revier gewildert hatte und schon gar nicht jemanden, der ihm gehörte.

Gut, er wilderte nicht, aber er bediente sich trotzdem an Menschen, die eindeutig Nathanael zuzuordnen waren. Doch er konnte und wollte noch nicht eingreifen. Sollte Adam ruhig wissen, wie gut er es bei seinem Herren hatte. Dieser perverse Kerl dort, der sich nicht einmal Vampir schimpfen dürfte, sollte genug sein, um Adam das Leben zur Hölle zu machen.

Der Vampir selber musste sich leicht die Lippen lecken, als er beobachtete, wie die eklige Zunge des Fremden über den schönen Hals seines Jünglings strich und spürte das leichte Zittern der beiden. Adams Zittern wohl eher aus Angst, die er bis hier her riechen konnte und des Vampirs... nun, aus Lust und Spaß an dem Spiel, dass er spielte. Es fiel ihm, Nathanael, sehr schwer, sich weiter verdeckt zu halten, doch die Situation gefiel ihm gut.

Der Junge sollte seine Lektion lernen und da Worte ihn nicht berührten, musste er eben fühlen. Doch langsam, als er selber dem Drang kaum mehr wiederstehen konnte, sich den Jungen zu schnappen, richtete er sich auf und kam heran geschritten, hielt sich jedoch im Dunkel, so dass der Vampir ihn zu erst entdecken müsste, wenn er aufmerksam war. Seine bloße Umgebung schien dunkel zu werden, so ein Zorn packte ihn bei der leisen Bitte des Jungen, ihn zu retten. Hatte er sich nicht in diese Situation gebracht? Schließlich schenkte er, Nathanael, Adam doch nicht genug Aufmerksamkeit, war das nicht so? Hatte er ihm das nicht vorgeworfen. Eigentlich sollte er ihn verrecken lassen, elendig in einer Lage, die ihm scheinbar gerecht wurde. Doch er konnte es nicht, dafür war er wohl entweder zu viel Mensch oder zu sehr an den Jungen gewöhnt, der ja doch recht pflichtbewusst seine Aufgaben erfüllte.

"So so, Herr 'Chemielehrer'" kam seine Stimme, die nicht mehr nur ein Fauchen oder ein Zischen, sondern ein bedrohliches Knurren geworden war.

Er würde sich mit diesem Vampir anlegen, wenn er seine Grenzen überschritt. Noch war er in einer Grauzone doch ein Schritt weiter, und es käme zu einer recht animalischen Auseinandersetzung. Kurz huschte sein Blick, als er im Licht stand, zu Adam, der verängstigt dort lag und sich nicht rührte. Es war interessant, dass die gleiche Situation mit einem anderen Vampir solch eine unterschiedliche Reaktion bei einem Menschen hervorrufen konnte. Im Haus eben hatte Adam noch freche Töne übrig gehabt, nun bettelte er um sein Leben, dass er so eben eigentlich dem Tod vor die Füße geworfen hatte.

Adams Augen weiteten sich, als er sich Nathanaels Gegenwart bewusst wurde. Sah dieser Kerl einfach nur zu und wollte ihn sterben lassen. Nein, dafür brauchte er ihn zu sehr. Zumindest hoffte er das inständig.

"Nun kleiner Adam, dann will ich mal ein bisschen mit dir spielen!" bemerkte der Andere, dessen Aufmerksamkeit sich Adam nun völlig entzogen hatte.

Doch als er die kalte Hand unter seinem Shirt fühlte, erwachte er zu neuem Leben.

"Nimm deine dreckigen Pfoten weg! Der Einzige der mich je so berühren darf ist Nathanael!" Er begann nun mit den Füßen zu strampeln und traf den Vampir in seinen empfindlichen Weichteilen.

Als dieser unter Schmerzen aufjaulte, befreite sich der Junge aus der Umklammerung, zog den Mantel zurecht und floh in die schützende Nähe seines Meisters. Geknickt ließ er den Kopf hängen, als er die nächsten Worte über seine Lippen presste.

"Es tut mir Leid Herr!"

Ein diabolisches Schmunzeln glitt über Nathanaels Lippen, als Adam den Vampir überrumpelte. Zja, so war das mit diesen dummen Gestalten, die glaubten eine Verwandlung wäre schon alles. Es war ja nicht so, dass man direkt übermächtig wurde, im Grunde war man anfangs nur ein Mensch mit Blutdurst und Lichtempfindlichkeit. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Eine schwere Ausbildung und ein guter Meister war von Nöten, um einen wahren Vampir aus einem zu machen. Der Lehrer schien dem wohl nicht so ganz zu entsprechen.

Dennoch, als Adam zu Nathanael floh, wollte er diesen am liebsten wieder zurück in die Arme dieses bedauerlichen Wesens schubsen, nur um ihn erneut leiden zu sehen, doch anstelle dessen drehte er seinen Rücken zu dem Lehrer und ging die Straße auf in Richtung des Hauses, wo sie bisher lebten. Wenn der Vampir hier ebenfalls sein Revier begründen wollte, würde Nathanael sicher einfach den Wohnort ändern, das Haus verkaufen oder verkommen lassen, je nach dem ob es Interessenten gab. Doch nun gerade wollte er nur mehr heim, seinen Freund benachrichtigen und diesen Lehrer, sollte er es wagen nicht verstanden zu haben, wie wenige Chancen er hatte, zur Strecke bringen. Es war nicht gerne gesehen, wenn Artgenossen sich untereinander töteten, aber Nathanael war noch nie ein Mann der Standarte gewesen. Er hatte gerne seinen eigenen Weg, so wie er sich generell auch einen Menschen hielt, der seine Erledigungen machte.

Das fanden die meisten wirklich nicht verständlich und kaum einer besuchte ihn, viel lieber telefonierten oder schrieben sie Briefe, wobei die moderne Technik leider, so fand er, immer mehr in den Vordergrund traten. Er blickte zu dem Menschen und bedachte ihn mit einem strafenden Blick, legte jedoch seine Hand auf dessen verwuschelten Schopf, um ihn ein wenig Nähe zu schenken, der sein pochendes Herz zur Ruhe bringen sollte, denn sonst wusste der Vampir nicht, ob er nicht noch einmal einen Geschmack an der Jagdlust finden würde.

Adam ging nun schweigend neben Nathanel her, die Schultasche fest umklammert. Als dieser ihn berührte, lief ein kalter Schauer über seinen Rücken. Er wünschte sich nichts sehnlicher, als von diesem berürht zu werden, dennoch entzog er sich dessen Zuwendung. Er hatte den Anderen verletzt, ihn verraten und angeschrieen. Und das war alles nicht sehr nett gewesen. Eigentlich hatte er ja Starfe verdient.
 

Als sie am Haus ankamen, schälte sich Adam umständlich aus seinem Mantel. Er konnte immer noch nicht fassen, was er seinem Lehrer an den Kopf geknallt hatte, wenn ihn jemand berühren durfte, dann Nate. Also wirklich, dass war doch lächerlich gewesen. Nein eigentlich gar nicht. Es stimmte, er sehnte sich nach nichts mehr, als den sanften Berührungen des Vampirs.

"Ich geh ins Bett" murmelte er leise.

"Wenn du was brauchst, schreib mir nen Zettel, ich besorgs morgen."

Bereitwillig schwieg der Vampir und folgte mit ins Haus, wo sich Adam ein wenig lockerte und wenigstens die Schultasche nicht mehr mit seinem ganzen Körper umklammerte. Er befürchtete schon, der andere würde hinein kriechen wollen, so fest hatte er sie an sich gedrückt. Doch nun, wo er sich einfach verdrücken wollte, wurde er erneut wütend. Er packte den anderen an die Schulter und zog ihn nahe zu sich, hielt dessen Gesicht am Kinn zu sich gerichtet.

"Und du meinst, du kannst dich jetzt einfach verpissen?" kam es umgangssprachlich von ihm und durchaus sehr erzürnt.

Selbst seine Augen, so fühlte es sich wenigstens für ihn an, schienen in Flammen zu stehen.

"Du hast nicht nur dich in Gefahr gebracht, sondern auch mich in Bedrängnis!" zischte er und drückte ihn leicht von sich, das Kinn noch immer fest haltend.

Das sich dabei sei langer Fingernagel leicht in die Haut bohrten, interessierte den erneut wütenden Vampir wenig.

"Was denkst du dir dabei, glaubst du, es ist ein Spaß. Glaubst du, jedes Wesen ist so bescheuert wie dieses Ding dort war?" Er biss sich leicht auf die Unterlippe und ließ den anderen mit einem leichten Stoß nach hinten wieder los.

"Geh ins Bett! Du wirst morgen zu Hause bleiben, ich werde dich in der Schule krank melden" stellte er schließlich fest.

Er würde dem anderen, wenn er sich einmal ausgeruht hat, ein paar Manieren beibringen. Er konnte nicht so kindisch bleiben und wenn er dann lieber völlig emotionslos wurde, das war sicherer für sie beide und Nathanael hatte sicher nicht vor ihn morgen in die Schule zu lassen, wo der Vampir sicher auf ihn lauerte. Vorher würde er sich um dieses ... Problem ... kümmern.

Adam ließ diese Worte gleichgültig über sich ergehen. Spürte nur die Nähe von Nathanaels Körper und wie er sich magisch zu ihm hingezogen fühlte. Er hatte noch nie in seinem Leben eine normale Beziehung gehabt. Aber was war schon normal in seinem Leben?

Er lebte bei einem Vampir, konnte sich an nichts erinnern, was vor seinem 15ten Lebensjahr geschehen war und er wurde von Vampiren verfolgt. Natürlich, ein völlig normales Leben für einen 18jährigen Gymnasiasten, der im Sommer sein Abitur machen sollte. Er nickte leicht, als ihm aufgetragen wurde, morgen zu Hause zu bleiben. würde er auch tun, nur um den Anderen nicht noch mehr zu verärgern.

In seinem kleinen Zimmer angekommen, schälte er sich aus der restlichen Kleidung, dort wo Nathanaels Nagel sich in seine Wange gebohrt hatte, brannte die Haut noch immer, doch sein Magen kribbelte so freudig wie nie zuvor. Diese Macht und Stärke, die vom Anderen ausging. Eigentlich hätte ihn das gerade jetzt einschüchtern müssen, doch er konnte nicht umhin, um ein bisschen erregt zu sein. Außerdem meldete sich sein Körper und wollte auchmal das haben, wonach ihn verlangte. Schnell schlüpfte Adam unter die Decke, wo seine Hand flink zwischen seine Beine fuhr.
 

So schnell hatte Nathanael mit keiner Reaktion gerechnet, wo der andere doch bis eben noch bestürzt, aufgebracht, wütend und verwirrt war. Aber gut, es sollte ihn nicht stören, wenn der andere nun in sein Zimmer verschwand und sich erholte. Er hingegen setzte sich wieder in den ledernen Sessel und las noch einmal die Einladung.

In nur ein paar Tagen sollte es so weit sein. Eigentlich könnte das noch warten, das kleine Problem, dass sich bei ihm einnistete, doch er wollte seine Sorgen lieber immer sofort erledigt wissen, also kam er nicht umhin, zum Telefon zu greifen und seinen wohl einzigen guten Freund anzurufen. Er würde sich erst einen Rat holen, ehe er überstürzt handelte. Vielleicht gab es ja andere Möglichkeiten. Doch plötzlich zuckte er in sich selbst zusammen, als er dieses starke... diese ... Ausstrahlung, er wusste gar nicht so recht wie er das nun einschätzen sollte, aber dieses Gefühl das von Adams Zimmer kam, raubte ihm für einen Moment die Gedanken.

Erst als ihm jemand ins Ohr sprach, wurde er sich seiner wieder bewusst und er begrüßte seinen Freund. Doch immer wieder raubte diese heiße Luft, dieses stark fließende Blut und diese Lust, die sich langsam ausmachte, seine Gedanken. Schließlich beließ er es bei einem Smalltalk und er verschwand aus dem Haus in sein kleines Zimmerchen, wo er aber trotzdem keine Ruhe finden konnte.

So so, er hatte den Jungen wohl doch zu sehr geschont, wenn er schon so schnell über seinen Schock hinweg kam und seinen körperlichen Bedürfnissen nach kam. Oh, da fiel dem Vampir noch eine Sache ein, für die die Menschen zu beneiden waren. Diese Lust, die er selber kaum mehr verspüren, an die er sich bestenfalls noch erinnern konnte. Er seufzte leise und lehnte seinen Kopf gegen die kalte Wand, die wohl noch wärmer als er selber war. Doch dann konnte er nicht anders, als zurück ins Haus zu gehen, bis vor die Tür seines Schützlings. Dort blickte er die Bretter an, als könnte er hindurch gehen und genoß diesen Geruch der Jugend, wie man es wohl nennen könnte.
 

Adam bemerkte nichts von Nathanaels Gedankengängen, seiner Mühe, sich zusammenzureißen. Er besorgte es sich gerade richtig hemmunglos, ließ seine Hände über seinen Körper gleiten und dabei immer das Gesicht seines Meisters vor sich. Sein Blut glitt wahnsinnig schnell in seinen Adern, er konnte es in seinen Ohren rauschen hören, doch noch viel betörender war der Gedanke, dass es wirklich der Vampir sein konnte, der das mit ihm machte.

"Nathanael" kam es stöhnend über seine Lippen, ehe er zum Höhepunkt gelangte.

Keuchend und seufzend drehte er sich auf die Seite und starrte die dunkle Wand an. Er würde wohl nie das bekommen, was er wollte. Immer ging es nur um Nathanaels Begierden und Wünsche. Aber vielleicht, wenn er sich artig verhielt, würde er irgendwann einmal das bekommen, was er wollte. Doch die Chancen waren gering, dafür mochte ihn der Vampir zu wenig, duldetete ihn nur als sein Diener in seiner Nähe.
 

Nathanael hatte sich so sehr dieser Atmosphäre hingegeben, dass er, als er seinen Namen gestöhnt hörte, beinahe mit dem Kopf gegen die Tür geknallt wäre, sich aber rechtzeitig abstützen konnte, so dass es nur ein leises, dumpfes Geräusch ergab und er sich eine Beule am Kopf ersparte. Dennoch war ihm nun ganz anders zumute. Es war lange her, dass jemand in seiner Nähe erregt, geschweige denn seinetwegen solch eine Lust empfunden hatte, doch ein Problem hatte er damit tatsächlich nicht.

Dennoch ging er wieder zum Ofen, wo er ein wenig Holz nachwarf, damit das Haus nicht auskühlte und setzte sich in seinen Sessel, um dort sich ein wenig zu entspannen. Zumindest noch die restliche Nacht. Er würde sich dann wohl doch morgen darum kümmern, was ihn jetzt gerade gar nicht mehr beschäftigte. Dennoch ging sein Blick immer wieder in die Richtung des Jungen. Er überlegte, ob er nun nach dessen Anwesenheit verlangen sollte, denn sonst war er schließlich auch die Nächte über da gewesen, einfach anwesend und brachte den Vampir auf angenehme Weise beinahe um den Verstand. Ob er sich zu sehr daran gewöhnt hatte?

Scheinbar hatte der den Jungen ja ziemlich verzogen, dass er seine Grenzen nicht mehr kannte. Denn zu streng war er keineswegs gewesen, sonst hätte das Kind nicht einmal mehr zu Schule gehen dürfen.
 

Es dauerte nicht mehr lange und mit einem seeligen Seufzen glitt Adam in das Land der Träume ab. Auch wenn man es ihm so nicht anmerkte, sein Körper verlangte schier nach Schlaf, da er selten eine Nacht ein Auge zubekam und das, was er Nachmittags manchmal schlief auch nicht wirklich ausreichte, um ihn das aufholen zu lassen. Er zog die Decke bis unters Kinn, ehe er die Beine noch anzog und völlig wegknickte.

Mitten in der Nacht wurde er wach, da seine Blase drückte. Schnell und völlig übermüdet schwang er die Beine aus dem Bett und ging nach draußen, wo Nathanael noch immer in dem Sessel saß, den er sich mal gekauft hatte. Leise schlich er auf die Toilette, wo er sich erleichterte und schließlich zurück in sein Zimmer wollte. Das Feuer brannte noch immer, war aber schon heruntergebrannt und machte seltsame und gruselige Schatten im Wohnbereich des kleinen Hauses. Nathanael war damit beschäftigt einfach an nichts zu denken und die Nacht, besonders die Ruhe der Nacht zu genießen. Doch da knarrte eine Tür leise auf und leises Tapsen nackter Füße kam in seine Nähe. Adam schlich an ihm vorbei, als würde er ihn sonst wecken, erleichterte sich auf der Toilette und versuchte dann leise wieder davon zu schleichen.

"Solltest du nicht schlafen?" fragte er, als hätte er ein Kleinkind dabei erwischt, noch wach im Bett zu sitzen und sich vor dem Schlafen zu drücken.

Ihm war wohl klar, dass der andere sicher nur zur Toilette gemusst hatte, aber vielleicht, auch wenn eigentlich der Puls dafür zu ruhig gewesen war, als das Adam nicht geschlafen hätte, hatte er doch wach im Bett gelegen. Er wusste nicht, wie stark die Psyche des Jungen war und ob diese Nacht nicht doch zu viel des Guten gewesen wäre. Immerhin ließ es nicht einmal dem Vampir die Ruhe, dass dieser perverse Lehrer noch umher strich und sich vielleicht einen anderen Schüler gesucht hatte.

"Herrgott nochmal" erschrocken fuhr Adam herum und fasste sich ans Herz.

Er erschrack doch jedes Mal, wenn Nathanael ihn ohne Vorwarnung ansprach.

"Ich musste kurz zur Toilette. Mit voller Blase schläft es sich so schlecht" bemerkte er leise.

"Ich bitte dich, lass mich wenigstens noch ein paar Stunden schlafen! Ich habe seit vier Tagen keine fünf Stunden mehr zusammengebracht und selbst wenn ich morgen nicht in die Schule gehen muss ... darf, was auch immer, ich überlebe nicht noch einen Tag in diesem Delierium!"

Seine Worte klangen äußerst flehend, und seine Augen waren dabei unverwandt auf seinen Meister gelegt.

"Du kannst dann auch morgen alles mit mir machen was du willst, aber lass mich nur schlafen!"

Im Moment wäre das wohl die größte Strafe gewesen, ihm diese Bitte zu verwehren. Und so wie er Nathanael kannte, würde er das auch ausnutzen.

Eine Augenbraue hatte wieder an Höhe gewonnen, als der andere sich erneut, wie schon immer seit den ganzen Jahren, erschrack. Langsam sollte er wissen, dass der Herr Nathanael gerne Leute ansprach, die an ihm vorbei schlichen. Als der andere ihn dann sofort anflehte, ohne überhaupt einen Atemzug zu nehmen, hätte er beinahe gelacht. Er konnte dann alles mit ihm machen? Das war ja mal ein Versprechen, dass konnte er wohl kaum ausschlagen.

"Ich hatte dich eigentlich nicht vom Schlafen abhalten wollen, aber wenn es dir so wichtig ist, sollte ich dich wohl doch noch eine Weile hier behalten" antwortete er, wie es schon beinahe in das Gesicht von Adam geschrieben stand, der es wohl erwartete, genau diese Worte zu hören.

Er stand auf und ging wieder zu dem anderen. Der kleine Kratzer war noch immer zu sehen und beinahe tat es ihm leid, den armen Jungen verletzt zu haben, nur weil es ihm egal war. Sanft legte er eine Hand an dessen Wange und neigte sich vor. Eigentlich wollte er nun über die kleine Wunde lecken, doch er überlegte, dass ihm das sicher nur wieder Heißhunger verschaffen würde, also entschied er sich dagegen, richtete sich wieder auf und strich sanft über die heiße Wange von Adam.

"Gute Nacht, Adam" sagte er also leise und schob ihn in Richtung seines Zimmers, bevor er sich selber wieder in den Sessel sinken ließ.
 

Perplex starrte Adam nun auf die Wand seines Zimmers. Adam, er hatte ihn wirklich bei seinem Namen genannt. Adam ... großer Gott, nach drei Jahren hatte er seinen Namen endlich über die Lippen gebracht und er fühlte sich wie ein kleines Schulmädchen, dass seinem Schwarm gerade die Liebe gestanden hatte. Wie zum Geier sollte er jetzt noch schlafen können? Wusste Nathanael eigentlich, dass er ihn auf diese Weise zu Grunde richtete? Unschlüssig stand er nun zwischen Bett und Tür, entschied sich jedoch dann doch für die Tür und kehrte, in ein T-Shirt schlüpfend, zu seinem Meister zurück.

Er ließ sich schweigend neben dessen Sessel sinken und starrte ins Feuer. Er hatte ein absolut schlechtes Gewissen, wegen allem was er gesagt und getan hatte.

"Es tut mir Leid Herr, was ich getan habe" sagte er mit abgewandtem Blick.

Das der andere wieder kam, brachte ihn nun doch ein wenig zum Schmunzeln. Das war eine kleine Rache dafür, ihm die Ruhe zu nehmen. Schließlich hatte Adam damit angefangen. Dieser ließ sich dann neben ihn sinken und entschuldigte sich für sein Verhalten.

"Es ist nicht zu entschuldigen" erklärte er knapp und ehrlich.

"Es ist geschehen und ich bin mir sicher, dass es nicht wieder vorkommen wird, nicht wahr?"

Er sah zu dem anderen, der ihn gar nicht ansah, sondern seine Entschuldigung in den Raum gesprochen hatte. Doch eigentlich fand er es nicht schlimm, denn eine Entschuldigung hatte nun auch nichts mehr zu ändern. Dennoch konnte er nicht anders, als den andern weiterhin anzusehen und sich gut zu fühlen. Warum wusste er nicht so recht, aber wahrscheinlich, weil er es noch immer schaffte, andere aus dem Konzept zu bringen und für sich zu begeistern. Und das nur mit einem Wort... dem Namen.

Adam schüttelte den Kopf. Natürlich würde das nie wieder vorkommen. Er hatte seine Lektion gelernt. Er würde sich seinem Meister nicht mehr wiedersetzen, solange es ihm nicht gewährt war, aber er musste doch auch das wiederspenstige an ihm mögen. Er war nunmal nicht gerade jemand, der sich gerne Unterwürfig zeigte.

"Nein, ich denke, ich werde mich von jetzt an zusammenreißen."

Adam spürte die Blicke von Nathanael auf sich und drehte schließlich seinen Kopf wieder zu diesem. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, als ihm etwas durch den Kopf schoss, doch allein bei diesem Gedanken schüttelte er schon den Kopf, diese Frage würde Nathanael ihm nie beantworten. Der Vampir sah den Jungen an und spürte nahezu, dass diesen etwas beschäftigte, doch wollte er nicht noch mehr in dem Menschen herum bohren. Wenn es wichtig war, würde er schon von alleine reden. So aber genoß er es, einen Moment lang nicht einsam zu sein, bis er erneut dem Drang nicht wiederstehen konnte zu schmunzeln.

"Sag" fing er an und versuchte die Frage geschickt zu formulieren.

Doch ihm fielen beim besten Willen keine Worte dazu ein. Also brach er einen Moment ab, bis ihm auffiel, wie dumm eigentlich dieser Moment war. Denn er hatte eine Frage angefangen und nun schwieg er? Er blickte Adam wieder an, sein Schmunzeln war bereits wieder verschwunden.

"Sag, begnügst du dich des öfteren alleine?" stellte er schließlich doch seine Frage und grinste gleich wieder.

Adam dachte im ersten Moment, er hätte die Frage falsch verstanden, doch als er das Grinsen auf Nathanaels Gesicht sah, wusste, dass dem nicht so war.

"Hmm... natürlich. Wenn du schläfst, bleibt mir doch nix anderes übrig, als alleine auszugehen. Unter Tags könnte ich dich auch gar nicht mitnehmen."

Er beantwortete diese Frage aus Sicherheitsgründen so. Was, wenn Nathanael ihn mal dabei erwischt hatte, wie er es sich selbst besorgt hatte? Er tat es zwar nicht oft, aber ab und an überkam ihn einfach die Lust und er konnte nicht anders.

"Und falls du das von vorhin in meinem Zimmer meinst, nein ich mache das nicht öfter." Er schwieg.

Warum er ihm doch die Wahrheit sagte, konnte sich Adam nicht erklären, aber vielleicht wollte er ihn nicht weiter anlügen.

"Darf ich dich auch was fragen? Warum hast du mich zu dir geholt? Warum ausgerechnet ich? Ich bin doch gar nichts besonderes."

Der Vampir war äußerst belustigt von Adams Antwort. Als wenn er ihn falsch verstanden hätte. Aber das er davon ausging, der Vampir würde schlafen faszinierte ihn. Er beobachtete die Reaktionen des Jungen und schließlich redete dieser sogar weiter. Er war heute wohl sehr gesprächig, stellte er fest und strich ihm erneut sanft über den Kopf. Auf die Frage, die darauf folgte, hatte er im ersten Moment gar keine Antwort. Warum? Ja, was wusste er denn. Er hatte sich zu Adam hingezogen gefühlt, dieser sich zu ihm und schon war es geschehen. Was sollte auch sonst der Grund sein.

"Du gefällst mir" sagte er nur und strich weiter über die Haare Adams.

"Und du bist etwas ganz besonderes. Mehr als du denkst", murrte er kaum hörbar und grinste dann ein wenig, ehe er sich aus dem Sessel erhob und Adam andeutete ihm zu folgen.

Er gefiel ihm also? Das waren völlig neue Worte aus Nathanaels Mund und unweigerlich fühlte sich der Schwarzhaarige geschmeichelt. Und diese sanfte Berührung war auch so liebevoll und zärtlich. Das war es doch, wonach er sich die ganze Zeit gesehnt hatte, warum also gab ihm der Vampir das jetzt erst. Und er war besonders. Na wollte er dem anderen mal Glauben schenken, dass dem wirklich so war. Und das Murren machte Adam wieder lächelnd. Das war so unglaublich niedlich. Also stand er auf und folgte dem Größeren.

"Wohin gehen wir?" fragte er neugierig.

Es kam schon selten vor, dass sie sich unterhielten und vor allem so. Meistens waren es wirklich nur belanglose Dinge, über die sie sich unterhielten Schweigend ging der Vampir noch einmal zu dem kleinen Holzkorb und einen Scheit nachzulegen um das Feuer nicht ausgehen zu lassen. Dann drehte er sich wieder zu Adam, der ihm bereitwillig folgte. Doch anstelle eine Antwort zu geben oder irgendwelche Erwartungen zu erfüllen, führte er den Jungen zu seinem Zimmer, wo er die Tür öffnete und eine einladende Handbewegung machte.

"Ab ins Bett!" sagte er nur knapp aber freundlich und blieb stehen, keinerlei Anstallten machend, dass er vor hatte ihn zu begleiten.

Perplex starrte Adam Nathanael an. Das war jetzt nicht wahr oder? Ein schlechter Scherz oder ein Traum. Fassunglos sah er zu seinem Bett, das bereits völlig zerwühlt war, von dem vorherigen darin rumliegen.

"Warum?" fragte er leise, doch er wusste, dass jede Gegenwehr zwecklos war.

Außerdem hatte er versprochen artig zu sein und von jetzt an auf Nathanael zu hören. Vielleicht war es eine Art von Vertrauensbeweis für den Größeren und Adam wollte es nicht schon wieder missbrauchen. So ging er zu seinem Bett und verkroch sich in der Decke.

"Wirst du da sein, wenn ich wieder aufstehe?" fragte er hoffnungsvoll.

Nathanael war sehr zufrieden, dass Adam einfach so folgte. Doch dessen Frage und der Blick dazu, verunsicherten ihn einen Moment.

"Wenn du die Nacht durchschläfst, werde ich sein, wo ich immer den Tag verbringe. Ansonsten bin ich die Nacht über hier" erklärte er und zog die Tür etwas heran, blickte aber noch einmal zu Adam.

"Nun schlafe, du wirst es brauchen" sagte er und schloss die Tür dann ganz, um sich sogleich zum Telefon zu bewegen und seinen Freund wieder anzurufen.

Dieses Mal nicht für einen Smalltalk, sondern für wesentlich ernstere Gespräche, die auch sogleich einen guten Boden bei seinem Freund fanden. Adam brauchte nicht wirklich lange, ehe er eingeschlafen war und er schlief wirklich durch. Überhörte sogar am Morgen den Wecker, da er ja nicht zur Schule musste, weil Nathanael ihn krank gemeldet hatte. Erst gegen halb zehn Uhr wurde er wach. Genüsslich streckte sich der Junge und sah zum Fenster raus. Obwohl es schon so spät war, schien noch immer keine Sonne. War wohl ziemlich neblig draußen, aber das war ja für die Jahreszeit auch normal. So schwang er die Beine aus dem Bett und begab sich in die Küche, wo er erstmal Tee kochte und sich sein Frühstück bereitete. Ob Nathanael wohl schon in seiner Kammer lag?

Kapitel 02

Kapitel 2

Diese Nacht würde Nathanael wohl keinen Atemzug daheim verbringen. Er war verabredet und es würde eine kleine Jagd geben. Sehr zur Freude seines Freundes, weniger zu seiner eigenen. Außerdem würde sein Freund gesammelte Werke für den Maskenball mitbringen. Vielleicht würde Adam ja in irgendwas davon wirklich gut und nicht nur lecker aussehen. Nathanael befürchtete allerdings, dass dies nicht der Fall sein würde, schon gar nicht, wenn er an das Lachen seines Freundes dachte.

Doch die Zeit war so mit der Planung verstrichen, dass er die Zeit völlig vergessen hatte und nun am Fenster des Wohnzimmers stand und hinaus in den Nebel starrte. Er würde wohl diesen Tag im Haus verbringen. Vielleicht ganz gut, so konnte er dafür sorgen, dass Adam sich ausruhte und keinen Unsinn anstellte und kein Unsinn mit ihm angestellt wurde.

Als Adam ins Wohnzimmer kam, fiel ihm erstaunt die Tasse, aus der Hand.

"Nathanael, was machst du hier?"

Schnell wischte er das Missgeschick auf und holte sich eine frische Tasse mit Tee.

"Willst du auch welchen?" fragte er.

Obwohl er die Antwort eigenltich schon kannte, stellte er sie trotzdem. Er ging ebenfalls zum Fenster und sah nach draußen. Bei solchem Wetter hielt Nathanael es anscheinend auch unter tags draußen aus. Das dumpfe Aufschlagen der Tasse und die hecktischen Bewegungen und Worte von Adam, nervten den Vampir gerade ein wenig. Er hatte die Ruhe genossen, aber wie so oft war es wohl nur die Ruhe vor dem Sturm. Langsam, als wieder etwas Ruhe einkehrte, drehte er sich zu Adam, der noch ganz verschlafen aussah.

"Gut geschlafen?" fragte er, die Frage des anderen ignorierend.

Er verstand nicht, wo diese Gewohnheit her kam. Es hatte in diesem Fall nicht einmal etwas mit Höflichkeit zu tun. Irgendwann, so hoffte er, würde es Adam selber zu dumm sein. Adam nickte.

"Ja, danke der Nachfrage, war ziemlich erholsam."

Er schlürfte an dem heißen Tee und sah weiterhin nach draußen. Irgendwie kam ihm das vor, wie an dem Tag, als er dem Vampir begegnet war, da war es auch so neblig gewesen und düster sowie kalt. Äußerst kalt und ihn schauerte schon allein bei der Erinnerung daran.

"Ich hätte eine Bitte an dich." Er wandte den Blick zu Nathanael.

"Du sagst doch, dass ich Mathe besser können sollte oder müsste. Willst dus mir bitte erklären? Wir machen gerade Parabeln und so Zeugs."

Der Vampir betrachtete Adam, als wäre dieser gerade auf seine Füße getreten. Mit einer hochgezogenen Augenbraue legte er den Kopf etwas schief.

"Denkst du wirklich, ich würde mich mit der Mathematik auseinander setzen?" fragte er also ganz unverblümt.

"Ich weiß nicht, wie weit diese Wissenschaft fortgeschritten ist, aber du kannst dir einen Nachhilfelehrer nehmen.“ Damit war die Frage für ihn geklärt.

Er könnte sich sicher diese Kunst schnell aneignen, einen Tag vielleicht oder weniger, vielleicht auch mehr, dann würde er es wohl verstanden haben, sofern es sich wirklich auf Logik aufbaute, aber er interessierte sich, wie scheinbar auch Adam, nicht besonders dafür. Sein Blick glitt wieder in die grauen Wolken, die seine Sicht stark einschränkten. Ihm gefiel es nicht, dass der Nebel so dicht war. Dies half nicht nur ihm, sich unsichtbar fortzubewegen, sondern so ziemlich jedem.

"Hast du Planung für diesen Tag?" fragte er schließlich, als er sich überlegte, dass sein Freund sicher nicht bis zur Nacht warten konnte und bald eiligst eintreffen und Adam sofort belagern würde. In jeder Hinsicht.

"Aber du hast doch gesagt, es wäre erbärmlich, wenn ich in einem solchen Fach schlecht bin!" bemerkte der Schwarzhaarige. Auch fiel ihm Nathanaels Blick auf.

"Es ist wie vor drei Jahren, nicht wahr? An dem Tag war es auch so düster und kalt. Und dieser Nebel. Es ist, als ob er sich auch über mein Gedächtnis gelegt hätte." Er lächelte leicht.

"Du kennst mich, ich hab nie was geplant. Ich bin ein Chaot auf zwei Beinen, der das Leben nimmt, wie es kommt" Er bemerkte die Missstimmung nun auch.

"Willst du mich loswerden?" fragte er lächelnd.

"Ich kann dir auch wieder ein paar neue Bücher besorgen, dann bist du mich mal für drei Stunden los."

Nathanael sah Adam erneut streng an.

"Es ist erbärmlich, da du das in der Schule zu lernen hast und es zu deiner Allgemeinbildung und du solltest dich ein wenig bemühen" versuchte er es zu erklären.

Schließlich hatte jede Zeit so ihre Wünsche an die Gesellschaft und Anforderungen, die zu erfüllen waren und Adam sollte sich bemühen, genau dieses zu tun. Oder auch nicht. Nathanael war sich nicht so sicher. Die Worte von Adam drangen nur schwammig in sein Gedächtnis und er lächelte dann zufrieden.

"Ich möchte dich nicht loswerden. Ich erwarte lediglich Besuch und ich bin mir nicht sicher, ob ich dich nicht doch lieber davon jagen soll" lachte er, als es auch schon an der Tür polterte.

Wenn jemand den Teufel darstellen konnte, dann sein guter Freund. Adam verschluckte sich beinahe am Tee.

"Allgemeinbildung. Hör zu, ich kann nen normalen Dreisatz rechen, zusammenzählen und subtrahieren. Und mit Taschenrechner lös ich dir auch Gleichungen mit Unbekannten. Aber für was braucht man bitte den Mist mit Parabeln!" Er verschränkte die Arme.

"Außerdem hatte ich nicht vor, nach meinem Abitur mit einem Mathestudium zu beginnen. Literaur liegt mir wohl doch besser. Oder Medizin." Er verdrehte die Augen, als es bereits an der Tür rumpelte.

"Ich geh mich anziehen und dann in die Stadt, deine Sachen besorgen. Deinen Bekannten hast du mich schließlich noch nie vorgestellt, wohl aus Angst, dass sie über mich herfallen würden. Aber deswegen bin ich dir sicherlich nicht böse. Zumindest seit gestern Nacht nicht mehr."

Verwundert blieb Nathanael stehen. Adam redete wie ein Wasserfall, als würde er alles sagen, was er so dachte und er zog eine Augenbraue hoch.

"Nein, eigentlich ist dieser Besuch für dich her gekommen" klärte er seinen Schützling auf und noch ehe er zur Türe gehen konnte, krachte diese geräuschvoll auf und ein großer, schlanker und etwas, nun ja, merkwürdig gekleideter Mann trat ein, der sogleich die Arme auseinander riss und fröhlich zwitschernd auf Nathanael zuschritt.

"Alter Freund. Wie schön dich wieder zu sehen" flötete er und schloss Nathanael in seine Arme, ehe dieser auch schon wieder von sich geschoben wurde und der Blick des Fremden auf dem Jungen landete.

"Dann musst du Adam sein!“ Er neigte seinen Kopf ein wenig und grinste.

"Dann habe ich genau die richtigen Sachen mitgebracht" stellte er fest und drei junge Männer traten ein, alle mit gesenkten Häuptern, bepackt mit Koffern und Säcken und am Ende noch eine junge Dame, in einem alten aber sehr schönen Kleid und blonden Locken.

Arrogant schritt sie an den offensichtlichen Dienern vorbei, würdigte weder Adam noch Nathanael einen Blick und drehte sich sogleich wieder, um nach mehr Dienerschaft zu winken. Eine weitere junge Frau trat ein, beinahe noch ein Mädchen und wie man sehen konnte sehr verängstigt.

"Ich nehme das Zimmer des Jungen" kam es von der fremden Frau und schon verschwand sie in besagte Richtung.

Nathanael betrachtete das Geschehen schweigend und sah dann zu Adam.

"Wollen wir doch mal sehen, wie viel Chaos du verträgst, Adam" lachte er belustigt von der vielen Gesellschaft und legte seine Hand sanft auf Adams Schulter.

"Mi ... Mich?" fragte er erstaunt.

War Nathanael das von gestern Abend etwa sosehr missfallen, dass er sich eine grausame Strafe für ihn erdacht hatte? Er schluckte schwer. Etwas verwirrt schaute er hinter Nathanaels Rücken auf den Besucher, der wirklich äußerst seltsam gekleidet war, fast so, als wäre er in der Zeit hängen geblieben. Er nickte abwesend, als dieser seine Identität feststellte. Ihm fiel glatt die Kinnlade bei so vielen Menschen runter, das war doch gar nicht möglich. Konnte die Nathanael auch haben, wenn er wollte und er begnügte sich mit ihm? Ihm allein? Sein Blick wanderte suchend zu seinem Meister.

"Ich bin das Chaos" kam es leise von seinen Mund.

Doch er war sich nicht sicher, was er davon halten sollte. Adam war also das Chaos? Nun, der Junge hatte sicher noch kein wahres Chaos erlebt und so, wie es schien, würde heute ein wahres Chaos ausbrechen. Noch während er diesen Gedanken beendete, schnupperte sein Freund, der sich mit einer unglaublichen Geschwindigkeit an den Jungen geheftet hatte, an dessen Hals. Dabei leckte er sich die Lippen.

"Er ist ja noch ganz jungfräulich" schnurrte sein Freund und der Blick von Nathanael verdunkelte sich.

"Das geht dich nichts an" fuhr er ihn an und schon löste sich der Freund von Adam.

"Kümmere dich nun um deine Geschäfte, ich gehe Roselin besänftigen."

Er sprach von dem blonden Mädchen, dass sodann verschwunden und bisher nicht wieder aufgekreuzt war. Es gefiel ihm weniger, dass sie das Zimmer von Adam besetzen wollte, so es doch eben sein Zimmer war und nicht für Gäste bestimmt.

Adam hatte schon längst den Überblick verloren. Welche Geschäfte und von was sprachen sie hier überhaupt und was sollte dieser gottverdammte Aufmarsch überhaupt? Er hatte überhaupt keinen Plan, warum dieses Tamtam veranstaltet wurde und so blieb er regungslos auf seinem Platz stehen.

"Ich wollte sowieso gerade gehen" bemerkte er noch kleinlaut und war schon auf dem Weg, sich seine Jacke zu holen.

"Brauchst du jetzt Bücher?"

Das Adam sich nun verdrücken wollte, störte beide Vampire gewaltig, doch der Freund wagte es nicht, sich noch einmal an dem Jungen zu vergreifen, also war es an Nathanael, ihn aufzuhalten.

"Sagte ich nicht, er wäre deinetwegen hier? Dann kannst du wohl kaum verschwinden." Damit zog er ihm die Jacke aus der Hand und schob ihn zurück, bis Adam auf dem Sessel saß, wo sich sonst der Vampir aufhielt.

"Du bleibst brav hier und tust, was Nion wünscht, verstanden?" Das letzte Wort klang etwas schärfer, als er wollte, aber nicht böse oder befehlend. Einfach mit Nachdruck.

"Wenn ich wieder komme, will ich dich nicht suchen müssen" betonte er noch einmal, dass Adam zu bleiben hatte, ehe er sich dann wirklich zu dem Mädchen aufmachte.

Mit einem Blick und einem leichten Nicken gab er seinem Freund die Erlaubnis, nun ans Werk zu gehen. Ohne großen Wiederstand ließ sich Adam die Jacke aus der Hand ziehen und stellte sich dicht an seinen Meister.

"Aber er macht mir Angst. Sie alle machen mir Angst" flüsterte er leise.

Sich durchaus bewusst, dass alle diese Worte hören konnten. Panisch wandte er den Blick zu Nathanael. Wollte dieser ihn wirklich allein lassen? Das konnte doch nicht sein Ernst sein.

"Du wirst mich nicht suchen müssen. Aber wer weiß, was sie mir antun!"

Er verkrümmelte sich so tief wie möglich in den Sessel und wünschte sich, einfach schrumpfen zu können. Jetzt wünschte er sich, dass er nie Nathanaels Freunde hatte kennenlernen hatte wollen. Adam würde die Angst schon schnell vergehen, oder auch nicht. Das kam wohl auf den Gemütszustand seines Freundes an. Aber wie er diesen einschätzte, würde Adam wohl so schnell von einem Kleidungsstück ins nächste wandern, dass er wohl selber kaum einen Blick riskieren konnte, sich selber zu betrachten, bis Nion, wie sein Freund sich nannte, zufrieden war. Schon hörte er es laut poltern und die Jungen, die Diener Nions, hin und her hasten, um seine Klamotten nach der nächsten bereit zu legen. Gerade schloss er die Tür und blickte zu dem schmollenden Kind.

"Warum so ein Gesicht. Es ist die Zeit der Feste" versuchte er die junge Vampirdame aufzumuntern.
 

Adam wusste nicht, wie ihm geschah. Von einem Moment in den nächsten wurde er in seltsame Kostüme gesteckt, deren Nutzen er sich nicht sonderlich gut erklären konnte.

"Hey nicht so grob!" fauchte er schließelich, als ihn Nathanaels Freund etwas grob anpackte.

"Ich bin ein Mensch verdammt! Ich habe Gefühle und ich empfinde, Wunder oh Wunder, auch Schmerzen!" Er befreite sich aus dem Klammergriff, indem er sich gerade befand.

"Was soll das überhaupt werden? Dieses ganze Affentheater mit den Kleidern?"

Unwirsch schälte er sich aus einem Rüschenhemd und warf es in die nahe Schachtel. Nur über seine Leiche würde er das anziehen. Und das würde sein Meister nicht riskieren wollen.
 

Nathanael wurde eiskalt ignoriert und er seufzte. Wie konnte man so lange sauer sein? Aber sie war nun mal ein Weib und wie er seine Erfahrungen machte, konnten diese das ganz gut. Als es dann noch lauter wurde und die Jungen aufhörten zu laufen, machte Nathanael sich wieder auf den Weg zurück, wo er Adam mehr oder weniger bekleidet vorfand und einen ratlosen Nion.

"Du hast ihm nicht erzählt worum es geht, hm?" mutmaßte dieser und drehte sich zu seinem Freund.

Nathanael schüttelte nur den Kopf und grinste. Dann schritt er zu seinem Jungen herüber und lächelte diesen ein wenig aufgesetzt an.

"Wolltest du nicht brav bleiben?" fragte er, als würde er den anderen daran erinnern wollen.

"Er kleidet dich nur ein wenig, weil wir auf ein Fest gehen wollen. Und eine normale, nun ja, moderne Kleidung passt einfach nicht dazu" versuchte er es so knapp wie möglich zu erklären, da Nion schon wieder ganz unruhig wurde und weiter machen wollte.

Adam versteckte sich sofort schützend hinter Nathanael, als dieser wieder aus dem Zimmer kam.

"Ich bin brav. Aber sie tun mir weh!" Er funkelte Nion und seine Diener finster an.

"Außerdem seh ich in Bundhosen und Rüschenhemd echt wie der letzte Depp aus."

Er verschränkte die Arme vor der nackten Brust und versuchte sich in einem Blickduell gegen Nion. Die Tatsache, dass ihm Nathanael etwas vorenthalten hatte, ließ er außer acht. Das war schließlich nicht das erste Mal.

"Ich will nur nicht zu etwas gezwungen werden, was ich nicht will" setzte er noch leise hinzu.

Nathanael schob Adam ein wenig von sich.

"Du willst also nicht zum Maskenball in einer, nun ja, typischen Verkleidung? Ich meine, du kannst dort auch so auftreten, wie du gerade gekleidet bist" meinte er plump und wandte sich dann an die beiden Diener, die unsicher da standen und nicht wussten, was sie tun sollten.

Nathanael nahm einige Kleidungsstücke aus dem Koffern und legte sie über die Sessellehne.

"Zieh ihm das über" meinte er zu Nion, der nickte und sich durchaus freudig wieder zu Adam drehte.

"Und tu ihm nicht weh. Er ist mehr Mensch als Diener" erklärte er schließlich.

Wenn man genau darüber nachdachte, gefiel Nathanael gerade das an Adam. Dass er nicht einfach zum Diener wurde und den Kopf nicht gleich zu Boden sinken ließ, wenn er die Stimme erhob. Aber es war genau so anstrengend, wenn man etwas vor hatte und es nun mal nicht anders ging. Gerne würde er dem Jungen dann eine Ohrfeige verpassen oder ihn einfach kopfüber eine Weile an der Decke hängen haben, bis er seine Fehler verstand oder einfach machte, was man ihm sagte. Aber sicher würde er ihm dann schnell zu langweilig werden.

"Einem Maskenball?" wiederholte Adam überflüssiger Weise.

Oh er war sich sicher, dass Nathanael dieser Aufzug bestens gefiel. Doch die Tatsache, dass er den Fremden jetzt einfach weitermachen ließ, wurmte ihn schon. Trotzig sah er zu diesem und fühlte sich bei den Worten seines Meisters sehr geschmeichelt. Er wusste selbst, dass er es diesem nicht gerade einfach machte. Aber er steckte nunmal im Ende der Pubertät fest, trotzig bis zum Kragen und übervoll mit Hormonen und überschwänglichen Gefühlen. So stellte er sich wieder brav in den Raum und ließ die Tortur weiter über sich ergehen.

"Wann findet dieser Ball statt?"

Nathanael räumte die überflüssigen Kleidungsstücke beiseite und setzte sich auf den Sessel, wo zuvor noch Adam hatte gesessen und beobachtete das Geschehen.

"Heute Nacht fängt er an" erklärte er schmunzelnd.

Das wäre sicher nie etwas geworden, wenn Nion tatsächlich erst am Abend eingetroffen wäre.

"Er ist hier ganz in der Nähe, aber ich überlege mir noch, dich wirklich dort mit hin zu nehmen" sprach er seine Zweifel laut aus und ein Lachen von Nion ertönte.

"Oh ja, du solltest gründlich darüber nachdenken. Wenn er sich nicht einmal anziehen lässt, wie soll es dann nur auf dem Fest werden" sagte sein Freund belustigt und knöpfte die letzten Verschlüsse zu.

Dann entfernte er sich ein wenig von Adam und sah zu Nathanael.

"Und?" fragte er und der andere Vampir hob eine Augenbraue.

"Ich weiß gar nicht was du hast" sagte Nathanael zu Adam.

"Du siehst ganz und gar nicht wie der letzte Depp aus in Bundhosen und Rüschenhemd" meinte er belustigt.

"Eher sehr anziehend" vervollständigte Nion das Kompliment und lachte dann ebenso wie Nathanael.

Adam hatte den Blick nun zu Boden gesenkt. Seine Hände zitterten vor Wut über die beiden Vampire, aber er würde sie sicherlich jetzt nicht auslassen. Wo er doch seinem Herrn und Meister so gefiel, dachte er sarkastisch. Sollten sie doch ihren Spaß haben und wenn Nathanael ihn als Schoßhund präsentieren wollte, sollte er ihm diesen Wunsch doch erfüllen.

"Wie ihr wünscht Meister" flüsterte er mit leiser Beherrschung in seiner Stimme.

"Dann bitte ich euch inständig, mich zu Hause zu lassen, wenn ich Euch so sehr zu Lasten falle."

Es kam selten vor, dass Adam in das alte Schema Herr/Diener zurückfiel. Meistens dann, wenn er sich unwohl fühlte und Nathanael alles recht machen wollte. Doch auch seine Abweisung zeigte er auf diese Weise. Die Reaktion war Nathanael wohl bekannt und er schmunzelte wissend.

"Man kann dir auch keine Überraschung lassen, ohne das du vorher schon aus der Haut fährst" erklärte er und ging zu seinem Schützling, der vor Zorn nur so zitterte, fasste ihn sanft an beiden Oberarmen und zog ihn etwas zu sich, blickte ihm direkt in die Augen.

"Dieses Fest ist eine Tradition unter Vampiren. Dort werden nur Vampire sein. Ein Mensch, der dort mit hingebracht wird, gilt als Diener und wird nicht angerührt oder als kleines Abendhäppchen. Du kannst dir aussuchen, ob du mein Diener sein willst und den Abend genießt, oder ob du als Blutspender enden möchtest" erklärte er ihm nun.

"Ich kann nicht alle Vampire von dir fern halten, wenn ich mich ein wenig auf diesem Fest entspannen und die Nacht genießen möchte" fügte er noch hinzu.

"Tu mir also bitte den Gefallen und genieße einfach die Zeit dort auf dem Maskenball, die du ungehindert an meiner Seite verbringen kannst. Wolltest du nicht immer herum erzählen, bei wem du lebst und wie sehr es dir gefällt? Du wirst diese Nacht genug Zeit dafür haben und genügend Ohren, die dir lauschen" sagte er und versuchte so das brodelnde Blut in Adams Adern ein wenig zu beruhigen.

Nion leckte sich leicht die Lippen. Ihm war wohl bekannt, wie sehr sein Freund, Nion, auf jugendliche, heißblütige Jungen stand und wie schwer es ihm fallen musste, die Grenze ihrer Freundschaft nicht zu überschreiten. Doch auch ihm selbst fiel es schwer, dem verführersichen Duft Adams stand zu halten und ihn sanft von sich zu schieben, als ihn ruckartig an sich zu ziehen und seine Gier zu stillen.

Als Blutspender? Sowas hatte er sich beinahe schon gedacht.

"Denkt ihr Beiden wirklich, ich würde diesen Abend genießen können, wenn ich weiß, dass jeder anwesende Vampir an einem unschuldigen Menschen seine Gier stillt."

Er hatte viel Zeit gehabt, sich mit dieser Tatsache abzufinden, doch irgendwie gelang es ihm noch immer nicht so ganz.

"Natürlich möchte ich jedem erzählen, mit wem ich lebe, wer mich beschützt, wer mich Tag ein, Tag aus erträgt. Aber ich sehe nicht mit an, wie ihr mordet!" Seine Finger krallten sich in den Umhang von Nathanael.

"Wie du mordest" flüsterte er leise.

Seine ganze Wut war verraucht und machte einer unglaublichen Leere platz. Das er sich so viel Respekt verdient hatte, dass sich der Vampir noch immer zurückhielt, war wirklich beneidenswert und verdiente jeglichen Respekt.

"Bitte, tu mir das nicht an."

Am liebsten hätte Nathanael wieder gelacht. Hörte dieser Junge ihm überhaupt zu?

"Hör zu!" Mit beiden Ohren, fügte er in Gedanken hinzu. "Keiner mordet auf diesem Fest irgendjemanden. Nur weil wir uns an dem Blut der Menschen laaben, müssen wir sie noch lange nicht töten" versuchte er die Angst aus Adam zu nehmen.

"Und nicht jeder Vampir trinkt das Blut der Menschen. Viele halten sich Vieh, woran sie ihre Bedürfnisse stillen" fügte er dann noch hinzu und Nion unterwies seine Diener, alle herum liegenden Kleidungsstücke einzusammeln und säuberlich wegzuräumen.

Dann blickte Nion den anderen eindringlich an.

"Und auch ich morde nicht", bestärkte er.

"Komm als mein Diener mit zu diesem Fest und du wirst die bezaubernde, faszinierende Seite der Vampire kennen lernen." Dieses Mal klangen Nathanaels Worte mehr nach einer Bitte.

Er hatte wirklich nicht vor erneut, wie all die Jahre, alleine auf diesem Ball zu stehen und einsam die belustigten Vampire zu beobachten.

"Was bleibt mir denn anderes übrig? Ich will nicht als Mitternachtssnack enden" bemerkte Adam trocken. Er löste sich von Nathanael und kämpfte sich bereits wieder aus dem Hemd.

"Ich komme mit. Und die können alle gar nicht mehr faszinierend sein. Das hast du allein schon bei mir geschafft."

Er zog sich das Ding aus und warf es wieder auf den Stuhl. Solange er hier war und nicht auf dem Ball, gab es auch keinen Grund diese komischen Sachen zu tragen. Er schnappte sich das Shirt und während er das überstreifte, ging er zurück in sein Zimmer, wo er sich plötzlich mit der weiblichen Begleitung des Freundes seines Meisters konfrontiert.

"Huch" kam es erstaunt über seine Lippen.

"Bitte verzeiht, ich wollte Euch nicht erschrecken." Sie sah so blass aus.

"Fühlt ihr Euch nicht wohl? Ihr seht krank aus."
 

Die beiden Vampire blieben zurück und Nathanael sagte kein Wort mehr. Er fühlte sich nicht wirklich gut. Eigentlich hatte er erwartet, Adam damit eine Freude zu machen, doch dem schien nicht so gewesen zu sein. Viel mehr hatte er ihn erneut genötigt, ihn aufgeregt. Er seufzte, nahm das Hemd und setzte sich auf den Sessel. Nion, nun nicht mehr grinsend, blickte seinen Freund ernst an.

"Wenn er solche Gefühle in dir regt, solltest du ihn loswerden" sagte er nur trocken und scheuchte seine Bediensteten ein wenig, damit das Chaos endlich beseitigt wurde.

Erneut sagte der Vampir nichts, sondern seufzte nur noch einmal. Als wenn er es nicht selber wusste, aber wenn Nion nur einmal geliebt hätte, wüsste er, dass es kein einfaches Unterfangen war, jemanden 'loszuwerden', zu dem man sich doch so sehr hingezogen fühlte. Sein Blick ging in die Richtung, wo Adam verschwunden war. Nun würde er sicher nicht eingreifen, sollte der Junge doch einen kleinen Vorgeschmack von dem bekommen, was ihn heute Abend erwarten könnte. Denn die hübsche Roselin fand kaum Gefallen am menschlichen Leben und würdigte dieses demnach nicht ein Stück.
 

Roselin drehte ihren Kopf zu dem 'Eindringling' und verdüsterte ihren Augen. Leicht blitzten ihre scharfen Zähne auf, als sie sich zu einem leichten Lächeln zwang.

"Oh, wie sollte es mir schon gehen. Ich bin tot und das seit Jahren. Wie soll ich da nicht krank aussehen" fauchte sie nun und die kleine Puppe, die sie bis eben in der Hand gehalten und deren Haare sie gebürstet hatte, zerbarst zwischen ihren Fingern.

Wie konnte es dieser Junge wagen, ihre Puppe zu zerstören? Kam es in ihren Gedanken und sie ließ sich von dem Bett gleiten, auf dem sie bis eben noch gesessen hatte, ließ beide Arme herunter sinken und die zerbrochene Puppe fiel lieblos auf den Boden.

"Du bist also der geliebte Engel Adam" presste sie zwischen ihren Lippen hervor.

Oh, wie die Anwesenheit des Jungen sie erzürnte, der ihrem Nathanael so nahe gekommen war, wie sie es sich nicht einmal erträumt hatte. Erschrocken machte Adam einen Schritt zurück.

"Ge ... geliebter Engel?" fragte er vorsichtig.

So harmlos wie das Mädchen wirkte, war sie wohl scheinbar nicht. Und wie es den Anschein machte, gehörte sie auch zu den Vampiren. Verdammte Fettnäpfchen und wie konnte sie es dann auch noch wagen, sich in seinem Zimmer gemütlich zu machen.

"Ich weiß nicht wovon Sie sprechen!" betonte Adam.

An Flucht war kaum zu denken, denn egal, wie er es anstellen würde, sie wäre schneller bei der Türe und würde sie versperren. Und ob Nathanael ihm helfen würde, war fragwürdig. Aber er wollte nicht sterben! Nicht jetzt! Schritt für Schritt wich er vor ihr zurück.

"Ihr Meister ... will gehen!"

Das er vor ihr zurück wich, war doch schon mal ein guter Anfang, aber er sollte nicht weichen, er sollte verschwinden! Für immer. Die Wut packte sie und ein leises Fauchen entwich ihren Lippen. Sie konnte ihn nicht töten, dann wäre sie wohl die nächste, die das ewige Leben aufgeben und für immer tot sein würde.

Nathanael würde sie nicht lange die Luft atmen lassen, die dieser Mensch zu sich nahm und sie eilte sie an den anderen heran und drückte sich fest an ihn. Keineswegs so, dass sie ihm weh tat, aber auch nicht wirklich sanft. Ihre Finger verkrallten sich etwas in seinen Oberarmen und sie blickte ihn einerseits aus ihren beinahe noch kindlichen Augen an, als auch aus den scharfen, erfahrenen Vampiraugen.

"Du hast ihn mir weggenommen" hauchte sie leise.

"Er war mir versprochen" kreischte sie schließlich und ihre Fingernägel bohrten sich bis zu seinem Fleisch, ihre Augen wurden groß und wirkten beinahe verrückt.

"Er war meiner! Meiner alleine und du hast ihn mir gestohlen, Engel!" schrie sie verzweifelt und stieß den Jungen unsanft von sich, ließ sich auf den Boden fallen und schien wie tot.

Geschlossene Augen und kein Atemzug verließ ihre Lippen. Da kam Nion herein und betrachtete das Geschehen. Es war so typisch. Der junge Vampir sammelte die zusammengebrochene Dame auf und blickte zu Adam.

"Geh zu deinem Herren" meinte er nur knapp und legte das Mädchen zurück in das Bett.

Adam sah erschrocken auf das Mädchen. Als sie Unsterblich geworden war, konnte sie nicht viel älter als er selbst gewesen sein. Als sie sich so an ihn presste, durchfuhr sie ein kalter Schauer. Ihr Körper war so kalt, eisig, ganz anders wie bei Nathanael. Er war nie so kalt, oder er bemerkte es nie. Als sie dann ihre Nägel in seine Arme bohrte, schrie er unter Schmerzen auf. Ein unwirklicher Laut, da die Frau mehr Kraft besaß, als man ihr ansah. Er spürte das warme Blut an seinen Armen nach unten laufen. Er war sicherlich kein Engel und gestohlen hatte er auch nichts.

"Er hat mich gefunden! Ich konnte doch auch nichts dafür!"

Er krachte mit dem Hinterkopf an die Wand und stöhnte unter Schmerzen auf, als auch schon die Tür geöffnet wurde und Nion eintrat. Als dieser die Worte sprach, kroch Adam aus dem Zimmer, ehe er aufstand und fluchtartig ins Wohnzimmer lief.
 

Als wüsste der Vampir was vorgefallen war, saß er noch immer im Sessel und breitete die Arme einladend aus, als Adam angelaufen kam. Der Geruch des frischen Blutes erfüllte sofort den Raum und Nathanael war sich nicht sicher, ob er Adam nicht erst ins Wasser zwingen sollte, doch gerade würde er wohl eher von der panischen Angst befreit werden müssen. Vielleicht würde der Junge endlich verstehen, wie gut er es bei seinem jetzigen Meister hatte. Es war der zweite Angriff eines Vampires, der ihm nichts gutes getan hatte. Würde sich Adam weiter so anstellen und aufmüpfig werden, müsste sich Nathanael wirklich Gedanken machen über die Worte, die sein Freund gesprochen hatte.

Aber er konnte ihn nicht loswerden. Es ging einfach nicht und dieser Gedanke alleine schmerzte ihn so sehr, als hätte sein Herz noch eine lebenswichtigere Funktion, als das Blut zu transportieren.

"Komm zu mir" sprach er beruhigend zu Adam.

Nichts lieber als das tat der Junge nun und flüchtete sich in die starken Arme, die so einladend ausgebreitet waren.

"Sie ist verrückt" kam es leise von seinen Lippen.

Er presste sich fest an den Vampir und er achtete bewusst auf dessen Körpertemperatur. Er war auch kalt, doch bei ihm war es wesentlich angenehmer, als wenn ihn das Mädchen berührte.

"Ich kann doch nichts dafür, dass du mich erwählt hast. Als ob ich es mit Absicht getan hätte."

Zitternd saß er nun auf dem Schoß seines Meisters.

"Ich gehe als Diener mit und lass niemanden an mich ran! Weiche bitte nicht von meiner Seite!"

Sanft drückte er den zerbrechlichen Körper an sich und strich beruhigend über seinen Rücken. Ja, Roselin war durchaus verrückt, aber im Grunde war es jeder Vampir, der das menschliche Leben nicht kennen gelernt hat oder sich nicht daran erinnerte, wie wertvoll ein Leben war. Und es gab genug Vampire, die es vergessen hatten und die Menschen als nichts anderes sahen, als wandelndes Blut, dass es zu trinken galt.

"Beruhige dich", sagte er leise, da das Herz des Jungen wohl bald versagen würde, wenn es weiter so heftig arbeiten musste.

Zumindest befürchtete er das und schmiegte den warmen Körper sanft näher an seinen eigenen. Das Blut verführte ihn mehr und mehr, doch er widerstand dem Drang und dachte nur an das Wohl von Adam, um sich abzulenken.

"Du bist unschuldig Adam. Sie ist nicht ganz sie selbst" flüsterte er in sein Ohr und schob ihn dann sanft von sich.

"Wir sollten deine Blutung stoppen" sagte er schließlich, als er kaum mehr widerstehen konnte.

Nathanael stand auf und stellte auch Adam auf seine eigenen Beine und zog ihn mit sich ins Badezimmer. Erst einmal galt es das ausgetretene Blut von sich und dem Jungen zu waschen und dann die leichten Wunden zu versorgen. Ohne ein Wiederwort ließ sich Adam in das Badezimmer ziehen. Er wollte keine Sekunde länger in der Nähe dieser Verrückten bleiben. Er hatte das ungute Gefühl, dass sie etwas von seiner Vergangenheit wusste, an das er sich nicht erinnern konnte oder wollte. Etwas, das er tief in sich vergraben hatte und dessen er sich nie mehr bewusst werden wollte. Er stellte das Wasser an und wusch sich die Spuren, die die Frau auf ihm hinterlassen hatte, von seinem Körper. Eigentlich musste er auch noch duschen gehen, aber alleine wollte er das sicherlich nicht tun, nicht solange sie in ihrem Haus war.

"Nathanael? Gehst du mir mir unter die Dusche?" Er war sich jeglicher Konsequenzen bewusst, die diese Worte hervorrufen konnten, doch dazu war er bereit, diese in Kauf zu nehmen.

Und er wusste auch, wenn nicht direkt, was man von seinem Meister verlangen würde, wenn Adam noch lange Unruhe stiftete. Der Vampir glaubte sich verhört zu haben. Gerade hatte er sich von der leicht blutigen Kleidung entledigt, da fragte ihn Adam, ob er mit ihm duschen würde. Er drehte sich zu Adam und hob eine Augenbraue, als sei der Junge verrückt.

"Ich soll mit dir unter die Dusche?" Nackt, fügte er entgeistert in Gedanken hinzu und näherte sich dem verängstigen Adam.

Wollte das Schaf nun vom Wolf geschoren werden? Er seufzte ein wenig. Sanft fasste er Adam am Handgelenk und streckte seinen Arm, dass er sich die Wunden an dessen Oberarmen ansehen konnte. Sie waren nicht wirklich schlimm. Vorsichtig fuhr er, wie in Trance, mit einem Finger über die noch immer blutenden Stellen. Wäre Adam nun nicht da,würde er seinen leicht blutigen Finger sicher mit den Lippen kosten und daran vergehen, wie köstlich es sein würde, doch so bemühte er sich, den anderen ernst an zu sehen.

"Es muss nicht genäht werden" stellte er fest, sagte aber nichts weiter zu der Idee mit dem Duschen.

Adam lächelte schüchtern.

"Ja" hauchte er zart.

Und ein wohliger Schauer lief über seinen Rücken, als Nathanael ihn so sanft berührte. Er wusste, wie viel Selbstbeherrschung er über sich ausüben musste, damit er nicht über ihn herfiel, doch er konnte es ihm selbst dann nicht einmal verdenken.

"Tu dir keinen Zwang an" flüsterte er leise.

"Du erträgst mich schon viel zu lange, da kann ich dir wohl auch etwas von mir geben, auch wenn es nur das bisschen Blut ist."

Er sah dem Vampir fest in die Augen. Er spürte, wie langsam die Leidenschaft in seinem Körper nach oben kroch. Diese liebevolle Geste von Adam ließ den Vampir lächeln.

"Da sprach das Schaf zum Wolf: Friss ruhig ein Stück Fleisch von meinem Körper" formte er die Worte um, dass Adam verstehen konnte, wie absurd sein Geschenk war. Er strich dem anderen sanft über die Wange.

"Vielen Dank, aber eine gute Idee ist es nicht. Schenke mir lieber ein paar ruhige Stunden" flüsterte er leise und löste sich von Adam, zog diesem das Hemd über den Kopf, das im Grunde ruiniert war, denn Blut ging wahrlich schwer aus Textilien wieder heraus.

Er blickte Adam mit einer brennenden Leidenschaft an, die weniger mit dem Blut zu tun hatte, als mit allem anderen. Als der andere ruhig stehen blieb, hefteten sich seine Augen an den Blick des Jüngeren und ohne hin zu sehen, fuhren die kühlen Finger die Brust entlang nach unten, wo Adams Hosenbund darauf wartete, leicht geöffnet zu werden und die Hose über die Hüften rutschen zu lassen, was sogleich auch geschehen durfte.

Ein kalter Schauer lief Adam bei diesen Worten über seinen Rücken. Die Worte berührten ihn tief, da Nathanael lieber auf ihn verzichtete, als sich selbst endlich die Genugtuung zu verschaffen, nach der es ihm gelüstete.

"Ich gebe dir alle, was du willst" hauchte Adam erneut.

Die gierige Leidenschaft, die im Blick des Vampirs lag, ließ ihm seine Haare zu Berge stehen, allein das schickte bereits Stromstöße durch den zarten Körper. Er seufzte wohlig, als die kühlen Finger über seine Brust glitten und genießend schloss er die Augen. Endlich berührte ihn der richtige Nathanael und nicht nur die Illusion seiner nächtlichen Abenteuer, wenn er alleine war. Er biss sich verspielt auf die Lippen, als sich Nathanael bei seinem Hosenbund einhackte. Wie unerfahren Adam doch war, kam es in Nathanaels Gedanken auf und er fühlte sich beinahe schon pervers, sich trotzdem zu ihm hingezogen zu fühlen. Doch diese ehrlichen und jugendlichen Reaktionen des Körpers waren faszinierend und erinnerten den Vampir an die Schönheit des Lebens.

Als die Hose endlich den Boden erreicht hatte, konnte sein Blick nicht mehr standhalten und wanderte ungeniert über den Körper, bis zur störenden Shorts, die noch einen gewissen Teil bedeckten, der bei der Dusche sicher nicht zu kurz kommen sollte. So verfing sich sein Blick wieder mit dem Gesicht des hübschen Jungen und er trat etwas näher an den anderen heran, um ihn auch von den Shorts zu befreien. Wie erregend diese Ruhe war und diese Hitze, die von dem Körper ausgingen, der entbößt und in vollkommener Natur vor ihm stand. Wie gerne hätte er sich nun auf ihn gestürzt und mit aller Leidenschaft nieder gedrückt, die gerade durch seinen Körper blitzte. Ein leises Seufzen entglitt seinen Lippen, um den Druck seines Brustkorbes zu verringern, doch es half nichts. Wie Adam sich ihm hingab, war beinahe schon zu schön um wahr zu sein. Dieser konnte den Blick von Nathanael auf sich förmlich spüren, traute sich sogar, die Augen zu öffnen und fand sich in einem Meer aus dunklem blau wieder. Ein erneutes Seufzen verließ die zarten Lippen, bis sich seine Hände endlich regten und den Weg zu den starken Schultern suchten und langsam daran entlang strichen. Adam folgte seinen Händen mit den Augen, als diese sich daran machten, den schweren Mantel von diesen zu streifen. Nathanael endlich in vollkommener Schönheit zu sehen.

Zittrig vor Aufregung öffnete er schließlich die Knöpfe des Hemdes, seine Finger strichen dabei sanft über die weiße Haut darunter. Es war unbeschreiblich, das hier zu erleben und das, obwohl sie nichteinmal alleine zu Hause waren. Aber auch wenn er sich der Worte des Mädchens bewusst war. Er würde Nathanael nicht mehr hergeben, nie mehr.

Es erfreute den Vampir durchaus, dass er Adam so nervös machte. Nur durch seine bloße Anwesenheit und die Tatsache, dass es wohl einmal nach dem Willen des Jungen ging. Doch dass dieser ihn auszog, war nicht ganz in der Planung des Vampirs. Dennoch ließ er es geschehen und schob Adam langsam in die Dusche, wo er selber ebenfalls mit darunter schlüpfte, noch mit Hosen bekleidet, das Wasser einstellte und Adam unter den Strahl stellte. Dieser Geruch von Blut, der an dem Jungen klebte, machte ihn schier wahnsinnig und wenn dieses Problem beseitigt war, würde Nathanael sicher klarer denken können. Doch jetzt gerade gab er sich dem menschlichen Verlangen hin, das in ihm aufkeimte und legte seine kühlen Lippen auf die warmen, gut durchbluteten Lippen des Jungen.

Es schien, als würde sein eigenes Blut pulsieren und ein angenehmes, süßes Ziehen in seinen Lenden schien die letzten Lebensgeister in ihm zu versammeln, um ein wenig von dem fast vergessenen Genuss zu geben. Doch anstelle sich davor zu erschrecken, was der Junge in ihm auslöste, legte er seine Arme sacht um den heißen Körper, löste allerdings den Kuss und schob Adam sanft an die gefließte Wand hinter ihm, schmiegte seinen gut gebauten Körper an den zierlichen Jungenkörper und lächelte ein wenig, ehe er die Lippen erneut mit den seinen verschloss.
 

Als das Wasser ihn berührte zuckte Adam unmerklich zusammen, zu sehr war er von den sanften Lippen abgelenkt, die auf seinen eigenen lagen. Seine Hände schlangen sich in den Nacken des Vampirs, zogen diesen somit noch etwas enger an sich selbst. Er bäumte sich Nathanael etwas entgegen, als er die kühlen Fließen im Rücken spürte, seine Wangen waren gerötet, sein ganzer Körper schien in Flammen zu stehen und bekam endlich das lang ersehnte. Seine Atmung ging bereits schwer, als sich die Lippen seines Meisters erneut auf die seinen legte. Leidenschaftlich erwiederte Adam diesen Kuss und seine Hände begaben sich wieder auf Wanderschaft. Erkundeten den muskolösen Rücken von Nathanael, dessen Brust, doch für den letzten Schritt brachte er doch nicht genügend Mut auf, ihm einfach die Hose auszuziehen. Zumindest nestelte er ungeschickt an deren Verschluss herum, was ihn leise und missmutig Keuchen ließ.

Im ersten Moment überlegte der Vampir, den Jungen zu zügeln, der es so eilig hatte und ungeduldig war, doch eigentlich gefiel es ihm ganz gut. Erst als die Besucher in seine Erinnerung zurück fanden, löste er sich von Adam und blickte ihn liebevoll, wenn auch auf seine übliche Weise an.

"Dusche nicht zu lange, sonst wird das Wasser kalt" stellte er nur fest und verließ schließlich die Dusche, schnappte sich ein Handtuch für die Haare und ging sich dann neue Kleidung holen.

Nass konnte er ja schlecht herum laufen. Während er sich umzog, tauchte Adam wieder in seinen Gedanken auf und wie er sich jetzt wohl fühlen musste, wo er ihn so einfach hatte stehen gelassen. Aber es war weder der richtige Zeitpunkt, noch der richtige Ort, um solchen Gelüsten nachzugeben. Viel eher sollte sich der Vampir schämen, sich so sehr fallen gelassen zu haben.
 

Als sich Nathanael von ihm entfernte, drangen dessen Worte nur leise in sein Hirn vor. Bis er sie schließlich realisierte, war der Vampir bereits verschwunden und Adam wurde hochrot. Er konnte glatt mit einer Tomate konkurieren.

'Verdammt' fluchte er innerlich 'Verdammt, verdammt, verdammt!'

Mit der Faust schlug er gegen die Fließen der Dusche und lehnte seinen Kopf dagegen. Er hätte es besser wissen sollen. Das es Nathanel niemals ernst mit ihm sein würde, dass er nur mit ihm spielen wollte und ihn jederzeit fallen ließ, wenn er ihm überdrüssig war. Er stöhnte leise, als er sich seiner Erregung bewusst wurde. War ja klar, dass er gleich so reagiern würde, seinen geheimsten Träumen so nah und dann ... einfach zerplatzt wie eine Seifenblase.
 

Adam war sicher nicht der einzige, der erregt war durch ihr kurzes Spiel, doch war der Vampir einfach geschickter darin, diesen Drang zu unterdrücken und seinen Körper zu beruhigen. Es war beinahe ein Wunder, so dachte der Vampir, dass sein Körper überhaupt noch reagierte, aber ein Mann blieb scheinbar auf ewig ein Mann, komme was wolle. Er schmunzelte ein wenig, als er in seinen trockenen und frischen Klamotten, bereits für die Maskerade passend, zurück im Haus war und es nur das leise Wasserrauschen zur hören war. Weder Nion ließ einen Ton von sich hören, noch Roselin, die so oder so kaum etwas sagen würde. Der Vampir schlich sich zum Badezimmer und öffnete die Tür.

"Du bist sauber genug" stellte er fest, da Adam noch immer unter der Dusche stand.

Ob er sich rechtfertigen sollte? Nein, wohl eher nicht. Das passte nicht zu ihm und einen Grund gab es eigentlich auch nicht. Dennoch wollte er Adam so gerne wieder in seinen Armen halten. Er wusste nicht warum, aber jetzt wo er es einmal getan hatte und nichts schlimmes passiert war, da sehnte er sich mit seinem ganzen Sein nach dem Menschen.

Adam hatte versucht sich zu beruhigen. Aber im Moment fühlte er sich viel zu schwach um überhaupt auch nur ansatzweise aufzubegehren. So nickte er nur still, als Nathanael wieder das Bad betrat. Er schaltete das Wasser aus, trat aus der Dusche und griff gedankenverloren nach einem Handtuch, in welches er sich nun wickelte. Mit einem zweiten trocknete er sich die Haare, und brachte sie etwas in Form, was man im Ansatz als eine Frisur hätte bezeichnen können. Anschließend schlüpfte er in die Kleider, die man für ihn bereit gelegt hatte und ging nach draußen. Dabei achtete er darauf, Nathanael nicht zu berühren oder ihn auch nur anzusehen. Stur hielt er den Blick auf den Boden gerichtet. Er hätte den belustigten Ausdruck in dessen Augen nicht ertragen können.

Nathanael beobachtete seinen Schützling, wie dieser etwas abwesend seine wohl üblichen Handgriffe ausübte und sich dann an ihm vorbei quetschte, darauf bedacht, ihn weder eines Blickes, noch einer Berührung zu würdigen. Gut, seine gute Laune war damit mal wieder dahin und beinahe hätte er den Jungen gepackt und zurück ins Badezimmer geschleift, doch wie sollte er ihn am Arm greifen, wo er doch verletzt worden war. Sicher würde das nur schlechte Erinnerungen an den heutigen Tag wach rufen und so folgte er ihm schweigend, bis der andere schließlich stehen bleib. Seine Hände legten sich vorsichtig an die Schultern des Kleineren und er neigte sich leicht vor.

"Lass uns fortfahren, wenn wir ungestört sind" hauchte er ihm ins Ohr, wohl wissend, wie zweideutig seine Worte klangen und wie sehnsüchtig seine Stimme.

Dann kam auch schon Nion mit Roselin im Schlepptau, die sofort ein leises Fauchen ertönen ließ, als sie Nathanael und Adam entdeckte. Sie würde sich wohl nie ändern, dachte er verzweifelt, wich aber nicht einen Zentimeter von Adam weg.

Die Sehnsucht in Nathanaels Stimme konnte man wirklich kaum überhören, doch Adam fühlte sich gekränkt und verletzt, weil er einfach stehen gelassen worden war. Erregt bis zum umfallen und sichtlich verlegen. Als die beiden anderen in den Raum traten und die Frau ihn so anfauchte, drückte sich Adam sofort enger an Nathanael und richtete den Blick doch zu diesem nach oben. Als die Anderen außer Hörweite waren meinte er leise

"Ich werde das Gefühl nicht los, dass sie mich so sehr hasst, nur weil du dich von ihr abgewandt hast. Ich weiß, dass ich nicht das Recht habe, dich danach zu fragen, aber was ist damals wirklich passiert! Sag es mir Nathanael."

Nion, der scheinbar ein Gespür für passende Reaktionen hatte, zog Roselin mit sich und stieg schon einmal in das kleine Auto, dass sie zur Maskerade fahren würde. Nathanael hatte ihm dankbar zugenickt, dann sah er zu Adam, der sich etwas an ihn gedrückt hatte.

"Sie hasst jeden, der mehr mit mir zu tun hat, als sie selbst" versuchte er die Situation zu erklären.

"Du wirst dich von alleine an die Geschehnisse erinnern, wenn es so weit ist. Wir haben jetzt keine Zeit für lange Reden und die Kurzfassung ist nicht besonders ... einfühlsam." Er schmunzelte ein wenig und drehte Adam ganz zu sich, sah ihm tief in die Augen.

"Wenn du weiter ein so trauriges Gesicht ziehst, wirst du jedem den Abend verderben. Versuche wenigstens einmal und für einen Moment deine Sorgen zu vergessen" bat er ihn dann, ehe er ihn mit sich zog, um ebenfalls mit Adam in das Auto zu steigen.

Roselin und Nion saßen vorne, so konnte Roselin gar nicht erst auf dumme Gedanken kommen. Gut, konnte sie trotzdem, aber eine Handlung gestaltete sich als nicht unbedingt einfach, wo sie doch zwei weitere Vampire, nämlich er und Nion, im Auge hatten.

Adam versuchte wenigstens zu lächeln, doch es gelang ihm nicht wirklich. Zwar zierte es seine Lippen, aber die Augen blieben davon unberührt, was ziemlich verärgerlich war. Dabei wollte er Nathanael doch keine Schande bereiten, als ungehorsamer und aufmüpfiger Diener, der er war. Schweigend stieg er in den Wagen und schnallte sich an. Insgeheim war er schon sehr gespannt, was ihn erwarten würde, weil er es ja nicht wusste.

Sein Meister hatte ja nie etwas zu Hause erzählt, wenn er auf diesem Ball gewesen war. Und so versuchte er seine Neugierde auch noch zu verstecken und blickte stattdessen nach draußen, auf die vorbeifliegende Landschaft. Wo der Ball wohl stattfinden würde? Und wie die Anderen alle auf das kleine 'Spielzeug' Nathanaels reagieren würde. Doch ein wohliger Schauer rannte über seinen Körper, als er an das kleine Versprechen von vorhin dachte. Wenn sie wieder alleine waren.

Auch Nathanaels Blick wanderte aus einem Fenster. Sie fuhren bis an die Geschwindigkeitsgrenze des Wagens und rasten nur so über die Straßen. Es würde gar nicht so lange dauern und doch war es dem Vampir zu lange. Er drehte seinen Kopf wieder und blickte zu Adam, der ebenfalls aus dem Fenster sah. Er lächelte ein wenig und strich mit einem Finger Adams Wange entlang. Sofort ertönte ein unzufriedenes Murren von der Vorderseite. Allerdings war es nicht Roselin, die ihre Zähne fest zusammen gepresst hatte, sondern Nion, der seinen Blick in den Rückspiegel wandern ließ. Dieser Vampir, dachte sich Nathanael ärgerlich und zog seine Hand zurück. Stattdessen blickte er wieder aus dem Fenster und hoffte mit Adam auf dem Fest in der Masse untergehen zu können, damit Nion sie nicht verfolgte und Roselin keine große Gefahr mehr darstellte. Denn er vertraute dem Weib nicht. Auch Adam entging das Knurren nicht, das von der vorderen Sitzreihe kam, als Nathanael ihn so sanft berührte. Es war also nicht gern gesehen, wenn sie zusammen waren und das lag nicht nur an Roselin und deren Einstellung. Er drehte sich zu Nathanael um und erkannte in dessen Blick, das er sich genauso sehr nach ihm sehnte, wie umgekehrt. Vielleicht hätten sie später noch Zeit für sich.

"Wie lange dauert es noch?" fragte er.

"Wir sind gleich da" kam es von Nion, der sichtlich verstimmt war.

Nathanael konnte das nicht so ganz nachvollziehen, schließlich hatte Nion mit der Sache nichts zu tun, aber so war es scheinbar. Er mischte sich gerne in Dinge ein, die ihn nichts angingen. Er drehte seinen Blick zu Adam.

"Hab Geduld" wies er ihn an, wo sie doch noch gar nicht so lange unterwegs waren und schließlich fuhren sie hier nicht einfach spazieren.

Mit jedem Blick zu Adam musste er feststellen, dass er gut aussah in dieser Kleidung. Als sie schließlich langsamer wurden, löste er die Schnalle von Adams Gurt, griff diesen sanft aber doch bestimmt am Arm und schließlich hüpfte er, wie es aussah, entspannt aus dem noch fahrenden Auto, Adam fest in den Armen und die beiden landeten geschmeidig direkt vor großen Toren einer riesigen Villa.

Der Buttler, der am Eingang wartete, verneigte sich leicht und öffnete eben diese Tore. Er blickte zu Adam.

"Wir sind da" stellte er nur fest und löste den festen Griff um Adam.

"Nion wird wohl Roselin noch ein wenig zurecht weisen" dachte er dann laut nach, um auch eine Frage von Adam auszuschließen.

Kapitel 03

Kapitel 3

Beim Anblick der großen Villa klappte Adams Unterkiefer erneut nach unten, sodass er gar nicht groß mitbekam, wie sie eigentlich das Auto verließen. Und was Nion und Roselin anging, waren diese beiden ihm ziemlich egal. Er wandte sich zu Nathanael.

"Das ist ja ... gigantisch!"

Er ging neben dem Vampir her, die Stufen nach oben, betrachtete neugierig den Buttler, der ihnen die Tür öffnete, durch die sie nun traten.

"Denk bitte an dein Versprechen" flüsterte er leise.

Und schon war er in einer großen Empfangshalle, hell erleuchtet mit vielen Kerzen, Lüstern die von der Decke hingen und vielen bereits tanzenden Paaren. Adam war noch nie auf soetwas gewesen, sodass er sich ersteinmal erstaunt umsah. Doch lange hatte er dazu nicht Zeit, da eine zierliche Frau, eher ein Mädchen, auf sie zukam. Schlohweißes Haar, dass ihr bis zur Hüfte reichte, kunstvoll geflochten und dazu ein mittelalterliches, rotes Kleid, dass anmuten ließ, dass sie eine hohe Stellung innehatte. Ihre Augen waren rot unterlaufen und sie schloss Nathanael in die Arme.

"Mein Sohn, es ist lange her, dass du mir das letzte Mal die Ehre mit deiner Anwesenheit erwießen hast." Sie lächelte aufrecht, während Adam bemerkte, dass sie barfuß war.

Es war dem Vampir klar gewesen, dass Adam nicht mehr aus dem Staunen kommen würde. Er selber kannte das ganze Drum und Dran nur zu gut und da es meistens das Gleiche war wie jedes Jahr, war es nicht einmal mehr aufregend. Als dann diese Frau auf ihn zu kam, löste er sich ein wenig von Adam und schloss sie seinerseits in ihre Arme.

"Die Freude ist ganz meinerseits" antwortete er auf ihre freundliche Begrüßung und sah zu Adam.

"Das ist Adam" sagte er und sie nickte wissend.

Dann kam sie etwas näher an ihn heran. Erhaben und beinahe schon arrogant, aber mit einer Eleganz, die kein sterbliches Wesen ausstrahlen konnte.

"Ich hoffe, du wirst dich bei uns wohlfühlen, junger Adam. Fühle dich in meinen Hallen geschützt."

Die typischen Worte, dachte Nathanael. Die vielleicht nicht einmal die Wahrheit wiederspiegelten, doch wagte er nicht an ihren Worten zu zweifeln. Zumindest nicht wirklich ernsthaft.

Adam senkte den Kopf, als er so gemustert wurde. Eine leichte Rötung zierte seine Wangen.

"Ich danke Euch sehr für Eure Gastfreundschaft und für die freundlichen Worte."

Er machte aus unerklärlichen Gründen sogar einen kleinen Knicks. Das helle Lachen von Emily klang wie ein Glockenspiel.

"Da hast du dir diesesmal aber einen besonders hübschen Diener angelacht Nathanael. Ich hoffe du wirst dich hier mit ihm amüsieren. Und mich diesesmal etwas länger als bis Mitternacht beehren."

Sie küsste den Vampir noch kurz auf die Wange, ehe sie wieder in der Menge entschwand.

"Wer war das?" fragte Adam neugierig.

Nathanael beobachtete mit Erleichterung, dass Emily nun ging. Dann blickte er zu Adam und stieß ihm liebevoll gegen den Kopf.

"Sei nicht so neugierig. Sie ist die Gastgeberin, also sprich gut über sie" wies er ihn an und betrat dann mit seinem Schützling die großen Hallen.

Spiele waren hier zugange, Tanzende schwebten über die Flure und sogar Feuerspuker waren da. An der Decke sogar einige, die auf einem Seil balanzierten und dabei so unbeschwert aussahen, als täten sie ihr ganzes Leben nichts anderes. Große Fenster zierten alle Seiten und doch schienen sie so stark verdunkelt, dass sie eher wie gewaltige Bilder an den Wänden hangen. Er sah zu Adam.

"Ich vergesse mein Versprechen nicht, solange du in deiner Rolle bleibst" erklärte er ihm und ergriff dann die Hand Adams um in schnellen Schritten durch die halbe Halle zu gehen und sich schließlich an einem beinahe unberührten Buffet wiederzufinden.

"Aber sie nannte dich 'Sohn', du hast nie erwähnt, dass du eine Mutter hast!" Er folgte seinem Meister.

Es war doch nur natürlich, dass er neugierig war und für ihn war schließlich alles neu und so vollkommen unwiederstehlich schön. Als sie beim Buffet ankamen, sah Adam skeptisch zu Nathanael. Er wollte so einfach nur sichergehen, dass er hier alles bedenkenlos essen konnte. Keine unerwarteten Überraschungen, die ihm den Magen umdrehen ließen.

"Gehst du dann mit mir nach draußen? Ich glaube der Garten ist riesig!"

"Sie ist nicht meine Mutter" lachte er.

Nein, wahrlich nicht. Vielleicht eine Art Mutter, aber nicht seine leibliche. Aber Sohn nannte sie komischerweise auch nur ihn. Niemand anderen sonst.

"Iss erst einmal. Bedien dich frei, es wird dir keiner verübeln." Nathanael schmunzelte und blickte sich in der Nähe um.

Es tummelte sich vor einsamen Vampiren und einige neugierige Blicke ruhten auf ihm und Adam. Dann sah er seinen Jungen an.

"Nun ... der Garten", er schmunzelte ein wenig.

"Der hat in dieser Nacht einen ganz anderen Zweck, als hübsch auszusehen. Wir können auf einen der Balkone gehen, dort kannst du ihn dir ansehen", sagte er und schmunzelte.

Wo führte man auch eine hübsche Dame hin, wenn man ungestört sein wollte, wenn nicht in den schönen Rosengarten oder spielte mit ihr in dem Labyrinth. Ja, es war wie in alten Zeiten, die Nathanael doch sehr vermisste. Die moderne Zeit war keineswegs romantisch, nicht einmal dramatisch. Sie war langweilig und berechenbar. Anstrengend höchstens noch, wenn er an Adam dachte.

Adam nahm sich einen nahestehenden Teller und tat sich ein paar Häppchen darauf. Großen Hunger hatte er nicht wirklich, auch wenn er noch nicht viel gegessen hatte. Allein die Tatsache, von lauter Vampiren umgeben zu sein, die jederzeit über ihn herfallen könnten, machte ihn nervös. Nathanaels Versprechen mal vorn angestellt.

"Und welchen Zweck?" fragte er.

Nun war er wieder der Junge, der alles erfahren wollte, bei dem man merkte, dass er noch ziemlich unschuldig und naiv war. Und Balkon klang auch wunderhübsch, da kamen in die ganzen Erzählungen in den Sinn, die er in Liebesromanen gelesen hatte. Liebesgeständnisse, romantische Anbandelungen, leidenschaftliche Spielereien. Ach, er fantasierte schon wieder zu sehr. Nathanael ließ die nähere Umgebung kaum aus dem Blick. Doch dann sah er zu Adam und schmunzelte.

"Es ist unser Buffet" erklärte er knapp und war sich sicher, dass Adam verstehen würde, worauf er anspielte.

Dann blickte er wieder in die Runde. Er erblickte eine Szene, die ihn erneut schmunzeln ließ.

"Schau dort!" Er deutete auf ein kleines Pärchen.

Ein großer, sehr maskuliener Mann saß auf einem Stuhl und hatte ein junges Mädchen, kaum 16 Jahre alt, auf seinem Schoss sitzen. Sie hatte ganz rote Wangen und schien die sanfte Berührung, die irgendwo unter ihrem langen Rock stattfand, zumindest verschwand dort die Hand des Mannes, zu genießen.

"Die beiden werden gleich aufstehen und in den Garten gehen" erklärte er den Ablauf für Adam und kaum das er seinen Satz zuende gesprochen hatte, küsste der Mann das junge Mädchen und sie sprang auf, zog ihn ganz ungeduldig, nachdem er etwas in ihr Ohr geflüstert hatte, zu der großen Terasse, wo der Mann ihr auch freiwillig hin folgte.

"Du siehst, ein Spaziergang im Garten wäre zwar möglich, aber es würde falsche Vorstellungen wecken." Er grinste und dachte dabei an Nion, der sie beide einen Kopf kürzen würde, wenn er sie dort hin verschwinden sähe.

Er wurde knallrot, als er auf die Szene aufmerksam gemacht wurde. Er kam sich vor wie ein Spanner.

"Aber ... wirst du auch dorthin verschwinden?" Fragend sah er zu seinem Meister.

"Verzeih, ich bin viel zu sehr ich selbst und bringe dich vermutlich in Verlegenheit" kam es schließlich über seine Lippen, als ihm bewusst wurde, dass er den Vampir nur so mit Fragen löcherte.

"Du solltest dich amüsieren und ich dein braver Diener sein, als der ich dich heute Abend begleite."

Er stellte den leeren Teller zurück auf den Tisch.

"Das Essen schmeckt ausgezeichnet."

Nathanael unterdrückte gekonnt ein Lachen und blickte, wie es eigentlich seine Art war, sehr ernst.

"Nein, ich gehe dort nicht hin. Es sei denn du begleitest mich" sagte er und klang dabei so überzeugt, dass es wirklich sein Ernst sein könnte, obgleich er nicht vor hatte, Adam dort mit hinaus zu nehmen. Er blickte zu dem anderen und strich sanft über dessen gerötete Wange.

"Du bist so oder so ein verdammt schlechter Schauspieler. Keiner hier wird dir glauben, sie haben doch schon längt gemerkt, wie du wirklich bist." Und genau das machte Nathanael sehr unruhig.

Er hätte Adam noch einmal einprägen müssen, wie er sich zu verhalten hat, bevor sie hier her kamen, doch nun war es zu spät und da Adam mit dem Speisen fertig war, griff er ihn sanft an der Hand und zog ihn wieder zärtlich durch den Saal, zwischen den Tanzenden hindurch, eine hohe, alte Treppe hinauf, wo ein großes Gemälde die Besucher begrüßte. Es war ein alter, ernster Mann darauf abgebildet. Man hatte das Gefühl, er würde auf einen herab sehen und gar nicht erfreut sein. Dennoch ging Nathanael unbeeindruckt daran vorbei, eine zweite Treppe hinauf und die beiden waren auf einer Gallerie, wo sie das ganze Geschehen wunderbar betrachten konnten.

"Es tut mir aufrichtig Leid Nathanael" antwortete er auf die Tatsache mit der Schauspielerei.

Aber er konnte nichts dafür, er war so wie er war. Und verstellen konnte er sich wirklich schlecht. Und inständig hoffte er, dass auch das erste von seinem Meister nur ein Scherz gewesen war.

Von der Gallerie aus hatten sie wirklich einen guten Ausblick und Adam lehnte sich ein bisschen nach vorn und betrachtete interessiert das Treiben. Er war fasziniert von dem ganzen Ball hier und liebte es, Nathanael begleitet zu haben und es freute ihn auch sehr, dass dieser ihn ausgewählt hatte, ihn zu begleiten.

"Danke" kam es aufrichtig von ihm.

Es freute den Vampir, dass auch Adam zufrieden war und den Abend genoss. Mehr oder weniger. Und auch Nathanael wollte sich ein wenig mehr entspannen und die Nacht genießen. Als Adam so über das Gelände schaute, schlich er sich hinter ihn, legte die Hände um die Hüften des Jüngeren und küsste sachte dessen Nacken, der gerade zu danach schrie, geküsst zu werden. Oh, wie beflügelnd dieser Ball doch war und wie unbeschwert er sich fühlte, hier ein wenig mit Adam, nun ja, in Zweisamkeit zu schwelgen. Im Gegensatz zu der Menschheit würde hier keiner urteilen. Zumindest nicht, solange es nach Verführung aussah und nicht nach Leidenschaft. Wobei, überlegte er, selbst das würde in dieser Nacht nicht verurteilt werden. Bei den Menschen würde es als pervers gelten, somal sie beide männlichen Geschlechts waren, was Nathanael gar nicht verstehen konnte, wo es doch die natürlichste Liebe war, wenn nicht das Geschlecht die Gefühle ausmachte. Sanft drehte er Adam zu sich, um von seinen warmen Lippen zu kosten und das Kribbeln, das so lange nicht mehr durch seinen Körper gewandert war, zu spüren. Adam schloss genießend die Augen, als er die sanften Küsse auf seinem Nacken spürte. Unwillkürlich schlich sich ein kleines Stöhnen von seinen Lippen, auf welche er sich sofort biss, um weitere verräterische Geräusche zu unterdrücken. Er wusste nicht, wonach das aussehn würde. Verführung oder Leidenschaft, es war ihm egal, denn im ersten Moment der Berührung von Nathanael fühlte er sich automatisch zu diesem hingezogen. Als dieser ihn schließlich drehte und küsste, wurde ihm ganz warm ums Herz und es begann wild zu schlagen. Seine Hände krallten sich haltsuchend in das Kostüm seines Meisters. Als sie sich kurz trennten, sah er mit geröteten Wangen auf.

"Ist das denn erlaubt?" fragte er leise.

Nathanael konnte sich kaum von Adam lösen und doch sah er diesen mit einem sanften Lächeln an.

"In dieser Nacht ist alles erlaubt" flüsterte er und küsste ihn sogleich wieder, nur um diese lebendige Wärme nicht missen zu müssen und den zierlichen Körper sanft an sich zu ziehen.

Es war ein so gutes Gefühl, dass er fast glaubte, eine Sünde zu begehen. Doch wie konnte etwas so schönes, etwas so gutes eine Sünde sein. Er löste den Kuss wieder und löste auch die Umarmung, nahm erneut die Hand des Jungen und führte ihn zu einem der Balkone, die die Villa zierten. Von hier aus konnten sie einen weiten Teil des Gartens überblicken und doch war nicht eine Seele hier zu sehen, obgleich doch so viele in den Garten verschwunden waren. Nathanael schmunzelte. Die Nacht hielt viele Dinge verborgen. Er sah zu Adam.

"Schön, nicht wahr?" fragte er ihn und lehnte sich rücklinks leicht gegen das Geländer, um den anderen ansehen zu können.

Am liebsten würde ihn gleich hier vernaschen. Nicht in dem Sinne des Speisens, sondern in viel natürlicherer, menschlicher Hinsicht. Doch das, so war er sich sicher, würde er selbst hier nur mit einem Mädchen tun können.

Adam nickte leicht "Okay" Wenn alles erlaubt war, dann war es sicherlich auch nicht verboten, wenn er sich jetzt seinen Gefühlen hingab. Leidenschaft emfpand er sowieso, auch wenn er Nathanael nicht lieben würde, so wie er es tat und verführt wurde er schließlich auch gerade. Er öffnete leicht seinen Mund, um dem Vampir einlass in sein Reich zu gewähren. Er keuchte leicht beleidigt, als sich Nathanael wieder von ihm trennte, folgte ihm jedoch freiwillig und genoss die kühle Nachtluft, die sie draußen auf dem Balkon umgab. Er war viel zu sehr darauf konzentriert, seine Atmung wieder unter Kontrolle, dass er aufschreckte, als sein Meister ihn ansprach. Erst jetzt konnte er sich auf den Anblick konzentrieren. So viele Hecken, Springbrunnen, die den Garten zierten. An einem Kiesweg, der mit weißen Steinen gelegt worden war, standen Fackeln, die eine warme Atmosphäre schufen. Und Nathanael dann umrahmt von diesem Licht zu sehen, erfüllte ihn mit einem solch tiefen Gefühl von Begierde, dass er sich, ohne groß darüber nachzudenken, an diesen schmiegte, die Hände um dessen Hals schlingend.

"Bitte schick mich nie mehr weg Nathanael. Mein Herz würde das nicht verkraften."

Willig fanden seine Lippen den Weg zu denen seines Herrn und versiegelten diese sanft. Seine Hände spielten mit dem langen Haar, das Nathanael heute mit einer Spange gebändigt hatte, welche er nun löste und sich ihre Haare miteinander vermischten.

Nathanael konnte die Begierde und Lust des jungen Mannes gerade zu spüren und ging willig auf den Kuss Adams ein. Er legte seine Arme um seine Taille und schmiegte den wärmenden Körper näher an sich. Es war gut und schön sogar. So schön, dass er seine Augen schließen musste, um das unbändige Kribbeln in seinem Körper einzuschränken und sich voll und ganz auf die Nähe und Wärme Adams zu konzentrieren. Als seine Haare sich lösten und locker herunter fielen, löste er den Kuss wieder und blickte Adam an, ehe er ihn doch wieder in einen leidenschaftlichen Kuss verfing und sanft mit den Fingern über den Rücken fuhr, dann zum Nacken, wo sie die weiche und warme Haut schließlich kraulten. Adam schloss nun ebenfalls genießend die Augen. Ob es für aussenstehende wirklich wie eine kleine Affäre aussah, nichts ernsteres als für diese Nacht? Doch mit diesen Gedanken wollte er sich jetzt nicht belasten. Zu gut fühlte sich das von Nathanael jetzt an. Für einen kleinen Moment trennten sich ihre Lippen, um Luft zu holen.

"Wie weit willst du gehen?" fragte er leise, ehe er die Lippen wieder verschloss, er konnte gar nicht genug davon kriegen.

Bestimmt bereute Nathanael es gerade, ihn nicht in ein Kleid gesteckt zu haben, in dem er ihn hätte leichter nehmen können. Leicht verwundert hob der Vampir seine Augenbrauen. Worüber sich Adam so Gedanken machte, überraschte ihn doch ein wenig. Er schien wohl besser aufgeklärt zu sein, als er erwartet hatte.

"Du willst noch weiter gehen? Genügt es dir denn nicht?"

Er schmunzelte ein wenig, auch wenn er bereute, Adam für so naiv und unschuldig gehalten zu haben. Was er nicht schon alles hätte tun können. Doch eigentlich hätte er es nicht machen können, denn diese Nähe und Intimität teilten sie sich nicht schon die Zeit über. Sie war für beide neu und keineswegs unerwünscht. Nur Nathanael war noch immer unsicher, ob er den richtigen Weg einschlug. Wenn er überlegte, wie ungehorsam und launisch Adam bisher gewesen war und wie launisch und ungehorsam er jetzt erst werden würde. Vielleicht war es der größte Fehler, den er bisher getan hatte. Doch es war auch der leidenschaftlichste und ehrlichste Fehler, den er sich eingestehen konnte.

"Glaubst du, es gäbe die Möglichkeit, weiter zu gehen, als ein Kuss, eine leidenschaftliche Umarmung? Vampire sind Meister der Verführung. Und alles, was man sich sonst so erträumen könnte, was nach diesem Kuss geschehen könnte, alles das ist weit jenseits einer Verführung" sagte er schmunzelnd.

"Du erinnerst dich an das hübsche Mädchen?" Er lächelte ein wenig.

"Mit dem Vampir?" Er küsste Adam kurz und lächelte.

"Viel weiter geht in dieser Nacht kein Vampir, schau dir den Garten an. Siehst du etwas, dass dich an entferntere Fantasien erinnert?"

Adam folgte seinem Blick nach unten in den Garten und erblickte wirklich nichts weiter. Er lehnte seinen Kopf gegen die Schulter seines Meisters.

"Ich bitte dich, schick mich jetzt nicht wieder weg. Lass uns nach Hause fahren Nathanael."

Er küsste seinen Hals entlang, leckte über die freien Hautstellen. Seine Hände suchten wieder den Weg zurück über den Rücken, die Brust, bis er schließlich von seinem Herrn abließ. Er wusste, dass er sich nicht weiter trauen würde.

"Natürlich genügt mir das. Es ist das, was du mir geben willst und ich will das gar nicht weiter ausnutzen." Er versuchte zumindest langsam sich unter Kontrolle zu bringen.

Dieser halbherzige Versuch von Adam ernst zu wirken oder gar erwachsen, zauberte ein Lächeln auf Nathanaels Lippen.

"Erst einmal sind wir gerade angekommen. Jetzt wieder zu gehen wäre mehr als unhöflich" erklärte er noch immer lächelnd.

"Und dann" sein Lächeln verschwand allmählich, "kann ich mir kaum vorstellen, dass ein Junge deines Alters in einem Zeitalter wie diesem kaum damit befriedigt ist, ein wenig zu kuscheln und zu küssen" betonte er die Ungläubigkeit Adams Worte und sah diesen mit einer skeptisch hochgezogenen Augenbraue an.

"Wenn du schon darüber nachdenkst, wie weit es zu gehen gilt, dann wird es bei dir wohl weit fernere Wünsche geben, als ein wenig küssen."

Er nahm sanft die Hand von Adam, die sich eben auf seiner Brust gelegen hatte und zog den Körper des Jungen wieder näher an den seinen.

"Du verstehst gar nicht, wie schwer mir alleine diese Berührung fällt" flüsterte er leise in Adams Ohr, dass so nahe an der verlockend pulsierenden Ader war, die sogleich sanft von den Lippen Nathanaels berührt wurden.

"Deine Nähe ist wie eine Droge für mich" flüsterte er leise und küsste erneut die empfindliche Haut, strich sanft über den Rücken des anderen, bis seine Hand schließlich die jugendlich feste Pobacke erreichte und dort still ruhte.

"Glaube mir, in meinem Kopf gibt es so viele andere, fernere Szenen, die aber noch zu weit entfernt liegen, als das ich sie erreichen könnte. Ich will dir ja mehr geben, den Wünschen deines Körpers Erfüllung bringen", hauchte er Adam zärtlich ins Ohr.

"Aber überstürze nicht das ganze Unterfangen" bat er ihn dann und löste sich ein wenig, um Adam anzusehen.

"So sehr die Leidenschaft in die schlägt", er strich sanft über Adams Brust, "so sehr musst du dich gedulden können, bis der rechte Augenblick gekommen ist."
 

Adam schlang die Arme um Nathanaels Nacken. Er spürte dessen tiefe Zuneigung für sich, doch auch verstand er die Worte, die er sagte. Er konnte gar nicht anders, als es zu verstehen, denn er wusste, was das jetzt alles bedeutete. Als sich Nathanaels Hand auf seinen Po legte, keuchte er leise auf. Doch die Sanftheit dieser Worte trieb ihm die Tränen in die Augen. Er war wie eine Droge für den Anderen, das war ein schönes Liebesgeständnis wie er fand. Er sah Nathanael nur verschwommen, als sie sich trennten. Vor seinem inneren Auge zuckten Bilder auf, die er noch nie gesehen hatte. Seine Eltern, seine Geschwister. Tot, nur er inmitten von viel Blut und eine wahnsinnige Bestie, die sich auf ihn stürzen wollte.

"Du hast mir das Leben gerettet" flüsterte er leise.

"Ich weiß es einfach, dass du das damals warst, der mich schützte. Und ich weiß, dass du dich in diesem Moment gegen deine ganze Rasse gestellt hast und für mich entschieden. Ich werde solange versuchen zu warten, wie du es für richtig hältst."

Er wischte sich die Tränen aus den Augen, doch sie wollten einfach nicht versiegen. er schloss Nathanael wieder in seine Arme.

"Danke!"

Dieser spontane Gefühlsausbruch Adams schockierte den Vampir und im ersten Moment wusste er gar nicht so recht, warum Adam nun so bitterlich weinte und wie er darauf reagieren sollte. Als er sich dann so hilfesuchend an ihn drückte, schloss er sanft die Arme um ihn.

"Nicht gleich weinen" meinte er leise, sagte aber nichts auf die Worte von Adam, sondern strich nur sanft durch seine Haare, kraulte liebevoll seinen Nacken und schob ihn dann sanft von sich, um zärtlich die feuchten Wangen abzuwischen.

"Wir wollten uns amüsieren, schon vergessen? Heute ist keine Nacht für Tränen" versuchte er ihn zu beruhigen. Das sich Adam ausgerechnet jetzt an alles erinnern musste, war doch irgendwie typisch, dachte der Vampir.

Adam nickte mutig, und seine Tränen versiegten nach einer Weile und ein Lächeln schlich sich wieder auf sein Gesicht.

"Du hast Recht. Würdest du mir die Ehre erweisen und mit mir tanzen?"

Fragend sah er in die graublauen Seen seines Meisters und reichte ihm die Hand. Er konnte seine Gefühle oft selbst nicht verstehen. Vermutlich war er wirklich ein total komischer Kauz und er verstand sich vermutlich am allerwenigsten. Die Musik war so schön und irgendwie wollte er es wirklich gerade. Und Nathanael hatte Recht, heute hatten sie keine Zeit zum Trübsal blasen, das konnten sie ein andermal auch. Die Bitte konnte er weder ausschlagen, noch wirklich ernst nehmen.

"Tanzen ja?"

Er grinste ein wenig und zog Adam von dem recht schmalen Balkon auf die Flure davor und lächelte ihn an.

"Ich wusste gar nicht, dass du tanzen kannst" stichelte er ein wenig und zugleich war es eine Frage, denn je offener er mit Adam sprach, desto fremder erschien er ihm.

Als wenn er ihn gar nicht kannte, ihn zum ersten Mal traf an diesem Abend. Adam grinste breiter.

"Ich bin wohl voller versteckter Talente, von denen du nichts weißt. Wir hatten letztes Jahr einen Tanzkurs an der Schule. Ich hab ihn besucht." Er knuffte seinen Meister leicht in die Seite.

"Du hast es sogar erlaubt."

Adam fühlte sich zum ersten Mal seit Wochen wieder wohl in der Gegenwart seines Meister. Sie hatten über viel geredet in den letzten Stunden, hatten sich gegenseitig klar gemacht, was das zwischen ihnen war und was auf dem Spiel stand. Zumindest hatte Adam so eine Ahnung, dass sich der Vampir irgendwann für etwas entscheiden musste. Für ihn oder für die Vampire. Doch darüber wollte er gar nicht nachdenken.

"Kannst du etwa nicht tanzen?" frozelte er.

So? Nathanael konnte sich gar nicht mehr daran erinnern, so etwas zugestimmt zu haben. Aber scheinbar war es wohl so und er schmunzelte ein wenig.

"Glaube mir, Tanzen ist wohl so ziemlich das einzige, was ich in deinem Alter gelernt habe" lachte er amüsiert in Gedanken an diese Zeit, wo es tatsächlich noch wichtig erschien, dass ein Mann tanzen konnte.

Und auch in der neuen Gesellschaft, bei den Vampiren, galt es als äußerst schwach, wenn man sich nicht gewählt ausdrücken, nicht gut tanzen und keine Frau verführen konnte. So gab es in jeder Gesellschaft ihre Regeln, Werte und Normen und in dieser, waren es eben oberflächliche Dinge, die ihren Wert hatten.

"Darf ich dann um diesen Tanz bitten?"

Ganz förmlich hielt er eine Hand Adams in der seinen, deutete eine leichte Verbeugung an und küsste zärtlich den Handrücken. Der Junge wurde schlagartig rot, als Nathanael ihm einen Handkuss schenkte. Er war doch nicht ein 16jähriges Mädchen, dass er verführen musste. Er war ein 18jähriger Gymnasiast bei dem er es schon lange geschafft hatte. Naja, zwar nicht auf körperlicher Ebene, aber das würde sicherlich auch bald noch folgen.

"Es wäre mir eine Ehre, mit dir zu tanzen."

Der Schwarzhaarige blickte noch immer auf die beiden Hände, die so leicht aufeinander lagen. Er stellte sich nun auf die linke Seite seines Herrn und sah nach oben. Okay, jetzt fühlte er sich wirklich wie ein Mädchen und wie er bei einem flüchtigen Blick erkennen konnte, war er auch der einzige Junge, der mit einem Vampir tanzte. Aber peinlich war es ihm keinesfalls. Auch der Vampir störte sich nicht sonderlich daran, dass er mit Adam tanzte. Selbst die anderen schienen es nicht besonders zu bemerken. Jeder hatte seine Vorlieben, mussten sie sich wohl denken, und Nathanael hatte eben diese. Noch ein kurzes Lächeln schenkte er Adam, ehe er sich mit diesem beinahe lautlos und schwebend über den Boden bewegte. Die Musik spielte sehr schön und nicht ein Ton, nicht ein Takt ging daneben. Obgleich die Spieler ohne Aufnahme spielten. Doch während sie so tanzten und sich unglaublich nahe waren, lächelte Nathanael nicht und sah Adam nur äußerst selten an. Es war viel mehr ein förmlicher Tanz, als gehörte er zur guten Sitte oder gar zu dem Vorspiel für weitere Geschehnisse.

Adam ließ sich davon nicht gerade beeindrucken, dass Nathanael ihn nicht sonderlich beachtete. Er freute sich über die Gesellschaft seines Meisters und hoffte, dass er wenigstens in diesem Moment einen guten Diener abgab. Denn das wollte er wirklich sein, denn heute Abend und am Nachmittag und gestern hatte er ihn eh schon genügend brüskiert. Einfach abhauen, sich beinahe von einem Fremden fressen lassen und dann auch noch diese peinliche Aktion von Roselin und ihm heute Nachmittag. Dabei konnte er ihre Abneigung wirklich nicht verstehen, da er ihr nichts getan hatte. Nur wiel Nathanael sich mehr für ihn interessierte, als für sie.

Als die Musik kurz endete, löste er sich von seinem Tanzpartner und schmunzelte ihn ein wenig an.

"Genug getanzt" beschloss er und zog ihn wieder zum Buffett, wo Adam kurze Zeit später ein Glas Wasser in die Hand gedrückt bekam von Nathanael.

"Trink etwas" sagte er dann wie er schon den Tanz beendet hatte und setzte sich auf einen freien Stuhl in der Nähe des Essens.

Er hatte in der Tat genug getanzt, wo er es doch nicht besonders gerne tat und Adam sollte sich glücklich schätzen, einen Tanz mit ihm geteilt zu haben. Doch nun suchten die Vampiraugen den Saal ab. Er hatte Nion und Roselin nun schon eine Weile nicht mehr gesehen. Nur, wie sie herein gekommen waren und nun waren sie verschwunden.

Perplex folgte Adam dem Anderen von der Tanzfläche und hielt kurze Augenblicke später hielt er das Wasser in der Hand. Vorsichtig nippte er daran. Durst hatte er im Moment wohl wenig, doch er wollte ja brav sein. So stellte er sich neben seinen Herrn und beobachtete die Menge, aus der sich nun eine wunderhübsche junge Frau löste und auf Nathanael zukam.

"Nathanael, erinnerst du dich an mich? Ich bins Mirellé, wir waren einst in Frankreich zusammen auf Reisen. Ich habe deinen hübschen Begleiter bereits beobachtet und wollte dich fragen, ob du ihn mir für einen kurzen Tanz leihen würdest."

Das lange blonde Haar fiel in leichten Locken über den Rücken, was perfekt zu dem blauen Kleid passte, welches sie trug. Skeptisch beobachtete Nathanael die heranschreitende Schönheit und sah zu Adam, dann wieder zu ihr.

"Du weißt doch sicher noch, wie ungerne ich teile" meinte er nur knapp und erhob sich, um nicht von unten zu ihr aufsehen zu müssen. Sanft und doch mit einem bestimmten Druck fasste er sie am Handgelenk, zog sie etwas zu sich, nur um sie mit einem drohenden Blick zurecht zu weisen.

"Einen Tanz, mehr nicht!" wies er sie scharf an und ließ ihr Handgelenk dann wieder los, nahm Adam das Glas aus der Hand und schob ihn etwas in Mirellés Richtung.

"Bitte, erweise ihr die Ehre", bat er ihn dann und stellte das Glas beiseite.

"Ich würde mich Sünden fürchten Nathanael, wenn ich mehr mit ihm wagen würde." Ein diabolisches Lächeln umspielte ihre Lippen.

"Deine Sehnsucht nach Menschen war mir in Frankreich schon bekannt. Und diesesmal hast du dich selbst übertroffen" flüsterte sie leise.

Sie lächelte Adam aufmunternd zu, der sich unsicher in ihre Richtung bewegte.

"Ma'am?"

Er reichte ihr die Hand und nahm sie in seine. Wieder diese unglaubliche Kühle, die ihn ans Marmor erinnerte. Doch nicht so unangenehm wie bei Roselin. Langsam schritt er mit ihr auf die Tanzfläche und legte seine freie Hand an ihre Hüfte, während die zweite ihre rechte fest umschloss. Langsam setzten sie sich in Bewegung.
 

Noch immer missmutig beobachtete Nathanael das Treiben. Es war ihm klar gewesen, dass er und Adam irgendwann auffallen würden, aber so würde es weniger Aufmersamkeit auf sich ziehen, als wenn er ihr den Tanz verwehren würde. So aber hatte er keine Wahl, als das Schauspiel genaustens im Auge zu behalten und die junge Dame nicht einen Moment aus dem Blick zu verlieren. Um das ganze zu vereinfachen, blickte er böswillig in die Gegend und hielt sich damit jegliche Annäherungsversuche oder Gesprächsansätze vom Leib.
 

Adam bemerkte davon nichts. Er war zu sehr von Mirellé fasziniert. Sie war äußerst hübsch und groß gewachsen. Selbst für einen Vampir vermutlich. Und sie war früher schon mit seinem Meister unterwegs gewesen.

"Ihr wart mit Nathanael in Frankreich? Wann war das?"

Er wollte sich etwas mit ihr unterhalten. Schließlich sollte er nicht als unhöflich gelten, wenn man sich überhaupt über ihn unterhalten sollte. Was er zwar nicht glaubte, denn so interessant waren sie sicherlich nicht.

"Sie sehen hübsch aus in dem Kleid."

Mirellé lächelte freundlich, während sie mit Adam zu der Musik tanzte.

"Du bist aber ein sehr neugieriges Kerlchen" stellte sie belustigt fest und drehte sich einmal mit Adam. Dann blickte sie ihn wie eine Katze auf der Jagd an.

"Es ist schon etwas her. Da war er noch in einer wesentlich besseren Verfassung" gestand sie dem Menschen, ehe sie ein wenig geschmeichelt lachte.

"Danke" sagte sie zu seinem Kompliment.

Als sie kurz zur Seite schaute und bemerkte, dass Nathanael eingespannt war durch ihre zwei Freunde, blickte sie den Jungen wieder an.

"Wenn du mit mir kommst, erzähle ich dir von Frankreich, von Nathanael" hauchte sie ihm leise zu und schmiegte sich beim Tanzen näher an ihn heran.

Das hatte er jetzt schon ein paar Mal gehört, dass er neugierig wäre. Doch es störte ihn nicht wirklich. Erst als sie ihn von Nathanael wegdrehte, wurde ihm langsam mulmig.

"Ich denke nicht, dass Nathanael das gut heißen würde. Ich denke, da bleib ich lieber unwissend, als ihn zu verärgern."

Er lächelte sie nett an. Doch innerlich überlegte er sich schon sämtliche Fluchtpläne. Er war umgeben von Vampiren und sein einziger Zufluchtsort war sein Meister. Hoffentlich würde er sich ihnen bald wieder zuwenden. Doch so schnell gab die hübsche Frau nicht ab.

"Hast du etwa Angst vor mir?" Ihr kichern klang liebenswert und sehr sanft.

"Das brauchst du nicht. Ich bin doch eine Freundin von Nathanael und versprach ich diesem nicht, dich nicht anzurühren?" Sie lächelte ihn lieblich an.

"Fürchte dich nicht. Ich werde dir kein Haar krümmen."

Sie beendete den Tanz und sah Adam, eine Hand von ihm haltend, fragend und abwartend an. Angst traf es vielleicht nicht ganz, aber Adam war sichtlich eingeschüchtert. Würde sie auch das Versprechen auch wirklich halten?

"Vielleicht sollte ich ihn fragen, ob ich dich begleiten darf."

Sie hielt nach dem Tanz noch immer seine Hand und Adam entzog sie ihr vorsichtig.

"Bitte entschuldigt mich. Wenn Nathanael es mir erlaubt, werde ich mitkommen."

Langsam löste er sich von Mirellé und bahnte sich den Weg zurück zu seinem Meister, was sich bei der Menge schwierig gestaltete. Die junge Frau war sichtlich unzufrieden mit Adam, wie er sich gerade benahm, doch blieb sie einfach stehen und sah ihm hinterher.

Auch Nathanael konnte endlich wieder einen Blick erhaschen und sah Adam auf sich zu kommen, auch wenn er sich an den Tanzenden vorbei schleichen musste. Er wimmelte die beiden Störenfriede ab und ging ebenfalls zu Adam, um ihn dann sachte zu sich zu ziehen und von der Tanzfläche zu verschwinden. Sanft strich er über seine Wange.

"Und, war der Tanz gut?" fragte er in seiner sonst üblichen desinteressierten Art und blickte auch nicht zu Adam, sondern starrte beinahe zornig in die Masse, wo Mirellé stand und grinste, als wäre sie der Teufel persönlich.

"Sie ist eine gute Tänzerin."

Liebevoll nahm er die Hand seines Meisters. Und er wollte sicherlich diese nicht mehr loslassen.

"Sie wollte mit mir nach draußen gehen." Er hielt Nathanael sofort fester, da er Angst hatte, er würde verschwinden.

"Ich habe abgelehnt, da ich nicht wusste, ob du es billigen würdest." Er wollte Nathanael sicherlich nicht verärgern.

"Bei dir ist es doch noch immer am schönsten." Er wollte nach draußen gehen, da es hier drinnen mittlerweilen ziemlich warm war und setzte sich langsam in Richtung draußen in Bewegung, in der Hoffnung, Nathanael würde ihm folgen.

Nathanael hatte sich schon gedacht, dass es nicht bei dem Tanzen bleiben würde und er war ein wenig verwundert, wenn nicht gar fasziniert, dass Adam standhaft geblieben war und nun wieder an seiner Hand klebte.

"Nein, ich hätte es nicht gebilligt" sagte er kurz und laut genug, dass auch die zwei Genossen seiner ehemligen Gefährten diese Nachricht verbreiten konnten.

Als Adam so zielstrebig nach draußen drängte, folgte er ihm zögernd ein paar Schritte, blieb dann aber stehen und sah den anderen an.

"Wohin so eilig?" fragte er, denn für ihn war es keineswegs warm oder stickig in den Hallen und er konnte wohl kaum bemerken, ob es für Adam unangenehm war oder nicht.

Er hatte es beinahe geahnt, nein er wusste es eigentlich, dass Nathanael es niemals genehmigen würde. Er blieb stehen, als sein Meister stehen blieb. Adam drehte sich mit einem fragenden Blick um und sah in seine Augen.

"Ich dachte, wir sollten nach draußen gehen. Mir ist heiß, die Luft ist stickig." Er zog wieder etwas an der Hand seines Meister.

"Bitte komm, ehe ich noch umfalle."

Nathanael hob leicht eine Augenbraue. Das bei offnen Fenstern und Türen die Luft so schnell aufgeheizt werden würde, war ziemlich amüsant. Somal hier kaum Menschen anwesend waren, nur einige Tiere und die zwei Feuerspucker. Nun ja, er folgte Adam nun widerwillig nach draußen und ließ dessen Hand nicht einen Moment los, noch ihn oder die Umgebung aus den Augen. Er fühlte sich hier noch nie besonders wohl, doch mit Adam an seiner Seite, fühlte er sich auch noch unsicher und kam kaum dazu, sich einmal zu entspannen. Adam spürte das Unwohlsein seines Meisters.

Adam drehte sich auf dem Balkon zu Nathanael um und sah ihm in die Augen.

"Ich denke, es wäre klüger gewesen, dass du alleine gegangen wärst. Mit mir an deiner Seite, kannst du dich nichteinmal entspannen. Vielleicht sollte ich alleine wieder nach Hause fahren. Dann kannst du es noch etwas genießen." Die kühle Luft war angenehm und sein Herz beruhigte sich wieder etwas.

Mirellé hatte ihn in eine ziemliche Zwickmühle gebracht. Aber das er doch so gefragt war, wunderte ihn. Die Worte von Adam veranlassten Nathanael dazu, ihn etwas unsanft zu sich zu ziehen und sanft die Arme um ihn zu legen.

"Alleine wäre ich gar nicht erst hier her gekommen" sagte er leise und noch bevor der andere etwas sagen oder tun konnte, legte er seine Lippen auf die des anderen.

Wie oft hatten sie es an diesem Tag schon getan? Er erinnerte sich nicht mal, aber es schien ihm so, als würden sie sich schon Ewigkeiten immer wieder sanft küssen und als wäre es nie anders gewesen. Als hätte es schon immer so sein müssen. Er wollte in der Tat nicht alleine hier bleiben, aber noch weniger wollte er Adam alleine wissen, wie er, wahrscheinlich noch zu Fuß, den ganzen Weg zurück stiefeln wollte. Der Junge schlang seine Arme wieder um den Hals Nathanaels, als ihn dieser erneut in einen Kuss zog. Er könnte das wirklich den ganzen Tag machen. Schließlich war es noch das unschuldigste, was sie machen konnten. Vor allem hier im Moment. Sonst würden die Anderen vermutlich noch auf dumme Gedanken kommen. Seine Hände krallten sich in das dichte Haar seines Meister und er öffnete den Mund, stupste mit der Zunge gegen die Lippen des Anderen und wagte sich schließlich in die Mundhöhle des Anderen vor. Leicht fuhr er mit der Zunge über die spitzen Eckzähne und versuchte diese nun zu meiden. Die Gefahr sich daran zu verletzten war zu groß und was dann passieren würde, wollte Adam gar nicht erst wissen. Adam war sich wohl nicht ganz bewusst, wie er durch seine forsche Art, den Vampir in Bedrängnis brachte. Denn durch diese sachte Berührung, durch diese Nähe, durch diesen Geruch und nun auch noch die freche Zunge in seiner Mundhöhle, schwanden alle Gedanken allmählich aus Nathanaels Kopf und langsam aber sicher blieb nur noch ein Sinn übrig. Ein unnatürlicher Sinn. Der Sinn, der Lust. Und diesem gab sich Nathanael nun hin, strich erneut sanft über den Rücken von Adam, während er nun seinerseits auf einen kleinen Angriff über ging und versuchte Adams Zunge ein wenig zu necken. Das diese an seinen Zähnen vorbei gezüngelt war, störte ihn eher weniger, es reizte ihn nur noch mehr und war ein erregendes und zugleich bedrohendes Spiel für den Vampir.

Auf das Spiel von Nathanael ging er nun ebenfalls weiter ein. Er wollte ihn endlich verführen, ihn spüren, aber nicht hier. Während sich ihre Lippen heiß und innig berührten, löste sich sein Körper vom Vampir, auch wenn er fest von diesem gehalten wurde.

"Lass uns von hier verschwinden" hauchte er zwischen einigen Küssen.

"Ich will nach Hause, mit dir!"

Seine Hände gruben sich noch tiefer in das scharze Haar, sodass es dem Vampir kaum noch möglich war, sich von Adam zu trennen. Ihm war irgendwie klar gewesen, dass Adam gleich wieder ungeduldig werden würde.

"Wir können nicht gehen. Habe ich dir das nicht schon gesagt?" versuchte er ihn zu erinnern, seine Lippen noch beinahe berührend und diese roten, leckeren Kissen ansehend. Sanft küsste er ihn wieder.

"Außerdem hat Nion das Auto und ich gehe ganz gewiss nicht den ganzen Weg mit dir zu Fuß zurück" murmelte er beinahe in den Kuss, der gleich darauf folgte.

Sanft aber bestimmend zog er den Körepr wieder nahe zu sich. Was Adam wohl mit seinen Haaren hatte? Überlegte er, als der Griff Adams noch etwas fester wurde. Erst hatte er ihm die Haarspange entfernt, nun wühlte er in den Haaren, als gäbe es nichts anderes um Halt zu finden. Adam nickte, diese Worte hatte er sicherlich noch im Hinterkopf gehabt. Außerdem hatte er seiner Mutter ja auch versprochen, bis nach Mitternacht zu bleiben. Doch wie spät es war, konnte Adam nicht erahnen. Hier hatte er irgendwie jegliches Gefühl für Zeit und Raum vergessen. Allein schon durch die erneuten Eroberungsversuche des Vampirs wurde ihm wieder anders, als ob die Zeit stehen bleiben würde, um sich im Moment darauf nur noch schneller zu drehen.

Eine Hand löste sich nun aus der schwarzen Mähne und fuhr über die Brust, an die Stelle, wo eigentlich Nathanaels Herz schlagen sollte. Doch die Tatsache, dass eben dem nicht so war beunruhigte Adam weniger, als es eigentlich der Fall hätte sein sollen. Nathanael verlor sich in den Kuss und schreckte dann beinahe zusammen, als ihm plötzlich ihr Standort gewahr wurde. Er löste sich von Adam und blickte zu dem mit armen verschränkten Zuschauer, der sich an den Eingang gelehnt hatte.

Nion stand dort, wohl bemerkt alleine und sah alles andere als erfreut aus. Auch die Stimmung von Nathanael verschlechterte sich und er nahm sanft die Hand, die auf seiner Brust ruhte.

"..." ihm waren so viele Worte im Kopf, die er Nion sagen konnte, doch nicht ein einziger Ton verließ seine Lippen, viel eher drängte er sich, Adam mit sich ziehend, an Nion vorbei und ging dann wieder die Treppen runter, wo er mit Adam in der Masse verschwand, den er kurz darauf zu sich zog.

"Warte einen Moment hier, ja? Und lass dich nicht mitnehmen" mahnte er ihn noch einmal, bevor er dann gänzlich verschwand.
 

Bei dem erscheinen Nions schauderte Adam kurz und senkte unter dessem unerfreuten Blick den Kopf. Er war also auch einer derjenigen, die gegen sie waren. Adam schluckte bei dem Gedanken daran, dass es noch viel mehr gab als Nion, die eine solche Verbindung nicht dulden würden. Für sie war er nichts weiter als ein Mensch, der Nathanael zu dienen hatte und vermutlich froh darüber sein konnte, was er ja auch war. Als sich dieser nun mit ihm in Bewegung setzte, folgte er ihm still, dabei fest dessen Hand umklammernd. Als er wieder so an den Vampir gezogen wurde und die Worte vernahm, sah er erschrocken auf, doch ließ er Nathanael ziehen, schließlich würde er schon wissen, was er tat. Und er würde sich sicherlich nicht vom Fleck bewegen und mitnehmen schon gar nicht! Ein sehnsüchtiger Blick trat auf den Fleck, wo Nathanael bis vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte. Hoffentlich kam er bald zurück.
 

Oh ja, Nathanael hatte vor, bald zurück zu sein, doch vorher mussten einige Dinge erledigt werden. Sein Freund hatte seine Meinung zu hören und Roselin ein wenig Vergeltung zu kosten und gerade, so schien ihm, war die Stimmung perfekt dafür. So trat er zuerst wieder an Nion, der noch immer dort stand, wo er bis eben gestanden hatte, wohl in dem Wissen, dass er Nathanael hier wieder treffen würde.

"Nun hör mir zu!" fauchte Nathanael ihn direkt an, als er näher kam und blieb vor ihm stehen.

"Du brauchst nicht zu verstehen, warum ich das tue und du brauchst es auch nicht gut zu heißen. Aber ich wünsche mir, von dir, als mein Freund, dass du deine Meinung nicht so offen trägst!" Seine Stimme war noch immer bedrohlich tief gestimmt und es klang keineswegs nach einer Bitte.

"Du umgibst dich selber mit Scharen an Menschen und kannst es nicht verstehen, wenn mir ein Einziger etwas bedeutet? Deine Diener sind dir selber nicht ganz egal, nur umgehst du dieses Gefühl, indem du einfach zu viele hast, um einen zu bevorzugen. Hör auf über mich zu urteilen, Nion!"

Langsam wurde er ruhiger, da auch der Blick Nions etwas sanfter wurde und seine Arme sich aus ihrer verspannten Lage lösten. Nun war er es, der sprach.

"Es geht mir nicht um deine 'Gefühle' für ihn!" Er betonte das Wort Gefühl, als sei es etwas unwirkliches oder etwas anwiederndes.

"Es geht um die Wege, wie du ihn kennengelernt, wie du ihn fühlen gelernt hast" sprach er weiter.

"Du weißt, wem deine Liebe versprochen war und du weißt, wem dein ganzen Sein gehört und wer über dich zu entscheiden hat, wenn es wirklich zum Äußersten kommt."

Noch bevor der andere weiter sprechen konnte, nickte Nathanael und fiel ihm ins Wort.

"Das ist mir gleich. Ich wandelte so lange einsam auf dieser Erde und auch Roselin hat mir nicht die Nähe und Wärme zuteil werden lassen können, wie Adam sie mir schenkt" erklärte er seinem Freund, der seine Schutzmauer nun völlig fallen ließ und geschlagen seufzte.

"Er ist ein Mensch, natürlich schenkt er dir Wärme."

Dann lachten beide wissend darum, dass sie einander verstanden. Nathanael wusste, dass Nion nun auf seiner Seite stehen würde, wo dieser nun wusste, wie wichtig und ernst es ihm war. Und Nion wusste, dass Nathanael sich nicht so schnell von seinem Tun abbringen lassen würde und sicher ein Guter zu Adam war. Egal, ob dieser es nun verdient hatte oder nicht. Nun gab es für Nathanael nur noch mit Roselin etwas zu klären.
 

Adam wurde sich erst spät der Gefahr bewusst, die er urplötzlich empfand. Seine Nackenhaare standen zu Berge, sein Magen zog sich flau zusammen und bereits bevor er sich umgedreht hatte, wusste er, wem er nun gegenüber stehen würde. Sein Blick kreuzte den von Roselin, die ihn zwar geistesabwesend musterte, doch Adam war sich sicher das sie genau wusste, wem sie gegenüberstand. Ihr Kopf bewegte sich auf eine melancholische Art hin und her. Ihre Augen waren geschlossen und eine leise Melodie kam summender Weise über ihre Lippen. Als Adam versuchte, einen Schritt nach hinten zu machen, öffnete Roselin augenblicklich ihre Augen und sah Adam finster an. Der sonst leere Ausdruck war Wahnsinn gewichen, die Augen strahlten gelb und katzengleich.

"Na na na, wer wird denn hier weglaufen wollen kleiner Engel?" Sie bewegte sich anmutig auf den völlig verängstigten Jungen zu.

"Du hast es bereits einmal versucht und nur dein edler Ritter konnte dich vor schlimmeren bewahren. Doch er ist jetzt nicht hier."

Adam hoffte, dass sie sich der restlichen Anwesenden bewusst war, doch dem schien nicht zu sein.

"Was ... was meinst du damit?"

Ihr Lachen hatte neben dem glockengleichen Klang noch etwas anderes, etwas bedrohliches.

"Ach kleiner Engel, warum konntest du damals nicht einfach mit deiner Familie sterben?" Sie seufzte wehmütig.

"Aber nein, Nathanael meinte, dich beschützen zu müssen. Vor mir, dabei wollte ich doch nur etwas spielen." Roselin wedelte mit der Hand, als wollte sie eine lästige Fliege verscheuchen.

Adam sah entsetzt zu Roselin. Warum hätte er sterben sollen. Ja, Nathanael hatte ihm vor Jahren das Leben gerettet, als seine Familie ermordet worden war. Doch je mehr die blonde Vampirschönheit sprach, desto mehr ergaben ihre Worte einen Sinn.

"Du ... Du hast meine Eltern getötet und meine Geschwister?"

Ein Schock ergriff seine Glieder, der es ihm unmöglich machte, sich zu bewegen. Die Wahrheit und diese Erkenntnis trafen ihn wie ein Faustschlag ins Gesicht und Adam verlor den Boden unter den Füßen. Erst als er den kalten Boden unter sich spürte, wurde er sich bewusst, was damals geschehen war. Mitten bei Nacht war er von den gellenden Schreien seiner Mutter geweckt worden, seine ältere Schwester und sein Bruder hatten versucht ihn aus dem Haus zu schaffen, was ihnen aber nicht gelungen war, da sie im Wohnzimmer selbst Opfer dieser Bestie geworden waren.

Erst jetzt erinnerte sich Adam an das blutverschmierte Gesicht, die blutbefleckte Kleidung und die grässliche und zugleich wunderschöne Fratze von Roselin.

"Warum ... warum hast du das gemacht" schluchzte er leise. Sie lachte erneut leise.

"Mir war langweilig kleiner Engel, mir wird schnell langweilig und es war so ein schönes Spiel, deine Eltern zu quälen. Ihre süßen Schreie" Ein verträumter Ausdruck trat in ihre Augen.

"Wie eine Symphonie in meinen Ohren."

Adam presste die Hände aufs Gesicht, seine Schultern bebten, während er bitterlich weinte und schluchzte.
 

Nathanael war durch den Garten, vor die Türen und überall gewesen, wo es etwas ruhiger war, doch konnte er Roselin nicht finden. Als er schließlich auf dem Weg zurück zu Adam war, entdeckte er, sehr zu seinem Entsetzen, die bereits beobachtete Szene. Ohne einen weiteren Moment zu zögern stürmte er auf Roselin zu, stand schließlich beinahe schützend vor Adam, der wie ein Elend auf dem Boden kauerte, völlig mit den Nerven am Ende und von dieser Vampirdame nicht einmal mehr beachtet wurde. Die gute Laune, die Roselin bis eben hatte und beide standen sich lautstark drohend gegenüber. Der Tanz um sie herum endete und auch die Musik hörte auf zu spielen. Fast alle Augenpaare schienen sich nun auf das Szenario zu fixieren und schließlich war es Roselin, die sich auf Nathanael stürzte und beinahe wie ein Katze versuchte ihn zu kratzen, doch Nathanael, der nicht aus dem Weg gehen konnte, ohne Adam aus dem Schutz zu lassen, hatte keine Wahl, als sich ihr zu stellen und so begannen die beiden sich beinahe wie Tiere gegenseitig immer wieder in Bedrängnis zu bringen, bis sie schließlich beide, wenn man genau hinsah, dunkle, beinahe schwarze Augen hatten und ihre ganzen Bewegungen kaum mehr menschlich wirkten.

Kein Wort wurde gesprochen, weder von den ganzen Zuschauern, noch von den beiden Streithähnen. Schließlich aber, bevor sie sich ein weiteres mal auf ein ander stürzten, trat Emily auf, die alleine schon durch ihre bloße Anwesenheit die Lage etwas beruhigte. Nathanael blickte zu ihr, Roselin beachtete nur den Jungen zwischen Nathanaels Beinen hindurch, der ihr Ziel während der ganzen Auseinandersetzung geworden war.
 

Emily trat durch den geschlossenen Kreis, der sich um die beiden Kämpfenden und das Bündel Elend am Boden, gebildet hatte und brachte alle zum Schweigen. Man hörte keinen Laut, während ihre nackten Füße den Boden berührten, auf dem Weg zu Adam. Sie schob ihren Sohn mit sanfter Gewalt zur Seite, es lag ihr sichtlich fern, mit ihm zu streiten. Mit besorgtem Blick ging sie nebem dem Menschenkind in die Hocke und legte ihre Hand auf seinen Kopf, während sie leise ein paar Worte mumrelte, was zur Folge hatte, dass das Beben, welches den zarten Körper ergriffen hatte, aufhörte. Sanft strich sie Adam nocheinmal durch die Haare, ehe sie sich an ihre Kinder wandte. Da sie eine der drei ältesten Vampire auf Erden war, waren fast alle Anwesenden sowas wie ihre Kinder, doch Nathanael hatte sie selbst zu einem von ihnen gemacht, also war er sozusagen wirklich ihr Sohn.

"Was hat das zu bedeuten. Nathanael, Roselin, wie könnt ihr nur diesen zauberhauften Ball stören?" Ihre Stimme war sanft, jedoch täuschte das über ihre Wut hinweg.

"Und der arme Junge! Du wirst ihn nach Hause bringen Nathanael und zwar sofort!" Leiser, weitaus bedrohlicher fuhr sie fort.

"Das wird Konsequenzen für dich haben, ich werde dich in den nächsten Tagen aufsuchen."

Anschließend wandte sie sich an die blonde Vampirfrau.

"Und was dich angeht Roselin! Wer hat dich verrücktes Wesen aus deinem Käfig gelassen! Nion!" Sie rief den anderen Vampir.

"Sieh zu, dass du sie dorthin zurückbringst, wo du sie entlassen hast und pass auf, dass sie dort bleibt!" Ihre Augen wanderten zu Nathanael zurück.

"Jetzt geh! Und kümmere dich um Adam, wenn er wieder aufwacht!"

Sicher würde der Vampir nie wagen, sich gegen Emily aufzulehnen, ließ jedoch Roselin nicht einen Moment aus den Augen und drohte ihr wieder etwas, als sich Emily dem Jungen zuwandt. Erst als Nion auf die Fläche trat und Roselin mit sich nahm, beruhigte sich auch Nathanael sichtlich. Er wandte sich um, wo er den schlafenden und völlig erschöpften Adam entdeckte. Etwas wehleidig und sogar unterwürfig sah er zu Emily. Die Musik began wieder zu spielen und der Haufen löste sich allmählich. Sie würde ihn besuchen kommen? Das klang nie besonders gut. Er nahm Adam sanft auf seine Arme und blickte Emily an.

"Nion hat uns her gebracht" sagte er und klang dabei wie ein gescholtener Hund, der seinen Fehler eingesehen hat.

Auch wenn es ihm sichtlich schwer fiel und auch seine Stimme eher schwach klang, bat er Emily leise um ein Zimmer, wo sie die restliche Nacht verbringen und Adam sich erholen konnte. Die Vampirdame nickte.

"Komm mit."

Es fiel ihr selbst immer schwer, so zu sein, doch wenn sie ständig Nachsicht walten ließ, bei jedem Vorfall der geschah, würde hier das völlige Chaos ausbrechen. Und auch wenn ihre Worte hart geklungen hatten, sie wollte Nathanael sicherlich nichts schlimmes. Nur mit ihm reden, da er sie seit Jahren so selten besuchte.

Sie schritt die Stufen nach oben in den ersten Stock, wandte sich nach links und öffnete dort eine der vielen Türen.

"Das Zimmer dürfte dir bekannt vorkommen. Ich habe nichts verändert, seitdem du aus dem Haus ausgezogen bist. Sei mir Willkommen und fühl dich wie zu Hause." Sie deutete in den Raum.

"Ich werde Roslin noch für ihre Taten bestrafen Nathanael, aber ich kann das nicht vor all den Anwesenden tun, dass verstehst du doch. Und das das Schicksal ausgerechnet euch Beide einst verbinden wollte" Sie seufzte.

"Manchmal mache auch ich große Fehler."

Mit Adam in den Armen folgte er Emily und blickte dann erstaunt in das Zimmer. In der Tat war nichts verändert. Leider aber auch nichts gesäubert oder mal gelüftet. Es war im Grunde eine Gruft geworden, er war sich nicht sicher, aber er befürchtete sogar, es selber so hinterlassen zu haben.

"Hab Dank, Emily" sagte er leise und blickte sie mit herzauf guten und dankbaren Augen an.

Dann zögerte er nicht einen Moment mehr, um Adam in das lange, sehr lange Zeit nicht mehr benutzte Bett zu legen und sich noch einmal nach Emily umzudrehen.

"Ich wollte deinen Ball gewiss nicht stören. Aber wie ich deine Gäste kenne, werden sie den Spaß schnell wieder finden."

Er nickte zu ihr und versuchte ein wenig glücklicher drein zu schauen und seinen treuen Hundeblick zu verlieren, doch er konnte nicht anders, als Emily so anzublicken. Ein leises Lachen stieg ihre Kehle empor.

"Du weißt, dass sie soetwas als äußerst amüsant empfinden. Aber ich tue es nicht. Was Roselin mit der Familie des armen Jungen gemacht hat ist schrecklich. Aber es konnte niemand ahnen, dass sie so schlecht mit der Vewandlung umgehen und dabei ihren Verstand einbüßen würde." Sie ging zurück zur Tür, wandte sich jedoch nocheinmal um, ehe sie diese schloss.

"Bleib solange du es wünscht. Erhol dich etwas Nathanael, es war ein anstrengender Abend."

Und sie zwinkerte ihm wissend zu. Dann war die Türe auch schon geschlossen.
 

Adam hatte von alldem nicht viel mitbekommen. Plötzlich hatte ihn ein sanfter Schatten umhüllt, der ihn alles vergessen ließ, damit ihn keine Albträume heimsuchen konnten. Und kurz nachdem Emily das Zimmer verlassen hatte, öffnete er blinzelnd die Augen und saß aufrecht im Bett. Erschrocken blickte er sich um und panisch suchte er nach Roselin, die er aber nirgends finden konnte, nur Nathanael, der vor seinem Bett stand. Erleichterung machte sich in seinem Körper breit.

"Du bist hier" flüsterte er weinerlich.

Noch einen Moment sah er auf die geschlossene Tür, bis er leise Adams Stimme hörte. Er drehte sich um und setzte sich an die Bettkante.

"Ja, ich bin hier.“ Er lächelte und strich sanft über Adams Wange.

"Es tut mir leid, dass alles so kommen musste" flüsterte er und küsste den anderen sanft, drückte ihn dann zärtlich zurück in die Kissen.

"Ruh dich noch ein wenig aus, du brauchst nun keine Angst mehr haben" sagte er leise und stand dann auf, um das Fenster zu öffnen und ein wenig frische Luft in das Zimmer zu lassen.

Leise drang die Musik nun auch in den Raum und die Stimmung schien schon wieder ausgelassen zu sein. Ohne sich zu wehren ließ er sich wieder in die Kissen drücken, beobachtete aber jede Regung seines Meisters, aus Angst, er würde einfach verschwinden. Noch immer quälten in die sanften und grausamen Worte der Blonden. Und warum hatte Nathanael ihm das nie gesagt? Gut, sicherlich hatte er ihn schützen wollen, aber war das ein Grund, ihn anzulügen? Sicherlich nicht. Er grub seinen Kopf noch etwas tiefer in die Kissen, um sich zu beruhigen, was ihm aber nicht so recht gelingen wollte.

"Du kannst nichts dafür" flüsterte er fast tonlos.

Er kam zurück zu Adam und setzte sich wieder ans Bett.

"Ich hätte dich nicht alleine lassen dürfen" sagte er zärtlich und zog die Decke weiter nach oben über Adam, damit ihm nicht kalt würde.

Doch dann wurde ihm bewusst, dass dieser ja noch immer in der ihm unangenehmen Kleidung lag und schmunzelte ein wenig.

"Lass mich dir aus der Kleidung helfen. Dann schläft es sich bequemer" schlug er liebevoll vor.

Adam nickte und schob sich wieder unter der Decke hervor, ehe er aus dem großen Bett kletterte und sich vor Nathanael hinstellte.

"Du kannst nichts dafür. Ich glaube sie ist nicht ganz richtig im Kopf."

Er streckte sich ein wenig, damit ihm der Vampir das Hemd vom Körper ziehen konnte.

"Außerdem konnte niemand ahnen, dass sie gleich wieder über mich herfallen würde. Dich trifft sicherlich am wenigsten Schuld."

Adam beugte sich nach vorn und hauchte einen Kuss gegen die weichen Lippen.

"Wo warst du überhaupt?"

Der Vampir nickte ein wenig.

"Ja, sie ist wirklich nicht ganz richtig im Kopf" sagte er zu ihm und zog das Hemd über den Kopf.

Dann band er die Hose auf und blickte den anderen an, worauf er einen Kuss bekam. Er lächelte den anderen an.

"Ich hatte mit Nion etwas zu klären. Nun ist alles wieder im Reinen" sagte er und lächelte ein wenig, ehe er langsam die Hose über Adams Hüfte zog.

Der Junge fröstelte, als er der kalten Nachtluft so plötzlich ohne jeglichen Schutz ausgeliefert war und schlang die Arme um seinen Körper. Adam genierte sich nicht, nackt vor Nathanael zu stehen, aber im Moment erregte ihn der Gedanke auch nicht wirklich. Dazu war er viel zu müde, zu verängstigt und erschöpft. Ohne sich weiter Gedanken drüber zu machen, kroch er wieder zurück auf die Matraze und zog die Decke über sich. Anschließend reichte er die Hand Nathanael.

"Legst du dich zu mir?"

Er lächelte und stieg dann unter die Decke, streichelte sanft über Adams Bauch.

"Aber schnarch nicht" ärgerte er ihn, eher er sich selber das Hemd ein wenig lockerte und sich näher an Adam heran kuschelte.

"Schlaf gut. Und entspann dich" flüsterte er.

"Ich bin jetzt bei dir."

Sanft strich er über Adams Wange, küsste sie dann zärtlich und strich durch dessen Haare. Es genoß die Wärme, die der nackte Körper ausstrahlte und so entspannte sich auch Nathanael zunehmend. Bei der Nähe des Vampirs brauchte er wirklich nicht lange, dass er einschlief. Einen ruhigen, glanzlosen Schlaf hatte, ohne jegliche Träume, ohne jegliche Unterbrechungen. Im Schlaf drehte er sich um und krallte sich in das Hemd von Nathanael, als ob er Angst hätte, ihn zu verlieren. Und auch wenn dieser keine Wärme oder gar einen Herzschlag ausstrahlte, fühlte er sich sicher, wie noch nie in seinem Leben. Einmal wurde er wach und blickte zu dem blassen Wesen neben sich auf, doch wie es schien, schlief dieser. Oder zumindest ließ er sich nichts anmerken, dass er wach war.

Kapitel 04

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Kapitel 05

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 06

Kapitel 6

Es war bereits kurz nach Mittag, als Adam das nächste Mal erwachte. Er streckte sich genüsslich, als er sich des Gewichts auf seiner Seite bewusst wurde. Langsam drehte er den Kopf und sah Nathanael, der ebenfalls schlafend wirkte und halb auf ihm drauf lag. Ein leichtes Lächlen trat auf die Lippen des Jungen. So entspannt hatte er den Vampir noch nie erlebt. Und wecken wollte er ihn auch nicht.

Noch mit geschlossenen Augen bildete sich ein sanftes Lächeln auf Nathanaels Lippen.

"Gut geschlafen?" fragte er leise, als er sich sicher war, dass Adam wach wurde, löste sich etwas von ihm und sah den anderen an, streichelte nun wieder sanft den Arm des anderen.

Es war so schön gewesen und außerdem war er es gewohnt, tags über herum zu dösen, dass er die Zeit ganz vergessen hatte. Es wäre zu schön, wenn es immer so sein könnte, aber Nathanael wusste, dass es gleich nach dem Wochenende ganz anders kommen und er den Tag und die Nacht wieder alleine verbringen würde oder mit einem schlafenden Adam an seiner Seite. Dieser nickte.

"Ja, ich fühle mich ziemlich erholt."

Er streichelte über das schwarze Haar des Vampirs. So gut hatte er schon lange nicht mehr geschlafen an einem Wochende. Meistens war er dann die ganze Zeit über wach, um soviel Zeit wie möglich mit Nathanael zu verbringen. Schließlich hatte er vor ihrer Liason die Nähe des Anderen schon sehr geschätzt.

"Bist du auch etwas erholt?"

Leicht schmunzelte der Vampir.

"Ich bin immer erholt" sagte er dann und küsste den anderen sanft.

"Aber wir sollten langsam aufstehen, dein Kreislauf sollte in Schwung kommen" sagte er und streichelte den anderen weiter.

Dann setzte er sich auf und streichelte weiter über die Brust des anderen, sah ihn liebevoll an, ehe er dann ganz aufstand und zum Stuhl blickte. Wie er erwartet hatte, lagen dort fein säuberlich gefaltet einige Kleider für ihn und Adam. Gemütlich waren sie, aber elegant und sehr ansehnlich. Er zog sich an und reichte die übrigen Kleider zu Adam.

"Möchtest du noch etwas essen?" fragte er fürsorglich.

Die Kleider fühlten sich gut an zwischen seinen Fingern. Es schien ein edler Stoff zu sein, soetwas hatte Adam noch nie getragen. Schnell streifte er sich die Hose über, ehe er zu Nathanael blickte. Er schüttelte den Kopf.

"Ich hatte ne Menge zum Frühstück. Das reicht bis zum Abend. Außerdem werd ich sonst noch dick und fett." Er streckte seinen schlanken Bauch ein wenig nach draußen, sodass er etwas dicklicher wirkte.

"Sonst werd ich ja noch unansehnlich und du musst dich wegen mir schämen" bemerkte er lächelnd.

Leicht schüttelte der Vampir den Kopf.

"Von wegen dick und fett." Er piekste sanft in den vorgestreckten Bauch.

"Du solltest eher etwas mehr auf die Rippen bekommen" sagte er dann und küsste ihn zärtlich.

"Ich würde mich nicht für dich schämen, solange ich dich nicht über die Straße rollen muss" lachte er nur und zog Adam dann das Hemd über den Kopf, rückte es zurecht und zog den anderen direkt an der Hand zur Türe.

"Willst du in den Garten?" schlug er vor.

Er würde ihn zumindest ein Stück begleiten und dann? Nun ja, würden sie sehen wie es weiter ging.

Empört sah er zu Nathanael.

"Ich mach grad mal in der Schule Sport und wenn ich jetzt auch noch zunehmen würde, was meinst du, würde das aussehen?" Er schüttelte den Kopf.

"Ich bin gut so, wie ich bin." Genießend ließ er sich von diesem das Hemd anziehen und sah dann in die blauen Augen.

In den Garten. Seine Augen begannen zu leuchten.

"Ja" kam es begeistert von seinen Lippen.

Aber dann wurde er sich wieder der Sonne bewusst.

"Und du? Du kannst mich doch nicht begleiten." Alleine wollte er da auch nicht hin.

Nathanael schmunzelte. Er hatte sich schon gedacht, dass Adam nicht damit zufrieden sein würde, wenn er ihn nur ein Stück begleitete.

"Nein, ich nicht. Aber hier gibt es genug Bedienstete in deinem Alter, mit denen du sicher ein paar Antworten finden kannst, im Garten." Er versuchte so an die Neugierde von Adam zu appellieren und ihn dazu zu bewegen, ein wenig an der frischen Luft zu sein. Schließlich war das äußerst wichtig.

"Ich werde in der Zeit im Saal auf dich warten" sagte er zur Beruhigung, dass er nicht einfach weglaufen wollte.

"Aber ..."

Adam wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Er wollte eigentlich mit keinem der Diener dort nach draußen gehen, sondern mit Nathanael. Aber es blieb ihm ja nichts anderes übrig, wenn er den Garten sehen wollte.

"Und du wirst sicher auf mich warten? Und nicht einfach weg sein, wenn ich wiederkomme?"

Irgendwie hatte er das Gefühl in einem Traum gefangen zu sein, doch das war es nicht. Sein Hintern, die Schmerzen bewießen ihm das Gegenteil.

"Ich bin auch sicherlich nicht lange weg."

Er streckte sich ein bisschen, um Nathanael einen Kuss auf den Nacken hauchen zu können. Erneut grinste der Vampir. Er war sehr fröhlich die Tage, auch wenn es ihn selber ein wenig verwunderte.

"Ich werde nicht weg sein" meinte er nur und streichelte Adam sanft über die Haare.

"Sicher, dass du schon herum laufen möchtest?" fragte er dann besorgt und legte seine Hand an Adams Taillie.

"Du läufst noch ein wenig steif" flüsterte er Adam ins Ohr und küsste ihn dann sanft auf die Wange, bis sie schließlich die Treppen herunter gingen und durch den großen Saal, wo gestern noch getanzt und gefeiert wurde, bis zu einem Torbogen, wo es in den Garten ging.

Der ganze Saal, alle diese großen Fenster waren abgedunkelt und es wurde gerade mal so viel Licht zugelassen, dass man noch die Hand vor Augen sehen konnte, doch Nathanael und fast alle anderen, die hier herum strichen, bewegten sich sicher durch die Dämmerung.

"Geht schon" murmelte er gegen dessen Brust.

Adam konnte sich wahrlich schlimmeres vorstellen, als das. Doch troztdem wurde er etwas rot um die Nase, dass Nathanael es bemerkt hatte. Viel zu schnell hatten sie den Torbogen erreicht und Adam drehte sich sehnsüchtig blickend zu seinem Herrn um.

"Wehe du bist weg, wenn ich wiederkomme!"

In seiner Stimme schwang leichter Ärger mit, doch irgendwie war er nur eifersüchtig darüber, dass irgendjemand in der Zwischenzeit kommen könnte und ihm Nathanael wegnehmen würde. Sanft schob er den Jungen von sich in Richtung der Tür.

"Ich bleibe hier im Saal" sagte er nur.

"Schau du dich in Ruhe dort um und verlauf dich nicht" damit stubste er ihn noch ein Stück und ging schließlich zu einem der Sofas, die hier netterweise bereit standen und machte es sich darauf bequem, achtete nicht mehr auf Adam, in der Annahme, dass dieser dann wohl leichter gehen konnte.

Er befürchtete, Adam würde anhänglicher werden, als der Vampir es zu Anfang gedacht hatte. Er würde es nicht ertragen, wenn Adam nicht einmal mehr alleine irgendwo hin gehen konnte oder Nathanael nie mehr alleine war. Nein, das würde er wirklich nicht ausstehen können.

Adam sah seinem Meister noch einen kleinen Moment hinterher, ehe er durch den dunklen Vorhang in das helle Sonnenlicht trat. Genießend schloss er die Augen und ging die letzten Stufen zum Rasen hinab. Es roch so herrlich nach Herbst und die Sonne kitzelte seine Nase. Irgendwie hatte sich Adam schon lange nicht mehr so frei gefühlt, wie im Moment. Er ging etwas in Richtung eines großen Springbrunnens. Er war dankbar, dass er etwas Zeit für sich hatte, doch noch viel mehr genoss er die Zweisamkeit zwischen ihm und Nathanael, doch er wusste, dass das nicht immer so sein konnte und das war etwas, woran er sich ersteinmal gewöhnen musste.
 

Mit einem Seufzen legte sich Nathanael auf das Sofa und schloss einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, hätte er sich beinahe zu Tode erschreckt, wenn er das gekonnt hätte. Er blickte direkt in die Augen von Emily und diese sah ihn keineswegs freundlich, aber auch nicht wirklich böse an.

"Guten Tag, Emily" grüßte er also freundlich und richtete sich auf, nachdem Emily sich ebenfalls aufgerichtet hatte.

Sie setzte sich nun neben ihn und mit einem fragenden Blick sah er die hübsche Frau neben sich an.

"Was möchtest du von mir?" fragte er freundlich und drehte sich etwas mehr zu ihr.

Sie aber grinste nur ein Grinsen, dass er zuvor nie auf ihrem Gesicht gesehen hatte und das machte ihn nervös. Ihre Lippen hatten sich nicht zu dem üblichen, freundlichen Lächeln geformt, sondern zu einem verschmitzten Grinsen und ihre Augen leuchteten seltsam, beinahe als wolle sie über ihn herfallen. Er hob seine Augenbrauen und wartete auf eine Antwort seiner Frage, die er wohl nicht bekommen würde. Also seufzte er nur wieder und blickte weg.

"Was ist denn? Bitte schweig mich nicht an" flehte er also leise, so schwer es ihm fiel und konnte ihr nicht wieder in die Augen sehen.

Es machte ihn mittlerweile mehr als nervös, dass sie ihn so schweigend ansah und das Funkeln in ihren Augen zunahm. Irgendwas wollte sie wissen, oder bestätigt haben, aber Nathanael konnte nicht ahnen, worauf sie hinaus spielen wollte. Er hoffte, Adam würde bald zurück kommen und er könnte sich dann mit diesem auf die Heimreise begeben.

Das verschmitzte Grinsen auf ihrem Gesicht wurde noch etwas breiter, als sich Nathanael sich von ihr abwandte. Erst jetzt bemerkte sie, wie sanft ihr 'Sohn' geworden war und das machte sie durchaus neugierig. Selbst in den letzten drei Jahren des Zusammenlebens von Adam und ihm war er nicht so sanft gewesen und sie hatte ihn erst vor kurzem gesehen, da war er auch noch kühl und reserviert gewesen und jetzt brachte sogar ein Blick von ihr ihn schon aus der Fassung. Früher hatten sie Tage schweigend nebeneinander verbracht und jetzt hielt er es keine fünf Minuten aus.

"Nathanael" kam es sanft von ihr.

"Du verheimlichst mir etwas. Etwas das deine Mutter" Und dieses Wort betonte sie bewusst. "...interessiert. Adam ist nicht da und du hast eine 180 Gradwende durchzogen."

Sie nahm das Gesicht des Vampirs in ihre zarten Hände und führte es kurz vor ihre, sodass er ihr in die roten Augen sehen musste.

"Wo ist mein Sohn und was hast du mit ihm angestellt?"

Als er dann leise die amüsierten und zugleich fordernden Worte Emilys hörte, blickte er wieder zu ihr und versuchte Fassung zu bewahren. Er war sich nicht sicher, was er vor ihr verheimlichte, wo er doch selber das Gefühl hatte, etwas vor sich selber geheim zu halten.

"Ich... ich weiß nicht was du meinst" sagte er dann und einen Moment später, waren sie sich so schreckliche nahe, dass Nathanael nicht anders konnte, als in ihre Augen zu sehen. Nicht einmal mehr zwinkern traute er sich zu.

"Ich sitze direkt vor dir" war seine Antwort auf ihre scherzende Frage und er versuchte ein wenig Abstand zu gewinnen.

Dann seufzte er leicht und drückte sich sanft von ihr weg, um einen Moment später wieder zur Seite und anschließend zurück zu ihr zu blicken.

"Momentan habe ich das Gefühl mich selbst zu verlieren" gestand er dann offen seine Sorge, die sich in seinem Kopf eingenistet hatte.

Seit er und Adam sich die Gefühle gestanden und zusammen waren, plagte ihn diese Sorge, nicht mehr er selbst zu sein. Sie beließ es bei dem Abstand, denn wenn Nathanael etwa wieder ihre Nähe brauchte, würde er schon von sich aus kommen. Am Anfang, kurz nach seiner Verwandlung war er wie ein kleiner Junge gewesen und kaum von ihrer Seite gewichen. Doch das hatte sich schnell wieder geändert.

"Du hast Angst davor, Adam zu beißen nicht wahr?" Die Frage kam fast schon automatisch von ihren Lippen.

Wie sehr hatte sie dieses Gespräch gefürchtet, seitdem Adam in ihr beider Leben getreten war. Vor drei Jahren, als er plötzlich mit dem blutverschmierten Kind in seinen Armen vor ihrer Tür gestanden hatte, kurz vor Sonnenaufgang. Die Tage nach dem Massaker von Roselin, in der sie um das Leben des verletzten Jungen gebangt hatte, sich ständig mit den Vorwürfen quälend, schuld an diesem Vorfall zu sein.

"Du bist stark Nathanael. Im Moment erinnerst du mich zwar an den jungen Mann, der du warst, als ich dich verwandelte, doch du bist noch immer du selbst. Du wirst nichts tun, was Adam missfallen könnte."

Erneut sah er sie an, als würde sie Dinge aussprechen, die er selber nicht einmal gedacht hatte. Dieses Gefühl konnte durchaus die Angst davor sein, Adam etwas an zu tun, aber so weit hatte er bisher gar nicht gedacht. Er blickte auf den Schoss von Emily, als er über ihre Worte nachdachte und blickte dann wieder in ihr Gesicht.

"Ich glaube es war ein Fehler" gestand er dann offener als zuvor.

"Ich hätte ihn nicht am Leben lassen dürfen. Sollte er einmal auf die Idee kommen weg zu laufen oder mich zu verlassen, er würde sterben. Egal wie man es dreht oder wendet, es ist nur eine Frage der Zeit" meinte er dann und die Trauer trat offen wie sein Geständnis in seine Augen.

Nur einen Moment später lehnte seine Stirn an Emilys Schulter.

"Wahrscheinlich bin ich wirklich der junge Mann, der ich war und noch wahrscheinlicher werde ich dieser wohl auch immer bleiben" murmelte er dann ein wenig amüsiert, ehe er sich dann ganz an die Frau kuschelte.

Was für andere wohl intim aussehen konnte, war für diejenigen, die über ihr Verhältnis bescheid wussten, mehr wie ein familiäres Beisammensein, dennoch fühlte er sich an ihrer Seite wohler, als er sich eingestehen wollte. Aber trotz ihrer Kälte schien sie eine Wärme auszustrahlen, die es ihm einfach angenehm machte, sich an sie zu schmiegen.

"Ich will nicht mehr ohne Adam leben" flüsterte er leise, mehr zu sich als zu Emily und doch tat es gut, es ausgesprochen zu haben.

Emily hätte ihm für diese Worte am liebsten eine schallende Ohrfeige verpasst. Aber sie wusste, dass das nichts brachte, er würde sich nur wieder vor ihr verschließen und das wollte sie nicht.

"Es war kein Fehler, dass du Adam am Leben ließt Nathanael und das Schicksal kann niemand beeinflussen, nichteinmal du. Es war euch vorherbestimmt, dass sich eure Wege kreuzen."

Als er sich so unvermittelt an sie lehnte, strich sie ihm sanft über das schwarze Haar, in ihrem Blick lag Mitgefühl und Liebe, wie sie vermutlich nur von einer Mutter für ihre Kinder empfunden werden konnte.

"Und das es so ist, ist auch gut so. Du bist gut so, wie du bist Nathanael."

Ihre Arme umfingen ihn sanft, gaben all die Liebe für ihn weiter. Erneut hob sie mit einer Hand das hübsche Gesicht an und sah ihm in die Augen.

"Er wird dich nie verlassen Nathanael."

Und sie war sich ihrer Worte sicher. Egal, wie das Schicksal für die Beiden entscheiden mochte, ihren Weg würden sie gemeinsam bestreiten. Liebevoll bettete sie seinen Kopf wieder an ihre Schulter und streichelte weiter durch das lange schwarze Haar. Leicht seufzte Nathanael wieder. Erneut fühlte er sich wie ein kleines Kind, obgleich er schon mehr als erwachsen war und ein Mann noch dazu, aber manchmal, das gestand er sich sogar selber ein, brauchte man einfach ein wenig Zuwendung. Und Emily war eine Frau, die genug Liebe für jeden übrig hatte, der diese brauchte.

Genußvoll schloss er die Augen und kuschelte sich an Emilys Halsbeuge, als diese ihn sanft durch das Haar streichelte. Er entspannte sich sichtlich und verlor auch seine Sorgen für einen Moment. Wenn Emily ihm versprach, Adam würde ihn nie verlassen, dann glaubte er ihr. Auch wenn sie keine sichere Zukunft versprechen konnte, so waren bisher doch viele ihrer Worte wahr geworden und es gab selten einen Grund an ihr zu zweifeln.

"Hab dank" flüsterte er leise, beinahe wie im Schlaf.

Emily lächelte liebevoll. Nathanael war der Sohn, den sie sich immer gewünscht hatte. Es waren Jahrhunderte vergangen, ja beinahe zwei Jahrtausende, in denen sie auf der Suche nach jemanden gewesen war, der ihr Herz erneut mit Liebe füllen konnte. Sie hatte in jeder Epoche viele neue Liebschaften gehabt, doch das Glück eines eigenen Kindes war ihr lange verwährt, einem Kind aus Fleisch und Blut blieb ihr sogar auf ewig verwährt. Doch Nathanael war jemand gewesen, die sie hatte formen können. Der schüchterne junge Mann, die sie eines Nachts auf der Straße getroffen hatte und der so voller Verzweiflung gewesen war. Allein sein Anblick hatte ihr das Herz erwärmt und nie hatte er sie für etwas verantwortlich gemacht, dass ihm dann im weiteren Verlauf seines Lebens zugestoßen war.

"Immer wieder gern" flüsterte sie zurück.

Langsam löste sich Nathanael aus der angenehmen Haltung, um sich wieder gerade hin zu setzen und auf den dunklen Boden zu sehen, ehe er seinen Blick erneut erhob und Emily ansah. Er wusste nicht so recht, wieso er sich bei ihr so gut fühlte. Ob es daran lag, dass sie mit einer verbunden waren auf eine besondere Weise oder ob es einfach mit ihrer Fürsorge zu tun hatte, Nathanael konnte es nicht beantworten. Doch ohne ihre Nähe, die er gerade gebrochen hatte, kamen sofort die Sorgen und Gedanken an Adam zurück und er blickte zu den Türen, wo Adam verschwunden war. Er wollte gerne glauben, dass sie einen gemeinsamen Weg vor sich hatten, doch ein Mensch und ein Vampir, im Grunde war es tatsächlich wie der Wolf und ein Schaf. Eine Verbindung, die im Grunde merkwürdig, eigentlich unnatürlich und unmöglich war. Doch wollte Nathanael das Lämmchen ungerne in den Wolf verwandeln, der jede Nacht kopflos nach dem Blut anderer Schafe schmachtete. Sicher, irgendwann, wenn er sich nicht von Adam trennen wollte, müsste er ihn in die Dunkelheit ziehen, aber er wollte diesen Moment am liebsten gar nicht erleben.

Als sich Nathanael wieder aufsetzte, löste sie ihre Hand aus seinem Haar, entließ ihn wieder in die Freiheit. Die Zweifel, die ihn quälten, spürte sie nur allzudeutlich. Mit der Zeit war ihr Körper einfach viel zu empfänglich für jedes noch so kleine Gefühl geworden, dass sie umgab. Sein sehnsüchtiger Blick sprach Bände und irgendwie konnte sie in dieser Beziehung auch Roselin verstehen, die so sehr von Eifersucht geplagt war. Ein Menschenkind hatte ihr das entrissen, was ihr so wichtig gewesen war, doch diese Verbindung zwischen ihr und Nathanal hätte nie geschlossen werden dürfen. Sie seufzte schwer. Noch länger konnte sie ihm wohl nicht verschweigen, dass die blonde Vampirdame entkommen war.

"Nathanael, ich wurde heute morgen von Nion aufgesucht. Du und Adam, ihr habt noch geschlafen. Roselin ist ihm entkommen." Ihr Blick richtete sich auf die dunklen Vorhänge.

"Ehe du dir jetzt gleich Sorgen um den Jungen machst, sie ist verschwunden, wie es scheint, hat sie die Stadt, die Umgebung bereits verlassen und es wird auf höchster Ebene nach ihr gesucht."

Sich keine Sorgen machen? Alleine schon der Name Roselins ließ Sorgen in ihm aufkeimen und es beruhigte ihn keineswegs, dass sie verschwunden war und scheinbar nicht mehr in der Stadt. Weder gab es dafür Beweise, noch änderte das irgendwas daran, dass dieses blutheiße Mädel auf freiem Fuß war. Auf höchster Ebene gesucht musste auch nichts heißen, er war sich sicher, dass Roselin in ihrem Wahn einige Familien zerreißen und unschuldige Menschen töten würde und das bereitete ihm sogar mehr Sorge, als die Gefahr um Adam. Denn dieser war bei ihm und Nathanael würde keine Nacht, keinen Tag ruhig bleiben, solange Roselin wieder von Unvernunft besessen war. Es gab auch Zeiten, wo sie eine ganz normale Frau war, eine Vampirdame mit sehr viel Anstand und einfach zu handhaben, aber leider war es anders gekommen. Er wusste so oder so nicht, was Nion sich dabei gedacht hatte. Er blickte zu Emily und stand auf.

"Was meinst du, wie lange dauert es dieses Mal auf 'höchster Ebene' bis sie endlich gefunden wird?" Denn Roselin war nicht das erste Mal verschwunden.

Nathanael seufzte ein wenig und ging zu den Türen die zum Garten führten, um einen Blick nach draußen zu riskieren. Emily seufzte.

"Ich kann es dir nicht sagen. Vielleicht zwei, drei Tage. Aber jetzt, in ihrem Wahn und ihrer Eifersucht, wer weiß, zu was sie darin fähig ist. Nion hat sich selbst auf die Suche nach ihr begeben." Ihr Blick wurde traurig und wehmütig.

"Ich hätte sie nie verwandeln sollen. Das war ein sehr großer Fehler. Ihr Kummer und ihre Sorge waren damals schon so groß, aber ich wünschte mir nichts sehnlicher, als das du eine Gefährtin hast, jemanden mit dem du die Zeit verbringen kannst." Erneut das tiefe Seufzen und der flehende Blick aus den zarten Kinderaugen.

"Ich hätte dich fragen sollen, ehe ich diese Entscheidung getroffen habe. Aber wer konnte schon ahnen, wie es einmal mit ihr verlaufen würde."

Nathanael drehte sich zu Emily und schenkte ihr ein Lächeln.

"Es war kein Fehler, Emily. Es war einfach Pech. Wenn Roselin ihre ersehnte Liebe bei mir gefunden hätte, wäre sie sicher eine wunderbare Frau" meinte er zu und ging zurück zu Emily, setzte sich wieder zu ihr.

Adam war noch immer nicht zu sehen, doch der Garten war auch groß genug um schon einen ganzen Tag darin zu verbringen.

"Aber du hättest mich wirklich fragen können" bestätigte er dann ihren Vorwurf mit einem sanften Lachen und sah sie danach an, als wäre sie es, die seine Nähe braucht und nicht umgekehrt.

Er wusste nicht, ob Emily mit allen ihren 'Kindern' so offen und ehrlich umging, aber er fühlte sich als etwas Besonderes. Mochte es eingebildet und überheblich sein, was er dachte und wie er fühlte ging schließlich niemanden etwas an und er sprach nicht darüber, also war es nicht verwerflich.

"Du solltest dir keine Schuld an Roselin geben. Sie war gewiss immer schon nicht ganz richtig im Kopf und ob du sie nun verwandelt hättest oder nicht, wer weiß ob sie nicht auch ohne diesen Einfluss verrückt geworden wäre."

Besser konnte man Roselin einfach nicht beschreiben und er hoffte dadurch ein wenig Last von Emilys Schultern nehmen zu können. Dieser junge Vampir schaffte es doch immer wieder, etwas Liebe in ihr Leben zu hauchen. Seine sanften Wörter, die er zu ihr sprach. Ob es vielleicht auch anders hätte verlaufen sollen.

"Hach" seufzte sie.

"Wie schwer doch ständig unsere Gedanken sind nicht wahr? Dabei gibt es so viele schöne Dinge in unserem Leben." Themenwechsel grinste Emily innerlich.

"Adam zum Beispiel. Dafür müssen wir beide einfach dankbar sein. Ohne ihn wärst du noch völlig verbittert geendet." Sie grinste wieder schelmisch.

"Und das du so viel Leidenschaft in dir trägst, hätte ich auch nicht gedacht."

Ein wenig grummelte Nathanael, als sie auf Adam ansprach und dann auch noch auf seine Leidenschaft. Ein wenig unwohl war ihm das Thema schon, wenn er mit Emily darüber sprach, immer hin, nun ja, es war halt doch ein Mutter Sohn Verhältnis, da konnte man sagen was man wollte.

"Warum sollte ich denn nicht. Mann bleibt eben Mann und Vampire sind doch Meister der Verführung, da sollte in jedem ein wenig Leidenschaft brodeln" versuchte er eine Ausrede dafür zu finden, woher der Wechsel seiner Launen stammte.

Dann aber schmunzelte er ein wenig. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Emily die ganzen hübschen Männer und Frauen hier im Haus wirklich nur als Bedienstete hatte, sondern den ein oder anderen gewiss auch, um ihr Bett zu wärmen.

"Adam" seufzte er leise, aber durchaus zufrieden.

Sicher war es das, was man die Liebe des Lebens nannte, denn ein Vampir verliebte sich nicht einfach so. Sie legte die Finger auf ihre Lippen und unterdrückte ein Lachen, was ihr nicht ganz gelang.

"Natürlich du hast ihn verführt."

Sie räusperte sich, um ein glucksen zu unterdrücken. Das was Nion ihr berichtet hatte, ließ das ganze aber wieder unglaublich schwer werden.

"Er ist in der Dusche über dich hergefallen" prustete sie los.

"Und du ... du lässt ihn einfach abblitzen, weil du nicht weißt, wie du damit umgehen sollst."

Manchmal war sie einfach tierisch kindisch, aber was erwartete man auch von ihr, wenn sie mit gerade mal 15 Jahren verwandelt wurde. Ihr Körper war noch immer der eines Kindes. Sie sah ihn mit gespielt ernstem Blick an.

"Du bist so ein unglaublicher Sadist!"

Empört sah er sie an, als sie anfing ihn auzulachen. Sogar der Mund stand ihm ein wenig offen, das war doch die Höhe! Sie lachte ihn einfach aus, frech und mit einem unschuldigen Gesicht. Doch als sie den Grund für ihre amüsierte Stimmung preisgab, sammelte sich all das vorhandene Blut scheinbar in Nathanaels Wangen, die heiß wurden und gewiss rot anliefen. Nion konnte auch wahrlich nichts für dich behalten!

"Ich bin kein Sadist" versuchte er sich halbherzig zu verteidigen.

"Was hättest du denn gemacht, wenn dir so etwas unerwartet widerfährt" beschwerte er sich schließlich und kniff sie leicht in die Seite.

"Hör schon auf zu lachen!" jammerte er dann und wenn er es sich erlaubt hätte, würde er sogar anfangen zu heulen vor Scham.

Dann war es halt so, dass er die Situation nicht einschätzen konnte und das Adam ihn einfach eine Spur zu schnell gehandelt hatte, dass seine eigene Leidenschaft ihn überraschte. Na und? Das war kein Grund ihn auszulachen und auch noch als Sadisten zu beschimpfen. Beleidigt drehte er seinen Kopf ab und ignorierte Emily. Da sollte noch einmal jemand sagen, sie war eine weise, erwachsene Frau, von wegen! Nathanaels Gesichtsausdruck ließ Emily nocheinmal prusten, ehe sie versuchte, sich zu beruhigen. Und die leichte, dezente, kaum vorhandene Rötung auf seinen Wangen war einfach zu niedlich und glich einem wahren Schuldgeständnis, dass sie doch etwas empört ausatmete. Warum musste Nion immer recht haben bei sowas. Sonst hielt er sich doch auch sehr zurück und dann erzählte er ihr auch noch die Wahrheit. Was sie gemacht hätte? Warum stellte ihr eine solch unnötige Frage. Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen.

"Unerwartet? Ich denke Adams Gefühle waren doch schon länger klar für dich oder?" Als er sie leicht in die Seite kniff, schlug sie ihm auf die Hand, wie bei einem unartigen Kind.

"Na, wir wollen hier mal nicht frech werden junger Mann. Ich hab ja eh schon aufgehört."

Als sich Nathanael dann auch noch beleidigt von ihr wegdrehte, sah sie ihm schmollend nach, ehe sie wieder zu ihm kroch und die Arme um seine Taillie legte. Mit Unschuldsmiene sah sie Nathanael an.

"Es tut mir Leid Liebling, ich wollte dich nicht beleidigen."

Er schnaufte leise und drückte gegen ihre Stirn.

"Du Kind!" schimpfte er sie also, als Zeichen dass er ihren Blick und die Entschuldigung nicht als genügend ansah.

Und das war es wirklich nicht. Immerhin nun ja, das Geschehen war sehr intim gewesen und dass Emily es auch noch so amüsant fand, verletzt ihn wirklich tiefer, als wenn sie ihn einfach ausschimpfte oder beleidigte. Dann aber gab er sich geschlagen und drehte sich zu ihr.

"Verzeih" meinte er leise und sah sie mit einem zarten Lächeln an.

"Wir beide werden wohl nie damit aufhören" gestand er dann.

Wenn er Emily so betrachtete, in ihrem kindlichen und doch so attraktiven und irgendwie erwachsen wirkenden Körper, mit den Augen, die von so viel Weisheit zeugten und doch naiv schauten. Nathanael wusste gar nicht mehr, wie er sich damals zu ihr hingezogen fühlen konnte und er wusste auch nicht so recht, was er selbst dieser Tage noch so attraktiv an ihr fand. Aber sie war ein hübsches Mädchen und sei es einfach die Ausstrahlung. Doch nach diesem kurzen Streitgespräch überlegte er ernsthaft, ob Emily je in ihrem Leben Sex hatte oder welchen haben wollte. Immerhin, im Grunde war ihr Körper so unschuldig, auch wenn es zu ihren Lebzeiten sicher normal gewesen war in diesem Alter ein Kind zu bekommen. Er wusste es nicht und es fing an, ihn brennend zu interessieren. Aber er traute sich nicht noch einmal zu fragen, wo sie ihm doch schon eben keine Antwort gegeben hatte. Er blickte wieder zur Seite.

"Ich wusste schon länger ob Adams Gefühle" meinte er.

"Aber mit war nicht bewusst, wie intensiv sie wirklich waren!" gestand er dann und sah sie eindringlich an.

"Zudem kam es mir merkwürdig vor, ich meine, wir sind beide Kerle?" äußerte er erneut seine Sorgen.

Sie grinste wieder.

"Ja, ich bin ein Kind" gestand sie.

"Seit knapp 2000 Jahren gefangen im gleichen Körper." Sie strich ihm sanft über die Hand, als er sich bei ihr entschuldigte.

"Es sei dir verziehen. Aber du weißt, manchmal bricht einfach die kindliche Ader bei mir durch."

Sie sah die Fragen förmlich über sein Gesicht blitzen. Ja, damals im Paris des 18ten Jahrhunderts. Die Stadt der Liebe und sie hatte daran schon immer gefallen gefunden. Diese Nacht, als sie Nathanael gefunden hatte, war wirklich schicksalhaft gewesen. Verregnet, trüb und geboren zur Depression. Ihn schließlich im Vergügungsviertel der Stadt zu finden, war klar gewesen, denn bereits tagelang hatte sie seine Spur verfolgt und sich ihm dort zum ersten Mal zu erkennen gegeben. Doch die Zuneigung war dann anderer Natur gewesen, als der fleischlichen. Nathanael sehnte sich nach einer Frau, einer Mutterfigur und so hatte sie sich zuerst zurückgezogen, da es ihr etwas merkwürdig vorkam. Doch irgendwann hatte sie sich einen Ruck gegeben und ihn doch verwandelt. Dieses verletzte Gesicht würde sie nie mehr vergessen. Sie lauschte wieder auf, als Nathanael wieder sprach. Es kam ihm merkwürdig vor?

"Nun ja" gestand sich Emily ein.

"Ich hätte auch nicht gedacht, dass du dich zu Männern hingezogen fühlen würdest. Zumindest nicht zu Anfangs, aber als du mich und Roselin abgelehnt hattest, dieser Verdacht bestand schon lange in mir. Und als du Adam zu mir gebracht hast, war es eigentlich klar. Aber das es doch noch drei Jahre dauern würde, hätte ich nicht gedacht."

Schmollend sah er zu ihr. Erst versank sie scheinbar in Erinnerungen, dann sagte sie auch noch, dass sie schon lange über seine Neigung Bescheid wusste? Warum hatte sie dann nichts gesagt. Doch nun war nicht die Zeit für Streitigkeiten und so nickte er nur.

"Du hast sicher recht" lächelte er also und blickte erneut zur Tür, auf der Suche nach Adam, der sich noch immer nicht zurück begeben hatte.

Dann sah er wieder zu Emily. Es brannte auf seiner Zunge, sie zu fragen und doch wusste er, dass er entweder keine Antwort oder erneut eine Ignoranz von ihr erhalten würde. Also wandte er den Blick wieder ab und konnte gerade noch sehen, wie die Diener alle nach einander mit Essen die Treppen hochsausten.

"Schon wieder so ein Festmahl?" fragte er amüsiert.

Emily war wirklich fürsorglich. Aber er war sich nicht sicher, wer das denn alles essen sollte. Zwar waren einige Bedienstete hier, aber bei weitem nicht genug, für diese großzügigen Essensvorräte. Sie sah den fragenden Ausdruck auf seinem Gesicht.

"Was quält dich so sehr Nathanael? Ich bemerke doch, dass dir eine Frage auf der Zunge brennt."

Sie bemerkte sein amüsiertes Gesicht.

"Nun ja, die menschlichen Gäste brauchen wohl auch etwas zu Essen nicht wahr?"

Es war wohl doch eines der Geheimnisse, dass sich auf ihren Festen auch genügend Menschenkinder herumtreiben. Doch wie es schien, war es gut versteckt dieses Geheimnis.

"Sie werden in weniger als einer Stunde aufbrechen. Und du solltest mit Adam auch langsam zurückfahren. Er sehnt sich nach der wohligen Wärme der Blockhütte. Nach seinem zu Hause." Sie tätschelte ihrem Sohn die Wange.

"Gewiss" war seine Antwort und er sah dann zu ihr, mit einem Ausdruck, der sehr wohl verriet, wie sehr er sich selber nach seiner Heimat sehnte und zugleich ein Teil auch hier bleiben wollte.

Deswegen kam er ungern hier. Es fiel ihm immer wieder schwer sich von hier zu lösen, wo er sich so geborgen und wohl fühlte, nur um dann wieder in seiner Hütte zu verschwinden und im Stall die Tage zu verbringen. Doch dieses Mal würde es ihm leichter fallen, zusammen mit Adam, der ihm Nähe und Wärme schenken würde, zumindest wenn dieser daheim war.

"Die Frage ist nicht von Belang" beruhigte er Emily aber noch einmal, ehe er aufstand und erneut zu dem Torbogen ging, der nach draußen führte.

Er fragte sich, ob er nach Adam schicken lassen sollte, oder ob dieser seine Sehnsucht bemerken und von selber zurückkehren würde.

"Nicht von Belang ja?" bemerkte sie sarkastisch.

"Warum verraten mir deine Augen dann das Gegenteil Nathanael?" Sie blieb auf dem Sofa sitzen, während ihr Sohn sich erhob und zum Ausgang ging.
 

Adam hatte sich total wohl im Garten gefühlt, doch weiter als bis zu diesem Brunnen war er nicht gekommen. Verträumt hatte er mit der Hand im Wasser gespielt, in welchem sogar ein paar Fische schwammen, kleine Versionen von Koikarpfen, wie es ihm vorkam, doch wenn er sich das Haus aus dieser Entfernung ansah, musste er sich eingestehen, dass Emily wohl genügend Geld besaß, um sich solche Fische leisten zu können.

Nocheinmal ließ er die letzten beiden Tage Revué passieren lassen und gestand sich ein, dass wohl mehr geschehen war, als er sich erträumt hätte. Das Zusammentreffen mit Roselin setzte ihm doch mehr zu, als er gedacht hätte. Schon vor Monaten hatte er mit der Tatsache abgeschlossen, nie zu erfahren, was mit seiner Familie passiert war, da Nathanael es so gut vor ihm versteckte und ihn davon fern hielt und die unerträgliche Wahrheit dann ins Gesicht geschleudert zu bekommen war wirklich unschön.

Und dann dieses Fest am gestrigen Abend und das Zusammentreffen mit Emily. Und dann die Nacht mit Nathanael, ihn an seiner Seite zu wissen, war unglaublich. Dann hatten sich auch noch ihre Körper vereint, sich endlich dem Verlangen hingegeben, dass sie beide schon so lange erfüllt zu haben schien.

Adam seufzte wohlig bei diesem Gedanken. Doch in seinem Herz zog es die ganze Zeit über, in der er von Nathanael getrennt war. Bereits als er nach draußen gegangen war. Es war, als ob der schwarzhaarige Vampir nach ihm zu schreien schien, denn seine Stimme war es, die er ständig in seinem Kopf hörte, die immer wieder flüsternd seinen Namen wiederholte.

Als er es nicht mehr aushielt, stand er einfach auf und ging zurück. Es war noch nicht viel Zeit vergangen, zumindest kam es ihm so vor und bereits als er auf die Treppe zuging, konnte er eine leichte Bewegung hinter dem Vorhang wahrnehmen. Schneller als er es je für möglich gehalten hatte, stürmte er die Treppen nach oben, schob den Vorhang zur Seite und trat nach drinnen.

Der kontrastreiche Wechsel von hellem Sonnenschein zu fast vollkommener Finsternis, ließ ihn kurz erblinden. Ehe er sich wieder an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatte.

"Nathanael?" fragte er leise in die Dunkelheit.
 

Nathanael blickte zu Emily, die ihm berechtiger Weise keinen Glauben schenkte, ehe er schnelle Schritte auf sich zukommen hörte und zur Sicherheit ein paar Schritte beiseite ging. Kaum einen Moment später stürmte Adam herein. Ein leichtes Schmunzeln schlich sich auf Nathanaels Lippen.

"Ich bin hier" meinte er nur und zog Adam an der Hand sanft zu sich.

Sicher war es schwer etwas in der Dunkelheit zu sehen, wenn man gerade von draußen herein trat und so schmiegte er den anderen sanft an sich und drückte seine Lippen auf Adams. Er seufzte dann ein wenig und zog den noch leicht erblindeten Jungen mit sich zu Emily.

"Vielleicht frage ich dich ein anderes Mal" sagte er zu ihr und führte Adam dann zielstrebig zu ihrem Zimmer, wo er dann auch fix die Sachen einpackte.

Die wenigen, die sie überhaupt mitgenommen hatte und nahm den Schlüssel zu seinem alten Auto, dass er hier schon immer stehen hatte. Er sah zu Adam und lächelte ein wenig.

"Gehts schon besser?" fragte er, als der andere nicht mehr ganz so desorientiert schien.

Es würde sich kaum vermeiden lassen, noch bis zum Einbruch der Dunkelheit zu warten, aber er wollte schon einmal in Aufbruchstimmung kommen, damit es später einfach war, loszufahren. Adam seufzte seelig, als sich ihre Lippen berührten. Zu sehr fühlte er sich zu Nathanael hingezogen, als dass er es einfach ingorieren konnte. Er konnte sich nur schwerlich an die Lichtverhältnisse gewöhnen, doch er kannte er zumindest die schmale Shilouette von Emily, ehe er von seinem Meister in ihr Zimmer gezogen wurde. Dieser packte alles ein, während Adam sich auf das Bett sinken ließ und den Blick auf den schwarzhaarigen Vampir richtete.

"Der Garten ist wirklich wunderschön. Die Fische im Springbrunnen sind so winzig und klein. Und es blühen so viele verschiedenen Blumen dort unten. Hast ... hast du ihn je bei Tageslicht gesehen?"

Adam konnte sich einfach nicht vorstellen, wie es sein musste, nie mehr die Sonne sehen zu können. Die Sachen waren soweit verstaut und Nathanael sah zu Adam. Er setzte sich zu diesem und strich sanft über dessen Bein.

"Nein, leider sah ich den Garten noch nie bei Tageslicht. Dieses Gut kaufte Emily erst später. Zwar bin ich hier mehr oder weniger die meiste Zeit gewesen, aber nicht von Anfang an."

Er lächelte leicht und küsste den anderen liebevoll auf die Wange und tupfte seine Lippen dann langsam zu dessen Hals, wo er einen Moment verweilte und den anderen dann wieder ansah.

"Aber der Garten ist auch bei Nacht atemberaubend. Jede Tageszeit hat seine Vorteile. Viele Glühwürmchen haben sich hier eingenistet und die Sterne hier leuchten sehr hell" sagte er leise, als wollte er, dass es niemand hörte, küsste dann erneut den Hals des anderen. Er konnte nicht anders, als sich davon angezogen zu fühlen.

"Mhh" murrte er genüßlich und verharrte erneut einen Augenblick.

Du machst mich zu einer Schmusekatze, dachte er für sich und löste sich dann grinsend von Adam.

"Bei Einbruch der Nacht fahren wir wieder zurück nach Hause" sagte er ihm.
 

Emily betrachtete Nathanael noch weiter, als schließlich Adam durch den Vorhang trat und sie von der Sonne geblendet, etwas die Augen schloss. Es war ja nicht so, dass sie es nicht dort draußen aushalten würde, aber wenn man sich einmal an die vollkommene Schönheit der Nacht gewohnt hatte, war es äußerst schwierig, sich wieder an den Tag zu gewöhnen. Die liebevolle Art, wie Nathanael Adam schließlich in seine Arme zog und küsste, erfreute ihr stillstehendes Herz mit Freude. Sie war zwar eine der vier Herren über die Vampire, das jüngste Mitglied in dieser Regentschaft, aber auch ihr Wort zählte. Doch die Überzeugungen der drei Männer, Leopold, Octavianus und Jien-Wu, waren alt und sehr eingerostet.

Wenn es auf eine offene Dissuksion rauslaufen würde, zwischen ihnen, war Emily durchaus bewusst, dass sie hart zu arbeiten hatte. Doch allein schon für das Wohlergehen ihrer Rasse und einer neuen Ära würde sie kämpfen.

Mit einem leichten Seufzen erhob sie sich schließlich von dem Sofa, wobei nur leise der Stoff ihres Kleides raschelte. Leise und beinahe ungesehen bewegte sie sich durch die Gänge in ihr Arbeitszimmer.
 

Nathanael hatte wohlmöglich Recht damit, dass jede Zeit seine Vorteile hatte. Aber es brachte auch Nachteile mit sich. Er fürchtete sich meist vor der Nacht. Vor allem am Anfang nach dem Umzug in die Blockhütte war es schlimm für ihn gewesen. Doch irgendwie kam ihm auch die Villa bekannt vor.

"Kann es sein..." Er schüttelte den Kopf.

"Nein, ich war noch nie hier, das ist völlig absurd."

Als Nathanael die Heimfahrt erwähnte, sah er leicht müde zu ihm.

"Geht es auch so schnell, wie die Herfahrt?"

Adam sehnte sich wirklich nach dem heimligen Feuer im Kamin und Nathanael, wie er wie jeden Abend in seinem Sessel saß und die Post las. Die feuchten Lippen auf seinem Hals ließen ihm Schauer über den Rücken laufen, machten ihn ganz wuschig. Liebevoll drückte er den Vampir von sich.

"Nicht jetzt, sonst kann ich nie mehr laufen."

Als Nathanael so von Adam geschoben wurde, konnte er nicht anders, als Adam einen Moment verwundert, dann mit einem sanften Grinsen anzusehen.

"Weil ich dich küsse, kannst du nie mehr laufen?" ärgerte er ihn liebevoll und nickte dann aber.

"Die Heimfahrt geht vielleicht sogar schneller" verprach er ihm und küsste ihn wieder.

Er konnte nicht anders. Seine Lippen verzehrten sich nach der Wärme und Adam roch und schmeckte so gut, dass er sich nie mehr von ihm lösen wollte. Doch er schaffte es sich selber ein wenig zur Ordnung zu rufen. Er sah Adam ernst an.

"Du warst schon mal hier, mit mir" sagte er dann und strich ihm sanft über die Wange.

"Nach dem Ereignis mit Roselin habe ich dich her gebracht. Ich wusste nicht, was ich sonst hätte tun sollen und Emily hat dir dann helfen können" sagte er.

Immerhin war Adam schon bewusst was geschehen war, dann brauchte Nathanael auch um das drumherum kein Geheimnis mehr zu machen. Adam schüttelte lachend den Kopf, als Nathanael ihn neckte. Irgendwie war er plötzlich so anders, als die letzten drei Jahre, so sanft und liebevoll. Und das er der Grund dafür war, machte Adam sehr sehr stolz. Auch ihm viel es äußerst schwer, sich von diesen sanften, wenn auch kühlen Lippen zu lösen, ihnen zu wiederstehen. Wie würde es erst zu Hause laufen, wenn sie wieder auf engstem Raum zusammengesperrt waren? Adam nickte, als der Andere es ihm erklärte, warum ihm das alles so bekannt vorkam. Erst Tage später setzte seine Erinnerung wieder damit ein, als er die Augen in der Blockhütte geöffnet hatte. Liebevoll legte er seine Hand auf Nathanaels Wange und sah ihm tief in die Augen.

"Ich verspreche dir, ich werde für immer bei dir sein!"

Nathanael lächelte erneut. Am liebsten hätte er Adam für diese Worte gestraft, aber viel zu gut tat es sie von seinen Lippen zu hören. Versprich nichts, was du nicht halten kannst, dachte er dennoch, küsste ihn aber liebevoll.

"Für immer ist aber eine sehr lange Zeit" flüsterte er gegen die Lippen Adams, ehe er sich von ihm löste und mit gemischten Gefühlen ansah. Er war froh darüber, Adam dieses Versprechen geben zu hören, zugleich beängstigte ihn das ein wenig. Was war, wenn sie beide es überstürzt hatten. Denn selbst nach drei Jahren Gedenkzeit überkamen Nathanael immer wieder Sorgen und Gedanken, die einfach nicht zusammen passten. Sie beide passten einfach nicht zusammen.

Aber Nathanael wusste genauso gut, dass er Adam nie ins Dunkel ziehen konnte, er war einfach nicht dafür gemacht, wo es ihm doch sogar schwer fiel überhaupt Blut zu saugen, wie sollte er da einen von ihm geliebten Menschen verwandeln und dann auch noch auf das Leben der Nacht vorbereiten.

"Ich liebe dich" kam es dennoch fast tonlos von seinen Lippen und er küsste Adam erneut.

Wenn sie sich wohl nerven würden und der Alltag ihre momentan unerschütterliche Zuneigung zerstören würde. Eigentlich sollte Nathanael Tagebuch führen.

"Ich weiß" hauchte er nach dem zärtlichen Kuss, lehnte seine Stirn gegen die des Vampirs.

Die unglaublich rasche Abfolge von Emotionen auf Nathanaels Gesicht verwirrte ihn nun doch. War es nicht das, was er sich am meisten wünschte? Das sie für immer zusammenblieben? Selbst wenn Nathanael ihn nicht verwandelte, mit was Adam eigentlich fest rechnete, so würde er doch bei ihm bleiben wollen. Schließlich liebte er ihn. Manche würden es vermutlich als irgendeinen shizophrenen Komplex bezeichnen, bei dem sich die Opfer in ihre Retter verliebten, aber Adam war sich äußerst sicher, dass dem nicht so war. Er liebte Nathanael aus tiefster Überzeugung heraus, aus der Tiefe seines Herzens.

Die tonlose Stimme versetzte Adam einen tiefen Stich im Herzen und dennoch erwiederte er den Kuss leidenschaftlich. Er würde dem Vampir schon zeigen, wie ernst ihm das war und wenn er sich deswegen in Enthaltsamkeit üben musste. Bei dem Kuss spürte der Vampir, wie sein Körper erneut reagierte und löste sich von dem Jüngeren.

"Möchtest du noch etwas essen oder trinken, bevor wir abfahren. Oder sonst irgendwas?" fragte er liebevoll und stand auf.

Er konnte nicht jederzeit seinen Gelüsten nachgeben und über Adam herfallen, wann immer es ihm passte. Er sollte sich besser im Griff haben, schimpfte er mit sich selbst, konnte aber nicht anders, als beim Anblick von Adam wieder sanft zu lächeln.

"Ich freue mich auf die Heimat" gestand er leise und setzte sich wieder zu ihm, um ihn sanft an der Hand zu nehmen.

Dann sah er ihn mit beinahe bittenden Augen an, die zugleich überzeugt als auch unsicher schauten.

"Ich würde gerne die Nacht bei dir verbringen" sagte er leise und hoffte, Adam wäre damit einverstanden, wenn er die meiste Zeit über bei ihm war.

Adams Wangen glühten erneut, als er die Frage vernahm.

"Nein, ich ... danke, ich möchte nichts, außer in deiner Nähe sein."

So von Nathanael getrennt zu sein, war schon schier unerträglich, obwohl es nur weniger als ein Meter war. Adam nickte.

"Ja, ich mich auch, sehr sogar."

Und schon saß der Vampir wieder neben ihm, sah ihm tief in die Augen, nahm seine Hand liebevoll in seine. Der Blick den Nathanael ihm schenkte, rührte etwas tief in Adams Herz.

"Alles was du willst" kam es leise von dessen Lippen.

"Naja, fast alles. Keinen Sex mehr heute ja?" Er schmiegte seinen Kopf an die Halsbeuge.

"Einfach nur kuscheln."

Als Adam diese Bitte äußerte konnte Nathanael gar nicht anders, als amüsiert aufzulachen. Obgleich ihm bewusst war, dass sich Adam nun sicher so fühlte, wie er zuvor mit Emily. Er strich ihm entschuldigend über den Kopf.

"Heute keinen Sex mehr, in Ordnung." Ein Grinsen konnte er sich nicht verkneifen.

Das war noch wesentlich süßer, als Adam eh schon war. Aber er war froh, dass der Junge so offen äußerte, was er wollte und was nicht, so konnte Nathanael seine Grenzen wesentlich besser kennen lernen. Sanft streichelte er über den Arm des anderen.

"Du musst aber nächste Woche wieder zur Schule" stellte er fest und wollte dabei gleich andeuten, dass Adam nicht denken sollte, er dürfte nun immer daheim bleiben, nur weil irgendwas geschah.

Schließlich würde Roselin sich tagsüber nicht herum treiben und die meisten anderen Vampire waren sanft und ruhig, besonders wo nun fast alle wissen musste, unter welchem Schutz Adam und Nathanael standen.

Adam war etwas pikiert über das Lachen des Vampirs. Doch erst jetzt wurde er sich bewusst, wie verführerisch seine Stimme klang. So wohltönend, tief, einfach beruhigend. Er schmiegte sich noch enger an den Körper des Anderen, als dieser die Schule wieder erwähnte. Verdammt aber auch, dass stand ja auch noch an.

"Ja, ich weiß doch" antwortete er ruhig.

"Kommst du zum Elternsprechtag? Meine Lehrer wissen zwar, das meine Eltern nicht mehr leben, aber es macht sie nervös, dass nie ein Vormund dort erscheint. Es ist auch erst Abends."

Auch ihn machte es nervös, immer danach gefragt zu werden, wann nun mal jemand dort auftauchen würde.

"Vor allem meine Mathelehrer will dich sehen!" gab er kleinlaut von sich.

Ach ja, der Elternabend. Der Vampir hatte bereits wieder vergessen, dass es ja auch noch anstand. Er seufzte geschlagen.

"Ist wohl besser."

Aber er fragte sich, als was er sich vorstellen sollte. Einfach nur als Erziehungsberechtigter? Aber vielleicht würde man ihn gar nicht fragen, wie sie verwandt waren.

"Dein Mathelehrer also?" Er schmunzelte ein wenig.

"Gibt es denn Dinge, die ich erfahren könnte, die du lieber selber sagen solltest?" fragte er mit einem Schmunzeln.

Er war sich eigentlich sicher, dass Adam in der Schule nicht sonderlich auffiel, aber vielleicht irrte er auch total und Adam war ein Flegel in der Schule und hatte schon wer weiß wie viele Mahnungen, von denen er nichts wusste. Adam versteifte sich bei den Worten.

"Er kann mich nicht leiden. Er weiß, dass ich es nicht verstehe und nimmt mich trotzdem dauernd dran. Ich kassier lauter vieren und fünfen. Aber was soll ich machen." Er zuckte hilflos mit den Schultern. Das es in Mathe mit seinen Noten nicht zum Besten stand, wusste Nathanael ja schon.

"Ansonsten eigentlich nichts. Aber meine Deutschlehrerin ist total die nette Person. Sie meinte, ich solle Germanistik studieren, da es mir sehr leicht fällt, mit Worten umzugehen. Und Romantik hat mir schon immer gefallen. Die leichte Düsternis."

"Hmh" gab Nathanael nur von sich.

Da war er doch mal gespannt, wie der Mathelehrer sich so anstellen würde.

"Soso, du bist also ein Romantiker?" Nathanael schmunzelte ein wenig.

Das war etwas, womit er sich selber auskannte, doch hatte er Adam noch nie so erlebt, als das er sich hätte ausmalen können, dass er sich mit der Romantik und dieser Epoche auskannte.

"Die Romantik ist nicht düster" sagte er leise und sein Ohr, welches er dann leicht anknabberte.

"Sie wird nur sehr gerne missverstanden, im Grunde ist alles mit sehr viel Liebe und Freude beschrieben" sagte er und schmunzelte ein wenig.

"Das man um die Menschen in den Geschichten trauert oder mit ihnen leidet ist ja nicht die Wirkungsabsicht" belehrte er den anderen.

Nathanael hatte schon mitbekommen, dass heutzutage scheinbar alle Dramen und Romanzen so dargestellt wurden, als wenn der Autor darauf abzielte, die Ausweglosigkeit und die Schwere seiner Zeit zu verarbeiten, obgleich doch so viel Liebe in jedem einzelnen Werk steckte.

"Aber lass uns nicht philosophieren. Soll ich dir mal meine hübsche Lady zeigen" schlug er vor.

Das er dabei über sein Auto sprach, verschwieg er absichtlich.

Lady? Gerade war Adam noch dazu aufgelegt gewesen wahrlich mit Nathanael über Philosophie zu diskutieren, doch das jetzt? Er versteifte sich wohl merklich in den Armen des Vampirs und löste sich etwas von ihm.

"Deine Lady? Gibt es bei dir vielleicht Dinge, von denen ich wissen sollte? Kinder, Frauen, Exfreunde?"

Er klang verbitterter, als er es eigentlich hatte klingen lassen wollen. Doch das war ihm jetzt auch schon egal. Erneut schmunzelte der Vampir ein wenig.

"Nein, nichts dergleichen. Lady ist ein hübscher Porsche. Ein Geschenk von Emily, nachdem ich von hier weg bin. Zwar etwas protzig und nicht ganz mein Stil, aber ein schnelles Auto. Lady daher, weil Nion es lustig fand, dick und fett Lady auf die Haube zu kratzen."

Nathanael hatte geahnt, dass Adam so reagieren konnte und auch wenn es ihn einerseits amüsierte, verletzte es ihn auf der anderen Seite. Was dachte Adam denn von ihm? Das er ein Harem führte, oder wie? Immerhin hatte er ihm die Liebe gestanden, hatte sogar mit ihm geschlafen, obgleich ihm sehr schwer fiel, nicht das heiße Blut aus dessen Adern zu saugen. Und nun vertraute er ihm nicht einmal in solch einer Hinsicht. Aber er hatte es ja provizieren müssen, also war er doch selber Schuld.

"Komm mit, ich zeig dir das Auto. Schließlich müssen wir damit heil zu Hause ankommen und ich bin weiß Gott wie lange nicht mehr gefahren." Er lachte ein wenig.

Selbst Gott wusste wohl nicht mehr, wann Nathanael das letzte Mal hinter einem Steuer gesessen hatte

"Er hat es zerkrazt!" entfuhr es Adams Lippen, als Nathanel ihm das erzählte.

Warum musste er auch immer das schlimmste denken, wenn er auf soetwas angesprochen wurde. Aber er mochte Autos. Zumindest wusste er, was ein Porsche war und einen solchen zu zerkratzen war ja wohl eine Todsünde.

"Hast du ihn wenigstens ordentlich dafür leiden lassen?" fragte er säuerlich.

"Herrgott, einen Porsche zerkrazt man nicht einfach so!"

Adam stand auf und folgte Nathanael. Ein Geschenk von seiner Mutter also. Sie musste ihn wirklich sehr lieben, wenn sie ihm schon solche Geschenke machte.

"Tut mir Leid, dass ich so reagiert habe."

Er schämte sich wirklich sehr dafür. Er war doch kein kleines Schulmädchen, dass ihrem liebsten eine Szene machte. Nathanael sah ihn an, als wäre Adam von allen guten Geistern verlassen.

"Es ist bloß ein Auto. Wir fanden es beide recht amüsant, wo ich doch keinerlei Liebschaften hatte, sollte das Auto eben der Ersatz dafür sein."

Nathanael lachte ein wenig in Erinnerung an den Abend, wo er die Kratzer gesehen hatte. Es war wirklich lustig gewesen, aber das Adam so wichtig war, dass ein Auto nicht zerkratzt würde, überraschte ihn ein wenig. Sanft streichelte er ihm über den Kopf.

"Ich wollte doch, dass du so reagierst. Was meinst du sonst, warum ich dir nicht gleich gesagt habe, dir mein Auto zu zeigen?" erklärte er, damit Adam sich keine Vorwürfe machte.

Manchmal war Nathanael selbst wohl noch ein Kind.

"Ja, ein verdammt teures Auto" bemerkte Adam.

Er hatte nicht so viel Geld, dass er sich vostellen konnte, dass man es einfach so für etwas ausgeben konnte, das einem Spaß machte. Und als der Andere ihm dann auch noch so liebevoll über den Kopf streichelte und erklärte, er hätte ihn nur provoziert, machte das ganze auch nicht besser.

"Aber ich meine, es könnte doch sein, dass du jemanden hattest, in einer anderen Zeit."

Wie sich das anhörte. In einer anderen Zeit, aber es stimmte. Nathanael war eigentlich uralt, steinalt, total der Grufti, wenn Adam so darüber nachdachte. Aber ein Grufti mit einem verdammt gut erhaltenen Körper. Amüsiert sah dieser Adam an.

"In einer anderen Zeit? Wie alt denkst du denn, bin ich?" er lachte ein wenig.

Gut, er war vielleicht aus Adams Sicht wirklich aus einer anderen Zeit, aber so alt war er eigentlich gar nicht.

"Sicher, ich hatte einige Frauen um mich herum, aber keine war mir wirklich wichtig, die meisten kannte ich, nun ja, aus Lusthäusern." Er sah Adam abwartend an.

Er war eigentlich gespannt, wie dieser darauf reagierte.

"Aber eine fester Beziehung oder gar eine Ehe führte ich nie. Abgesehen von der Verbindung mit Roselin, die ist aber nicht auf meinen Wunsch hin gebunden worden" erklärte er auf dem Weg zu den Garagen.

"Ich weiß nicht. Dich kann man ja so schlecht schätzen. Vier- oder fünfhundert Jahre alt?"

Er versuchte sein Glück einmal. Wie weit konnte er schon daneben liegen? Eigentlich kilometer, meilen und himmelweit. Er lauschte ihm weiter. So erfuhr er wenigstens etwas aus des Anderen vergangenheit.

"Lusthäuser? Du warst da wirklich in so nem Ding drin?"

Er konnte es sich nicht vorstellen, aber heute wiederten ihn die Puffs ja eigentlich schon total an. Mit den Neonleuchtreklamen und den billigen Aufmachungen. So alte Westernsaloons mit ihren Mädchen, wie er sie aus Filmen kannte, das hatte Stil. Oder Can-Can-Tänzerinnen alá Moulin Rouge. Aber billige Flittchen, in noch billigeren Aufmachungen. Nicht ganz sein Fall.

"Nur Frauen?" hakte er nach. "Bin ich denn dein erster ... Mann?"

Vier- oder fünfhundert Hundert Jahre? Okay, gar nicht so schlecht, dachte er. Aber es waren gerade mal 200 und ein bisschen. Aber das verschwieg er einfach mal, es spielte ab einer gewissen Zeit auch einfach keine Rolle mehr. Dann aber lächelte er den anderen an.

"Ja, ich war in so einem Ding. In mehreren sogar." Nathanael lachte ein wenig.

"Und nein, es waren nicht nur Frauen. In den meisten Lusthäusern boten sich beide Geschlechter an. Es war für einen Mann meistens durchaus vorteilhaft, lieber das eigene Geschlecht zu nutzen, Männer können nicht schwanger werden, bei einer Liebesdame konnte man sich nicht so gut fallen lassen und einfach mal vergessen." Warum genau er das so detailliert erzählte, war ihm auch nicht ganz klar aber es schien Adam ja zu interessieren.

"Du bist nicht mein erster Mann" sagte er also noch als Fazit, blieb aber kurz stehen und streichelte sanft Adams Wange.

"Aber meine erste Liebe", gestand er ihm offen und küsste ihn sanft.

Kapitel 07

Kapitel 7

Adam lauschte fasziniert. Nathanael hatte so viel zu erzählen und er hatte in den letzten Stunden mehr über den Vampir erfahren, als er in den letzten drei Jahren gewusst hatte. Das war so unglaublich unbeschreiblich. Und sein letzter Satz ließ ihn glatt für einen Moment vergessen zu atmen.

"Deine erste Liebe?" wiederholte er ungläubig.

"Aber ... aber ..."

Das war etwas, dass ihm nicht so ganz gefallen wollte. Doch eigentlich schon, aber es war wieder etwas so unvorstellbares, ein Leben ohne Liebe und dazu noch ein Unsterbliches. Das musste ja schrecklich sein. Irgendwie hatte Nathanael das Gefühl, dass Adam gar nicht begeistert davon war, seine erste Liebe zu sein. Er sah ihn fragend an.

"Aber?" fragte er also auf dessen stottern.

Er wusste kein aber, er liebte Adam wie nie jemanden zuvor. Und auch wenn er ihre gemeinsame Nacht und auch das Spielchen im Bad sehr genossen hat, war es das erste Mal, dass er kein körperliches Verlangen verspürte. Alle Liebschaften, die er zu Lebzeiten eingegangen war, beliefen sich meistens nur auf Bettgeschichten und die Gefühle? Eigentlich waren da keine. Doch Adam war ihm so wichtig, dass er sogar auf sein eigenes Leben verzichten würde, nur um das Adams zu retten. Nun aber kam ihm ein anderer Gedanke.

"Wie viele Partner hattest du denn, hm?" Sein Ton war weniger fragend, als viel mehr vorwürfig. In der Tat warf er ihm das vor, dass er hier als derjenige dargestellt wurde, der schrecklicherweise noch nie eine feste Partnerschaft eingegangen war, also musste Adam ja schon mindestens einmal fest vergeben gewesen sein. Obgleich er sich das gar nicht vorstellen konnte, dafür war Adam viel zu jung. Adam wurde rot um die Nase, als Nathanael eine Antwort auf sein Stottern forderte.

"Aber wie hast du es die vielen Jahre nur ohne Liebe ausgehalten. Du führst ein unsterbliches Leben. Aber, das ist schrecklich, dass ich deine erste große Liebe bin. Ich finde das traurig, dass du noch nie so empfinden konntest, wie du für mich empfindest..."

Adam merkte, dass das gerade in die falsche Richtung lief.

"Es soll sich jetzt nicht so anhören, als würd ich mich nicht darüber freuen. Ich freu mich tierisch. Aber es ist einfach schade. Ich stell mir das schlimm vor."

Er schloss seine Arme um die Hüften Nathanaels und lehnte seinen Kopf an dessen Brust. Er lächelte leicht, als er die skeptische Frage hörte.

"Hmm... wenn du was festes meinst, noch nie. Ein bisschen geflirtet hab ich schon, aber hey, ich bin ein Junge der auf Jungen steht. Die Typen fliegen nicht gerade so auf Homos weißt du, außerdem..." Er wurde noch etwas roter um die Nase.

"Hätte ich nie jemand anderen als dich gewollt."

Es schockierte den Vampir beinahe. Er hatte es nie als schrecklich empfunden, viel mehr als, nun ja, es war einfach so gewesen. Dennoch streichelte er Adam sanft, als dieser sich so an ihn heftete.

"So, geflirtet also?" Er lachte ein wenig amüsiert darüber.

Das klang irgendwie unglaubwürdig aus Adams Mund. Dennoch schob er ihn sanft von sich und sah ihn an.

"Du bist ja ganz rot" ärgerte er ihn und küsste ihn zärtlich.

"Also ich hatte bisher nie Probleme hübsche Jungs aufzugabeln" ärgerte er Adam dann.

Zusammen gingen sie durch die letzte Tür, wo dann auch schon sein Auto zu finden war. Es sah aus wie neu, abgesehen von dem Kratzer, aber die Farbe strahlte wie eh und je, innen war alles sauber und selbst die Reifen schienen nie genutzt worden zu sein.

Während sie die Garage betraten, grummelte Adam weiter vor sich hin. Warum musste Nathanael ihm ausgerechnet das jetzt auf die Nase binden. Nicht schon schlimm genug, dass er eigentlich der Diener des Anderen war, nein, er musste ihm auch noch erzählen, dass er bereits mehrere Liebschaften mit Knaben gehabt hatte. Und dabei malte sich Adam dann auch noch aus, dass diese viel schöner gewesen waren, als er selbst und wie viel leidenschaftlicher diese Beziehungen wohl gewesen waren. Obwohl dass eigentlich schwachsinnig war, denn in seinen Augen war Nathanael Leidenschaft pur. Noch immer rot wandte er den Blick auf den Porsche und seine Kinnlade küsste sprichwörtlich den Boden. Okay, dass war mal ein hammergeiles Auto, wie er fand. Das rot war einfach gigantisch und er glänzte, als ob gerade noch jemand das Auto poliert hätte und bis auf die 'wunderschöne' Schrift war wirklich nichts daran auszusetzen.

"Wow" kam es leise von seinen Lippen.

Nathanael beobachtete die Reaktion des anderen und freute sich sehr darüber. Es war eine beinahe typische Reaktion.

"Willst mal rein schnuppern?" fragte er und entsperrte die Riegel.

Er lehnte sich an das Auto hinter sich und beobachtete Adam einfach nur. Er beoabchtete gerne andere, besonders wenn diese sich so sehr freuten, dabei war es nur ein Auto.

"Adam?"

Als er dessen Aufmerksamkeit bekam, warf Nathanael ihm den Schlüsselbund zu. Er war gespannt, was der Junge damit anstellen würde. Ihm selber war es eigentlich schon egal, er würde Adam sogar die Heimfahrt antreten lassen. Was zum Geier?? Er fing den Schlüsselbund auf und sah zu Nathanael, seine Augen vor Unglauben geweitet.

"Du willst, dass ich uns umbringe oder? Ich bin seit der Fahrschule hinter keinem Steuer mehr gesessen!"

Er hatte zwar den Führerschein gemacht, mit ein bisschen finanzieller Unterstützung aus dem Erbe seiner Eltern, doch für ein Auto war ihm das Geld dann doch zu Schade. Außerdem besaß er noch immer ein gutes Fahrrad. Doch die Ehre, mal auf den Fahrersitz zu sitzen, ließ er sich nicht nehmen. Ehrwürdig öffnete er die Tür und glitt auf die schwarzen Ledersitze, umfasste das Lenkrad vorsichtig, als ob es gleich unter der Berührung zerbrechen könnte. Das war einfach gigantisch. Er saß hinterm Steuer eines Porsche, dass würde ihm nie jemand glauben, aber wem sollte er es auch schon erzählen. Er hatte ja kaum Freunde.

"Schön" bemerkte er kurz angebunden, als sein Blick wieder zu Nathanael wanderte.

"Aber ich kann ihn wirklich nicht fahren."

Der Schock schien Adam durch Mark und Bein zu gehen, als er den Schlüssel fing, doch Nathanael amüsierte sich prächtig. Er sah durch das Fenster, wie Adam scheinbar in einem Traum gefangen auf dem Fahrersitz hinter dem Lenkrad war und als dieser sich dann auch noch beschwerte, fand sich der Vampir schneller angeschnallt auf dem Beifahrersitz, als Adam wohl selber hätte herausspringen und davon stürmen können.

"Wieso nicht?" grinste er, zog Adam zurück in den Fahrersitz, zog den Schnallgurt zu und steckte den Schlüssel aus Adams Hand ins Zündschloss.

"Nur noch starten" grinste er, setzte sich eine Sonnenbrille auf und sah zu Adam.

"Nun los, die Chance bekommst du so schnell nicht wieder" drohte er ihm an.

"Aber ... es ist doch noch gar nicht finster!"

Es war ein kläglicher Versuch das Unabwendbare doch noch zu drehen. Adam wusste, dass es Nathanael ernst war und das er sich sehr über seine Gefühle amüsierte. Langsam gewöhnte er sich an den Gedanken. Er wog den Schlüssel noch einmal in seiner Hand. Angeschnallt war er immerhin schon, also warum auch nicht die Chance nutzen, wenn sie sich ihm bot? Er steckte die Hand nach dem Schlüssel im Zündschloss, trat die Kupplung und Bremse und ließ den Motor aufheulen. Das war fast noch besser, als alles was er bis jetzt in seinem Leben erlebt hatte. Aber wirklich auch nur fast.

"Die Garage ist ja noch zu" bemerkte er ausweichend.

Schmunzelnd beobachtete der Vampir noch immer die Unsicherheit von Adam. Immerhin hatte er das Auto schon mal starten können.

"Dann drück doch mal dort."

Ein kleiner Knopf, der wohl nicht serienmäßig vertreten war, ließ sich direkt neben dem Radio finden. Damit würde die Garage sich öffnen und auch wieder schließen, nachdem sie rausgefahren waren.

"Aber wehe wir brauchen länger als gestern" beschwerte er sich, auch wenn es mehr ein Scherz war und ließ sich denn entspannt in den Sitz sinken, schloss die Augen und verschränkte die Arme.

Er würde Adam gerade mal vom Grundstück fahren lassen, vielleicht noch ein Stück in den Wald, danach würde er wohl oder übel die Plätze mit ihm tauschen, immerhin musste man das arme Auto auch mal an seine Grenzen bringen und da war es ihm doch sicherer, wenn er selber fuhr. So sehr vertraute er Adams Reaktionen dann doch nicht. Vorsichtig drückte Adam den Knopf und beobachtete, wie sich das Tor der Garage öffnete. Noch immer etwas unsicher sah er nocheinmal zu Nathanael, doch da sich dieser in seinen Sitz gelümmelt hatte, war es wohl wirklich an ihm, zu fahren. Noch immer die Kupplung tretend, richtete er erst den Rückspiegel, ehe er den ersten Gang einlegte und die Kupplung langsam kommen ließ. Er war noch nervöser, als damals in der Fahrschule, doch irgendwie gelang es ihm, den Porsche langsam anfahren zu lassen, doch er kam nicht wirklich weit, bis ihm der Motor das erste Mal absoff. Mit eine Grummeln startete er den roten Flitzer nocheinmal und schaffte es sogar, die Garage zu verlassen. Als der Wagen absoff, konnte Nathanael nicht anders als zu schmunzeln. Es war doch etwas anderes, einen normalen Wagen zu fahren oder einen, mit so viel Kraft unter der Haube. Doch Adam schaffte es aus der Garage zu rollen, die sich sogleich auch wieder schloss.

"Möchtest du nicht mal ein wenig Gas geben? In den zweiten Gang schalten" ärgerte er den jungen Mann neben sich und öffnete ein Auge, um zu ihm zu sehen.

Er war zeitgleich blass und rot. Er schien total nervös zu sein und das heftige Herzschlagen gefiel Nathanael. Frech wie Oskar streckte er dem Vampir die Zunge raus, als er ihm diese Spitze zuschanzte. Zweiter Gang? Eine gute Idee, wenn man das fahren gewöhnt war, aber er hatte schon seit drei Monaten kein Auto mehr gelenkt. Langsam beschleunigte er, was bei dem Porsche weniger lansam war und versuchte zu schalten. Beim zweiten Versuch bekam er den Gang auch geschalten, doch das jämmerliche Knacken und Knarzen des Getriebes ließ ihn das Gesicht verziehen. Er war doch ein grottenschlechter Autofahrer, wie er wieder einmal feststellen musste.

"Tut mir Leid" murmelte er, als das Auto wieder schneller wurde.

Das Knarzen war wirklich unangenehm und Nathanael selber verzog leicht das Gesicht.

"Schon in Ordnung" sagte dieser dennoch auf Adams Entschuldigung und beobachtete, wie der andere schneller wurde.

"Du kannst ruhig schon in den Dritten" stellte er fest, als Adam nur schneller wurde, aber nicht schaltete.

So kamen sie wirklich nicht schnell voran und die eigentlich doch so schöne Zugkraft, die das Auto hatte, kam gar nicht so zur Geltung. Dennoch ließ er Adam noch ein wenig fahren. Sonst bekäme er noch das Gefühl Nathanael würde nur tauschen wollen, wei ler Angst ums Auto hatte.

Nein, nichts war in Ordnung, dachte Adam. Er fuhr einen Porsche mit weiß Gott wie vielen PS und konnte es nicht einmal fahren. Auf Nathanaels Hinweis schaltete er in den dritten Gang und schließlich in den vierten, als bereits das Tor in Sicht kam, was ihn sofort bremsen ließ. Doch Adam konnte ja nicht ahnen, wie empfindlich diese reagieren würden und so klebte er beinahe an der Windschutzscheibe.

"Uff" kam es über seine Lippen.

"Macht das von alleine auf?" fragte er unsicher, als er wieder den ersten Gang einlegte.

Auch Nathanael kam nicht gegen den Druck an und wurde etwas aus dem Sitz gedrückt. Etwas missmutig sah er zu Adam. Als wäre jetzt eine Vollbremsung nötig gewesen. Immerhin hatte er das Auto nicht absaufen lassen oder gegen die Tore gefahren.

"Wenn du dich langsam näherst, ja" meinte der Vampir und rutschte wieder tiefer in den Sitz, ließ Adam aber eine Weile nicht aus den Augen.

Er schien total verspannt zu sein und das Fahren gar nicht so wirklich zu genießen. Vielleicht sollte er dem Jungen ein kleines, einfaches Auto schenken. Zum Geburtstag oder einfach so, als kleines Geschenk. Dann würde er auch schneller zur Schule kommen und irgendwann vielleicht mal mit dem Porsche ordentlich umgehen können.

"Langsam" wiederholte Adam.

Also legte er wieder den ersten Gang ein und fuhr los. Er kam sich gerade vor wie bei seiner ersten Fahrstunde, wobei er damals einen alten VW Golf gefahren war und das war kein Vergleich zu dem Sportwagen hier. Das Tor öffnete sich wirklich langsam und als er hindurchgefahren war, probierte Adam es erneut, schneller zu fahren und gelang es ihm auch etwas leichter. Langsam kamen die Handgriffe wieder in seinen Kopf, wann er zu schalten hatte, wie er zu schalten hatte und er bekam auch die Kupplung in den Griff. Schneller als er schauen konnte, fuhr er mit 100 Sachen über die Landstraße. Nun schmunzelte der Vampir wieder.

"Hey, wehe wir werden geblitzt" scherzte er und legte seine Hand dann sanft auf Adams Bein.

"Gib mal ein wenig mehr Gas. 100 Kilometer die Stunde schafft jedes Auto" meinte er nur und streichelte ein wenig über den Oberschenkel, lehnte sich wieder gemütlich zurück.

Gleich, bevor sie das Wäldchen verließen, würde er auf der Fahrerseite sitzen und dann mal aufs Gas treten, bis der Motor heulte. Er war gespannt, was Lady noch so drauf hatte, nachdem sie so lange stehen musste.

Die Hand auf seinem Oberschenkel lenkte Adam etwas ab, sodass er sich gar nicht traute mehr Gas zu geben. Sein junger, unschuldiger Körper reagierte einfach auf die Berührungen des Vampirs und er konnte die kalte Hand durch den Stoff der Hose spüren. Er setzte den Blinker rechts und bremste diesesmal sanfter ab, als er an den Straßenrand fuhr. Als sie standen, wanderte sein Blick zu Nathanael.

"Ich glaub, es ist besser, wenn du fährst, dann kannst du ihn schneller fahren. Ich kann das einfach nicht. Bin etwas aus der Übung."

Die Reaktion von Adams Körper, dass sein Blut gleich etwas schneller zu fließen schien und die Hitze bis zu Nathanaels Hand durchdrang, ließ diesen zärtlich lächeln. Es gefiel ihm sehr, wie der Junge auf ihn reagierte, jedes Mal aufs Neue, doch er hatte ihm versprochen: Heute keinen Sex mehr. Also würde er sich auch daran halten. Sanft küsste er Adam auf die Wange, als dieser rechts rangefahren war.

"In Ordnung" sagte er nur leise, schnallte sich ab und stieg aus.

Es kam ihm nur gelegen, dann brauchte er nicht mal irgendeinen Grund angeben, warum er nun fahren wollte. Als sie wieder saßen, sah er erneut zu Adam, nahm sanft seine Hand, um einen Handkuss auf diese zu drücken.

"Schnall dich an" bat er ihn, startete das Auto und fuhr langsam wieder auf die Straße.

Schnell schaltete er hoch und raste dann mit menschlichen 120 die kleine Waldstraße entlang, bis er auf die Hauptstraße kam, wo er gut an Tempo gewinnen konnte und sogleich den Motor aufheulen ließ. Das Auto klang wie das Schnurren eines Tigers, angenehm tief und keineswegs gequält, auch wenn der Wagen sicher an seiner Grenze war. Er nahm sanft die Hand Adams in seine und blickte kurz zu dem Jungen, ehe er wieder konzentriert auf die Straße achtete. Er war selber lange nicht mehr gefahren und wollte nicht auskosten, wie gut seine Reaktionen noch waren. Lieber wollte er vorzeitig reagieren und das Schlimmste gleich abwenden. Doch in dieser Gegend waren nicht viele unterwegs, die meisten auch eher früh am Morgen oder spät am Abend. Nun war es fast leer auf den Straßen und mit der Geschwindigkeit war es kein Problem einige Fahrer zu überholen. Selbst die Polizeit wäre kein Problem gewesen, doch diese fuhr selber nur selten über die Straßen.

"Du kannst ja nun öfters fahren" sagte er schließlich, den Blick auf die Straße gerichtet.

"Aber nicht so schnell" sagte er mit einem amüsierten Lächeln.

Schließlich musste Adam sich nicht gefährden. Die Geschwindigkeitsbegrenzungen hatten meistens einen Grund. Kurz huschte sein Blick noch einmal zu Adam. Er sah so hübsch aus, wenn es etwas heller war. Und irgendwie wirkte er trotz der vielen Geschehnisse richtig erholt.

Nathanael fragte sich, was Adam nach der Schule machen wollte. Vielleicht studieren, oder eine Ausbildung. Aber eigentlich würde es dem Vampir einfach gut gefallen, wenn Adam bei ihm bleiben würde, einfach so, Tag und Nacht, aber das wäre sicher kein Leben für den aktiven jungen Mann, der Adam scheinbar war. Zumindest wurde Nathanael immer wieder klar, wie wenig Freiraum Adam hatte und wie viel er vielleicht gerne hätte. Doch obgleich er nun seine Liebe zu Adam gestanden hatte und Adam auch seine Liebe zugab, hatte Nathanael Angst, Adam zu verlieren, wenn er diesen zu sehr hergab. Und er wusste, wie dumm dieser Gedanke und dieses Gefühl war, aber zu viel bedeutete ihm Adam etwas, als das er ihn einfach machen lassen wollte, was dieser so vor hatte. Lieber plante er alles, überlegte und entschied sich dann dafür oder dagegen. Bisher hatte Adam aber zum Glück keine Bekanntschaften gemacht, oder zumindest wüsste der Vampir nichts davon, dessen Nähe er nicht dulden wollte.

Er sah erneut zu dem Jungen herüber und lächelte sanft. Er freute sich, wieder allein mit ihm zu Hause zu sein, einige Briefe zu lesen, Anrufe zu tätigen und entgegen zu nehmen und einfach die Gegenwart von Adam genießen. Es war ein Traum, der in Erfüllung gegangen war. Und er hoffte, dass alles verlaufen würde wie in seinem Traum und sich das schöne Leben, dass er sich bisher immer gewünscht hatte, mit Adam auch wirklich zur Wahrheit werden würde.

"Ich liebe dich" sagte er, ohne es selber geplant zu haben und sah noch einmal zu Adam, ehe er das Auto langsamer werden ließ.

Der Tank würde bei der Geschwindigkeit nicht bis nach Hause reichen, doch mit gut 150 Kilometer in der Stunde würden sie auch noch zeitig ihr Ziel erreichen.

Als der Vampir einen solch sanften Kuss auf seine Wange hauchte, schloss Adam genießend die Augen. Die Kühle der Lippen fühlte sich gut an, auf seiner sowieso erhitzten Haut. Adam löste den Gurt, nach einem Blick über die Schulter, öffnete er dann die Tür und stieg nach der Umrundung des Wagens schließlich auf der Beifahrerseite wieder ein. Der Handkuss, der nun folgte, warf ihn doch etwas mehr aus der Bahn, als er sich hätte denken lassen. So viele Zärtlichkeiten waren ihm in den letzten Jahren nicht zu Teil geworden und jetzt? Mit einem Mal war es das selbstverständlichste dieser Welt, dass sie sich ständig berührten. Es machte Adam nichts aus, ganz im Gegenteil, es freute ihn tierisch, doch auf eine gewisse Art und Weise verunsicherte es den Jungen auch. Fast schon in unwirklichen Geschwindigkeiten fuhr der Porsche nun über die leere Landstraße. Nathanael war bei weitem sicherer er als er selbst, was das fahren anging, doch dieser besaß schließlich auch unnatürlich schnelle Reflexe. Nur abwesend vernahm Adam die Sachen, die Nathanael zu ihm sagte und nickte. Öfters fahren? Klar, er würde sicherlich mit dem Porsche auf den Schulhof fahren. Es würde sicherlich schon Gerede genug geben, wenn der Vampir beim Elternsprechtag aufkreuzen würde und dann auch noch das. Adam hielt das nicht gerade für eine sehr kluge Entscheidung.

Während sie so über die Landstraße brausten, schloss Adam die Augen und genoss die letzten hereinfallenden Sonnenstrahlen. Er war erholt, wie schon lange nicht mehr, er verschwendete keine unnötigen Gedanken mehr an seine Vergangenheit, denn für ihn war das nötigste geklärt. Er wusste nun endlich, wie es sich zugetragen hatte und was wirklich passiert war. Auf der einen Seite war es zwar schockierend, andererseits auch erlösend das alles zu wissen. Als Nathanael nun so lange schwieg, drehte er den Kopf zur Seite und sah den Vampir an. Er wirkte so schön, so unvergänglich, wie ein zeitloses Kunstwerk. Dann drehte er sich schließlich zu ihm herum und lächelte versonnen. Komischerweise störte Adam es gar nicht, dass er den Blick solange von der Straße abwandte. Nathanael wusste schon, was er tat und das war eine Tatsache, die ihn sehr beruhigte. Er wollte gerne bei ihm bleiben, nichts gab es im Moment, was er lieber täte. Und dennoch war es nicht gewiss, dass es immer so bleiben würde. Aber tief in seinem Herzen wünschte sich der Schwarzhaarige das.

Die drei Worte von Nathanael trieben ihm die Röte wieder zurück auf die Wangen, denn das war wohl ein Augenblick, den man als sehr passend dafür umschreiben würde. Die untergehende Sonne, die leere Landstraße, der schöne Wald, der sie umgab.

"Ja" kam es von Adams Lippen. "Ich dich auch!"

Seine Hand löste sich aus der steifen Umklammerung seiner Finger, die er bis eben so gehalten hatte. Dabei hatte Adam es nichteinmal gemerkt. Vorsichtig legte er sie auf die von Nathanael, die noch immer auf dem Schaltknüppel lag. Zufrieden hörte Nathanael die Worte seines Geliebten. Es klang gut und es war wie Balsam für seine Seele, die bisher so ruhelos umher geirrt war, ohne zu wissen, was sie auf Erden sollte. Doch nun hatte er einen Grund gefunden, sein Leben zu lieben, mindestens genau so sehr, wie er Adam liebte. Er blickte noch einmal zu dem Anderen, als dieser die Hand auf seine legte und ihn erneut zum Lächeln brachte. Kurz ließ er sich von dem warmen Kribbeln in seiner Hand die Konzentration nehmen und verlor sich in dem Gefühl, doch er fing sich schnell wieder und achtete aufmerksam auf die Straße. Er musste ihr Glück ja nicht gleich ausreizen.
 

Immer wieder schlichen sich die Gedanken über den Alltag in seinen Kopf, wie sie sich auseinander leben würden oder Adam gar jemanden finden würde, mit dem er mehr Zeit verbringen wollte. Das waren Gedanken, die er später denken wollte, vielleicht sogar müsste, aber nicht jetzt. Er wollte ihre Zweisamkeit nutzen, bei dem Anblick, der sich ihnen noch bot, bis sie durch die Stadt fuhren und schließlich zu Hause ankommen würden. Wieder glitt sein Blick ab und er sah zu Adam, blickte aber wieder auf die Straße und nahm dann sanft die warme Hand, die noch immer auf der seinen ruhte, in seine Hand und verkreuzte ihre Finger miteinander. Er hatte nie erwartet, einmal so sehr vom Schicksal beschenkt zu werden, selbst nicht, als er sich seinen und Adams Gefühlen gewahr wurde, hatte er nicht damit gerechnet, dass sich eine Situation wie in den letzten paar Stunden entwickeln würde. Wie gerne würde er dem Jungen an seiner Seite immer wieder sagen, wie sehr er ihn liebte und dass er keine Zeit mehr ohne ihn verbringen möchte. Doch so oft er es sich in Gedanken sagte, so oft könnte er gar keine Worte formulieren, die Adam erreichen würden. Also hoffte er einfach, genügend Liebe auszustrahlen, die den Menschen wissen ließen, dass er ihn liebte. Ein leises Seufzen kam über seine Lippen und er schlug die letzte Biegung ein, ehe sie ihre Heimat erreichen würden.

Adam ließ während der Weiterfahrt seinen Kopf an die kühle Scheibe fallen und lehnte ihn dagegen. Er fühlte sich so gut, wie schon lange nicht mehr. Endlich war sein Traum, der vor gut eineinhalb Jahren begonnen hatte, wahr geworden. Der kalte, unnahbare Vampir Nathanael hatte sich ihm offenbart, seine geheimsten Wünsche wahr gemacht. Doch was war er schon im Stande, diesem auf Dauer zu geben. Überlegend schloss er seine Augen. Wie lange würde es der Andere wohl aushalten, ohne ihn ernsthaft zu verletzen. Er hatte es schon bei ihren letzten Auseinandersetzungen gespürt, wie sehr Nathanael sich zusammenreißen musste, um nicht einfach über ihn herzufallen, aber das war wohl alles nicht so einfach. Lächelnd verwob er seine Finger mit denen des Vampirs und schielte kurz zu diesem hinüber, als sie auch schon um die letzte Kurve bogen und das Blockhaus in Sicht kam. Allein bei dem Gedanken fror Adam ein klein wenig. Wie kalt es wohl sein würde, wo doch den ganzen letzten Tag nicht geheizt worden war. Brrrrr. Er musste erst mal den Kamin anfeuern.
 

Als der Porsche schließlich stand, löste Adam die verkreuzten Finger voneinander und stieg aus dem Wagen aus. Leise schloss er die Tür des Autos und ging auf das Haus zu. Drinnen machte er ersteinmal Licht, da es im Wald schon etwas finsterer war, als in der Stadt oder auf dem flachen Land. Anschließend zog er fröstelnd seine Jacke etwas enger und kniete vor dem Kamin. Es war schon seltsam, wie sehr er sich an dieses kleine Haus gewöhnt hatte. Er wollte den Vampir schon fast fragen, was er zu essen wollte, verkniff sich die Frage aber dann doch. Jetzt wäre es nur noch eine Beleidigung ihn soetwas zu fragen. Er selbst hatte eigentlich kaum noch Hunger, er sehnte sich mehr nach seinem Bett und den ruhigen Sonntag, den er morgen verbringen würde. Vielleicht ein bisschen lernen und Hausaufgaben machen.

Nathanael stellte das Auto vor der Garage ab, da stieg Adam auch schon aus und verschwand. Er seufzte ein wenig, das war nun schneller geschehen, als er gedacht hätte und so selbstverständlich. Er zog den Schlüssel ab und folgte dem Anderen dann in das kühle Haus. Erneut seufzte er, dieses Mal aber eher entspannt. Es war schön, wieder daheim zu sein, auch wenn es hier sonst so schön kuschelig warm war, doch darum kümmerte sich Adam augenscheinlich schon. Der Vampir hockte sich hinter Adam, der vor dem Kamin kniete und legte die Arme sanft um diesen.

"Ist dir kalt?" fragte er leise, eigentlich überflüssig und küsste sanft den Nacken seines Liebsten, auch wenn er seine Lippen danach kaum mehr von der heißen Haut lösen könnte.

Ein leises Geräusch, ähnlich einem Schnurren kam von dem Vampir und dann schaffte er es doch, sich wieder von dem Jungen loszureißen. Er strich ihm sanft über den Kopf.

"Ich bin noch einmal unterwegs, mach es dir schön gemütlich hier" sagte er nur und wenn er sich recht erinnerte, hatte er das so in etwa jedes Mal gesagt, bevor er in die Nacht hinaus zog.

Doch es half nichts, das kleine Glas, das er bei Emily bekommen hatte reichte ihm wahrlich nicht, schon gar nicht, wenn er Adams Nähe ertragen und schön finden wollte. Also musste er noch einmal einsam in die Nacht hinaus und die langsam aufkommende Wärme des Feuers für einige Zeit missen. Doch obgleich er nicht einmal einen Schritt weit von Adam entfernt war, fiel es ihm schwerer sich davon zu machen, als er erwartet hatte. Nun, wo sie wieder hier waren und Adam alleine, wenn er selber nicht da war, sorgte er sich um den Jungen. Dass etwas geschehen oder jemand ihn überfallen könnte. Das Roselin vorbei käme oder ... irgendwas einfach und er würde nicht da sein, um Adam zu helfen. Als wollte er diese Gedanken los werden, schüttelte er leicht den Kopf.

"Fragst du mich gar nicht, ob ich etwas zu Essen haben will?" sagte er dann amüsiert, als ihm aufgefallen war, dass Adam diese Frage noch gar nicht gestellt hatte.

Doch wahrscheinlich hatte er endlich begriffen, dass Nathanael nie mehr etwas essen würde, obgleich er es könnte. Es war nur geschmackslos und sein Körper konnte damit auch nicht wirklich umgehen. Zudem war es nicht notwendig. Nicht mehr.

"Bis gleich" hörte man nur noch leise im Raum und der Vampir war bereits in die Nacht verschwunden.

Er hatte keine Antwort von Adam abgewartet, weder auf das Essen noch auf seinen Abschied. Viel zu sehr hätte es ihn gefesselt, der jugendlichen und doch so erwachsenen Stimme Adams zu lauschen, dem Atem, der dabei über seine Lippen huschte, das leise Klopfen seines Herzens.

Während der Vampir durch die Straßen schlich, schüttelte er abermals den Kopf. Er müsste sich besser konzentrieren können, das würde vieles wesentlich leichter machen, besonders im Umgang mit Adam.
 

Adam hatte sich kurz in die Umarmung fallen lassen und beinahe schon vermutet, dass er gleich darauf die spitzen Zähne an seinem Hals. Doch stattdessen entfernte sich Nathanael und sagte, er wolle noch kurz nach draußen. Adam wusste, was das bedeutete, doch es störte ihn komischerweise nicht mehr. Oder weniger als vorher. Das er dann auch noch getritzt wurde, ließ ihn leicht schmollen, doch ließ er Nathanael ohne irgendein Wiederwort ziehen.

Das Feuer begann langsam zu prasseln und er löste sich vom Kamin, um kurz in sein Zimmer zu gehen. Dort stand er vor seinem Kleiderschrank und schälte sich erstmal aus den edlen Kleidern von Emily. Er würde sie wohl waschen und der jungen Vampirdame zukommen lassen. Aber wie, war ihm noch ein Rätsel. Er zog schließlich eine Hotpant und ein T-Shirt aus dem Schrank, ehe er zurückkehrte und sich vor den Kamin legte. Die wohlige Wärme und die vertraute Umgebung genießend, schloss er die Augen, wobei er wohl ein wenig wegdöste, denn die Rückkehr des Vampirs bekam er gar nicht mit.

Es hatte nicht lange gedauert, bis Nathanael seine Gier hatte stillen können und doch kehrte er noch nicht zurück. Dafür war er noch zu aufgewühlt, also führte es ihn in den kleinen Park, wo er sich auf eine Bank setzte und versuchte, ein wenig seinen Kopf zu klären und ein paar logische Gedanken zu fassen, doch noch immer ließen sich die Bilder nicht ordnen und so verharrte er einfach an der frischen Abendluft, mitten im Park, die Augen geschlossen und sichtlich angespannt. Nur nach und nach ließen seine Muskeln sich zur Ruhe bringen und auch seine Gedanken wurden klarer, bis er schließlich wieder seine Ruhe gefunden und sich auf den Heimweg machte.

Als er in das Haus kam, war es schon ziemlich warm, auch wenn das Feuer schon wieder drohte aus zu gehen. Er zog sich seinen Mantel aus und warf ihn achtlos über die Stuhllehne, legte dann einen Holzscheit in den Ofen, kniete sich danach zu Adam, der vor dem Ofen saß und strich ihm sanft über die Wange. Nach einem kurzen Augenblick erhob er sich aber auch schon wieder und sah nach der Post. Einige Briefe lagen noch hier auf der Küchentheke, weitere Briefe holte er aus dem Postkasten am Haus. Wieso ihm immer so viele schrieben, war ihm selbst ein Rätsel, zumal das meiste nicht einmal wichtig war. Einige Rechnungen legte er gleich beiseite, nur die Briefe, dessen Absender ihm etwas wichtiges zukommen lassen könnten, laß er augenblicklich.

In seinem Sessel, so wie immer, sank er tiefer hinein und machte sich über einen Schrieb her, der einige Seiten lang war. Noch wusste er nicht, wer der Absender war, es stand keiner drauf, doch wollte er auch nicht ans Ende sehen, sondern sich überraschen lassen, wenn er es nicht schon beim Lesen erfahren würde. Immer wieder blickte er über den Seitenrand zu Adam, der so ruhig vor dem Kamin schlummerte, als wäre er nie weg gewesen. Wie immer in seinen kurzen Pants und einem Shirt. Eigentlich merkwürdig, wenn das Feuer erst einmal nicht mehr brannte, wurde es schnell kalt, aber sicher war es gemütlicher, als die normalen Hosen, zumindest konnte der Vampir es sich nicht anders erklären. Ein leises Seufzen kam über seine Lippen. Er würde sich gerne zu dem Jungen legen und die Wärme genießen, doch wusste er auch, wie kalt er sein würde und dass das Adam wohl kaum beim Schlafen gefallen würde. Auch würde Nathanael eh keine ruhige Minute verbringen können. Zum einen, weil er so nahe an Adam war, zum anderen, weil sein Körper vergessen hatte, wie das mit dem Schlafen ging. Er brauchte es einfach nicht mehr. Bestenfalls döste er ein wenig, aber damit endete die volle Entspannung auch schon. Er konzentrierte sich wieder auf den Brief, der nach und nach wie ein Liebesbrief aus einem der älteren Romanschnulzen erschien und eine Augenbraue wanderte immer weiter in die Höhe, je weiter Nathanael laß. Es schien tatsächlich mit Gefühlen zu tun zu haben und langsam wollte er doch wissen, wer der Absender war, wo es sich doch eindeutig, dank der Namensgebung des Geliebten, um ihn, Nathanael, handelte. Doch zu seinem Erstaunen, sofern er noch erstaunter sein konnte, endete all diese süße Raspelei nach drei Seiten. Zwei weitere standen aber noch aus. Diese schienen aber auch in einer anderen Handschrift zu sein, also verwunderte ihn das ganze nicht mehr all zu sehr. Leider erfuhr er nicht den Schreiber der ersten drei Seiten, erkannte aber die Schrift der nächsten. Diese wandten sich an Adam und waren eindeutig von Emily. Sie musste wohl jemanden ihrer Kuriere geschickt haben, denn die Post war ganz gewiss nicht schneller als Nathanael selbst gewesen, es sei denn, Emily hatte diesen Brief schon früher abgeschickt. Er sah erneut zu dem warmen Körper, der ihn ein angenehmes Kribbeln im Bauch bescherte.

"Adam", sprach er leise, aber bestimmt, um ihn zu wecken.

Er wollte lieber, dass Adam die Seiten selber laß. Schließlich waren sie an ihn addressiert. Eher würde er sich noch einmal mit den ersten auseinander setzen, um herauszufinden, wer sie geschrieben haben könnte. Denn weder Emily, noch Roselin oder Nion konnten es gewesen sein. Dessen Handschriften kannte er bestens.

"Adam, wach auf" sagte er noch einmal leise und warf ein zerknülltes Papier nach ihm.

Adam knurrte beim ersten Ansprechen von Nathanael und rollte sich noch mehr in sich selbst zusammen. Er wirkte wie eine kleine Katze, die sich immer wieder in neue unmögliche Positionen zum Schlafen brachte. Erst als ihn das Papierknäuel traf, schlug er verschlafen die Augen auf und drehte sich um, wo er Nathanael in seinem Stuhl erblickte.

"Du bist schon zurück? Wie spät ist es?"

Er streckte sich genüsslich und entblößte dabei etwas von seinem flachen Bauch, während er leicht stöhnte. Am liebsten hätte er gleich weitergeschlafen, doch nun wo Nathanael wieder da war, wollte er das nicht. Er stand flink auf und ging zu seinem Freund hinüber, wo er ihn sanft um den Hals herum umarmte und liebevoll auf die Wange küsste.

"Was ist denn so wichtig, dass du mich weckst?"

Er betrachtete die Blätter in der Hand des Vampirs und sah ihn verwirrt an.

"Ein Liebesbrief?"

Genüßlich schmunzelnd beobachtete der Vampir das Tun von Adam, als dieser langsam erwachte und eigentlich gar nicht so wirklich wollte. Doch als er sich ein wenig bog und den Vampir entdeckte, rappelte er sich doch auf und kam zu ihm herüber. Mit einem freundlichen und liebevollen Lächeln sah er zu Adam, der dann einen sanften Kuss auf seine Wange legte und die Zettel ansah.

"Ja, aber es geht um die hier." Er reichte Adam die Zettel, die von Emily waren und lächelte.

"Die sind für dich, von Emily. Ich weiß nicht, was darin steht, ich habe den Brief nicht gelesen" versicherte er ihm.

Doch er war darüber geflogen und es ging scheinbar darum, dass Emily ihn gerne wiedersehen und ein wenig kuscheln wollte, so oder so ähnlich hatte sie das geschrieben. Auf jeden Fall sollte sich Adam bei ihr melden, wenn er schulfrei hatte, damit der ganze Tag auch eingeplant werden könnte. Die zweite Seite kannte er allerdings nicht, aber sicher ging es einfach so weiter. Er hingegen widmete sich nun wieder diesem Schriftstück in seiner Hand. Er versuchte sich zu erinnern, ob es vielleicht Zeilen aus einem Roman waren oder von einem Theaterspiel, aber er wüsste es nicht, also musste es anderer Herkunft sein. Aber eigentlich konnte sich der Vampir nicht vorstellen, dass es jemanden gab, der ihm solch schmeichelhafte Zeilen zusenden würde. Er überlegte, doch es fiel ihm wirklich niemand ein.

Selbst Adam hätte sicher andere Worte verwendet und er war ja scheinbar hin und weg von dem Vampir. Doch die Zeilen hier und die verwendeten Worte ließen auch eher darauf schließen, dass sie von einem anderen Vampir stammten, einem, der auf dem Festball gewesen war, denn so fing der Brief an. Er seufzte ein wenig und legte die Zettel beiseite, sah zu Adam.

"Und, was schreibt sie?" wollte er schließlich mit einem Lächeln wissen.

Er fragte sich, ob er die Nacht über bei Adam an der Seite verbringen sollte, oder diesen doch alleine schlafen ließ.

Adam nahm die Seiten von Nathanael entgegen, die anscheinend für ihn bestimmt waren und ließ sich damit auf die Lehne sinken. Er las sich die erste Seite durch und musste etwas schmunzeln. Man könnte fast meinen, dass Emily ihn für einen Enkel oder Urenkel hielt. Zumindest verhielt sie sich in Adams Augen wie ein Großmutter. Doch die Worte auf der nächsten Seit waren ernster, doch verzog er beim lesen nicht einmal das Gesicht. Sie schrieb über Nathanael und dass er sich keine Sorgen wegen ihres Zusammenseins machen brauchte. Dass der Vampir ein absolut liebenswürdiges Wesen war, das im Grunde keiner Fliege etwas zu Leide tat, doch auch er seinen Geduldsfaden nicht bis aufs Äußerste spannen konnte. Sie wieß Adam dezent darauf hin, einfach brav und artig zu sein, sich nicht so sehr aus der Reihe fallen zu lassen und einfach er selbst zu sein, denn er bringe die Seite in Nathanael wieder zum scheinen, die sie seit Jahren so sehr vermisst hatte. Er grinste. Eindeutig die Worte einer liebenden Mutter. Mal vorausgesetzt, Vampire konnten soetwas überhaupt.

"Och, nichts weiter" antwortete Adam.

"Sie ist nur besorgt wegen deines Wohlergehens. Ich denke, ich sollte mich wirklich mal mit ihr treffen, sie scheint doch sehr nett zu sein." Er schlang wieder einen Arm um den Hals des Vampirs.

"Ich hab dich so schrecklich lieb!"

Er ließ seinen Kopf gegen den des Anderen sinken und hauchte einen Kuss auf dessen Wange. Beinahe erschrak der Vampir, als er eine Antwort von Adam bekam. Er war gerade völlig in Gedanken versunken. Der Brief weckte etwas in ihm, doch er wollte nicht verstehen, was es war. Als hätte er alles in diesem Zusammenhang fest verschlossen und konnte das Schloss nicht mehr öffnen. Er blickte zu Adam, der seinen Kopf dann sanft an seinen lehnte und ihn auf die Wange küsste.

"Ich hab dich auch lieb, Adam" flüsterte er leise und zog Adam sanft auf seinen Schoss, legte die Arme fest um ihn und küsste ihn liebevoll, beinahe zu zärtlich, als das man es einen Kuss nennen konnte. Dann blickte er den anderen an.

"Ist dir nicht kalt?" fragte er, denn in diesen knappen Sachen sah es einfach nicht warm aus und so gut war die Hütte dann doch noch nicht geheizt.

Doch wenn er den Jungen nun näher an sich zog, würde das die Kälte auch nicht vertreiben, also blieb ihm nur die Möglichkeit, Adam liebevoll anzusehen. Schließlich streichelten seine Finger über die zarte Haut an Adams Oberschenkel. Er liebte die Beine des Jüngeren, liebte im Grunde seinen ganzen, unschuldigen Körper, der nun ein Teil seines, Nathanaels, Leben werden sollte. Erneut sah er Adam in die Augen und lächelte sanft, küsste dann schüchtern, dieses Mal nicht so instinktiv, seinen Hals und wanderte bis zur Halsbeuge, wo er einen Moment verharrte und den anderen dann wieder ansah. Du bist so schön warm, hätte er am liebsten gesagt, doch war das wohl einfach eine Tatsache, die Adam kaum beeinflussen konnte und die merkwürdig klang. Zumindest in dem Kopf des Vampirs klang dieses Kompliment merkwürdig.

"Du kannst dich sicher mal mit Emily treffen" sagte er.

Bei ihr hatte er keine Angst um Adam, da war er wohl noch besser aufgehoben, als bei Nathanel selbst.

"Aber am besten, wenn du ausschlafen kannst" merkte er mit einem Schmunzeln an.

Adam ließ sich auf den Schoß des Vampirs ziehen und schlang seine Arme weiter um dessen Nacken. Er musste beinahe Lachen, als dieser die Kälte erwähnte und er schüttelte dabei den Kopf.

"Nein" grinste er.

"Mir ist nicht kalt."

Schließlich brannte das Feuer im Kamin und es war warm genug. Es reichte ihm völlig. Als er die kühlen Finger spürte, lief ihm ein kalter Schauer über den Rücken und er schloss kichernd die Augen.

"Hey ... ich bin da kitzlig."

Er strampelte mit den Beinen, um sich aus der Umklammerung zu befreien, was ihm jedoch nicht gelingen wollte. Er lachte lauthals weiter, als Nathanael ihn nun auch noch im Nacken küsste. Er konnte einfach nicht anders. Das ganze war zu viel für seine schwachen Nerven.

"Na ... Nathanael hör auf" lachte er, winselte schon fast darum, dass der andere endlich aufhörte.

"Ich werd artig schlafen! Aber hör auf!"

Kaum das Adam anfing zu lachen und sich ein wenig wehrte, war die Spiellust in dem Vampir geweckt. Mit einem diabolischem Grinsen löste er sich von Adams Hals.

"Aufhören? Ich fange doch gerade erst an" drohte er und zielte nun direkt auf die kitzeligen Stellen von Adams Körper, wohl bewusst, wie unerträglich und doch lustig zu einer Zeit es für den Anderen sein würde. Er küsste ihn dennoch sanft am Hals, ob das nun auch kitzelte, war ihm dabei relativ egal, er selber genoß es und Adam würde es in jeder Hinsicht entweder gefallen oder nicht. Doch schließlich war seine Hand bis zu dem dünnen Stoff der Hose gewandert und er löste auch seine Lippen von dem Jungen.

"Möchtest du ins Bett?" fragte er leise und schmiegte sich an den angenehm warmen Körper.

Vielleicht würde er doch ein wenig mit ihm im Bett liegen, aber nicht die ganze Nacht. Zu sehr drängten sich ihm immer wieder verschwommene Bilder auf, die sich irgendwie mit dem Brief verzweigen wollten. Er würde darüber ganz in Ruhe nachdenken müssen und diese Ruhe hatte er nur in seinem kleinen Kämmerchen im anliegenden Gebäude. Aber bis der andere schlief und er selber ein wenig Ruhe bekommen hatte, würde er gewiss die Wärme von Adam nicht missen wollen.

"Gyaaaah!"

Adam kicherte weiter, als Nathanael ihn weiter kitzelte und versuchte nun aufzustehen, doch auch das wollte ihm nicht gelingen. Schließlich, als der Vampir doch aufhörte, ließ er sich gegen dessen Brust sinken und kuschelte sich in die starkem Arme. Ins Bett? Jetzt? Er sah auf die Wanduhr, die überm Kamin hing.

"Es ist doch noch nichtmal 10 Uhr. Außerdem ist morgen Sonntag. Nein, ich will noch nicht ins Bett. Ich will so viel Zeit mit dir verbringen, wie mir möglich ist." Adam nahm eine Hand von Nathanael und spielte mit seinen Fingern.

"Ich will bei dir sein" wiederholte er leise. "Für immer!"

Er drehte seinen Kopf herum und suchte die weichen, kühlen Lippen des anderen, um ihn in einen weiteren Kuss zu ziehen. Die Zeit spielte doch nun wirklich kein Rolle, ob man ins Bett wollte oder nicht. Er lächelte dennoch sanft und ließ Adam mit seinen Fingern spielen, ehe er liebevoll den zarten Kuss erwiderte, sich aber wieder von den verführerischen Lippen löste.

"Ich sagte nichts von Schlafen" erinnerte er Adam.

Dann blickte er ihn beinahe streng, aber doch mit so viel Liebe an, dass sein Blick beinahe unwirklich aussah.

"Sprich nicht von der Ewigkeit, von Immer" wies er ihn an. Adam wusste nicht, auf was für eine Zeitspanne er sich da einlassen wollte.

Für immer... diese Worte fielen viel zu oft, viel zu schnell und Nathanael war sich sicher, dass Adam mit seinem kurzen Leben gar nicht abschätzen konnte, wie lang diese Zeit sein würde, wenn man überhaupt noch von Zeit sprechen konnte. Dennoch küsste er ihn sanft auf die Schläfe.

"Lass uns die Zeit genießen, die uns gegeben ist" flüsterte er leise und war sich nicht sicher, ob Adam die Worte verstehen oder falsch interepretieren würde, doch das war nun dem Jungen überlassen. Adam sah traurig zu Nathanael.

"Ich wünschte, du würdest es genau so sehen wie ich" antwortete der Junge.

"Du sagtest, du würdest mich selbst dann noch lieben, solange du mich nicht über die Straße rollen müsstest. Aber kannst du auch solange bei mir bleiben. Wenn ich alt bin und vielleicht gewickelt werden müsste?" Er sah ihn aus großen, traurigen Augen an.

"Ich will das nämlich schon. Und selbst wenn ich dich nicht mehr halten kann, ich werde dich immer lieben. Du bist und bleibst meine große, erste Liebe!" Er schmiegte sich sanft an den Vampir.

"Mach mir das nicht auch noch madig ja?"

Die Vorstellung, die Adam mit seinen Worten weckte, mochten sie auch noch so ernst sein, ließen den Vampir schmunzeln.

"Ich bleibe bei dir Adam" flüsterte er liebevoll in sein Ohr.

"Und wenn du alt und zittrig bist und dich selber nicht mehr bewegen kannst, werde ich an deiner Seite ruhen, wie ich es immer tue und dir jeden Wunsch von den Augen ablesen" versprach er ihm und er meinte es auch genau so, wie er es sagte.

Nur, dass er sich Adam nicht als alten Mann vorstellen konnte. Als erwachsenen Mann vielleicht, auch gerne als einen betagten Mann. Aber nicht so alt, dass er ein Greis war. Erneut küsste er die warme Schläfe.

"Aber noch solltest du dir keine Gedanken um dein Alter machen" sagte er.

"Du bist so jung, du wirst lange keine Windeln brauchen" scherzte er dann leise und streichelte erneut die warme Haut, dieses Mal mit der Hand unter dem T-Shirt über Adams Bauch.

Auch der Junge lächelte jetzt wieder. Er wollte einfach, dass der Vampir verstand, wie wohl er sich bei ihm fühlte, wie geborgen und geliebt.

"Das will ich doch hoffen. Ich will, dass du mir die Welt zu Füßen legst" feixte er jetzt wieder.

Auch Adam selbst konnte sich nicht als alten Mann vorstellen. Insgeheim hoffte er, dass Nathanael ihn vorher vielleicht doch noch verwandeln würde, damit sie ihr ganzes Leben, die Unsterblichkeit zusammen verbringen konnten. Doch das war wohl etwas, worauf sie sich nicht verlassen konnten oder sollten, denn die Unsterblickeit war einen Tick zu lang, um sagen zu können, dass sie ewig zusammen sein würden. Als er die kühle Hand unter seinem Shirt spürte, biss er sich genießend auf die Lippen und ließ den Kopf in seinen Nacken fallen.

"Denk an dein Versprechen" ermahnte er den Vampir.

Ach, das Versprechen. Nathanael seufzte leise, ließ seine Hand dann ruhen.

"Natürlich." Dann grinste er jedoch und streichelte den anderen wieder.

"Aber ich kann doch nichts dafür, wenn du so intensiv auf mich reagierst" flüsterte er neckend und knabberte dann sanft an Adams Ohr.

Das Versprechen würde er nicht brechen, so wichtig war ihm das ganze dann doch nicht, aber ein wenig streicheln und küssen konnte Adam ihn doch nicht verbieten.

"Du fühlst dich gut an" hauchte er und streichelte zu Adams Brust, wo er sanft eine Brustwarze umkreiste, nur um dann frech hinein zu kneifen und sie gleich besänftigend wieder zu streicheln.

"Dir ist klar, dass ich meine Finger nie von dir lassen kann, auch in einer Ewigkeit nicht?"

Es war eher eine überflüssige Frage, die keiner Antwort bedurfte, doch wollte er Adam vorwarnen. So war Nathanael, er brauchte Nähe, sowohl körperlich, als auch geistig in Form eines Gespräches. In Adam hatte er beides gefunden und das ließ ihn erleichtert seufzen, die Haut des anderen mit liebevollen Küssen bedecken. Er konnte gar nicht anders. Adam stöhnte gequält, als Nathanael weiter machte. Natürlich konnte der Vampir etwas dafür, er war schließlich derjenige, auf den er reagierte und nicht jemand anderes. Er kniff die Augen zusammen und fasste mit seinen Armen von hinten an den Ältern, um sich noch etwas näher an ihn zu schmiegen. Genießend schloss er die Augen, drehte sich etwas zur Seite und machte sich nun daran, Nathanael seinerseits etwas zu verwöhnen.

"Ja? Tu ich das?" Er stöhnte leicht auf, als der Vampir ihn so traktierte.

"Wer sagt denn, dass ich das will?" fragte Adam liebevoll.

Er streckte sich, um etwas mehr Angriffsfläche zu bieten.

"Wie wärs doch mit Bett?" fragte er leise.

Ein wenig schmunzelte der Vampir. Irgendwie war Adam einfach zu überreden. Er war sich sicher, dass Adam ihm keinen Wunsch abschlagen würde, solange er ihn ein wenig streichelte und küsste. Doch wo es ihm auf der einen Seite gefiel, mochte er das auf der anderen Seite gar nicht. Wer wusste schon, ob jemand anders nicht nur geschickt mit ihm spielen musste, um ihn zu überzeugen, bei diesem zu bleiben. Also musste Nathanael Adam so sehr an sich binden, dass dieser gar kein Interesse mehr für andere hatte, auch wenn das absurd klang.

"Ich weiß nicht, wenn du nach einem Tag schon ein Verbot aussprichst, wie wird es dann nach einer Woche aussehen?" hauchte er verführerisch in Adams Ohr, welches gleich wieder mit den weißen Zähnen beknabbert wurde, mit den kühlen Lippen betupft und von der wärmeren Zunge verwöhnt. Seine Finger wanderten wieder zu Adams Bauch.

"Nein, nicht ins Bett" sagte er leise und löste sich von Adams Gesicht.

"Du bist doch noch gar nicht müde" griff er die Worte des Jungens auf, die er beim ersten Vorschlag gesagt hatte.

"Außerdem" flüsterte er dann, zog das Hemd ein wenig höher, um seine Finger beim Streicheln beobachten zu können.

"Denk an mein Versprechen. Im Bett werde ich sicher meinen Anstand verlieren."

Es klang eher wie ein Versprechen, als das es eine Drohung war, doch beides konnten diese Worte beinhalten. Denn auch wenn Nathanael nicht geglaubt hatte, solch eine Begierde, solch ein menschliches Verlangen aufzubauen, so hatte Adam es geschafft, all diese menschlichen Bedürfnisse in ihm aufzuwühlen, dass es dem Vampir beinahe schon vergessen ließ, dass ihr ganzes Spielen an seinen Kräften saugte, wie er an seinen Spendern. Nach jeder Nacht würde er erschöpft sein, so erschöpft, dass er wohl mehr in der Nacht herum streifen musste, als er es bisher getan hatte. Aber das war ein Preis, den er für Adam gerne zahlen wollte. Denn Rücksicht auf ihre Umgebung würde nur eine Gefahr für Adam bedeuten. Der Vampir hatte schon heute gespürt, wie sehr es ihm doch auch auf seine vampirische Art nach Adam drängte. Und er war sich sicher, dass er nur einmal unachtsam sein brauchte und er würde seine ganzen Vorsätze und Gefühle für Adam vergessen. Dieser lachte leise auf.

"Das ist doch nicht für immer Nathanael!" Adam küsste ihn liebevoll.

"Aber nach ner Woche darfst du mich gar nicht mehr anfassen" grinste er.

Am liebsten hätte er sich am Boden gekringelt vor Lachen, heute war er aber auch mal wieder sowas von empfindlich und irgendwie zum Spielen aufgelegt. Im Moment fühlte er sich wieder völlig unbeschwert, wie es sich vermutlich für jedes Kind in seinem Alter gehörte. Adam war doch noch zu naiv um das alles so richtig verstehen zu können, aber wer hätte es ihm auch erklären sollen? Es war ja niemand da, außer Nathanael.

"Denk doch an mich!" beschwerte er sich schmollend.

"Nochmal sowas wie heute im Bad oder heute Morgen im Bett und ich kann wochenlang nicht laufen und bin ans Bett gefesselt. Am Ende muss ich meine Uniträume wegen Sexüberfluss begraben müssen!"

Er bemerkte nur gering von Nathanaels Unbehagen, konnte es schließlich nicht erahnen, denn er selbst schwebte auf Wolke 7 und hätte nichts von alldem missen müssen.

"Außerdem kommt das alles gar nicht gut, wenn du nächste Woche zum Elternsprechtag gehst."

Am liebsten hätte Nathanael sich auf die Worte von Adam eingelassen und wollte dann mal sehen, ob sich Adam selbst daran halten würde. Nach einer Woche freier Liebe gar nicht mehr angefasst zu werden. Er war sich beinahe schon sicher, dass der Junge in seinem Alter etwas mehr Zuwendung benötigte, nachdem er einmal damit angefangen hatte. War er doch selber in dem Alter gewesen und trotzdem die Zeit damals etwas anderes war, konnte ihn nichts davon abhalten, mehr Erfahrungen zu sammeln und jede Nacht aufs Vollste zu genießen. Genau das würde er auch Adam zuschreiben. Doch er selber wollte sich nicht auf die Probe stellen. Dann lachte er allerdings, als er Adams weitere Worte hörte.

"Meinst du nicht, dass du dich irgendwann daran gewöhnt hast?" fragte er amüsiert.

Sicher würde sein Körper irgendwann nicht mehr so steif sein danach, doch wer konnte das schon sicher sagen. Sanft küsste er den Jüngeren.

"Du wirst deine Uniträume schon nicht deswegen an den Nagel hängen."

Er betonte bewusst das Deswegen, denn eigentlich hatte er nicht vor, Adam auf eine Uni gehen zu lassen. Gut, er sollte im Grunde machen, was er wollte, aber hier in der Nähe gab es keine gute Uni und wegschicken würde er ihn gewiss nicht. Frech kniff er ihm in die Seite.

"Glaubst du nicht, dass ich genügend Ausstrahlung habe, dass es deinen Lehrern egal ist, was passiert ist?" Er grinste ein wenig.

"Die meisten reagieren völlig Abwesend auf meine Anwesenheit. Und ich wette dein Mathelehrer lässt sich auch zu guten Noten überreden" scherzte er dann lachend.

Trotzig wie ein kleines Kind erwiederte Adam den Blick des Anderen.

"Sicherlich werde ich mich irgendwann..." und er legte Wert auf die Betonung des Wortes irgendwann, "... daran gewöhnen, aber nicht, wenn du mich zweimal am Tag völlig um den Verstand bringst. Vor allem jetzt, unter der Woche, wenn ich am nächsten Tag in die Schule muss."

Er dachte natürlich auch an seine Noten und die Auswirkungen, die seine nächtlichen Eskapaden jetzt schon hatten. Wie würde das erst werden, wenn sie es tagtäglich auch noch hemmungslos trieben? Adam schüttelte den Kopf, als ob er sich selbst diese Frage beantworten würde. Nein, das würde auf Dauer nicht gut gehen.

"Sicherlich werde ich das nicht deswegen aufgeben, aber wenn ich keine guten Noten habe? Was dann? Dann kann ich nicht studieren. Und ich will dir doch ein ebenbürtiger Partner sein Nathanael."

Liebevoll strich er über dessen Wange und verteilte sanfte Schmetterlingsküsse darauf. Als könnte er Adams Gedanken lesen, huschte ein leicht perverses Grinsen über seine Lippen. Ein wenig schien auch die Spiellust wieder in seine Augen zu treten, doch schnell wurden seine Züge sanfter und er strich Adam leicht über die Wange.

"Wenn Noten alles wären, was für mich einen ebenbürtigen Partner ausmacht, Adam, dann müsste ich mir einen Penner suchen, der das Wort Schule nicht einmal kennt." Er schmunzelte ein wenig.

Sicher, er war selber auch zur Schule gegangen, aber sah diese zu seiner Zeit noch etwas anders aus und vor allem hatte er selten gute Ergebnisse gebracht. Eher war Nathanael einer derjenigen gewesen, die ihren Spaß hatten und selten die Schulbank drückten. Doch das musste er Adam nun ja nicht unter die Nase reiben, immerhin war er, der Vampir, nun beinahe jeden Tag mit mehr Bildung beschäftigt, als jeder Professor und Magister. Was hatte er auch sonst zu tun, wenn nicht all das Weltwissen in seinen Kopf zu quetschen. Zumindest die Dinge, die ihn interessierten. Sanft strich er durch Adams Haare und schob ihn dann sanft von sich.

"Ich zweifle daran, dass du keine guten Noten haben wirst" sagte er sanft und streichelte den Oberarm des Anderen.

"Denn ab sofort wirst du mich nach der Schule antreffen und die Nacht über schlafen" stellte er fest und das war kein Vorschlag, sondern ein Beschluss.

Den er gerade gefasst hatte, wohl bemerkt. Er hatte sich überlegt, wie er ein wenig Normalität in Adams Leben bekommen könnte und die Nacht über zu schlafen, war eindeutig das Normalste für ihn und die kurze Zeit zwischen Schule und Schlafen würde ausreichen müssen, um das Suchen nach Nähe zu befriedigen. Zudem konnte Nathanael auf diese Weise garantieren, dass er nicht doch über den anderen herfiel, jetzt, wo scheinbar jede Mauer zwischen ihnen gebrochen war. Adams Lippen bewegten sich, wie bei einem Fisch auf trockenem Land. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Nathanaels Aussage ließ keinerlei Wiederreden zu und so konnte er ihm auch wohl nichts entgegenbringen, um diesen Entschluss zu entrkäften.

"Aber das sind doch nur ein paar Stunden" versuchte er, durchaus im Klaren darüber, dass es ein äußerst schwaches Argument war.

Aber irgendwie war er auch dankbar dafür, dass er in der Nacht wieder einigermaßen Schlafen konnte. Doch andererseits bezweifelte Adam, dass das überhaupt der Fall sein würde. Denn etwas normales hatte sein Leben schon seit drei Jahren nicht mehr gehabt. Er wiegte den Kopf hin und her, überlegte fieberhaft, wie er seine nächste Frage am Besten in Worte fassen sollte, doch ihm fiel nichts gescheites ein.

"Du weißt ja, dass ich gerne studieren möchte" begann er stattdessen.

"Aber ich glaube, wir sollten das Thema mal besprechen, wenn wir beide munterer sind nicht wahr?"

Nach diesen Worten schmiegte er sich an Nathanael und schloss dessen Umarmung genießend die Augen. Kaum das Adam seinen Beschluss angenommen hatte, schlief dieser auch schon nach kurzer Zeit in Nathanaels Armen ein. Er brachte ihn zum Bett, das wohl oder übel noch ein wenig verwühlt war und deckte den anderen zu. Er würde gerne hier im Bett bei ihm bleiben, aber es drängte ihn zurück zu den Briefen und in sein kleines Arbeitszimmer, oder auch die Kammer, wie man es nennen konnte.

Die nächsten Tage waren ziemlich normal. Abends sah er Adam, verbrachte die Zeit mit ihm, wie versprochen, bis zum späten Abend, wo Adam sich dann ins Bett legte und Nathanael sich wieder den Briefen und seinen verdrängten Erinnerungen zuwandte. Er konnte einfach nicht entschlüsseln, was sich so gut in seiner Erinnerung versteckt hatte. Doch irgendwann musste er es heraus finden, es musste einen Grund haben, warum Emily ihm diese Zeilen mitgeschickt hatte.

Kapitel 08

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 09

Kapitel 9

Erst das Klingeln des Weckers riss Adam aus seinen Träumen. Murrend klopfte er nach dem Ding, um es noch einmal 10 Minuten zum Schweigen zu bringen. Er drehte sich um und traf auf einen harten Wiederstand, der ihn nun blinzeln ließ. Fast erschrocken blickte er auf das bleiche Antlitz von Nathanael, der vor ihm lag, als ob er gestorben wäre. Leichte Schatten unter seinen Augen. Kein Atem. Wenn Adam nicht wüsste, dass Nathanael schon tot wäre, würde er sich jetzt große Gedanken um den Vampir machen.

"Hey" er stubste ihn leicht an.

"Hey, steh auf, es wird bald hell!"

Er küsste sanft die kalten, dennoch weichen Lippen seines Meisters.

Den Wecker hatte Nathanael gekonnt überhört. Wollte er doch weder diese Gefühlslosigkeit und Taubheit seines Körpers aufgeben, noch die Wärme vermissen, die sich noch neben ihm befand. Doch mit einem Ruck war Adam wach, seine leisen Worte und das doch etwas penetrante Stubsen holten auch ihn aus seiner Erholung.

"Es wird jeden Morgen hell" klärte er seinen Liebsten auf, der ihn aber sogleich küsste und ihn damit ganz in die Wirklichkeit zurück holte. Sanft legte er seine Arme um Adam.

"Guten Morgen" nuschelte er und drückte seine Lippen zu einem liebevollen Kuss auf Adams Hals.

Er wusste nicht, wie spät es war, nur, dass er wohl den Tag über im Haus bleiben würde, was für eine Wahl hatte er auch sonst. Aber es gab hier auch genug zu tun, um sich zu beschäftigen und nicht an die Zeit zu denken, in der er alleine hier war. Sie sollten sich doch ein Haustier besorgen.

"Hast du gut geschlafen?" fragte er, nachdem er sich von der warmen Haut hatte lösen können und Adam wieder ansah.

Er musste leise Lachen, als der Vamipr ihn erneut in der Halsbeuge küsste. Da war er auch so verdammt kitzlig.

"Ja ich habe gut geschlafen. Auch wenn du heute mal ganz kurz weg warst." Adam sah den Vampir vorwurfsvoll an.

"Wo warst du? Ich hab dich so schrecklich vermisst."

Sanft schmiegte er sich stärker in die starken Arme.

"Warum kann ich nicht heute einfach zu Hause bleiben? Dann könnten wir noch viel länger im Bett bleiben und kuscheln."

Schmollend schloss er die Augen und schmiegte sich an den starken Körper vor sich. Er seufzte theatralisch, was seine Ansichten noch etwas besser untermalen sollte.

Nathanael sah Adam mit einem Schmunzeln aber auch einem durchdringlichen Blick an.

"Ich habe deinen Lehrern versprochen, dass du dich bemühen wirst. Dann kann ich dich nicht gleich wieder schwänzen lassen" sagte er und klang dabei amüsiert.

"Wir können auch später noch kuscheln und im Bett liegen" sagte er dann noch und piekste Adam sanft in die Seite, schob ihn dann ein wenig von sich.

"Und nun aufstehen, duschen, frühstücken" wies er an, stand selber auf und zog sich an.

Wo er die Nacht über war und warum er weg war, auf diese Frage ging er nicht ein, Adam sollte die Antwort selber wissen. Beleidigt quälte sich Adam aus dem Bett und sammelte seine Klamotten ein. Seine Uniform lag noch immer so unordentlich vor seinem kleinen Schrank, wie er sie gestern Abend dort hingeworfen hatte. Er suchte sich frische Unterwäsche heraus und lief an Nathanael vorbei ins Bad. Dort stellte er ersteinmal die Dusche an und wartete bis das Wasser warm genug war. Dieser sanfte Schauer erwärmte seinen Körper wunderschön. Adam beeilte sich, um mit dem duschen fertig zu werden, damit er noch möglichst viel Zeit mit Nathanael verbringen konnte.

Wobei, fiel Adam gerade ein, er würde sich sein Frühstück vermutlich selber machen müssen. Gott, dann hätte er ja den Kaffee schon anstellen können, während er duschte. Dann wäre der wenigstens schon fertig. Mit einem Seufzen putzte er sich die Zähne und versuchte seine Haare etwas in Form zu bringen, was bei dem Wuschelkopf gar nicht so einfach war. Anschließend verließ er halb angezogen das Bad.

"Nathanael, hast du meine Krawatte gesehen? Ich kann sie nicht finden!"

Adam eilte an ihm vorbei in die Dusche und er schmunzelte ein wenig. So, der Kaffee lief noch nicht, doch der Vampir wusste sehr genau, dass Adam diesen immer am Morgen trank, auch wenn Nathanael ihn dafür als zu jung empfand. Also war es an dem Älteren den Kaffee zuzubereiten, wie es sonst der Junge immer getan hatte und wo er schon dabei war, bereitete er auch gleich eine kleine Frühstücksplatte vor.

Sicher, er wusste nicht so recht, was Adam aß und was nicht, aber es gab genug Auswahl, dass der Andere nur das essen brauchte, was er wollte. Dann entdeckte er die Krawatte auf dem Boden, die er aufhob, nachdem er das Tablett auf den Tisch gestellt hatte und nur einen Moment später kam sein Liebster halb angezogen aus der Dusche. Nathanael lehnte sich an die Tischkannte und hob die Krawatte höher.

"Diese hier?" fragte er amüsiert und ging dann zu Adam, um ihm die Krawatte anzulegen.

Wenn er gewusst hätte, wie gut Adam in seiner Uniform aussah, er hätte ihm bestimmt verboten etwas anderes zu tragen. Aber sicher war es nicht gemütlich, zumindest sah es nicht danach aus.

"Der Kaffee ist gleich fertig" sagte er leise und küsste Adam liebevoll.

Adams Blick glitt auf den Schlipps in Nathanaels Hand.

"Ja genau diese!" antwortete er, während seine Finger schon fast automatisch das Hemd zuknöpften.

Kaffee? Bei diesen Worten blickte er über seine Schulter und ging dabei die Gefahr ein, von Nathanael stranguliert zu werden, der seine Krawatte mit Bedacht band. Leicht hustend drehte er sich wieder zu dem Vampir um und sah zu ihm hoch.

"Du hast Kaffee gemacht? Für mich?" Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen und kurze Zeit später entfloh ihm sogar ein Lachen.

"Seitwann machst du Frühstück für mich Nathanael?" Er löste dessen Hände von dem lästigen Ding um seinen Hals und zog ihn in einen leidenschaftlichen Kuss.

"Du wirst mir langsam unheimlich, wenn du so sanft bist" hauchte er gegen diese verführerischen Lippen.

Einerseits amüsierte es ihn, wie ungläubig und zugleich doch scheinbar dankbar Adam seine Tat annahm, andererseits war er unsicher, ob es Adam nun freute oder nicht. Doch er selber lächelte nur.

"Nun ja, wenn ich dich schon vom Schlafen abhalte, dann sollte ich dir wenigstens einen angenehmen Morgen bereiten" begründete er seine Wohltat und ließ sich nur zu gerne in den Kuss von Adam ziehen, erwiderte diesen beinahe hungrig und blickte Adam nun wirklich amüsiert an.

"Ich kann mich auch gerne wieder zurück ziehen, wenn dir das lieber ist" schlug er vor und ging einige Schritte zurück, um sich dann auf seinen Sessel zu setzen.

Wie gerne er doch hier saß, egal was er gerade tat und wann er es tat, der Sessel war unheimlich gemütlich und so konnte der Vampir immerzu Adams Bewegungen verfolgen.

"Iss ruhig, du musst gleich los" meinte er mit einem Lächeln.

Ob Adam immer so knapp aufstand oder ob er heute einfach nur keine Lust gehabt hatte, zeitiger aufzustehen. Obwohl, er wusste ja nicht, wie lange sein Geliebter brauchte um zur Schule zu kommen, vielleicht ging er schneller, als er dachte. Adam lachte leise.

"Mich vom Schlafen abhalten? So nennst du das also?" Er war wirklich belustigt über die Wortwahl des Älteren. Er setzte sich an den Tisch und nahm sich eine Banane vom Tablet.

"Manchmal könnte man wirklich meinen, du bist in nem anderen Jahrhundert hängen geblieben Nathanael." Er biss amüsiert in die Frucht und kaute darauf rum.

Sein Blick wanderte auf die Uhr. Naja, viertel nach sieben. Er brauchte knapp zwanzig Minuten mit dem Rad in die Schule. Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Das Rad! Es stand noch an der Schule! Er war schließlich mit Nathanael nach Hause gefahren.

"Verdammte Scheiße, verdammte Scheiße"! fluchte er und lief in sein Zimmer um die Schulsachen zu holen. Zu Fuß würde er viel, viel länger brauchen.

"Ich muss los. Rad steht noch inner Schule! Ich muss zu Fuß gehen!" Er hielt nocheinmal kurz bei Nathanael und gab diesem einen Abschiedskuss.

"Pass auf, dass dich die Sonne nicht erwischt ja!" ermahnte er den Vampir.

Gemütlich legte der Vampir ein Bein über das andere und beobachtete Adam beim Essen, als dieser plötzlich wie von der Tarantel gestochen aufsprang und in sein Zimmer eilte. Also brauchte er tatsächlich einige Zeit. Nun ja, dann wars wohl doch gut, dass er den Jungen mit der Zeit nervte. Er lächelte ein wenig. Wer weiß, vielleicht war Nathanael wirklich in einer Zeit stehen geblieben, aber sie mischte sich ganz gut mit der neuen Zeit. Immerhin wusste er um das Internet und nutzte das Telefon, selbst ein Handy hatte er und ein Auto. Er kannte da ganz andere Vampire, die nichts dergleichen nutzen, weil sie es noch immer als Teufelswerk bezeichneten. Eigentlich irrsinn, dass gerade Vampire solche Worte nutzten, aber so war es mit einigen eben.

Schließlich eilte Adam an ihm vorbei und stammelte irgendeine hektische Erklärung und drückte ihm noch einen Kuss auf.

"Nimm doch das Auto?" kam es unschuldig von ihm und leicht verwundert.

Immer diese Eile, das war auf Dauer bestimmt nicht gesund. Sanft hielt er Adam am Handgelenk fest und zog ihn noch einmal zu sich, um ihn einen ordentlichen Kuss zu geben, in der Hoffnung, Adam würde einen Moment die Zeit vergessen und sich an das Atmen erinnern.

"Lass dir Zeit" sagte er dann leise, nachdem er sich von den köstlichen Lippen gelöst hatte.

"Wie ... wa...wo Auto?" Er sah Nathanael verständnislos an.

"Ich ... aber, der Porsche... ich kann doch gar nicht damit fahren! Ich setz ihn doch nur gegen den nächsten Baum. Hmmpf" Leidenschaftlich erwiederte er den nächsten Kuss, ließ sich von Nathanael gern in diesen ziehen.

Wenn er natürlich das Auto nahm, wäre er bedeutend schneller und hätte noch etwas mehr Zeit, um sie mit Nathanael zu verbringen. Langsam löste er sich wieder von dem Vampir und sah ihm in die Augen.

"Aber dann kommt mein Rad wieder nicht nach Hause, wenn ich mit dem Porsche fahre."

Er wusste, dass das ein leidlicher Versuch war, die Zeit etwas hinauszuzögern. Und außerdem hatten sie in der ersten Stunde nur Sport. Nach dem Kuss war Nathanael noch wesentlich belustigter.

"Du!" Er betonte das Du, "setzt garantiert kein Auto gegen einen Baum, der Baum wird eher das Auto umlaufen."

Das dies eine Anspielung auf Adams Tempo und Fahrweise war, überließ er der Interpretation des Jungen und zog diesen dann auf seinen Schoss.

"Dein armes Fahrrad. Es ist bestimmt schon ganz traurig. Wir können es natürlich nicht dort stehen lassen, da hast du wohl recht" sagte er dann einfach frech und küsste Adam noch einmal.

Er überlegte, ob er ihn nicht doch zu Hause lassen sollte, aber das war nicht richtig und es gab auch keinen Grund dafür. Erneut sah er den Anderen an.

"Wenn ich so darüber nachdenke, bist du zu Fuß wohl doch noch schneller, als wenn du das Auto nimmst" ärgerte er ihn.

"Aber ich kann dich noch gar nicht gehen lassen" stellte er gleich im nächsten Atemzug fest.

"Du hast weder vernünftig gefrühstückt, noch den Kaffee getrunken. Und es wäre viel zu schade, das ganze wegzuschmeißen" belehrte er Adam an diesem Morgen erneut und schmunzelte dann ein wenig.

Er wusste wohl, wie verantwortungslos das ganze klingen musste und auch war, denn er hielt Adam von der Schule ab, aber irgendwie war es dem Vampir gerade egal.

"Hey, kalter Kaffee macht schön. Den kann ich heute Nachmittag auch noch trinken. Und was heißt hier, ich wäre mit dem Auto langsam! Ich muss mich erst daran gewöhnen!"

Der Porsche hatte nunmal ne Menge PS und das war der Junge nunmal nicht gewöhnt. Liebend gern ließ er sich nun von Nathanael in dessen Schoß ziehen und schlang seine Arme um dessen Hals.

"Wenn du so weitermachst, komm ich garantiert noch zu spät. Du bist wirklich nicht gut, wenn mir morgens die Zeit davon läuft!" Adam zog Nathanel zu sich herab und verwickelte ihn in eine leidenschaftlichen Kuss. Als er sich wieder von ihm löste meinte er frech

"Wo sind die Schlüssel?"

Irgendwie klang es absurd. Kalter Kaffee... das klang weder lecker noch klang es, als würde es schön machen, aber Adam würde schon wissen, was er tat.

"Nein, ich bin nie gut für dich" stellte er mit einem leichten Lächeln fest und erwiderte den weiteren Kuss.

Sie würden sich wohl ewig immer wieder küssen, Nathanael konnte auf jeden Fall nicht genug davon bekommen und so schmollte er auch leicht, als Adam nach den Schlüsseln verlangte.

"Wenn du das Auto nimmst, brauchst du ja noch nicht los" stellte er fest und schob den anderen leicht von sich, um aufzustehen, eine Brottüte zu nehmen und einige von den Schnittchen einzupacken, dieses Bündel dann zu Adam zu reichen.

"Dann isst du in der Schule. Wehe es bleibt was über" meinte er und sah den anderen dabei ernst an, übergab ihm dann auch die Schlüssel.

Immerhin sollte er wirklich nicht zu spät kommen, auch wenn Nathanael nur ungern alleine hier zurück blieb. Adam versuchte wirklich mit aller Macht, ein Lachen zu unterdrücken, doch zuckten seine Mundwinkel immer wieder verdächtig nach oben. Er nahm dankend die Tüte und die Schlüssel entgegen.

"Ich werde mich hüten, auch nur einen Krümmel mit nach Hause zu bringen Papa" lachte er leise, ehe er in Richtung Tür ging.

Von der Garderobe nahm er seine Jacke und zog sie über, ehe er sich die Tasche umhängte.

"Sei vorsichtig ja? Du hast es mir versprochen Nathanael. Und ich will heute Abend sicherlich nicht deine Asche vom Boden aufwischen müssen!" Er hatte ermahnend den Finger gehoben und fuchtelte vor der Nase des Vampirs herum.

"Ich liebe dich!"

Bei diesen Worten stellte er sich auf die Zehenspitzen um einen Kuss auf die Wange des Vampirs zu hauchen. Auch der Vampir hatte Mühe nicht zu lachen.

"Keine Sorge, ich verpuffe schon nicht" sagte er auf die Drohung von Adam hin und küsste diesen liebevoll, nachdem er nur einen Kuss auf die Wange bekommen hatte.

"Nun beeil dich, sonst kommst du doch noch zu spät" ermahnte er ihn und schob ihn zur Tür, ehe er sich selber wieder in den Sessel setzte und sogleich anfing, die Rechnungen fertigzustellen, um sie zu bezahlen.

Schließlich sollte weder Strom noch Wasser oder die Heizung abgestellt werden, auch wenn sie die Heizung wohl am seltensten benutzen, eigentlich wusste Nathanael nicht mal, wieso sie hier eingebaut wurden, der Ofen heizte eigentlich genug, aber nun ja, einige waren sicher zu faul für neues Holz zu sorgen oder hatten Angst vor dem Feuer. Schließlich, nachdem Adam gegangen war, holte er den Laptop, das wohl vermeindlich wertvollste hier im Haus und klappte diesen auf, um ein wenig zu stöbern. Vielleicht fand er mal wieder interessante Artikel, denn die Bücher, die er sonst las, lagen alle in der Scheune, zu der er nur schwerlich gelangen könnte, zumindest im Moment.
 

Adam ging zum Wagen, wo er ersteinmal seine Sachen auf dem Beifahrersitz und setzte sich dann hinters Steuer. Er startete den Wagen und parkte aus, ohne einen Unfall zu haben. Das war doch schonmal ein guter Anfang. Dann fuhr Adam wirklich mit dem Porsche in die Stadt, ohne einen Unfall zu verursachen, oder auch nur darin verwickelt zu werden. Mit einem breiten Grinsen parkte er den Porsche auf dem Parkplatz der Schule. Als er ausstieg hörte er bereits die ersten tuschelnden Stimmen seiner Mitschüler. Doch sie störten ihn nicht wirklich, denn das war schon immer so gewesen. Adam packte seine Sportsachen und die Schultasche und ging in das Gebäude.

"Hey Adam... hast du endlich jemanden gefunden, der dich ordentlich Geld gibt, dafür, dass du die Beine führ ihn breitmachst."

Gott, Steve war so ein Arsch. Doch versuchte er ihn zu ignorieren. Es war doch immer das Gleiche mit diesem Trottel. Versuchte ihn zu ärgern und zu provozieren. Doch mit den Jahren hatte Adam gelernt, Steve zu ignorieren. Ungeachtet der Gemeinheiten, ging er in die Umkleidehalle, der Turnhalle und zog sich seine Sportsachen an.
 

Nathanael surfte so durch das weite Internet und schließlich guckte er nicht doof. Ein paar Videovorschaubilder waren dort und sie sahen sehr anrüchig aus. Aber es waren nicht einfach nur Pornos, wie sie sonst so auftauchten, sondern beides Männer. Es waren Schwulenpornos! Ohne darüber Kontrolle zu haben klickte sein Finger auf eines der Videos, das recht harmlos aussah und das Video startete. Nathanael staunte nicht schlecht, ihm wurde sogar fast ein wenig wärmer, als er das Video sah. Es schien ein Amateurvideo zu sein, zumindest schien nichts geplant zu sein, sondern einfach zu passieren und es sah alles so leidenschaftlich aus. Er schluckte schwer und machte den Ton an.
 

Adam hatte die Turnhalle noch nicht einmal richtig betreten, als er von hinten am Kragen gepackt wurde, um auf die Treppe gezogen zu werden.

"Autsch" entfuhr es seiner Kehle, doch er wusste auch, ohne hinzusehen, wer es war.

"Was willst du Steve?" fragte er gereizt.

"Du hast mir noch immer keine Antwort gegeben, auf meine Frage von vorhin." Er ging nah an Adam heran und hauchte in sein Ohr.

"Na, wer ist denn dein ehrenwerter Gönner, dass er dir sogar gleich ein Porsche-Cabrio schenkt?"

Adam konnte sich nicht zruückhalten und schlug dem Größeren in den Magen. Dieser keuchte unter Schmerzen auf.

"Das wirst du mir büßen kleiner Adam" stöhnte er, als Steve sich aufrichtete.

Er packte den Jüngeren am Kragen und schleuderte ihn gegen eine nächste Wand, ohne ihn loszulassne. Adam schrie unter Schmerzen im Rücken auf und wehrte sich nach Leibeskräften.

"Du kleine schwule Nutte!" schrie ihm Steve ins Gesicht.

"Ach halt doch die Klappe Steve!" schrie Adam zurück.

"Du bist doch nur eifersüchtig, weil ich nicht für dich die Beine breit gemacht hab. Mehr als Kuscheln und Knutschen war nicht drin und willst du wissen wieso, weil du ein Arschloch bist!"

Dafür kassierte der Schwarzhaarige eine saftige Ohrfeige.
 

Kaum, dass die Lautsprecher an waren, klappte Nathanael der Mund auf und wäre er nicht zu Stein gefroren, hätte er wohl alles ausgeschaltet, doch er saß nun einfach da und starrte einerseits erschrocken, andererseits äußerst interessiert auf den Bildschirm. Nun, es war nicht so, dass dort unmögliche Dinge gezeigt wurden oder gar irgendwas abartiges, aber irgendwie schien ihm, wenn er so darüber nachdachte, der untere Partner in dem Video wesentlich mehr Spaß zu haben, als Adam bisher und das war auch der Teil, der ihn an diesem Video interessiert. Schockiert war er eher von der Tatsache, dass die zwei es vor der Kamera trieben und ins Internet stellten, aber wer wusste schon, wie viel Geld sie dafür bekommen hatten und wie nötig sie es hatten. Oder sie mochten es einfach.

Langsam neigte sich das Video dem Ende und auch der Mund von Nathanael schloss sich wieder. Nun war er wirklich neugierig und klickte noch vor dem Finale ein neues Video an. Dort schien es eher noch ruhiger zuzugehen, zumindest fing es mit ein wenig Vorspiel an. Nun war er mehr als Aufmerksam und zwinkerte nicht einmal mehr um auch nicht ein Bild zu verpassen.
 

Adam hielt sich die schmerzende Wange und starrte den Größeren finster an.

"Das wagst du nicht nocheinmal zu sagen Adam!"

Der Wuschelkopf blickte trotzig nach oben.

"Aber sicher..."

Bereits waren einige Schüler versammelt und beobachteten interessiert das Treiben zwischen den Beiden.

"... und du schlägst wie ein Mädchen!" setzte der Kleine noch hinzu.

Das war dann wohl zuviel des guten, denn dafür kassierte er einen Schlag in die Magengrube, die ihm alle Luft aus den Lugen trieb. Schmerzend hielt er sich den Bauch, doch noch brachte er genügend Kraft auf, um mit dem Fuß nach Steve zu treten, sodass dieser ihn unter einem schmerzerfüllten Aufschrei losließ und Adam auf den Boden krachte. Wie zwei Hähne sahen sich die beiden Kontrahenten nun an, bis Steve vorschnellte, mit der Faust ausholte, aber nur die Wand traf, da Adam sich auf den Boden duckte. Er selbst setzte nocheinmal mit dem Fuß nach und schon war eine kleine Schlägerei zwischen den Beiden im Gange. Sie wurden von vielen angefeuert, bis ihr Sportlehrer dazwischen ging.

"DAS REICHT!" schrie er mit puterrotem Gesicht.

"ZUM DIREKTOR! SOFORT!"

Er packte jeden am Kragen und schleifte die beiden Streithähne durch die Turnhalle zum Ausgang. Adam hielt sich die Hand auf das schmerzende Auge und er schmeckte etwas Blut in seinem Mund. Steve hatte ihm anscheinend die Lippe aufgeschlagen. Der Junge seufzte ergeben. Das würde nochmal mächtig Ärger geben, doch hoffentlich keinen Verweis, dass war das Letzte, was er jetzt noch brauchen konnte.
 

Nathanael wusste nicht mehr, sein wievielter Porno das nun war, aber langsam schämte er sich gar nicht mehr, sondern studierte schon fast. Einige fand er lehrreicher, andere weniger lehrreich. Schließlich fuhr der den Laptop aber runter und seufzte. Sein Kopf war nun so voll, er würde sich wohl gar nichts mehr ansehen können, ohne zu platzen. Also legte er das Ding beiseite und versuchte sich einige Dinge zu merken, die er dafür als Richtig empfand. Dann fasste er einen Entschluss. Gleitgel oder -creme, oder irgendwas dergleichen würde er besorgen, das hatten fast alle genutzt. Dann waren da noch Handschellen zu finden, wobei er sich das noch mal überlegen würde, sexy Pants, die Adam aber meistens eh schon trug, nur noch ein wenig knapper und, was dem Vampir eigentlich besonders gefiel, eine Augenbinde. Damit wäre das Gröbste abgehakt und er würde Adam vielleicht mehr Lust bereiten, als dieser je für möglich gehalten hatte. Zumindest war das die Vorstellung des Älteren, wenn er diese Dinge anwand, die er heute gelernt hatte.
 

Adam saß nun mittlerweile seit einer geschlagenen Viertelstunde zusammen mit Steve im Büro und von der Sekretärin hatte er wenigstens eine Kühlkompresse bekommen, um sein blaues Auge kühlen. Steve sah ihn noch immer böse an, wenn nicht sogar mit tötenden Blicken. Adam hatte ihm ein paar ordentliche Kratzer am Hals und im Gesicht beigebracht, was ihn innerlich grinsen ließ.

Mit einem Mal ging die Türe auf und der schlanke, immer finster blickende Mann betrat das Büro. Abgesehen von der sonst schon miesen Stimmung, wurde sie noch schlimmer. Er hielt den Beiden einen Vortrag über Moral und Gleichberechtigung und gutem Verhalten.

Adam schloss gepeinigt die Augen. Seine Rippen schmerzten von einem Schlag von Steve noch immer fürchterlich. Sie wurden mit einem Eintrag in der Schulakte abgestraft und durften zurück in den Unterricht. Der Tag wurde zu einer ungsagbaren Qual, denn es tat ihm alles weh.
 

Adam setzte sich nach der letzten Stunde in den Porsche und fuhr ersteinmal in eine Apotheke, um sich Salbe und Tabletten gegen die Schmerzen zu besorgen. Erst dann schlug er den Weg nach Hause ein. Er parkte das Auto in der Garage und stieg unter Stöhnen und Ächzen aus. Seine Schulsachen hatte er im Kofferraum verstaut und holte sie nun heraus. Völlig gedemütigt ging er ins Haus, wo er seine Sachen neben der Tür ablud und erst einmal in die Küche schlurfte. Jetzt konnte er wirklich einen Kaffee gebrauchen und ein Eis für sein Auge und die Lippe.

"Bin wieder da!" rief er in die Wohnung.

Nathanael machte eine kleine Besorgungsliste, denn so wie er sich kannte, würde er gleich alles wieder vergessen, wenn er erst einmal in einem Laden stand. Das war auch einer der Gründe, warum Adam es immer für ihn besorgen musste. Auch das Tageslicht hatte aber einen großen Einfluss. Diese Besorgungen allerdings musste er schon selber machen. Schließlich klingelte das Telefon und er sah es an, als würde er es zum ersten Mal sehen, nahm dann ab und war überrascht den Schuldirektor von Adam am Hörer zu haben. Erst dachte er, es wäre etwas schreckliches geschehen oder Adam wäre gar nicht erst in der Schule angekommen, doch erfuhr er dann, dass es sich um eine Prügelei handelte und dass er Adam bessere Manieren beibringen und ihm mehr Werte und Normen zu lehren hatte. Wofür ging der Junge denn den ganzen Tag zur Schule, wenn nicht mal das erledigt wurde, dachte sich der Vampir, stimmte aber nur zu und legte auf.
 

Es dauerte noch etwa den halben Tag, bis Adam nach Hause kam. Schon an den Schritten konnte er hören, dass der Junge völlig fertig war und die Tatsache, dass er nicht direkt den Weg zu ihm, Nathanael, anschlug war ein Zeichen dafür, dass etwas nicht stimmte. Gut, der Vampir wusste, dass etwas nicht stimmte, aber roch er auch das alte Blut, selbst wenn es nur wenig war und das gefiel ihm weniger. Er erhob sich und ging in die Küche, eigentlich nur ein paar Schritte, wo er dann Adam sah.

"Willkommen zu Hause" sagte er nur leise und lehnte sich an die Küchentheke, verschränkte die Arme.

Er war gespannt, ob der Junge etwas sagen würde, wo er doch so eindeutig zeigte, dass er bereits von dem Vorfall wusste. Adam warf nur einen Blick über die Schulter, als er bereits den Blick des Vampirs bemerkte. Er verdrehte die Augen, hob mit der einen Hand die Kaffeetasse und der anderen das Eis an sein Auge.

"Willst du ne Erklärung dafür haben oder hakst du es einfach ab?"

Er umrundetete die Theke und machte sich auf den Weg in das Badezimmer. Die Tasse und das Pad legte er auf die Ablage und quälte sich aus seinen Schulsachen und schmiss sie wieder in die Wäsche. Anschließend nahm er sich einen Pulli vom Regal und schlüpfte in eine Trainingshose. Adam betrachtete sich schnell im Spiegel. Mit einem Waschlappen wischte er sich das Blut von der Lippe, ehe dieser sofort in die Waschmaschine wanderte. Zusammen mit seinen Klamotten, die er auch etwas eingesaut hatte.

Als er wieder zu Nathanael zurückkehrte, hatte sich dieser noch keinen Zentimeter bewegt.

"Und? Willst dus hören?"

Es war wohl nicht schwer zu bemerken, dass Adam kein Redebedarf hatte. Er schien genervt und Nathanael konnte das verstehen, nur störte es ihn, dass nun scheinbar der Vampir derjenige war, der das ganze auszubaden und zu ertragen hatte. Schließlich wuselte Adam herum, doch er wartete in gleicher Position an gleicher Stelle. Schließlich aber kam der Junge wieder. Er löste die Verschränkung der Arme.

"Wenn du mir davon erzählen willst" meinte er nur und sah sich das Auge genauer an.

Schließlich ging er zu Adam hin und legte sanft seine Hand an dessen Wange, strich mit dem Daumen über die Lippe und sah das Feilchen an.

"Das sieht nicht gut aus" stellte er fest und strich vorsichtig darüber.

Es war sehr geschwollen und so blau und grün. Er seufzte ein wenig, dann strich er Adam über den Kopf. Er wollte ihm nicht böse sein, zumal es eigentlich keinen Grund dazu gab. Der Junge hatte mit seinen Blässuren wohl genug Strafe erfahren und brauchte nicht auch noch einen meckernden Kerl an seiner Seite. Adam sah schmollend zu Nathanael.

"Wenn ich nicht mit dem Porsche gefahren wär, wär mir das gar nicht passiert" schnaufte er.

"Steve hat mich wieder mal dumm angemacht und als... lass mich kurz überlegen... schwule Hure bezeichnet. Da hab ich eben mal zurückgeschossen. Dass er ja nur eifersüchtig drauf ist, weil ich nicht für ihn die Beine breit mach. Eifersüchtiges Etwas" bemerkte er.

Adam zog die Luft scharf ein, als Nathanael ihn an der Wange berührte.

"Ja, tut auch saumäßig weh. Und nach dem Gespräch mit dem Direx haben wir noch einen Vermerk in der Schulakte bekommen, der hat mich gar nicht angehört!"

Bei dem Vorwurf mit dem Porsche hatte Nathanael beinahe das Gefühl, er würde nun dafür verantwortlich gemacht, dass alles so gekommen war.

"Hören Direktoren überhaupt mal zu?" fragte er noch immer auf die Verletzungen konzentriert, ehe er sich dann von Adam löste.

Er würde ihn gerne küssen, doch fürchtete er sich ein wenig vor der noch etwas geöffneten Lippe oder viel mehr davor, davon verführt zu werden und sich vielleicht doch über den Jungen her zu machen.

"Du bist aber keine Hure" sagte er leise und lächelte dann.

"Und wenn das jemand behauptet, dann soll sich der Schuleintrag schon gelohnt haben."

Doch gerade konnte er Adam nicht wirklich ertragen, auch wenn er versuchte so liebevoll wie möglich zu klingen, er konnte die Aggressionen in Adam beinahe brodeln spüren und das machte ihn selber ganz kribbelig.

"Du, ich gehe eben noch mal los. Leg du dich hin und kühl schön dein Auge, sonst wird es noch dicker" mahnte er ihn.

"Ich finds trotzdem total scheiße, dass ich mir das von diesem Idioten anhören musste. Und ich weiß, dass ich das nicht bin, aber ich will auch nicht, dass man mich als solche ansieht."

Er schlang seine Arme um die Taillie des Vampirs und hielt seine Wange an die Brust des Älteren. Diese war auch ganz schön kühl und fast besser als der Eisbeutel. Er nickte mit dem Kopf, als Nathanael erwiederte, dass er noch einmal losgehen würde. Er löste sich von dem Älteren und ging zu dem kleinen Sofa hinüber. Dort ließ er sich darauffallen und hielt sich wieder den Kühlpack an das Auge und die Wange.

"Bleibst du lange aus? Und hast du den Laptop hier irgendwo? Ich muss noch ein paar E-Mails checken." Er drehte sich zu Nathanael um.

"Kann ich morgen zu Hause bleiben?" fragte er vorsichtig.

Natürlich wollte man so nicht bezeichnet werden und Nathanael hatte ja auch gar nichts dagegen, dass Adam sich dagegen gewehrt hatte, doch sollte man das auch erfolgreich machen und hinterher nicht so mitgenommen aussehen. Er zog sich seinen Mantel über und sah dann noch einmal zu Adam.

"Ich bin nicht lange weg."

Er ging zum Laptop und packte den Zettel ein, reichte Adam dann das technische Ding.

"Stell keinen Unsinn an, während ich weg bin" mahnte er noch einmal liebevoll und ging zur Tür.

"Natürlich, so lasse ich dich bestimmt nicht zur Schule" sagte er mit einem Schmunzeln und verschwand durch die Türe.

Immerhin war es schon dämmrig und damit sehr erträglich für den Vampir, sogar angenehmer als die komplette Dunkelheit.

Adam nickte, als der Andere erwähnte, dass er nicht lange aus war. Das beruhigte ihn doch etwas, denn er war nervös, wenn er alleine war. Jeder hätte ihn überfallen können und ihm wehtun. Er platzierte den Laptop auf seinen Knien und blickte zu Nathanael. Schenkte diesem ein unschuldiges Lächlen

"Ich kann doch niemals etwas unanständiges anstellen." Zuckersüß kamen die Worte über seine Lippen, während er das technische Gerät aufklappte und startete.

"Okay" bemerkte er noch zur Schule.

Als Nathanael weg war, war auch der Laptop hochgefahren und Adam startete das Internet. Nachdem er seine E-Mails gelesen und beantwortet hatte, surfte er noch etwas rum. Als er aus versehen eine Seite schloss, öffnete er die Chronik und traute im ersten Moment seinen Augen nicht. Vorsichtig schwenkte er mit der Maus und öffnete eine der Seiten. Sein Kinn klappte nach unten. Das... das war ja... ein... Porno! Was zum Henker hatte das zu bedeuten? Und wenn er dem Datum auch noch trauen durfte, waren diese heute erst geöffnet worden. Entsetzt fügte er alles zusammen. Reichte er Nathanael etwa nicht mehr? Brauchte dieser auch noch Pornos, um sich anzuturnen?
 

Mit schnellen Schritten, er hatte keine Lust mit dem Auto zu fahren, machte sich Nathanael auf den Weg. Einerseits entspannte ihn der Fußmarsch und andererseits tat ihm die frische Luft und das restliche Licht sehr gut. Er fühlte sich gleich besser und vergaß seine Sorgen um Adam einen Moment, aber nur kurz, dann wurde ihm sein Ziel wieder klar und er schlug den Weg ein. Er kannte das Mileu genau, er war öfter dort, nur um leicht an etwas Süßes zu kommen, an etwas zu trinken. Denn die Frauen dort waren alle mehr als willig, selbst wenn sie hinterher kein Geld bekamen, aber die meisten bekamen das gar nicht mehr mit.

Dieses Mal hatte er jedoch andere Pläne, wenn er sie auch das erste Mal gefasst hatte. Hätte er genug Blut in sich, wäre er nun sicher rot geworden, denn er stand vor dem Laden wo groß und dick "Adults Dreamland" dran stand. Nun war er schon hier und jetzt wieder zu gehen wäre noch schlimmer, also ging er hinein und wurde sogleich von der Mitarbeiterin begrüßt. Sie kam zu ihm und fragte, ob er Hilfe brauchte. Er machte es kurz und schmerzlos und gab ihr den Zettel. Sie laß diesen und lief mit ihm nach hier und dort. Dann fragte sie auch noch nach Sorten und Größen und grinste dabei so wissend, als wäre seine eigene Unwissenheit in sein Gesicht geschrieben. Schließlich überließ er ihr die Wahl und hatte dann eine Tüte voll mit Dingen, viel mehr Dingen, als er auf der Liste hatte, aber er würde dem jungen Ding vertrauen. Sie wusste wohl, was gut war, schließlich arbeitete sie hier. Auch wenn er von den künstlichen Penissen selbst mit Vibration nicht überzeugt war, aber in einem der Pornos kam auch das vor und derjenige, der diesen bekam schien mehr als begeistert. Was man nicht alles tat, um seinen Partner einen höheren Genuß zu bescheren.

Schließlich nahm er die schwarze Tüte und machte sich auf den Rückweg. Vielleicht würde er sich vorher noch einen kleinen Entspannungssnack gönnen, schoss es durch seinen Kopf und er sah sich aufmerksam um.
 

Adam starrte noch immer fassungslos auf dem Laptop, rief nun ein Video nach dem Anderen auf. Nach dem fünften fuhr er den Laptop herunter, stellte ihn geistesabwesend auf den Wohnzimmertisch und legte sich mit dem Eispack im Gesicht wieder zurück auf das Sofa. Großer Gott, was zum Geier hatte er da gerade für Abgründe seines Liebhabers entdeckt. Er sah sich Pornos an, wenn er nicht da war! Das war ja furchtbar. Entweder reichte Adam ihm selbst nicht als Befriedigung. Oder vielleicht brauchte er sie auch um scharf zu werden. Oder aber Nathanael war einfach pervers und stand auf solche Sachen! Gut Adam hatte sicher nichts gegen ein bisschen spielen und fesseln, aber sich schlagen zu lassen oder gar demütigen. Er war ein Mensch! Und wenn Nathanael soetwas von ihm verlangen würde, würde er sicher dagegen wehren, da war er sich jetzt schon sicher. Aber die Idee mit dem Spielen gefiel ihm auch etwas. Fesseln übten auch irgendwie jetzt schon eine magische Faszination auf den Jungen aus. Er würde sich mal überraschen lassen. Ob er den Älteren wohl darauf ansprechen sollte? Nein, besser nicht, sonst meinte dieser nur, er würde ihm nachspionieren und das wollte Adam nicht. Er würde die Situtation jetzt einfach beobachten und sehen, was Nathanael zu tun gedachte. Und morgen durfte er ja auch zu Hause bleiben, dass war doch schon mal gut. Adam zog sich eine Decke hoch und mummelte sich darin ein, woraufhin er wenige Augenblicke später mit dem Kühlpack auf dem Auge eindöste.
 

Es hatte auch nicht lange gedauert und wie versprochen kam er auch kurze Zeit später wieder zu Hause an. Die Tüte hatte er in seinem kleinen Gemach verschwinden lassen, ehe er zur Haustür herein trat und die wohlige Wärme auf seiner Haut, nachdem er den Mantel abgelegt und das Hemd leicht geöffnet hatte, Willkommen hieß. Dann blickte er sich um und ging ins Wohnzimmer, wo Adam brav mit einer Kühlung auf dem Auge auf dem Sofa lag.

"Ist es schon besser?" fragte er besorgt und trat näher, um den Eisbeutel vorsichtig ab zu nehmen und sich das Veilchen anzusehen.

Immerhin war es nur noch geschwollen und pulsierte nicht mehr so stark. Auch das Auge selber war nicht betroffen, das waren doch gute Dinge. Sanft küsste er Adam und legte den Eisbeutel wieder darauf.

"Hallo" fiel ihm dann ein, dass er den anderen noch gar nicht gegrüßt hat und lächelte.

"Wie geht es dir?" fragte er nach und strich über die Wange, kniete sich vor das Sofa und ahnte nicht mal annähernd, was Adam gesehen hatte und das dieser auch noch sonst was von ihm dachte.

Als sich die Haustüre öffnete, schlug Adam verschlafen seine Augen auf und blickte zu Nathanael hoch, als dieser vor ihm stand. Er nickte leicht.

"Ja, tut schon nicht mehr so weh."

Er streckte sich ein wenig. Er betastete selbst vorsichtig die Stelle, wo Steve ihn getroffen hatte. Es tat nicht mehr so weh, wie am Anfang, aber es fühlte sich geschwollen an, wie Adam fand. Es entstellte ihn sicherlich fürchterlich. Er grinste in den Kuss, als Nathanael ihm den Eisbeutel wieder ins Gesicht legte.

"Uaaah, das ist kalt!" beschwerte er sich.

"Hi du! Na, wars schön?" Adam erwiederte das Lächeln.

"Ja, mir gehts gut. Jetzt bist du ja wieder da." Der junge Mann drehte sich auf die andere Seite, damit er Nathanael ansehen konnte.

"Wie war dein Tag heute?" fragte er vorsichtig.

Nun setzte sich der Vampir auf den Boden vor Adam und sah diesen weiterhin mit einem zufriedenen Gesicht an.

"Er war einsam ohne dich" gestand er und sah den Jungen verliebt an.

"Und ich hatte nicht einmal etwas zu Lesen da, außer deine Schulbücher vielleicht."

Doch danach hatte er gar nicht gesucht, wo er sich auch sicher war, dass ihn das ganze gar nicht interessiert hätte. Sanft streichelte er über den Arm von Adam und wieder sanft seine Wange.

"Vielleicht solltest du nicht mit diesem Auto zur Schule fahren" stellte er amüsiert fest.

Wenn das solche Probleme bereitet, war das wohl wirklich nicht gut. Vielleicht ein schicker Kleinwagen, der würde wohl auch besser zu Adam und seinem Fahrstil passen.

Natürlich, dachte Adam sarkastich, wahnsinnig langweilig, dass man auch Pornos gucken musste.

"Stimmt, meine Schulbücher sind langweilig. Die interessieren mich meistens auch nicht. Die Literaturbücher sind aber gar nichtmal so schlecht." bemerkte er leise.

Er schloss genießend die Augen, auch wenn es sich beim rechten als etwas schwierig herausstellte.

"Ja, du hast Recht, aber jetzt ist es auch schon egal. Vermutlich weiß es jetzt eh schon die ganze Schule" seufzte der Jüngere.

"Aber was macht sich dieser Idiot auch Hoffnungen, dass ich noch mehr für ihn machen würde! Wie blöd kann man denn sein?"

Der Vampir war sich nicht sicher, ob Adam wirklich eine Antwort auf seine letzte Frage haben wollte, aber er schwieg einfach und schien nachdenklich. Dann lächelte er aber wieder.

"Nun ja. Wenn er wirklich so ein Idiot ist, dann kann er nur sehr blöd sein" war schließlich dann sein Kommentar dazu.

"Wenn du willst, kannst du von mir aus jeden Tag das Auto nehmen" stellte er dann noch mal so als Angebot in den Raum.

"Möchtest du etwas essen, oder was trinken?" fragte er schließlich, denn er musste nun doch ein wenig für seinen Liebsten sorgen, wo dieser doch verletzt war.

Adam schüttelte den Kopf.

"Nein, ich würd lieber wieder mit dem Rad fahren. So bleib ich wenigstens ein bisschen fit. Aber jetzt im Winter wärs schon nicht schlecht. Da ists mit dem Rad wirklich kalt. Aber ich kann ja auch noch zu Fuß gehen." Er drehte sich wieder auf den Rücken, ehe er wieder zu Nathanael sah.

"Nein... eigentlich nicht. Mich würde viel eher interessieren, wo du gerade gewesen bist. Sonst gehst du doch auch erst in der Nacht auf Jagd."

Als wäre er etappt sah er Adam sprachlos an und wusste auch nichts sofort zu antworten. Auch wenn die Frage gerade erst gesprochen war, hatte er schon das Gefühl, dass mein sein Zögern bemerkte. Was sollte er nun sagen.

"Der Geruch deines Blutes hatte mich ein wenig nervös gemacht" gestand er dann.

"So ist es sicherer" fügte er noch hinzu und lächelte.

"Außerdem habe ich keine festen Essenszeiten" lachte er amüsiert ob dieser Vorstellung und knuffte Adam liebevoll gegen die Hand.

Dann strich er sanft über dessen Seiten.

"Geht es deinen Rippen gut, du atmest ein wenig schwer" war ihm gerade aufgefallen und es war perfekt, um das Thema zu wechseln.

"Was? Nein, meinen Rippen gehts so weit gut. Aber ich glaub, ich bin da ganz blau. Steve war nicht gerade zimperlich mit mir." Er grinste leicht.

"Aber er hat auch einiges davongetragen. Ziemlich zerkratztes Gesicht, aber ich schläger mich eben wie ein Mädchen." Er musste leise lachen, was er sofort wieder bereute, da es doch etwas mehr wehtat, als er sich gedacht hatte.

"So, keine festen... ja stimmt auch wieder. Aber du änderst im Moment sowieso irgendwie alles. Du bist auch selten einen ganzen Tag im Haus. Vor allem über den Tag, wenn die Sonne scheint." Er grinste frech.

"Und der Geruch meines Blutes hat dich bis jetzt auch nicht gestört. Sei froh, dass ich kein Mädchen bin."

Vorsichtig legte er seine Hand auf Adams Seite. Vielleicht waren die Rippen geprellt, aber sicher war es nicht so schlimm, wenn Adam sonst keine Schmerzen hatte. Dann rümpfte er jedoch die Nase.

"Ieh, neein Menstruationsblut riecht nicht besonders appetitlich, eher wie saure Milch, im Vergleich zu normaler Milch" versuchte er einen Vergleich darzustellen, doch das konnte man für eine menschliche Nase wohl kaum beschreiben.

Es roch einfach nicht ansprechend, lag wohl an den sonstigen Substanzen, die mit hinaus gespült wurden, zumindest fand der Vampir sonst keine Erklärung dafür.

"Außerdem hast du mich allgemein bisher nicht sonderlich gestört. Und nun macht mich deine bloße Anwesenheit ganz kribbelig" gestand er mit einem Schmunzeln und küsste Adams Hand, dann sanft seine Lippen, auch wenn er noch ganz leicht das Blut schmecken konnte. Aber er war vorerst gesättigt und hatte nicht den Drang, den Geschmack zu verstärken.

"Soll ich mir deine Rippen einmal ansehen, nicht dass es schlimmer wird" fragte er leise.

Adam lachte wieder.

"Ja so genau wollt ichs wirklich nicht wissen!" Er wollte sich das auch nicht vorstellen, doch der Vergleich brachte ihn zum überlegen.

"Dann würdest du also eine Frau während ihrer Menstruation nicht anrühren?"

Seine Neugierde war wieder geweckt und jetzt würde er Nathanael vermutlich wieder mit völlig sinnlosen Fragen löchern. Er grinste wieder weiter, als der Vampir ihm Komplimente machte. Das war wirklich wunderschön. Er erwiederte den Kuss sanft und stöhnte leicht, als dieser sanft über seine Lippen leckte.

"Nein, musst du nicht. Wird schon gehen."

Hm, die Frage war gut. Nur hatte die Menstruation nicht unbedingt etwas mit der Frau an sich zu tun. Er strich sanft über Adams Schulter.

"Aber wenn es schlimmer wird, dann sag mir Bescheid" bat er ihn und streichelte dann noch einmal die Wange des anderen.

"Ich glaube, ich würde keine Frau während ihrer Regelblutung anrühren. Alleine wegen dem Geruch. Aber ihr Blut schmeckt während dieser Zeit besser" sagte er ganz ehrlich und grinste er dabei, als würde er über alltägliche und nicht unmenschliche Dinge sprechen.

"Ein wenig fruchtiger vielleicht?" Er schmunzelte, denn das war nun wirklich ein schlechter Wortwitz, aber es stimmte.

Der Geschmack war anders, aber ob man das als fruchtiger bezeichnen konnte, er wusste ja nicht.

"Aber Frauen locken mich so oder so sehr selten an" erzählte er noch.

Er hatte keine Lust auf Adams löchernden Fragen und wollte so gleich mit einer Antwort so viele davon auslöschen, wie es nur ging. Adam nickte.

"Natürlich, werd ich machen."

Er schmiegte sich an die sanfte Hand und nickte bedächtig, als Nathanael ihm alles erklärte. Bei seinem Vergleich von fruchtig, drehte sich sein Magen beinahe um. Somit war seine Neugierde auch gleich wieder gedeckt. Man sah es ihm vermutlich auch im Gesicht an, dass er nicht gerade darüber begeistert war.

"Lass uns über was anderes reden. Wie sexy findest du mich eigentlich?"
 

Irgendwie hatte der Vampir gehofft, Adam von alleine zu einem anderen Thema zu zwingen. Dabei fand er selber es gar nicht so schlecht, gut, aber wohl nur, weil er jeden Tag das Blut saugen musste und sich daran gewöhnt hatte. Die nächste Frage war aber schwerer zu beantworten. Er wusste nicht so recht, was er sagen sollte.

"Du bist sehr sexy, Adam. So sexy, dass ich es gar nicht beschreiben kann" sagte er dann amüsiert aber durchaus ehrlich.

"Aber wieso fragst du" war nun seine Gegenfrage, noch bevor Adam seine nächste Bohrstelle ansetzen konnte.

"Ach" setzte Adam an.

"Ich war vorhin etwas im Internet surfen. Die Chronik war äußerst interessant."

Er drehte den Kopf zu Nathanael und sah diesem fest in die Augen.

"Willst du mir etwas mitteilen?"

Mit einem fragenden Blick legte er den Kopf zur Seite. So gut kannte er sich dann doch nicht aus, als würde er verstehen, was Adam von ihm wollte. Eine Chronik war für ihn eine Art Heldengeschichte, aber davon gab es viele in der weiten Welt des Internets und er wüsste auch nicht, was er Adam daraufhin mitteilen wollen sollte. Doch dieser feste Blick ließ darauf vermuten, dass er irgendwas erwartete, also Nathanael wirklich irgendwas mitteilen wollen müsste. Aber ihm fiel einfach nichts ein. Hatte er die Internetverbindung zerstört oder was?

"Nein, ich wüsste nicht" sagte er also und man konnte ihm ansehen, dass er sich keiner Schuld bewusst war.

"Ach nein? Keine komischen Internetseiten oder so?"

Er zog die Augenbraue nach oben. Adam konnte sich nicht vorstellen, dass Nathanael so wenig Hirn besaß, um nicht den Anstoß zu verstehen, den er ihm gegeben hatte.

"Kleine private Filmchen?"

Gut, die komischen Internetseiten machten ihn schon hellhörig und als Adam dann auch noch private Filmchen ansprach, wusste er wohl, oder konnte es ahnen, was Chroniken im Internet zu bedeuten hatte.

"Ach ... die ..." sagte er und wich einem Moment den Blick des Wuschelkopfes aus.

Was sollte er auch dazu sagen. Er hatte sie mit Zufall gesehen und dann eines nach dem nächsten angeklickt? Das klang nicht gut. Also sollte er ihm seine Planung erzählen? Aber dann könnte er ihn damit nicht mehr überraschen.

"Nun ja weißt du" versuchte er es ein zweites Mal und sah dieses Mal in Adams Augen.

"Mein letztes Mal Sex ist eine ganze Weile her und zu der Zeit lag es nicht so mit Lust im Bett. Zumindest nicht für beide Beteiligten. Und jedes Mal habe ich das Gefühl, dass dir der Anreiz fehlt und im Grunde nur der reine Instinkt in dir davon überzeugt ist, dass du mit mir schlafen willst, daher wollte ich einfach mal sehen, wie man es anders gestalten kann."

Das klang doch ganz gut, fand er, wo er es jetzt gehört hatte. Doch, wirklich gut. Ehrlich, offen aber auch schrecklich peinlich und auch wenn seine Wangen nicht warm wurden, glaubte er doch, dass ihm die Pein im Gesicht geschrieben stand. Es war ihm wirklich unangenehm so unerfahren zu sein, wo er doch schon so lange Zeit lebte.

"Eine ganze Weile her? Und was war am Wochenende und gestern?" Er sah ihn entsetzt an.

"Der Anreiz? Du bist mir Anreiz genug Nathanael! Ich brauche nicht mehr!" Nun setzte er sich langsam auf.

"Bitte was?! Mein Instinkt? Denkst du wirklich, ich würde das nur tun, weil du mich magisch anziehst?" Am liebsten hätte er ihm jetzt eine Ohrfeige gegeben. Den Rest hörte er gar nicht mehr.

"Ich glaub du hast echt nicht mehr alle Tassen im Schrank Nathanael! Denkst du, ich würde diese Schmerzen ertragen, wenn ich es nicht wollte! Nein sicherlich nicht!" Er schwang die Beine vom Sofa herunter und stand zitternd auf.

"Das ... ist wirklich das Letzte, was ich je gehört habe!"

Verwirrt und überrascht sah der Schwarzhaarige zu ihm. So hatte er das weder gemeint, noch gesagt. Außerdem seufzte er leicht. Adam hatte also wirklich Schmerzen und wie es klang, nicht nur ein bisschen. Aber genau das war doch der Grund, warum er das alles dann geguckt und schließlich auch unterwegs gewesen ist. Doch bei dieser Reaktion wollte er sich gar nicht ausmalen, wie Adam diese Idee finden würde. Gott, fluchte er innerlich. Er hatte sich gerade ziemlich dumm angestellt. Was hatte er sich auch dabei gedacht, irgendwelche Dinge zu besorgen, die er sein ganzes Leben nicht gebraucht hat.

"Adam" versuchte er ihn zu beruhigen und stand auf, als auch der Junge sich hinstellte.

"So habe ich das nicht gesagt."

Er versuchte ruhig zu bleiben, doch er war sich sicher, dass man seine innere Nervosität hören konnte.

"Ich meinte natürlich, in der Zeit vor dir. Und da war es mir auch nicht wichtig, ob ich der Einzige war, der beim Verkehr seinen Spaß hat. Ich hatte einfach Sex" versuchte er noch einmal seinen Standpunkt zu erklären.

"Aber ich will, dass auch du deinen Spaß dabei hast und ihn genießt."

Er war beinahe verzweifelt und gab schließlich auf. Er drehte sich um und ging in sein Kämmerchen. Wenn Adam ihm folgte, dann war das so, wenn nicht, dann mussten sie nun beide damit leben, aber er wollte sich weder aufregen, noch war er bereit traurig zu sein. Also gab es für ihn keine Wahl, als sich zurück zu ziehen.

"Was?!" fauchte Adam, als er den Kopf zu Nathanael drehte.

Er lauschte mit wild pochendem Herzen der Erklärung des Älteren. Da hatte er wohl wirklich etwas falsch verstanden. Betreten sah er auf den Boden. Aber Nathanael hatte sich auch wirklich ungeschickt ausgedrückt.

"Tut mir Leid" kam es leise vom Schwarzhaarigen und er hielt sich die Seite, da es etwas schmerzte, wenn er sie belastete.

"Aber ich habe doch Spaß beim Sex und ich genieße ihn wirklich! Du machst das wirklich gut! Ich mein... mir wurden so viele schreckliche Dinge vom ersten Mal erzählt, dass es saumäßig wehtut, dass man blutet und was weiß ich noch alles und dann... ich hatte nur am Anfang etwas Schmerzen und konnte es wirklich genießen."

Das alles hatte er gesprochen, während Nathanael aus der Tür ging und er war sich sicher, dass er vieles davon nicht mal mehr gehört hatte. Mit schlurfenden Schritten folgte er dem Älteren nach draußen und ging zu der Scheune. Adam musste all seinen Mut zusammen nehmen, um diese auch wirklich zu betreten.

"Nathanael, es tut mir Leid!" sagte er und sah sich in der Dunkelheit um. Er konnte nur schwerlich etwas erkennen.

"Ich glaub, ich hab dich echt falsch verstanden." Seine Stimme klang flehend.

"Bitte verzeih mir! Aber du hast dich so ... so ... das hat sich alles so auf mich bezogen angehört."

Auch wenn Adam es nicht erwartete, so hatte der Vampir doch einiges mitbekommen. Das Ende verschluckte sich ein wenig, aber er konnte sich denken, was Adam gesagt hatte, dennoch blieb er nicht stehen, sondern ging in das kleine Räumchen, umgeben von Stroh und es sah auch mehr nach Viehstall aus, doch vieles war mit alten Bannern oder Wandteppichen verschönert, auch der Boden war ausgelegt und ein Sessel stand hier, aus blutrotem Samt und um einiges älter als der Sessel im Haus. Auch ein Gemälde hing direkt gegenüber der Eingangstür und füllte die gesamte Wand aus.
 

Auch wenn Adam all dies in der Dunkelheit wohl nur schwer sehen konnte, so konnte Nathanael dafür alles sehen. Er drehte sich um und sah zu Adam, der versuchte sich zu erklären, aber er hatte ja recht. Wenn man wollte, konnte man die Worte wirklich falsch verstanden haben und genau das hatte Adam auch. Er ging zu diesem, schritt aber an ihm vorbei und schloss die Tür. Es war nun fast ganz dunkel, nur einige Ritzen ließen noch das Nachtlicht herein, bis Nathanael einige Kerzen anzündete. Langsam erhellte sich der Raum. Er wusste nicht so recht warum, aber dieser Raum beruhigte ihn. Dann sah er wieder zu dem Jungen, der geknickt dastand. Er ging zu ihm und nahm ihn sanft in die Arme.

"Ich habe dir schon längst verziehen" sagte er leise und schob Adam dann leicht von sich, legte mit einem leichten Lächeln seine Hand auf das Auge von Adam.

"Du musst es kühlen, sonst wird es dicker" mahnte er liebevoll.

Noch immer stand er wie ein begossener Pudel vor Nathanael, hielt sich die schmerzenden Rippen und versuchte die heile Seite zu belasten, was es einigermaßen erträglicher machte. Die Hand auf seinem Auge fühlte sich gut an. Und so versuchte er alles, was er hier sah in sich aufzunehmen. Er war noch nie hier drin gewesen, doch es wirkte bei weitem nicht wie das leichenverschändelte Gemäuer, dass er sich immer vorgestellt hatte. Es war sogar ein bisschen warm, durch die dunklen, samtenen Farben, die schwer und süß zugleich wirkten. Nathanael hatte wirklich ein gutes Händchen für schöne Sachen und Stoffe. Nun schmiegte er sich wieder etwas an die Hand.

"Bleibst du dann heute Nacht dennoch bei mir?" fragte er vorsichtig. Aber irgendwie konnte er es auch verstehen, wenn der Vampir das nicht wollte.

"Weißt du, es hat mich nur verunsichert, dass mit den Videos... es kam mir so vor, als ob ich dir nicht genügen würde oder du mich gar hässlich finden würdest und soetwas bräuchtest, um in Stimmung zu kommen."

Adam lachte nervös, da es selbst ihm jetzt wahnsinnig blöd vorkam. Sanft zog er Adam zu dem Sessel, sah diesen dann aber mit einem Lächeln an.

"Ich werde heute Nacht bei dir bleiben. Ich bin länger kühl, als das Eis" sagte er belustigt und schob Adam dann auf den Sessel, streichelte sanft über dessen Kopf und hockte sich vor den Jungen.

"Ich bin zufällig auf eines der Videos gestoßen. Dann wurde ich neugierig. Das ist alles" versicherte er ihm.

"Glaubst du wirklich, mich würde irgendwas mehr erregen, als du?" fragte er dann leise und beinahe schüchtern.

Er wollte nicht schon wieder missverstanden werden. Sanft küsste er seine Hand.

"Ich finde dich ganz und gar nicht hässlich und brauche auch keine Pornos" sagte er dann noch.

Er zog scharf die Luft ein, als Nathanael ihn zwar sanft, aber dennoch etwas stürmisch zum Sessel zog. Er sollte sich wohl eher langsam bewegen.

"Ja, das stimmt wohl" bemerkte er leise, als der Vampir auf seine Körpertemperatur zu sprechen kam.

Als er schließlich in dem gemütlichen Sessel saß, versuchte er sich so gut es ging zu entspannen und sah dann zu dem Älteren hinab. Seine Haare fielen über die Schultern hinab und glänzten seiden im Schein der Kerzen. Wieder einmal wurde sich der Junge der absoluten Schönheit und Vollkommenheit des Vampirs bewusst und das schnürte ihm die Kehle zu. Außerdem wusste dieser auch, wo er anzusetzen hatte, wenn seine Seele gebeutelt und verletzt war und was er hören musste, um sie wieder zum Scheinen zu bringen. Adam wurde etwas rot um die Nase, ob all dieser Komplimente. Nathanael fand nichts erregender als ihn? Das hatte noch nie jemand zu ihm gesagt.

"Im Moment bin ich wohl eher der Stimmungskiller hier" versuchte er es mit Humor zu nehmen.

"Es tut mir wirklich leid, wegen der Schlägerei heute in der Schule. Wenn das nicht gewesen wäre, könntest du jetzt alles mit mir machen. Und so kannst du jetzt gar nichts mit mir anfangen. Und morgen bin ich dann auch noch den ganzen Tag zu Hause." Er seufzte.

"Ich glaube, ich sollte vielleicht doch zum Arzt gehen, meine Rippen tun höllisch weh!" Sein Blick wanderte gequält zum Älteren.

Etwas besorgt aber doch lächelnd streichelte er Adam über ein Bein.

"Du bist kein Stimmungskiller" schmunzelte er dann.

Und ich will ja gar nichts mit dir anstellen, hätte er beinahe gesagt, doch das hätte wieder total falsch geklungen. Dann stand er aber auf und küsste Adam sanft auf die Stirn. Wie gerne würde er ihm vorhalten, es gewusst zu haben, doch das war der falsche Zeitpunkt.

"Ist gut, ich fahre dich. Kannst du denn gut sitzen?" fragte er, sonst würde er Adam nun zum Bett bringen und den Arzt kommen lassen.

"Jetzt?" sah er Nathanael fragend an.

"Nein, nein, ich muss nicht gleich, ich werd schon bis morgen früh überleben" wimmelte er ab.

So schlimm war es dann doch auch nicht. Doch eigentlich fürchtete sich Adam nur vor dem Arzt. Er mochte keine Spritzen, Mundspatel und den sonstigen Mist, den die immer hatten. Außerdem war es bereits später Abend und da wäre sowieso keiner von denen mehr da.

"Bleib einfach du bei mir, dann ist es doch noch viel erträglicher."

Adam lächelte verführerisch süß zu Nathanael und hoffte diesen so wieder auf andere Gedanken zu bringen.

"Was hast du dann vorhin denn gemacht? Sonst gehst du doch wirklich nciht eher, nicht bevor es ganz finster draußen ist."

Natürlich jetzt, dachte sich Nathanael und blickte Adam ernst an.

"Wenn es wehtut, warten wir bestimmt nicht bis morgen" mahnte er streng und zog Adam sachte auf die Beine. Wieso musste der Junge so stur sein.

"Du setzt dich jetzt ins Auto, ich hole noch etwas. Wehe du bist nicht gleich angegurtet, wenn ich wiederkomme" sagte er dann und ließ ihn alleine zurück.

Einige Kräuter hatte er noch, die gekaut ein wenig die Schmerzen minderten, oder zumindest eine so leichte Lähmung verursachen, dass es kaum mehr spürbar war, ob irgendwas wehtat. Auch beruhigte es Adams Kreislauf ein wenig. Warum hatte er nicht einfach still sein können? Sicherlich würde Nathanael jetzt mit ihm zum Artz fahren.

"Aber jetzt ist doch gar keiner mehr da!"

Und ins Krankenhaus wollte er sicherlich nicht! Er verzog das Gesicht vor Schmerzen, als der Vampir ihn aufzog. Gott verdammt, dass war ja nicht zum aushalten! Als er so gescholten wurde, zog er einfach den Kopf ein und ging los, in Richtung Auto. Das würde ja wirklich lustig werden können. Kaum vorstellbar, wenn eine von ihnen gebrochen wäre, dabei hatte Steve wirklich wie ein Mädchen zugeschlagen. Es tat erst jetzt, nach und nach weh. Er öffnete die Porschetür.

"Kannst du meine Versicherungskarte mitnehmen?" rief er Nathanael noch nach.

Denn ohne die, würde sie sicherlich kein Arzt behandeln. Anschließend sank er in den tiefen Porsche, was sich als ziemlich schwierig gestaltete. Gerade als er sich anschnallte, kam auch schon der Vampir zum Auto und stieg ebenfalls ein, nur eben schneller als der junge Mann.

Kapitel 10

Kapitel 10

Nathanael setzte sich und gurtete sich selber an. Dann reichte er Adam eine Handvoll der grünen Kreutermischung.

"Kauen und keine Widerrede" sagte er, startete den Motor und blickte Adam noch einmal warnend an.

Er würde nicht mit ihm zu irgendeinem Arzt fahren oder in irgendein Krankenhaus, sondern zu einem ganz bestimmten Arzt, der sogar um seine Existenz wusste. Ein guter Freund, wenn auch Mensch, der aber vielen Vampiren, die etwas gegen das 'Jagen' hatten, mit Blutkonserven aushalf. Natürlich war das illegal, aber es würde wohl nie jemand dahinter kommen. Nun fuhr er aus der Garage und auf die Hauptstraße. Er achtete dabei immer wieder auf den Jungen neben sich.

"Hast du die Karte dabei?" fragte Adam leise, als er die Kräuter in die Hand gelegt bekam.

Skeptisch betrachtete er diese, wagte es jedoch nicht, auch nur ein wort dagegen zu sagen. Schweigend schob er sich die Kräuter in den Mund und kaute darauf herum. Am liebsten hätte er sie sofort wieder ausgespuckt, da sie absolut ätzend schmeckten, aber er würde es wohl tapfer ertragen müssen. Gut, dass Nathanael einen doch sanfteren Fahrstil an den Tag legte, als er ihn hatte. So taten seine Rippen weitaus weniger weh.

"Wie weit ist es denn?"

Fragend sah er zu Nathanael, ehe er sich seiner schlampigen Klamotten bewusst wurde. Gott, das war ja so peinlich. In Schlabberpulli und Jogginghose.

"Nicht weit."

Auf die Karte antwortete er gar nicht, da sie eh nicht gebraucht würde. Selbst wenn der Arzt Geld wollte, dann würde Nathanael dieses gerne bezahlen. Das war kein Problem. Schließlich bogen sie ab und fuhren eine Landstraße herauf, dann eine kleine Allee und schließlich fuhren sie auf ein hübsches Landhaus zu. Es war nicht riesig, aber sah auch nicht besonders günstig aus. Ja, so war das bei einem ewigen Leben. Man machte sich etwas aus reicheren Leuten, die waren einfach weniger zu schockieren, als die normale Population. Schließlich parkte Nathanael und sah zu Adam.

"Geht es schon besser?" fragte er, stieg aus und öffnete die Beifahrertür.

Die Schmerzen hatten wirklich ein wenig nachgelassen, aber ganz weg waren sie noch nicht.

"Es ist leichter ja" antwortete er deshalb ehrlich.

Als der Ältere die Tür geöffnet hatte, setzte er zuerst die Beine nach draußen, ehe er sich ganz drehte und langsam ausstieg. Okay, wenn er sich bewegte, tat es wirklich noch höllisch weh.

"Das ist aber nicht mein Hausarzt" stellte er ein wenig verdutzt fest.

Auf den Weg hierher hatte er nicht wirklich geachtet. Die Kräuter machten ihn irgendwie schläfrig. Er hielt sich an Nathanaels Arm fest, um nicht gleich umzufallen. Er war wirklich mit einem Schlag dermaßen müde, dass er kaum noch die Augen offen halten konnte. Als Adam so wackelig aus dem Auto stieg, zog Nathanael ihn ganz vorsichtig an sich.

"Langsam" flüsterte er.

"Nein, dein Hausarzt ist wohl nicht mehr da."

Aber sie hatten das Glück und es brannte Licht. Ihre Ankunft war sogar schon bemerkt worden. Im ersten Moment zwar nicht besonders erfreut, dann wurde der Vampir jedoch erkannt und ein sanftes Lächeln umspielte die Lippen des jungen Mannes.

"Guten Abend" grüßte er, als die beiden, Nathanael im Schlepptau mit Adam, an der Tür angekommen waren.

"Kein guter Abend. Seine Rippen sind wohl verstaucht, vielleicht auch gebrochen."

Schon verschwand das Lächeln des Arztes und er begleitete beide ins Haus. Adam wurde dort auf das erste Sofa gelegt und der Arzt holte einen Koffer. Nathanael kniete sich neben Adam und küsste ihn sanft.

"Du kannst ruhig ein wenig schlafen" sagte er leise, da Adam sehr müde aussah.

Adam sah erstaunt auf den jungen Arzt. Wow, er war wohl erneut bei einem Vampir gelandet, dachte der Junge verwirrt. Er kam sich auch ein bisschen high vor und ein dümmliches Grinsen stahl sich auf sein Gesicht. Und mit einem Mal hatte er ein weiches Sofa unter sich und hörte die sanfte Stimme seines Lovers. Somit kuschelte er sich noch etwas tiefer in die weichen Kissen, auf denen nun sein Kopf ruhte. Irgendwie hatte Adam das Gefühl, dass sein Kopf nicht mehr richtig funktionierte.

"Was ist mit ihm passiert Nathanael? Er sieht ja schrecklich aus" bemerkte der Arzt, als er wieder zurückkam, mit seinem Koffer bewaffnet und einer jungen Frau, die ihm folgte.

"Darf ich vorstellen, dass ist Pauline, sie wird mir heute etwas behilflich sein."

Zufrieden stellte er fest, dass sein Liebster langsam abdriftete.

"Er hat sich in der Schule geschlagen" erklärte er knapp, als der Arzt zurück kam und musterte Pauline.

Ob das wohl die Liebschaft von dem Arzt war? Er war sich nicht sicher, aber warum sollte sie sonst um diese Zeit noch hier sein.

"Sein Auge ist nicht so schlimm, seine Rippen schmerzen so sehr, er kann kaum mehr normal atmen, geschweige denn sich bewegen" damit zog er Adam den Pulli aus und deckte die blaugefärbten Seiten auf.

Auch der Bauch schien ein wenig was abgekommen zu haben. Nun sah er zu dem Arzt.

"Ich habe ihm einige Kräuter gegeben gegen die Schmerzen und damit er schläft. Wenn du etwas wissen willst, wecke ihn" meinte er und machte dann Platz, damit die beiden ans Werk gehen konnten.

Oliver, so war der Name des Arztes, beugte sich nach der Erklärung von Nathanael über das schlafende Bündel auf dem Sofa.

"Weißt du warum er sich geprügelt hat?" hakte er bei seinem vampirischen Freund nach.

Er tastete vorsichtig die Rippen und den Bauch ab. Und als er diesen abtastete, verzog er die Stirn.

"Hmm... hat er über Schmerzen im Unterleib geklagt? Gebrochen scheint mir nichts zu sein, aber sie sind übel geprellt. Du solltest ihn ein paar Tage zu Hause lassen."

"Der Mitstreiter hatte ihn beleidigt" sagte er knapp und setzte sich auf den Sessel neben der Couch, schaute dem Arzt dabei genaustens auf die Finger.

"Nein, nur sein Auge und seine Rippen, mehr hat er mir nicht gesagt" war dann noch seine ehrliche Antwort und er überschlug ein Bein, um sich selber ein wenig zu beruhigen.

Auch wenn er das Gefühl hatte, dass diese Position ihn noch nervöser machte. Er wollte nicht, dass es Adam schlecht ging und nun musste er einige Tage zu Hause bleiben, also ging es ihm nicht gut.

"Sag mir jetzt bitte nicht, dass du der Grund dafür warst Nate! Das hatten wir noch nie."

Oliver reichte Pauline das Oberteil und diese zog es dem Jungen vorsichtig wieder an. Anschließend holte sie eine Decke und breitete sie über den Schlafenden aus. Anschließend verließ sie leise das große gemütliche Wohnzimmer, um den Herren etwas Ruhe und Geborgenheit zu geben. Oliver setzte sich Nathanael gegenüber hin.

"Ich werde ihm ein paar Schmerzmittel mitgeben, falls es schlimmer werden würde. Es kann sein, dass sich etwas mehr verstaucht hat, die Muskeln werden das an seinem Bauch sein, was so verhärtet ist. Mit den Tagen wird es sich wieder lockern."

Er sah den Arzt erstaunt an.

"Ich bin nur ein indirekter Faktor" meinte er dann und schmunzelte ein wenig. Die Stimmung lockerte sich allmählich.

"Also ist es nichts ernstes?" wollte er sich aber noch mal versichern.

Er sah zu Adam, der nun, wohl auch wegen der Kräuter, sehr gut schlief. Dann wanderte sein Blick wieder zu Oliver, der ihm erneut ein Lächeln entlockte.

"Wie lange soll er etwa zu Hause bleiben?" fragte er noch.

Fragen über Fragen, aber was sollte er das auch nicht machen. Schließlich ging es um Adam.

"Indirekt also?"

Oliver musste leicht schmunzeln. Der junge Arzt faltete die Hände zusammen.

"Nein, etwas ernstes ist es wirklich nicht. Nur üble Prellungen, ziemlich übel. Wenn er sich gewehrt hat, will ich nicht wissen, wie sein Kontrahent aussah." Er atmete tief ein und sah schließlich auf den schlafenden Jungen auf seinem Sofa.

"Hmm... du könntest ihn für eine Woche zu Hause lassen. Ich schreib ihn krank wenn du willst, dann hast du ne ärztliche Absicherung. Aber jetzt mal zu dir. Du siehst mir auch nicht gerade sehr frisch aus Nate? Müde und abgespannt und das ist wohl bei einem Vampir doch eher selten, nicht wahr?"

Also manchmal mochte er den Arzt gar nicht und irgendwie war das hier eine der Situationen. Wie konnte ein Mensch, ein einfacher Mensch, so scharfsinnig sein. Ob das wohl mit seinem dauernden Kontakt zu den Nachtwesen zu tun hatte?

"Ja, schreib ihn bitte krank. Dann hat auch die Schule eine Bestätigung" meinte er und versuchte dann nicht mehr ganz so mitgenommen auszusehen.

"Ich bin nicht müde und abgespannt" war seine beste Verteidigung, die ihm gerade einfiel.

Doch wenn er darüber nachdachte, war er im Moment wirklich ein wenig durcheinander. Seine ganze Tagesplanung, alles, was er bisher getan und gemacht hatte, warf er über den Haufen, um bei Adam zu sein. Kaum eine ruhige Minute hatte er mehr und er beschäftigte sich mit überflüssigen Dingen oder mit gar nichts, trank wenig und doch mehr und öfter als sonst. Vielleicht hatte Oliver doch recht. Er seufzte ein wenig und ließ sich in den Sessel sinken.
 

Der Arzt nickte, bei der Bestätigung für die Schule.

"Pauline wird sie für dich rausschreiben."

Olivers Mundwinkel zuckten verräterisch bei den nächsten Worten des Vampirs. Natürlich sah er abgespannt und müde aus, sonst würde er es vermutlich nichteinmal erwähnen.

"Natürlich nicht" antwortete er etwas bissig.

"Liegt es an deinem neuen Spielzeug hier? Das er dich so sehr aus der Bahn wirft? Sonst lässt du doch auch niemanden so nah an dich ran. Aber was sage ich, seit der Junge bei dir ist, seitdem ich ihn das erste Mal gesehen habe, bist du ein anderer Mensch... verzeih Vampir. Er kehrt etwas in dir ans Tageslicht, dass Emily und ich schon lange verloren wähnten. Du taust wieder auf, kommst hinter deinem Versteck hervor. Er tut dir gut Nathanael, auch wenn du es nicht hören willst."

Langsam wurden Nathanaels Augen schmaler und sogar eine Spur dunkler. Er mochte es nicht, wenn dieser Mensch sich heraus nahm, über seine Rasse, über Vampire zu reden, als würde er deren Lebensart kennen, sie verstehen. Und dementsprechend verstimmt war er nun, da der Arzt sich auch noch die Freiheiten nahm über ihn, Nathanael zu urteilen, als wäre er wie Emily jemand, der ihn kannte. Doch er mochte sich nicht einmal vorzustellen, den Menschen auch nur ansatzweise auf die selbe Ebene zu stellen, wie die Vampirdame.

"Rede nicht von Dingen, die du nicht verstehst" murrte er nur leise.

Und es war eine Drohung, die Oliver verstehen sollte, denn so gut kannte er den Vampir, um die Grenzen nicht zu reizen, zumindest hoffte Nathanael, dass der Mensch genug Verstand besaß, denn er war äußerst reizbar, wenn über ihn sprach, selbst Emily hat wohl das ein oder andere Mal schon mit Nathanael Probleme gehabt.

Sein Blick wandte sich, noch immer verärgert zu Adam, der ruhig schlief.

"Lass ihn heute Nacht bei dir."

Damit stand er auf und ging. Ohne ein Dankeschön oder auch nur ein letztes Mal zu dem Arzt zu sehen. Er war sauer und wie er sich kannte, würde ein einziger unerwünschter Blick reichen und er würde platzen. Das war nur das letzte, was er tun wollte. Wieder seine Ruhe verlieren und wenn der Mensch recht hatte und er würde sein Versteck verlassen, dann würde das oft passieren, zu oft. Und um das zu vermeiden, musste er sich wohl doch ein wenig von der angenehmen Nähe des Jungen fernhalten.
 

Oliver nickte nur. Da hatte er wohl etwas ausgesprochen, was der Vampir gar nicht hatte hören wollen. Dabei war die Idee bzw. der Anstoß zu diesem Gedanken nichteinmal von ihm gekommen, sondern Emily hatte ihn darauf gebracht, bei einem ihrer letzten Gespräche. Sie besuchte ihn in letzter Zeit wieder öfter, vor allem seit Roselin wieder entkommen war. Die Vampirdame machte sich große Sorgen um das Wohlergehen von Nathanael und vor allem von Adam, denn ihm galt schließlich die Rache der Blonden. Aber etwas tief in ihr schien Emily zu verraten, dass alles zu einem guten Ende geleitet werden würde. Und Oliver hoffte, dass er ihr wirklich glauben konnte, denn nichts sehnlicher wünschte er sich für diese Wesen. Und auch für den Jungen, den es durch ein so tragisches Schicksal zu Nathanael verschlagen hatte.
 

Noch immer hatte er die Bilder vor Augen, wenn er diese schloss, als man ihn zu Emily in die Villa gerufen hatte. Es war finster gewesen, dunkelste Nacht, kein Stern war am Himmel zu sehen gewesen und auch der Mond hatte nicht gescheint. Stillschweigend hatte ihn die Weißhaarige damals in den ersten Stock mit den Gemächern geleitet und ihm dort die Tür zu einem der Gästezimmer geöffnet. Gedämpftes Kerzenlicht hatte diesen erhellt und in dem viel zu großen Bett lag ein kleiner Junge, dünn und schmal, völlig blass und schien wie tot zu sein. Man hatte ihn nicht unterrichtet, was passiert war, doch er ahnte es beinahe. Sofort hatte er ihn untersucht, konnte aber keine Bissmale feststellen. Denn wenn das der Fall gewesen wäre, hätte man Adam sofort verwandeln müssen, oder er wäre qualvoll gestorben. Doch wie es schien, war er nur in traumatischen Schlaf des Vergessens gefallen.

Als er Emily später zu dem Vorfall befragt hatte, hatte man ihm nicht die ganze Gesichte erzählt, nur dass Roselin seine Familie geötet hatte und er entkommen war, aber nie mit wessen Hilfe.
 

Oliver strich Adam nocheinmal über die Stirn, ehe er das Licht in seinem Wohnzimmer etwas dimmte und anschließend zu Pauline in die Küche ging.

"Würdest du ihn bitte krank schreiben für die nächste Woche. Er sollte zu Hause bleiben."

Die junge Frau nickte. Sie sprach aus einem der einfachsten Gründe nicht. Sie konnte jede Anwesenheit fühlen, doch fehlte ihr die Stimme. Sie war stumm, auf Grund eines Unfalls, der sie ihre Stimmbänder gekostet hatte. Und auf eine seltsame Weise, fühlte sich Oliver immer von solchen Menschen angezogen, die vom Schicksal hart getroffen waren.
 

Noch immer war Nathanael wütend und so machte er einen ausgibigen Spaziergang, einfach durch die Gegend. Erst als es sich langsam unerträglich erhellte und er merkte, wie es ihm schwerer wurde, sich frei zu bewegen, machte er sich auf den Rückweg. Doch nicht einen Moment hatte sein Zorn aufgehört in seinen Adern zu pulsieren, aber der Vampir hatte erkannt, dass sich seine Wut weniger gegen Oliver richtete, den er zuerst dafür schuldig machen wollte, sondern gegen sich selber. Auch nur einen Moment daran gedacht zu haben, Adam zu verlassen, oder ihn weniger Liebe zu schenken, als er verdient hatte, als er ihm geben wollte.

Das war irrsinnig, einfach nicht richtig und es ärgerte ihn schrecklich, dass er so etwas auch nur in Erwägung gezogen hatten. Doch daran wollte er dem Arzt Schuld geben, also war dieser doch ein wenig zur Verantwortung zu ziehen für die Aufgebrachtheit des Nachtwesens.

Er erinnerte sich zu gut daran, wie der Arzt, überrascht und ein wenig überfordert an das Bett gekommen war, in dem der damals nach Leben ringende Adam lag. Nathanael hatte diesen Menschen nur tolleriert und zugesehen, wie dieser Adam behandelte, weil Emily ihm keine Wahl ließ. Sie hatte ihn die ganze Prozedur unter im Auge, wo sie doch wusste, wie besitzergreifend und auch gefährlich er, Nathanael, werden konnte. Auch er selber wusste es nur zu gut, aber er hatte eine Möglichkeit gefunden, seinen Zorn und seine Triebe zu unterdrücken, sie einfach zu ignorieren. Sei es das Lächeln von Adam, nachdem er sich erholt hatte, oder wenn er nun morgens auf Nathanael traf oder, wie er es gerade getan hatte, indem er einfach der Situation aus dem Weg ging.

Beides half Wunder und konnten den Vampir davon abhalten ähnlich wie Roselin es getan hatte, zu einem Vieh zu werden, einem Tier, dass keine Scham mehr kannte zu töten, nur aus Spaß.
 

Schließlich stand er vor dem Haus und ließ sich selber hinein. Ob der Arzt nun die Tür absichtlich offen gelassen hatte, damit der Vampir zurück kommen konnte, oder ob er so nachlässig war, wollte er ihm nicht unterstellen, er nahm es hin und ging nun zu Adam, der zugedeckt noch immer auf dem Sofa lag. Sich selber ließ er in den Sessel sinken und schloss einen Moment die Augen. Er würde sicher etwas Ruhe brauchen, aber nicht, solange Adam nicht gesund und vor allem in Sicherheit war. Er konnte beinahe spüren, wie die Gefahr um sich und um Adam herum immer greifbarer wurde, wie Nebel zog es sich dichter zusammen und es gefiel ihm nicht, denn solch ein Gefühl hatte er bisher noch nie. Mit einem Brief würde er Emily und Hilfe bitten... oder um Rat. Sie würde wissen ihn zu beruhigen und wenn sie einfach nur verlangte, dass Adam und Nathanael zu ihrem Haus zurückkehren, bis sich alle Sinne und Gefühle in Nathanael beruhigt hatten.

Doch nun war das einzige, was er neben dieser Beklemmung fühlte, nur die sanfte Lähmung seiner Glieder, als er etwas tiefer rutschte und in einen dämmrigen Schlaf driftete.
 

Oliver hatte die Rückkehr des Vampirs bemerkt. Und als die Sonne nun vollends aufging, ging Pauline aus der Küche ins Wohnzimmer und schloss die Vorhänge, damit kein Licht mehr hindurchscheinen konnte. Auch über Nathanael breitete sie eine Decke aus, auch wenn es wohl sinnlos war. Sie lebte noch nicht lange genug in dem Haus, um zu wissen, wie es die Sitten geboten, die unsterblichen Gäste zu behandeln, doch sie wusste, dass die Verbindung zwischen dem Vampir und dem Jungen auf dem Sofa wohl etwas besonderes sein musste. Sie strich dem schlafenden Jungen über die Stirn und hielt inne. Er war ziemlich warm. Ob er wohl Fieber hatte? Eilig lief sie zu Oliver zurück und teilte diesem mit, was sie gerade festgestellt hatte.

Auch der Arzt konnte ihre vermutete Prognose nur bestätigen, der Junge hatte wirklich Fieber. Vermutlich war ihm einfach nur alles zu viel geworden. Er holte ein paar Tabletten und legte sie zusammen mit einem Glas Wasser auf den Glastisch. Das Nathanael so ruhig in dem Sessel zu schlafen schien, machte ihm Angst. Er würde Hilfe brauchen, so ungern er diese auch immer annahm. Oliver würde wohl Emily schreiben müssen, wenn er kein weiteres Massaker riskieren wollte.

Nathanael war so tief versunken, dass er die Anwesenheit der Frau nur wage mitbekam und selbst als Oliver und sie zusammen wieder kamen, konnte er sich kaum darauf konzentrieren. Immer wieder kehrte die Leere in seinen Kopf zurück, bis es ihm eindeutig zu warm wurde. Er öffnete sehr schwer die Augen und betrachtete die Decke an sich. Nun, jetzt wusste er wenigstens den Grund für diese, aus seiner Lage, unnatürliche Wärme und schloss die Augen wieder, legte seinen Kopf zurück an die Kopflehne und driftete wieder vollkommen ab. Erst einen Moment später konnte er sich genug zusammenreißen, um sich aufzusetzen und die beiden Menschen anzusehen, die um Adam wuselten.

"Was ist los?" fragte er mit einer so ruhigen Stimme, dass er selber überrascht war.

Er klang verschlafen und am liebsten wollte er gleich wieder in die Dunkelheit zurück, die ihn so liebevoll umfangen hatte, kaum dass er sich auf den Sessel niedergelassen und die Augen geschlossen hatte. Er wusste nicht, woher die plötzliche Kraftlosigkeit kam, er hatte wahrlich genug getrunken und kein Sonnenlicht kam durch die dicken Vorhänge, noch gab es sonstige Einflüsse, die ihn erschöpfen könnten, trotzdem war er müde, auserordentlich müde. Er sah zu Oliver, da er vermutete von der Frau keine Antwort zu bekommen.

Als man ihm ständig über die Stirn fuhr, wurde Adam langsam wach und schlug die Augen auf. Er blickte in zwei völlig fremde Gesichter. Pansich versuchte er sich aufzurichten, was ihm jedoch nicht gelang.

"Nathanael!" In seiner Stimme schwang reinste Angst.

"Nathanael! Wo steckst du?"

Tränen traten in seine Augen. Er konnte seinen Liebsten nicht sehen, spürte jedoch das er ganz nah bei ihm sein musste. Er fühlte sich schlecht und elend. Sein ganzer Körper tat ihm weh und er war so unendlich müde.

"Er hat Fieber" hörte er den fremden Mann sagen.

Doch zu wem er sprach war Adam nicht klar.

"Hohes Fieber, wie mir scheint."

Pauline sah den Vampir unverwandt an und löste sich von Olivers Seite, als Adam nach Nathanael verlangte. Sie hielt ihm die Hand entgegen und lächelte ihn freundlich an. Mit den Lippen formte sie die Worte

"Kommen Sie, er braucht Sie jetzt."

Ein wenig überrascht blickte der Vampir zu Adam, der so verzweifelt und verschreckt schien und entdeckte dann die warme Hand, die nach ihm ausgestreckt wurde. Als er diese ergriff, konnte er im ersten Moment nicht dem Drang widerstehen, die junge Frau an sich zu ziehen, als er mit einem Ruck aufstand. Erst als sie an seiner Brust gelandet war und er selber leicht aufkeuchte, ließ er sie los und schien etwas beschämt zu sein. Verwirrt über sich selber, kniete er sich neben Adam und strich diesem sanft über die Wange.

"Ich bin doch hier, hab keine Angst" flüsterte er und sah in die beinahe abwesenden Augen des Jungen.

Hohes Fieber also, er seufzte ein wenig. Zum Glück musste das in der heutigen Zeit nicht mehr tödlich enden, dachte er sich. Während er so in Adams Augen sah und seine Lieder sich immer wieder schließen wollten, kam ihm ein beinahe erschreckender Gedanke. Was war, wenn Adams Krankheit, dessen Unwohlsein ihn, Nathanael, so sehr in Mitleidenschaft zog? Oder nun ja, seine Psyche eben, die ihm vorgab, leiden zu müssen. Das wäre nicht gut, gar nicht gut, denn der Vampir war nun wirklich kein Wesen, dass an Krankheiten oder sonstigen Leiden kämpfen musste.

"Nathanael" keuchte Adam leise, als dieser neben ihm erschien.

Er sah den Vampir nur verschwommen, spürte jedoch dessen kühle Hand an seiner Haut, was ihn sofort wieder beruhigte und ruhiger machte.

"Du solltest bei ihm bleiben" sagte Oliver.

"Er wird ruhiger, sobald du bei ihm bist."

Der junge Arzt zog gerade etwas Novalgin in einer Spritze auf, um es Adam zu geben.

"Ich gebe ihm ein Mittel gegen das Fieber und die Schmerzen."

Er setzte die Spritze an der Vene an und gab es langsam in diese. Wenn sie Glück hatten würde es innerhalb von 15 Minuten wirken.

"Emily wird euch beide heute Abend abholen lassen. Deine mentale Schwäche führe ich mal auf die enge Bindung zwischen dir und Adam und du bist nicht in der Lage, euch zu verteidigen. Roselin ist frei Nathanael!" Seine Worte klangen etwas vorwurfsvoll, was sie nicht hätten sein sollen.

Oliver richtete sich wieder auf und packte seine Sachen ein und Pauline nahm er an der Hand, da diese noch immer etwas verstört im Zimmer stand.

"Wir lassen euch allein, wenn etwas ist, melde dich!"

Sanft strich Nathanael durch die leicht verschwitzten Stähnen von Adams Haaren, sah dann aber mit einem unfreundlichen Knurren zu Oliver. Mentale Schwäche? Er könnte sie nicht beschützen? Was wusste dieser Mensch schon, als könnte er verstehen, was er dort spricht.

"Roselin ist für dich wohl eine größere Gefahr, Mensch" betonte er gereizt, dass dies kein Thema war, das er von Olivers Lippen hören wollte, auch wenn es ihn ein wenig beruhigte, dass Emily sich ihrer annehmen würde.

Dann sah er jedoch wieder sanft zu Adam und streichelte diesen liebevoll weiter, legte seinen Kopf auf dem Sofapolster ab und schloss die Augen erneut. Das tat gut, dachte er sich und schlummerte ein wenig.

Adam drehte sich zur Seite und sah mit fiebrigen Augen zu Nathanael. Wie er da so lag mit geschlossenen Augen und ruhigem Gesicht. Erst jetzt bemerkte er, wie müde der Vampir aussah, dass war ihm noch gar nicht aufgefallen. Ob das alles an der Anstrengung um ihn lag? Vermutlich und die Nähe zu ihm war ja für Nathanael auch nicht gerade leicht, wo er sich so zusammenreißen musste. Das erste Mal kamen dem Jungen nun wirkliche Zweifel ob das alles so gut war, was sie machten. Nathanael würde über kurz oder lang durchdrehen und vielleicht würde er etwas ganz schreckliches tun. Gepeinigt schloss Adam die Augen. Nein, an sowas durfte er gar nicht denken, dass würde der Vampir nie tun. Dafür bedeuteten sie einander viel zu viel. Er legte seine Hand nach hinten und griff nach der von Nathanael, die er nun in seine einschloss. Er sollte einfach nur bei ihm sein, dass war alles. Adam brauchte jetzt die Nähe des Vampirs bei sich und bestimmt würde es ihm dann bald besser gehen.

Auch wenn er schon wieder weit weg war, irgendwo im Nirgendwo, so öffnete Nathanael doch die Augen, als er Adams viel zu warme Hand in der seinen spürte und schloss seine Augen, nachdem er kurz in Adams Gesicht geblickt hatte, gleich wieder. Er wollte sich nur ein wenig entspannen, dann würde es ihm bald wesentlich besser gehen und dann ginge es auch Adam schnell besser, weil er sich dann wesentlich besser um den Jungen kümmern konnte. Auch wollte er nicht bei jeder Kleinigkeit aus der Haut fahren, also war es wohl nur gut, wenn er nun ein wenig mit seinem Liebsten zusammen ruhte und beide sich erholten. Adam von seiner Krankheit und Nathanael von dem Stress, welchen er sich größtenteils selber machte.
 

Erst die leisen, eigentlich gar nicht hörbaren Schritte ließen den Vampir hellwach in die Richtung blicken. Sofort war all seine Ruhe verschwunden und er blickte unfreundlich zu dem "Eindringling", bis er erkannte, dass es nur zwei Vampire aus den Gefilden von Emily waren. Sicher waren sie gekommen, um Adam und ihn abzuholen, zumindest sah Oliver recht entspannt aus, der sich auch wieder im Zimmer befand. So lichtete sich auch Nathanaels Anspannung und er stand langsam auf.

Adam war nach einer Weile wieder eingeschlafen und wurde erst wieder wach, als man ihn vom Sofa hochhob und nach draußen trug. Es störte ihn nicht sonderlich, dass er schon wieder seine Schlafstätte änderte. Das war er ja mittlerweilen gewohnt. Das Fieber war leicht gesunken, doch noch immer fühlte er sich schwach und müde.

Oliver ging zu Nathanael und reichte ihm einen kleinen Beutel und einen Brief.

"Emily hat Adam für zwei Wochen von der Schule befreien lassen. Sie gab sich als seine Tante oder sonst was aus. In dem Umschlag befindet sich das Attest. Auch ich hab ihn in der Schule krank gemeldet. In der Tüte befinden sich ein paar Tabletten gegen das Fieber und sobald es wieder schlimmer wird, gibst du ihm eine davon. Pass auf, dass er sich schont, und genügend trinkt. Essen ist im Moment zweitrangig, hauptsache er trinkt mindestens zwei Liter am Tag. Und wenn sein Fieber wieder über 40°C steigen sollte, rufst du mich an oder fährst ihn umgehend in ein Krankenhaus ja?" Er sah den Vampir mit durchdringendem Blick an.

"Kümmer dich um ihn."

Peinlich genau achtete Nathanael darauf, dass die beiden mit Adam gut umgingen, bis er von Oliver abgelenkt wurde. Er nahm die Tüte in auch den Brief. Er nickte nur, schließlich wollte er sich nicht schon wieder aufregen und es gab keinen Grund dazu, Oliver meint es nur gut. Dennoch schnaufte er leise, als er sich abwandte und den beiden anderen Vampiren folgte. Er hatte gar nicht gemerkt, dass es schon wieder dunkel geworden war, wie lange hatte er denn dort herum gelegen, dachte er verwundert, als er nach oben starrte und die Sterne sehen konnte. Das war nun wirklich merkwürdig, aber es ging ihm trotzdem nicht viel besser, doch machte er sich nichts daraus, sondern sorgte sich lieber um Adam, dem er nun wieder enger folgte und sanft dessen Hand nahm, als er in das Auto gesetzt wurde und er neben ihm saß. Zärtlich streichelte er über den Handrücken und zog den Kranken dann an seine Brust, damit er nicht gegen die harte Fensterscheibe lehnen musste.
 

Erst als sie die Einfahrt zur Villa von Emily nach oben fuhren, öffnete Adam das erste Mal die Augen. Das es bereits finster war, registrierte er gar nicht. Nur die kühle Brust, an der er lehnte und den abwesenden Blick von Nathanael, der aus dem Fenster blickte. Ihm war noch immer so unsagbar heiß. Und das Nathanael neben ihm saß, musste bedeuten, dass jemand anderes fahren musste und erst jetzt wurde sich Adam der anderen beiden Vampire gewahr, die im vorderen Raum des Wagens saßen. Ein leises unwirklich klingedes Knurren entwich der Kehle ihres Fahrers, als auch Adam Emily erkennen konnte, die bereits vor der Villa auf sie zu warten schien.

Als der Wagen zum Stillstand kam, stiegen die beiden anderen sofort aus und Adam hörte leise den ersten sagen

"Madam! Sie sollten sich nicht hier draußen aufhalten!"

Doch die Vampirdame ignorierte ihre Leibwächter und eilte auf nackten Füßen die Treppenstufen herunter und öffnete die Tür. Ihr ernster Blick galt sofort ihrem Sohn, der sogar ein paar Sorgenfalten auf ihr schönes Gesicht zeichnete. Anschließend strich sie Adam über die Stirn.

"Bringt den Jungen in meine Gemächer!" ordnete sie an.

Man nahm Adam vorsichtig aus den Wagen und anschließend in das wunderschöne Gebäude. Nathanael hielt sie noch für einen Moment zurück.

"Du weißt, was dein schlechter Zustand bedeutet oder? Du und Adam... Eure Verbindung ist bereits so stark, dass du all die Schwächen von Adams menschlichen Körpers spürst. Wenn er stirbt Nathanael, wirst auch du sterben!"

Trauer und Kummer trat in ihre Augen. Denn genau aus diesem Grund waren Verbindungen zwischen Menschen und Vampiren verboten. Denn starb der menschliche Teil dieser Verbindung, starb auch der Vampir.

Nathanael war in Gedanken versunken. Er versuchte sich an all die verschiedenen Vampirgeschichten zu erinnern, an die Prädikten von Emily, an alles, was er je zum Thema Vampir und Mensch gelernt hatte, aber er konnte sich nicht erinnern und so leerte sich sein Kopf einfach wieder und er schloss die Augen einen Moment.

Erst als Adam sich ein wenig räkelte, öffnete er sie wieder, sah aber nicht zu dem Jungen, sondern stellte erstaunt fest, dass sie die Auffahrt entlang fuhren und schließlich zum Stehen kamen. Nur ungern ließ er Adam von sich nehmen, doch Emily ließ ihm, wie nur sie es wohl konnte, keine Wahl.

Als Emily ihn dann diese Frage stellte, brauchte er nicht zu antworten, denn wie er sie kannte, gab sie ihre Antwort gleich darauf und so geschah es auch. Irritiert sah er sie an. Er hatte sie selten so besorgt gesehen, doch verstand er nicht so ganz, was das zu bedeuten hatte.

"Welche Verbindung?" fragte er also, beinahe naiv aber mit einer gewissen Neugierde.

Er erinnerte sich nicht, ob er je von einer Verbindung zwischen Mensch und Vampir unterrichtet worden war. Nathanael wusste bisher nur, dass es so nicht üblich war und für Vampire als gefährlich galt. Doch wusste er bisher nicht, dass die Sterblichkeit die Gefahr darstellen sollte. Er seufzte ein wenig.

"Mir geht es doch gut, besser als ihm" versicherte er Emily und lächelte.

"Und er stirbt auch nicht" sagte er dann noch und versuchte dann, sich an ihr vorbei zu schieben.

Emily rollte mit den Augen.

"Nathanael! Du liebst Adam, er ist bereit, sein Leben für dich zu geben! Er liebt dich auch, ihr hattet Sex! Diese Verbindung meine ich. Diese überirdisch schöne und unbegreifbare Verbindung, die es nicht nur zwischen euren Körpern sondern auch euren Seelen gibt!" Sie ballte die kleinen zierlichen Hände zu Fäusten.

"Ich will nicht sagen, dass ich wünschte, dass du Adam nie kennengelernt hättest, doch nun geschieht etwas, was ich zu verhindern versuchte, seit ich dich erschaffen habe. Ich muss für etwas kämpfen, dass in unserer Welt verpöhnt und ungeduldet ist." Die weißhaarige Schönheit nahm ihren Sohn am Arm und führte in langsam in Richtung Haus.

Ja, nun würde sie sich vor ihren Mitregenten verantworten müssen, denn eine solche Verbindung, wie sie zwischen Adam und Nathanael bestand, war eigentlich nicht rechtens. Sie nickte.

"Nein, Adam wird nicht sterben. Nicht diesesmal, aber was, wenn er einmal einen schrecklichen Unfall hat oder einfach nur zwischen die Fronten gerät Nathanael? Du wirst mit ihm sterben." Sie seufzte tief.

Sie konnte sich nicht an eine solche Verbindung erinnern, dass es sie je gegeben hätte. Doch sie waren überliefert. In den jungen Jahren Octavianus hatte er eine junge Vampirin gekannt, die mit ihrem Liebsten in den Tod gegangen war.

"Ich möchte nur nicht, dass soetwas geschieht. Wenn man Adam zu einem der unseren machen würde, wäre das alles kein Problem."

Sie wusste, dass Nathanael protestieren würde, doch unterband sie jenen sofort.

"Ich sagte 'wenn' und ich weiß, dass du es nicht wünscht oder auch nur duldest. Und als deine Schöpferin muss ich diese Entscheidung wohl akzeptieren." Sie sah den Dunkelhaarigen an.

"Aber bist du wirklich bereit dazu, mit ihm zu gehen?"

Alles was Emily sagte entsprach der Wahrheit, aber wusste Nathanael nicht, was er dazu sagen sollte. Er liebte ihn wohl auf eine Art und Weise, die Adam gar nicht bewusst sein konnte und doch wusste Nathanael, dass Adam eben diese Gefühle nicht minder erwiderte und wenn Adam für ihn sterben wollte, dann hätte Nathanael auch kein Problem damit, sein Leben für das von Adam zu beenden.

"Wenn er stirb, Emily" sagte er leise und er wusste schon jetzt, wie hart diese Worte klingen mussten, "dann will ich gar nicht mehr in diesem Leben wandeln" meinte er und sah sie ernst an.

"Ich habe etwas gefunden, jemanden gefunden, der dieses elendig lange Leben zu etwas wertvollem macht und um keinen Preis, und sei es mein Ableben, werde ich ihn wieder von der Seite weichen" betonte er noch einmal und seine Augen schienen dabei in Flammen zu stehen.

Jedes Wort meinte er genau so ernst, wie seine Stimme geklungen hatte, auch wenn es mittlerweile für seine Ohren absurd klang, so über den Tod zu sprechen. Doch Emily hatte auch in dem Punkt recht, dass keiner über das Schicksal verfügen konnte. Jeden Tag konnte etwas geschehen, dass Adams Leben unerwartet beendete, jedoch auch das seinige, nur das bei ihm, Nathanael, um einiges mehr zusammentreffen müsste. Er seufzte ein wenig und sah Emily beinahe traurig an.

"Ich wünsche mir nichts mehr, als in Ewigkeit mit ihm zusammen zu sein. Aber der Gedanke, ihn in die Dunkelheit zu ziehen, ihn als einen der unseren anzunehmen, es scheint mir noch schmerzhafter, als die begrenzte Zeit, die wir noch haben" sagte er und seufzte gleich noch einmal.

Kurz wurde ihm dabei schwindelig und er bemerkte, was Emily meinte. Er hatte das Gefühl von Schwäche lange nicht mehr gehabt und nun fühlte er sich nicht einmal mehr übermenschlich. Mit dunklen, verschleierten Augen sah er seine Schöpferin an.

"Es tut mir leid, die ganzen Umstände, die ganzen Sorgen, die ich dir bereite" gestand er dann leise.
 

Die junge Frau lauschte den Worten ihres Schützlings und wusste, dass jedes eben dieser der Wahrheit entsprach, dass er wirklich bereit dazu war, das Leben für Adam zu geben, so wie es dieser wohl für Nathanael tun würde. Die Worte des Schwarzhaarigen hatten keinerlei Härte in Emilys Ohren und auch der Sinn dieser war überdeutlich. Liebevoll nahm sie die Hand ihres Sohnes in die ihre und wäre es ihr noch vergönnt gewesen, weinen zu können, würde sie das tun. Ihre zierlichen Arme umfingen Nathanael sanft, wobei sie nichteinmal bis zu seinen Schultern reichte.

"Ich weiß was du meinst. Ich weiß genau, was du fühlst und wie schwer dir das alles fällt Nathanael." Ihre Hand legte sich an seine Wange und sie sah ihm tief in die Augen.

"Glaube mir mein Junge, ich werde für euch kämpfen mit allem was in meiner Macht steht. Jegliche Kraft werde ich dafür nutzen, damit man dir auch weiterhin den Umgang mit Adam gewähren wird. Doch du musst dich darauf einstellen, dass es langwierig werden wird und ich kann es dir nicht versprechen, dass Leopold und die anderen Beiden mir zustimmen werden." Das deren Ansichten veraltet waren, wusste man ja schon.

"Du wirst auf ewig mit Adam zusammen sein Nathanael. Jetzt ist wahrlich noch nicht die richtige Zeit, um ihn auf die Schattenseite zu ziehen, doch eines Tages, vermutlich nochnichteinmal in ferner Zukunft, wird es diesen Punkt geben, an dem er zu den unseren gehören wird. Und ich werde ihm zur Seite stehen, so wie ich dir zur Seite stand. Ihn alles lehren, was ich weiß und was er wissen muss. Und Adam hat einen entscheidenden Vorteil, denn ich dir leider nicht bieten konnte. Er hat dich Nathanael." Sie strich lächelnd über die kühle Wange.

"Geh zu ihm, bleib bei ihm, solange du es willst. Ich werde mich um alles andere kümmern. Hier seid ihr sicher." Als sie seinen letzten Satz hörte, entkam ihr ein glockenhelles Lachen.

"Ich fühlte mich schon lange nicht mehr so lebendig Nathanael. Ich bin dir nicht böse, sicherlich nicht."

Erneut seufzte Nathanael. Es freute ihn, dass Emily sich so für ihn einsetzte, für ihn und Adam und es war gut, dass jemand wie sie auch etwas zu sagen hatte und zwischen all den engstirnigen, veralteten Anderen im Rat saß, aber eine einzige Stimme hatte selten viel Gewicht. Er musste leicht schmunzeln, als sie ihn in den Arm nahm, es war immer amüsant, wenn sie das tat, denn im Stehen war sie wirklich zu klein für solche Gesten, zumindest kam er sich dann immer wie der Ältere von beiden vor, der von einem Mädchen getröstet wird, nur stimmte die Ausstrahlung nicht dazu und diese war es auch, die ihn enorm beruhigte. Er sah sie danach dankend an.

"Ich werde mich gut um Adam kümmern" versprach er ihr leise und lächelte dann.

"Ich auch nicht, Emily. Aber es ist ein schönes Gefühl" sagte er dann, erhellt von ihrer Fröhlichkeit und ging dann auch, wie er es versprochen hatte, zu Adam.
 

Er konnte ihn spüren, sehr genau sogar und den Schmerz und die Hitze, die durch Adams Körper wallte, schien für ihn fast greifbar. Da fiel ihm die Tüte wieder ein, die er in seine Manteltasche gestopft hatte und diese zog er auch als erstes heraus, als er den Raum betrat. Sofort wichen die zwei Vampire, die sich bisher um Adam gekümmert hatten, zurück und verließen den Raum, als Nathanael von der Tür weggetreten war und zu dem Jungen ans Bett ging. Er nahm eine Pille und strich Adam sanft über die Wange.

"Hey" flüsterte er leise und nahm das Glas Wasser.

"Bist du wach" fragte er ruhig.
 

Emily seufzte kellertief, als Nathanael verschwunden war. Es war nur noch eine Frage der Zeit bis sie Briefe ihrer werten drei Ratsmitglieder erhalten würde. Leopold und Lien-Wu waren sicherlich nicht so leicht zu überzeugen. Octavianus, mit Abstand der Älteste unter ihnen, würde Emily vielleicht noch eher Gehör schenken, doch auch dessen konnte sie sich nicht gewiss sein. Zumindest hatte er das mehrmals erlebt, was sie gerade im Stande war zu tun. Sie gewährte in gewissem Sinne einem Verräter ihrer eigenen Rasse Unterschlupf in ihrem Haus und was das schlimme war, sie tat es gern. Denn wer konnte schon sein eigenes Kind verraten und ans Messer liefern. Vermutlich war keine Mutter dazu im Stande.
 

Adam war wieder eingeschlafen und als Nathanael ihn mit solch sanfter Stimme ansprach, schlug er erneut verschlafen die Augen auf und sah diesen an. Ein gequält wirkendes Lächeln trat auf seine Lippen und er sah Nathanael liebevoll an. Die Geste wirkte schwach, dennoch hob er seine Hand und hielt sie dem Vampir entgegen.

"Wo warst du so lange?" fragte er mit belegter Stimme und erschrak selbst davor.

Sie klang so unwirklich. Ihm musste es wirklich schlecht gehen. Ihm war schon wieder ganz heiß und kalt zugleich und er fühlte sich wieder schlechter, als vorher.

"Was hast du da in der Hand?" fragte er dennoch neugierig.

Nathanael lächelte ein wenig.

"Ein Glas Wasser" sagte er und ging nicht auf die erste Frage ein, küsste Adam aber sanft auf die Wange. Dann half er ihm ein wenig, sich aufzurichten.

"Trink und bitte, nimm diese Tablette" bat er ihn und hielt ihm auf die Pille hin, die er bis eben noch zögernd zurückgehalten hatte.

Er wusste nicht, ob das gut oder schlecht war, aber es würde die Schmerzen nehmen, das Fieber senken und Adam beim Schlafen helfen, also konnte es nur helfen. Auch wollte er sich danach zu ihm legen, immerhin war er kalt und kühlen war doch gut in solchen Situationen.

"Geht es dir schon besser?" fragte er vorsichtig nach, auch wenn er keine Antwort verlangte, so würde es ihn doch interessieren, wie Adam sich fühlte.

Nur weil es nach außen hin gar nicht gut wirkte, musste es ihm ja nicht richtig schlecht gehen.
 

Emily eilte in die Küche und befahl einigen ihrer Diener, Wasser vorzubereiten. Sie hoffte, dass ein paar Wadenwickel dem Jungen vielleicht noch etwas mehr Linderung schaffen würden, als die Tabletten, die Oliver Nathanael hoffentlich mitgegeben hatten. Manchmal halfen Hausmittelchen wirklich mehr, als diese neumoderne Medizin. Sie hatten auch so die Jahrhunderte übers Land gebracht und hatten irgendwie überlebt. Mit einer Schüssel und Tüchern bewaffnet machte sich die Frau wieder auf den Weg zurück in ihre Gemächer und öffnete nach einem zaghaften Klopfen die Tür, um mit einem liebenswerten Lächeln auf den Lippen einzutreten. Sie hielt die Schüssel in die Höhe.

"Ich denke, es ist Zeit für Wadenwickel!" verkündete sie fröhlich.
 

Adam sah müde auf das Glas Wasser und die Tablette. Eigentlich wollte er gar nichts einnehmen, doch er würde wohl nicht gegen Nathanael ankommen. Also gab er sich geschlagen und ließ sich von diesem helfen. Er nahm die Tablette aus der Hand des Vampirs und legte sie auf die Zunge, ehe er das Glas nahm und einen Schluck nahm, um das kleine Biest hinunter zu würgen. Anschließend gab er das Glas wieder in die Hände des Vampirs und sank erschöpft zurück in seine Kissen. Ob es ihm besser ging? Adam hatte, wenn er ehrlich war, keine Ahnung, ob es ihm besser oder schlechter ging. Der ganze letzte Tag war wie ein Film an ihm vorbeigezogen und er erinnerte sich nur Bruchstückhaft daran.

"Ja... ich denke schon" antwortete er leise auf die Frage und schloss wieder die Augen, als er schon die Stimme von Emily vernahm, die Wadenwickel verkündetete.

Allein schon bei dem Gedanken daran, schauerte er. Auch wenn Nathanael gewollt hätte, dass Adam das ganze Glas leerte, so konnte er ihn wohl kaum dazu zwingen und so stellte er es nur wieder beiseite und strich sanft über Adams Stirn, ehe Emily eintrat. Er drehte sich zu ihr um und sah ein wenig fragend zu ihr, sah dann aber wieder zur Adam.

"Das wird dir sicher helfen" sagte er nur, da sein Liebster ganz und gar nicht begeistert aussah.

Nathanael schlug dann die Decke über Adams Beinen zur Seite und half Emily bei den Wickeln. Die waren wirklich kalt, denn selbst Nathanaels Hände spürten das. Sicher war es zu kalt, aber Adams Waden würden schnell die Wickel wärmen, so heiß wie der Kleine war. Adam war auch wirklich nicht begeistert von dem, was die beiden Vampire mit ihm vorhatten. Doch er sagte nichts dagegen. Erstens aus dem einfachen Grund, weil er wusste, dass die Wickel meistens halfen und zweitens, weil er keinem zu nahe treten wollte, wenn er jetzt sauer werden würde. So ließ er die Prozedur stumm über sich ergehen, wandte den Blick dann kurz zu Emily, die gerade ein trockenes Tuch über das nasse kalte wickelte. Ihr Gesicht wirkte äußerst ruhig, doch in ihren Augen lag eine tiefe Sorge, die Adam im Moment nicht nachvollziehen konnte. Aber er konnte sich schon fast denken, dass es mit ihm zusammenhängen würde. Anschließend sah er zu Nathanael, der noch immer abgespannt und müde wirkte.

"Bleibst du bei mir?" fragte er leise.

Auch Emily richtete ihren Blick bei dieser Frage auf Nathanael. Es wäre sicherlich das Beste, wenn er bei Adam bleiben würde. Sie nahm die Decke und legte sie wieder über die Beine des Jungen.

"Schlaf noch etwas Adam, es wird dir gut tun." Emily streichelte zärtlich über die Hand des Jüngeren.

"Nathanael wird sicherlich bei dir bleiben."

Gerade hatte Nathanael den Wickel fertig, da blickte er zu Adam, der ihn fragte, ob er bleiben würde. Aber diese Frage war im Grunde verschenkte Luft, natürlich würde er bleiben! Genau das wurde auch seine Antwort.

"Natürlich bleibe ich" beruhigte er Adam und sah dann zu Emily, die eben noch zu ihm gesehen hatte.

Er war sich nicht sicher, ob sie etwas von ihm wollte, doch um ihr eindeutig zu signalisieren, dass er nun gewiss nicht mehr von Adams Seite weichen würde, fing er an sich die Schuhe auszuziehen, die er noch immer trug und würde sich dann zu Adam ins Bett legen, um ihn wenigstens ein bisschen Nähe zu schenken. Wer weiß, vielleicht war sein kühler Körper genau das, was der Junge gerade brauchte, er hoffte nur, die Medikamente würden schnell anschlagen. Als Nathanael neben ihm lag, kuschelte sich Adam automatisch an den kühlen Körper und lehnte seinen Kopf an die kühle Brust des Vampirs. Das würde ihm zumindest zusätzlich noch Linderung schaffen. Seine freie Hand tastete nach der seines Liebsten und schloss sie tief in seine ein. Es beruhigte ihn, dass er da war und nicht weggehen würde. Emily streichelte nocheinmal sanft über die Seite von Adam, ehe sie sich an Nathanael wandte.

"Ich bin in meinem Arbeitszimmer. Es liegt gleich nebenan, wenn etwas ist, ruft einfach nach mir ja?"

Sie liebte die Rolle der Mutter, gut vielleicht auch Urururururururururururururgroßmutter, die sie eigentlich bei Adam innegehabt hätte. Aber in der Schule hatte man es stillschweigend akzeptiert, dass der Schwarzhaarige die nächsten beiden Wochen nicht kommen würde, weil er krank war. Das Attest würde sie in den nächsten Tagen dorthin schicken. Mit einem liebevollen Lächeln löste sie sich nun von dem Bett und verschwand.

Adam dachte sich, womit er eigentlich diese ganze Liebe von zwei unvergesslichen Personen verdient hatte. Man schenkte ihm mehr Aufmerksamkeit und Zuneigung, als er je erhalten hatte bisher. Doch es machte ihn irgendwie total stolz und kribbelig, dass sich Emily und Nathanael so sehr um ihn kümmerten. Mit einem leisen Seufzen entspannte er sich mehr, kaum dass Emily den Raum verlassen hatte. Er fühlte sich wohler, wenn er mit Adam alleine war, nicht, dass ihre Anwesenheit unangenehm war, aber wenn er sich so seinen Gefühlen hingab, war es ihm doch ein wenig peinlich. Er wusste es nicht genau, aber er wollte ungerne vor ihr Blöße zeigen, die ja doch bestand, wenn er sich so sehr entspannte und seinen Gefühlen hingab.

Sanft streichelte er Adams Handrücken und kuschelte seine Nase an dessen Haar, schloss die Augen und genoß die enorme Wärme, die Adam an ihn übertrug. Er selber fühlte sich bald schon wie im Fieber und so ließ er sich dieses Mal entspannt und bewusst in die Leere gleiten, die seinen Körper und seinen Geist entspannte. Adam genoss die Nähe von Nathanael enorm und schlief wenige Minuten später wieder ein. Die Wickel sowie die Tablette zeigten Wirkung und ließen ihn in einen traumlosen Schlaf gleiten, aus dem erst ein paar Stunden später erwachte. Nathanael schien auch zu schlafen, er lag halb über Adam, doch das Gewicht des Anderen störte ihn nicht wirklich, es gab ihm eher etwas Sicherheit, hier in dem fremden Haus unter den ganzen Vampiren. Verschlafen rieb er sich die Augen, als Adam eine Bewegung im Augenwinkel warnahm. Ach, er musste wohl verrückt sein. Das lag sicherlich am Fieber. Er schloss erneut die Augen und atmete ruhig und tief den Duft Nathanaels ein, der von diesem ausging.

Erst als der Junge unter ihm etwas reger wurde, ließ auch Nathanael seine Gedanken wiederkehren und sah zu Adam, rollte sich ein wenig von ihm herunter, um über die feuchte Stirn zu streicheln und seine Hand einen Moment dort liegen zu lassen. Erst dann küsste er ihn sanft auf die Wange, sprach aber kein Wort. Gerade als er sich wieder in die Kissen sinken lassen wollte, schreckte etwas in ihm auf, dass ihn auffahren ließ und sofort drehte er sich in Richtung Tür, sah jedoch nichts und so beruhigte er sich langsam wieder, legte sich zurück in das Bett. Nun war es ihm aber nicht mehr so wohl und mit halb geöffneten Augen, legte er seinen Arm wieder über Adams Brust, war nun mit allen Sinnen bereit, alles wahrzunehmen, was sich noch so bewegte.

Doch viel bemerkte er nicht, nichts, was ihm gefährlich vorkam und so entspannte er sich langsam wieder, war jedoch nicht mehr fähig, sich ganz fallen zu lassen. Das war ein beklemmendes, komisches Gefühl, dass in seiner Brust und seinen ganzen Gliedern kreiste.

Adam erschrak fürchterlich, als Nathanael plötzlich so schnell in die Höhe schoss und in Richtung der Türe blickte. Liebend gern hätte er sich noch etwas mehr von den Zärtlichkeiten hinreißen lassen, die Nathanael für ihn übrig hatte. Und so nahm er auch sofort diesen wieder in Beschlag, als er sich neben ihn sinken ließ und einen Arm um ihn legte. Automatisch krümmelte sich Adam zu einem kleinen Knäuel zusammen und drückte sich an seinen Beschützer. Das flaue Gefühl in seinem Magen wurde immer stärker und er versuchte es irgendwie zu ingnorieren, was ihm aber nicht gelingen wollte. Es war nichts. Nur eine schwache Bewegung im Augenwinkel, die er wahrgenommen hatte und der Vampir war auch wieder einigermaßen ruhig. Es konnte also nicht schlimm sein.

Eine Hand Adams krallte sich nun in das weiße Hemd des Älteren und suchte dort etwas Halt. Unter der Decke streifte er sich nun die Wickel von den Beinen, da diese mittlerweilen auch nicht mehr kühl, sondern nur unangenehm warm waren. Sanft nahm er seinen Schützling in die Arme, als dieser sich so an ihn schmiegte und leicht an seinem Hemd festkrallte.

"Heh" beschwerte er sich dann aber leise, als ein warmfeuchter Wickel auf seinem Bein landete, richtete sich dann ein wenig auf, um die beiden Tuchknäuel vom Bett zu schieben.

Beinahe erschrocken blickte er auf. Er hatte doch was gesehen! Langsam glaubte er schon, verrückt zu sein, denn wieder war nichts da. Er legte sich also zurück zu Adam, den er gleich wieder an sich zog und sanft über den Rücken streichelte.

"Schlaf noch ein wenig" flüsterte er liebevoll und schloss selber die Augen.

"Was?" fragte Adam verschlafen, als er den empörten Wortlaut von Nathanael hörte.

Erst jetzt bemerkte der Jüngere, dass er die feuchten Wickel an seinen Liebsten geschoben hatte. Seine Hand löste sich aus dem Hemd, als Nathanael sich über ihn beugte und die Handtücher auf den Boden warf. Erneut zuckte auch er zusammen, als Nathanael so zusammenfuhr. Es machte ihn sichtlich nervös, dass der Vampir beunruhigt war. Sofort, als die sanften Arme ihn umfingen, schloss er wieder die Augen.

"Ich schlaf irgendwie die ganze Zeit über" bemerkte er leise.

"Aber ich bin so müde."

Er presste sich wieder an den Älteren und schloss genießend die Augen. Mit einem Mal sträubten sich jedoch all seine Nackenhärchen und ein kalter Schauer lief seinen Rücken nach unten, als ob ihn jemand beobachten würde.

"Es ist gut, wenn du schläfst. Dein Körper braucht das jetzt" sagte er leise und streichelte ihn wieder, bis auch er das endgültige Gefühl hatte, nicht mit ihm alleine zu sein.

Zwischen all den unwohlen Gefühlen, machte sich eine Art der Abneigung breit, die nur einem Wesen zugeordnet werden konnte und dieses Gefühl ließ ihn Adam noch ein wenig enger an sich ziehen, während seine Augen und all seine Sinne scharf auf diesen Raum achten und alles, was sich hier bewegte.

Roselin! Kam es endlich in seinen Kopf und mit einem Mal glaubte er ihre Gestalt vor sich zu sehen, dass er direkt mit einem kehligen Knurren aus dem Bett sprang. Doch er schaffte es gerade mal bis zu dem Fenster, dass nun offen stand. Zurück blieb ein krankes Lachen, dass nur Roselin gehören konnte.

"Ich hole ihn mir" lachte sie, doch Nathanael wusste, dass er sie nicht erreichen konnte.

Wenn Roselin in etwas ungeschlagen war, dann in ihrem krankhaften Verhalten und ihrer Schnelligkeit. Sofort, kaum dass er sich Adam wieder bewusst wurde, schloss er das Fenster, eilte er zurück ans Bett und strich sanft über Adams Wange. Ihm fielen keine Worte ein und er hoffte, Adam hätte das ganze nicht so wahr genommen, wie er selber, sondern hielt alles für einen Fiebertraum. Doch darin sollte sich Nathanael täuschen. Sofort, als er das Bett verlassen hatte, waren Adams Sinne aufs äußerste geschärft und diese Stimme konnte nur einem Wesen auf dieser Welt gehören. Mit einem Mal hatte er unglaubliche Angst und zitterte am Körper, was auch nicht leichter wurde, als die Fenster endlich wieder geschlossen waren.

Er hörte das laute Rumpeln aus dem Stockwerk unter und den Räumen neben sich. Viele Wesen mussten sich mit einem Mal in Bewegung setzten. Doch eigentlich hatte er Vampire immer für leise gehalten, doch im Moment bewießen sie das Gegenteil. Als Nathanael wieder neben ihm im Bett saß, blickte Adam mit tränennassen Augen auf.

"Sie ist hier!" flüsterte er leise und panisch.

"Shh" versuchte er Adam zu beruhigen und strich ihm sanft über die Lippen.

"Hab keine Angst" flüsterte er und hauchte Adam einen sanften Kuss auf die heißen Lippen.

Genauso sanft nahm er ihn nun in seine Arme und hob ihn dann aus dem Bett. Er überlegte erst, ihn selber laufen zu lassen, denn er spürte nahezu, dass er aus diesem Raum raus musste, egal warum, er gab diesem Gefühl nach, doch wollte er Adam schonen, also nahm er ihn dann ganz auf die Arme und schmunzelte ein wenig.

"Du hast abgenommen" stellte er fest.

Gut er trug Adam nicht sonderlich oft, aber schien er ihm doch leichter, als sonst. Trotzdem trug er Adam, in seine Decke gewickelt, aus dem Raum. Auf dem Gang polterten einige Bedienstete wie gescheucht herum und liefen auf und ab, verschlossen so ziemlich alle Fenster, die für die frische Luft geöffnet worden waren.

Es schien also nicht nur von Adam und ihm bemerkt worden zu sein, dass unerwünschte Gäste ihren Weg hierher gefunden hatten. Adam würde er nun zu Emily ins Arbeitszimmer schleppen, auch wenn er fast befürchtete, dort Roselin vorzufinden. Sie war ihm schon immer einen Schritt voraus gewesen. Adam klammerte sich ängstlich an Nathanael, als ihn dieser sanft aus dem Bett hochhob und aus dem Zimmer brachte. Sofort ließ die Anspannung in ihm und seinem Körper nach und er beruhigte sich etwas. Doch wohin würden sie jetzt gehen. Der Vampir steuerte zielstrebig auf eine Tür zu, die einen kurzen Moment, ehe sie eintreten konnten, von Emily aufgerissen wurde. Sie schien äußerst wütend zu sein, denn in ihren Augen sprühte wahrlich der Zorn.

"Bring ihn rein!" fauchte sie Nathanael an.

"Und denk gar nicht daran, die Villa zu verlassen, um sie zu jagen! Das werde ich persönlich übernehmen!"

Sie hasste es, wenn man sich erdreistete und ungebeten ihr Haus betrat. Emily trat aus dem Zimmer und gab den Weg für die beiden frei. Adam konnte ihr noch über die Schulter Nathanaels nachblicken und sah, dass am Ende des Ganges Nion zu ihr stieß, der wie ein gescholtener Hund neben der viel kleineren Person herging.

Nathanael war überrascht so viel Zorn bei Emily zu spüren und vor allem, dass sie wohl tatsächlich Roselin jagen wollte. Dennoch legte er Adam erst einmal auf der Couch ab, das wohl einzige hier, wo man überhaupt liegen konnte, wenn sie auch sehr klein war. Sanft strich er über Adams Wange.

"Du brauchst dir wirklich keine Sorgen machen" flüsterte er noch einmal leise und küsste ihn sanft.

Anschließend kniete er sich dann vor die Couch, um sich zumindest ein wenig an den anderen zu kuscheln. Ihm war es eigentlich egal, in was für einer Haltung, in was für einer Position er ausharrte, denn er war äußert merkwürdige Stellungen auf lange Zeit gewohnt und so würde es ihn nicht einmal stören, wenn er ein Knoten wäre, solange er ein wenig mit Adam kuscheln konnte. Adam schappte sich sofort Nathanaels Hand und hielt sie fest in seiner eigenen. Er liebte den Vampir so abgöttisch und das Auftauchen von Roselin zeigte ihm, wie verwundbar sie gerade waren. Und vor allem, wenn sie zusammen waren. Nathanael schien genauso zu leiden, wie er selbst, auch wenn ihm augenscheinlich selbst nichts fehlte.

"Ich mach mir keine Sorgen. Du bist schließlich bei mir."

Adam richtete sich ein kleines Stück auf und küsste den Vampir lange und ausgiebig. Er sehnte sich so sehr nach seinen sanften Berührungen, dass es ihn beinahe schon schmerzte.

"Wie sind wir hierhergekommen?"

Irgendwie konnte er sich an nichts erinnern. Nathanael genoß den Kuss sehr, schob Adam aber doch sanft von sich, als sich ihre Lippen trennten.

"Bitte, schlaf noch ein wenig" bat er ihn leise und küsste ihn noch einmal sanft, ehe er dann aufstand und zum Fenster ging.

Es ließ ihm keine Ruhe, wieso war Roselin hier gewesen? Hatte sie sie etwa verfolgt, aber so viel wollte er ihr dann doch nicht zuschreiben. Aber eigentlich wäre das genau ihre Art. Sie spielte gerne, bevor sie ernsthaft angriff und das gefiel Nathanael noch weniger, als der Gedanke, es wäre bloß Zufall gewesen. Er drehte sich zu Adam zurück und lächelte ein wenig.

"Du bist ja immer noch wach" mahnte er ihn liebevoll.

"Ich bin aber nicht müde"

Doch sein Körper strafte ihn tausend Lügen, als er ihn herzhaft gähnen ließ. Als sich der Vampir wieder von ihm entfernte, bemächtigte sich eine eisige Kälte seines Körpers, dass er sich aufzusetzen versuchte, was Adam allerdings misslang. Er beobachtete Nathanael dafür aufmerksam. Die Spannung war noch immer nicht aus dessen Schultern und seinem Körper gewichen. Und auch das Lachen von Roselin ließ ihn gar nicht mehr los. War sie nicht verschwunden gewesen? Er erschrack ein wenig, als er plötzlich den Blick des Vampirs auf sich spürte.

"Ich kann nicht schlafen" sagte er kleinlaut. "Du bist so weit weg."

Mit einem Schmunzeln kam er zu Adam zurück.

"Du musst aber schlafen, wirklich" sagte er leise und küsste ihn noch einmal sanft, holte sich dann den Stuhl heran, um sich neben die Couch zu setzen, strich aber sanft mit einer Hand durch Adams Haare.

"Ich gehe ja nicht weg" meinte er nur um den anderen zu beruhigen und lächelte wieder.

Manchmal merkte man doch, dass Adam im Grunde noch ein Kind war und das erleichterte Nathanael sogar so sehr, dass er beinahe vergaß, warum sie hier waren. Sofort kehrte seine Anspannung zurück, die aber nicht das Lächeln von seinen Lippen nehmen konnte.

"Aber ich will nicht allein sein Nathanael! Ich hab Angst, dass du das nächste Mal wenn ich aufwache weg bist" gestand er leise.

Die Worte hatten zwar eine beruhigende Wirkung, doch so sicher war sich der Junge noch immer nicht, ob er ihm trauen sollte, aber dann fielen ihm Emilys Worte wieder ein und wie wütend sie gewesen war. Nein, Nathanael würde wirklich nicht verschwinden, wenn er nicht den Ärger seiner Mutter auf sich ziehen wollte.

"Warum lächelst du so?" fragte er kleinlaut.

Es hatte sicherlich etwas mit ihm zu tun. Dann richtete er den Blick auf den Vampir.

"Du wirkst so müde" stellte er fest. "Warum bist du so müde Nathanael?"

Er machte sich richtig Sorgen um den Älteren. Auch wenn man vielleicht meinen konnte, dass soetwas immer an ihm vorbeizog, oder er es gar nicht bemerkte, stimmte es nicht. Er bemerkte es vielleicht immer erst sehr spät, aber es fiel ihm auf.

"Ich verschwinde wirklich nicht einfach so. Wie könnte ich dich jetzt alleine lassen?" versuchte er noch einmal, den Jungen zu beruhigen.

Doch Adam ließ sich einfach nicht davon abbringen. Also gab er sich geschlagen.

"Ich lächele, weil ich glücklich bin, denn du bist hier und ich bin bei dir und das ist Grund genug, um zu lächeln" erklärte er und lächelte dabei noch mehr.

Danach jedoch verschwand etwas von seinem Lächeln und es wirkte viel mehr nur noch aufgesetzt. Ja, warum war er so müde. Er konnte Adam wohl kaum die Wahrheit erzählen, er würde überbesorgt sein und wohl nicht mehr aus dem Haus gehen.

"Im Moment geht einfach alles drunter und drüber. Das geht auch an mir nicht spurlos vorbei" sagte er also und rutschte noch einmal vom Stuhl, um den anderen zärtlich zu küssen.

"Nun durchlöchere mich nicht wieder mit Fragen, sondern döse wenigstens ein wenig. Du sollst dich bessern und nicht gleich wieder deinen besseren Zustand verschlechtern" sagte er leise und hielt Adams Hand fest in seiner.

Dieser sah mit fiebrigen Augen zu Nathanael.

"..."

Er wollte etwas sagen, doch alles schien keinen Sinn zu ergeben. Irgendetwas wurde von ihm geheimgehalten, doch er würde wohl von keinem die Wahrheit erfahren. Gut von einer Person vielleicht schon, aber auch nur, wenn er allein mit ihr war. So fasste er nur noch fester um Nathanaels Hand und hinderte diesen sogar daran, auf den Sessel zurückzukehren.

"Dann werde ich noch etwas schlafen ja?"

Er küsste sanft die Hand und schloss seine Augen. Komischerweise schlief er kurz darauf wirklich wieder wie ein Murmeltier und nichts konnte ihn mehr aufwecken. Nichteinmal, als Emily mit Nion zurückkehrte.

Kapitel 11

Leise seufzte Nathanael. Gut, er konnte zwar so verharren, aber wäre der Stuhl wohl bequemer, dennoch blieb er ohne weiteres Murren einfach neben Adam hocken und umfasste weiterhin dessen Hand, war froh darüber, dass sein Liebster nun wieder schlief. Es schien ihm schon viel besser zu gehen und das war gut so. Auch er selber konnte wieder klarer denken und so sah er keineswegs verwundert zu Emily und Nion.

"Und?" war seine einzige Frage, er rührte sich dabei kein Stück.

Nion warf ihm einen Blick zu, der tausend Worte übertraf und auch das abfällige Schnauben von Emily sagte mehr aus, als man als Normalsterblicher vielleicht dahinter vermuten konnte.

"Sie ist verschwunden. Es ist, als ob sie nie hier auf dem Gelände gewesen wäre" antwortete Emily und stützte sich auf ihrem Schreibtisch ab.

Den anderen Anwesenden hatte sie den Rücken zugedreht, während sie sprach.

"Sie war in der Hütte Nathanael. Es war vermutlich euer Glück, dass ihr nicht dort gewesen seid. Sie hat zwar nichts angefasst, aber ihr Geruch ist dort sehr deutlich zu vernehmen. Und bei Oliver scheint sie auch gewesen zu sein, die arme Pauline ist völlig verwirrt. Sie kennt unsere Welt einfach noch nicht so gut."

Nun drehte sie sich zu Nathanael und Nion um, auch Adam streifte ihr Blick.

"Sie ist auf der Jagd nach Adam. Sie will ihn tot sehen. Im Moment seid ihr hier am sichersten. Ich werde Adam von der Schule nehmen und hier auf privat unterrichten lassen. Sein Abitur kann er dann an einem hiesigen Gymnasium nachholen. Ich will euch beide in meiner Nähe wissen!"

Ihre Tonlage ließ wirklich keine Wiederworte zu und selbst Nion wusste, dass Nathanael ihre Worte akzeptieren musste. Nathanael hatte auch nichts dagegen einzuwenden. Er selber hatte eingesehen, dass er keine Chance hatte, zumindest nicht im Moment, Adam alleine zu beschützen und er würde nicht dabei zusehen können, wie Roselin ihr Werk tat, ohne selber dabei zu verrecken. Plötzlich kam ihm eine Idee, die ihn beinahe in den Augen stand.

"Ich schreibe ihr einen Brief" stellte er fest und ignorierte Emilys weitere Worte, sowie auch Nion, der misstrauisch drein schaute.

Er sah zu Adam und löste sich dann von ihm, um sich einen Zettel von Emily zu nehmen und einen Stift. Dann blickte er sie an.

"Vielen Dank" sagte er und kniete sich dann wieder neben Adam, kritzelte, den Zettel auf der Couch abgelegt, einige Worte, bis das Blatt voll war und faltete es dann.

"Mh, ob es reicht, wenn ich es aus dem Fenster schmeiße?" überlegte er laut und äußerst amüsiert über seinen Gedanken.

"Nathanael!" herrschte Emily ihn an.

"Hast du mir überhaupt auch nur im Ansatz zugehört?"

Sie stemmte die Hände in ihre Hüften und sah ihren Sohn sauer an. Sie zermatterte sich hier ihr Gehirn, um sie beide vor diesem psychopatischen Kind zu schützen, denn mehr war Roselin in ihren Augen noch nicht. In Vampirjahren gerechnet war sie kaum 90 Jahre alt und stand somit noch in Kinderschuhen.

"Was schreibst du ihr in den Brief!"

Sie war normalerweise jemand, der sich nicht in die Angelegeneheiten anderer einmischte, doch die Blonde in ihrem Zorn jetzt auch noch zu provozieren glich einem Himmelfahrtskommando, ohne Aussicht auf Wiederkehr.

"Sag es mir! Ich will dich nicht verlieren!"

Denn das sie eines ihrer beiden Kinder verlieren würde, war ihr klar und sie hatte sich für Nathanael entschieden und für Adam, denn für sie konnte sie kämpfen. Die kranke Existenz von Roselin konnte und würde sie nicht weiter verantworten. Dieser seufzte ein wenig, als Emily so wütend wurde.

"Ja, ich habe zugehört." Dann reichte er ihr den Brief.

"Ich schrieb lediglich, dass sie mein Leben beenden wird, wenn sie das von Adam beendet und sie so auf alle Zeit von mir und auch von Nion und selbst von dir, Emily getrennt sein wird. Ich meine, sie liebt uns, als ihre Familie und sie will mich für sich. Wenn ich also tot bin und ihr zwei euch von ihr abwendet, dann hat sie niemanden mehr. Es könnte helfen, sie zumindest für einen Tag, vielleicht auch nur für eine Stunde zu klarem Verstand zurück zu leiten und dann ist es nur eine Frage des Handelns, was mit ihr geschieht. Entweder wir nutzen den Moment ihrer Klarheit und überwältigen sie, sperren sie weg oder" Er sprach nicht weiter, denn die zweite Variante war eine, die er nicht umsetzen konnte und auch nicht verlangen würde, dass es jemand anderes tat.

"Du kannst ihr doch nicht einfach diese Karte in die Hände spielen! Bist du verrückt! Denkst du wirklich, dass würde bei Roselin auch nur einen Moment des lichten Verstandes herbeiführen!"

Das war nicht Emily die nun sprach, sondern Nion.

"Sie ist überaus wütend Nathanael und als Freund kann ich dir nur nahelegen, ihr diesen Brief nicht zukommen zu lassen, denn die Konsequenzen, mit denen du kalkulierst, sind Roselin im Moment egal. Wenn sie Adam tot sieht, wird ihr dein Tod auch gleichgültig sein. Denn das sie dein Herz bereits verloren hat, dass weiß sie." Er biss sich auf die Lippe, ehe er weitersprach.

"Ich kann dich nicht davon abhalten, dass zu tun, was du tun willst, aber als dein bester Freund rate ich dir, lass es sein. Wir werden versuchen, sie in eine Falle zu locken und so wieder hinter Schloss und Riegel zu bringen, aber eine Lösung auf Dauer wird es auch nicht sein." Auch ihm schwebte eine weitere Variante vor, doch diese wollte ihm so gar nicht gefallen.

"Roselin wird erst ruhen, wenn sie tot ist" kam es schließlich leise über seine Lippen.

Nathanael sah zu Nion, als hätte dieser kein Recht gehabt zu sprechen und funkelte ihn an.

"Deine Ratschläge sind nicht immer die besten, Nion" erinnerte er ihn.

"Schon gar nicht, wenn es um Rose geht." Dann grinste er.

"Wir können auch sagen, dass du verreckst, wenn sie Adam etwas antut, sicher wird das einiges ändern."

Er wusste, wie fies er gerade klang, wie unnötig diese Sticheleien waren und wie sehr er Nion und wohl auch Emily damit verletzte, aber es war eine ausweglose Situation, die Nion nicht auch noch mit überflüssigen Worten an die Wand fahren musste. Gut, er sah ein, dass Roselin wohl sterben musste, aber wie oft waren diese Gedanken schon gedacht und diese Worte gesprochen, ohne das Roselin auch nur ein Haar verloren hat. Also zweifelte Nathanael auch dieses Mal daran, dass es eine entgültige Entscheidung war. Er wandte sich an Emily. Ein leichtes Seufzen glitt über seine Lippen, ehe er sich wieder zu Adam setzte und die beiden missachtete, sanft über die warme, aber nicht mehr heiße Wange strich.

"Hört auf! Alle beide!" donnerte Emily. Sie hatte genug gehört.

"Nion du fährst nach Hause! Wenn ich deine weitere Hilfe benötige, werde ich dich es wissen lassen!" Sie wartete bis der Brünette verschwunden war, ehe sie sich ihrem Sohn zuwandte.

"Was sollte das Nathanael! Es ist nicht Nions Schuld, dass wir uns in dieser Lage befinden, wenn du unbedingt einen Sündenbock brauchst, andem du deine Wut auslassen kannst, dann nimm jemanden, der sich auch dagegen wehren kann!" Sie ballte die Hände zu Fäusten.

"Du weißt um die Gefühle deines Freundes für Roselin und dennoch besitzt du nicht genügend Herz und schleuderst ihm diese Gemeinheiten an den Kopf! Verlange ich etwa von dir, Adam auf die dunkle Seite zu ziehen? Nein! Also hör auf, dass du von Nion verlangst, er soll Roselin töten! Das ist wirklich nicht seine Aufgabe!" Sie atmete ein paar Mal durch, versuchte sich auf diese Weise zu beruhigen.

"Ihr könnt heute Nacht hier schlafen, oder zurück in mein Zimmer gehen, mir ist es gleich."

Es war Nathanael klar gewesen, dass Emily schimpfen würde, dass sie wütend werden würde und so drehte er sich im ersten Moment nicht einmal um. Er seufzte ein wenig. Schließlich hatte er nicht von Nion verlangt, sie zu töten, noch nie und er würde es auch nicht. Dann drehte er sich jedoch um und blickte zu Emily. Sie war noch immer schrecklich wütend. Also wandte er seinen Blick wieder ab.

"Nein, du verlangst es nicht von mir."

Dabei betonte er das du, denn er wusste, dass Nion zwar hinter ihm stand und ihn auf jeden Fall unterstützen würde, doch dass er sich, wenn es beschlossen würde, wieder an das Wort halten würde, seiner Sippe zu folgen und da half es nicht, was die persönliche Meinung war. Sanft küsste er Adams Hand, schloss dann einen Moment die Augen und stand auf, drehte sich zu Emily.

"Verzeih mir, im Moment bin ich wieder etwas reizbar" sagte er dann noch, auch wenn er wusste, dass er sich bei Nion entschuldigen sollte, aber dieser war nun mal nicht mehr da.

"Es wird auch niemand sonst von dir verlangen, solange ich als Schutz vor dir stehe!" antwortete Emily kühl.

"Nichteinmal Leopold würde es wagen, sich mit mir anzulegen, doch ich will, dass du soetwas nie wieder auch nur denkst! Ich weiß, zu welchem schrecklichen Ende es uns geleiten wird, ich habe es ihm Gefühl!" Sie wandte sich an ihren Sohn.

"Ich bin dabei, eines meiner Kinder zu verlieren Nathanael! Ich werde meine Tochter verlieren!"

Sie hatte diese Worte noch nie ausgesprochen, doch Trauer schwang offensichtlich in ihnen mit. Sie wandte sich wieder von Nathanael und Adam ab und ging zum Fenster, wo sie die Hand auf die kühle Scheibe legte.
 

"Ich wünschte, ich könnte es ändern. Es rückgängig machen, wie noch einiges mehr in meinem Leben."

Ihre Stirn lehnte nun auch an der Scheibe und zum ersten Mal seit Jahrhunderten fühlte sie die riesige Last auf ihren Schultern und die Verantwortung, die auf eben diesen lastete. Es war ja nicht so, dass Nathanael nicht verstehen konnte, wie Emily sich fühlte, er glaubte es nachvollziehen zu können, aber Roselin hatte in vielen Punkten ihr Leben einfach verwirkt und es war nicht Emily, die das Leben beenden musste, zumindest glaubte das der Vampir. Als sie jedoch so traurig am Fenster stand, ging er zu ihr hin und legte die Arme von hinten um sie.

"Du solltest es nicht ändern. Wer weiß, ob ich dann jemals Adam getroffen hätte oder ob ich ohne Roselin nicht an ihrer Stelle gestanden hätte" sagte er leise.

"Oder ob irgendjemand anders ihren Platz im Schicksal eingenommen hätte."

So versuchte er ihr ein wenig die Last von den Schultern zu nehmen.

"Alles kommt, wie es kommen muss, hast du das nicht selber gesagt? Schmiede dein Schicksal so weit es geht selber, aber nimm hin, wenn es mal nicht so kommt" oder so ähnlich waren die Worte, an die er sich erinnerte.

Sie schlang ihre Arme um den starken Körper und ließ sich einfach fallen. Ja, das waren ihre Worte gewesen, vor langer Zeit schon, denn sie hatte sie vielen ihrer Kinder gesagt, doch noch nie hatte sie diese so bereut wie im Moment. Die meisten ihrer Schöpfungen hatte sie nie mehr gesehen und sie lebten ihr Leben ohne Emily. Einzig Nathanael war ihr noch geblieben und Roselin. Und es schmerzte einfach, diese höllische Vorstellung ihr Todesurteil einmal mit zu unterschreiben müssen.

"Ja, dass sind Dinge, die niemand vorher wusste. Aber ..." Sie seufzte und vergrub ihr Gesicht für einen Moment in Nathanaels Hemd.

"Ich kann es einfach nicht tun Nathanael." Was wäre sie nur für ein Monster, wenn sie das machen würde.

"Nion wird sie fangen und dann ist alles wieder gut" versuchte sie es mit einem schwachen Lächeln.

Auch Nathanael musste ein wenig lächeln.

"Ja, aber Nion darf nicht ihre Überwachung übernehmen. Dann wird er auf ihr Bitten hin sie wieder raus lassen, wenn sie sich beruhigt hat und klar klingt und dann fängt alles von vorne an. Er kann sie fangen, aber sie müsste aus seiner Reichweite" flüsterte er und streichelte über Emilys weiche Haare.

Er glaubte nicht, dass es genügen würde, er konnte sich gut vorstellen, dass es eine ewige Jagd würde, wenn Roselin nicht starb, doch wenn Emily so sehr darunter litt, dann konnte er das nicht verlangen. Wohlmöglich war es doch er selber, der Roselin töten musste, wo er doch eh das schwarze Schaf seiner Rasse war, würde das die Dinge auch nicht mehr verschlimmern.

"Möchtest du nicht ein wenig bei mir und Adam bleiben?" schlug er vor und schmunzelte leicht.

"Du tust ihm weiterhin unrecht. Nion hat sie nicht entkommen lassen, zumindest nicht mit Absicht Nathanael. Und Roselin war schon seit Jahren nicht mehr klar im Kopf. Ich werde natürlich veranlassen, dass man Nion nicht mehr diese schwere Bürde auferlegt. Yien-Wu ist sicherlich an einer neuen Kreatur für sein Kabinett interessiert."

Sie wusste, dass ihre Worte grausam klangen. Aber dort wäre das blonde Mädchen weit genug von ihnen allen weg und sie wäre in guten Händen, bei jemandem, der auf sie achtete. Emily spürte den Zwiespalt in Nathanael. Und sie wusste, dass sie sich am Ende für sein Glück entscheiden würde, doch zu welchem Schicksal es am Ende gereichen würde, war selbst ihr im Moment noch nicht klar.

"Denk nichteinmal daran, selbst Hand an ihr anzulegen hörst du!" Sie lächelte liebevoll.

"Ich werde euch etwas allein lassen. Auch ich brauche etwas Ruhe, dass ist alles doch ein anstrengender Tag gewesen."
 

Geschlagen seufzte Nathanael einfach nur. Er befürchtete eh nichts sagen zu können, ohne das Emily ihn dafür schelten würde, also schwieg er lieber und strich ihr über den Kopf, als wäre sie tatsächlich das junge Mädchen, dass ihrem Körper entsprach.

"Du wirst dich schon richtig entscheiden, egal wie" flüsterte er und ging wieder zu Adam.

"Ich danke dir" antwortete Emily und löste sich langsam von Nathanael.

Sie strich ihm dabei über die Wange und warf einen liebevollen Blick zu Adam.

"Ich lasse euch beide jetzt allein. Er wacht langsam wieder auf."

Sie konnte den langsam unruhiger werdenen Atem spüren, der nun von Adam ausging.

"Wenn ihr etwas braucht, ich bin hier irgendwo im Haus, sicherlich nicht weit weg von euch."

Sie lächelte erneut und verschwand dann langsam aus dem Zimmer. Hinter sich schloss sie die Tür und atmete ersteinmal tief durch. Sie würde die Nacht vermutlich in einem der vielen Zimmer verbringen. Wobei sie es hinter Mauern nicht sehr lange aushalten würde. Also entschloss sie sich, für die verbleibenden Stunden etwas in den Garten zu gehen und die Kälte zu spüren, die bereits durch den nahenden Winter nachts aufzog.

Nathanael nickte nur und sah Emily hinterher, ehe er wieder zu Adam ging und noch einmal dessen Stirn fühlte. Ob er ihm noch eine Tablette holen sollte? Aber er wollte ihn nur ungern alleine lassen, also kniete er sich wieder daneben und nahm wieder sanft die Hand seines Liebsten.

"Adam" flüsterte er leise, um ihn nicht unbedingt zu wecken aber zu erfahren, ob er wach war.

Sanft streichelte er über den Handrücken. Es schien langsam besser zu werden, zumindest war Adams Stirn und seine Hand nicht mehr so heiß und der Schlaf war ruhiger geworden. Der Junge schwitzte auch nicht mehr so heftig, alles nach Nathanaels Meinung, gute Zeichen. Sanft küsste er die Wange des noch schlafenden Menschens und legte seinen Kopf dann auf dem Polster ab, die Hand weiterhin haltend.
 

Es war bereits früh am Morgen und die Vorhänge waren zugezogen worden. Doch teilweise fiel Licht durch kleine Ritzen, sodass Adam bemerkte, dass es draußen hell war. Er bemerkte die Kühle an seiner Hand und drehte leicht den Kopf. Das erste was der Junge nun erblickte waren die geschlossenen Lider des Vampirs und dessen ruhiger Atem. Sanft hob und senkte sich dessen Brust, fast als ob er schlafen würde. Adam gewöhnte sich langsam an das dämmrige Licht im Raum und sah sich zum ersten Mal richtig um. Das war nicht Nathanaels Zimmer, wie er erst auf den zweiten Blick bemerkte. Dann fiel ihm wieder ein, was der Grund gewesen war, warum sie eben dieses verlassen hatten. Allein schon bei dem Gedanken an Roselin lief Adam ein kalter Schauer über den Rücken und alles in ihm zog sich zusammen.

Adam betrachtete nun wieder Nathanael, der um Welten erholter wirkte, als noch vor ein paar Stunden. Vorsichtig löste der junge Schwarzhaarige seine Hand aus der sanften Umklammerung und strich dem Vampir über die Wange. Ein leises Seufzen überkam seine Lippen. Das war doch alles so .. verwirrend.

"Nathanael?" fragte er leise.

Wenn dieser schlief, wollte er ihn sicherlich nicht wecken. Er sollte sich wirklich erholen können, von dem, was er ihm gerade zumutete.

Leise drang Adams Stimme an sein Ohr und erst als er bemerkte, wie sich auch dessen Wärme immer mehr verlor, öffnete Nathanael die Augen und sah in das wache Gesicht von Adam. Er richtete sich langsam auf und schenkte seinem Gegenüber ein Lächeln.

"Dir geht es besser" stellte er fest und strich dann seinerseits über die nur noch erwärmte Wange des Jungen, der wirklich erholt aussah.

Das beruhigte den Vampir ungemein und so war er dem Anderen auch nicht böse, dass er nicht mehr schlief. Außerdem sollte der Kreislauf wohl auch ein wenig in Schwung kommen hin und wieder.

"Möchtest du etwas essen?"

Nach trinken fragte er gar nicht, sondern griff neben sich auf den kleinen Hocker, den er zum Nachttisch umgebaut hatte, wo nun eine Karaffe mit Wasser und ein Glas stand. Das gefüllte Glas wanderte so eben in seine Hand und wurde Adam gereicht, der keine Widerworte aufbringen musste, denn Nathanael würde ihn zur Not das Wasser auch anders zukommen lassen. Es war wichtig viel zu trinken, sonst würde er wohl gleich wieder zusammen brechen.

"Trink" sagte er also, als er ihm das Glas hin hielt.

Das Lächeln ließ Adams Herz einen kleinen Hüpfer machen und er erwiederte es liebevoll. Seinen Kopf bettete er kurz auf seinen Arm, ehe Nathanael ihm das Wasser reichte und er dies dankend annahm. Vorsichtig setzte er sich auf dem kleinen Sofa auf und nippte an dem Wasser. Erst jetzt bemerkte der Junge, wir durstig er wirklich war und trank schnell zu Ende. Anschließend reichte er Nathanael das Glasgefäß wieder und zog seine Beine an.

"Nein danke, ich hab keinen Hunger." Er sah besorgt zu seinem Liebsten.

"Wie fühlst du dich? Geht es dir wieder besser? Du siehst zumindest so aus, als ob es dir besser gehen würde."

Nathanael füllte das Glas noch einmal und reichte es ihm wieder. 2-3 Liter sollte er trinken, so wurde es ihm aufgetragen und er würde dafür sorgen.

"Mir geht es gut, Adam" versicherte er ihm und lächelte.

Gut, er würde auch ganz gerne seinen Durst löschen, das konnte er sich selber nicht verheimlichen, doch war dies kein Thema, was Adam wissen musste oder was ihn überhaupt interessierte und so setzte er sich nur im Schneidersitz vor das Sofa und lächelte zu seinem Liebsten auf. Der Jüngere nickte.

"Du siehst auch wieder bedeutend besser aus, als gestern und vorgestern. Es tut mir Leid, dass ich dir solche Sorgen bereite."

Er nahm das Glas erneut, doch trank er diesesmal nur noch ein wenig. Adam seufzte wohlig, denn er fühlte sich besser. Wirklich besser. Zwar noch etwas wacklig und so, aber im Grunde genommen, ging es ihm wieder besser.

"Wo ist Emily? Habt ihr Roselin gefangen?"

Er hatte Mühe den Satz auszusprechen, fürchtete er sich so sehr vor den Worten, die folgen würden. Denn insgeheim kannte er die Antwort, die Nathanael ihm geben würde schon. Ein einfaches nein, oder ein Kopfschütteln, mehr würde er nicht erhalten. Doch wollte er die Wahrheit wissen, damit er sich für sein künftiges Leben darauf einstellen konnte. Denn nie mehr wollte er sich so sehr fürchten, wie die letzte Nacht. Niemals sollte ihm diese Wahnsinnige auch je wieder so nah kommen. Erneut schmunzelte der Vampir.

"Du bereitest mir nicht mehr Sorgen, als du es sonst auch getan hast." Er lächelte ein wenig.

Nein, es waren andere Faktoren im Spiel, die viel mehr um seine Aufmerksamkeit rangen, als es Adam tat. Er musste zugeben, dass es ihn mitgenommen hatte, wie Adam gelitten hat, aber Roselin hatte mehr Platz in seinem Kopf gefunden.

"Emily ist irgendwo hier, ich weiß nicht genau wo" war seine Antwort.

Auf Roselin ging er erst nicht ein, dennoch konnte er die Frage nicht so im Raum stehen lassen.

"Sie wird noch gesucht. Aber es sind viele auf ihrer Spur, sie wird nicht lange versteckt bleiben" beruhigte er Adam und strich diesem sanft über die Hand, nahm ihm das Glas ab und stellte es wieder neben die Karaffe.

"Das sagten sie beim letzten Mal auch" bemerkte Adam leise.

Er verschlang seine Finger mit denen von Nathanael und hob ihre Hand hoch.

"Weißt du, ich hab mir wirklich Sorgen um dich gemacht. Du hast noch nie geschlafen, während ich anwesend war und ... als ich wach wurde, einmal, da war so ein komisches Mädchen bei mir. Sie war so blass und sie konnte nicht sprechen. Ach, dass war bestimmt nur ein Traum." Er wickelte sich noch etwas enger in die Decke und blickte zu Nathanael.

"Danke für das alles." Erst jetzt wurde er sich der Schlägerei wieder bewusst.

"Wie sieht eigentlich mein Gesicht aus?" fragte er vorsichtig.

Mit der freien Hand tastete er es ab und zuckte bei einer Stelle neben seinem rechten Auge zusammen. Autsch, da tat es noch immer ziemlich weh. Nathanael seufzte leise. Ja, das sagten sie beim letzten Mal auch, aber dieses Mal war alles anders. Zumindest war es das, was Nathanael sich einredete.

"Du brauchst dir keine Sorgen um mich machen, schon gar nicht, weil ich schlafe" stellte er ein wenig belustigt fest.

Das war nun wirklich die kleinste Ursache sich Sorgen zu machen, aber irgendwie hatte Adam wohl recht. Es war nicht normal gewesen und würde es wohl auch nie sein, also war es wohl nur natürlich, sich sorgen zu machen.

"Das Mädchen war eine Krankenschwester. Ich hatte dich zu einem Arzt gebracht, falls du dich erinnerst. Sie hatte ihm geholfen." Der Vampir lächelte ein wenig und küsste Adam dann sanft, setzte sich danach an den Rand der Couch und strich dem Jungen durch die Haare.

"Dein Gesicht sieht schon viel besser aus. Noch ein wenig blau und grün aber noch lange nicht sehr so dick" sagte er ruhig und streichelte weiter durch die Strähnen.

Adam hätte am liebsten die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Nur noch grün und blau, dass war ja allerliebst. Wirklich, was schöneres hätte er sich gar nicht vorstellen können. Er lachte sarkastisch.

"Na toll, dass ist es auch, was mir wochenlang bleiben wird. Vermutlich sieht Steve nicht so schlimm aus wie ich!"

Adam grummelte in sich hinein, während er sich an Nathanael lehnte. Das war einfach unfair. Sowas konnte aber auch wirklich nur ihm passieren.

"Wie lange darf ich nicht zur Schule?"

Zwar interessierte es ihn nicht wirklich, aber mal so die Freiheiten abzuschätzen war sicherlich gut.
 

"In den nächsten Wochen gar nicht" kam plötzlich die ruhige Stimme von Emily aus dem Hintergrund, was Adam erschrocken zusammenfahren ließ.

"Herrgott nochmal! Musst du das immer machen?" keuchte Adam.

Daran, dass die Vampire sich lautlos bewegen konnten, würde er sich wohl nie gewöhnen.

"Och, er sieht bestimmt noch schlimmer aus" versuchte er Adam aufzumuntern und schmunzelte.

Adam sah aber wirklich nicht mehr schlimm aus. Gerade als er antworten wollte, kam Emily herein und er sah zur Türe, lächelte gleich wieder. Dann strich er sanft über Adams Kopf. Dass dieser sich immer wieder erschrecken musste, irgendwie amüsierte es ihn den Vampir.

"Ich habe dich für die nächsten Wochen von deiner Schule abgemeldet. Bis es dir besser geht, wirst du hier im Haus bleiben. Ich habe ein paar Privatlehrer eingesetzt, die dich weiter auf dein Abitur vorbereiten werden und auch versuchen werden, deine Noten in Mathematik und Physik zu bessern. Deine Schule war so frei, mir davon zu erzählen, dass es in diesen Fächern nicht zum besten bei dir steht. Aber das wird sich ändern. Da bin ich mir sicher. Du wirst dein Abitur mit Bravour bestehen."

Sie löste sich von der Türe und kam auf die beiden zu.

"Nathanael, würdest du bitte in deinem Zimmer etwas für Ordnung sorgen? Es sieht aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hat."

Ihr Blick sprach Bände, dass sie sich kurz allein mit Adam unterhalten wollte und Nathanael deshalb loszuwerden versuchte, dass war sogar Adam bewusst. Nathanael sah skeptisch zu Emily. Es gab in seinem Zimmer gar nichts, dass es chaotisch aussehen konnte, doch erkannte er ihren Wink und so küsste er Adam noch einmal.

"Ich komme gleich zurück" versprach er ihm und ging dann mit einem äußert unzufriedenen Blick an Emily vorbei in sein eigenes Zimmer.

Dort sah er sich um. Er würde das Bett beziehen können und hier und da ein wenig was weg räumen, das nicht an Ort und Stelle lag, wo es hin gehörte, aber viel lieber stellte er sich mit dem Ohr an die Wand und wollte dem Lauschen, was Emily so wichtiges mit Adam zu besprechen hatte.
 

Adam erwiederte den Kuss sanft und sah Nathanael noch hinterher, als dieser den Raum verließ. Dann wandte er sich zu Emily um und sah in ihr feines Gesicht. Er rutschte noch ein Stück von seinem Platz ab und machte ihr somit etwas platz.

"Du willst mit mir sprechen?" fragte er nun neugierig.

"Über was denn?"

Seine grünen Augen leuchteten ein wenig in der Finsternis und verrieten ihn somit. Er war gespannt wie ein Flitzebogen, das zu erfahren, was Emily ihm zu erzählen hatte.

Nachdem Adam so lieb Platz gemacht hatte, ließ sich Emily neben ihm nieder und drehte sich zu ihm, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen.

"Nun" fing sie an und ihr Ausdruck wurde ganz weich.

"Ich habe mir überlegt, dass du sicher einiges über Nathanael erfahren möchtest" sagte sie und lächelte noch immer, ihr Gesicht hatte sich nicht ein bisschen geändert und sie sah noch immer zu Adam.

Eigentlich erwartete sie keine Antwort und so redete sie dann auch gleich darauf los.

"Ich weiß auch nicht alles über ihn, aber einiges mehr und es wird mich freuen, dies mit dir zu teilen" sagte sie und drehte sich etwas mehr zu Adam.

Der Junge zog seine Beine an und betrachtete die junge Frau neben sich skeptisch.

"Ähm, natürlich würd ich sowas gerne wissen, aber ... aber darfst du mir das einfach so erzählen?"

Er lauschte ihr weiter. Sie jetzt zu unterbrechen erschien selbst in seinen Augen sinnlos, also warum lange zögern und so nickte Adam.

"Ich bin ziemlich neugierig, was Nathanael in seinem Leben gemacht hat. Woher er stammt, was er gelernt hat, wo er gelebt hat, wie er gelebt hat und vor allem, wie du ihn kennengelernt hast, dass würde mich am allermeisten interessieren."

Er zog seine Knie noch etwas enger an den Körper und wippte vor und zurück. Eine alte Angewohnheit, die er hatte, wenn er nervös war.
 

Nathanael drückte sein Ohr an die Wand, er glaubte nicht, was er dort hörte. Es schien ihm beinahe, als würde Emily absichtlich laut und deutlich reden. Sie wollte über ihn reden? Über seine Vergangenheit. Natürlich wollte Adam das wissen, aber es war nun wirklcih nicht .... aaargh, wie sehr ihn das schon wieder aufregte, aber er konnte Emily nun mal nicht dazwischen gehen, sie wollte was sie wollte und hatte ihm nun schon mehr als einmal klar gemacht, dass ihre Liebe nicht über alles ging und er manche Dinge eben so annehmen musste. So setzte er sich aufs Bett, das Ohr noch immer an die Wand gedrückt, auch wenn er sich sicher war, dass er auch so jedes Wort verstehen würde.
 

Emily lachte über soviel Enthusiasmus. Es war ja leichter gewesen, Adam für ihre Geschichten um Nathanael zu begeistern. Endlich konnte sie wenigstens mit jemanden über ihren jüngsten Sohn reden, der sie nicht gleich wegen seiner Verwandlung verurteilte.

"Woher er stammt. Nun ja, da du schätzungsweise viel Zeit hast, kann ich es dir ja lang und breit erzählen. Nathanael stammt aus einer reichen Adelsfamilie in Paris. Er war ein Schöngeist, genauso wie du es zu sein scheinst. Er liebte alles, was mit Kunst zu tun hatte, was im Grunde nicht mit Arbeit zu tun hatte. Seine Schulleistungen, nunja, ich als seine Mutter hätte mir damals furchtbare Sorgen gemacht. Er scherte sich nicht viel um Bildung und Wissen. Das hat sich natürlich mittlerweilen geändert, aber ist jetzt nicht so wichtig. Nathanael liebte es, einfach zu leben. Ich habe ihn lange beobachtet."

Emilys Blick wurde leicht abwesend, als ob sie in diese Zeit zurückkehren würde.

"Heute würde man ihn vermutlich einfach nur als Rebellen oder Tunichtugt beschreiben. Ich selbst habe ihn lange beobachtet, er übte einen gewissen Reiz auf mich aus, jedoch nicht in sexueller Hinsicht. So war das zwischen uns nie.

Das erste Mal sah ich ihn, wie er das Rotlichtmilleu in Paris besuchte. Er schien oft dort zu sein, denn sein Geruch war dort ständig anwesend. Seine Mutter war ganz krank vor Sorge um ihn, denn es wäre schrecklich gewesen, wenn das ans Licht gekommen wäre. Als Erbe eines großen Weinguts musste er auf seinen Ruf achten. Nun ja, ich wartete ausnahmsweise sehr sehr lange darauf, mich ihm das erste Mal zu zeigen. Ich glaube, es waren beinahe 15 Monate. In diesem Millieu konnte er einfach er selbst sein, seine Träume leben. Ich glaube er ist fast ein bisschen pervers veranlagt. Wer würde sonst einen Blick auf eine nichteinmal sechzehnjähre Frau werfen?"

Sie kicherte leicht bei dem Gedanken daran.

"Als ich ihm dann das erste Mal begegnete, war es beinahe wie Liebe auf den ersten Blick. Ich fühlte mich zu ihm hingezogen, er zu mir. Da seine Mutter ihm nie die Liebe entgegenbringen konnte, die er brauchte, suchte er ständig nach Ersatz für sie. Und ich war gewillt, sie ihm zu geben, da ich mir selbst nie etwas mehr gewünscht hatte als ein Kind."

Ein leicht trauriger Ausdruck trat in ihre Augen, bei diesen Worten. Adam lauschte ihr Aufmerksam. Er konnte sich vorstellen, wie schwer es sein musste, nie eigene Kinder haben zu können.

"Was ist passiert Emily? Ich meine, wie bist du zu einem Vampir geworden?"

Sie wandte den Blick zu Adam und lächelte traurig.

"Das ist eine viel zu lange Geschichte Adam. Nicht heute und nicht ... hier."

Er sah verzweifelt zu ihr.

"Ich möchte es aber hören."

Ein Seufzen kam über ihre Lippen und sie lächelte leicht.

"Ich kann Nathanael verstehen, warum er dich so sehr liebt. Dir kann man einfach nicht wiederstehen. Deine naive Art." Sie lächelte leicht.

"Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie lange es schon her ist Adam. Ich bin durch zu viele Epochen und Zeiten gewandert, als das ich mich noch genau an meine Schöpfung erinnern könnte.

Ich wanderte an der Seite des großen Julius Cäsar, Alexander, Heinrich VIII. von England und Anne Boyeln. Aber an meinen Anfang, Adam. Es sind mindestens 2500 Jahre vergangen, wenn nicht sogar noch mehr.

Ich lebte in Griechenland, ich hatte zwei Schwestern und einen älteren Bruder. Er kümmerte sich rührend um mich. Wir waren ein Herz und eine Seele. Eines Tages lief ich einem Mann über den Weg, der für mich unwiederstehlich war. Von so erhabener Schönheit, wie ich sie bist dato noch nie in meinem jungen Leben gesehen hatte. Ich stand kurz vor der Vermählung mit einem reichen Kaufmannssohn. Der Name des Fremden war Octavianus.

Ich war ein junges Mädchen, wie du unschwer an meinem Körper erkennen kannst. Ich hatte keinerlei Erfahrung auf sexueller Ebene oder gar in der Liebe. Ich wurde einfach vermählt und fügte mich der Entscheidung meiner Eltern, um ihnen eine gute Tochter zu sein. In der Nacht vor der Hochzeit kam Octavianus wieder einmal zu mir und stellte mich vor eine Entscheidung eines sterblichen Lebens mit allem Schmerz und Erfahrungen, oder eines unsterblichen Lebens. Es war zu verlockend für mich und ich stimmte zu." Sie lächelte bitter.

"Ich kann mich erst wieder daran erinnern, wie ich eines Nachts unter großen Schmerzen aufwachte und diesen unbändigen Durst nach Blut in mir verspürte. Davor hatte Octavianus mich nie gewarnt oder es auch nur erwähnt.

Ich war seine Schülerin, er lehrte ich alles, was ich wissen musste, um zu überleben und jetzt gehöre ich einem Kreis an, der aus vier Vampiren besteht und die sich um alles kümmern. Doch du kannst sicherlich verstehen, dass ihn diesen Jahrtausenden der Wunsch nach Kindern wuchs. Am schlimmsten war es in meiner Zeit, die ich mit Anne Boelyn verbrachte. Sie war eine wundervolle Frau und sie vergötterte ihre Tochter Elizabeth, eine sehr weise Königin.

Und Nathanael war meine Erlösung, das einzige Kind, dass ich mir stets wünschte und das mich schließlich auch mit Liebe erfüllte."

Emilys Blick wandte sich wieder zu Adam, der ganz blass um die Nase war. Sie lachte wieder leise.

"Das ist wohl etwas zu viel für dich."

"Du bist fast 3000 Jahre alt?"
 

Nathanael hatte sein Ohr von der Wand abgesetzt und hörte doch jedes Wort. Oh ja, er erinnerte sich an die Zeit. Es war nicht so, dass er sie vermisste, aber er erinnerte sich gerne daran. Er hatte kein schweres Leben gehabt und auch jetzt war sein Leben in vielerlei gleich geblieben. Er machte noch immer, was er wollte und er hatte noch immer keine Probleme damit, einige Regeln nicht zu halten, auch wenn das nun schwerere Konsequenzen haben konnte.

Dann legte er seine Wange wieder an die Wand und lauschte weiter. Er hörte Emily gerne zu und auch wenn er die Geschichte schon kannte, so hörte er zu, als würde er sie das erste Mal hören. Ja, Emily war wirklich schon lange auf Erden gewandelt und es war ein Wunder, dass sie noch so froh war und so viel Liebe für ihre Umgebung übrig hatte.
 

Wieder erklang Emilys glockengleiches Lachen, als sie das verblüffte Gesicht des Schwarzhaarigen sah.

"Ja, ich bin beinahe 3000 Jahre alt. Außer mir sind nur noch die anderen Ratsmitglieder älter als ich. Octavianus hatte sich eine Gefährtin gewünscht, doch hatte ich ihm das nicht sein können, weil ich nicht so für ihn empfand, wie er für mich. Unsere Wege trennten sich in Jerusalem in etwa um 90 vor Christus.

Ich kehrte erst nach Griechenland zurück, dann nach Rom, wo ich den großen Cäsar kennelernte. Er war ein genialer Kopf, der wusste, was er wollte und ich war gerne bei ihm. Bis sein Sohn ihn töten ließ. Ich hätte ihn natürlich als einen meiner Gefährten auserwählen können, doch ich sehnte mich nach Einsamkeit. Aber..." Sie brach kurz ab.

"Wir sollten wohl eher über Nathanael reden, und nicht über mich."

Sanft strich sie über die Wange des schwarzhaarigen Jungen.

"Es tut mir heute noch Leid, dass ich Nathanael nicht vor die Wahl stellte, wie er sein Leben führen möchte. Ich hatte am Anfang wirklich das Gefühl, ich hätte ihm keinen Gefallen getan, erst als er dich traf, wurde mir klar, dass dem nicht so war. Er liebte sein neues Leben endlich mehr.

Es war eine ziemlich kalte Nacht, es war irgendwann im Januar, als wir uns wieder heimlich in einem der Bordelle trafen. Dort konnten wir uns ungestört treffen, denn seine Eltern hatte eine Detektiv auf ihn angesetzt, der ihn 24 Stunden bewachte.

An diesem Abend erschien mir Nathanael verzweifelter denn je. Er war unzufrieden mit seinem Leben, konnte das nicht finden, was er wollte, die ewige Liebe. Auch ich war nicht in der Lage, sie ihm zu geben. Wir lagen gemeinsam in diesem weichen Bett, sein Kopf an meine Brust gelegt und ich strich durch seine langen schwarzen Haare. Erneut weinte er sich seine Seele aus dem Leib, wie schon die ganzen letzten Tage und ich ertrug es nicht weiter ihn so leiden zu sehen. Und an diesem Abend nahm ich ihm sein sterbliches Leben und gab ihm ein unsterbliches."

Emily lächelte traurig bei dem Gedanken.

"In der Phase seiner Verwandlung wünschte ich mir, es rückgängig machen zu können, doch das war nicht mehr möglich. Ich stand ihm ständig zur Seite, geleitete ihn durch alle schwierigen Zeiten, die er durchlief. Er war am Anfang wie ein kleines Kind, wich nicht von meiner Seite und das war die Entscheidung von mir, dass es wohl am besten für uns wäre, wenn wir Paris verließen. Ich zog es vor hier mein Lager aufzuschlagen, da wir auch hier ungestörter Leben konnten."
 

Auch Nathanael stimmte es etwas traurig, aber nur kurz, denn viel zu viele angenehme Gedanken traten in seine Erinnerung und so schmunzelte er sogar leicht, löste sich von der Wand und fing an, die Dinge wegzuräumen, die nicht ordentlich waren. Als er fertig war, legte er sein Ohr wieder an die Wand. Seine Augen weiteten sich ein wenig. Musste sie wirklich erzählen, dass er jede Nacht geweint hatte? Er schnaufte leise und entschied sich dafür, dass Adam langsam genug gehört hatte und ging zurück, wo er dann an die Tür klopfte.

Erschrocken zuckte Adam zusammen, da er zu gefangen von der ganzen Geschichte gewesen war. Er sah etwas traurig zu Emily, die so viel Unglück hatte ertragen müssen und so lange allein hatte leben müssen und jetzt nahm er ihr alles wieder weg.

"Ich möchte dir Nathanael nicht nehmen Emily."

Sie lächelte.

"Ich bin glücklich, solange er glücklich ist. Er ist in gewisser Weise mein Sohn, doch auch ich als Mutter muss lernen, loszulassen, wenn sie flügge werden. Es ist nicht leicht, aber ich werde es schaffen." Sie strich über Adams Stirn.

"Du kannst reinkommen Nathanael!"

Wie gewünscht trat Nathanael ein und sah zu Emily, dann zu Adam und ging zu den beiden hin.

"So, genug geplaudert?" fragte er, als wäre er böse und blickte dabei vielsagend zu Emily.

Ja, ein bisschen böse war er schon, weil sie das einfach ohne seine Meinung entschlossen hatte und Adam über ihn erzählte. Aber andererseits fand er es nicht schlimm, weil es der Junge früher oder später wahrscheinlich eh erfahren hätte. Sanft strich er dann über Adams Kopf.

"Wenn du möchtest, können wir in mein Zimmer zurück" sagte er dann.

Adam schmiegte sich an die weiche Hand auf seinem Gesicht und nickte schließlich. Doch vorher beugte er sich noch zu Emily vor und schloss sie in die Arme.

"Danke, dass du mir das erzählt hast." Er hauchte einen zarten Kuss auf ihre Wange.

"Du bist sicherlich die beste Mum auf der Welt."

Ja, das konnte sich Adam wirklich vorstellen, dass sie der fürsorglichste Mensch auf Erden war und für alles, was ihr etwas bedeutete, kämpfen würde.

"Danke" lachte Emily.

Soetwas war ihr noch nie gesagt worden. Adam hüllte sich in die Decke und stand mit wackligen Beinen auf, hielt sich an Nathanaels Arm fest.

"Meinetwegen können wir gehen."

Als Adam ihm so entgegen gewackelt kam, legte er sanft einen Arm um diesen.

"Heh, nicht so schnell" sagte er leise und blickte noch einmal zu Emily, die scheinbar ganz gerührt war, ging dann aber mit seinem Liebsten aus dem Zimmer, legte ihn in seinem eigenen dann direkt ins Bett, kniete sich daneben und küsste ihn, als hätten sie sich lange Zeit nicht mehr gesehen.

Von Nathanael ließ er sich gerne so umschwärmen und erwiederte den Kuss liebevoll, doch nicht weniger leidenschaftlich als Nathanael. Als er sich wieder von dem Vampir löste, sah er keuchend zu diesem auf.

"Womit hab ich das alles denn verdient?" fragte er vorsichtig und schmiegte sich wieder in die starken Arme.

Er hatte gerade so viel erfahren, wie er sich nie zu denken gewagt hätte und noch mehr hatte er über die Frau erfahren, die ihm das Glück beschert hatte, Nathanael zu haben. Und dafür musste er ihr mehr als dankbar sein.

Nathanael löste den Kuss und legte sich zu Adam auf das Bett, kuschelte sich ein wenig an die angenehme Wärme.

"Einfach nur, weil du du bist" sagte er schmunzelnd und küsste Adam gleich noch einmal sanft, schmiegte sich mehr an den anderen und sah ihn danach mit funkelnden Augen an.

"Ich glaube, du bist gar kein Mensch" stellte er dann mit einer beinahe kindlichen Betonung fest.

"Du musst etwas Überirdisches sein" lachte er dann und piekste Adam sanft in die Wange.

"Du bringst Emily so viel Glück, du bringst mir so viel Glück und dabei bist du einfach nur" er lächelte wieder, dieses Mal voller Liebe.

"Ich liebe dich, Adam" flüsterte er leise und so ehrlich, wie wohl noch nie zuvor, küsste den Jungen darauf gleich wieder und schloss die Augen genüßlich.

Adam versuchte bei diesen Worten nicht zu hyperventilieren. Wenn sein Überlebensinstinkt nicht automatisch funktionieren würde, wäre er vermutlich an Sauerstoffmangel gestorben, da er das Atmen vergaß. Er brachte Glück? Für Emily und für Nathanael? Und er war überirdisch? Seine Wangen färbten sich augenblicklich mit einem tiefen Rot und er vergrub sein Gesicht in Nathanaels Hemd.

"Ich... danke" hauchte er einfach nur gegen die kühle Brust.

"Ihr seid meine Familie, ich liebe euch über alles. Bitte, lass mich nicht mehr allein!"

Ein wenig schmunzeln musste der Vampir schon, als Adam sich so an ihn schmiegte.

"Deine Familie?" Es klang irgendwie lieblich, wie Adam das sagte, aber zweifelte Nathanael daran, dass Adam schon bewusst war, was es heißen sollte, zu einer Vampirfamilie zu gehören.

Doch er sagte nichts darauf, viel zu schön war der Klang und so strich er nur über den wuscheligen Kopf und wühlte Adam langsam aus der Decke heraus, um diese dann über sich und den Jungen zu legen.

"Ich lasse dich nicht mehr alleine, nein. Und Emily wird dich sicher auch nicht verlassen und ... nun ja, wer auch immer noch so hier herum kreucht wird es auch weiterhin tun" sagte er schmunzelnd und strich sanft über Adams Wange, nachdem er ihn von sich geschoben hatte.

Sprachlos sah er den Jungen an, der ihm gerade um so vieles schöner vorkam, als bei ihrer ersten Begegnung, als bei ihrem Zusammenleben, als all die Zeit, wo er ihn schon gesehen hatte. Erneut legte er sanft seine kalten Lippen auf die warmen, seufzte dann leise und sah seinen Liebsten wieder an.

"Dir geht es schon viel besser, hm?" fragte er leise mit einem liebevollen Lächeln auf den Lippen.

Adam rannen nun unaufhörlich Tränen über die Wangen. Das war alles so sanft und zärtlich, was man ihm ins Ohr flüsterte und beteuerte, zu sein. Dabei war er doch gar nicht so wertvoll. Er war doch nur ... Adam. Ein einfacher Mensch, der per Zufall an Nathanael und Emily geraten war. Durch einen großen Zufall, aber mehr war es nicht gewesen. Er wischte sich die Tränen von der Wange und nickte.

"Ja, es geht mir wirklich besser" bestätigte er die Feststellung von Nathanael.

Als ihm wieder bewusst wurde, was Emily ihm vor wenigen Augenblicken erzählt hatte, kuschelte er sich noch enger an den Vampir.

"Ich liebe dich. Ich würde alles machen, um dich glücklich zu sehen."

Auch wenn es das tun müsste, so erschreckte es den Vampir nicht, die Tränen des Jungen zu sehen. Er spürte nur zu genau, dass er nicht traurig war und so machte es ihm nicht viel aus. Sanft strich er die feuchten Spuren von den Wangen und lächelte weiterhin.

"Du machst mich doch schon glücklich. Glücklicher kann ich wirklich nicht werden" versprach er ihm leise, zog die Decke ein wenig höher, damit Adam nicht wieder kalt wurde und strich sanft über dessen Schulter.

Vielleicht konnte er noch glücklicher werden, aber im Moment war alles, was er sich wünschte erfüllt und das war nun wirklich das äußerste Glück, dass man für den Moment erreichen konnte. Es dauerte nicht lange und Adam schlief erneut in den kühlen Armen des Vampirs ein. Sein Körper verlangte einfach nach so viel Erholung wie möglich und was anderes konnte Adam ihm gar nicht bieten. Erholung, Schlaf und Glück. Denn das war es, was er im Moment am meisten empfand. Nathanael gönnte seinem Körper auch noch ein wenig Ruhe und hier in den Wänden von Emilys Haus, selbst nach dem kleinen Zwischenfall, war seiner Meinung nach noch immer der beste Ort dafür.

Kapitel 12

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 13

[Dieses Kapitel ist nur Volljährigen zugänglich]

Kapitel 14

Kapitel 14

Der Tag des Festes kam schneller, als gedacht und Adam stand in hübschen Hosen und einem weißen Hemd vor dem Spiegel.

"Denkst du wirklich, dass ich das tragen kann?" Er fühlte sich jetzt schon unwohl.

Nathanael hatte sich breitschlagenlassen, wenigstens einmal kurz 'Hallo' zu sagen bei Emily, aber er wollte Adam so oder so fahren, also gab es da gar keine Umstände. Er blickte seinen Liebsten an.

"Ja, ich bin mir sicher. Emily hat es dir doch geschickt. Sie ist eine Frau, sie weiß was gut aussieht" sagte er und drückte einen Kuss in Adams Nacken.

"Außerdem, es ist egal, was du anziehst, du siehst immer einfach gut aus" sagte er dann flüsternd in sein Ohr, schmiegte sich liebevoll an dessen Rücken und blickte über seine Schulter in den Spiegel, wo sich ihre Blicke trafen.

Er sah immer gut aus? Das waren ja Worte die er schon kannte. Aber Adam war noch immer verwirrt darüber, dass Emily seine Kleidergröße wusste.

"Sollen wir los?" Er löste endlich seinen Blick vom Spiegel und ging hinüber zu Nathanael.

Wenn sie nicht bald aufbrachen, würde er viel zu spät kommen und das wollte er nicht riskieren. Er wollte Emily nicht bloßstellen, wenn sie ihn schon als ihren Begleiter für diesen Abend anpries. Leicht nickte der Vampir.

"Ja, lass uns los."

Damit führte er Adam nach draußen. Ein anderes Auto stand vor der Tür, Emily wollte nicht, dass Nathanael mit dem roten, zerkratzten Porsche vorfuhr, hoher Besuch war da und deswegen war es einfach eines der Autos von Emily. Aber Nathanael war es eigentlich egal, mit welchem Wagen er fuhr, hauptsache schnell und leise. So kamen sie auch bald schon bei Emilys Residenz an und er parkte das Auto nicht unweit vom Eingang, immerhin wollte er nur kurz Emily begrüßen und Adam in ihren Händen wissen, ehe er wieder davon fuhr.
 

Emily wartete bereits aufgeregt wie ein kleines Mädchen vor der Türe und lief sofort zum Wagen, als er vor dem Eingang stehen blieb. Sie riss die Türe auf und ließ Adam gerade mal so viel Zeit, sich abzuschnallen, ehe sie ihn aus dem Wagen zerrte und in ihre Arme schloss.

"Nathanael!" begrüßte sie ihren Sohn freundlich, dennoch mit gewisser Distanz.

"Adam, ich freue mich, dass du da bist. Du kannst mich doch nicht so lange warten lassen!"

Adam erwiederte ihre Umarmung zögernd, freute sich jedoch über ihre Reaktion.

"Es tut mir Leid, ich habe die Zeit vergessen."

Erneut war es an Nathanael, etwas zu nicken. Er freute sich, Emily zu sehen und schenkte ihr auch ein Lächeln, dann küsste er Adam sanft auf die Wange.

"Denk dran! Mach keinen Unsinn" flüstere er ihm liebevoll ins Ohr und blickte dann zu Emily.

Er brauchte ihr sicher nicht sagen, dass sie auf ihn achten sollte, also schwieg er nur einen Moment und verabschiedete sich dann von den beiden. Er fuhr aber nicht nach Hause, nur ein wenig weiter weg, um dort im Auto ein wenig Musik zu hören und das Buch zu lesen, welches er sich mitgenommen hatte. So war er allzeit bereit zu Adam zu eilen, wenn er gebraucht wurde oder dieser nach Hause wollte. Dafür legte er auch das Handy auf den Beifahrersitz, damit er es immer im Blick hatte.

Adam drehte sich sehnsüchtig zu Nathanael um und löste eine Hand von Emily, um sie nach dem Vampir auszustrecken.

"Bitte..." flehte er leise.

Doch er wusste selbst, dass Nathanael nicht bleiben konnte. Er fühlte sich sicher in Emilys Umarmung und auch wenn sie zierlich und klein war, sie würde ihn schützen können.

"Ich verspreche dir, keinen Unsinn zu machen" seufzte er schließlich leise.
 

Nachdem Nathanael verschwunden war, ging er zusammen mit Emily in das Haus.

"Ich erwarte von dir nicht, dass du den ganzen Abend da bleibst. Du kannst jederzeit gehen. Nur, Nathanael darf ich im Moment nicht hierzu einladen, niemand will ihn sehen."

Aber mich, dachte Adam sarkastisch. Sie befanden sich gerade auf dem Weg zur Bar, das Haus war bereits sehr stark gefüllt, als ein kleiner Tumult an der Eingangstür ausbrach. Emily drehte sich mit hochgezogener Augenbraue um. Sie schien überhaupt nicht begeistert zu sein.

Leopold war zusammen mit Octavianus und Jien-Wu eingetreten. Sie hatten sich schon zuvor getroffen, nun zogen sie eine Menge Aufmerksamkeit auf sich. Es war selten, einen von ihnen zu sehen, aber alle drei auf einmal? Das war beinahe ein Wunder. Und so staunten auch alle diejenigen, die um diese Besonderheit wussten und ein Gemurmel machte sich breit. Da traf Leopolds Blick den von Emily, die gar nicht begeistert schien doch nur kurz erwiderte er ihre Begrüßung, denn dann galt seine Aufmerksamkeit dem Jungen neben ihr. Er roch so eindeutig nach Nathanael, als wenn dieser Verräter selber dort stünde.

Langsamen Schrittes, als würde er schweben, glitt er auf die Gastgeberin zu, seinen Blick noch immer auf dem Jungen haftend, ehe er dann mit einem gespielt freundlichen Ton und den typischen, beinahe überschwänglichen Begrüßungsfloskeln der Gastgeberin dankte für die Einladung, auch Jien-Wu und Octavianus folgten dieser Geste. Dann wurde es auch langsam wieder lebendiger in den Hallen und die Leute sorgten sich wieder um sich selbst.

"So, das ist also deine nette Begleitung für den Abend", sagte Leopold, als nur noch wenige Ohren lauschten.

Sein Blick schien freundlich, dennoch strich er über den Jungen, als würde er ihn genaustens analysieren. Viel unangenehmer war dort wohl noch Octavianus' Blick, der beinahe eiskalt in das Herz Adams zu stechen versuchte, oder wenigstens durch dessen Kopf. Jien-Wu hatte beiden nur kurz Aufmerksamkeit geschenkt und stand unbeteiligt, aber mit einem höflichen Lächeln da.

Als die drei auf Emily zukamen, schob sie Adam langsam hinter sich. Er sollte auf keinen Fall zwischen die Fronten gelangen, während er in ihrem Haus zu Gast war. Sie verneigte sich höflich vor den dreien, vor allem Octavianus begrüßte sie mehr als freundlich, denn zu ihrem Schöpfer pflegte sie noch immer eine tiefe Freundschaft. Als sie von Leopold angesprochen wurde, wandte sie ihm den Blick zu und sah ihn mit gleichgültigem Blick an.

"Ja, dass ist Adam, er ist Nathanaels Diener. Ein überaus freundlicher junger Mann, der sich bereit erklärt hat, mich am heutigen Abend zu amüsieren."

Der Blick Leopolds sprach mehr als tausend Worte, als er so über den jungen Mann glitt. Wahrer Abschaum sprach drauß und selbst die freundliche Stimme konnte nicht darüber hinwegtäuschen.

Adam fühlte sich unwohl in der Gegenwart der drei Herrschaften, die ihn alle so sehr musterten. Und als Emily auch noch vor ihm stand wie eine Löwenmutter, die ihr Junges beschützte, machte es nicht gerade besser.

"Was verschafft mir die Ehre eures Besuches?" Ihr Blick glitt über alle drei anwesenden Vampirfürsten.

Als wäre er entsetzt, öffnete Leopold leicht den Mund. Erst nach einer überflüssigen Handbewegung sprach er dann auch.

"Du feierst! Das ist doch ein Ereignis, wo man nicht fehlen darf" meinte er schließlich und seine Stimme klang so unnatürlich hoch, dass jeder deutlich heraus hören konnte, dass er keineswegs die Wahrheit sprach, noch ernst meinte, was er sagte. Doch bevor er weiter spötteln konnte, erhob Octavianus das Wort.

"Wir drei", er deutete auf die beiden anderen, "hatten uns getroffen und einige Dinge beraten. Wie du sicher weißt, fehlt aber deine Stimme, um etwas zu entscheiden. Also kamen wir hier her, um den Abend zu genießen und dann am morgigen Tag mit dir darüber zu reden."

Er klang wesentlich ruhiger, netter und er sprach ehrlich. Jien-Wu schlich vorsichtig und in einem gewissen Abstand zur Seite und betrachtete Adam genauer, von oben bis unten und schnupperte dann auch ein wenig in der Luft. Dann sah er zu Leopold und Octavianus.

"Ist dies nicht der Junge, um den es hier geht, Emily?" wandte er sich jedoch an die Gastgeberin.

"Den du uns so liebevoll als Diener vorgestellt hast", fing Leopold an und entblößte dabei mit einem Grinsen seine blitzenden Zähne, "ist also der Übeltäter" sprach er zu Ende und nur weil Octavianus eine Hand auf seine Schulter legte, ging Leopold keinen Schritt näher ran sondern wandte seinen Blick zu dem Anderen um. Dieser schüttelte nur den Kopf.

"Dies ist nicht der Ort dafür", kam es von ihm, doch Jien-Wu zupfte unbemerkt an einem Ärmel von Adam, sah dann zu Emily.

"Du belügst uns also schon" zischte Leopold leise, nicht mehr von der Anwesenheit der anderen beeindruckt.

Er war wütend, so wusste Emily doch genau um die vielen Regeln, die gebrochen waren und nun wagte sie es auch noch, den Jungen hier vorzuführen.

"Wo ist Nathanael?" wollte Octavianus wissen.

Emily ließ ihr auflachen nocheinmal in ein angetäuschtes Niesen verwandeln, als Leopold diese Feier ansprach. Als ob sie sich je darum geschert hätten, wenn sie ein Fest gab. Sie erkannte die Lüge dahinter augenblicklich.

"Es freut mich, dass ihr die Einladung diesesmal wahr genommen habt" sagte sie kühl und reserviert.

Nein wie freundlich, plötzlich können sie auch mich wieder einmal brauchen.

"Warum nicht gleich? Warum solange warten, ich möchte mein Fest genießen und so lange auf diese Entscheidungen zu warten würde meine Laune nur trüben." Sie zuckte zusammen, als man Adam genauer unter die Lupe nahm.

"Ich weiß nicht wovon ihr redet, aber ich bin mir sicher, dass es sich um ein Missverständnis handelt!" sagte Emily gereizt, auf Jien-Wus und Leopolds Worte.

Sie fauchte den japanischen Vampir an, als er sich fiel zu nah an Adam heranwagte.

"Ich belüge hier niemanden! Adam ist ein guter Freund von mir! Nathanaels Diener und Liebhaber!" Das letzte Wort schleuderte sie den Dreien gegen den Kopf, als gäbe es nichts schlimmeres in ihrer Welt.

"Nathanael ist zu Hause! Viele wollen ihn nicht mehr sehen, weil sie den gleichen, völlig veralteten Ansichten anhängen wie ihr auch! Warum gestattet ihr nicht etwas, dass es sowieso zu verteidigen gilt, wir müssen die alten Anschauungen überdenken und uns neu orientieren!"

Leicht zuckte Jien-Wu zusammen, fauchte aber sogleich zurück und auch Leopold bleckte nocheinmal die Zähne um seine Meinung kund zu tun. Sein Liebhaber also, ging es durch Octavianus' Kopf und sogleich setzte er ein Grinsen auf, dass nur er aufsetzen konnte. Ein Verzerren seines Gesichtest das, nun, durchaus gruselig erschien, wenn man die richtige Umgebung dafür hatte. Doch Lien Wu gesellte sich wieder zu den beiden anderen und das Grinsen verschwand, auch das leichte Blitzen, das durch seine Augen geschossen war. Leopold hingegen hatte sich nun richtig anstacheln lassen und trat einen Schritt näher.

"Vielleicht gestatten wir es nicht, weil wir die Traditionen wahren, Mädchen!" zischte er leise.

"Unsere alten Anschauungen", zitierte er sie, "waren bisher doch sehr erfolgreich. Wir können in Frieden leben und es werden nicht unnötig viele Menschen getötet" zischte er leise, verengte dabei die Augen, doch noch vor seinem nächsten Schritt fiel ihm Octavianus ins Wort.

"Wir wollen ja gerade darum mit dir reden. Einfach deine Meinung dazu wissen, aber gewiss nicht hier und nicht vor den hier Anwesenden."

Sein Blick huschte an Emily vorbei. Auch Jien-Wu mischte sich wieder ins Geschehen.

"Du solltest deine persönlichen Gefühle für Nathanael in unserer Diskussion außer Acht lassen. Es spielt keine Rolle, um wen es sich dabei handelt, es geht um das Prinzip" sagte er leise, fixierte aber noch immer das Bisschen von Adam, das er sehen konnte.

"Hier geht es nicht nur um meine persönliche Bindung zu Nathanael! Er mag mein Sohn sein, aber hier in diesem Land bin ich für Recht und Ordnung in unserer Rasse zuständig!" Das Grinsen Octavianus' war ihr sicherlich nicht entgangen und sie wertete es als ein gutes Zeichen, dass er nicht so schwer zu überzeugen sein würde.

"Mein Arbeitszimmer steht uns gerne zur Verfügung, ABER wenn ihr hier und jetzt über das Schicksal meines Sohnes entscheiden wollt, dann lasse ich ihn hier erscheinen!" Sie machte eine einladende Geste in die Räumlichkeiten im oberen Stock.

"Euch geht es immer nur ums Prinzip" antwortete sie leise auf Jien-Wus Aussage, anschließend wandte sie sich noch Leopold zu.

"Mädchen? Dieses Alter habe ich bereits vor Jahrtausenden hinter mir gelassen. Man muss auch mal Altes ruhen lassen und sich der Wirklichkeit stellen, nicht immer in alten Traditionen leben, denn das war schon für viele Völker der Untergang. Frieden wird auch dennoch gewahrt bleiben, auch wenn wir uns vielleicht offenbaren werden, es hat dennoch nichts schlechtes an sich. Als ich Adam in meiner Familie aufnahm, wusste ich, welches Risiko wir eingehen würden, aber er hat uns in all den Jahren nicht verraten! Aber Octavianus hat Recht, hier ist nicht der Platz, bitte, geht nach oben, ich werde gleich folgen."

Sie wandte sich nun um nahm Adam in die Arme. Er musste all diese Grausamkeiten mitanhören, obwohl es nicht für seine Ohren bestimmt war und dabei ging es auch noch um ihn und Nathanael.

"Du kannst uns begleiten, wenn du möchtest. Ich werde Nathanael holen lassen. Er soll sich auch verteidigen können. Mach dir keine Sorgen Adam, es wird alles gut."

Nun wurde es Leopold doch zu viel. Er konnte Emily einfach nicht reden hören. Ihre überhebliche Art, als wäre sie die Schöpferin von allem und würde alles mit doch so offenen Augen sehen. Octavianus und Jien-Wu gingen voraus, wie Emily sie gebeten hatte, Leopold hingegen zögerte einen Moment und als Emily sich so sorgsam nach dem Jungen drehte, fauchte er und wollte auf sie springen, nur um sie ein wenig zu verletzen, wie er es sich dachte, doch mit einem Rumms landete er auf dem Boden, festgenagelt durch das Gewicht und die Kraft von Octavianus, der nun mit zusammengebissenen Zähnen laut und aggresiv fauchte, während die Gäste rundherum schockiert zurückwichen. Nun kochte auch Leopold und die beiden gerieten aneinander. Wie Schulknaben, die sich prügelten, kugelten sich die beiden über den Boden, ihre Arme zerkratzt von den langen Fingernägeln und immer wieder versuchten sie, einander zu beißen. Eher wie raufende Tiere sahen sie wohl aus, auch ihre Laute waren eindeutig unmenschlich.

"Kindsköpfe!" schrie Jien-Wu auf einmal, entriss Emily dann den Jungen und hielt ihn fest an einem Arm.

"Er ist es doch, den ihr wollt" fauchte er die beiden Streithähne und und schubste Adam dann zurück in den Schutz der wohl Einzigen, noch klar denkenden Person unter den Vieren, denn Jien-Wu stürtzte sich gleich mit ins Gefecht, eher um die beiden auseinander zu bringen, die sich gerade mehr als unpassend benahmen.

Ein Vorbild sollten sie sein! Weisheit und Intelligenz ausstrahlen, nicht wie Burschen oder ungezügelte Tiere übereinander herfallen. Nun kugelten sich die drei über den Boden, sprangen sich immer wieder aufs neue an und schnappten und kratzten einander.

Adam hätte Emily noch warnen wollen und zuckte erschrocken in ihrem Armen zusammen, als der fremde Vampir sie ansprang, doch der andere Vampir, wie ihm schien Octavianus, der Schöpfer von Emily, hielt ihn ab. Er war nichts weiter, als völlig verstört und verängstigt. Natürlich hätte er Nathanael jetzt gern an seiner Seite gehabt, aber was, wenn sie ihn gefangen nehmen würden oder auslöschen, weil er bei ihm war, dass wollte er nicht verantworten müssen. Nein, er sollte zu Hause auf ihn warten und er würde kein Wort über diesen Vorfall hier verlieren. Und mit einem Mal, während er sich noch Gedanken über seinen Liebsten machte, wurde er der nun schützenden Umarmung Emilys entrissen und wie ein Stück Fleisch auf dem Präsentierteller dargeboten. Der Griff des Japaners schmerzte höllisch und Adam schrie auf, sodass nun wirklich jegliche Aufmerksamkeit ihnen galt. So schnell konnte der Junge nun wirklich nicht denken, fand er sich bereits wieder in den sanften Armen von Emily wieder. Neben der weißhaarigen Frau war nun Nion aufgetaucht und die beiden wechselten schnelle Blicke, womit Nion auch schon wieder verschwand.

"Nein..." flüsterte Adam, denn er wusste, dass der Brünette nach Nathanael suchen würde, um ihn hierher zu bringen.

"Hört auf!" donnerte Emily die drei an.

"Ihr erdreistet euch, in mein Haus zu kommen, meinen über alles geliebten Mitternachtsball zu stören und dann auch noch wie kleine Kinder zu raufen! Was seid ihr? Präsentiert sich etwa so die hohe Elite?! Auseinander sofort!"

Und als ob ihre Worte Wunder wirken könnten, trennten sich die drei Vampire wirklich voneinander. Emily schlang ihren Arm wieder um Adam und fuhr weitaus ruhiger fort.

"Wir werden nun alle hoch in mein Arbeitszimmer gehen und dort reden!"

Dann wandte sie sich den aufgebrachten und zu tiefst schockierten Gästen zu.

"Bitte, entschuldigt meine Freunde. Dies ist wahrlich kein erquickender Anblick. Lasst euch davon nicht trüben und feiert weiter. Feiert, bis der Morgen graut und habt euren Spaß." Und die sanfte Stimme schien wahrlich alle zu beruhigen, denn sofort spielte die Musik wieder auf und kleine Gespräche wurden aufgenommen, Paare begannen wieder zu tanzen.
 

Emily führte Adam nun nach oben in den ersten Stock, in ihr Arbeitszimmer. Die drei anderen Vampire folgten ihnen. Als die Türen geschlossen und Adam sicher hinter dem Schreibtisch verstaut war, wandte sich Emily völlig angespannt zu Leopold, Octavianus und Jien-Wu um. Ihr Augen glühten rot vor Zorn.

"Wie könnt ihr drei es wagen, mich so vor meinen Gästen bloßzustellen. Nicht nur, dass ihr mir solche Anschuldigungen vor aller Öffentlichkeit an den Kopf werft, nein raufen müsst ihr auch noch, wie kleine Schulknaben. Habt ihr völlig den Verstand verloren?!"

Die drei sprangen auseinander und nur Octavianus schien einsichtig mit seinem Verhalten, denn Jien-Wu und Leopold sahen einander immernoch feindseelig an, bis ihr Blick sich dann trennte und beide zum Arbeitszimmer folgten. Schließlich nahm sich jeder dort einen Platz ein, wobei alle Blicke wohl oder übel auf Adam lagen, der mit im Raum war.

"Warum ist er", Leopold betonte das 'er' wahrlich feindseelig, "anwesend?"

Abfällig deutete er mit seinem Finger auf den Jungen und sah dann zu Emily. Jien-Wu musterte den Jungen noch immer mit Unglauben und Octavianus versuchte sich vorzustellen, wie man sich in diesen Knaben verlieben konnte und sich so sehr dafür einsetzte, ihn nicht mit in die Familie zu nehmen. Gut, er hatte seine Erfahrungen gemacht und vielleicht würde Nathanael noch zur Vernunft kommen. Der Schöpfer von Emily hoffte zumindest das Beste, aber langsam zweifelte er daran, dass Leopold von seinem Wunsch, viel mehr seinen Wünschen, und seinem Denken abkommen würde, selbst wenn Adam tot oder verwandelt und Nathanael bestraft war. Er konnte so oder so nicht verstehen, wofür die Strafe sein sollte? Leicht zuckte er mit den Schultern und sah dann zu Emily, die sich nun den dreien Stellen musste, selbst wenn sie nicht die Einzige war, mit anderen Ansichten, so war sie doch die Einzige in diesem Bunde, die diese Neuheiten vertreten konnte und mit Sicherheit auch würde. Jien-Wu war sehr traditionsbewusst und Leopold wollte einfach nicht umdenken. Er selbst, er war zu feige, sich den anderen zu stellen oder sich so für etwas einzusetzen, wie es Emily tat. Also folgte er dem kleinsten Übel und das war meistens der Weg der anderen beiden Männern.

"Adam ist hier anwesend, weil ich ihn hier unter meinem Blick habe, weil ich die Verantwortung für ihn habe am heutigen Abend! Also sei still und verlier kein Wort mehr über ihn, ihr habt bereits genügend Schaden mit eurem einfälltigen Handeln angerichtet." Emily stand vor dem Schreibtisch.

Sie wirkte so surreal den anderen Gegenüber. Klein und zierlich, fast unscheinbar, im Gegensatz zu den drei Männern. Doch stahlte sie fast eine stärkere Autorität aus, als eben diese.

"Ihr habt mich in euren Bund aufgenommen, weil ihr euch nicht mehr in der Lage saht, allein mit all unseren Schützlingen klar zu kommen und ich stimmte dieser Bitte zu, mit der Bedingung, dass ich meine Meinung immer frei äußern könnte, dass meine Entscheidung genau so viel wiegt, wie eine von euch. Und jetzt ist es einmal an der Zeit, dass ich euch meine Meinung sage, dass ihr mir zuhören müsst!" Sie verschränkte die Arme und erwiederte jeden Blick einzeln.

"Ich werde Adam weiterhin dulden, an der Seite meines Sohnes! Ich weiß, dass er gegen die Regeln verstoßen hat, aber jeder von uns hat menschliche Diener in seinem Gefolge, nicht nur ich, auch du Leopold. Du duldest sie jedoch wie Vieh. Ich hingegen sehe die Seele dahinter, das Wesen, dass sie besitzen und Nathanael rettete Adam vor einer Person, um die wir uns viel mehr Gedanken machen sollten!" Ablenken war sicherlich gut.

"Roselin ist mittlerweilen völlig außer Kontrolle geraten und sie ist es, warum ich euch eigentlich sehen wollte. Es kann so nicht weiter gehen. Jien-Wu" Emily richtete das Wort offen an den japanisch abstammenden Vampir.

"Denkst du, du wärst in der Lage, Roselin sicher zu verwahren?"

Leopold schnaufte unzufrieden, ließ sich aber zurecht weisen. Sie hatte ja auch recht, das konnte man nicht verleugnen. Und auch die Ruhe, die nun von Octavianus neben ihm ausging und die immer anwesende Ruhe von Jien-Wu raubten auch ihm die Aufregung und so nickte er nur ein wenig.

"Roselin ist in der Tat ein Problem" bestätigte er und auch Octavianus und Jien-Wu teilten diese Meinung.

Immerhin waren sie sich da schon mal alle vier einig und müssten nicht lange reden. Jien-Wu blickte beinahe arrogant zu Emily.

"Selbst ich wäre nicht in der Lage, Roselin lange zu verwahren. Wie oft ist sie schon entwischt? Ich will es gar nicht wissen. Nein, ich kann sie einige Zeit bei mir aufnehmen, das bestimmt, aber sobald sie wieder durchknallt, werden auch meine Wände sie nicht halten" sagte er leise, beinahe flüsternd, als wenn sie belauscht würden.

Schließlich sahen Leopold und Octavianus beinahe schockiert zu dem Vampir. Wenn nicht einmal er sie bändigen konnte, dann war ihre zweite Überlegung wohl wirklich der letzte Ausweg, Ruhe in ihre Familie zu bringen. Octavianus wandte sich nun an Emily.

"Ich weiß, sie ist ein direkter Nachkömmling von dir. Aber so leid es mir tut, ich sehe keine andere Wahl." Er sprach nicht aus, was er meinte, wo er sich doch sicher war, dass seine Emily ihn genau verstand.

Aber Leopold, aufbrausend wie er war, eigentlich ein wahrer Kindskopf, wollte sprechen, was früher oder später eh zur Sprache kam.

"Wir werden sie töten, Emily! Und du weißt warum, wenigstens einige Regeln wirst du doch wohl in deinem Kindskopf haben" sagte er.

Ein klein wenig musste Octavianus schmunzeln. Wer war hier der Kindskopf, dachte er für sich und hielt eine Hand vor seinen Mund, um das Grinsen höflich zu verdecken und sich nicht gleich wieder mit dem heißblütigen Vampir auf den Boden zu wälzen.

Sie lauschte den Erläuterungen der beiden älteren Vampire folgsam. Natürlich hatten sie recht, denn keine Wand, kein Verließ würde Roselin auf ewig bannen können. Doch Leopolds direkte Worte trafen sie doch sehr und sie musste sich kurz am Schreibtisch abstützen, da ihre Beine drohten nachzugeben.

"Was bist du nur für ein Ungeheuer?" fauchte sie aufgebracht.

"Wenn es eines deiner Kinder wäre... obwohl, wenn ich Recht bedenke, du hast keine Kinder. Du hast keine deiner Schöpfungen je nah an dich herangelassen, um Schmerz bei ihrer Auslöschung zu empfinden zu können. Mir ist durchaus klar, was Roselin erwartet und ich werde mich der Entscheidung fügen, wie es von mir verlangt wird." Nun stellte sie sich wieder aufrecht.

"Doch dazu müssen wir sie ersteinmal fangen und wir haben jegliche Spur von ihr verloren."
 

Adam lauschte dem Gespräch gebannt, da er von Emily geschützt, alles geauestens beobachten konnte. Die drei Männer hätten wirklich nicht unterschiedlicher sein können. Octavianus war wirklich ein ansehnlicher Mann, leicht angegrautes Haar, doch unglaublich hübsch und er strahlte Weisheit aus. Jien-Wu, kleiner als Octavianus war wohl eher der Ruhepol von ihnen dreien, jedoch wusste auch er seine Meinung zu vertreten. Und Leopold. Ja, bei dessen Kaltherzigkeit fehlten sogar Adam die Worte. Arrogant und eingebildet, das war es wohl, was es am besten traf.
 

Bei Emilys letzten Worten zeichnete sich deutlich das belustige Grinsen auf Jien-Wus Lippen und auch Leopold schmunzelte. Beide blickten scheinbar an Emily vorbei.

"Nein, nicht jede Spur" sagte Octavianus mit einem ernsten Gesichtsausdruck und deutete zu Adam.

"Es ist nicht fair, aber er ist ein gutes Lockmittel, Emily."

"Nein!" sagte sie leise und drohend.

"Nein, Adam wird diesem Schauspiel nicht beigeführt! Ihr werdet sie ohne seine Hilfe bekommen müssen!"

Gerade als Octavianus ausgesprochen hatte, knallte die Tür auf. Zuerst flog Nion rücklings hinein und knallte auf den Boden, dann folgte ein sichtlich erzürnter Nathanael. Erschrocken, da Emily mit all ihren Sinnen auf die drei anwesenden Vampire fixiert war, zuckte sie zusammen. Und sie war noch entsetzter, als Nion durch den Raum flog. Die Tür, die beinahe aus den Angeln gefallen war, knallte gleich wieder ins Schloss. Er ging einige Schritte und blieb neben Emily stehen. Ein tiefes Knurren, als käme es tief aus seinem Inneren, erfüllte den nun stillen Raum.

"Wer ist hier ein Lockmittel" fauchte er für menschliche Ohren wohl kaum verständlich und sofort sprang Leopold auf die Bedrohung an und die beiden rankten gleich wieder miteinander, dieses mal war Jien-Wu klug genug sich nicht einzumischen, aber Octavianus hatte Nathanael mit ein paar scheinbar geübten Griffen außer gefecht gesetzt und hielt ihn nun mit festen Händen an sich gedrückt. Leopold knurrte zwar noch leise, ließ sich aber auch wieder zur Ruhe gebieten.

"Nathanael" kam es leise von Octavianus, der wohl auch ein wenig Einfluss auf den traumverliebten Vampir hatte, "Wenn wir Roselin ... beseitigen wollen, dann müssen wir sie irgendwie locken. Wir könnten dich hinstellen, aber bis sie sich dann blicken ließe, wäre Adam wohl eines natürlichen Todes gestorben" sagte er ruhig und leise und er glaubte sogar an seine Worte.

Da Nathanael eh wehrlos war, beruhigte er sich langsam und sein Körper entspannte sich sichtlich. Langsam lockerte sich der Griff. Entschuldigend, wie ein gescholtener Hund, blickte Nathanael zu Emily und auch zu Octavianus, blickte dann aber mit einem sichtlich aggresiven Blick zu Leopold. Er konnte ihn auf den Tod nicht leiden. Dann ging er allerdings in die Ecke, wo er scheinabr des öfteren untergebracht war, blickte dann zu Adam und es schien, als würde ihm Schamesröte ins Gesicht steigen. Er hatte nicht erwartet seinen Liebsten hier vorzufinden.

Emilys Augen weiteten sich ungläubig. Nathanael an ihrer Seite zu wissen, beruhigte sie doch etwas. Adam verkroch sich wieder tiefer in dem Sessl, als sie von ihm sprachen und Nathanael machte ihm Angst in diesem Zustand. Er war so wütend, wie er es schon lange nicht mehr gewesen war. Emily betrachtete das folgende Schauspiel mit gemischten Gefühlen.

"Nein, ich werde Adams Wohlergehen nicht einer Wahnsinnigen opfern." Als sie Nathanales Blick traf wurde er ganz sanft.

"Lass ihn los Octavianus."

Sie hielt die Hand für den jungen Vampir auf und als ihr Schöpfer den Griff gelockert hatte, ging dieser in eine Ecke.

"Nocheinmal! Ich werde es nicht dulden, dass ihr Adam für diesen Plan missbraucht! Sicherlich er wäre das beste Lockmittel, dass uns zur Verfügung steht, aber wenn er sterben sollte, könnte ich es nie mit meinem Gewissen vereinbaren. Ich will Nathanael nicht ohne ihn wissen und die beiden stehen weiterhin unter meinem Schutz!"

Die Aufmerksamkeit von Leopold galt nun mehr dem noch immer erregten, wenn auch ruhigen Nathanael in der Ecke, der zumindest nach einer Zurechtweisung wusste, wie er sich zu benehmen hatte. Auch wenn ihm die kleinen Funken, die scheinbar zwischen dem Vampir und dem Jungen flogen, gar nicht leiden konnte, so hielt er sich zurück und folgte den Worten von Emily. Doch bevor er etwas sagen konnte, geschweige denn überhaupt etwas tun, mischte sich Jien-Wu wieder ein.

"Er ist nicht dein Kind, Emily. Und früher oder später wird er eh sterben, zudem", er grinste ein wenig, "bei meinen Durchführungen ist bisher doch noch kein Unschuldiger ums Leben gekommen, oder?"

Selbstsicher grinste er, doch wurde er gleich von Octavianus vom Ross gezogen.

"Viele Unschuldige sterben, wenn du etwas planst, Jien-Wu" zischte er leise, auch wenn er sich eigentlich heraus halten wollte.

Es stimmte schon, die Lockvögel überlebten die Spiele, bisher zumindest alle, aber alle die drum herum dafür herhalten mussten, die waren diesem Vampir egal. Ein bisschen Schwund bestand immer, war wohl sein liebster Spruch dabei. Doch nun war auch Leopold wieder am Wort.

"Schlag du einen Plan vor, Emily. Einen, der auch ausführbar ist und zwar schnell und effektiv", sagte er schließlich und es könnten die wohl klügsten Worte für diesen Abend sein.

Einen Plan? Na super, soweit hatte sie noch nicht gedacht, aber vielleicht könnte ihr nun Nahthanaels beinahe törichte Tat zu Gute kommen.

"Ein Brief" sagte sie schließlich still.

"Man könnte, nein ich könnte einen Brief an Roselin verfassen, an das letzte bisschen normalen Verstand apellieren, das noch in ihr wohnt. Denn ich kann einfach nicht glauben, dass es gar nichts Gutes mehr in ihr geben kann."
 

Adam lauschte weiterhin den Vorschlägen, während sein Blick unverwandt auf Nathanael gerichtet war. Der Abstand zwischen ihnen schien ihm beinahe zu groß, um überwunden werden zu können und auch in seinem Gesicht spiegelte sich eindeutig die Pein, die er empfand gerade jetzt von dem Vampir getrennt zu sein.

"Nathanael" flüsterte er kaum hörbar, doch hatte er sofort alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Adam zitterte am ganzen Leib, hatte die Hände schützend um seinen Körper geschlungen. Emily betrachtete ihn mit einem mitleidigen Blick. Das war wahrlich ein Gespräch, dass er nie hätte mitbekommen sollen. Langsam stand der Junge nun auf, seinen Blick stur auf Nathanael gerichtet und eilte schnell zu diesem, schmiegte sich an den starken Körper, der ihm soviel Schutz bieten konnte.

Das war ja beinahe typisch, dachte sich der Vampir. Erst wurde sein Briefplan vereitelt, nun wollte sie selber einen aufsetzen. Doch das leise Flüstern seines Namens ließ ihn aufhorchen und er sah zu Adam, der so verängstigt schien, als könnte er jeden Moment vor Angst sterben. Schließlich, unter allen Blicken und bei vollkommender Stille, schlich sich sein Liebster in seine Ecke und warf sich sogleich kraftlos und doch total verspannt an seinen Körper. Es dauerte einen Moment, ehe Nathanael die Arme um seinen Liebsten legte, somal sein Blick sich gleich wieder an die anderen drei Anwesenden heftete, kaum dass er Adam bei sich in Sicherheit wusste, wo er ihn sanft an sich drückte.

"Shh" sagte er leise und sank mit dem Jungen in die Knie, um ihn dann auf den Boden abzusetzen, streichelte über seinen Kopf.

"Ist gut, hab keine Angst", sagte er leise und blickte dann wieder zu den anderen auf, die ihnen kaum mehr Aufmerksamkeit schenkten.
 

"Einen Brief?" wiederholte Leopold ungläubig.

"Das ist nicht dein Ernst. Wohin willst du ihn denn schicken? An den Weihnachtsmann?!"

Empört erhöhte sich seine Stimme wieder und er zog beide Augenbrauen hoch. Doch Octavianus wagte es wieder, ihm ins Wort zu fallen.

"Die Idee ist gar nicht so dumm. Aber ich weiß nicht, ob du der richtige Absender wärest, Emily" betonte er nur und auch Jien-Wu nickte.

"Sie hat sich dir schon lange entzogen, Emily. Sonst wäre sie nicht, wie sie ist" sagte der japanische Vampir.

Emilys Blick war strafend, als Jien-Wu ihr diesen versteckten Vorwurf machte.

"Du gibst also mir die Schuld daran, dass ihr Geist so krank geworden ist?" fragte sie vorsichtig und mit hochgezogenen Augenbrauen nach, während sie im Augenwinkel noch immer Adam und Nathanael im Blick hatte.

"Ja einen Brief Leopold und es muss nicht ich sein, der ihn schreibt. Hier können wir meinetwegen Adam ins Spiel bringen. Sie springt auf seinen Geruch sofort an, wenn er den Brief schreiben würde, käme sie sicherlich. Und wo wir ihn platzieren? Einen öffentlichen Platz, bei Nacht. Egal wie weit Roselin auch entfernt sein mag, sie wird kommen und das in kürzester Zeit."
 

Adam lag wimmernd in den starken Armen von Nathanael und krallte sich in das Hemd des Vampirs. Es war ihm wirklich zu viel geworden, dieser Streit, all die harten und unglücklich gewählten Worte.

"Ich will hier weg" flüsterte Adam gegen die Brust des Vampirs.
 

Ein wenig nachdenklich sah Leopold die mädchenhafte Frau an. Er schien darüber nachzudenken, dann schüttelte er den Kopf.

"Es ist einfacher, wenn wir Adam einfach an einen öffnetlichen Platz legen" meinte er und hob nun auch beide Augenbrauen.

Doch Octavianus fiel ihm, was ihn langsam wirklich nervte, erneut ins Wort, obgleich er dieses Mal schon angesetzt hatte, weiter zu sprechen.

"Diese Variante haben wir bereits ausgeschlossen, Leopold" sagte er jedoch nur und erntete ein gereiztes Knurren von Leopold, der nun fortfuhr mit seiner Rede.

"Nathanael kann ja in der Nähe bleiben. So wie er Nion durch die Gegend schmeißt, wird er wohl kaum zulassen, dass seinem Liebsten", er rollte die Augen, "etwas zustoßen würde" endete er dann.
 

Nathanael stand wieder auf, zog Adam dabei mit auf die Beine und schließlich trug er ihn dann, wie ein verängstigtes Kind. Kurz sah er zu Emily, dann verließ er ungefragt den Raum. Es half doch nichts, wenn er oder Adam dabei waren, wenn der Junge daran zerbrach. Nion, der bisher einfach schweigend auf dem Boden gekauert hatte, folgte ihnen heraus und klopfte sich die Kleider sauber.
 

"Sei still" zischte Emily. "Das ist keine Option! Adam bleibt hier in der Villa, in meiner Obhut, während ihr auf Roselin Jagd macht. Wenn ihr damit nicht einverstanden seit, sehe ich keinen Grund, warum wir uns weiter unterhalten sollten." Sie beobachtete Nathanael und Adam, auch Nion, der den beiden folgte.

Emily fühlte sich so einsam in diesem Moment. Sie zerstörte ihren Sohn, dessen große Liebe und Nion nahm sie diese ebenfalls, wenn sie Roselin töteten. All das hatten sie sich gewünscht, Ruhe und Frieden.

"Also, was sagt ihr dazu?" Als die Türen wieder geschlossen waren, wandte sie sich an die drei älteren Vampire.

"Wir können das mit dem Brief doch probieren. Mehr als nicht funktionieren kann es auch nicht" mischte sich Octavianus dann ein und erntete verwunderte Blicke von Jien-Wu und Leopold. Dieser schnaufte leise.

"Halt dich da raus!" zischte Leopold ihn an und zwang den anderen somit, aufzustehen und sich zu verteidigen.

"Ich gehöre zu diesem Rat, wie jeder andere hier auch, ebenso Emily! Leopold. Spiel dich nicht auf, als wärest du der Einzige, der für unsere Familie sorgen kann" zischte er zurück, doch erneut ging Jien-Wu dazwischen.

"Wir machen das mit dem Brief", stimmte er zu und sah zu Emily.

"Du bringst den Jungen dazu, einen Brief zu schreiben, von mir aus legen wir auch einfach nur ein Hemd auf den Platz, das er getragen hat. Anschließend werden wir sehen, was wir mit Roselin machen. Und nun lasst uns einfach den Abend genießen, oder das, was noch davon übrig ist."

"Bitte! Da habt ihrs! Lasst es uns wenigstens versuchen!" flehte Emily.

Sie war Octavianus dankbar für seine Zustimmung und auch Jien-Wu, denn mit ihnen war es bereits immer leichter gewesen, Verhandlungen zu fühlen. Sie nickte bei den Forderungen des Japaners.

"Ich werde Adam diesen Brief schreiben lassen. Aber lasst uns Zeit, er ist völlig überfordert mit dieser Situation." Sie legte die Hände zusammen und sah aus traurigen Augen zu den Dreien.

"Heißt das dann auch, dass ihr der Beziehung von Nathanael und Adam zustimmt? Das ihr euch für diese Neuerung aussprecht und ihnen euren Segen gebt, so wie ich es bereits vor Jahren getan habe?"

Leopold sah Emily beinahe streng an, auch wenn er einfach nur genervt war. Wieso wurde er eigentlich immer überstimmt?

"Die Beziehung der beiden ist im Moment Nebensache! Wir müssen uns erst um das größte Übel kümmern. Gut, um das größere" berichtigte er sich selbst.

"Danach sorgen wir uns dann um Nathanael und Adam."

Und auch die anderen beiden gaben ihm Recht. Emily nickte. Ja, das war wohl das klügste.

"Genießt bitte weiter den Abend." Sie machte eine Geste auf die Tür zu.

"Ich werde später noch zu euch stoßen, aber jetzt bitte entschuldigt mich, ich werde noch nach Nathanael und Adam sehen." Sie drängte sich an den drei Männern vorbei und verließ den Raum.

Die drei Ratsherren verließen nach Emily den Raum und mischten sich unter die anderen, wie gewünscht.
 

Nion ging schweigend neben den beiden her, er nahm Nathanael vorsichtig am Arm und führte sie in eines der oberen Wohnzimmer.

"Hier könnt ihr fürs erste ungestört sein."

Er wandte sich ab und sah nocheinmal kurz zu seinem vampirischen Freund.

"Es tut mir Leid, dass ich nicht früher bei dir sein konnte. Ich wusste nicht, wo ich suchen sollte."

Nathanael blickte zu Nion, doch er konnte ihm gar nicht böse sein, immerhin konnte dieser nichts beeinflussen oder gar ändern.

"Vielen Dank, Nion" sagte er also einfach nur, als sein Freund den Raum verließ. Nion nickte freundlich und schloss anschließend die Türe hinter sich.

Dann sah er zu Adam und streichelte ihn sanft.

"Geht es dir schon besser?", fragte er leise.

Adam klammerte noch immer fest an Nathanaels Hemd und versuchte sich zu beruhigen. Warum hatte er nicht einfach absagen können, dass hätte ihnen so viel Leid und Kummer ersparen können.

"Ja, ich denke es geht langsam wieder" flüsterte er leise.

Er hatte richtig Angst vor Leopold. In Gedanken dachte Adam, dass dieser wohl ihr größter Wiedersacher war. Emily hatte sie so sehr aus tiefstem Herzen verteidigt, dass er eine so tiefe Liebe zu ihr empfand, dass er sie gar nicht in Worte fassen könnte.

"Wie geht es dir?" fragte er leise und hob seinen Blick, um den Vampir ansehen zu können.

Noch immer streichelte er beruhigend und sanft über Adams Rücken. Das war wirklich nicht fair gewesen. Weder von den zwei Vampiren, die der Meinung waren heute alles klären zu müssen, noch von Emily, die aber sicher nur das Beste für Adam gewollt hatte. Immerhin hätte sonst was passieren können, wenn er alleine gewesen wäre. Leise seufzte Nathanael.

"Mir geht es gut" sagte er leise und küsste Adam sanft auf die Stirn.

Ein wenig gereizt war er. Er konnte Leopold einfach nicht leiden! Und ihn dann auch noch so reden zu hören, leise knurrte er in sich hinein, zog Adam dabei enger an sich.

"Möchtest du dich ein wenig hinlegen?" fragte er dann sanft, aber hörbar verstimmt.

Adam schüttelte bei der Frage den Kopf. Er wollte eigentlich nur eines und das war nach Hause. Doch jetzt schon zu gehen, würde in seinen Augen wie ein Zeichen von Schwäche wirken, also verwarf er den Gedanken auch wieder. Und müde war er eigentlich auch überhaupt nicht.

"Nein, schon okay. Vielleicht noch fünf Minuten, dann können wir zurück auf das Fest."

Adam richtete sich etwas in Nathanaels Armen auf und sah ihm fest in die Augen.

"Und diesesmal lässt du mich nicht allein. Ich werde nicht zulassen, dass sie uns trennen. Und wenn doch, werde ich sie ..."

Ja, was würde er dann tun? Sie zu töten wäre törricht, wenn nicht sogar unmöglich. Ihnen Leid zuzufügen, war schier unmöglich.

"Ach, ist auch egal. Ich will doch nur bei dir bleiben."

Es klopfte leise an der Tür und Emily trat ein. In ihrem Gesicht spiegelten sich so viele Emotionen wieder, dass Adam es nichteinmal im Ansatz wagte, sie zu deuten.

"Wie geht es euch?" fragte sie leise.

Leicht nickte Nathanael.

"Wie du möchtest" sagte er leise und dann klopfte es auch schon, ehe er auf Adams kleine Drohung eingehen konnte.

Er blickte zu Emily und versuchte sich ein wenig zu entspannen oder gar zu lächeln.

"Es geht. Ich denke aber es ist besser, wenn wir bald nach Hause fahren" sagte er dann und blickte sie ernst an.

Er fand es wirklich besser, zumal er weder Leopold noch einmal über den Weg laufen wollte, noch Emily die Chance geben, Adam heute noch einen Brief aufsetzen zu lassen. Da war er dann wohl doch mehr Vaterfigur als Liebhaber oder taten Geliebte das auch? Aber er wollte wirklich nicht, dass sein Liebster heute noch mehr Stress haben musste, wo er doch schon jetzt mit den Nerven am Ende schien.

Lieber ein schön warmes Bad zu Hause, Essen im Bett und ein wenig Reden und Kuscheln. Das könnte wohl eher helfen, Adam wieder ein wenig zur Ruhe zu bringen und ihn zu entspannen, als das sie heute noch alles klärten, was zu klären war.

Emily nickte bei Nathanaels Antwort. Sie würde Adam sicherlich alle Zeit der Welt geben, um diesen gottverdammten Brief zu schreiben, doch sie war sich fast sicher, dass weder Jien-Wu, noch Leopold gewillt waren, zu lange darauf zu warten. Octavianus würde sich ihren Entscheidungen fügen, wie auch schon am heutigen Abend.

"Natürlich, ich werde euch noch nach draußen begleiten" sagte sie leise.

"Bitte entschuldigt ihr Verhalten. Ich habe wirklich nicht mit ihrem Erscheinen gerechnet. Bis jetzt sind sie nie gekommen."

"Ist schon okay. Ich kenne den Weg" sagte er nur und man konnte raus hören, dass er einfach sauer auf alles war, obgleich er gerade Emily die Schuld zu geben schien.

"Geh du lieber zu deinen Gästen. Sie sind gewiss schon sehr unruhig und die Stimmung sollte nicht darunter leiden, was heute geschehen ist" sagte er nur und löste Adam dann sanft aus der Umarmung, um ihn sanft mit sich zu ziehen.

"Danke für alles" sagte er nur knapp, als er an Emily vorbei schritt und den Jungen mit sich nahm, nicht unerbittlich, aber doch mit einer Bestimmtheit, die es fast unmöglich machte, sich ihm zu entziehen.

Er wollte nicht wütend sein, schon gar nicht auf Emily, aber er konnte sich auch nicht dagegen wehren und so brodelte es in ihm einfach, er stand wirklich kurz vorm Platzen. Er fragte sich immer wieder, wie die drei Herren es wagen konnten, ihn außen vor zu lassen. Immerhin ging es auch um ihn, wenn es um Adam ging und selbst wenn sie es nicht tollerierten, war das eine Tatsache, die man nicht leugnen konnte. Bei Octavianus hätte es Emily gegeben, die er als Vergleich aufführen könnte, bei Jien-Wu sein komisches Freak-Karusell, nur bei Leopold hatte es bisher keine 'Zeichen der Schwäche' gegeben, die man ihm unter die Nase reiben könnte, um die Beziehung irgendwie zu rechtfertigen, oder warum Roselin nicht einfach so abgemurkst, wie er es sicher nennen würde, werden konnte. Leicht biss er die Zähne zusammen und atmete dann verstärkt ein und aus, um wenigstens seinen Körper zur Ruhe zu bringen.

Emily sah traurig zu Nathanael, als sie ihm und Adam die Türe öffnete und wartete bis die beiden den Raum verlassen hatten. Sie wusste, dass jedes Wort, dass sie jetzt sprach, vergeudete Luft war, also schwieg sie. Doch der Blick von Adam, der ebenso undendlich traurig wirkte, wie der ihrige, gab ihr etwas Kraft zurück. Sie konnte verstehen, wie sich manche Vampire wieder nach der Sterblickeit sehnten. Mit jedem Tag, den sie lebte, verstand sie es mehr und mehr. Die Sterblickeit gab einem ein Stück Lebensqualität zurück. So konnte man seinen Problemen entfliehen, brauchte sich ihnen nicht stellen. Doch sie wurde seit über 2000 Jahren, Tag für Tag mit ihren Entscheidungen aufs Neue konfrontiert und das war etwas, was auf Dauer sehr frustrierend war.

"Adam, melde dich einfach, wenn du dich bereit für den Brief hältst" fügte sie in tonloser Stimme hinzu.

Der junge Schwarzhaarige konnte die Vampirin nicht so leiden sehen und er löste sich nun aus der weisenden Umarmung von Nathanael, um wieder zu ihr zurückzukehren.

"Mach dir keine Sorgen wegen mir... wegen uns, wir schaffen das schon!"

Emily lächelte, doch es erreichte ihre Augen kein Stück.

"Davon bin ich überzeugt Adam. Doch jetzt geht nach Hause."

Ein wenig losgerissen fühlte sich Nathanael, als er dort stehen blieb und Adam zurück ging. Er blickte zu den beiden und seufzte leise. Es war nicht richtig, aber er konnte es nicht ändern. Vielleicht könnte er sich später bei Emily bedanken und zugleich entschuldigen, aber jetzt wollte er nur noch hier weg und zwar schnell! Er steigerte sich selbst immer mehr in seine Wut und er war sich sicher, dass er und Leopold sich nun gegenseitig auseinander reißen würden, wenn sie sich trafen. Wie der Teufel, wenn man von ihm sprach, nahm er mit einer Gänsehaut eben diese Präsensenz hinter sich wahr und drehte sich langsam. Mit einem Fauchen, eher einem Knurren blickten sich die beiden an, doch Leopold drängte sich an dem wesentlich jüngeren Vampir mit erhabenem Blick vorbei und betrachtete Emily mit Adam.

"Morgen wollen wir Roselin anlocken" stellte er fest und das schien nicht verhandelbar.

"Einige Späher sind der Meinung, sie in der Nähe gesehen zu haben. Es wäre also perfekt nächste Nacht." Er drehte sich zu Nathanael um.

"Also solltest du und ... der Mensch die Nacht hier verbringen. Feiert doch ein wenig mit uns und genießt die Nacht." Leopold lachte überheblich und noch bevor Nathanael seine Kontrolle verlor machte er sich aus dem Staub.

Nun wirklich angespannt sah Nathanael zu Emily und zu Adam.

"Ich misch mich unters Volk. Lass ihn nicht aus den Augen" presste er hervor und schon folgte er Leopold.

Aber nur einige Meter, dann blieb er stehen und kehrte wieder zurück. Er fasste Emily sanft an Arm und drückte ihr einen Kuss auf. Liebevoll aber familiär, wie Bruder und Schwester oder der Sohn die Mutter.

"Danke" sagte er leise und hob dann Adams Kinn an, um auch diesen zu küssen, dieses Mal aber mit sehr viel mehr Gefühl.

Als er sich von seinen Lippen trennte, blickte er ihn einen Moment schweigend an.

"Komm bitte mit mir" sagte er leise.

"Ich möchte dich nicht alleine lassen" flüsterte er dann und strich sanft über Adams warme Wange.

Überrumpelt sah Emily zu Leopold, der keinen Einwand ihrerseits zuließ. Hätte sie sich nicht noch soweit unter Kontrolle gehabt, wäre ihr Mund wohl vor Empörung offen gestanden. Und dann auch noch Nathanael, der sie völlig überstürzt nun verließ und wieder zurückkehrte. In seiner Umarmung fühlte sie sich etwas aufgehobener. Sie war zutiefst dankbar, dass er es ihr nicht übel nahm. Und wie er Adam schließlich küsste, so sanft und weich. Das war der wahre Nathanael, wie nur wenige ihn kannten.

"Geht nach Hause. Ihr müsst nicht hierblieben. Leopold hat kein Recht darüber zu entscheiden, was ihr tut und was nicht. Es steht euch frei zu gehen."

Die Nachricht mit Roselin beunruhigte sie nicht weiter, denn es waren genügend Wachleute plaziert worden, über die Stadt verteilt, sodass man sie mit Sicherheit auch in der Nähe der verborgenen Holzhütte wahrnehmen würde. Adam erwiederte den Kuss von Nathanael zärtlich und legte seine Hand an dessen Kühle Wange, lehnte seine Stirn gegen die des Vampirs und sah ihn aus traurigen Augen an.

"Ich dich doch auch nicht." Er sah anschließend zu Emily, ohne den Kontakt zu seiem Liebsten abzubrechen.

"Wir werden bleiben. Ich möchte zwar nicht wieder auf das Fest, aber... vielleicht etwas in den Garten." Er blickte wieder zu Nathanael. "Mit dir zusammen."

Nathanael löste sich ein wenig von Adam, hielt aber sanft dessen Hand fest, die noch immer so nervös erschien, durch die Feuchtigkeit und die Kühle in den Fingerspitzen.

"Ich weiß, Emily" sagte er leise.

"Aber es ist wohl auch das Beste, wenn wir nicht alleine durch die Dunkelheit streifen" sagte er leise.

Denn auch wenn Leopold so weit wohl nicht gedacht hatte, dann wäre es hier schwieriger für Roselin etwas zu tun, als wenn sie alleine bei ihnen zu Hause wären. Dann sah er zu Adam und strich sanft über den Kopf.

"Ich gehe gerne mit dir in den Garten" sagte er leise, auch wenn er danach leicht seufzte.

Er musste etwas trinken, er fühlte sich zum verrecken Elend und auch wenn das wohl eher daran lag, dass schon wieder so viel geschehen war, so war es dennoch eine gute Idee, den Körper ein wenig zu entlasten oder zu verwöhnen. Wie man es wohl sehen wollte. Er sah noch einmal zu Emily.

"Wir sind dann also im Garten" sagte er leise und versuchte noch einmal Adam mit sich zu nehmen.

Kapitel 15

Kapitel 15

Und diesesmal folgte Adam Nathanael freiwillig und mit einem Lächeln auf den Lippen. Seine Hand hatte er mit der des Vampirs verschlungen und lief freudig grinsend neben diesem her. Er wusste, dass sie dort vermutlich auch nicht ungestört waren, aber er wollte den Springbrunnen auch mal bei Nacht sehen, da ihm dieser noch immer unglaublich schön und so unrealistisch fremd vorkam. Wie aus einer anderen Welt und er wollte diese Welt einmal aus den Augen dieser Nachtwesen sehen. Sie gingen die Treppen nach unten, doch niemand der Anwesenden achtete ihren Schritten. Sie waren nun nichts weiter als Gäste in diesem prächtigen Haus. Mit gezielten Schritten führte er Adam durch das Haus, ehe er einen kleinen Abstecher machte. Erst wollte er Adam bitten, kurz hier zu warten, aber er wollte ihn nicht alleine lassen, somal ihr erstes Fest schon gezeigt hatte, dass dies keine gute Idee war. Also zog er ihn sanft mit durch einige kleine Gruppen, bis er schließlich bei einem großgewachsenen aber ungewöhnlich hübschen Mann ankam, der Nathanael auch sogleich ein Glas in die Hand drückte, dass dieser mit einigen Zügen geleert hatte. Leicht verkniff er dabei das Gesicht und gab dem anderen das Glas wieder. Es schmeckte nicht so gut, aber frisch war wohl alles besser, dachte er sich und dankte nur, ehe er dann, schweigend, mit Adam zum Garten ging. Er konnte dem Jungen nicht auch noch antun, dass er ihm zusehen musste, wie er seine Gier an einem der hier anwesenden Menschen stillte, diese kurze Pause musste schon schlimm genug für ihn sein und so waren sie schnell draußen und etwas erleichtert atmete Nathanael die frische Luft ein.

"Mhh" sagte er leise.

Es roch hier immer gut, egal welche Jahreszeit und welche Tageszeit. Einfach traumhaft schön. Nun ging er deutlich langsamer und streichelte sanft über Adams Hand, als er zu ihm sah.

"Wo möchtest du hin?" fragte er leise, denn Adam schien zu wissen, wo er hin wollte und so folgte der Vampir nun dem Jungen.

Adam kniff angewiedert die Augen zusammen, als Nathanael das Glas in einem Zug leerte. Er wusste, was das zu bedeuten hatte, wenn er hier etwas trank. Er wandte den Blick ab, um den Anblick der roten Flüssigkeit im Glas nicht ertragen zu müssen. Sicherlich konnte der Vampir nicht ohne den roten Lebenssaft überleben, doch es war einfach zu weltfremd in seinen eigenen Augen. Als sie schließlich draußen an der frischen Luft waren, wandte Adam ersteinmal den Blick anch oben und sah zu den Sternen. Es war ein traumhafter Anblick und der frühe Sommer machte sich bereits in den lauen Nächten bemerkbar.

Er überholte Nathanael nun und bereits nach wenigen Minuten hatten sie den übergroßen Springbrunnen erreicht, der nun sanft von ein paar Lichtern beschienen wurde. Ein Lächeln zauberte sich auf das Gesicht des Menschenjungen, als er feststellte, dass sie alleine waren. Adam ließ sich an den Rand des Brunnens sinken und betrachtete sofort wieder die hübschen Fische darin.

Leicht lächelte der Vampir, als sie beim Springbrunnen zum Stehen kamen. Adam schien wie verzaubert und völlig fasziniert und so schwieg er erst einmal und genoss dieses Bild still, wie Adam dort saß, leicht vom Licht beschienen, vom Licht der Sterne, des Mondes, aber auch von den Lichtern, die auf den Brunnen gerichtet waren, wie er dort in das Wasser blickte und die Fische beobachtete und diese angenehme Stille, die nur der Anblick ausstrahlte. Manchmal wollte Nathanael immer einen Malblock mit sich führen, nur um solche Eindrücke auf das Papier zu bannen, aber er war sich sicher, dass es auf dem Blatt nicht halb so schön aussehen würde, wie in seinen Augen.

Nun ging er etwas näher an seinen Liebsten und strich über sein Haar, küsste dieses dann sanft und genoss den Geruch, streichelte dabei sanft über Adams Schulter.

"Ich liebe dich" flüsterte er und schloss die Augen, nur um seine Nähe zu spüren und sie in sein Herz zu schreiben.

Diese Nacht hatte ihm wieder vor Augen geführt, wie sehr ihre Liebe doch mit Steinen beschwert war und das nicht alles so leicht bleiben würde, wie sie es bisher gekannt hatten. Zumindest nicht, bis sich die ganze Welt endlich offener zeigt. Die Welt der Vampire ganz vorne mit dran. Doch er hoffte inständig, dass sie einfach nur ihre Ruhe haben würden. Nathanael war nie ein besonders gesellschaftliches Wesen gewesen und so würde es nicht einmal jemand mitbekommen, was er daheim tat oder nicht und mit wem, daher verstand er noch weniger, warum es so schlimm sein sollte. Er liebte Adam und das sollte das einzige sein, was eine Rolle spielte. Wie oft verliebte sich ein Vampir?

Warum dachte niemand daran, wie viel Herzblut es ihn kosten würde, den Jungen zu verlieren, nicht, weil er vielleicht alt geworden und verstorben war, sondern weil es ihm einfach verboten wurde oder schlimmer noch, er wollte gar nicht daran denken und so zog er abermals das Gesicht von Adam zu seinem und küsste ihn noch einmal. Das war die beste Methode die Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen und auch an diesem Abend, in diesem Moment klappte es wie vorgeschrieben.

Als sich Nathanael neben ihn auf den Rand des Brunnens sinken ließ, sah Adam dennoch weiter konzentriert auf die Fische. Doch als er den sanften Kuss auf seinem Schopf spürte, konnte er nicht anders, als sich in diese sanfte Geste zu schmiegen. Die zarten Worte ließen ihn für einen kurzen Moment die Luft anhalten. Es war so still hier im Garten. Nichts hätte im Moment besser zu ihrer beiden Stimmung gepasst, als die Atmosphäre im Garten. Es war, als ob sie weit weg von allen Zweifeln waren, als ob es nie diesen Streit in Emilys Büro gegeben hatte.

Adam konnte die ganzen Gedanken, die durch Nathanaels Kopf schwirrten, nicht sehen oder gar lesen. Doch hätte er sie gesehen, hätte er mit aller Macht versucht, sie zu vertreiben, so ließ er sich nur in den Kuss ziehen, legte seine Hand dabei leicht auf dem Oberschenkel des Vampirs ab, um ihm noch ein wenig näher zu kommen. Den Tumult, der bereits wieder in der Halle herrschte, hörte Adam nicht, dazu waren seine Ohren einfach nicht fein genug. Aufgebrachte Stimmen waren zu hören, leises zischen und knurren. Und die gereizte Stimme Leopolds, als er einen weiteren Gast anfuhr, der gerade gekommen war.

"Was machst du hier Adrienné?"
 

Genußvoll versank Nathanael in dem Kuss und auch seine Gedanken hörten einfach auf, seine Ohren wurden taub, nur Adams leiser Herzschlag und sein Atmen konnten sein Gehör erreichen und so kam es auch, dass der ganze Tumult nur halbherzig zu ihm durchdrang und schließlich keinerlei Beachtung bekam. Lieber zog er Adam fester zu sich und streichelte sanft über seinen Rücken, leckte beinahe gierig über die Lippen, um dann frech Einlass zu verlangen in die warme Höhle des Anderen, die es mal wieder zu erobern galt. Zu sehr war seine Zunge drauf erpicht die samtene seines Geliebten zu erreichen, als das er hätte von ihm ablassen wollen, selbst als der laut geschimpfte Namen von Leopold seinen Verstand erreichte.

Adam musste sich nicht weiter konzentrieren, da er nichts von alldem mitbekam. Er gab sich ganz der liebevollen Behandlung Nathanaels hin. Öffnete bereitwillig seine Lippen, stubste die eindrigende Zunge ebenso frech an. Seine Augen waren genießend geschlossen und seine Hand verkrampfte sich leicht im Stoff der Hose des Vampirs.
 

Im Haus war es bei weitem nicht so ruhig. Viele der anwesenden Vampire hatten sich zurückgedrängt, als eine rotblonde Frau mit kurzen Haaren den Raum betreten hatte. Sie trug eine kleine Sonnenbrille, ihre Augen waren schwarz wie die Nacht, genauso wie ihr Top und die schwarze Lederhose. Von den Bikerboots mal abgesehen. Adrienné sah lässig zu Leopold, als sie Jien-Wu ausmachte, der noch immer in der Menge stand. Bei seinem Anblick erreichte ein feines Lächeln ihre schmalen Lippen. Dann wandte sie sich wieder dem Brünetten zu.

"Was ich hier mache?" Adrienné lachte leise auf.

"Als ob du das nicht wüsstest Leopold." Sie sprach den Namen voller Abscheu aus.

"Es gibt einen Vampir zu jagen. Was würde ein Vampirjäger sonst hier machen."

Sie wusste, dass sie von allen hier im Raum so ziemlich verabscheut wurde. Ein Vampir, der seine eigene Rasse jagte und sie tötete. Das war wirklich nicht normal.
 

Nathanael schmiegte sich ein wenig an den anderen, fuhr mit einer Hand durch die Haare, löste aber schließlich doch den Kopf, um kurz sein Gewissen zu befriedigen und wenigstens in die Richtung der Halle zu sehen. Er schwieg in dem Moment, sah dann aber wieder zu Adam. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen.

"Nun wird es nicht mehr lange dauern" flüsterte er, mehr zu sich selber, als an seinen Liebsten.

Dann strich er sanft über dessen Wange und küsste ihn noch einmal sanft.

"Lass uns weiter in den Garten gehen" schlug er dann leise vor.

Einige Vampire verließen zusammen mit ihrer Begleitung den Saal. Der schwarzhaarige Vampir fürchtete weder ihre Angst, noch ihren Zorn. Nathanael wollte lieber alleine sein, wohlmöglich hätte er dazu nur noch wieder in die Hallen schreiten müssen, denn endlich hatte sein Verstand entschlüsselt, was er so wage wahrgenommen hatte. Andrienné war angekommen. Sie würde in der Tat nicht lange brauchen, einen gesuchten Vampir ausfindig zu machen und genau das, machte den meisten hier Sorgen. Aber auch, wenn sie möglicherweise seinetwegen, Nathanaels wegen, gekommen war, so machte er sich keinerlei Sorgen. Wie der Rat schon festgestellt hatte, gab es schlichtweg größere Probleme.
 

Adam erwiederte den sanften Kuss von Nathanael und ließ sich von diesem auf die Beine helfen. Er bemerkte die anderen Vampire gar nicht. Er hatte nur Augen für Nathanael, der ihn so sehr beschützte und mit aller Liebe hinter ihm stand. Sie gingen tiefer in den Garten hinein, wo selbst Adam bei Tag noch nicht gewesen war, doch es war nicht sonderlich schwer, den Weg zu erkennen, da er hell erleuchtet von vielen Fackeln war. Adam fühlte sich wie in einem Märchen gefangen, in dem er die schüchterne Prinzessin mimte. Wobei schüchtern ja in seinem Fall nicht gerade das treffenste Wort war, denn das hatte er schon lange hinter sich gelassen.
 

Emily kam gerade die Treppe herunter, als Adrienné die Halle betrat. Innerlich stöhnte sie auf, war ihr denn heute gar nichts erspart. Dennoch wahrte sie die freundliche Mine, als sie auf die Vampirjägerin zuging.

"Es ist schön, dich zu sehen Adrienné, das erspart mir eine Menge ungebetene Arbeit."

Das Lachen der Rothaarigen war etwas dunkler, doch ihre Stimme klang bei weitem nicht unangenehm.

"Wenn es sonst niemand tut. Und dir stehe ich natürlich gern zur Seite Emily."

Sie deutete eine kleine Verbeugung an, ber der kleineren Frau.
 

Als sie beinahe ungestört waren, blieb Nathanael stehen, umgeben von ein paar hohen Hecken und Blüten, Blumen, Bäumen und Büschen. Eigentlich war es hier eine Mischung aus gepflegten Garten und freier Natur, aber Nathanael liebte den Garten von Emily, gerade deswegen wahrscheinlich. Nun aber liebte er etwas ganz anderes und genau diese Liebe zog er gerade zu sich in die Arme und küsste Adam noch einmal liebevoll, eng an den anderen geschmiegt, löste den Kuss dann aber, um ihn ansehen zu können.

"Vielleicht hätte ich dir doch verbieten sollen, her zu kommen" flüsterte er leise und auch wenn es spaßig klang, so machte er sich wirklich ernsthaft Gedanken darüber.

Er hatte gespürt, dass es falsch war, aber er hatte nicht darauf gehört und nun hatte er ja gesehen, was daraus wurde. Und nun spürte er, dass sie nicht hier alleine herum stehen sollten, zumindest hatte er ein ungutes Gefühl und dieses Mal wollte er seinen Instinkten nachgeben.

"Lass uns wieder zurück" hauchte er leise und küsste noch einmal die verführerischen Lippen seines Liebsten.

Adam konnte selbst in dem halbdunkel der Nacht die Schöhnheit des Gartens erkennen. Als er wieder in den starken Armen von Nathanael lag, fühlte er sich gleich wieder viel geschützter. Natürlich tat er das auch, wenn er neben ihm lief, doch das war doch etwas anderes, die starken Arme um sich herum zu spüren. Der zärtliche Kuss ließ Adam einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Bei der Feststellung des Vampirs musste er leise lachen.

"Ja, es wäre vielleicht klüger gewesen. Aber wer konnte schon ahnen, dass diese Irren hier auftauchen."

Denn in Adams Augen waren die drei nichts anderes. Nur Irre und total Abgedreht.

"Aber", fügte der schwarzhaarige Junge noch an, "vermutlich wären sie dann bei uns zu Hause aufgetaucht."

Es wäre mit Sicherheit nicht zu verhindern gewesen. Adam erwiederte den Kuss, löste sich anschließend aus der Umarmung und ging neben Nathanael zurück zur Villa. Je näher sie kamen, desto deutlicher konnte auch er die Stimmen hören, die sich erhoben hatten.

"Was ist denn da los?" fragte Adam an Nathanael gewandt.

"Ach, es ist noch mehr ungewünschter Besuch angekommen" sagte er nur und lächelte ein wenig, dann zog er Adam etwas mehr zu sich und ging wieder mit ihm rein.

Tatsächlich stand dort sehr erhaben die Vampirjägerin und schenkte ihnen nicht einmal einen Blick, bis Nathanael direkt neben ihr und Emily stand, Adam noch immer bei sich.

"Und ich dachte schon, heute wäre das Hauptthema der Abendgespräche bereits festgelegt" sagte er nur zur Begrüßung von Andrienné und grinste ein wenig.

Er hatte kein Problem mit ihr, wenn niemand die unkontrollierten Vampire aufhielt, würde einfach alles im Chaos untergehen und irgendwer musste die Arbeit doch machen und diese Vampirdame schien allen Spaß daran zu haben, also war es wohl nur richtig, dass sie tat, was getan werden musste, außerdem hatte sie im Moment einen großen Nutzen für Nathanael. Dennoch strich er sanft und keineswegs mehr zurückhaltend oder gar heimlich seinen Liebsten, den er noch immer an seiner Seite hatte und auch nicht mehr woanders wissen wollte.

Adam sah etwas skeptisch zu Nathanael, als er den Besuch erwähnte. Die Frau, die aufgetaucht war, sah seltsam aus. Sie war größer als Adam selbst und das kurz geschorene Haar, ließ sie furchteinflößend wirken. Doch als sein Liebster sie ansprach und das außergewöhnlich freundlich, musste er wohl davon ausgehen, dass sie eine der 'Guten' war.

"Ach du weißt ja Nathanael. Ich interessiere mich nicht für das allgemeine Thema. Ich suche mir meine eigenen Themen." Sie lugte an dem Vampir vorbei auf Adam.

"Du hast eine gute Wahl getroffen für deine große Liebe Nathanael" bemerkte Adrienné.

Auch wenn sie oft als kaltes Biest abgetan wurde, war sie das doch keineswegs.

"Ich freu mich für dich. Wirklich." Sie wandte sich zu Adam.

"Ich stell mich nur kurz vor, mein Name ist Adrienné und ich bin hier um Roselin zu schnappen."

Leicht schmunzelte Nathanael. Er mochte dieses Mädel irgendwie, auch wenn er eine leichte Abscheu behielt, in seinem Inneren, aber sicher hatte das mit einer unbewussten Angst zu tun, denn der Vampir hatte im Grunde nur sich selber zum Feind und sie war niemand, den er gerne auf der anderen Seite wusste. Er nickte ein wenig.

"Vielen Dank. Aber ich habe die Wahl nicht getroffen, es lag nicht mal in meinem Einfluss."

Er schmunzelte ein wenig. Oh ja, die Vorstellung von Adrienné war wirklich sehr knapp, aber sie traf für den Augenblick wohl zu. Langsam, als Adrienné und Nathanael redeten, im Grunde die beiden Außenseiter hier auf dem Fest, kehrten wenigstens einige Vampire wieder, denn auch Emily war ruhig und sie strahlte dieses nun mal sehr gerne aus. Sicher war es kein schöner Abend und das Fest so gut wie vorüber, denn viel Spaß würden nur die wenigsten noch haben. Er sah sich einmal kurz um und legte den Kopf dann schief.

"Bist du einfach so auf die Idee gekommen, oder stehst du im Auftrag von jemanden?" fragte er schließlich interessiert.

Wenn er den Auftraggeber kannte, könnte er erwägen, ob dieser auch Interesse an Adam oder Nathanael oder sonst jemanden, den er kannte, haben könnte. Adrienné lachte bei der Frage.

"Natürlich bin ich gerufen worden. Ich habe zwar meist ein untrügerisches Gefühl, was verrückte Vampire angeht, aber von Roselin hat man mich so lange ferngehalten, dass ich die Lust verloren habe, sie wirklich jagen zu wollen." Die Rothaarige seufzte.

"Jien-Wu hat mir eine Nachricht zukommen lassen. Schon vor ein paar Tagen. Er bat mich heute Abend hierher zu kommen, da er meinte, es würde die Entscheidung getroffen werden." Sie bemerkte die Sekepsis von Nathanael.

"Glaub mir, vor mir brauchst du dich nicht in Acht nehmen. Ich jage Vampire, keine Menschen. Sie sind langweilig für mich." Ihr Blick glitt wieder kurz zu Adam.

"Und ich würde dir nie das nehmen, was dir so viel bedeutet." Erneut kam ihr ein flüchtiges Seufzen über die Lippen.

"Ich verdanke Emily zu viel, als das ich mich gegen sie stellen würde."
 

Nun, ob Emily der einzige Grund sein konnte für einen Vampirjäger auf eine Jagd zu verzichten? Da war er sich nicht so sicher, schließlich war eine tiefe Zuneigung oder Dankbarkeit nicht alles, was zum Leben gehörte. Dennoch nickte er dankbar und lächelte sogar ein kleines wenig. Die Musik wurde wieder gespielt und noch einige Gäste mehr trauten sich zurück in die Halle. Nathanael blickte zu Emily.

"Irgendwie ruiniere ich deine Feste immer, selbst wenn ich gar nicht anwesend bin" stellte er gut gelaunt fest.

Ja, er war gut gelaunt, denn durch Adrienné war er sich fast sicher, dass er bald eine Sorge weniger, eine Angst weniger haben brauchte. Auch wenn ihn der Gedanke an Emilys Schmerz bei Roselins Auslöschung selber Schmerzen bereitete, so war es wohl eine kurze Dauer, bis sich alle wieder einfinden würden und er würde Emily auch durch die Zeit der Trauer begleiten, wenn ihr nach Trauer oder seiner Gesellschaft war. Dann blickte er zu Adam und küsste ihn sanft auf den Scheitel.

Emily hatte schweigend dem Gespräch gelauscht und sah nun schließlich zu Nathanael. Eine Augenbraue gehoben und mit einem Ausdruck in den Augen, der sagte, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.

"Nein, dass schaffen nur die drei Grazien dort drüben in der Ecke" bemerkte sie bitter.

Niemand hatte je eines ihrer Feste so sehr gestört, wie die drei Ratsmitglieder.

"Deine Anwesenheit hätte heute niemanden gestört. Die Anwesenheit Leopolds macht mir persönlich am meisten zu schaffen! Er ist so ein ingnorantes Arschloch." Als sie merkte, dass sie die Worte laut ausgesprochen hatte, legte sie erschrocken die Hand über ihren Mund.

"Ach herrje, dass war jetzt wirklich unangebracht."

Adam musste leise lachen, als Emily sich ihren Gefühlen ergab. Sonst war sie auch immer so beherrscht und ruhig. Er schmiegte sich noch enger an Nathanael und schloss genißend die Augen, als ihm dieser einen Kuss auf den Scheitel gab.

"Ich liebe dich."

Auch Nathanael amüsierte sich über Emilys Benehmen. Das war wirklich ihrem Aussehen entsprechend und wenn er nicht um sie wüsste, dann würde er sie für ein verzogenes Mädchen halten. So aber wusste er, dass es einfach nur die Wahrheit war, denn er konnte auch Leopold nicht leiden, die anderen zwei Ratsmitglieder waren wenigstens noch erträglich in ihrer Art. Dann blickte er zu Adam, der sich enger an ihn schmiegte, lächelte dann ein wenig. Seine leise Liebeserklärung ließ ihn einen Moment stocken, doch ohne den Blick auch nur abzuwenden, küsste er ihn noch einmal und nuschelte ein

"Ich dich auch" in dessen Haare, deren Duft er dann leicht einatmete und sich gleich die Nervosität wieder nahm.

Was gab es noch zu verstecken, zu verheimlichen? Nichts, und genau deswegen wollte er sich nun mit dem Gefühl anfreunden, wie es war gesehen zu werden mit seinem Liebsten, mit Adam. Über das Verhalten von Nathanael und Adam konnte Emily nur schmunzeln. Schließlich wandte sie sich wieder Adrienné zu.

"Lass uns in mein Zimmer gehen und näheres besprechen. Ich denke, du solltest wissen, worauf du dich einstellen sollst. Sie ist besser in Form, als ich es je bei ihre gesehen habe."

Emily streckte freundlich den Arm nach der Rothaarigen aus und führte sie schließlich nach oben. Bei Emilys Worten stellten sich bei Adam alle Haare auf und er schloss die Augen. Es würde mit Adrienné endlich ein Ende haben. Sie war sicherlich in der Lage, um Roselin zu fangen.

"Sie ist nett, nicht wahr?" fragte er an Nathanael gewandt. "Wollen wir nach Hause gehen?"

Nathanael blickte den Vampiren hinterher, dann sah er zu Adam.

"Hmh", antwortete er nur und sah dann wieder Emily hinterher.

"Der Abend wird doch gerade erst angenehm" sagte er mit einem leichten Schmunzeln, aber er konnte gut verstehen, dass Adam gehen wollte, nur war er sich nicht sicher, ob das gut war.

Nun, wo so viel los war, so viele Schritte getan, wollte er nicht riskieren, dass Roselin ihnen zuvor kam und er sah zu seinem Liebsten, strich sanft über die Wange.

"Wollen wir nicht doch hier bleiben?", fragte er leise und sah ihm in die Augen.

Er würde sich eindeutig besser fühlen, auch wenn Roselin selbst hier aufgekreuzt war, aber noch einmal würde sie es wohl nicht wagen, schon gar nicht, wo alle darauf vorbereitet waren. Adam überlegte nocheinmal, ehe er nickte. Es war sicherlich besser, wenn sie hier blieben.

"Aber ich will nicht hier im Saal bleiben. Ich möchte ein bisschen mit dir allein sein."

Adam hatte keinerlei Hintergedanken bei diesen Worten, denn unterhalten und einfach Spaß gehabt hatten sie schon lange nicht mehr.

"Lass uns doch Schach spielen? Ich bin mir sicher, dass du mich ziemlich schlangen wirst." Er lachte leise.

Es war lange her, dass er diesen Sport das letzte Mal gespielt hatte, doch das war gegen Nion gewesen und dieser hatte entweder wirklich grottenschlecht gespielt oder ihn mit Absicht gewinnen lassen, oder er hatte einfach nur Glück gehabt.

"Ist gut, gehen wir in mein Zimmer" sagte er leise.

Es war toll, hier noch ein Zimmer zu haben, irgendwie wusste er gar nicht so recht, doch es machte ihn beinahe stolz.

"Aber Schach?"

Während er mit Adam die Treppen hoch ging, überlegte er. Ihm war eigentlich nicht so nach einem Denksport und Schach, das konnte so unendlich lange dauern. Er sah zu seinem Liebsten. Aber vielleicht würde es gegen ihn ja gar nicht so anstregend sein.

"Was hälst du von einem Kartenspiel? Oder hmm..." Er überlegte. Ihm fielen auch keine Spiele ein.

"Oder wir setzen uns einfach zusammen und reden ein bisschen" schlug er dann vor und er lächelte ein wenig.

Adam lachte. Man konnte die Reaktionen beinahe schon auf dem sonst sehr enstpannten Gesicht Nathanaels lesen.

"Ich hatte einen guten Lehrer. Nion war eigentlich ganz gut, wenns um Schach geht" lachte Adam.

"So schnell bin ich also nicht zu schlagen. Aber reden ist auch okay. Ich würde so gern mit dir über die Uni reden und wie wir das am Besten alles machen. Ob ich weiterhin in der Hütte wohnen soll oder in der Stadt in einer kleinen Wohnung. Aber wenn ich ehrlich bin, will ich gar nicht weg von dir. Wenn ich jeden Tag nach Hause komme, ist das doch schön oder?" Die Worte sprudelten nur so aus Adam heraus.

Auch Nathanael grinste belustigt.

"Wir sind nicht mal am Ende der Treppe und du redest schon, als gäbe es kein Morgen. Vielleicht sollten wir doch eine Partie Schach spielen" sagte er ein wenig lachend.

Sie erreichten schließlich die Türen, immerhin war sein Zimmer nicht so ewig weit weg, so konnte er seinen Liebsten schnell hinter die Tür bringen und diese hinter sich schließlich, dann sah er den anderen an. Noch immer ein leichtes Lächeln auf den Lippen, zog er ihn dann sanft zu sich, um noch einmal von den verführerischen Lippen zu kosten.

"Aber ja, es ist schön, wenn du nach Hause kommst. Aber für die Zeit, können wir auch gemeinsam in die Stadt ziehen. Ich habe nichts zu tun, außer im Haus zu sitzen oder ums Haus herum zu streichen" sagte er leise.

"Und vermissen wird mich kaum einer, wenn ich eine Weile weg bin" sagte er dann noch und strich Adam sanft über die Haare.

Er drängte sich an Nathanael und schwang ein Bein um dessen höhere Hüfte. Ein leichtes Lächeln lag auf Adams Lippen als er Nathanael noch einmal leidenschaftlich küsste.

"Du würdest mit mir in eine Stadtwohnung ziehen?" fragte er leise.

"Aber da hast du dann ja gar kein dunkels Zimmer für dich. Und wie sieht das überhaupt aus, wenn wir nur in der Nacht umziehen?" Er grinste leicht.

Aber es machte ihn tierisch stolz, dass Nathanael mit ihm in die Stadt ziehen wollte. Das würde ihm einiges an Weg ersparen. Ein wenig schmunzelte der Vampir. Es hatte auch für ihn Vorteile, in einer Stadt zu leben. Die Menschen waren dort unvorsichtiger, leichter zu haben und es waren mehr! Er hätte also eine Art Auswahl und Nachts waren einfach genug unterwegs, dass er nicht auffallen würde.

"Nun, was willst du denn alles mit nehmen in die Stadt, dass es nicht mit einer Fahrt getan ist?" fragte er leicht verwundert.

Mehr als ein Bett und einen Kühlschrank, wenn keiner vorhanden war, brauchte man doch kaum. Nen Schrank für die Klamotten vielleicht.

"Ich habe kein Problem damit, eine Weile ohne mein 'dunkles Zimmer' auskommen zu müssen" lachte er ein wenig.

"Du musst nur damit zurecht kommen, die Gardinen nicht aufzuziehen." Er schob Adam, auch wenn es ihn eigentlich widerstrebte, leicht von sich.

"Nun Schach oder weiter reden?" fragte er sanft und küsste ihn noch einmal zärtlich, nur um ihn dann an der Hand zu dem Bett zu ziehen.

Hier ließe sich reden und Schach spielen, denn das alte Brett war nicht so leicht vom Untergrund beeinflusst, wie die modernen Brettchen, die aber eindeutig leichter hin und her zu transportieren waren. Adam hatte weniger an das gedacht, was zum mitnehmen wäre, als an den Stress, den ein Umzug heraufbeschwören würde. Natürlich wäre es mit einer Fahrt getan, aber sicherlich nicht in dem Porsche, sie müssten ein Umzungsunternehmen anheuern und wie seltsam würden die es finden, wenn sie eine komplett eingerichtete und verdunkelte Scheune vorfinden würden, in der anscheinend einer der Bewohner des Hauses lebte. Doch seltsam in Adams Augen, zumindest für jeden Aussenstehenden. Er stimmte in das Lachen von Nathanael mit ein.

"Ich lebe jetzt schon die meiste Zeit mit vorgezogenen Vorhängen. Außerdem gibt es sicherlich auch schattige Wohnungen."

Der Kuss der folgte, unterdrückte das Murren, das gerade seinen Lippen entkommen wollte, als Nathanael ihn von sich schob.

"Lass uns reden Nathanael. Es ist so lange her, dass wir ruhige Zeit miteinander verbringen konnten. Ich war die letzte Woche so viel an der Uni, um mich einzuschreiben, um meine Fächer festzulegen und so weiter. Ich hab keine Ahnung was du in der ganzen Zeit getan hast, obwohl wir so viel Zeit am Abend miteinander verbracht haben." Adam seufzte leise.

"Ich vermisse dich, obwohl du ganz in meiner Nähe bist, es ist, als wärst du so weit weg, obwohl du direkt neben mir liegst. Jeden Abend wenn ich nach Hause kam, sprachen wir über belangloses und nicht über dich." Er strich sanft über die Wange des Vampirs.

Reden war dem Vampir auch ganz recht, so machte er es sich auf dem Bett also ein wenig gemütlich und schlüpfte aus seinen Schuhen, stützte sich dann auf den Unterarm und sah Adam so von der Seite an.

"Ja, es gibt wohl schattige Wohnungen in der Stadt" sagte er schmunzelnd.

Allerdings wäre sein Liebster wohl den ganzen Tag außer Haus, wenn er erst einmal studierte, also wäre es wohl egal, wo sie leben würden, denn Adam würde von den zugezogenen Gardinen oder der sonstigen Dunkelheit wohl eher wenig mitbekommen. Dann seufzte er allerdings ein wenig und strich mit seiner freien Hand sanft über Adams Knie.

"Was sollen wir auch über mich reden. Es gibt einfach nichts zu erzählen. Ich mache nichts" sagte er nur und lächelte ein wenig.

"Zumindest nichts, was interessant ist, worüber man lange reden kann und nichts, was du hören willst", fügte er dann noch hinzu und strich weiter über Adams Bein.

Er klang so traurig, so einsam. Aber das wollte Nathanael wirklich nicht und es tat ihm fast schon ein wenig leid, dabei bemühte er sich doch so sehr, Adam alles recht zu machen, ihn zu lieben, wie er geliebt werden wollte und trotzdem eine gewisse Distanz zu waren, um den anderen nicht auf die Nerven zu gehen oder gar das Interesse zu verlieren. Doch es schien wohl so, als das es wahrlich ein Problem war, zwischen dem tagaktiven Menschen und dem nachtgebundenen Vampir eine ausgeglichene Beziehung zu führen. Also müsste er wohl auf die Distanz verzichten und seinem Liebsten einfach auf die Pelle rücken.

Doch nun waren sie hier, das Fest leise im Hintergrund zu hören, alleine, auf dem Bett, wo Nathanael sein zweites Leben begonnen hatte, mit einer Zuversicht darauf, eine lange, innige Beziehung jenseits aller Grenzen zu führen. Leicht schmiegte er sich an die Hand an seiner Wange und schloss dabei die Augen.

"Ich liebe dich" sagte er, dieses mal viel herzlicher, ehrlicher, als unten in der Halle und ohne jede Scheu.

"Ich liebe dich, Adam" wiederholte er und suchte dabei den Blick seines Liebsten, woraufhin er den anderen zu sich auf die Matraze zog, um ihn liebevoll zu küssen und sanft zu streicheln.

"Vermisse mich nicht!" bat er ihn dann leise und küsste ihn sanft auf die Stirn.

"Ich bin doch immer da" flüsterte er dann und seufzte gleich wieder.

"Was möchtest du denn, dass du dich nicht mehr so verloren fühlst" fragte er leise.

"Was fehlt dir?"

Was ihm fehlte? Das war eine durchaus berechtigte Frage, und darauf gab es im Grunde nur eine Antwort, doch Adam wusste, dass Nathanael sie nicht hören wollte, also würde er es auch nicht sagen. Er schmiegte sich enger an den kühlen Körper. Jetzt wo er nicht mehr ständig unter Beobachtung stand, konnte er es auch endlich wieder genießen.

"Ich weiß es nicht, was ich will Nathanael. Ich will bei dir sein, für immer! Und wenn ich studiere bin ich wieder so von dir getrennt, dann habe ich noch weniger Zeit, als jetzt schon, weil ich weiß, wie Zeitintensiv so etwas sein kann. Und ich will meine Sache schließlich gut machen, damit du stolz auf mich sein kannst." Adam hob den Kopf und sah zu Nathanael, küsste ihn federleicht auf die etwas geöffneten Lippen.

"Ich möchte dich so gerne 24 Stunden am Tag um mich haben. Du bist wie die Luft, die ich zum atmen brauche Nathanael." Er seufzte.

Gott, war das ja mal wieder sowas von kitschig und klischeehaft, dennoch war es noch lange nicht alles, was er dem Vampir gerne gesagt hätte. Noch viel mehr lag ihm auf dem Herzen, doch er hatte Angst, ihn zu erzürnen. Nathanael würde ihn niemals ohne triftigen Grund in einen von ihnen verwandeln, dass wusste er. Manchmal fiel es dem Vampir wirklich schwer zu verstehen, warum Adam so anhänglich war. Doch versuchte er sich in solchen Momenten immer vor Augen zu halten, dass Adams Leben nicht ewig währte und so auch nur ein kurzer Augenblick der Trennung ein Augenblick zu viel sein konnte, der in der Zukunft nicht eingeholt wurde. So seufzte er nur leise und schenkte seinem Gegenüber ein Lächeln, strich ihm dabei sanft über die Wange.

"Ich bin immer stolz auf dich" widersprach er schließlich, als dieser nur für seine Aufmerksamkeit, zumindest klang es so, gut sein wollte.

Von ihm aus müsste Adam gar nicht studieren, oder gar arbeiten oder dergleichen, es war doch die Entscheidung des Jungen gewesen, also warum sollte er dann noch verlangen, dass er ihn stolz machen musste. Erneut seufzte er leise und küsste Adam sanft.

"Ich bin nicht die Luft, die du zum Atmen brauchst" sagte er liebevoll.

"Ich bin eher das bisschen Gift, das in der Luft schwebt und dich davon abhängig macht" sagte er leise.

Es gefiel seinem Herzen, dass Adam so sehr an ihm hängte und ihm tatsächlich viel Liebe schenkte, doch sein Verstand warnte ihn davor, es so weit kommen zu lassen, dass Adam wirklich von ihm abhängig wurde, dass er ohne Nathanael nicht leben konnte. Und auch wusste er unterschwellig, worauf Adam erneut abzielte. Aber er würde und wollte ihm den Wunsch nicht gewähren, und wenn sie nur mehr 50 oder 60 Jahre zusammen hatten, das war genug Zeit, einander zu lieben, als dass sie sich irgendwann nicht mehr sehen konnten, aber auch ewig eine Bindung haben würden. Sanft legte er noch einmal seine Lippen auf die seines Liebsten.

"Ich bin doch schon immer bei dir, in Gedanken" flüsterte er und legte seine Hand sanft auf Adams Brust.

"In deinem Herzen" fügte er dann noch leise dazu.

Ja, da sprach Nathanael was wahres, schon wieder. Er war wirklich auf ewig in seinem Herzen.

"Aber ich finde das Gift toll" bemerkte der Schwarzhaarige grinsend.

Seine Hände schoben sich nun unter den Mantel, welchen der Vampir trug und schmiegten sich sanft an dessen Rücken, während sein Kopf wieder in die ruhende Position an der Brust des Älteren glitt.

"Ich bin gern von dir abhängig" fügte er noch leise hinzu.

Immer wieder quälten Adam in letzter Zeit die Gedanken von Trennung und Auseinanderleben. Er war anstrengend für den Vampir, sein ganzer Lebenswandel war anstrengend für Nathanael. Und er konnte sich gar nicht vorstellen, warum der Vampir noch immer mit ihm zusammen sein wollte. Aber vermutlich war er nur gut im Bett und das der Grund und hübsch anzusehen war er ja angelbich auch, wenn man den Anderen so glauben durfte. Wenn hier jemand abhängig war, dann Adam. Und das wusste er selbst. Er würde nicht mehr leben wollen, wenn der Vampir ihn verlassen würde. Das wäre überhaupt das schlimmste an der gesamten Situation. Dort draußen in der freien Welt gab es genügend Menschen, die es dem Vampir antun könnten, die ihm intelektuell, wie auch körperlich gewachsen waren.

Oder wenn doch schließlich jemand aus seiner eigenen Rasse das Interesse Nathanaels erweckte, dann konnte Adam ja gar nichts mehr tun, als sich seinem Schicksal zu fügen. Doch aus eigener Erfahrung, wusste er, dass die Zeit diese Wunden niemals heilen würde, wie immer behauptet wurde. Sie würde das schlimmste nur vernarben lassen und auf ewig, bis zu seinem Tod würde ihn die Erinnerung an Nathanael schmerzen. Und das war doch eigentlich die gerechte Strafe dafür, dass er sich auf einen Tanz mit dem Teufel eingelassen hatte.

Seufzend schüttelte Adam den Kopf. Soviel auf einmal in seiner leeren Birne. Das konnte ja nur stuss geben. Gleich nocheinmal seufzend schmiegte er sich an den Vampir.

Als sich Adam so an ihn schmiegte, streichelte er ihm sanft durchs Haar und legte einen Arm um ihn. Leise lachte er, als Adam beinahe schmollend feststellte, dass er gerne von ihm abhängig war.

"Das sagen alle Süchtigen" flüsterte er zurück und kraulte sanft den Nacken seines Liebsten, als dieser dann scheinbar mit den Gedanken ganz wo anders war und sich noch mehr an ihn schmiegte.

Nathanael genoß die Stille, auch wenn sie ihm allmählich bedrücktend vorkam und er so den Drang hatte, diese Stille zu brechen. Doch er fand keine Worte und so schwieg er weiter, den anderen streichelnd und kraulend. Dann löste er sich jedoch ein wenig von ihm und blickte in Adams schönes Gesicht. Er konnte nicht ergründen, warum die Stimmung von Adam so war, wie sie war. So unglücklich und bedrückt und das machte auch ihn unglücklich. Leise seufzte er und küsste ihn sanft.

"Du musst auch nicht studieren, wenn es dir solche Bauchschmerzen bereitet" sagte er leise.

"Bleiben wir eben 24 Stunden am Tag aufeinander hocken" scherzte er dann leise und versuchte so die Stimmung zu lockern, was bei ihm selber aber schon mal nicht eintraf. Sanft strich er über Adams Wange.

"Nein, wirklich. Du musst nicht irgendwas lernen, studieren, um mich stolz zu machen. Wenn du etwas machen willst, weil es dir Spaß macht oder dir Erfüllung bringt, dann werde ich dich nicht aufhalten. Aber wenn dich etwas unglücklich macht oder dich auch nur in deinem Glück einschränkt, dann werde ich dich tatsächlich davon abbringen müssen" sagte er leise und lächelte.

Adam streckte sich ein bisschen hoch zu Nathanael und küsste ihn zart auf die Lippen.

"Ich bin glücklich, so wie es im Moment ist, auch wenn ich am liebsten nie von die getrennt wäre. Aber ich muss ja auch was lernen. Denn sonst werd ich ja nie was ordentliches." Er kicherte leise.

"Nathanael?" Er sah zu dem Vampir nach oben und lächelte leicht. Dabei drückte er ihn sanft zurück in die Kissen und legte sich schließlich auf diesen drauf.

"Ich bin müde. Darf ich schlafen? So auf dir? Oder bin ich zu schwer. Ich bin nur im Moment so gern bei dir."

Sanft streichelte er über Adams Kopf.

"Du bist nicht schwer" stellte er amüsiert fest.

"Schlaf ruhig so."

Damit legte Nathanael die Arme fest um seinen Liebsten und schmiegte ihn sanft an sich, schloss dann selber die Augen, um die angenehme Wärme und Nähe ein wenig zu genießen. Allerdings löste er sich noch einmal von Adam, um sich von seinem Mantel zu befreien. Noch einmal strich er sanft durch die Haare des Anderen.

"Komm her" sagte er dann leise.

Zog ihn wieder sanft in seine Arme, kuschelte sich an den Körper des Jungen, legte die Decke über sie und lauschte in die Stille hinein. Nathanael hatte noch nichteinmal zu Ende gesprochen, da fielen Adam schon die Augen zu und er schmiegte sich enger an den Vampir. Nur noch halb bekam er mit, wie sich dieser seines Mantesl entledigte und ihn dann wieder enger in die Arme zog. Sogar die Decke über sie ausbreitete.

Nathanael war eigentlich viel zu kalt um auf ihm zu schlafen, doch irgendwie störte es Adam gar nicht. Denn je länger er auf dem Vampir lag, desto wärmer wurde dieser eben auch und das war ein schönes Gefühl.

"Lieb dich" flüsterte er noch leise, ehe er völlig abdriftete.

Dieses beinahe undeutbare Murmeln, das von dem eher schlafenden Adam kam, entzifferte der Vampir für sich als einen kleinen Liebesausdruck und so küsste er sanft den Scheitel seines Liebsten. Dann lag er einfach entspannt und still da, die Wärme genießend, die Stille und alles, was sie gerade miteinander teilten.
 

Nur langsam drangen dann die Geräusche des Festes an seine Sinne und er konnte die Ruhe kaum mehr genießen. Etwas fester schlang er die Arme um Adam und hielt die Augen fest geschlossen, versuchte sich auf seinen Geruch, seine Anwesenheit zu konzentrieren, das ruhige Atmen, dieser entspannte Körper auf dem seinen. Aber er konnte nicht verhindern, dass seine Aufmerksamkeit immer wieder den unglaublich lauten Stimmen vor der Tür auf sich gezogen wurde, dass er seine Umgebung stärker überwachte, als sich auf seinen Liebsten zu konzentrieren. Aber zu viel war auch geschehen, als das er einfach die Stille genießen konnte. Es war ihm selber eigentlich lieber, seine Sinne gestärkt zu halten, als sich gehen zu lassen und so ließ er es dann einfach geschehen, Adam nur noch im Hintergrund wahr zu nehmen.
 

Adam schlief beinahe die ganze Nacht durch. Nur einmal wurde er kurz wach, als er von Nathanael herunterrutschte und etwas unsanft auf der Matraze landete. Der Vampir lag wach neben ihm und betrachtete ihn mit einem seeligen Gesichtsausdruck, den Adam gar nicht deuten konnte. Doch lächlete er ihn an und beugte sich zu ihm hinüber.

"Guten Morgen mein schöner Mann. Hast du eine ruhige Nacht gehabt?"

Trotz des ganzen Trubels und der Aufregung war Adam doch ausgeruht und einigermaßen ausgeschlafen. Zwar war er nicht ganz so munter, aber besser als sonst und Nathanael neben ihm strahlte eine angenehme Wärme aus. Sanft lächelte dieser den anderen an.

"Eine ruhige Nacht? Abgesehen von dem Tumult im Saal, auf den Gängen und in anderen Zimmern und wenn ich deinem Schnarchen nicht gelauscht habe? Ja, sonst hatte ich wohl eine ruhige Nacht" ärgerte er ihn, küsste ihn aber sogleich zur Entschädigung.

Dann zog er Adam wieder etwas an sich und schmiegte sich an den zierlichen Körper.

"Ich hoffe, du hast auch gut geschlafen" sagte er dann leise und streichelte durch seine Haare.

"Ich schnarche nicht!" kommentierte Adam das Gesagte.

"Außerdem hat es dich bis jetzt noch nie wirklich gestört, auch wenn ich schnarchen sollte." Er erwiederte den Kuss leidenschaftlich und schlang seine Arme um Nathanael.

"Ja" sagte er, nachdem er sich an dessen Seite geschmiegt hatte.

"Ich habe eine angenehme Nacht hinter mir, du bist ja auch sehr als Kissen geeignet."
 

Nathanael schmunzelte ein wenig. Es hatte ihn auch diese Nacht sicher nicht gestört, aber Adam war tatsächlich ein geräuschvoller Schläfer, wenn auch nicht unbedingt schnarchen, aber irgendwelche Geräusche gab er immer von sich.

"Sind Kissen nicht eher warm und weich?" fragte er leise, streichelte über Adams Kopf.

"Schön, dass du gut geschlafen hast" säuselte er und schmiegte sich näher an den warmen Körper, obgleich sie eh nicht mehr von einander zu unterscheiden waren. Im Grunde waren sie zu einem Körper zerschmolzen und das gefiel dem Vampir sichtlich gut.

"Lass uns noch einen Moment hier im Bett bleiben" bat er ihn dann leise.

"Egal" antwortete der Jüngere.

"Du bist mein Kissen und du bist gut so wie du bist."

Der Schwarzhaarige streckte sich ein bisschen und gähnte dann herzhaft. Als er einen Blick auf die zugezognen Vorhänge warf, seufzte er innerlich. Jetzt konnten sie wohl wieder erst am Abend nach Hause fahren, da die Sonne sonst Nathanael zu sehr zusetzte. Doch das war ihm auch ganz recht.

"Natürlich können wir noch im Bett bleiben. Wir könnten den ganzen Tag im Bett bleiben, da die Sonne scheint. Da kannst du ja eh nicht viel anfangen, als dich hier im Haus zu bewegen."

Adam drehte sich ein wenig und schmiegte sich in die Umarmung von Nathanael. Ja, ihre Körper waren wirklich nur noch äußerlich zu unterscheiden. Denn Temperatur hatten sie mittlerweilen die gleiche, sodass man hier keinen Unterschied mehr erkennen konnte.

"Oder möchtest du später noch was anderes machen?" fragte er interessiert.

"Och", fing Nathanael belustigt an. "Durch das Haus zu streichen kann auch schon mal einen Tag dauern", sagte er dann und grinste sein Gegenüber an.

Aber viel weniger ging es ihm selber dabei um die Sonne oder die Tageszeit, oder gar um den Zeitvertreib, es ging ihm eigentlich einfach darum, dass er diese unglaubliche Nähe zu Adam nicht missen wollte und auch wenn sie sich sonst auf eine andere Art nahe waren, so fehlte dann doch immer das Körperliche. Und Adam hatte Recht. Wenn er erst einmal studierte, wer wusste schon, wie wenig sie sich sehen würden. Nathanael hoffte zwar, dass Adam etwas belegen würde, wo man viel Zeit zum Faulenzen hatte, aber irgendwie passte das nicht zu dem jungen Mann, der so fest an ihn geschmiegt war.

"Wir können später noch irgendwas machen, bestimmt. Es steht ja noch eine Partie Schach offen", stellte er mit einem sanften Lächeln fest.

Oh, wie er Adam vermisst hatte, obwohl sie sich doch immer gesehen hatten. Aber diese belanglosen und offenen, ungezwungenen Worte, die Nathanael so leicht in seiner Gegenwart sprechen konnte, diese Leichtigkeit, die ihn im allgemeinen umgab und von Adam auszugehen schien. Er wollte sie nie mehr vermissen. Und wie um das zu besiegeln, küsste er Adam leidenschaftlich und schloss die Arme eng um ihn.

Der junge Mann drängte sich in diesen Kuss, legte seine Hände an die Seiten von Nathanaels Gesicht und öffnete die Augen, um diesen dabei anzusehen. Oh ja, wie sehr er ihn doch vermissen würde, wenn er nicht mehr an seiner Seite wäre. Ein Auslandssemester kam also schon mal gar nicht in Frage. Erstens, weil er die Trennung nicht aushalten würde, wobei Nathanael sicherlich mitkommen würde, ohne einen Ton zu sagen. Und Zweitens, weil niemand wirklich wusste, wo sich die größte Bedrohung für sie beide im Moment aufhielt.

Adam seufzte ergeben, als ihm das wieder einfiel. Dieser schreckliche Abend. Irgendwie hatte das alles immer ein solches Ende, wenn sie sich bei Emily zu Hause befanden. Immer kam es zu seltsamen Zusammentreffen und immer war Roselin mit an Bord. Beim ersten Ball, den er in diesem Haus erlebt hatte, als er krank gewesen war und jetzt gestern. Zwar war sie nicht körperlich anwesend gewesen, doch ihr Geist schien ihn ständig zu verfolgen. Und als Mensch war er noch immer ein so leichtes Ziel für sie. Wobei in diesem Fall das Studium auch wieder einen Vorteil mit sich brachte, sie waren näher in Emilys Wirkungskreis und Adam bezweifelte, dass sich die Blonde dann in dieses Revier wagen würde. Vor allem jetzt wo ihnen diese komische Jägerin zur Seite stand. Bei dem Gedanken an sie, drängte sich Adam jedoch eine Frage auf, bei der er sich nicht sicher war, ob er sie überhaupt stellen sollte. Deshalb sah er seinen 'Meister' mit verzwickter Miene an und überlegte fieberhaft, wie er es am besten in Worte fassen sollte.

"Nathanael, die Frau von gestern Abend, diese Adrienné in welcher Verbindung steht sie zum Rat? Sie ist doch auch ein Vampir oder?" Zumindest hatte auch sie diese unglaubliche Schönheit gehabt.
 

Das Adam den Kuss so intensiv erwidern würde, damit hatte Nathanael nicht gerechnet, doch war ihm das Ganze mehr als nur recht. Lustvoll erwiderte er den Blick seines Liebsten, doch dann löste sich ihr Kuss auch schon, doch nur umso enger zog er ihn zu sich und ließ ihn am liebsten nie mehr los. Schweigend sahen sie einander nur noch an und der Vampir bemühte sich zu erahnen, was in seinem Liebsten vorging, doch er konnte nicht mal ansatzweise erkennen, was dieser wohl dachte. Hoffentlich nur schöne Gedanken, sagte er sich innerlich zu und küsste noch einmal sanft die roten Lippen, die vom Schlaf noch leicht geschwollen und ganz trocken waren. Er schmunzelte ein wenig. Obgleich die Vorstellung wirklich nicht schön oder gar romantisch war, solche Lippen zu küssen, so gefiel es ihm selber sehr und da er Adam die ganze Nacht, den Schlaf hindurch beobachten konnte, so gefiel es ihm sehr, diese Lippen zu berühren.

Als Adam ihn dann aber so verzwickt ansah und scheinbar über etwas nachdachte, löste sich Nathanael von seinen eigenen Gedanken und machte sich darauf bereit, wieder kleine Romane erzählen zu müssen. Meistens stellte Adam wirklich komplizierte Fragen, obgleich er eine einfache Antwort verlangte. Und auch dieses Mal war seine Frage nicht einfach zu beantworten.

"Ich weiß es nicht", antwortete er ehrlich.

"Sie ist ein Vampir, durchaus. Aber sie jagt andere Vampire, auch Menschen, wenn sie irgendwie in diese blöde Lage gekommen sind, aber hauptsächlich ihre eigene Rasse. Daher sind viele Vampire verängstigt, wenn sie kommt. Der Rat hat sicher nur Interesse an ihr, wenn es um einen Fall geht, wie nun mit Roselin. Wenn jemand gesucht und vor allem auch gefunden werden soll, dann ist sie im Rat bestimmt hoch angesehen. Ansonsten kann ich mir vorstellen, dass der Rat von ihr nichts wissen und schon gar nicht etwas mit ihr zu tun haben möchte, oder auch umgekehrt. Das sie vielleicht gar nichts vom Rat wissen möchte", erzählte er einfach mal, was er von der Sache dachte.

"Aber sicher kann ich dir keine Antwort geben", fügte er dann noch einmal dazu, um deutlich zu machen, dass er hier von Spekulationen erzählte.

Dann streichelte er aber schweigend Adams Arm und küsste diese verführerischen Lippen gleich noch einmal.

"Aber lass uns nun nicht wieder alle Probleme aufbereiten" bat er leise.

"Lass uns lieber noch den frühen Morgen genießen und die Müdigkeit in den Gliedern" schlug er vor.

Nathanael drehte sich mit Adam wieder herum, dass dieser erneut auf seiner Brust zum Liegen kam. Er konnte sich glatt daran gewöhnen, stellte er amüsiert fest. So hatte er Adam nahe bei sich und konnte dennoch gemütlich liegen. Sofern Adam tatsächlich gerne auf ihm lag, war also nichts dagegen einzuwenden, wenn sie nun jede Nacht, nein, jede freie Minute so verbringen würden. Aber der Vampir wusste nur zu genau, dass alles, sobald sie nur wieder zu Hause waren, anders kommen würde. Wieder würde Adam seine Sachen machen, Nathanael andere und sie würden sich vielleicht am Abend vor dem Einschlafen sehen, dann würde der Vampir in die Nacht gehen und erst kurz vor Morgen mit einem sanften Kuss seinen Abschied nehmen, um dann wieder in der Kammer zu verschwinden.

Er seufzte leicht. Irgendwas hatte sich nicht richtig entwickelt zwischen ihnen, stellte er fest und er wollte nicht, dass es so weiter ging. Vielleicht sollte er den kleinen Schuppen aufgeben und alles, was er so hatte, in die Hütte schaffen. Dann könnten sie sich wenigstens nicht mehr unbewusst aus dem Weg gehen.

Kapitel 16

So, jetzt starten wir ins Finale von 'Fallen Angel of the Night'. Wir wünschen bei den letzten drei Kapiteln viel Spaß beim lesen und viel Erfolg. Und wir hoffen, dass es euch natürlich gefällt :3 - The PinkyTwinkleLeos
 

Adam konnte nicht anders und musste diesen Blick erwiedern und lauschte der Erklärung von Nathanael. Adrienné war also auch ein Vampir. Doch das der Rat nur wegen dem Interesse an ihr hatte, fand der junge Mann schrecklich und auch nicht gerade fair ihr gegenüber. Sie war sicherlich auch so eine wundervolle Person, mit der man reden und sicherlich auch lachen konnte. Aber solche Jäger, wie die Frau es war, gab es nicht nur unter den Vampiren, auch Menschen gab es, die ihre eigene Rasse jagten. Also warum sollte man ausgerechnet sie dafür verpöhnen? Außerdem war die Menschheit Wesen wie ihnen sicherlich zu großem Dank verpflichtet, da sie sie vor schlimmen Wesen wie Roselin eines war, beschützte. Adam lächlete leise, als er Nathanael weiter zuhörte.

"Das war mir bereits mehr als Antwort genug" lächelte er und schmiegte sich fester in die Umarmung.

Erneut spürte er die Lippen des Vampirs auf seinen und konnte ihnen nur schwerlich wiederstehen. Was auch kein Wunder war, denn er liebte deren Geschmack einfach über alles.

"Nein... keine Probleme" seufzte er wohlig.

Müdigkeit war das passende Stichwort und er streckte sich ein wenig, um danach zu gähnen. Etwas erschrocken keuchte Adam auf, als er so umhergewirbelt wurde und schließlich wieder auf der Brust des Vampirs zum leigen kam. Wenn er die Gedanken des Anderen gehört hätte, hätte er sicherlich zugestimmt. Er lag wirklich gern auf Nathanael, an Nathanael gekuschelt überhaupt gern in seiner Gegenwart. Und wahrlich, er hätte wirklich gern jede freie Minute mit ihm verbracht.

Doch wenn er jetzt in die Stadt zog brachte es unweigerlich Probleme mit sich, die keiner von ihnen beiden heraufbeschwören wollte. Doch darüber wollte er jetzt auch nicht nachdenken und so schloss er die Augen und bettete seinen Kopf auf die starke Brust des Vampirs.

Mit einem leisen Seufzen lag Nathanael nun einfach da und genoss die Nähe, legte seine Arme enger um den schmalen Körper Adams und lächelte schließlich.

"Doch noch müde?" fragte er leise, als Adam sein so herzhaftes Gähnen beendet hatte und strich durch seine Haare, nachdem er seinen Kopf an seine Brust gebettet hatte.

Der Vampir wusste nicht so recht warum, aber er fühlte sich jedes Mal so unglaublich wohl, wenn sie sich einfach nahe waren. Ohne irgendwelche Erwartungen, ohne Wünsche und irgendwelche Leistungen. Ohne Geben und Nehmen, einfach nur sein, wie sie gerade waren. Das war ein schönes Gefühl. Aber er wusste durchaus, dass es im Grunde immer um das Geben und Nehmen, um die Erwartungen und Erfüllungen des Partners gehen würde, zumindest würde er sich immer nach Adam umdrehen, egal in welche Richtung er gehen würde, selbst, wenn Nathanael dafür alles aufgeben musste, so wäre er bereit dafür. Bei dem Gedanken seufzte er.

Nein, ganz konnte er sich nicht allen Wünschen zuwenden. Adams Wunsch nach dem unsterblichen, nach dem ewigen Leben konnte und wollte er ihm einfach nicht erfüllen und da wollte er egoistisch bleiben und nichts hergeben. Sei es nun, weil er das Besondere in Adams Leben bleiben wollte, oder weil er ihm diese unsagbare Gier, die einen gerade zu Beginn des neuen Lebens überfiel, ersparen wollte. Eigentlich wusste der Vampir keine Einwände, warum er seinem Liebsten solch eine Erfüllung verwehrte, es gab wirklich nur egoistische Gründe. Aber selbst das war ihm recht.

Sanft drückte er Adam näher zu sich. Eines Tages vielleicht, wenn der Junge mehr Erfahrungen im Leben gesammelt hatte, vielleicht zu schätzen lernte, was seine Sterblichkeit für Vorteile, für schöne Seiten hatte und bereit war, damit abzuschließen, dann würde vielleicht auch Nathanael bereit sein, Adam als einen der seinen zu empfangen. Noch einmal seufzte er und kraulte über den Rücken des Schwarzhaarigen.

"Aber nicht wieder einschlafen", sagte er leise, liebevoll.

Auch wenn in seinem Inneren ein altbekannter und verhasster Konflikt zwischen Liebe und Gewissen ausbrach, zusammen mit den Truppen Wunsch und Vernunft, Verlangen und Begierde. Er wusste nicht so recht, welche Seite den heutigen Tag für sich bestreiten würde, aber eigentlich wollte er das alles auch gar nicht mehr wahrhaben. Viel lieber lauschte er dem Herzen, dass so nahe seiner eigenen Brust schlug, fühlte den Atem auf seiner Brust, die sanften Finger, die seine Haut berührten, die Haare Adams, die so weich und beinahe samten waren. Nathanael konnte auch den Gedanken nicht bannen, dass er den Jungen gar nicht mehr hergeben und am liebsten daheim einsperren, ihn von der Öffentlichkeit fernhalten, von allem fernhalten wollte. Der Gedanke, dieser Wunsch... dieses Verlangen verfolgte ihn auf Schritt und Tritt.

Leicht gequält drehte er den Kopf auf die Seite, zog die Arme aber wieder eng um seinen Liebsten, dass dieser auch ja liegen blieb. Es war doch zum Haare raufen. Da lebte man schon so lange Zeit und eine kleine Situation wie diese, eine kleine Liebschaft, eigentlich das höchste Gut auf Erden warf die gesamte, mühsam aufgebaute Mauer um einen herum um. Langsam wusste der Ältere nicht mehr, ob er noch normal tickte oder ob er schon total durchgeknallt war. Nicht nur ertappte er sich dabei, wie er Adam hinterher spionierte, nein... er führte sogar schon Selbstgespräche und sagte sich selber Dinge zu oder hielt sich von anderen ab. Sicher würde alles besser werden, wenn die schwere Last namens Roselin erst einmal beseitigt war und beide, Adam und er, wieder in aller Ruhe ihre Zeit miteinander verschwenden konnte.

Wie zu Anfang, ganz zu Anfang, bevor sie einander lieben gelernt hatten. Wie viel Zeit hatte Adam da aufgebracht, nur um in Nathanael Nähe zu sein. Jede freie Minute bei Nacht hatte er gewacht und sich selber um den Schlaf gebracht, selbst wenn der Vampir gar nicht im Hause war. Er lächelte leicht bei dem Gedanken. Und nun? Eigentlich hatten sich all diese Momente zu Alltagssituationen gewandelt. Es war nicht mehr besonders, dass sie einander so empfingen, sich nahe waren. Der Sex war wohl noch die einzige Besonderheit in ihrem alltäglichen Trott und da würde der Vampir schon drauf achten, dass es auch etwas Besonderes blieb.

Sanft strich er durch Adams Haare. Auch wenn es ihm schwer fiel, es war gewiss die beste Möglichkeit, Adam einfach zu Uni zu schicken und in der Hütte zu bleiben. Sie würden einander nur noch an Wochenenden oder freien Tagen sehen, in den Ferien oder dergleichen. Sie würden einander wieder als etwas Unersetzbares, etwas Besonderes sehen und ganz gewiss mehr füreinander aufbringen, als sie es jetzt noch taten. Da war sich Nathanael sicher. Nur wie er das Adam klar machen sollte, das wollte ihm partout nicht einfallen.

"Adam", sagte er leise und strich über dessen Nacken.

"Ich liebe dich", flüsterte er noch leiser und sah zu seinem Liebsten herunter.

Er würde gerne wissen, ob Adam sich auch so gefangen fühlte, oder ob er zufrieden war, wie es gerade war. Ob er nicht gerne Anderes in ihrer Beziehung hätte. Aber eigentlich … nein, Nathanael konnte sich nicht vorstellen, dass Adams Horizont soweit reichte, dass er überhaupt andere Vorstellungen haben konnte von einer Beziehung, als wie er sie hatte. Obgleich der Junge ihn immer wieder mit neuen Dingen überraschte, so wollte er ihm nicht zu viel zutrauen und so schwieg er und fragte lieber nicht. Sicher würde es nur wieder in einer mittelschweren Krise enden, weil Adam nicht richtig zuhörte oder Nathanael keine passenden Worte fand, seine Gedanken zu erklären.
 

Während der langen, dennoch angenehmen Stille zwischen ihnen döste Adam wirklich wieder ein bisschen.

"Nicht doch, würde ich nie tun" nuschelte er.

Nichts in der Welt hätte Adam jetzt dazu gebracht, die Lage auf Nathanael aufzugeben. Es war einfach viel zu gemütlich und es machte ihm begreiflich, was er an ihm gefunden hatte. Ein ewiges Leben würde ihm vermutlich zwar verwehrt bleiben, dennoch würden sie eine Menge Zeit miteinander verbringen. Und der Schwarzhaarige wusste, dass er den Vampir nur bitten brauchte und dieser würde ihn sofort von der Uni nehmen. Vielleicht würde er ein bisschen studieren und dann wirklich zu Hause bleiben und nichts tun. Er hatte genügend Geld von seinen Eltern und Großeltern geerbt um gut leben zu können. Und wenn er das Haus, dass er besaß noch verkaufte, würde er noch etwas mehr haben.

Außerdem besaß auch Nathanael eine Menge Geld, deswegen würden sie sich wirklich nicht Sorgen brauchen. Doch was wenn er sich irgendwann langweilte? Würde es dann auch so bleiben? Er war doch noch so jung. War er überhaupt schon in der Lage sich für immer zu binden? Er hatte nie eine andere, so unsagbar treue Liebe erfahren wie die von Nathanael. Und selbst diese war ihm nicht von Anfang an gegönnt gewesen und sie war es auch jetzt noch nicht. Roselin war nur eines der Übel, auch der Rat um Leopold war gegen sie und es würde bedeuten auch nach dem verschwinden von Roselin weiter für sie kämpfen zu müssen.

Doch was wenn er sich plötzlich nach jemand anderem sehnte, wenn ihm ein Mensch über den Weg lief, mit dem er sein Leben verbringen wollte? Adam wusste doch gar nicht, wie es war von jemand anderem bedingungslos geliebt zu werden. Aber darüber sollte er sich wohl keine Sorgen machen, denn soetwas würde sicherlich nie der Fall werden. Er liebte Nathanael. Um sich seiner eigenen Gedanken auch sicher zu werden, presste er sich enger an den Vampir. Schließlich schmiegte er sich sanft an die Hand, die sich in seine Haare wühlte.

Bei den Worten blieb ihm glatt für einen Moment das Herz stehen, nur um danach noch viel schneller weiterzuschlagen. Liebesbekundungen wie eben diese jetzt waren immer noch sehr seltene Momente in ihrer Beziehung. Er freute sich jedesmal so sehr darüber, wenn Nathanael es ihm sagte, denn es blieb einfach eine Besonderheit, denn wenn sie es einander ständig sagen würden, verlor es irgendwann an Bedeutung. Und solange er so auf diesen kleinen Satz reagierte, konnte Adam sich sicher sein, dass es auch bei ihm der Fall war, dass er Nathanael liebte.

"Ich dich auch" kam die leise Erwiederung schließlich.

Erneut schloss er genießend die Augen und ließ seine Beine ein bisschen an den Seiten von Nathanael nach unten gleiten, um es etwas gemütlicher zu haben.
 

Nathanael streichelte über den warmen Körper und stoppte dann schließlich mit einer Hand an Adams Hintern. Er grinste leicht und kniff spielerisch hinein. Dann streichelte er über das Bein und ruhte schließlich wieder auf dem Rücken, den angeschmiegten Körper genießend, der eine angenehme Schwere auf ihn ausübte. Sanft streichelte er auch wieder durch das Haar, lächelte zufrieden vor sich her.

"Darf ich dich küssen?" fragte er dann leise und liebevoll, doch eine Antwort war gar nicht von Nöten, denn Adam blickte ihn mit einem Lächeln an, das man gar nicht als Nein verstehen konnte und so legte er seine Lippen auf die des Jungen, schloss dabei genießend die Augen und vergrub seine Hand wieder tiefer in dem Haar, kraulte den Nacken und strich schließlich über die Wange.

Es war gemütlich so zu liegen und irgendwie sehr erotisch, sich auf diese Weise zu küssen. Ganz unverbunden und ohne Hintergedanken und doch mit so viel Liebe, dass ein normaler Körper wohl nur darauf reagieren musste. Und auch wenn der Körper des Vampirs wohl nicht so normal war, wie man es als Mensch erwarten würde, so hatte er noch immer ein sehr feines Gefühl für angenehme Empfindungen und im Grunde war Nathanael sehr sensibel und empfindlich. Doch der Kuss währte nicht lange, denn kaum, dass sich ihre Lippen etwas verspielter trafen und schließlich auch ihre Zungen einander umwarben, knallte die Tür geräuschvoll auf und beinahe schockiert blickte der Vampir zum 'Eindringling'.

Er war so fasziniert von dem Gefühl gewesen und so versunken in dem Kuss, dass er niemanden hatte kommen hören, oder gar ein Klopfen, falls die Person geklopft haben sollte. Adrienné stand nun mitten im Zimmer und schien einen Moment zu zögern, nur um dann doch mit großen Schritten auf sie zu zukommen.

"Wir haben eine Spur" verkündete sie als wäre es die Botschaft der Rettung der Erde.

Und sie strahlte auch. Nun, so kam es Nathanael vor, sie war eben in ihrem Element und da sollte man schon strahlen, wen man es ausleben konnte. Sanft strich er Adam über die Wange, doch diese liebevolle Geste konnte nicht lange anhalten, denn wieder kam die Vampirjägerin dazwischen.

"Dafür ist später Zeit. Ich brauche euch beide" verlangte sie schließlich und zog damit gleich die volle Aufmerksamkeit des Vampirs auf sich.

"Uns beide?" wiederholte dieser unglaubwürdig, als hätte er sich verhört.

Das konnte sie ja wohl nicht ernst meinen. Die besten Vampire waren hier versammelt und sie verlangte nach dem 'Künstler' Nathanael und dem jungen Menschen Adam.
 

Erschrocken zuckte der Schwarzhaarige zusammen, als ihm so ganz ohne Vorwarnung in den Hintern gekniffen wurde. Eigentlich hätte er seinen Freund ja strafend oder beleidigt ansehen können, doch das sparte er sich jetzt, da es sowieso nicht zutraf. Und zu allem Anderen nahm er die Hand ja schließlich auch gleich wieder weg. So schloss Adam seine Augen wieder und döste weiter, bis er die zaghafte Frage vernahm. Er hob seinen Kopf und blickte aus den grünen Augen in Nathanaels. Das Kinn dabei auf die auf der Brust gefalteten Hände legend. Er grinste leicht.

"Das fragst du mich noch?"

Der Kuss war herrlich, leidenschafltich, so voller Feuer. Adam hatte keine Möglichkeit, Nathanael jetzt auszuweichen, da dieser die Hand tief in seinen Haaren vergraben hatte, doch das wollte er im Moment auch nicht. Als sie dann so unsanft aus ihrem zwarten Treiben gerissen wurden, wäre der schwarzhaarige Junge beinahe an einem Herzinfarkt gestorben. Denn im Gegensatz zu den Vampir hätte er nichteinmal unter normalen Umständen Adrienné hören können.

Als sie die Nachricht nun so voller Freude verkündete, zog sich in Adam unwillkürlich etwas zusammen. Roselin gefunden zu haben, würde für sie noch mehr Gefahr bedeuten, zumindest für ihn. Das ihm dann auch noch die sanfte Geste untersagt wurde, ließ Adam grummeln und hörte jedoch auch auf, als sie Nathanael aufforderte mitzukommen. Er durfte mit? Das waren ja mal ganz gute Neuigkeiten. Dann musste er wenigstens nicht allein durch.
 

"Was denkst du denn? Ich bin bei weitem kein so großer Unmensch wie Leopold oder Jien-Wu, die deinen liebsten Adam da allein durchgehen lassen würden" antwortete die Vampirin energisch.

Sie hasste es, mit diesen Wesen verglichen zu werden, auch wenn der Japaner ihr Schöpfer war.

"Außerdem fühlt sich Adam in deiner Gegenwart sicherlich wohler. Und ihn allein als Lockvogel zu nutzen wäre lächerlich. Zusammen seid ihr effektiver. Du bist in Wahrheit ein schwacher Kämpfer Nathanael und gegen Roselin hättest du nur eine minimale Chance." Adrienné seufzte.

"Ich habe ihre Spur 100 Meilen nördlich von hier gefunden. Sie dürfte dort in der Nähe sein. Ziemlich abgelegenes Land und viele Wälder in denen sie sich verstecken kann. Keine Menschen in der Nähe. Sie scheint wirkich auf eine Unachtsamkeit unsererseits zu warten, was den Schutz von Adam angeht. Und diese wollen wir ihr jetzt bieten."

Aufmerksam lauschte Adam ihrer Erklärung. Es erschien ihm einleuchtend. Doch in wie fern sollte Nathanael da auch von nutzen sein. Diese Frage stellte er auch nun der Vampirin.

"Nun", setzte diese fort.

"Er wird sich mit der einen Streit liefern. Natürlich kein richtiger, nur dargestellt. Wenn ich Emilys und Nions Schilderungen trauen darf, ist sie nicht bei klarem Verstand und wird darauf reinfallen."

Sie schnappte sich jetzt Adam am Kragen, der noch immer halb auf Nathanael lag und schleifte ihn mit sich.

"Na komm schon Nate, worauf wartest du? Ne Extraeinladung?"
 

Nathanael brummelte unmissverständlich unzufrieden, während Adrienné sich so in ihre Geschichte und ihr Vorhaben hinein steigerte, ohne auch nur eine Reaktion der beiden anderen anzunehmen. Schließlich benannte sie ihn noch als keinen starken Krieger und nun wahrlich genervt fauchte er sie an.

"Was heißt hier schwacher Kämpfer!"

In der Tat, Nathanael war nicht die Art Krieger, wie man sie sich vorstellen wollte, aber er hatte mehr Fähigkeiten, als Adrienné vielleicht zugeben wollte. Und schon gar nicht, ließ er sich als schwach bezeichnen. Schwach, wenn Adam an seiner Seite war, daran wollte er gar nicht zweifeln, aber ohne Rücksicht auf Verluste war er ein ebenso guter Kämpfer, wie wohl alle anderen Vampire auch, zumindest diejenigen, die gewaltbereit waren.

Als Adrienné ihm dann auch noch Adam weg zerrte, sprang er auf und zog den Anderen wieder zu sich. Die Vampirjägerin hatte Adam zwar nicht sehr fest gehalten, doch schien sie ihn einen Moment bei sich halten zu wollen. Ob der Junge es mitbekommen hatte, wusste Nathanael nicht, doch wollte sie damit wohl auf die Schwäche von dem Vampir hindeuten, denn wenn sie gewollt hätte, so hätte er wohl ewig zerren können und nie gewonnen. Sanft nahm er Adam wieder zu sich.

"Erlaube dir nicht zu viel" drohte er ihr leise, mit einer beinahe freundlichen Stimme, folgte ihr dann aber brav, hielt Adam weiter bei sich.

Ein Streit wäre vielleicht wirksam, nur wusste Nathanael nicht, ob es wirksam genug war und Roselin wirklich auf Adam abzielen würde oder sich doch eher von dem Aufruhr rund herum abschrecken lassen würde. Nun, sie würden es sehen und mehr als nichts würde dann auch nicht passieren.

Er behielt Adrienné im Auge und als sie so durch die Gänge strichen, entspannte er sich mehr und mehr. Sie war in der Tat nicht so böse und schon gar nicht so verrückt, wie die Herren aus dem Rat. Aber er war sich einfach nicht sicher, auch wenn er sie als anständig und sehr offen darstellte, in wie fern er ihr trauen konnte. Immerhin wusste er noch immer nicht, was sie vielleicht sonst noch so für Aufträge hatte und weder er, noch Adam waren im Moment in den vampirischen Kreisen gerne gesehen. Jemand mit viel Geld würde also alle möglichen Aufträge für sie bereitstellen.
 

"Ich bitte dich Nathanael. Du warst schon immer eher der Freigeist, der eher mit Worten kämpft, als zu einem Schwert greift." Ohne größere Wiederworte, ließ sie Adam wieder los und ging einen Schritt zurück. Sie lachte leise und belustigt.

"Mir nicht zu viel herausnehmen? Denkst du, ich würde gegen dich verlieren?" fragte sie nun amüsiert.

Wohl kaum, denn ihre Stärke lag wohl weniger in der Kraft, die trotz allem in ihr wohnte, als eher in der Schnelligkeit und Wendigkeit, die sie besaß. Adrienné drehte sich um, ohne die beiden eines weiteren Blickes zu würdigen. Ihr Plan besah vor, dass sich Adam und Nathanael bis aufs Blut reizen sollten. Möglicherweise sich gegenseitig mit Trennung drohen. Roselin würde hoffentlich darauf anspringen.

Sie bemerkte natürlich die Ruhe hinter sich, denn allen vorran war es Adam der äußerst still neben dem anderen Vampir herging. Was in seinem Kopf vorging, vermochte sie nicht zu sagen, doch sein Herzschlag war außergewöhnlich ruhig. Nur Nathanael war noch stiller als sonst. Kein Laut war von ihm zu vernehmen, nichteinmal seine Schritte konnte man hören. Was wohl bedeutete, dass er ihr mehr als nur leicht misstraute.

Natürlich, sie war gefürchtet und auch wenn Emily ihr vielleicht vertraute und auch Jien-Wu, so hatte sie bereits von allen möglichen Vampiren Aufträge angenommen, wo sie Artgenossen allein aus deren Geld- und Machtgier heraus getötet hatte. Doch selbst wenn sie jemand mit der Ermordung von Nathanael und Adam beauftragen würde, konnte sie nicht annehmen. Sie hatte ihre Prinzipien und sie glaubte an das was die junge Vampirfürstin sagte.
 

Ob Nathanael wirklich als Freigeist bezeichnet werden konnte, daran wollte er doch zweifeln, aber in der Tat war Gewalt nicht seine erste Lösung. Aber nur aus dem einfachen Grund, dass er sich generell zurückzog, wenn es ihm zu eng wurde oder er sich von vorne herein aus unangenehmen Angelegenheiten heraus hielt.

Aber er schwieg weiter und blickte aus dem Fenster. Obgleich es noch nicht Nacht war, so schaffte die Sonne nicht einen einzigen ihrer Strahlen durch die dicke Wolkendecke zu stoßen, trotzdem war sich der Vampir nicht sicher, ob sie wahrlich bei dieser Tageszeit raus sollten. Es war schon früher Abend mittlerweile, das war richtig, aber …

Er seufzte leicht. Wieso machte er sich schon wieder Gedanken. Er würde nun Adrienné einfach Folge leisten und das Beste für sich und Adam hoffen, alles dafür tun, damit Roselin endlich ihrer Strafe entgegen blicken konnte, auch wenn er ihr nicht den Tod wünschte, so hatte sie ihn doch verdient.

Er sah zu Adam, der ebenfalls schweigend mitkam, strich dann sanft über seinen Kopf. Ihm fielen keine Worte ein, die er sagen konnte, schon gar nicht, als noch weitere Vampire dazu kamen. Jien-Wu war auch dabei, aber soweit Nathanael sehen konnte, blieb Leopold fern. Nur zur Erleichterung Nathanaels. Denn wie er sich das so vorstellte, würden er und Leopold nur mehr streiten, als er eigentlich mit Adam inszenieren sollte, also war es nur klug, wenn er diese Aktion nicht unterstützte. Sanft hielt er nun die Hand seines Liebsten. Sie würden gleich also tatsächlich alles daran setzen müssen, einander zu hassen und möglichst realistisch dabei zu sein, dass Roselin nichts bemerkte.

Ein Streit alleine. Sicher hatte Adrienné recht und eine vorgetäuschte Trennung hätte mehr Wirkung. Erneut glitt sein Blick zu Adam, der weiterhin stillschweigend folgte. Er machte gar keine Anstalten, sich gegen das Vorhaben aufzulehnen, obgleich er doch als Köder herhalten musste. Ob das nun an Adriennés Präsenz lag oder daran, dass er, Nathanael, die ganze Sache begleiten konnte, vermochte er nicht zu sagen, aber trotzdem schlich sich ein leichtes Grinsen auf seine Lippen.
 

Als sie die Treppen nach unten gingen fiel Adams Blick auf Emily, die paralell zu ihnen aus seinem der unteren Zimmer kam. Ihre Blicke trafen sich für einen kleinen Moment und er musste lächeln, so auch sie. Im Foyer des Hauses hatten sich bereits einige weitere Vampire eingefunden, die sie wohl begleiten würden. Nion war daruter und auch Octavianus. Die rothaarige Frau blieb nun stehen und drehte sich zu ihnen um.

"Wir müssen euch trennen. Es darf nicht so aussehen, als ob ihr gemeinsam auf dieser Lichtung ankommt. Wenn du es mir gestattest Nathanael, werde ich mich Adams annehmen und ihn begleiten für den Fall, dass wir vorher schon überrascht werden sollten. Uns wird Nion begleiten. Du wirst dich mit Jien-Wu und Octavianus auf den Weg begeben."

Sie sah kurz zu Emily, der der Schmerz direkt ins Gesicht geschrieben stand, dann wieder zu deren Sohn.

"Wir haben einen Ort nördlich von hier ausgesucht. Eine Waldlichtung, in ungefähr 40 Kilometern Entfernung. Jegliche Zivilisation ist dort fremd und es liegt nahe an Roselins vermuteten Versteck."

Adam hörte Aufmerksam zu und stimmte dem Vorschlag zu, Adrienné zu begleiten.

"Bitte" sagte er an seinen Liebsten gewandt.

"Mach dir keine Sorgen um mich, ich werde das schon schaffen und wenn das alles überstanden ist, steht uns nichts mehr im Weg." Er streckte sich ein Stück, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu geben.

"Gib dein Bestes ja?"

In seinen Augen lag eine unglaubliche Hoffnung und er glaubte wirklich an das, was sie vorhatten, dass war nicht zu übersehen. Nach diesem zärtlichen Abschied entzog er langsam Nathanael seine Hand und ging zu Adrienné und Nion. Ehe sie aus der großen Türe schritten, winkte er Nathanael und Emily nocheinmal zu und formte die Lippen zu einem 'Ich liebe dich'. Denn die Worte, die er später zu Nathanael sagen würde, wären sicherlich nicht harmlos.
 

Emily wartete noch einen Moment, nachdem sie verschwunden waren, ehe sie ihren Sohn in die Arme schloss.

"Versprich mir, dass du mir Adam gesund wiederbringst Nathanael. Pass auf dich auf und auf ihn. Versprich es mir!"

Sie hatte ein flaues Gefühl im Magen, doch konnte sie sich nicht länger gegen die Entscheidung der Anderen sträuben.

Leicht seufzte der Vampir wieder. Ihm ging alles sichtlich zu schnell und er wollte Adam auch gar nicht gehen lassen, doch dieser entschied sich selber schon dafür und er konnte ihn wohl kaum aufhalten. Sanft erwiderte er den Kuss und sah dann beinahe leidig hinterher. Wieder war er sprachlos und so hob er nur seine Hand zum Abschied, als sich Adam noch einmal umdrehte. Nur einen Atemzug später hatte er Emily in seinen Armen. Sanft streichelte er über ihre Haare.

"Keine Sorge. Uns wird nichts geschehen", sagte er leise und dann sah er zu seiner Begleitung.

Alle nickten einverstanden und Nathanael löste sich von seiner Schöpferin.

"Ich würde dir gerne alle gesund wieder bringen, Emily" sagte er noch leise, auch wenn beide wussten, dass dies nicht mehr möglich war.

Und schon machte sich der kleine Trupp auf, um wie besprochen zu agieren. Er war gespannt, wie sich ihre kleine Streitszene entwickeln würde und er war sich sicher, dass sie einander wirklich hassen konnten in dem Moment. Das sie wahrlich streiten würden und wenn es tatsächliche Dinge waren, die sie dort austrugen.
 

Adrienné hatte nach dem verlassen des Hauses Adam auf den Arm genommen und trug ihn nun durch die Wälder. Sie waren grundsätzlich ohne Auto schneller unterwegs, doch mit Adam waren sich auch so etwas in ihrer Geschwindigkeit gehemmt. Jetzt war es also so weit.

Noch immer hoffte Nion, dass Roselin zur Vernunft kommen würde und sich endlich ihrem Schicksal ergab. Zumindest konnte sie auf diese Weise für immer bei ihm bleiben. Es wiederstrebte ihm so sehr, sie jetzt zu jagen und später sterben zu sehen. Er kannte das blonde Vampirmädchen seit dem Tag ihrer Erschaffung, hatte Jahr um Jahr mit ihr verbracht, als sie noch in seiner Villa gefangen gewesen war und in ihren lichten Moment war sie sogar äußerst liebevoll zu ihm gewesen. Doch diese Augenblicke hatte es nur äußerst selten gegeben. Roslin war einfach gelinde gesagt ein Monster, dass es liebte, zu töten.

Schweigend lief er neben den anderen beiden her, hatte seine Umgebung genauestens im Blick. Und doch schweiften seine Gedanken immer wieder ab. Wie leicht es Nathanael doch getroffen hatte. Er hatte nur Adam retten brauchen und schon war ihm dieser so dankbar und liebte ihn sogar aus dem tiefsten seines Herzen. Aber ob sich der schwarzhaarige Mensch im Klaren darüber war, welcher Gefahr er sich gerade aussetze? Es konnte nämlich auch leicht passieren, dass Nathanael nichteinmal da war, wenn Roselin angriff.

Doch seine Gedanken wurden wieder unterbrochen, als er den ersten Schritt auf die Lichtung setzte. Adrienné entließ Adam wieder aus ihrem Griff und gab ihm noch ein paar Insturktionen, wie er sich am Besten verhalten sollte.

"Wir werden hier im Schatten der Bäume warten" sagte Nion zu ihm.

Dann verschwand er auch schon wieder im Wald.

"Wir sind ganz in der Nähe Adam, es kann dir gar nichts passieren!" hörte er Adrienné noch sagen.

Wenn sie doch nur Recht hätte. Jeder war der Blonden an Geschwindigkeit unterlegen, mal abgesehen von der Rothaarigen vielleicht. Doch man konnte durch ihren verwirrten Zustand einfach nicht sagen, was sie als nächstes planen würde und darin bestand das eigentliche Risiko. Selbst wenn sie ihre Wut an Adam ausgelassen hätte, konnte man noch nicht sagen, ob damit auch ihre Wut im Allgemeinen gestillt war. Und da sie danach eine erneute Abfuhr von Nathanael erfahren würde, konnte es durchaus noch schlimmer werden.
 

Es dauerte nicht lange, da erreichten auch sie die kleine Lichtung. Nathanael entdeckte zuerst Nion, der im Wald verschwand und Adrienné, die sich ebenfalls im Dunkel aufhielt. Sein Blick wanderte zu Adam, der so verlassen auf der Lichtung stand. Wie das Schaf vor der Drachenhöhle. Aber er durfte nun keinerlei Liebe ihm gegenüber ausstrahlen. Kälte und vielleicht ein wenig Unmut musste er nun ans Tageslicht bringen und er war sich beinahe sicher, dass Adam der bessere Schauspieler sein würde.

Dennoch verteilten sich auch die restlichen Vampire ringsherum und Nathanael schritt langsam auf Adam zu. Als er auf der Lichtung stand, fühlte er sich selber ausgeliefert. Auch wenn sie gut bewacht waren, schien es so schutzlos zu sein, dass er, als Vampir und eigentliche Liebe Roselins, beinahe um sein Leben fürchtete. Doch war die Angst, Adam zu verlieren, noch immer größer und siegte schließlich über seine Gefühle.

Diese Angst sollte er nutzen, um das ganze dramatisch vorzutragen und das Schauspiel so echt wie nur möglich wirken zu lassen. Schließlich standen sie einander kaum 2 Meter auseinander, da blieb er stehen, sah zu Adam und verschränkte die Arme, trat schließlich noch etwas näher. Sein Blick war ernst, beinahe böse, seine Lippen fest zusammengepresst. Beinahe, als sähe er Roselin vor sich.

Und genau das versuchte er sich vorzustellen. Den Tag, an dem er Roselin eiskalt abservierte, an dem eigentlich all das Elend begonnen hatte. Er würde ihn noch einmal durchlaufen, mit Adam vor sich und hoffte, damit die Gefühle und Erinnerungen in Roselin so aufkeimen zu lassen, dass sie gar nicht mehr darüber nachdachte, was nun richtig und falsch war, sondern einfach hervor kam und nieder gestreckt oder wenigstens gefangen werden konnte.

"Na, erwartest du hier jemanden" sagte er mit einem schroffen Ton, als wäre schon lange bekannt, dass Adam ihn mit einem Anderen betrog, einem heimlichen Liebhaber.
 

Als jemand die Lichtung betrat, drehte sich Adam leicht erschrocken um, erkannte jedoch Nathanael, sodass auch sein Gesicht sofort etwas roter wurde, als ob man ihn bei etwas unerlaubten erwischt hätte. Doch nahm er eine distanzierte Haltung gegenüber dem Vampir ein und verschränkte die Arme vor der Brust, verlagerte das Gewicht auf ein Bein, sodass er trotzig wirkte.

"Und wenn es so ist? Spionierst du mir etwa nach Nathanael?" fragte er mit kühler Stimme.

"Vertraust du mir etwa so wenig? Obwohl, wenn ich daran denke, wie wenig Gefühl du mir in letzter Zeit entgegenbracht hast, kein Wunder, dass du mir dann misstraust, wenn ich die ganze Zeit weg bin." Er seufzte übertrieben theatralisch.

"So Leid es mir tut, für dich, aber es war völlig sinnlos hierherzukommen. Ich warte wirklich auf jemanden!"

Leicht entblößte Nathanael seine Zähne.

"Oh nein, ich denke, ich muss mich entschuldigen. Denn deine süße Verabredung wird hier nicht her kommen, befürchte ich. Der ist wohl etwas … dazwischen gekommen."

Er grinste nur noch mehr und ging näher zu Adam hin. Doch dann verschwand sein Grinsen. Einen Moment lang blitzte das Bild in seinem Kopf auf, wo er Adam tatsächlich mit einer Affäre sah, mit einem anderen Jungen, wie sie einander liebevoll umfingen. Ein leises Knurren kam über seine Lippen und er war selber überraschte, ließ es sich allerdings nicht anmerken. Mit einer nun rauen Stimme und einem beinahe mörderischen Blick sah er Adam an.

"Ich bin also schuld? Wer war denn 'zu müde' oder hatte 'zu wenig Zeit' um auch nur einen Moment mit mir zu verbringen. Es tut mir schrecklich Leid, dass ich das Sonnenlicht nicht vertrage, Adam", zischte er.

"Du bist es doch, der mir aus dem Weg gegangen ist und nun diese Affäre angefangen hat!"

Nathanael wurde immer lauter und steigerte sich tatsächlich in das ganze hinein.

"Und was hat dir dein Liebster zu bieten, was ich dir nicht bieten kann? Herz, Wärme? Du hast dich doch für mich entschieden, Mensch", zischte er wieder leiser, bedrohlicher und war ohne es zu merken nahe an Adam heran getreten.

Adam zuckte beim ersten Satz merklich zusammen und sah schockiert zu Nathanael.

"Dazwischen?" fragte er leise, kaum hörbar, doch mit einem merklichen Schauer in der Stimme.

"Was hast du ihm angetan!" schrie er laut.

Er hörte alles andere nicht mehr, sondern als Nathanael dicht neben ihm stand, packte er ihm am Hemd und versuchte ihn durchzuschütteln, was er aber nicht konnte.

"Du hast ihn umgebracht!" kam es heiser über seine Lippen.

"Du bist ein Mörder! Ein elender Mörder!" Er stieß sich vom Vampir ab und taumelte ein Stück zurück.

"Du elender Lügner! Du hast mir versprochen, nie jemandem etwas zu tun, den ich lieben würde, dass du mir alles geben würdest, was ich brauche!" Tränen traten in seine Augen, denn er ließ sich nun einfach von seinen Gefühlen treiben.

"Und was, wenn ich diese Affäre gebraucht habe, etwas Menschlichkeit in meiner Nähe? Kannst du dir überhaupt im entferntesten vorstellen, wie es ist, nur von Vampiren umgeben zu sein?" Adam hob die Hand, denn darauf wollte er gar keine Antwort.

"Weißt du was Nathanael! Ich ... ich kann nicht mehr. Ich kann nicht mehr bei dir sein! Du erdrückst mich mit deinen Gefühlen! Lieber sterbe ich, als noch einen weiteren Tag an deiner Seite zu sein!"

Adams Reaktion und auch seine Worte trafen Nathanael so tief, dass er einen Moment alles um sich herum vergaß. Er stand einfach da. Die Worte, das Sehnen nach Menschlichkeit, nach Nähe und Wärme, all dies waren die Ängste, die der Vampir täglich mit sich trug, warum Adam ihn eines Tages verlassen könnte. Er hatte geahnt, dass sie einander genau auf solch eine Art angreifen würden, doch dass es ihn so hart treffen würde, war auch ihm verborgen gewesen.

Nun stand er da und fand keine Worte mehr, sah zu dem weinenden Adam. Er wusste nicht so recht, was er tun sollte, um das Schauspiel abzurunden, um die Fassade nicht fallen zu lassen. Lieber wollte er vor Adam auf die Knie fallen, ihn trösten, seine Liebe beteuern, doch das ging nicht und so war er einfach nur steif vor dem anderen, er atmete nicht einmal mehr. Doch nach einem kurzen Moment der Stille, richtete er sich wieder mehr auf, stand wieder imposanter vor dem weinenden Adam, der scheinbar alles verloren hatte, was ihm lieb war.

"Dann stirb."

Es war fast nur ein Flüstern und doch laut genug, dass es nicht nur Adam hören konnte. Ihm war einfach die Stimme abgebrochen und so drehte er sich um und ging... immer weiter! Er konnte jetzt nicht stehen bleiben, durfte sich nicht umdrehen und bemühte sich Adrienné, Nion und allen anderen genug Vertrauen entgegen zu bringen, dass sie ein Auge auf Adam haben und sofort eingreifen würden.

Auch wenn es unmöglich war, so hatte Nathanael gerade das Gefühl, zugrunde zu gehen, einfach zu sterben und gleich tot um zufallen. Er hoffte so inständig, dass es alles nur gefundene Worte für das Spiel waren und keine wahren Gefühle Adams, die er zur Sprache brachte. Es durfte einfach nicht so sein, dass er Adam nicht genug bot oder er bot ihm tatsächlich zu viel, verlangte zu viel. Er war verwirrt, auch, weil noch nichts hinter seinem Rücken geschah.
 

Bei den noch kälteren, harten Worten von Nathanael wich ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht. Er presste die Hand vor den Mund und sah nur noch verschwommen, wie sich die Vampir von ihm entfernte. Dann gaben seine Beine plötzlich nach und er lag auf dem Gras der Lichtung. All seine Welt schien mit einem Mal zusammenzubrechen. Auch wenn das nur gespielt war, es war so authentisch. Es tat ihm so sehr weh, dass es ihm sogar die Luft zum atmen nahm. Wenn er an die letzte Nacht dachte, wie gut er geschlafen hatte, wie sehr er die Wärme zu Nathanael genossen hatte und jetzt das. Selbst wenn es nur gespielt war. Diese Worte könnten so viel mehr zerstört haben, als sie beabsichtigt hatten. Es würde mit Sicherheit nie mehr so sein wie vorher.

"Bitte..." flehte Adam leise und streckte die Hand nach dem Vampir aus. "Es tut mir Leid!"
 

Die leisen Worte Adams erreichten zwar noch sein Ohr, doch zu seinem Verstand wollten sie nicht durchdringen. Er drängte sich an Nion und Adrienné vorbei, die ihn eigentlich in Empfang nehmen wollten, gerade Nion, der so viel Mitgefühl und Verständnis in seinem Blick hatte, doch der Vampir wollte einfach nur weiter weg. Weit weg, bis er den Geruch Adams nicht mehr wahrnehmen und all dies hier verarbeiten konnte.

Es ist alles ein Spiel, ein Spiel. Alles nur gespielt, versuchte er sich immer wieder in Gedanken klar zu machen, doch alle seine Ängste, alle seine Zweifel waren zur Sprache gebracht und er war sich nicht einmal sicher, ob es lange genug gewehrt hatte, damit Roselin aufmerksam geworden und unachtsam war.

Als er schließlich noch ein Stück weiter abseits stand, gaben seine Beine einfach nach und er ließ sich auf den weichen, nassen Moos nieder, schloss seine Augen und blickte in den Himmel, der durch ein kleines Loch im Blätterwerk hindurch zu sehen war. Unerbittlich tröpfelten Regentropfen nun auf ihn und er seufzte. Die Schritte, die sich näherten, waren ihm nur zu bekannt und einen Moment später kniete Nion neben ihm, mit einem sorgenvollen Blick, der Nathanael gleich die Glieder schwerer werden ließ.

"Mir geht es gut" beteuerte er und wandte den Blick ab, schloss die Augen einfach wieder und tat so, als hätte er Nion gar nicht bemerkt.

Natürlich so sah er auch gerade aus, dachte sich Nion, als er neben ihn gesunken war. Doch seine Körpersprache sagte etwas völlig anderes. Nathanael war am Boden zerstört, dass konnte sogar ein Blinder erkennen.

"Das tut es wirklich nicht. Dir geht es völlig dreckig Nathanael. Es war doch nur gespielt, du solltest es dir nicht so sehr zu Herzen nehmen. Adam geht es auch nicht wirklich besser als dir. Er liegt jetzt völlig alleine auf der Lichtung, gut Adrienné ist in der Nähe, um sicher zu gehen, dass ihm nichts passiert. Es war wirklich... authentisch."

Nion wusste nicht, ob das wirklich die richtigen Worte waren, die Nathanael jetzt auch hören wollte, doch ihm fiel bei weitem nichts besseres ein, als das.
 

Adam lag noch immer zusammengekauert auf dem kalten Waldboden, von Weinkrämpfen geschüttelt. So würde es sich also anfühlen, wenn er sich wirklich im Streit von Nathanael trennen würde. Es war wirklich ein unschönes Gefühl, doch er konnte sich nicht erwehren, dass es ihn von innen heraus zerfraß. Es schmerzte höllisch, sein Herz tat so unglaublich weh und er wünschte sich, keines mehr zu besitzen, damit es ihm nicht mehr wehtun könnte. Eine Hand löste sich von seinem Bauch, den er noch immer festumschlungen hielt und krallte sich in das Gras unter ihm, als ober da Halt finden würde. Immer wieder seufzte er den Namen seines Liebsten, in der tiefen Hoffnung, er würde zurückkommen und ihn in den Arm schließen, mit der ruhigen Stimme in sein Ohr flüstern, dass alles wieder gut werden würde.
 

Nathanael rappelte sich wieder auf und sah zu Nion hin.

"Es war nicht nur authentisch... es war einfach … ein Albtraum" sagte er leise und seufzte, blickte kurz auf das Moos, dann wieder zu seinem Freund hin.

"Es war im Grunde genau das, wovor ich mich fürchte, verstehst du?" Sein Blick schien verzweifelt und er wusste wirklich nicht, wohin mit seinen Gefühlen.

Plötzlich aber sprang er auf und knurrte auf. Er spürte eindeutig Roselin in der Nähe, aber aus der anderen Richtung, als Adam. Sie näherte sich und kurz blickte er zu Nion. Nun verstand er wirklich, wieso Nion so sehr litt. Und er konnte nicht verstehen, wie er so freundlich und so ruhig bleiben konnte, wenn er gleich die Liebe seines Lebens verlieren würde. Schließlich trat Roselin mit Tränen in den Augen auf die kleinere Lichtung, wo Nathanael und Nion waren, eine Hand verdeckte ihren Mund, die andere streckte sie langsam nach dem trauernden Vampir aus.

"Nathanael, es tut mir so Leid" sagte sie leise mit zittriger Stimme.

Nion nickte abwesend, natürlich war es ein Albtraum, dass konnte er sich selbst vorstellen, auch wenn es ihn nicht wirklich betraf. Schweigend lauschte er jetzt der Erklärung von Nathanael.

"Natürlich ist es genau das schlimmste, was ihr euch erdenken konntet."

Auch er spürte die Anwesendheit eines fremden Wesens und wenn er sich nicht täuschte und wenn er Nathanaels Ausbruch richtig deutete, war es Roselin, die sich in ihrer Nähe befand. Er ließ den Kopf sinken, seufzte resigniert, denn schon trat die Blonde hinter den Bäumen hervor und kam auf sie zu. Wie sehr er doch den Wahnsinn in ihren Augen kannte.

"Was tut dir Leid Roselin?" fragte er mit kühler Stimme. Kühler, als er sich es jemals hätte denken lassen können.

Der Vampir war überrascht, wieso Nion das Wort ergriff. Und wieso seine Stimme so eiskalt war, dass selbst Roselin in diesem Moment zurück schreckte. Er aber sah wieder zu dem Mädchen, das in diesem Augenblick so klar bei Verstand schien und so … wie er sie kennen gelernt hatte und wie wohl auch Nion sein Herz an sie verschenkte.

Doch nur einen Moment später, als die Worte Nions wohl ihren Verstand erreicht hatten, zuckte ihre Hand zurück und sie fauchte leise.

"Ich hätte dich nie verraten, nie hintergangen, Elender" zischte sie bedrohlich und zeigte mit einem Finger auf Nathanael.

"Aber du musstest dich für den menschlichen Jungen entscheiden. Hast mich fallen lassen, als wäre ich nichts" fauchte sie wieder, beruhigte sich aber schnell und hatte wieder die mitfühlende Miene, das leidende Gesicht. Sie wandte sich zu Nion.

"Bitte... ich will nicht sterben" flehte sie leise und wahre Tränen liefen über ihre Wangen.

"Ich werde auch artig sein" säuselte sie und ihre Stimme brach ab, ehe sie wieder eine völlig andere Stimmung bekam und an den beiden vorbei sprintete, schneller, als Nathanael überhaupt reagieren konnte und auf die große Lichtung zu stürmte.

"Adrienné!" war das einzige, was der Vampir noch rufen konnte, denn hinterher laufen würde bei der Geschwindigkeit wenig hilfreich sein.

"Das liegt nicht weiter in meiner Hand" war Nions Antwort auf ihre Aussage. "Es liegt schon lange nicht mehr in meiner Hand, darüber zu urteilen."

Doch auch er rechnete nicht mit einem so schnellen Umschwung und reagierte noch einen Tick langsamer als Nathanael, setzte sich jedoch gleich in Bewegung, als ihm klar wurde, was die Blonde vorhatte.
 

Adrienné hatte Adam weiter im Auge behalten, Nion und Nathanael sich völlig selbst überlassen, hörte aber den jüngeren Vampir laut ihren Namen rufen und drehte sich in seine Richtung, wobei sie einen leichten Luftzug spürte, der an ihr vorbeizog. Mit einem unwirklichen Knurren machte sie kehrt und folgte dem Schatten auf die Lichtung.

Adam lag noch immer reglos auf der gleichen Stelle, an der er zusammengebrochen war. Selbst aus der noch weiten Entfernung konnte die Rothaarige das pure Entsetzen in seinen Augen erkennen, als er Roselin über sich erkannte. Doch Adam war nicht einmal in der Lage sich zu wehren, ehe sie bereits vor ihm niederkniete.

"Roselin" fauchte Adrienné.

"Wage es nicht, ihn auch nur anzurühren!"
 

Als Nion los lief, folgte auch Nathanael. Als die beiden auf der Lichtung ankamen, war Roselin bereits bei Adam. Der Vampir sah nur noch, wie auch Adrienné hineilte, in einem wirklich erstaunlichen Tempo, doch die Drohung ihrerseits konnte von Roselin natürlich nur als gute Idee aufgefasst werden. Sie kniete neben dem Jungen und Nathanael konnte nicht einmal mehr schreien.

Tief bohrte sie ihre Zähne in das Fleisch Adams, aber sie trank das Blut nicht einmal, sondern löste sich und fing an wie ein Berserker auf ihn ein zu kratzen, ihn zu schlagen, bis Adrienné endlich Herrin der Lage wurde und das wild gewordene Wesen umstürzte und auf dem Boden fest nagelte.

"Steht nicht so herum!" schrie sie völlig außer sich, kämpfte dabei mit Roselin, die sich zu befreien versuchte.

"Ihr könnte gerne helfen!"

Es klang ein wenig Hohn mit in der Stimme, doch war die Lage zu ernst, als das es als Scherz aufgefasst werden konnte. Nion eilte sogleich herbei und zusammen konnten sie Roselin fixieren.
 

Doch Nathanaels Blick galt nur dem stark blutenden Adam, der dort unverändert im Gras lag, scheinbar ohne jedes Leben. Nur langsam und ohne sein Zutun bewegten sich seine Füße voran und schließlich kniete er entsetzt neben dem stark zugerichteten Menschenjungen, mit dem er sich eben noch für diesen dummen Plan gestritten hatte. Nichts würde passieren, es waren genug da? Wo waren denn jetzt alle. Noch immer ratlos und ohne überhaupt die Realität zu verstehen beugte er sich über Adam.

"Adam", sprach er leise und strich über die Blut überströmte Wange. Er wusste gar nicht, wo der Lebenssanft überall austrat. Es schien aus jeder Pore zu kommen.

"Adam, sieh mich an", bat er ihn dann mit rauer, verzweifelter Stimme.

Adams Augenlider flatterten eine Moment, ehe er seinen Blick auf Nathanael richten konnte. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

"Nathanael" brachte er heiser hervor. "Mir ist kalt!"

Adrienné sah in den Wald und fauchte.

"Ihr müsst ihn zu Emily bringen! Wenn ihm jemand helfen kann, dann sie!"

Sie packte Roselin unsanft an den Haaren und zog sie hoch. Anschließend wandte sie den Blick auf Nion.

"Wir bringen sie an einen sicheren Ort! Wo sie niemanden mehr verletzen kann oder gar schaden!"

Zusammen mit dem Brünetten verließ sie nun die Lichtung. Octavianus trat aus dem Schatten der Bäume und hob den schwachen Adam hoch. Sein schmerzerfüllter Blick galt allein Nathanael.

"Es wird alles wieder gut. Emily wird wissen, was zu tun ist Nathanael. Wir müssen ihn noch nicht verwandeln!" Nach diesen Worten machte er sich schleunigst auf den Weg zurück zur Villa. Jien-Wu kam an die Seite Nathanaels und fasste ihn am Arm. Mit einem Kopfnicken deutete er ihm an, den anderen zu folgen.
 

Emily wartete unruhig vor der Villa, als sie einen heiseren Schrei ausstieß, nachdem Octavianus mit dem blutenen Adam den Wald vor ihrem Haus verließ.

"Nein... Oh nein!" murmelte sie.
 

Der Vampir blickte noch immer auf die Stelle, selbst als Octavianus Adam davon genommen hatte. Nun waren wirklich alle Ängste Nathanaels eingetroffen. Er war Schuld daran, wenn Adam sterben sollte, nur weil er mal wieder viel zu emotional geworden war, sich nicht hatte zusammennehmen können. Er würde nun fluchen, aber noch immer kniete er stocksteif da, bis er schließlich auf die Beine gezogen wurden. Instinktiv folgte er der kleinen Gruppe und suchte die Nähe zu Adam. Das sie so schnell zurück zu Villa waren, fiel ihm erst auf, als er Emily sah, die schockiert aufschrie.

Hatte er ihr nicht versprochen, dass nichts geschehen würde? Adrienné hatte tatsächlich recht. Nathanael war ein schlechter Krieger. Er hatte sich ablenken lassen und nicht einmal etwas unternommen, als Roselin direkt vor ihm stand, noch völlig durcheinander. Leicht schüttelte er den Kopf. Nicht einmal Adrienné hatte etwas unternehmen können, es war einfach ein Unfall. Doch noch kein Ton hatte er bisher gesagt, sein Blick war wieder an seinen Liebsten geheftet, der immer blasser wurde und schon so leblos aussah, als Octavianus ihn in ein Bett legte. Nathanael war mitten in der Tür stehen geblieben. Er konnte nicht mal über die Schwelle treten. Selbst noch völlig schockiert sah er sich das Treiben um den Körper an.

Emily folgte ihrem Schöpfer in das kleine Zimmer, in das sie Adam brachten. Sie war bereits jetzt am Ende ihrer Kräfte, doch solange Adam noch lebte, konnte sie nichts weiter tun. Oliver war vor einer guten Stunde aus seiner Landwohnung hierher aufgebrochen, da sie bereits eine solche Vermutung gehabt hatte. Doch es würde wohl noch eine Weile dauern, bis er da war. Solange würden sie sich wohl gedulden müssen. Ihr Schöpfer verließ das Zimmer und ging nach draußen. Selbst er sah elend aus. Emily wandte sich schließlich ihrem Sohn zu, der noch immer wie zur Salzsäule erstarrt in der Tür stand.

"Nathanael" In ihrer Stimme lag etwas flehendes, etwas ... beunruhigendes.

"Adam geht es schlecht. Roselin hat ihm sehr zugesetzt und ich weiß nicht, wie lange er noch überleben kann. Oliver hat Blutkonserven im Auto und er wird Adam sofort versorgen. Doch" , sie hielt einen Moment inne, "ich denke, solange wird er nicht mehr durchhalten. Wir müssen handeln Nathanael, oder wir verlieren den Kleinen."

Als Emily ihn so sanft ansprach, lockerte sich sein Körper ein wenig, doch er bewegte sich nicht. Das Gerede von Adams Leben oder Tod ließ Nathanael dann nur den Kopf schütteln. Das Handeln, von dem Emily redete, wollte er auf keinen Fall, lieber würde er das nächste Krankenhaus überfallen. Er tat einen Schritt zurück und blickte unverändert auf Adam, der sich nicht einmal mehr vor Schmerzen winden konnte. Schließlich meldete sich aber sein Unterbewusstsein. Er warf sich selber vor, wie er nur so tatenlos zusehen konnte. Er hatte es soweit kommen lassen, sie hatten sich, wenn auch nicht wirklich, nicht im Guten getrennt und er wollte auf keinen Fall, dass er so das Ende des Jungen ansehen musste. Dass Adam so seinem Ende entgegentreten musste. Doch sein Körper weigerte sich auch nur näher zu treten. Der Geruch von dem Blut vernebelte ihm so die Gedanken, dass selbst sein Kopf nun leer war.

Erst als er von hinten angerempelt wurde, stolperte er ins Zimmer und drehte sich kurz um. Octavianus hatte ihn 'liebevoll' ins kalte Wasser gestoßen, nun sah der Vampir zu Emily, dann wieder zu Adam.

"Das geht nicht, Emily" kam es dann leise über Nathanael Lippen. Adam würde kämpfen und die Sache schon durchstehen, zumindest bis Oliver da war.

Emily sah traurig zu Nathanael. Nein, Adam würde es niemals schaffen, dass stand fest. Selbst wenn Oliver den Turbo einschalten würde, um zu ihnen zu kommen, und davon ging die Vampirfrau aus, hatte der Junge schon viel zu viel Blut verloren. Adam würde es nie überleben, selbst bei Transfusionen. Sie strich Nathanael sanft über die Wange und küsste ihn sanft dorthin.

"Es geht aber nicht anders Nathanael. Vertrau mir. Wenn du es nicht selbst tun willst, dann werd ichs machen." Emily legte ihre Arme um seine Taillie und legte ihren Kopf auf die Brust des Jüngeren.

"Bitte Nathanael, lass ihn nicht sterben. Ich will das nicht, lass mich ihm helfen!"

Zuerst legte Nathanael die Hände an Emilys Schultern und wollte sie wieder von sich drücken, doch dann streichelte er ihr durch das Haar.

"Er stirbt nicht" sagte er mit einer verzweifelten Stimme, sah noch immer zu Adam herüber, der schon gar nicht mehr so aussah, als würde er am Leben sein, doch er konnte das schwache Herz, den fast verlorenen Puls hören.

Sicher, rein realistisch betrachtet, hatte Adam keine Chance, aber das wollte Nathanael nicht wahr haben, doch auch Emilys Angebot würde er nicht annehmen können.

"Emily", er löste seinen Blick gequält von Adam und sah verzweifelt in die hübschen Augen seiner Erschafferin.

"Ich...", fing er an. "Er darf nicht …", nicht einen Satz konnte er in seinem Kopf zu ende formulieren, ohne dabei den Faden zu verlieren.

Er löste sich von Emily, die selber fast noch verzweifelte erschien, als er selber. Dann kniete er neben dem Bett, wo Adam ruhig lag. Nur sein Atem war schwer und kratzig, seine Hand, die Nathanael sanft in die seine nahm, war eisig kalt und hatte gar keine Kraft mehr.

"Adam... du darfst nicht sterben" sagte er mit etwas festerer Stimme.
 

Adrienné stand schon eine Weile vor der Tür, gut versteckt und hatte dem ganzen gelauscht. Als sie Nathanaels Worte hörte, die er zu dem leblosen Jungen sprach, versetzte es ihr einen Stich in der Brust, gab ihr ein Gefühl, dass sie schon lange verloren geglaubt hatte. Sie atmete tief durch und trat schließlich nach einem leichten Klopfen an der Tür ein.

"Sie ist bei Nion zu Hause, in ihrem Käfig. Leopold und Jien-Wu sind bei ihm im Haus, damit nichts schief geht. Sie wollen euch Beide dort sehen. Und Nathanael auch. Ich werde bei Adam bleiben." Die Rothaarige stand ein bisschen verloren in der Tür.

"Ich schwöre, ich werde ihn nicht anrühren!" sagte sie bei einem Blick, den sie von den Dreien erntete.

Natürlich spürte sie das schwindende Leben in Adam und sie würde ihn sehr wohl verwandeln, aber das konnte sie nur, wenn niemand mehr da war. Denn weder Emily noch Nathanael sollten den Kleinen verwandeln müssen. Es würde sie bis an ihr Lebensende verfolgen. Und schließlich war es auch mit ihre Schuld, dass es ihm so schlecht ging.

"Jetzt geht schon" sagte sie mit Nachdruck.

Emily und Octavianus machten sich auf den Weg, wobei sich die Weißhaarige nochmal umdrehte.

"Komm Nathanael."

Im ersten Moment stand Nathanael auf und wandte sich zum Gehen, doch dann blieb er vor dem Bett stehen und sah Adrienné finster an. Er wusste selber, dass sie ebenso wenig Schuld an dem Ganzen war, wie jeder andere hier, doch er wollte nicht die ganze Schuld auf seinen Schultern lasten haben und so fauchte er nur leise.

"Ich lasse Adam nicht noch einmal in deiner Obhut" zischte er leise und machte nicht den Eindruck, als wäre er auf eine Diskussion aus.

Auch Emily, die ihn zum Mitgehen bat konnte nichts daran ändern. Er würde ihm nicht noch einmal von der Seite weichen und wenn das seinen Tod bedeuten sollte, dann würde Nathanael damit leben müssen, wie schon mit all den anderen Dingen, die seine Seele belasteten. Leicht schüttelte er den Kopf und sah zu Emily, dann wieder zu Adrienné. Sein anfänglich abwehrendes Fauchen wurde zu einem unterschwelligen Knurren. Er würde keinen Moment mehr ertragen, wo er Adam alleine ließ.

"Geht!" befahl er nun herrisch allen Anwesenden.

Wenn sie ihn alle weiterhin so ansahen, würde er nie einen klaren Kopf bekommen und gerade jetzt schien ein wenig seiner Vernunft zurück zu kehren. Er musste denken, in Ruhe und alleine. Er brauchte nun einfach einen Augenblick Zeit für sich und so lange würde Adam schon noch auf eine Entscheidung warten können.

Adrienné machte ohne größere Einwände kehrt und ging zurück zur Tür, wo sie den Arm schwesterlich um Emliy legte.

"Lass uns gehen" sagte sie sehr still und mit einer ungeheuren Ruhe in ihrer Stimme.

Sie war es jetzt auch, von der der Ruhepol ausging und nicht mehr die sonst so gefasste Emily, die dieser Tag wohl mehr aus der Bahn geworfen hatte, als sonst je einer in ihrem langen Leben. Emily zitterte am ganzen Leib und wusste nicht wohin mit sich, doch als sie die Hand von Adrienné um sich fühlte, löste auch sie ihren Blick. Sie würde ihrem Sohn im Moment alles gewähren, was dieser sich wünschte und dazu gehörte auch die Tatsache, dass sie ihn allein bei Adam lassen musste. Er brauchte seine Ruhe. Sie beide brauchten sie. Und so verschwand die Weißhaarige mit Adrienné und ließ Nathanael mit Adam allein.

Der schwarzhaarige Junge hatte seine Augen wieder ein wenig geöffnet. Sein Blick war verschwommen und am liebsten hätte er nur noch geschlaffen.

"...thanael..." brachte er mit krächzender Stimme hervor. Er hätte liebend gern die Hand gehoben, doch irgendwie wollte sie ihm nicht gehorchen.

Unruhig beobachtete Nathanael, wie die anderen gingen. Als sie dann endlich aus dem Zimmer waren und die Tür hinter ihnen zu viel, seufzte er leise. Doch das leise, kratzige Wort von Adam, ließ ihn wieder erschrocken herum fahren. Er war wach! Sofort kniete er sich wieder neben das Bett, nahm die Hand des Jungen und strich mit der anderen über seine Wange.

"Ich bin hier" sagte er leise und mit einer überraschenden Ruhe und Liebe in seiner Stimme.

Jede Aufregung war aus ihm verschwunden und nur noch das warme Gefühl seiner Zuneigung war geblieben, die Hoffnung, Adam würde es überstehen. All dies war noch übrig von seinem Gefühlschaos und so küsste er den anderen sanft auf die blutige Stirn. Er würde jetzt sagen, dass er nicht zu sprechen brauchte, doch er wollte die Stimme hören, wollte wissen, ob er wach war oder nicht, wollte sicher gehen, dass es Adam gut ging.

"Oliver, der Arzt, er ist bald hier" sprach er leise und liebevoll, streichelte über seine Hand. Seine Augen huschten über Adams Gesicht. Er sah so … er sah so anders aus.

"Ich liebe dich Adam" flüsterte er leise, ohne überhaupt eine Antwort von Adam abgewartet zu haben.

Nur schwer konnte dieser Nathanels Worte einordnen, doch irgendwann erreichten sie sein Hirn und er konnte sie verarbeiten. Ein Arzt? Was war denn passiert? Er konnte sich nur noch an diesen fürchterlichen Streit erinnern, dann wurde mit einem Mal alles schwarz um ihn. Und dieser Streit, all die Worte, die er zu Nathanael gesagt hatte, taten ihm so schrecklich Leid. Egal, wem er jemals begegnen würde, seine Liebe gehörte doch auf ewig dem Vampir.

Erneut traten Tränen in seine Augen, doch er hatte nichteinmal mehr die Kraft, sie wegzublinzeln und so ronnen sie ungehindert über seine Wangen.

"Es tut mir so Leid!" flüsterte er leise, brachte es mühsam hervor.

Er wollte Nathanael so viel erklären, doch er hatte nicht die Kraft dazu.

"Es tut mir so Leid." Mehr Kraft hatte er nicht, als alles andere in Worte zu fassen.

Sanft strich der Vampir die Tränen von Adams Wange.

"Shh... du brauchst dich nicht zu entschuldigen" sagte er leise und ließ seine Hand auf Adams Wange liegen.

"Ich liebe dich Adam. Nun noch mehr, als je zuvor. Ich liebe dich, hörst du" wiederholte er noch einmal und seufzte leise, lehnte seine Stirn an Adams Kopf.

"Ich liebe dich, ich liebe dich Adam, mehr als alles andere" flüsterte er immer wieder in sein Ohr und er konnte nicht anders, als erneut die Trauer über sich hereinbrechen zu lassen.

Wieso war es soweit gekommen. Hätte er damals nicht einfach wegsehen können? All diese Schmerzen, die der Junge schon seinetwegen hatte erleiden müssen. Niemals konnte er das wieder gut machen und selbst, wenn Adam nun sterben würde, wer würde garantieren, dass er danach glücklich sein würde, dass er jetzt glücklich war. Sanft strich er durch das klebrig, blutige Haar.

"Es wird alles gut, Adam" flüsterte er noch einmal, da er sich noch immer nicht beruhigt hatte.

"Hab keine Angst" kam es tonlos über seine Lippen, doch er war sich fast sicher, dass sein Herz zu Adams sprechen würde, dass er alleine durch seine Anwesenheit etwas Ruhe ausstrahlte, aber das konnte er sich auch nur einbilden.

"Bitte..." keuchte Adam, als er plötzlich keine Luft mehr in seine Lungen bekam und versuchte panisch zu atmen, wobei sich seine Hände verzweifelt verkrampften.

Sein angstvoller Blick traf auf die Augen von Nathanael. Jetzt würde es also enden. Das wars dann also. Und dabei hatte er dem Vampir noch nichteinmal alles sagen können, was er auf dem Herzen hatte, kein letztes 'Ich liebe dich', kein 'Bleib bei mir', nichts. Er würde jetzt einfach sterben, weil Nathanael ihn nicht verwandeln konnte. Und irgendwie war Adam ihm sogar im Moment dankbar dafür. Er hatte eine so schöne Zeit gehabt, in den letzten drei Jahren.

Langsam drangen all die Erinnerungen wieder in ihn ein. Wie er hier, in diesem Haus aufgewacht war, Nathanael zum ersten Mal erblickt hatte und sich gefragt hatte, wer dieser sonderbare Mann an seiner Seite wohl war. Die vielen Nächte, die er halb dösend vor dem Kamin verbracht hatte, nur um bei dem Vampir zu sein. Die stille Zweisamkeit, die er immer genossen hatte und dann, als sie es endlich über sich gebracht hatten, sich gegenseitig, ihre Liebe zu gestehen.

Das waren all die schönsten Momente, an die er sich erinnern konnte, die er mit Nathanael verbracht hatte. Aber auch viele Gedanken an seine Familie kehrten wieder. Seine Mutter und sein Vater, wie sie stolz ihren jüngsten Sohn zum ersten Mal in die Schule brachten, wie sein älterer Bruder ihm das Skateboarden beigebracht hatte, seine Schwester ihm ihre erste selbstgebackenen Torte vorsetzte, die grauenhaft schmeckte, die vielen Weihnachten und Geburtstage, die sie miteinander verbracht hatten. Mit einem Lächeln sah er zu Nathanael.

"Danke" haucht er, ehe alle Kraft aus seinem Körper wich und er die Augen schloss.
 

Als Adam auf einmal die Luft fehlte und er sich krampfartig krümmte, die Hände, die über das Bett kratzten, sich fest krallten an allem, was sie greifen konnten, sah Nathanael hilflos, wie Adams Augen langsam an Leuchten verloren. Mehr noch, als sie es eben getan hatten. Der Blick, der leer durch den Raum huschte, bevor sich die Lider langsam schlossen und der verkrampfte Körper nachgab.

"Adam" hörte er sich selber schreien und voller Verzweiflung rüttelte er leicht an dem nun vollkommen leblosen Körper.

"Adam, nein" keuchte er kraftlos.

Danke? Wofür hatte er schon zu danken. Nathanael war doch der Grund, warum sein Leben langsam aus seinen Körper wich.

"Adam!", rief er immer wieder, doch langsam sah sein Verstand ein, dass das Rufen alleine den Jungen nicht zurück holen würde. Langsam verschwamm alles vor Nathanaels Augen. Er konnte seinen Liebsten gar nicht mehr klar erkennen und als er sich über seine Augen wischte, um wieder besser sehen zu können, stellte er überrascht fest, dass sein Gesicht feucht war. Wie lange hatte er schon geweint, ohne es selber gemerkt zu haben? Für einen Moment vergaß er den Todeskampf und besah sich überrascht seinen Unterarm, der in der Tat voller Tränen war, die alle für Adam fielen.

Kapitel 17

Kapitel 17

Erst nach dieser kurzen Erleuchtung, sah er wieder zu seinem Liebsten. Woher sollte er wissen, ob Adam damit einverstanden wäre. Wer würde ihm sagen, ob er nicht lieber in seiner Ruhe sterben, ob er nicht für immer Tod bleiben wollte. Er hatte sich bedankt, er war mit sich im Reinen, oder nicht? Doch die Hand, die sich nun lockerte und von der Decke herab glitt und auf der Matratze landete, forderte Nathanaels gesamte Aufmerksamkeit. Wenn er das nun nicht als Zeichen deuten sollte, dann wusste er in der Tat nicht weiter. Langsam, beinahe in Zeitlupe ließ er seinen Mantel auf den Boden gleiten und kniete sich über den leblosen Körper, der kaum noch Wärme in sich hatte.

"Verzeih mir Adam", flüsterte er leise und neigte sich über ihn, legte seine Wange an seine.

"Ich hoffe, es ist in deinem Sinne. Bitte verzeih mir" brachte er leise hervor.

Um es sich auch selber leichter zu gestalten, zögerte er keinen weiteren Moment, sondern vergrub seine Zähne schnell aber durchaus vorsichtig in der kühlen Haut Adams. Das Blut sammelte sich nur langsam in seinem Mund, dennoch konnte er nicht anders, als sich unter einem angenehmen Seufzen auf den anderen Körper sinken zu lassen. Er schloss seine Augen, löste sich aber ziemlich schnell wieder. Noch einen Moment sah er in das Gesicht seines Liebsten, zugerichtet als wäre er Schlachtvieh, voller Blut und Kratzer.

Er biss sich in das Handgelenk. Das Blut quoll direkt aus der kleinen Wunden. Erst ließ er einige Tropfen auf Adams Lippen fallen, dann brachte er sich hinter den anderen, zog ihn etwas in die Arme, dass der Kopf an seiner Schulter ruhte.

"Bitte, trink" bat er ihn, auch wenn er sich nicht sicher war, ob es nicht vielleicht schon viel zu spät war.

Dennoch legte er seinen Arm an Adams Lippen, er hoffte so inständig, dass der andere bald anfangen würde, sein Blut zu trinken.
 

Es fühlte sich seltsam an, die Lippen auf seiner Haut, der komische Geschmack in seinem Mund. Sein Leben hätte eigentlich zu Ende sein sollen und dennoch wollte er es eigentlich gar nicht. Vorsichtig öffnete Adam seine Lippen und ließ den komischen Lebenssaft darüber zu laufen. Er schluckte es langsam, es war noch warm und je öfter er es schluckte, begann es leckerer zu schmecken. Auch kehrte Leben wieder in ihn zurück und seine Hände schlossen sich um das Handgelenk, um es noch fester an seinen Mund pressen zu können. Er konnte gar nicht genug davon bekommen, dennoch löste er sich, als er bemerkte, dass es Nathanael war, zu dem der Rest des Armes gehörte.

"Großer Gott" keuchte er, noch immer mit rauer Stimme. "Was ist das?"
 

Erst passierte gar nichts und Nathanael wollte seinen Arm bereits geschlagen sinken lassen, seine Hoffnungen waren so gut wie zerstört, als er plötzlich den Druck der Lippen spürte, bis dann schließlich auch die Zunge kurz über die Stelle strich. Ungläubig sah er auf den Hinterkopf vor sich. Schließlich trank Adam sogar gierig und gerade als Nathanael sich lösen wollte, hörte der Junge bereits auf, die Hände noch immer fest um seinen Arm gelegt.

"Adam" kam es nur leise und mit zittriger Stimme von ihm, als das er die Frage beantwortete.

Er legte beide Arme fest um den Oberkörper seines Liebsten, vergrub sein Gesicht in den Haaren, lehnte sich etwas an den Körper des Anderen.

"Verzeih mir" keuchte er leise.

"Ich konnte dich nicht gehen lassen" flüsterte er und zog ihn enger zu sich in die Arme.

Er wusste nicht, wie Adam darauf reagieren würde, ob er glücklich war oder ob es ihn verärgern würde. Aber in dem Moment war es ihm egal. Adam lebte! Er war wieder zurück und er war hier in seinen Armen. Überglücklich fing der Vampir leicht an zu lachen. Nur kurz, aber es befreite ihn ungemein von der Trauer, die bis eben noch sein Herz erfüllt hatte. Nun war wieder Platz für seinen Liebsten. Adam drehte seinen Kopf, wobei sich noch immer alles drehte. Er war verwirrt, warum hatte Nathanael ihn nicht gehen lassen wollen? Ihm ging es doch gut.

"Was soll ich dir verzeihen?" fragte Adam.

"Du musst mir verzeihen! Ich hab lauter schreckliche Dinge zu dir gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen." Er drehte sich in der Umarmung um und blickte in die blauen Augen von Nathanale.

"Bitte, bitte, verzeih mir! Ich hab es nicht so gemeint!"

Als Nathanael dann auch noch lachte, wusste Adam gar nicht warum eigentlich. Dann sah er an sich hinab und entdeckte die Menge Blut an der Kleidung des Anderen. Erschrocken blickte er dann wieder hoch.

"Was... was ist passiert?" Fragend blickte er den Vampir an.

"Nein, nichts gibt es zu Verzeihen" sagte dieser leise, schenkte dem anderen ein seichtes Lächeln.

Immerhin war er selber es, der Adam sagte, er solle doch den Tod vorziehen. Und nun wäre er fast wirklich gestorben. Doch es schien so, als wäre gar nichts geschehen. Adam ging es gut und er fragte noch immer genau so unbeholfen nach, wie eh und je.

"Roselin hatte dich erwischt. Sie ist nun in Gewahrsam, aber wir konnten dir nicht mehr rechtzeitig zur Hilfe eilen" sagte er leise und seine Freude, die eben noch ein wenig aufgeflackert war, verschwand wieder gänzlich. Sanft strich er Adam über die Wange, wo er sich schon zu ihm umdrehte.

"Wir sollten dich waschen" sagte er nur und lächelte ein wenig.

"Und in neue Kleider stecken" fügte er noch dazu.

Das Adam gestorben... oder viel mehr beinahe tot gewesen war, das verschwieg er. Konnte der Junge doch selber darauf schließen, wenn man zu spät kam und Roselin eintraf, würde sie wohl kaum gekuschelt haben. Er lächelte wieder ein wenig bei dem Gedanken.

"Geht es dir besser?" fragte er schließlich, denn Adam machte wirklich einen sehr fitten Eindruck, aber man konnte es nie so genau nehmen. Er erinnerte sich selber daran, wie lange er sich hatte erholen und an die neue Situation gewöhnen müssen, bis alle seine Sinne wieder zusammen funktionierten.

Adam nickte, als Nathanael, dass mit dem waschen sagte, dass war ihm äußerst plausibel. Und was Roselin mit ihm angestellt hatte, konnte er sich auch ohne größere Ausmalungen vorstellen. Sie war wirklich ein Biest. Aber wie kam es, dass er noch am Leben war? Das er sich wieder gut fühlte und kaum etwas von seinen Wunden spürte? Erneut senkte er den Blick und blieb dann auf Nathanaels Handgelenk hängen, da sein Arm nun zwischen ihnen lag. Noch immer konnte man die kleinen Bisswunden erkennen, die dort waren. Mit großen Augen wanderte er wieder hoch und blickte in die blauen Augen.

"Ich ... Du... was ist nach dem mit Roselin passiert?" fragte er weiter, wobei er sich die Antwort schon denken konnte. Nathanael hatte ihn doch verwandelt.

"War es so schlimm?"

Leicht spannte sich der nun nicht mehr einzige Vampir dieser Beziehung an, als Adam noch nachforschen musste. Es war ihm eigentlich klar gewesen, wo er doch nichts einfach auf den Dingen beruhen lassen konnte.

"Es ging dir sehr schlecht" sagte er leise und strich noch einmal über die nun etwas rosigere Wange, auch wenn Adam wohl nie wieder so eine schöne Hautfarbe, nie mehr so angenehm warm werden würde.

"Oliver ist noch immer nicht eingetroffen. Er wäre zu spät gekommen" flüsterte er und sah beinahe voller Mitleid in Adams Gesicht. Sein Blick fiel dann selber auf seinen Arm, auf sein Handgelenk und dann wieder in das Gesicht seines Gegenüber.

"Du wärst gestorben" sagte er leise und strich sanft über seine Schulter.

"Aber du weißt doch, ich bin ein kleiner Egoist" scherzte er dann.

"Wie hätte ich das zulassen können?"

Verliebt sah er in die veränderten Augen Adams. Doch noch immer fühlte er sich so sehr zu ihm hingezogen, fast noch stärker als je zuvor.

Nun konnte auch Adam eins und eins zusammenzählen. Nathanael hatte ihn verwandelt. Überglücklich, dass er ihn nicht einfach hatte sterben lassen, schlang er seine Arme um den Nacken des Schwarzhaarigen und küsste ihn sanft auf die Wangen.

"Ich liebe dich so sehr" hauchte er in dessen Ohr, küsste dabei immer wieder die sanfte Haut.

Irgendwie fühlte sie sich jetzt nicht mehr so kalt an, aber auch nicht warm, so was seltsames zwischendrin, aber immer noch gut. Und es fühlte sich richtig an, richtiger als noch jemals zuvor. Auf seltsame Art und Weise fühlte sich Adam auch befreit.

"Was passiert jetzt mit Roselin?" fragte der Jüngere vorsichtig.

Er wollte es zwar eigentlich nicht wissen, doch er war es ihr schuldig. Leicht lächelte Nathanael wieder, als Adam ihn so überschwänglich anfiel. Noch war es durchaus etwas sehr angenehmes, für beide.

"Adam" sagte er dann aber ernst und schob ihn sanft von sich.

"Roselin hat ihr Recht auf Leben verwirkt. Mehrfach. Nicht nur durch den Überfall auf dich oder damals auf deine Familie. Sie hat einfach alle Regeln gebrochen." Er seufzte leicht.

"Selbst wenn niemand es wollte, sie muss mit ihrem Leben bezahlen, oder das, was davon übrig geblieben ist" erklärte er und sah noch immer Ernst in das Gesicht des anderen.

"Und du wirst diese Regeln schnell lernen müssen. Und ich werde nicht zulassen, dass du eine davon brichst" sagte er leise.

Nun war dies die einzige Angst, die er noch um Adam haben konnte. Die Angst, er könnte sein neues Leben einfach verwerfen und sich dann dem Rat verantworten müssen. Gut, Nathanael hatte ungeschriebene Regeln gebrochen, sich mit einem Menschen eingelassen, doch dies war nichts, was mit dem endgültigen Tode bestraft würde.

"Aber nun sollten wir dich wirklich davon befreien." Er kratzte leicht an der Blutkruste, die sich langsam bildete.

Die Kleidung könnte man vergessen, oder das, was davon noch als solche bezeichnet werden durfte. Adam erwiederte den Blick von Nathanael wehleidig und sah dann anschließend zum Fenster.

"Aber ... selbst bei allem was sie gemacht hat, sie hat ... sie ist doch auch nur ein Vampir."

Adam wandte den Blick wieder zurück zu Nathanael, da er noch immer auf dessen Schoß saß.

"Ich möchte sie nocheinmal sehen Nathanael. Jetzt kann sie mir ja nichts mehr tun. Bitte nur ein letztes Mal!"

Das mit den Regeln wollte er jetzt nicht hören. Er lebte jetzt seit drei Jahren mit einem Vampir zusammen, sodass er wenigstens ein bisschen was hatte lernen können. Er lächelte leicht, als Nathanael eine Dusche ansprach. Er versuchte sich aufzustehen und am liebsten hätte er sich gleich wieder gesetzt.

"Wow... mir ist noch immer ganz schwindlig" antwortete Adam.

"Ich will sie danach sehen!" sagte er dann nocheinmal mit fester Stimme.

Nathanael seufzte leicht. Wie positiv Adam schon wieder dachte. Als wenn sie ihm jetzt nichts mehr anhaben konnte. Was stellte er sich eigentlich vor, wäre er jetzt? Super mächtig. Aber Nathanael grinste nur ein wenig.

"Ja, später", meinte er nur.

So schnell würde Roselin schon nicht bestraft werden. Erst mal gäbe es wieder lange Diskussionen und die ganze Situation musste sich erst einmal wieder beruhigen. Als Adam dann so taumelte, schloss Nathanael leicht die Arme um ihn.

"Kein Wunder, dein Körper ist so gut wie blutarm" schmunzelte er ein wenig.

Immerhin hatte Adam fast keines mehr in seinen Adern und das bisschen, was er sich von Nathanael genommen hatte, reicht kaum alle Funktionen des Körpers auf Hochbetrieb arbeiten zu lassen. Sanft hob er den Jüngeren auf seine Arme. Dann ging er zu dem gegenüberliegenden Bad, wo sie schon einmal zusammen ein Bad genommen und angenehme Erfahrungen gesammelt hatten. Liebevoll legte er Adam mitsamt seinen Klamotten in die Badewanne und stellte das Wasser ein. Angenehm warm war es und am liebsten hätte er sich gleich mit darunter gelegt, aber Adam sollte nur ein wenig gewaschen werden und dann würden sie zu Emily gehen, die sich sicher noch mehr über Adams Leben freuen würde, als es Nathanael getan hatte.

Als er so unvermittelt hochgehoben wurde, schlang Adam mit einem 'Huch' auf den Lippen, die Arme um den Nacken des Vampirs. Es fühlte sich gut an, immer noch von diesen starken Armen gehalten zu werden, doch er war sich sicher, dass auch seine Kraft jetzt gewachsen war, wenn er ein Vampir war. In der Badewanne schälte er sich ersteinmal aus dem zerfetzten Shirt und den kaputten Hosen, die er dann daneben fallen ließ. Schließlich wanderte sein Blick wieder zum Vampir hinüber. Was würde jetzt wohl aus seinem Studium werden?

"Und was soll ich jetzt machen?" fragte er.

"Du weißt schon, wegen der Schule und Arbeit. Ich mein, ich kann mich da jetzt wohl schlecht blicken lassen."

Vor allem konnte er ja nicht sagen, wie lange es dauern würde, bis er den Blutdurst unter Kontrolle hatte. Im Moment fühlte er sich gesättigt, doch noch immer herrschte in ihm eine unglaubliche Leere, ein unterschwelliger Hunger, der stets ausbrechen konnte. Er stützte die Hände auf die Knie, während ihn das warme Wasser langsam immer mehr umschloss. Es war seltsam. Früher hatte das Wasser ihm nie etwas ausgemacht, jetzt war es ihm schon fast zu warm, obwohl das noch nichteinmal seine Lieblingsbadetemperatur von knapp 36 Grad war. Also schaltete er einfach das kalte Wasser dazu. Das Blut wusch sich nun von ihm ab und Adam bemerkte, dass die Wunden bereits zum größten Teil verheilt waren, nur an seinem Hals brannte es immer noch, da wo Nathanael ihn gebissen hatte.

Bei Adams Frage lächelte er sanft.

"Glaub mir, das Studium würde dich eh nur langweilen" sagte er leise.

"Dir werden viele Dinger einfacher zukommen, als sie es bisher getan haben." Er rieb Adam zärtlich mit der Seife ein.

Seine Augen folgten den Fingern, während er weiter sprach.

"Wahrscheinlich wirst du das machen, was so gut wie alle Vampire tun, um an Geld zu kommen." Er schmunzelte ein wenig und sah zu Adam.

Nein, eigentlich konnte er es sich bei ihm nicht vorstellen.

"Weißt du... viele Vampire heiraten in reiche Familien. Früher oder später stirbt der Partner und man selber hat das Geld. Dann dauert es auch gar nicht mehr lange und man heiratet erneut … und das ganze geht dann so lange weiter, bis man für einige Zeit ausgesorgt hat. Oder aber du eignest dir das Geld deiner Opfer an oder du lebst in Bescheidenheit", Nathanael zwinkerte.

"Du kannst bei mir bleiben" bot er dann mit einem Grinsen an.

Er war sich sicher, dass Adam sich schnell langweilen würden. Den Tag über irgendwo im Dunkeln hocken und dann bei nächtlicher Dunkelheit durch die Welt streifen. Das war eine Lebensart, mit der jeder erst einmal zurecht kommen musste. Sanft wusch er die noch blutigen Haare aus.

"Es gibt auch Abendschulen. Wenn du unbedingt studieren und arbeiten möchtest, dann musst du etwas suchen, was zu jeder Tageszeit möglich ist oder du wirst eigenständig" erklärte er dann noch, da Adam wohl eher der Arbeitstyp war, zumindest schien es Nathanael so.

Schließlich stellte er das von Adam kühler gedrehte Wasser ab und holte ein Handtuch.
 

Adam lauschte den Worten Nathanaels und ließ sich von diesem waschen. Es tat gut, so umsorgt zu werden und er bemerkte, wie viel schöner und deutlicher er plötzlich seine Umgebung wahrnehmen konnte. Er lächelte leicht, als sich Nathanael von ihm entfernte und dachte über dessen Worte nach. Er konnte bei ihm bleiben. Wollte der andere ihn etwa nicht mehr bei sich haben? Diese Worte waren sicherlich wohl gewählt, doch öffneten sie etwas in Adam, dass ihn auch in eine andere Richtung denken ließ.

Natürlich würde er immer mit Nathanael verbunden sein, auf eine gewisse Art und Weise. Man würde sie niemals trennen können. Doch jetzt hatten sie wirklich alle Zeit der Welt miteinander. Es gab niemanden mehr, der etwas gegen ihre Beziehung haben könnte oder würde. Sollte er sich wirklich einmal ein bisschen allein durch die Welt bewegen? Aber Adam war sich fast sicher, dass er dieser neugewonnenen Freiheit bald überdrüssig werden würde. Er war es mittlerweilen so sehr gewohnt, in der Nähe von Nathanael zu sein, dass ihm jeder weitere Tag der Trennung als Qual vorkommen würde.

"Ich werde bei dir bleiben!" antwortete er schließlich mit fester Stimme. Dann lehnte er sich ein bisschen über den Rand und beobachtete Nathanael.

Wie fein seine Bewegungen doch waren. Dagegen musste er ja richtig plump wirken. Er seufzte, als sein Blick auf die vollgebluteten Sachen auf dem Boden fielen.

"Hmm, jetzt sind Emilys Sachen auch noch meinetwegen kaputt und ich hab nichteinmal was zum wechseln hier." Er grinste.

"Ich kann den anderen wohl kaum nackt gegenüber treten. Du wirst mir was leihen müssen."

Nathanael kam mit dem Handtuch zurück und reichte es Adam.

"Du hast die Sachen doch nicht kaputt gemacht" sagte er beinahe vorwurfsvoll.

"Zudem glaube ich eh nicht, dass Emily sie wieder haben wollte. Die würden ihr ja gar nicht passen" scherzte er und half Adam dann aus der Wanne, trocknete ihn langsam ab.

"Wieso eigentlich nicht nackt zu den anderen?" fragte er, während er vor Adam kniete und zu ihm auf sah.

"Du hast ja nichts, was du verstecken müsstest", meinte er und klang dabei mehr als verrucht.

Dann aber grinste er unschuldig.

"Ich habe nicht so besonders viel hier gelassen. Ich kann dir mein Hemd geben" stellte er fest und hob eine Augenbraue.

Sicher würde für den Moment eh keiner darauf achten, ob Adam überhaupt etwas an hatte und nur einen Augenblick später würde Emily bereits neue Klamotten bereit haben. Ihre Kostümkiste war beinahe unendlich und er grinste ein wenig. Dabei zog er dann sein Hemd aus, das zwar auch nicht mehr das sauberste war aber besser, als die zerrissenen Klamotten, die Adam bis eben noch hatte tragen müssen. So hüllte er seinen Liebsten in das nur knapp zu große Hemd, das gerade eben alles nötige verdeckte und hob ihn wieder auf die Arme. Ohne auch nur auf Abwehr oder Wiederworte Adams zu warten, ging er aus dem Bad und schritt in die Richtung, wo Emily mit höchster Wahrscheinlichkeit wartete.

Als Nathanael ihn erneut hochhob, schlang Adam seine Arme wieder um dessen Nacken und schmiegte sich an den starken Körper. Aber irgendwie war es ihm peinlich, ständig von Nathanael durch die Gegend getragen zu werden. Aber sein Körper musste sich wohl erst an die neuen Umstände seiner Existenz gewöhnen. Als sie an einem der geschlossenen Vorhänge vorbeikamen, wurde Adams Blick wehmütig. Nie wieder würde er von jetzt an die Sonne sehen. Er war jetzt ein Kind der Dunkelheit. Sicherlich, der freute sich, aber andererseits tat es ihm jetzt schon ziemlich Leid, nie mehr auch nur einen Sonnenaufgang sehen zu können. Die hatten immer sowas beruhigendes für ihn gehabt.

"Weißt du" sagte er leise.

"Jetzt ist mir schon das zweite Mal in diesem Haus das Leben gerettet worden." Und irgendwie war es eine beruhigende Vorstellung hier wohnen zu können.

Doch ob er Nathanael diesen Vorschlag machen sollte? Dafür war es wohl noch zu früh. Wo sie genau hingingen, wusste der Junge nicht, aber sie kamen nicht weit, als er schon die flüsternde, dennoch klar verständliche Stimme von Adrienné hörte.

"... ich glaube es ist nicht mehr nötig, dass du zu ihm gehst Oliver. Nathanael würde dir ihm sowieso nicht helfen lassen." Auch das verhaltene Seufzen von Emily hörte er deutlich.

"Es ist nur so schade. Endlich hatte er jemanden, den er wirklich lieben konnte und nun wird es ihm wieder genommen." Man konnte deutlich die tiefe Trauer in ihren Worten vernehmen und wie leid ihr ihr Sohn jetzt im Moment tat.

"Ich hätte ihn nicht allein mit Adam lassen sollen. Ich hätte Nathanael dazu zwingen sollen, dass er ihn verwandelt!"

Ohne zu klopfen, was mit Adam auf den Armen kaum möglich gewesen wäre, trat Nathanael in den Raum.

"Du hast mich gut genug erzogen, dass du mich zu nichts mehr zwingen brauchst, Emily" sagte er leise und setzte Adam vorsichtig ab, hielt ihn aber weiter bei sich.

Es wunderte ihn eigentlich, dass Emily nichts davon mitbekommen hatte, wo sie doch sonst schon jeden seiner Schritte voraus geahnt hatte. Doch sicherlich war es einfach daran, dass sie selber keinen klaren Kopf mehr gehabt hatte, nachdem sie Adam so sehen musste. Nathanael blickte durch den Raum und nickte Oliver zu.

"Vielen Dank für deine Eile." Er schmunzelte.

Der Arzt musste mit einem unmenschlichen Tempo durch die Straßen gesaust sein, dass er nun schon hier sein konnte. Oder das ganze Geschehen hatte doch länger gedauert, als er selber gemerkt hätte. Nun stand er aber nur da und wusste nicht so recht, was er tun sollte. Eigentlich wollte er nur, dass Emily ihr Trauer ebenso leichtherzig verlor, wie er seine abwerfen konnte und dann … nun im Grunde wollte er nur noch sicher gehen, dass Roselin nie mehr etwas derartiges tun konnte. Nicht mit Adam, noch mit sonst irgendeiner Familie, mit irgendeinem Menschen. Und er hoffte so inständig, dass sein Liebster ein vernünftiger Vampir werden würde, mit klaren Gedanken und nie dem Blutrausch verfallen würde.

Emily drehte sich zu Nathanael herum, das sie mit dem Rücken zur Türe gestanden hatte. Ungläubiges Erstaunen glitt über ihre zarten Gesichtszüge, als sie den süße Adam neben ihrem Sohn erblickte. Im ersten Moment hielt sie ihn für eine Traumvorstellung, die ihr ihr gebrochenes Herz spielte, doch dann erkannte sie die feinen Gesichtszüge des Junge, das glänzende schwarze Haar, die dunklen Augen, die beinahe so schwarz waren wie die Nacht.

"Oh" entfleuchte ihren Lippen.

Und dann erkannte sie die feinen Narben oberhalb seiner Halsschlagader und dann noch etwas weiter unten in der Nähe seines Herzens. Nathanael würde es nie wagen, so nahe am Herzen jemanden zu beißen, außer er war so hungrig, dass er es kaum noch aushalten konnte. Nur Roselin war zu so einer Schandtat und einem solchen Frevel fähig. Mit einem erneuten Seufzen löste sie sich von den anderen Beiden und lief blitzschnell zu Adam, den sie liebevoll in ihre Arme schloss.

"Oh Adam!"

Sie fühlte sich so erleichtert, dass es dem Jungen gut ging. Wäre auch er nun gestorben an dem heutigen Tag, hätte sie sich für den ganzen Tod seiner Familie verantworten müssen.

"Ich bin so froh, dass es dir gut geht." Sie küsste ihn überschwänglich auf die Wange und strich dann sanft darüber, während sie in seine Augen sah.

"Es tut mir so unendlich Leid Adam. Ich hätte es nie zulassen sollen. Ich hätte dich einfach nicht gehen lassen dürfen." Dann sah sie hoch zu Nathanael und küsste auch ihn sanft auf die Wange.

"Ich weiß doch, dass ich dich zu nichts zwingen brauche, du triffst dein eigenen Entscheidungen. Und es sind die Richtigen."

Nein, Nathanael war sich sicher, dass er gerade heute bewiesen hat, dass er sehr oft die falschen Entscheidungen traf und vor allem viel zu oft von seinem Gefühl geleitet wurde. Doch dafür war nun keine Zeit. Er strich seiner Schöpferin über den Kopf. Eine wohl mittlerweile angewöhnte Eigenart von ihm, dann sah er zu Adrienné, die nun in keinem ganz so hohen Standpunkt mehr untergebracht war bei Nathanael, wie vor dem Vorfall. Zwar verabscheute er sie nicht, doch hatte sich das Bild als Vampirjägerin für ihn geschwächt. Sie erschien ihm jetzt nur noch wie eine Vampirdame, die einfach etwas mehr Talent hatte, als andere und damit ihr Geld machte.

Dann sah er zu Adam, sein Liebster, der bei ihm bleiben wollte, zumindest noch. Er war sich nicht sicher, ob er nicht früher oder später die Welt auf seine Weise erkunden wollte, mehr sehen, mehr wissen. Er hatte sich auch von Emily gelöst, nicht, weil er die Welt hatte erkunden wollen, sondern weil er sich einfach als eine Last gesehen hatte. Daher würde er alles daran setzen, dass Adam dieses Gefühl nie bekommen würde. Nun sah er wieder in die Runde, besonders intensiv aber zu Emily.

"Wir … Adam möchte zu Roselin" sagte er knapp und plötzlich herrschte eine unangenehme, erdrückende Stille im Raum.

Emily nickte, als sie den Wunsch hörte, den Nathanael für Adam äußerte. Natürlich wollte er zu ihr.

"Später, es ist gerade schlecht, Nion ist bei ihr. Der Rat hat entschieden, dass Roselin bei Sonnenuntergang morgen ausgelöscht wird. Leopold wird das Urteil vollstrecken." Emily lächelte traurig.

"Ich wollte den Beiden noch einen ungestörten Moment geben." Sie hoffte, dass Nathanael dafür Verständnis zeigen würde.

"Und du Adam, musst dich ein wenig ausruhen. Dein Körper wird eine Verwandlung durchmachen, die sehr schmerzlich sein kann."

Adam umarmte Emily noch immer ein wenig und hatte seinen Kopf an ihre Schulter gelehnt. Er fühlte sich wirklich müde, aber nicht so, als ob er schlafen wollte. Eher einfach nur ein bisschen ausruhen.

Natürlich verstand Nathanael diesen Entschluss und er fand ihn sogar gut. Sein Freund Nion würde etwas durchmachen, was sich Nathanael gar nicht ausmalen mochte, nachdem er dieses Erlebnis hatte. Er konnte Adam vor dem Tod bewahren, aber Nion würde nichts daran ändern können, dass Roselin bald nicht mehr da sein würde. Er würde seine Liebe verlieren, zumindest hatte Nathanael das Gefühl, Nion empfand mehr für die Verrückte und er würde sie für immer verlieren. Wenn es wahre Liebe war, so würde sich der ältere Vampir wohl nie wieder verlieben, nie mehr so, wie er es für sie empfunden hatte, doch gab Nathanael diesem auch ein wenig selber Schuld daran, dass es so weit kommen musste. Jeder wusste um die instabile Psyche Roselins, aber Nion hatte sich immer wieder von ihr erweichen lassen, sie überall mit hin genommen und sogar mit zu Adam, obgleich auch Nion einsehen musste, dass dies eine verdammt dumme Idee gewesen war. Doch nun war es zu spät und so konnte Nathanael seinem Freund nichts mehr vorhalten. Er würde ihm eine Schulter anbieten, wenn er diese brauchte, aber er würde die Dinge nicht schöner reden, als sie waren. Dann nickte er zu Emily.

"Wir warten dann in dem Zimmer" sagte er leise und zog Adam sanft aus ihrer Umarmung, wobei sich der doch geschwächte Körper etwas hilflos an den seinen lehnte.

Erneut nahm er ihn auf die Arme, laufen wäre wohl fast unmöglich in diesem beinahe schlafenden Zustand.

"Könntest du wohl noch neue Kleider bringen?" fragte er mit einem Blick zurück an Emily gewandt.

Emily nickte, als Nathanael um die neuen Kleider für Adam bat.

"Ich werde sie auf dein Zimmer bringen lassen. Und das Bett lasse ich auch neu beziehen. Geht doch solange in mein Zimmer, ich werde euch dann holen lassen ja?" Sie herzte beide nocheinmal, ehe sie sich entfernten.
 

Man hatte Roselin in eines der vielen Verließe des Hauses gesteckt. Gleichgültig hatte sie das Urteil des Rates entgegengenommen, denn noch immer war ihre Rache, ihr Blutdurst nach dem Blut des Menschenkindes nicht gestillt. Wahnsinn sprach aus ihren Augen, Wut verzerrte ihr sonst so hübsches Gesicht. Wie ein Tier in seinem Käfig lief sie unruhig in dem sauberen violetten Kleidchen auf und ab, welches sie trug.

Trotz des Blutbades, welches sie angerichtet hatte, war kein Tropfen auf sie gefallen und hatte sie befleckt. Ob es ihr wohl gelungen war, endlich ihr Werk zu vollenden? Ob der Junge wohl jetzt tot war? Doch diese Fragen würde man ihr wohl nie mehr beantworten können. Bei dem leisen Quietschen der großen Holztür, drehte sie sich um und sah zu dieser. Im Halbdunkel des Kellergewölbes konnte sie Nion ausmachen, der nun eintrat. Mit schnellen Schritten eilte sie zu den Stäben und umklammerte sie mit dünnen Fingern.

"Nion bitte... lass mich hier raus!"

Nion hatte einige Zeit mit Roselin bekommen. Die ersten Minuten konnte er sich nicht dazu überwinden, überhaupt in die Verließe zu gehen. Er wusste nicht, ob er sie vorher noch einmal sehen wollte oder nicht. Dennoch hatten ihn seine Füße irgendwann in die kühlen Keller geführt und nun stand er in einer kleinen Zelle, wo am Ende ein Käfig war, anders konnte man es nicht beschreiben. Unverkennbar war doch Roselin in ihrem Kleidchen, mit ihren goldenen Locken.

Sie sah immer noch unschuldig aus, obgleich Nion mit angesehen hatte, zu was sie fähig war. Langsam trat er an das Gitter heran, wo Roselin ihn bereits erwartete.

"Ich kann dich nicht raus lassen", sagte er mit leiser und ruhiger Stimme.

"Das hier ist nicht mein Keller, Roselin."

Er lächelte leicht und setzte sich auf den Schemel, sah zu dem Mädchen hin, dass sich einfach hatte fallen lassen. Wie konnte das aus ihr geworden sein. Nathanael, Nion und sie hatten eine Gruppe gebildet, sie hatten alles gemeinsam erlebt und doch war Roselin die einzige gewesen, die durchgeknallt war. Oder zumindest so sehr dem Blutrausch verfallen, dass sie einfach den Kopf verloren hatte. Er sah auf ihre Finger, musterte ihr Gesicht, dass so zwanghaft versuchte allen Wahnsinn zu vertuschen und ihren Körper, der eine Mischung aus Weiblichkeit und Kindheit widerspiegelte, dass Nion gar nicht verstand, wieso sein Herz sie erwählt hatte. Eine verrückte Göre, die einfach nie aus der Pubertät heraus gekommen war. Er lächelte leicht.

"Wie geht es dir, Roselin" fragte er und sah zu dem Mädchen.

Wie ein schmollendes Kind ließ sich Roselin elegant auf den Boden plumpsen und sah mit großen blauen Augen zu Nion. Das er ihr einfach einen Wunsch verwehrte war gemein. Sonst hatte er ihr doch auch immer geholfen. Als sie seinen forschenden Blick nicht mehr standhielt, senkte sie den Blick, starr auf ihre Hände gerichtet. Mit einem Mal war ihr so schwindlig, dass sie sich den Kopf halten musste und schließlich abstützen, damit sie nicht umfiel.

"Oh..." sagte sie erstaunt, als sie ein paar Mal blinzelte.

"Nion?" Fragend sah sie zu dem brünetten Vampir.

"Wo... bin ich? Was mache ich hier hinter diesen Gittern?" Sie rutschte noch ein wenig näher an die Stäbe heran, sodass sie den Anderen ohne Probleme ansehen konnte. Warum spiegelte sich in seinen Augen so eine unendliche Trauer.

"Nion jetzt sag doch etwas!"

Panik erfüllte Roselin, weil sie einfach nicht wusste, warum sie durch diese schrecklichen Gitter voneinander getrennt waren. Kaum, dass Roselin einen Moment still gewesen war, kam auch schon ihre Vernunft zurück. Nion sah auf und erkannte diese klaren, liebevollen Augen. Und nun war ihm wieder bewusst, was ihn zu ihr geführt hatte. Er rutschte langsam von dem Schemel und kniete vor dem Gitter, strich sanft über die Hand, die er erreichen konnte.

"Du hattest wieder … einen Aussetzer" sagte er leise.

Dann seufzte er traurig und auch wenn er es verhindern wollte, sah er sie voller Mitleid an.

"Es war schlimmer als sonst. Der Rat bespricht sich nun über dich", sagte er leise.

Dass das Urteil bereits gefällt war, verschwieg er ihr. Er hoffte inständig, sie würde wieder ihren Verstand verlieren, wenn man sie hinrichten würde. Das würde es beiden um einiges leichter machen.

"Wir haben nur einen kurzen Moment zusammen, Roselin" erklärte er ihr leise und strich über ihre Wange.

"Dann muss ich wieder gehen" sagte er noch und biss sich auf die Lippe, um nicht noch einmal traurig zu seufzen.

Sie umschloss die zarten Finger des Brünetten liebevoll und sah die ganze Zeit in sein betrübtes Gesicht während er sprach. Allein schon, wie er sich verhielt, sagt ihr, dass das Urteil bereits gefällt worden war. Nion war schon immer ein eher durchsichtiger Charakter gewesen. Leicht zu durchschauen und ein bisschen zu manipulieren. Das mit dem Aussetzer traf sie doch heftig und auch sie senkte seufzend den Blick.

"Es tut mir Leid, was immer ich getan habe und das weißt du." Sie sah wieder zu Nion, löste eine Hand und hob damit seinen Kopf an, damit sie ihm in die Augen sehen konnte.

"Aber du weißt, dass es für mich keinen anderen Weg gibt, als den Tod Nion. Es ist eine Erlösung für mich und eine Erlösung für euch alle. Ich bereite euch nichts weiter als Kummer und Sorgen. Nathanael, meiner Mutter ... doch am allermeisten wohl dir, da du dich immer um mich kümmern musstest." Sie lehnte ihren Kopf gegen die Stäbe und küsste Nion sanft auf die Wange.

"Und dabei war es so eine schwere Bürde für dich. Ausgerechnet dich mussten sie erwählen, um mich zu verwahren. Mich, die verrückte Roselin." Ihre Stimme war warm und klar, wie ein Sommermorgen.

"Dir wird es besser ergehen, wenn ich nicht mehr da bin Nion."

"Sag das nicht" widersprach er ihr leise und blickte traurig in ihr Gesicht.

"Nicht ein Tag habe ich bereut, an dem ich dich in meiner Obhut hatte. Ich habe bereut, ich bereue noch immer, dass ich dir nicht helfen kann. Das ich nichts daran ändern kann!" Er hielt sich mit einer Hand an dem Gitter fest.

"Weniger du bereitest mir Kummer, als der Gedanke daran, wieso es so gekommen ist. Du bist eine so wundervolle Frau, Roselin" flüsterte er leise und seufzte dann leicht.

Er wusste nicht, ob es ihm wirklich besser gehen würde, wenn sie nicht mehr war. Vielleicht später einmal, wenn er sich keine Sorgen mehr machen brauchte, wenn sie nicht mehr da war, wo sie sein sollte, wenn er nicht mehr mit sich kämpfte, ihr genug Vernunft zuzuschreiben oder sie doch lieber weiter zu verwahren. Doch im Moment und für einige Zeit in der Zukunft sah er sich nicht als sonderlich befreit.

"Ich würde dir die Welt zu Füßen legen, wenn es helfen würde, Roselin. Dir alles geben, dir alles zukommen lassen, aber …", wieder schwieg er und wich einem Moment ihrem Blick aus, nur um dann erneut über ihre Hand zu streichen.

"Lass uns nicht über das Unmögliche reden."

Nion zwang sich zu einem leichten Lächeln und überlegte. Er versuchte sich an schönere Zeiten zu erinnern, irgendwelche gemeinsamen Aktionen, wo alle Spaß hatten. Lustige Dinge, schöne Dinge, vielleicht auch Unfälle, die im Nachhinein einfach zum Lachen waren. Doch eigentlich fiel ihm nichts ein.

"Hey" sagte er plötzlich und schaute voller Schalk zu Roselin.

"Weißt du noch, als wir der alten Schäferin einen Schrecken eingejagt haben? Selbst ihre Schafe waren davon gelaufen, als wir plötzlich hervor gesprungen kamen und eigentlich nur brüllten. Ihr Gesicht war lustig." Das war das Einzige, was er gerade hervorrufen konnte, wo es ohne ein blutiges Ende ausgegangen war, sondern wirklich nur ein Scherz viel zu frühreifer, noch gar nicht ganz eigenständiger Vampire.

Roselin lachte leise. Eine Frau also? Sie steckte seit über 90 Jahren in einem Körper fest, der weder der eines Mädchens war, noch der einer Frau. Hätte Emily sie nicht gerettet, wäre sie sicherlich an dieser schrecklichen Erkrankung, die ihren Körper heimsuchte, gestorben. Hämophilie, hatten ihr die Ärzte erklärt und an dem Abend hatte sie sich an einem Glas geschnitten und nicht mehr zu bluten aufgehört. Ungeachtet hatte man sie in einem Graben liegen lassen und wäre die schöne, weise Frau nicht des Weges gekommen, wäre sie wohl jämmerlich verblutet.

Sie kicherte leise, als sie daran erinnert wurde. Bei dem Vorfall auf die Schäferin war sie noch gar nicht so alt gewesen. Gerade mal 2 Jahre hatte sie damals als Vampir gelebt und da war sie auch noch normal gewesen. Das alles hatte erst viel später begonnen, als sie nicht mehr zufrieden mit diesem Leben gewesen war und nichteinmal sterben hatte können.

"Ja, wie war ziemlich geschockt gewesen, wie mir scheint." Sie küsste seine Hand.

"Diese Dinge, die du für mich tun würdest Nion, sie sind weder unmöglich, noch törricht. Wenn ich zu einem anderen Zeitpunkt verwandelt worden wäre, in einer anderen Zeit, in einem anderen Leben. Ich hätte gänzlich dir gehört. Ich hätte dir mein Herz geschenkt. Doch es jetzt noch zu tun, wo uns nur noch so wenig Zeit bleibt, wäre es äußerst niederträchtig und gemein von mir." Sie lachte bitter bei diesen Worten.

"Wobei das wohl sehr auf mich zutreffen würde nicht wahr?"

Leicht lächelte er. Ja, eine andere Zeit, ein anderer Ort, vielleicht auch ein ganz anderer Erschaffer, wer konnte das schon wissen, was Roselin verändert hätte. Vielleicht hatte sie als Mensch schon zu viel böses erfahren müssen, als das sie einfach hätte glücklich werden können.

"Lieber würde ich mir deine Gemeinheiten antun, als ganz ohne dich da zu stehen" flüsterte er, auch wenn die Worte nicht ganz für ihre Ohren bestimmt waren.

Er sah auf und erblickte diese schönen Augen, dieses zierliche Gesicht und wieder war es ihm unverständlich, wo das Monster herkommen sollte, dass sie manchmal so plötzlich übermannte.

"Du bist nicht niederträchtig, Roselin" er schmunzelte etwas.

"Aber gemein bist du wirklich" gab er dann mit einem Grinsen zu.

Dann sah er sie sehnsüchtig an. Am liebsten würde er sich ihrer Strafe anschließen und so innig darauf hoffen, dass es auch nach ihrem Tod noch etwas gab, etwas, wo sie einander haben und glücklich werden konnten. Auch wenn er sich nicht sicher war, wie tief ihre Liebe zu Nathanael noch ruhte, ob sie wirklich bereit wäre, ihr zerbrochenes Herz in seine Hände zu legen.

Roselin verdrehte lachen die Augen. Man hätte beinahe den Eindruck gewinnen können, sie würden irgendwo in einem gemütlichen Wohnzimmer sitzen und nicht in diesem kalten und schrecklichen Verließ.

"Vergib mir Nion, alles was ich dir angetan habe." Sie küsste ihn zärtlich auf die Wange.

"Egal, was mit mir geschieht, ich werde immer bei dir sein." Sie löste ihre Hand vom Gitter und legte sie auf die Stelle, wo sein Herz hätte schlagen sollen.

"Genau hier drin, werde ich dir für immer in Erinnerung sein und allein dieser Gedanke macht es mir erträglicher, meinem Urteil entgegenzu treten. Gräm dich nicht meinetwegen. Ich hätte dich nie verdient gehabt. Weder Nathanael und am allerwenigsten hab ich dich verdient." Sie küsste ihn wieder zart, diesesmal auf den Mundwinkel.

"Ich liebe dich Nion. So sehr und nie konnte ich es dir zeigen. Vergib mir!"

Ein herzzereißendes Schluchzen kam über ihre Lippen, doch fehlten die Tränen dazu. In ihrem Blick aber lag ein so großer Schmerz, dass man das leicht sehen konnte.

Er legte schweigend seine Hand auf die ihre, als sie diese auf seine Brust legte. Ja, sie würde wirklich ein Teil seiner selbst bleiben, wenn auch nur eine Erinnerung, ein Bild, ein hübsches Bild in seinem Kopf und irgendwann nur noch ein süßer Schmerz in seiner Brust, wenn er an die vergangenen Tage dachte. Die ganzen Liebeleien und liebevollen Worte, die sie ihm zukommen ließ waren alles andere als erleichternd für ihn und doch beflügelten sie ihn, ebenfalls mit einer Art Zuversicht dem Tag entgegen zu eifern.

Roselin musste sich selber hassen, so wie sie über sich redete und es würde in der Tat eine Erlösung für sie sein, nicht mehr diese schrecklichen Charakterwandel zu haben und die Kontrolle zu verlieren. Eine Erlösung auch, endlich in Frieden ruhen zu können. Gerade als er widersprechen wollte, dass sie selber im Grunde jeden verdient hätte, küsste sie ihn sanft auf den Mundwinkel und verschlug ihm damit jede Sprache. Er sah nur in ihr schmerzverzerrtes Gesicht, sah ebenfalls mit einem traurigen Blick zu ihr.

"Sei nicht traurig, Roselin" flüsterte er leise und legte beide Hände durch die Gitterstäbe an ihre Wangen.

"Ich habe dir schon längst vergeben" flüsterte er leise und obgleich er sich geschworen hatte, seine Gefühle tief in seinem inneren zu begraben, so zog er sie nun doch an die Gitterstäbe, um sie sanft zu küssen.

Diese kühlen Lippen, die gerade heute ihre letzte Schandtat vollbracht hatten und so viel Unheil über die ganze Umgebung bringen mussten, diese Lippen waren so zart und unerwartet liebevoll, dass Nion sich überrascht wieder von ihr löste.

"Verzeih" kam es dann ganz erschrocken von ihm und noch ungläubiger sah er zu ihr und löste seine Hände von ihren Wangen.

Doch die Vampirdame hielt ihn am Kragen seines Hemdes zurück, sodass er sich gar nicht weiter von ihr lösen konnte. Ihr Blick war wieder weicher geworden, ruhiger, während Nion so nah bei ihr war.

"Bitte, schenk mir noch ein paar ruhige Stunden Nion... Liebster! Ich möchte nicht alleine sein. Nicht alleine hier solange warten müssen!" Sie streichelte wieder über Nions Wange.

"Ich wünschte, uns wäre mehr Zeit vergönnt gewesen. Ich wäre normaler gewesen." Wieder lachte sie traurig, küsste Nion erneut. Dann löste sie sich von ihm und zog sich ein bisschen zurück.

"Bitte Nion, würdest du Adam sagen, dass es mir sehr sehr Leid tut? Das was ich ihm angetan habe? Dafür gibt es keine Entschuldigung auf dieser Welt, ich habe sein Mitgefühl nicht verdient. Und bitte, sieh zu, dass er morgen nicht dabei ist. Er soll es nicht sehen müssen!"

Ein paar ruhige Stunden? Da hatte sich Roselin aber viel Zeit eingerechnet. So viel Zeit war ihnen gar nicht vergönnt, doch er nickte nur. Gerne wollte er bei ihr bleiben, ihr ein wenig die Angst nehmen.

"Ich kann ihm nicht verbieten zu kommen. Es ist öffentlich und für jeden frei" sagte er leise.

Warum sollte er noch darum herum reden, wenn Roselin gescheit genug war, dass sie bereits wusste, was mit ihr geschehen würde. Sanft nahm er ihre Hand, die er gerade noch erreichen konnte, ohne sich gegen die Gitter zu pressen und zog sie auffordernd zu sich.

"Ich kann nicht herein kommen" sagte er leise.

"Bitte, komm wieder her" bat er sie dann leise, mit einer liebevollen Stimme.

Er war sich nicht sicher, ob sie ihre Worte ernst meinte, ihn wirklich liebte, wie er es sich wünschte, oder ob es doch nur wieder ein Versuch war, ihn um den Finger zu wickeln. Aber er wollte nicht darüber nachdenken, wollte, auch wenn es gespielt sein sollte, wenigstens die letzten Momente genießen.

Hätte Roselin seine Gedanken hören können, hätte sie diese sogar verstanden. Es war niemanden zu verübeln, wenn man ihr nicht glaubte, wenn sie etwas sagte, doch jedes der Worte, das im Moment über ihre Lippen kam, war ernst gemeint und entsprach der Wahrheit und der tiefe ihrer Gefühle. Schon lange hatte sie den klaren Zustand nicht mehr so lange aufrecht erhalten können wie jetzt. Aber es lag wohl sehr an der Tatsache, dass es das war, was ihr bevorstand, was diesen Effekt bei ihr auslöste. Auf die Bitte Nions hin, rückte sie wieder näher an die Gitter, legte ihre Hand wieder in seine. Es fühlte sich so richtig an, bei ihm zu sein.

"Wie geht es Emily?" fragte sie leise und mit gesenktem Blick.

Sie wollte sich gar nicht vorstellen, welche Schande sie für die Fürstin sein musste. Eine mörderische Ausgeburt und eine unkontrollierbare Gefahr. Ein ungeliebtes Kind. Doch Emily hatte ihr immer Wärme und Güte entgegengebracht, selbst in nicht so klaren Momenten. Sanft umschloss Nion wieder ihre Hand.

"Emily. Es nimmt sie sehr mit und am liebsten würde sie alles daran tun, den Tag abzuwenden. Aber sie ist nur eine Stimme aus dem ganzen Rat und auch wenn sie nicht die einzige ist, die damit nicht einverstanden ist, so kann man doch nichts daran ändern" sagte er leise.

"Sie trauert darum, dich zu verlieren, weil sie genau so weiß wie ich, dass du eine wundervolle Frau bist und eigentlich so viel besseres verdient hättest" sagte er leise und streichelte mit seinem Daumen ihren Handrücken.

Aber egal, was er sagte, im Grunde war alles überflüssig. Es würde sich gar nichts ändern, außer vielleicht die Tatsache, dass Roselin ihm tatsächlich zuhörte und auch scheinbar alles aufnahm, was er erzählte, dass sie sich Gedanken machte und dabei nicht mal irgendwelchen Unsinn produzierte, dass sie sagte, dass sie ihn liebte, dass sie einfach so war, wie er sie kennen gelernt hatte.

Er sah wieder in ihre Augen, wo nicht ein bisschen ihres Wahns zu erkennen war. Einfach nur klare, große Augen, die aber schon so leblos wirkten und so ohne Hoffnung, dass ein Leben nach diesem Tag wohl gar nichts bringen würde. Er lehnte seine Schläfe an die kühlen Gitterstäbe, schloss die Augen und genoss einfach das Gefühl ihrer Nähe, die sanfte Hand in der seinen.

"Ich liebe dich, Roselin. Ich liebe dich", flüsterte er und sah sie sehnsüchtig an.

"Ich liebe dich, seit dem ersten Tag", er lächelte ein wenig, "und mit jedem Tag liebe ich dich mehr", flüsterte er und sah sie an, als wäre sie das einzig schöne Wesen auf Erden.

Bei diesen Worten löste sie ihre Hand und legte sie wieder an die Wange von Nion. Wie gerne hätte sie ihn jetzt einfach an sich gedrückt. Wie gern hätte sie gehört, dass alles gut werden würde. Doch sie konnte ihrem Schicksal nicht entrinnen, es einfach nur mit Würde tragen und das würde sie tun.

"Ich weiß Nion, ich weiß."

Aber das auch sie ihn liebte, das konnte sie einfach nicht sagen. Und Nion würde es auch so wissen, schließlich hatte sie es ihm ja bereits gesagt. Und es tat ihr so Leid um alle, die sie mit in diese Geschichte gezogen hatte. Vor allem grämte es sie um ihre Mutter, die ihr doch ein neues Leben hatte schenken wollen und sie hatte es mit Füßen getreten. Etwas so wertvolles und sie wollte nichteinmal, dass man ihr vergab, denn das würde all ihren Lieben das weitere Leben erleichtern. Doch Nion würde auf ewig Leiden, dass war ihr durchaus klar.

"Wie lange denkst du, kannst du bleiben?" fragte sie nach einer Weile des Schweigens.

"Du sagtest, man hätte dir... uns nur einen kleinen Moment gegeben."

Er zuckte leicht mit den Schultern.

"Ich weiß nicht. Eine genaue Einschränkung bekam ich nicht, nur, dass es nicht viel Zeit sein wird."

Aber das war durchaus eine relative Aussage und so hoffte Nion einfach darauf, dass es lange "nicht viel" Zeit sein würde. Wie gerne würde er nun zu ihr rein gehen und ihre Nähe ein wenig mehr genießen, aber er war sich sicher, dass nicht einmal eine Frage etwas ändern würde, vielleicht würde Roselins Vernunft dann auch nachlassen. Er strich sanft über ihre Wange.

"Du weißt, einen letzten Wunsch kann dir keiner ausschlagen", sagte er mit einem Grinsen. "bis auf deine Freiheit oder Strafmilderung" korrigierte er und verdrehte dabei gespielt die Augen.

"Du solltest dir schon mal Gedanken machen."

Sie lächelte, als er die Augen so verdrehte. Sie hatte einen einzigen letzten Wunsch und dieser erfüllte sich gerade. Nion bei sich zu wissen, war es, was sie immer gewollt hatte, zumindest wenn es ihren letzten Wunsch betraf. Roselin strich ihm wieder über die Wange.

"Das ist schon okay, ich brauch mir keine Gedanken darüber zu machen, was ich möchte. Das hab ich bereits alles." Sie lachte leise.

"Weißt du noch, als wir uns das erste Mal gesehen haben?" Ein kindlicher Ausdruck trat in ihre Augen.

"Du meintest, ich wäre der Stereotyp eines kleinen verwöhnten Mädchens."

Ein wenig gerührt war er schon, doch war es keine Zeit für Tränen. Er wollte glücklich von ihr Abschied nehmen und ihr die Reise leichter machen, also durfte er wohl kaum darum trauern. Als sie dann ihr Treffen ansprach, lachte er sogar ein wenig.

"Oh ja, du warst aber auch eine schrecklich verwöhnte Göre. Und so ein Dickkopf" meinte er amüsiert und er hatte nicht das Gefühl, dass sich das bei Roselin irgendwann geändert hätte.

Eher war sie noch eingebildeter geworden, oder einfach erwachsener, das konnte er so genau gar nicht sagen. Roselin lachte ebenfalls.

"Ich bin immer noch verwöhnt und dickköpfig. Und du bist schuld. Hättest du mich nie so verhätschelt, wäre es gar nicht so weit gekommen" grinste sie.

Nion hätte es sicher schaffen können, aus ihr eine normale Frau zu machen, wenn ihr Geist und ihre Seele nur mitgespielt hätten. Doch dem war eben nicht so gewesen und man konnte es nicht mehr ändern.

"Wir hatten eine schöne Zeit zusammen nicht wahr? Alles was wir gemacht haben war schön, bis zu einem gewissen Grad, andem ich mich verabschiedet habe."

Stimmt, vielleicht war tatsächlich er schuld daran, dass sie so verwöhnt geblieben war.

"Nein Roselin" flüsterte er leise und lächelte sie an.

"Alles was wir zusammen gemacht haben, war schön" sagte er dann.

"Und wird schön bleiben." Er schmunzelte etwas.

Zumindest die Erinnerung daran würde für ihn immer schön bleiben. Und wer wusste schon so genau, vielleicht gab es doch so etwas wie eine zweite Chance. Plötzlich knarrte die Holztür wieder und er drehte sich um. Auch Roselin hob den Blick, doch nicht für lange und auch sie konnte ihren Blick einfach nicht von Nion wenden.

"Ich denke, du musst gehen. Versprich mir, dass du auch weiterhin auf dich Acht geben wirst, wenn ich nicht mehr da bin." Sie beugte sich nocheinmal kurz zu ihm vor und küsste ihn sanft auf die Lippen.

"Bleib stark Nion, du wirst wieder jemand anderen finden."

"Rose" kam es erneut voller Verzweiflung von ihm und er küsste sie noch einmal voller Liebe, löste sich dann aber langsam von dem Gitter und schritt rückwärts zur Tür.

Er konnte sie einfach nicht aus den Augen lassen. Er konnte nicht glauben, was passieren würde. Gerade jetzt, wo sie so vernünftig war, so ganz bei sich! Warum sah das denn niemand und änderte das Urteil. Doch bevor er noch selber die Nerven verlor, drehte er sich um und ging aus dem Kellergewölbe.

Als Nion verschwunden war, zog sie sich wieder in eine dunkle Ecke des Käfigs zurück und schlang ihre Arme um die Beine. Jetzt fühlte sie sich so allein, wie schon immer in ihrem Leben. Doch das würde ja schließlich bald vorüber sein. In ein paar Stunden, war das alles vorbei und es würde nichts mehr von ihr oder ihrem verdammten Leben übrig. Niemand würde sich über kurz oder lang mehr an sie erinnern und das war auch gut so.

Kapitel 18

Kapitel 18

Nathanael und Adam waren nun schon einige Zeit schweigend im Zimmer gewesen. Es war eine komische Situation. Nathanael fühlte sich befreit bei dem Gedanken, Roselin würde nie mehr etwas anrichten können, aber es bedrückte ihn auch. Er kannte Roselin als normales Mädchen, kannte sie aber auch als die Verrückte, die sie immer öfter wurde. Und so konnte er sich nicht entscheiden, wie er sich fühlen sollte. Auch Adam schien beklemmt zu sein, zumindest hatte auch er die ganze Zeit über nichts gesprochen, aber vielleicht war er noch zu erschöpft oder sein Körper fing bereits an, sich zu wandeln. Schließlich klopfte es an der Tür und mit einem geknickten Blick kam Nion herein und nickte Nathanael zu. Ihm wurde gesagt, dass die beiden noch einmal zu Rose wollten und er hoffte, dass sie noch jetzt vernünftig bleiben und den beiden einen schönen Abschied schenken würde, zumindest Nathanael. Dann verschwand Nion wieder ohne ein Wort gesagt zu haben und Nathanael sah zu seinem Liebsten.

"Wir können nun zu Roselin. Bist du sicher, dass du das möchtest?" fragte er und strich über die Wange Adams.

Adam hatte schweigend auf dem Bett gelegen und an die Decke gestarrt. Es war ein merkwürdiges Gefühl, müde zu sein, aber nicht schlafen zu können. Und er hatte das Gefühl, dass sich seine Gedärme ständig zusammenzogen und wieder entkampften. Es war ziemlich schmerzhaft, aber er zeigte nichts davon, da er Nathanael nicht beunruhigen wollte. Als Nion das Zimmer betrat, sah er dessen verletzten Gesichtsausdruck und wie erschöpft dieser nun wirkte. Er war wohl bei Roselin gewesen, doch den anderen Ausdruck in seinen Augen wagte Adam nicht zu deuten. Aber es erinnerte ihn irgendwie an die stille Zuneigung, die er für Nathanael empfand. Als dieser ihm nun die Frage stellte, nickte er und setzte sich unter Stöhnen ein wenig auf.

"Ja, ich bin mir sicher. Ich möchte ihr vergeben Nathanael. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte ich dich nie kennengelernt und du hättest mich nie zu einem Vampir gemacht."

Leicht seufzte Nathanael.

"Schreib ihr mal nicht zu viel Dank zu" sagte er leise.

Adam durfte nicht vergessen, dass seine ganze Familie bei ihrem Wahn gestorben ist. Gut, Nathanael und Nion waren sicher nicht unbeteiligt, aber töten wollten sie niemanden und schon gar nicht so sinnlos niederschlachten, wie Roselin es getan hatte. Sanft strich er über seinen Kopf.

"Geht es dir schlechter", fragte er nach und strich sanft über Adams Bauch.

"Es ist normal, wenn dein Körper ein wenig schmerzt. Deine Organe werden nicht mehr versorgt und sterben langsam ab. Es wird aber nicht lange dauern" versprach er ihm.

Dann zog er ihn sanft zu sich und hob ihn wieder auf die Arme. Er war sich nicht sicher, ob Roselin überhaupt wollte, dass Adam sie sah, aber das würden die beiden schon gleich heraus finden.

Adam ließ sich von Nathanael wieder auf den Arm nehmen und umarmte ihn sanft. Leicht hauchte er zärtliche Küsse auf die Wangen des Älteren und streichelte über dessen Rücken. Er liebte Nathanael einfach und konnte sich bei weitem wirklich nicht vorstellen, keine Zeit mehr mit diesem zu verbringen. Langsam gingen sie nun in den Keller. Ein Teil des Hauses, der ihm selbst in seiner Zeit verwehrt geblieben war, als er hier gewohnt hatte.

"Du Nathanael? Können wir nicht zu Emily ziehen?" fragte er mit einem schüchternen Blick.

"Ich glaube, ich möchte nicht mehr in der Hütte wohnen, dass wäre mir irgendwie zu... strange."

Das er sich jetzt ein richtiges zu Hause wünschte, wollte er nicht sagen. Adam hatte sich in der Blockhütte wohlgefühlt, dass stand natürlich außer Frage, aber hier hatte er sich doch noch etwas geborgener gefühlt. Sicherlich würde er sich nach Nathanael richten, doch es schien ihm nach wie vor eine nette Idee zu sein, aber schon drängte sich ihm etwas neues auf.

"Oder ... du kamst doch nach deiner Verwandlung erst hierher nicht wahr? Lass uns doch auch in ein anderes Land ziehen."

Nathanael sah zu Adam und war ein wenig skeptisch. Wieso wollte er denn hier her? Eigentlich hatte Nathanael nicht vor, zu Emily zurück zu kehren, aber wenn Adam sich in der Hütte nicht länger wohl fühlte, wie sollte er ihn dann dazu bringen, dort zu bleiben und das wahrscheinlich noch eine sehr lange Zeit. Doch noch bevor er etwas sagen konnte, kam Adam bereits mit einer neuen Idee.

"Ich kam mit Emily hier her, ja. Aber das hatte andere Gründe als meine Verwandlung" sagte er nur knapp und schon waren sie im Kellergewölbe angekommen.

Er setzte Adam leicht ab und entdeckte das kleine Mädchen in der wohl dunkelsten Ecke des Gefängnisses.

"Hey Roselin" sagte er leise und bemerkte eine kleine Bewegung.

Der junge Mann schwieg zu diesen Worten. Er würde gern ein bisschen was von der fremden Welt kennenlernen, von der man sich so viel erzählte. Bei Tag war das ja nun nicht mehr ganz so einfach, aber bei Nacht war es niemals unmöglich, es nicht zu tun. Als er wieder auf den Boden gestellt wurde, blieb er ein bisschen hinter Nathanael, sodass Roselin, ihn nicht gleich erkennen konnte.

Diese saß in einem Käfig ganz an das hinterste Eck verkrochen und blickte nun zu dem schwarzhaarigen Vampir auf. Als sie seine Stimme hörte, schoss sie in die Höhe.

"Nathanael!" Sie war mit einer äußerst flinken Bewegung an den Stäben angelangt.

"Was machst du hier? Wo ist Adam?"

Bei ihrer Frage trat der Junge hinter dem Rücken von Nathanael hervor und blickte schüchtern zu der blonden Frau. Diese sah erst ihn an, dann sah sie geschockt zu Nathanael.

"Es tut mir so Leid. Ich habe dich dazu gezwungen, etwas zu tun, was du nie tun wolltest. Es tut mir so Leid Nathanael!"

Leicht schüttelte dieser den Kopf.

"Es ist schon in Ordnung" sagte er leise und kam mit Adam näher.

"Aber wir sind nicht hier, um dir irgendwas vor zu halten" klärte er sie auf und schob dann seinen Liebsten ein wenig vor.

Immerhin wollte er mit ihr reden. Worte würde Nathanael keine finden, die ausdrücken konnte, wie er der Sache gegenüber stand. Alles was er vielleicht zu sagen hatte, war die Tatsache, dass er die meiste Zeit mit Roselin genossen hatte und es ihm beinahe Leid tat, ihr so viele Hoffnungen gemacht zu haben, es könnte mehr als nur eine Freundschaft entstehen, obgleich er von den Gefühlen von Nion wusste und eigentlich ahnte, dass Roselin nicht zu ihm passen würde. Aber das waren keine Worte, die zum Abschied gesprochen werden mussten, also würde es an Adam sein, alles zu sagen, was auch immer ihn noch belastete.
 

Adam nahm all seinen Mut zusammen und ging ganz nah zu dem Verließ hin. Er beobachtete Roselin dabei die ganze Zeit, wie sie sich verhielt, was sie tat, um auch nur einen unterschwelligen Gedanken daran zu erahnen, ob sie böses mit ihm vorhatte. Doch schließlich stand er vor ihr und nichts dergleichen war zu beobachten. Ihr Blick war klar, die kristallblauen Augen auf ihn gerichtet.

Sie beäugte ihn mindestens genauso misstrauisch, wie er sie. Adam musste sich aber auch eingestehen, dass sie ein hübsches Wesen war. So zierlich und fast schon zerbrechlich wirkend. Man konnte gar nicht erahnen, dass sie zu solche Gräueltaten fähig wäre, wenn er nicht selbst Zeuge einer geworden wäre.

"Adam" sagte sie mit leiser Stimme. Es klang wie ein Glockenspiel.

"Schön, dass es dir gut geht."

Der Junge nickte bei ihren Worten.

"Danke."

Adam trat noch einen Schritt näher an Roselin heran, legte seine kalten Hände auf die ihrigen. Sie war noch ein bisschen kleiner als er selbst.

"Ich wollte mich von dir verabschieden und dir sagen, dass ich dir dankbar bin. Zwar nicht dafür, dass du meine Familie getötet hast. Aber dank dir durfte ich wunderbare Menschen kennelernen und Nathanael hätte mich vermutlich sonst nie verwandelt." Er grinste leicht und auch Roselin lächelte traurig.

"Das mit deiner Familie tut mir Leid Adam. Ich hab mich nur so oft nicht mehr unter Kontrolle. Seit diesem Vorfall hatte ich es immer weniger." Ihre Hand legte sich nun auch auf seine Wange, wie schon zuvor bei Nion.

"Und das mit heute tut mir auch Leid. Ich hab dir die einmalige Chance genommen, ein normales Leben zu führen." Dann löste sie die Hand wieder.

"Aber jetzt geht. Alle beide und werdet glücklich miteinander." Roselin wandte ihren Blick zu Nathanael.

"Pass gut auf deinen Schatz hier auf. Er ist dir so viel näher, als ich es jemals hätte sein können. Ich wünsche euch alles Glück der Welt."

Nathanael hielt sich leicht im Hintergrund. Er wollte Adam die Möglichkeit lassen und auch Roselin sollte ungestört sein. Als sie dann aber ihn ansprach, ging er näher heran und lächelte zu ihr. Als dann Adam etwas zurück wich, ging er an das Gitter und flüsterte kaum vernehmbar zu Roselin.

"Ich werde auf Nion acht geben" versprach er ihr dann leise und lächelte ein wenig breiter, bis er schließlich grinste. Dann strich er ihr sanft über die Schulter.

"Ich habe die Zeit mit dir sehr genossen, Roselin. Du bist eine Bereicherung für mein Leben" waren dann Abschiedsworte, die er finden konnte, auch wenn sie ihm schwer fielen.

Nicht, weil sie gelogen waren, sondern fiel mehr, weil es so endgültig war. Roselin musste leicht springen, um die Wange von Nathanael erreichen zu können. Sie hauchte einen federleichten Kuss darauf.

"Ich danke dir dafür Nathanael, aber jetzt geh und werde endlich glücklich!"

Mit diesen Worten zog sie sich wieder von den Gittern zurück, in eine der dunklen Ecken.
 

Adam war bereits wieder zum Ausgang gegangen. So war Roselin also, wenn sie bei klarem Verstand war? Es war schockierend zu sehen, dass man sie nun töten wollte, auch wenn sie wieder ganz die Alte zu sein schien. Aber sie hatte ja selbst gesagt, dass sich ihr Zustand schnell ändern konnte. Draußen wartete er, bis Nathanael wieder bei ihm war und nahm in an der Hand. Er wusste, dass er diese Frage eigentlich gar nicht stellen brauchte, da er die Antwort schon kannte, dennoch tat er es.

"Du wirst da morgen Abend hingehen oder? Du wirst dabei sein, wenn sie ihr Leben auslöschen nicht wahr?"

Sanft nahm er die kühle Hand Adams. Ein merkwürdiges Gefühl war es ja doch, immer hin war sie bisher immer so warm gewesen.

"Ja, ich werde da sein" meinte er und streichelte dann sanft über seine Hand.

"Kannst du selber gehen?" fragte er, da Adam nicht den Anschein machte, als würde er gerade Schmerzen haben und seine Beine gaben wenigstens nicht mehr so nach, wie ganz zu Anfang.

Er fragte sich, ob die Wandlung, ob im Grunde das erneute Sterben seines Körpers bei Adam genau so heftig sein würde, wie es bei ihm selber war. Adam umschloss die sanften Finger fest. Doch er fühlte sich durchaus in der Lage, selbst gehen zu können. Auch wenn er noch immer etwas wacklig auf den Beinen war, Nathanael würde ihn schon auffangen. Die Schmerzen in seinem Innerne hatte auch bereits nachgelassen und wurden leichter. Doch was ihn nun bedrückte war diese Hinrichtung am kommenden Abend.

"Sie ist nett nicht wahr?" fragte er schließlich leise.

"Ich meine, wenn sie nicht gerade Dr. Jeckyl und Mr. Hyde in einem wäre, wäre sie doch ganz nett."

Er fand es einfach nicht gerecht, dass Andere so einfach über ihr Leben urteilen konnten. Soetwas sollte man doch noch immer selbst bestmmen dürfen.

"Ja, sie kann nett sein" sagte der Vampir und lächelte zu Adam.

"Aber ich glaube alle anderen wären Schmusekater im Vergleich" meinte er schließlich noch.
 

Dann führte er ihn wieder zum Zimmer. Dort angekommen zog er Adam gleich wieder zum Bett.

"Hör zu. Roselin ist ein nettes Mädchen und sie bedeutet mir tatsächlich sehr viel, aber sie hat so vieles angestellt, so vieles angerichtet, wofür man nur sie alleine verantwortlich machen kann. Und ich rede nicht nur über die Vorfälle mit dir und deiner Familie, es gibt so viel mehr, wo sie über die Grenzen getreten ist und immer wieder wurde ihre Unzurechnungsfähigkeit ihr Glück. Aber was bringt es uns, wenn sie ganze Städte auslöscht und wir nur sagen, sie ist geisteskrank? Was meinst du, würde man mit einem Menschen machen? Ihn wegsperren, aber wie du siehst, kommt Roselin immer wieder frei und dann gibt es nur noch den einen Ausweg." Nathanael lächelte während er das sagte und strich Adam über die Wange.

"Der Tod ist nichts Schreckliches und ich bin mir sicher, dass sie, als das Mädchen wie ich sie kenne, eine Erleichterung darin sieht, endlich erlöst zu werden, von ihrem Wahn."

Adam drückte sich während dieser Worte fest an Nathanael. Natürlich hatte er Recht mit dem was er sagte, dennoch empfand er es als schlimm, denn er sah sich jetzt als ausschlaggebenden Punkt für ihre Hinrichtung bzw. Erlösung, wie immer man es sehen mochte. Er wollte es einfach nicht sein, doch verhindern, dass ihn diese Gedanken plagten, konnte er auch nicht.

"Nathanael, ich will dort nicht hingehen. Ich will mir das nicht ansehen müssen" sagte er schließlich leise.

Sanft strich Nathanael wieder über Adams Kopf und kraulte durch seine Haare.

"Du musst auch nicht hin gehen" sagte er schließlich.

"Bleib einfach hier" schlug er vor.

Immerhin sollte Adam sich auch ein wenig ausruhen und wenn er das nicht sehen mochte, dann wäre es wohl auch keine gute Idee, ihn dort mit hin zu zerren.

"Es wird nicht lange dauern" sagte er leise und man konnte sehr gut heraus hören, dass er selber am liebsten nicht hin gehen würde.

Aber er fand, dass er es auf eine gewisse Art Roselin schuldig war, sie einfach bis zum letzten Tag zu begleiten und vor allem Nion, der bestimmt da sein würde, wollte er Halt bieten.

"Danke" nuschelte der Junge an die nackte Brust des Vampirs.

"Ich würde so einen Anblick einfach nicht ertragen. Das grenzt ja wirklich an mittelalterliche Methoden."

Er löste sich wieder von Nathanael und kroch in das weiche Bett zurück. Er schloss seine Augen und wartete darauf, dass sein Liebster nun endlich zu ihm kam und ihn ein bisschen verwöhnte. Mit einer hochgezogenen Augenbraue betrachtete dieser Adam.

"Sie wird ja nicht nieder gemetzelt. Im Grunde wird es so aussehen, als wenn sie einfach einschläft und nie mehr aufwacht" meinte er nur.

Das wäre zumindest die liebevollste Methode, natürlich konnte aber auch irgendeine andere Methode angewandt werden, aber das konnte er sich nicht vorstellen, dafür hatte Roselin zu viele liebende Personen um sich, als das so etwas angerichtet würde.

Schließlich schlüpfte Nathanael mit Adam unter die Decke und kuschelte sich etwas an den noch schwächelnden Körper. Sanft strich seine Hand über die Haut des Jungen.

"Du musst dir die Schuld nicht zuschreiben" sagte er leise, als Adam so still wurde.

"Es wäre so oder so soweit gekommen"

Irgendwie war Adam Nathanael für diese Worte dankbar, dennoch konnten sie den Knoten in seiner Brust nicht lösen und er schmiegte sich einfach an den Körper seines Liebsten.
 

Der Abend kam schneller als Adam vermutet hätte. Es war, als ob die Zeit jetzt allgemeiner etwas schneller vergehen würde, doch das wunderte ihn nicht. Sie hatten die ganze Zeit über reglos nebeneinander gelegen. Der Junge vermisste sehr den Herzschlag seiner selbst hören zu können, aber daran würde er sich wohl mit Sicherheit auch gewöhnen.

Gegen den späten Nachmittag wurde es immer lebhafter im Haus und schließlich klopfte man an ihre Zimemrtür. Es war Emily. Sie strahlte wieder ihre gewohnte Ruhe aus.

"Nathanael, es ist soweit." Doch ihre Stimme verriet die tiefe Trauer und ihren großen Unmut.

"Nion möchte nicht allein sein, doch ich bin bei weitem nicht in der Lage, ihm beizustehen."

Adam richtete sich ein stück auf, als sich sein Liebster nun schweigend von ihm trennte und mit Emily den Raum verließ. Adam brauchte keine Worte, er verstand auch so, denn im Grunde war es eine Familienangelegenheit und den Neuen wollte man wohl nicht nicht dabei haben, was er auch niemals gewollt hätte.

So nahm sich der Junge jetzt die bereitgelegten Kleider und schlüpfte hinein. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass draußen keine Sonne mehr zu sehen war, öffnete er die Vorhänge ganz. Das Land, das das Haus umgab, lag ruhig und still da, nur etwas entfernter konnte man eine Art Schrein sehen.

Nathanael wurde noch in eine Art festliche Trauerkleidung gesteckt, dann ging er mit Emily zusammen zu dem Schrein, den Adam aus dem Fenster heraus sehen konnte. Zuerst hatte er Emily an seinem Arm hängen, doch konnte er bereits die flehenden, nach Hilfe suchenden Blicke von Nion spüren, als sie die Treppen empor stiegen. Kaum, dass sie angekommen waren, sah Nathanael wie Roselin auf diesem Tisch lag, als wäre sie eine Opfergabe und Nion, der sogleich zu ihm kam, als würde er ihn einfach nur begrüßen wollen. Sanft, beinahe noch sanfter als bei Adam, nahm er die Hand seines Freundes und drückte sie voller Verständnis. Beide drehten sich dann zu Roselin und sahen zu ihr. Sie hingegen sah so voller innerer Ruhe und Frieden aus, dass man beinahe nicht mehr traurig sein konnte.

Emily stieg neben Nathanael die Treppen empor. Hingegen ihrer sonstigen Angewohnheiten trug selbst sie ein schwarzes Kleid, dass ihren Körper sanft umschmeichelte. Nocheinmal löste sie sich von Nathanael und ging hinüber zu ihrer Tochter. Diese erwiederte ihren Blick lächelnd, sagte jedoch kein einziges Wort. Denn beide wussten, dass es vergeudete gewesen Luft wäre, wenn sie jetzt noch etwas sagen würden. Man konnte es in ihren Blicken sehen, wie sehr sie einander doch geliebt hatten. Emily beugte sich zu Roselin hinab und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

Jetzt in diesem Moment hatte sie die unsagbare Schwere ihrer Gedanken nicht unter Kontrolle. Am liebsten hätte sie Roselin von diesem Tisch heruntergezogen, in ihre Arme geschlossen und gehofft, dass alles wieder gut werden würde. Doch dem würde nie so sein. Nichts würde je wieder gut werden, solange die Blonde am Leben war. Mit einer letzten sanften Geste wandte sie sich nun ab und kehrte zu den beiden Männern zurück, wobei sie sich wieder nah an ihren Sohn drückte. Sie konnte einfach nicht hinsehen, als Leopold nun auf die kleine Anhöhe kam. Schon von weitem konnte man die Spritze in seiner Hand sehen.

Langsam war sich Nathanael nicht sicher, ob er hier war, um Roselin die letzte Ehre zu erweisen, oder ob er als nur zur Unterstützung seiner beiden geliebten Personen hier war. Schließlich klammerte sich Nion immer verzweifelter an seine Hand, dass es schon fast weh tat und auch Emily war wieder näher an ihn gerückt und nahm sanft seine noch freie Hand.

Dann sah er auch schon, wie Leopold auf die Anhöhe kam. Er wusste gar nicht, wieso dieser Kerl die Strafe durchführen musste, aber wahrscheinlich war er der einzige, der wenig genug Herz besaß, um es wirklich zu tun. Silber … es war wohl eine der schnellsten Methoden, da war er sich sicher, aber auch würden Roselin Krämpfe schütteln, bis sie endlich die Erlösung fand. Nathanael konnte sich gar nicht ausmalen, wie schrecklich es sein musste und sicher wäre er nicht der einzige, der den Todeskampf nicht lange ansehen konnte. Doch noch war es nicht so weit und trotzdem drehte sich Nion bereits weg.
 

Adam sah nun zu, wie sich dort immer wieder mehr Vampire versammelten. Am deutlichsten konnte er Nathanael, Emily und Nion erkennen. Zum Glück wurde Roselin von Leopold verdeckt, der sich nun langsam bereit machte, seine Aufgabe zu vollenden. Ehe es jedoch soweit kommen konnte, schloss Adam die Vorhänge und kehre wieder zurück zum Bett. Langsam ließ er sich auf die Matraze sinken. Er legte seine gefalteten Hände in den Schoß und starrte an die gegenüberliegende Wand. Hoffentlich würde es nicht mehr allzu lange dauern, denn sonst würde er nur noch auf dumme Gedanken kommen. Er wollte nur so schnell wie möglich von hier weg. Damit hatte er auch die Gedanken an einen möglichen Einzug hier verworfen. Er konnte niemals in einem Haus leben, in dem eine junge Vampirin ums Leben gekommen war, die sich noch bei ihm so nett entschuldigt hatte.
 

Roselin lag ruhig auf dem Tisch, während Leopold die Spritze nocheinmal in seinen Händen begutachtete. Sie hatte ihn noch nie wirklich gemocht, denn er war ein arrogantes Arschloch und sich für alles zu gut.

Sie war davon überzeugt, dass er es mit Freuden machte, ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Und das Silber, dass sich im inneren der Spritze befand würde es schnell enden lassen. Vielleicht nicht ganz so schnell, als wenn sie sich eine Kugel in den Kopf gejagt hätte. Aber so war es doch auch ganz okay. Es würde nicht lange dauern und sie wäre erlöst, von allem, was sie an diese gottverdammte Welt fesselte.

Der blonde Vampirfürst setzte die Kanüle nun an ihren Arm und bohrte sie in die Vene. Roselin biss die Zähne fest zusammen, denn es tat ziemlich weh. Nocheinmal atmete sie tief durch, ehe sie bemerkte, dass das Silber nun langsam in ihre Adern geleitet wurde. Sie versuchte so ruhig wie möglich zu bleiben, doch die Krämpfe ließen sich kaum vermeiden. Doch langsam schwanden ihr die Sinne.
 

Emily konnte lange nicht hinsehen, doch schließlich rang sie sich dazu durch. Leopold hatte gerade die Nadel in ihre Vene gedrückt und verabreichte Roselin das Silber. Sie bemerkte, wie sich langsam das Hemd von Nathanael an ihrer Wange feucht wurde. Entsetzt blickte sie auf den weißen Stoff und bemerkte die rote Färbung, völlig entsetzt fasste sie sich an die Wangen und spürte das erste Mal seit über 2000 Jahren Tränen in ihrem Gesicht.

Sie atmete stockend aus und sah schließlich wieder zu Roselin. Diese hatte ihren leeren Blick ihnen zugedreht und sah genau auf sie. Emily legte ihren Kopf schief und betrachtete für einen kleinen Moment ihre tote Tochter. Sie bekam es gar nicht wirklich mit, ehe ihre Beine nachgaben und sie schluchzend zu Boden sank.
 

Nathanael wusste gar nicht so recht, wie er sich fühlen sollte. Nion neben ihm, der den Eindruck machte, als würde er mit Roselins Tod ebenfalls von ihnen gehen und Emily, die am Ende ihrer Nerven war und sogar anfing zu weinen.

Er hingegen fühlte für den Moment gar nichts, er hörte nicht mal was. Nur seine Augen waren noch scharf und er blickte ohne einmal weg zu sehen in das Gesicht von Roselin, wie sie den Kopf ein wenig bewegte unter den Schmerzen und das Gesicht verzog, dann diese unendliche Ruhe auf ihren Zügen.

Er konnte gar nicht glauben, dass es schon vorbei sein sollte, doch als Emily auf den Boden rutschte, oder viel mehr fiel und auch Nion langsam seinen Arm losließ und die eingedrückten Stellen, wo seine Nägel sich in Nathanaels Fleisch gebohrt hatten, langsam brannten, da kehrte auch sein Gehör zurück und vor allem sein Gehirn.

Er konnte wieder denken. Es war vorbei! Mit leichtem Scham bemerkte er eine Freude in sich, eine Erleichterung, doch auf der anderen Seite würde er zu gerne auch auf den Boden gleiten und weinen. Sein Körper und vor allem sein Kopf waren so überfordert mit den vielen Eindrücken, dass er einfach da stand und anfing zu weinen. So wie Emily es herzzerreißend tat und auch Nion still an Nathanael gedrückt weinte.
 

Wie das Bild wohl aussehen musste, schlich sich ein Gedanke in die Stille seines Kopfes. Auch Leopold schien überwältigt von dem Anblick zu sein, denn er stand einfach da und starrte, totengleich wie Roselin zu der kleinen Gruppe herüber.

Langsam löste sich Nathanael aus seiner Starre und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen, erkannte dann erst die rötliche Färbung und sah zu Emily. Sanft aber mit einer Bestimmtheit schob er Nion von sich und kniete sich neben seine Schöpferin und in vielerlei Hinsicht auch seine Mutter. Sanft strich er über ihre weichen Haare und nahm sich dann vom Boden auf in seine Arme.

"Emily" sagte er leise und mit einer Trauer in der Stimme, die ihm beinahe selber das Herz zerriss.

"Sieh doch... sie ist ganz ruhig. Selbst ein Lächeln liegt auf ihren Lippen" versuchte er Emily davon zu überzeugen, dass eine lange und tiefe Trauer gar nicht nötig war.

"Sie hat zufrieden mit dem Leben abgeschlossen."

Er nahm sie sanfter in ihre Arme und lächelte ein wenig.

"Adam braucht jetzt deine Stärke und deine Fürsorge" flüsterte er weiter und bemerkte, dass es wohl Nion war, der sich langsam von seinen Worten beruhigen ließ, denn dieser setzte sich nun zu den beiden und weinte nicht mehr unerbittlich.

Es war merkwürdig wie menschlich sich der Vampir vorkam in solch einer Situation, obgleich diese Empfindungen, die sie nun wohl hatten, weit über die menschliche Vorstellungskraft gingen.

"Wir sollten nicht um sie trauern. Das macht ihr den Weg nur schwerer von uns zu gehen" sagte Nion mit einer leisen, rauen Stimme. Doch er war ruhig und streichelte über Emilys Rücken.

"Ich bleibe bei dir, Emily" versprach er ihr dann leise und musste dabei sogar kurz lächeln.

Als wäre er sonst nicht da gewesen oder hätte sich irgendwann einmal von ihr gelöst, aber das war hier gar nicht der Rede wert, denn nun würde er wirklich für immer bei Emily bleiben, zumindest solange, wie sie ihn duldete.
 

Nathanael löste sich langsam wieder von Emily und sah ihr in das traurige Gesicht.

"Ich gehe nun zurück zu Adam. Ich fühle mich nicht wohl, wenn ich ihn alleine weiß" gestand er dann und küsste sie zärtlich, dann umfasste Nion sie und schmiegte sich an sie.

Der Jüngste der drei Vampire stand auf und blickte zu Leopold, der nun davon ging, als wäre gar nichts geschehen. Er wollte zurück zu Adam und er war sich beinahe sicher, dass seine eigene Trauer ihn länger begleiten würde, als die von Emily oder von Nion. Er war einfach nicht fähig, alles zu teilen und hinaus zu lassen, wie es seinem Herzen gut tun würde, doch vielleicht würde er bei Adam etwas Ruhe und Trost finden können, wenn dieser nicht selber mit den Nerven am Ende war.
 

Natürlich regierte im Moment der Gedanke an Adam Emilys Gedanken, doch sie konnte sich einfach nicht von Roselins Anblick lösen. In ihr herrschte plötzlich eine solche Ruhe, die man schon lange nicht mehr bei ihr gesehen hatte. Nachdem sich Nathanael von ihr gelöst hatte und Nion sie in seine Arme schloss, schmiegte sie sich auch in diese.

Es war beruhigend zu wissen, dass er trotz allem bei ihr bleiben würde. Sie war ihm sehr dankbar für seine Worte, denn sie waren das tröstenste was sie je zu hören bekommen hatte. Eine lange Zeit hatte sie bereits mit Nion hinter sich und eine ebenso lange Zeit lag noch mindestens vor ihnen. Sie würden sie zusammen bestreiten, da war sich Emily sicher.

"Danke Nion" sagte sie leise.

Anschließend, nachdem Nathanael verschwunden war, erhob sie sich vom Boden, wischte mit der Hand die Tränen aus ihren Augen und ging langsam auf den Tisch zu, auf welchem Roselin noch immer lag. Es war wirklich so, als würde sie schlafen, doch sie würde nie wieder ihre Augen öffnen.

Langsam löste sie die Fesseln, welche um ihre Handgelenke geschlungen waren und auch die an ihren Fußgelenken. Es war einfach ein unschöner Anblick, sie so gefesselt dort liegen zu sehen.

"Wir werden sie begraben Nion. Hier auf dem Grundstück" antwortete sie, während sie ihm den Blick zuwandte.
 

Noch immer starrte Adam auf die Tür und wartete darauf, dass irgendjemand kam und ihm sagte, dass alles vorrüber war. Als schließlich auch Nathanael durch die Tür kam, sah dieser völlig erschöpft aus und die Flecken auf seinem Hemd waren sehr verräterisch. Blut. Aber was hatte das zu bedeuten. Langsam erhob sich der Achtzehnjährige, was er nun auch für immer bleiben würde, und ging auf seinen Liebsten zu.

Liebevoll schloss er seine Arme um Nathanael und begleitete ihn zum Bett. Stetig verließen seine Lippen beruhigende Worte, um ihm wenigstens etwas Trost zu spenden. Er strich ihm eine der Strähnen aus dem Gesicht, welche sich immer wieder frech den Weg dorthin suchte.

"Ruh dich ein wenig aus Nathanael. Ich bleib auch bei dir." Er küsste ihn sanft auf die Wange.

"Und wenn du dich wieder einigermaßen fit fühlst, dann werden wir von hier verschwinden, uns eine eigene Zukunft aufbauen."

Tatsächlich erschöpft ließ sich Nathanael nur zu gern in das Bett gleiten und schmiegte sich sogleich an Adam, der gerade eine angenehme Kühle ausstrahlte. Sanft, als Adam nicht von alleine in seine Arme kam, legte er diese eben um ihn und zog ihn zu sich.

"Shh" sagte er und legte seinen Finger auf Adams Lippen.

Er wollte gerade einfach nur ein wenig Ruhe, und seinen Liebsten bei sich. Mehr nicht. Keine Worte oder dergleichen. Das war alles überflüssig. Liebevoll fing er an die kühle Haut zu streicheln. Es war erstaunlich, wie schnell Adams Körper seine Wärme verloren hatte, aber vielleicht war er einfach mehr als bereit gewesen oder aber dadurch, dass Adams Körper an sich bereits das Leben verloren hatte.

Nathanael wusste es nicht, doch wollte er gerade nicht über den Tod nachdenken. Es war wohl ein Schock für jedes beinahe unsterbliche Wesen daran erinnert zu werden, dass es doch sterben kann. Und wenn es dann noch eine geliebte Person traf, war das ganze nur ein noch größerer Schock.

Der schwarzhaarige Junge schmiegte sich in die sanfte, aber dennoch leicht schraubstockartige Umarmung. Dennoch konnte Adam nur zu gut verstehen, wie sich Nathanael jetzt gerade fühlen musste. Ihm war es schließlich vor Jahren nicht anders ergangen.

Als er endlich realisiert hatte, was geschehen war, hatte er sich zum ersten Mal in seinem Leben richtig zurückgezogen. Er war still geworden. Man hatte ihn für eine Weile von der Schule befreit und als er dann dort nach dem Tod seiner Familie wieder aufgetaucht war, wollte irgendwie niemand mehr mit ihm befreundet sein.

Später hatte er dann erfahren, dass sich das überaus trottelige Gerücht hielt, er wäre an allem Schuld und hätte sie umgebracht. Einzig die Lehrer zeigten ein bisschen Mitgefühl und verstanden es, wenn er sich von da an nicht mehr so oft gemeldet hatte. Somit war er zum Sonderling abgestempelt worden.

Mittlerweilen hatte er es gar nicht mehr schlimm gefunden und jetzt konnte es allen eh egal sein. Er würde morgen mal in der Schule anrufen und sagen, er habe zu einer Reise weggemusst und sie sollten das Zeugnis bitte an Emily schicken.

Langsam begann auch Adam über die durchtrainierte Brust von Nathanael und küsste sanft über die freie Hand. Schließlich blieb sein Blick wieder auf den roten Flecken hängen, sie sich so unwirklich vom weißen Hemd abhoben. Sie wirkten so unwillkürlich und als ob sie gar nicht dort sein wollten. Ob das Tränen waren? Vermutlich, dachte sich Adam.

"Ich liebe dich ..." hauchte er liebevoll in die Ohren von Nathanael.

Er wusste einfach nicht, was er sonst hätte sagen sollen, denn alles schien ihm so unbedeutend. Nur diese Worte wurden einfach allem gerrecht. Leise brummelte Nathanael, als er sich etwas aufrichtete und Adam ansah.

"Ich liebe dich auch" sagte er leise und küsste sanft die Lippen, die zwar nicht mehr voller Wärme, aber voller Liebe waren und löste sich dann wieder von ihm.

"Ich denke, wir sollten nicht lange hier bleiben" gestand er dann.

Er würde sich besser fühlen, wenn er nicht hier bleiben musste. Zudem hatte Nion versprochen bei Emily zu bleiben und so war jemand an ihrer Seite, dem Nathanael tief vertraute, auch wenn sein Vertrauen schon nicht mehr gefestigt sein sollte. Aber einige Dinge waren einfach unveränderbar und darunter musste sein Vertrauen an Nion nicht leiden. Und so lächelte er leicht zu Adam.

"Lust auf eine kleine Weltreise?" schlug er vor und schmunzelte leicht.

Warum nicht? Warum nicht einfach mal die ganze Welt sehen und sich dann dort niederlassen, wo es einem am besten gefallen hat. Dieser Gedanke fasste langsam Fuß in Nathanaels Kopf und am liebsten würde er sofort aufbrechen, aber er wusste nicht, wie viel er Adam schon zumuten konnte und durfte und wie weit er selber war, ihn alleine durch zu bekommen, ihm alles Wichtige zu lernen und so wurde der Gedanke wieder zu einer Idee in seinem Hinterkopf. Aber er würde sich jederzeit davon überzeugen lassen, so viel stand fest.

Adam kuschelte sich bei der Liebeserklärung noch etwas fester an Nathanael. Es freute ihn, dass dieser trotz aller Schmerzen noch diese Worte für ihn übrig hatte. Auch bei dem Vorschlag, nicht mehr allzulange zu bleiben, nickte er, denn diesen Entschluss hatte er schließlich schon etwas länger gefasst und wollte ihn auch in die Tat umsetzen. Er grinste bei dem Vorschlag auf die lange Reise.

"Nichts lieber als das" gab der Schwarzhaarige zur Antwort und küsste Nathanael stürmisch.

"Mit dir würde ich überall hingehen. Jetzt hast du mich für immer an der Backe kleben, ob du es willst oder nicht." Er grinste frech.

Jedoch beschäftigte auch ihn die Frage, ob er denn schon bereit zu einem solch gewaltigen Unterfangen war. In das Haus zu Emily zu ziehen war eine Sache, gleich durch die ganze Welt zu jetten, eine andere. Er war noch immer zu wacklig, zu schwach, um soetwas zu machen.

"Aber lass es uns langsam angehen ja?"

"Oh, ich werde dich mit Freuden an meiner Backe kleben haben" antwortete Nathanael mit einem sanften Lächeln und zog seinen Liebsten noch enger an sich, dass er ihm eigentlich die Luft zum Atmen nehmen musste, küsste ihn aber zugleich entschuldigend und strich mit zarten Fingern über seine Haut. Dann löste er sich wieder von ihm und lächelte ein wenig.

"Ja, wir gehen es so langsam an, dass du es kaum bemerken wirst, wie schnell man die Welt bereisen kann" sagte er mit einem Schmunzeln.

Dann aber seufzte er ein wenig. Sanft strich er durch seine Haare. Am liebsten würde er einfach irgendwo in einem tiefen kleinen Keller, wo es kühl und dunkel war, hocken, Adam an seiner Seite, der ihm Nähe und Zuneigung schenkte und dann einfach nur die Tage leben, die Zeit genießen, bis man ihn vielleicht mal brauchte.

Aber dafür war Adam wohl ein zu lebendiger Kerl, der einfach alles sehen und entdecken musste und er wollte ihm das auch gerne geben. Wie lange er selber das aber aushielt, ohne erschöpft umzufallen und keinen Schritt mehr machen zu wollen, das war eine Frage, die sich ihm gerade stellte. Es war wohl wirklich vernünftig, die Sache ruhig und langsam anzugehen und vielleicht in mehreren Ländern und Städten für einige Zeit zu bleiben und nicht dauerhaft auf Reisen zu sein.

Zudem konnte man so ein wenig von der Gesellschaft fremder Kulturen lernen oder sie zumindest kennenlernen und das war wirklich besser, als davon in Büchern zu lesen. Ansonsten wären Vampire ja auch blutrünstige, gottesverdammte Wesen, die den ganzen Tag oder vielmehr die ganze Nacht nur Menschen töteten.

Mit einem Lächeln auf den Lippen drückte er sich etwas an Adam, der schon wieder nach seinem Geschmack viel zu weit entfernt lag.

"Möchtest du so lange hier bleiben, bis es dir besser geht? Oder ist es dir recht, wenn wir schon eine kleine Reise irgendwohin antreten und ein wenig Abstand haben" fragte er leise, kaum hörbar und schmiegte sein Gesicht dabei in Adams Halsbeuge.

"Es geht mir gut" antwortete Adam mit fester Stimme, auch wenn er sich sicher war, dass er noch immer äußerst blass um die Nase war.

Aber das würde sich wohl auch nie mehr ändern. An die Gesichtsfarbe musste er sich ersteinmal gewöhnen.

"Ich würde gerne aufbrechen, sobald es die Umstände ermöglichen Nathanael. Hier haben wir nichts mehr zu erwarten."

Und er wollte endlich wieder ungestört mit seinem Liebsten sein. Jede Sekunde genießen, die sie alleine waren und vielleicht, wenn mal wieder etwas Ruhe in ihr Leben eingekehrt war, Sex. Denn das war was, was Adam wirklich über alles fehlte. Die Zweisamkeit, ihre neu entdeckte Abenteuerlust. Und er war gespannt wie ein Flitzebogen, wie es nun sein würde, wenn sie beide Vampire wären. Würde es rauer werden? Hemmungsloser? Wilder? Wobei, wild waren sie beim letzten Mal auch schon gewesen. Und hemmungslos wohl auch. Doch noch immer hatte eine gewissen Sanftheit ihr Sexleben bestimmt.

"Was hältst du von Venedig? Es soll schön sein zu dieser Jahreszeit?" Er strich über die glatte Wange und küsste sanft die Lippen seines Liebsten.

"Die Stadt der Flüsse. Romantik pur. Casanovas Heimat und Schauplatz seiner ganzen Liebschaften."

"Hmm" brummelte er nachdenklich, dann schmunzelte er.

"Venedig klingt gut. Nur überspringen wir dann ja einige Ländereien, die es sicher anzusehen lohnt" sagte er noch immer lächelnd, dann küsste er Adam sanft.

"Aber fangen wir erst mal dort an. Auch wenn ich mit Casanova nichts am Hut habe" bemerkte er noch und löste sich dann ein wenig von seinem Liebsten.

Es war nur noch die Frage, wann sie aufbrechen sollten und wieder überkam ihm der Drang, es sofort zu tun. Aber er hatte gelernt, nicht so impulsiv zu sein, also würde er sich wieder in Geduld üben und ein wenig Ruhe über sich herrschen lassen. Im Allgemeinen hatte Adam vieles in und an ihm geändert.

Wenn er so darüber nachdachte, war er vollkommen anders, vollkommen neu geworden. Wie eine ganz neue Person. Er war nicht mehr in sich gekehrt, er grinste und schmunzelte ständig, er lachte sogar andauernd! Eigentlich genau das, was ihm am meisten auf den Geist ging, hatte Adam aus ihm gemacht. Einen glücklichen Mann. Doch genau dafür liebte er ihn so sehr und so grinste er wieder, er konnte sich einfach nicht dagegen wehren.

Nathanael hoffte aber inständig, dass dieses Gefühl der Erfülltheit niemals verloren gehen würde und er und Adam für ihre restliche Zeit Seite an Seite bleiben würden. Und wenn sie dafür mehr als eine Welt erkunden mussten, dann wäre selbst das ihm die Sache wert.

"Wir könnten die Hütte verkaufen" stellte er fest.

"Dann hätten wir mehr Geld zum ausgeben" beendete er seinen Gedanken.

"Und was, wenn wir mal zurückkommen? Wo sollen wir dann leben?" fragte Adam.

Es behagte ihm gar nicht, das Haus zu verkaufen. Es war schließlich ihr gemeinsames zu Hause. Dort hatte er ein neues Leben begonnen, dass sich jetzt für immer leben ließ. Als Nathanael ihn erneut angrinste, konnte Adam nicht wiederstehen und er küsste diese verführerischen Lippen, die sich ihm so darboten.

Ja, auch er liebte den älteren Vampir aus tiefsten Herzen und er war sich sicher, mal abgesehen von ein paar Jahrzehnten vielleicht, die er doch alleine verbringen wollte, wenn er konnte, würde er für immer bei Nathanael bleiben. Wobei Adam sich sicher war, dass er nichteinmal ein Jahr ohne den Vampir aushalten würde. Dafür war seine Sehnsucht nach ihm einfach viel zu groß.
 

Mit etwas Schwung rollte Adam sich jetzt auf Nathanael und pinnte dessen Hände über seinem Kopf zusammen.

"Weißt du, ich hab dich in letzter Zeit wirklich schrecklich vermisst." Es war zwar eigentlich nur eine Woche gewesen und der letzte Sex war auch berauschend gewesen, doch es sehnte ihn nach dem starken Körper seines ehemaligen Meisters.

"Möchtest du mit mir schlafen? Ein letztes Mal hier, in diesem Haus, ehe wir unser eigenes Leben beginnen?" Ein leicht verruchtes Grinsen schlich sich auf Adams Züge.

Das war wohl eine gute Frage, aber wenn sie zurück kommen, könnten sie auch ein neues Haus kaufen oder eine Wohnung nehmen. Was das anging, so war Nathanael alles andere als geizig. Aber es war schon merkwürdig eigentlich, immerhin hatten sie dort einige Zeit zusammen verbracht und waren sich dort auch näher gekommen, aber wer würde es die Zeit über in Schuss halten? Das war eigentlich eine größere Sorge.

Plötzlich wurde er auf die Matratze gedrückt und seine Hände waren festgepinnt. Mit einem Grinsen blickte er zu Adam auf.

"Meinst du, dein Körper wäre schon bereit dafür?" fragte er, denn er erschein ihm noch ein bisschen schwach.

Aber Adam würde sich schon selber einschätzen können und ein wenig Sex war nie verkehrt. Er wusste nur noch nicht, ob heute der geeignete Tag dafür war. Eigentlich sollten sie trauern und den Tag lang schweigen, wenigstens ein paar gute Gedanken übrig haben, aber irgendwie lockte ihn das Angebot mehr. Und er würde deswegen ja nicht weniger an Roselin denken oder ihr weniger Respekt erweisen, also grinste er wieder und stämmte sich ein wenig gegen den Widerstand an seinen Händen.

Es war das erste Mal, dass Adam wirklich gegen Nathanael halten konnte und sich nicht sofort unter ihm wiederfand. Ein kleines aber dennoch fieses Grinsen schlich sich auf seine Züge. Sollte er etwa die neugewonnene Macht ausnutzen? Reizvoll war es sicherlich und so beugte er sich etwas zu Nathanael nach unten, um ihn in einen leidenschaftlichen Kuss zu verwickeln.

Daran, dass sie eigentlich trauern sollten, konnte er gar nicht denken, denn es war mit Sicherheit schrecklich, was alles geschehen war, dennoch war er sich sicher, dass Roselin es niemals gerne gesehen hätte, wenn man ihr auch nur eine Träne nachweinte. Sie wollte, dass sie glücklich waren und das versuchte Adam jetzt gerade.

Seine Finger lösten sich langsam nun von Nathanaels Händen und fuhren seinen Körper hinab. Jeden Zentimeter der freigelegten Haut überhäufte er mit federleichten Küssen und biss auch ab und an zärtlich hinein.

Kaum dass seine Hände wieder frei waren, legten sie sich gleich fest um die schmale Taille über Adams Hüften. Es war eigentlich interessant, wie Adam die Führung übernahm und scheinbar auch behielt, oder zumindest behalten wollte und allmählich weckte es auch Nathanaels Lust, mit dem anderen ein wenig zu spielen.

Doch gerade berauschte ihn das kleine Liebesspiel zu sehr, als das er es verhindern konnte und so genoss er einfach nur ein wenig verwöhnt zu werden, seufzte bei jedem Kuss wohlig auf und streichelte sanft über seinen Liebsten, wo auch immer er ihn erreichen konnte, ohne sich allzu sehr zu bewegen oder Adams Tun zu hindern.

"Wer wird denn da so bissig sein!" murrte er jedoch, als er immer wieder leicht gezwickt wurde.

Mit einem leichten Grinsen richtete er sich auf und zog Adam noch einmal an sich, um ihn wieder leidenschaftlich zu küssen und sich an ihn zu schmiegen, als wäre er der letzte Halt, der ihn vor etwas Bösem bewahrte.

Als sich der ältere Vampir so an ihn klammerte, löste Adam den Kuss und schmiegte ihn vorsichtig an sich. Er küsste vorsichtig die Wangen von Nathanael.

"Was ist los mit dir?" Liebevoll strich er ihm über die Haare.

Es beunruhigte den Jüngeren, dass der Vampir sich so gehen ließ. Hatte etwa Roselins Exikution ihn doch so sehr mitgenommen, dass er sich einfach nur nach Wärme und Geborgenheit sehnte.

"Hey" flüsterte er leise gegen dessen Ohr.

"Ich bin doch bei dir ja? Für immer."

Er zwang Nathanael ihn anzusehen und hauchte erneut einen Kuss auf dessen Stirn. Es wäre vermutlich wohl doch besser, wenn sie so schnell wie möglich aufbrechen würden, schoss es Adam jetzt durch den Kopf. Je länger er Nathanael wohl an diesen Ort fesselte, umso schwerer würde ihm der Abschied letztendlich fallen.

Nathanael hatte gar nicht erwartet, dass er einen so unsicheren oder hilfebedürftigen Eindruck machte, dass er Adam ganz durcheinander brachte und so lächelte er nur ein wenig, schloss dann genüsslich die Augen, als Adam ihn so sanft auf die Stirn küsste.

"Ja, du hast auch gar keine Wahl" stellte er dann mit einem beinahe diabolischen Unterton fest und küsste Adam dann sanft an der Halsbeuge, küsste sich den Hals aufwärts und knabberte schließlich an seinem Ohrläppchen, auch wenn er sich dafür ein wenig strecken musste.

Doch seine Umklammerung lockerte er nicht ein wenig, streichelte aber mit einer Hand etwas an der Stelle, wo sie eh schon lag, löst sich und die Umarmung dann aber ein wenig und sah Adam liebevoll an.

"Jetzt hör auf dir Sorgen um mich zu machen. Du kannst mich nicht erst heiß machen und dann meine Sorgentante sein" ärgerte er ihn und piekste sanft in seine Seite, nur um dann erneut Adams Lippen mit den seinen zu verschließen und nur einen Moment später einen kleinen Kampf mit dessen Zunge auszutragen.

Als er den letzten Satz von Nathanael hörte, blitzte etwas in seinen Augen auf. Ein ihm bis dahin unbekannter Drang, den anderen einfach zu küssen, ihn leidenschaftlich zu lieben und sich ihm völlig hinzugeben. Sein Empfinden als Vampir war so völlig anders als das, was er als Mensch getan hatte. Das war alles so viel intensiver, so heißer!

Er ließ sich von Nathanael in dieses Duell verwickeln, während er sich langsam auf dessen Schoß niederließ und mit einem letzten Ruck nun das Hemd völlig von der Brust des Vampirs entfernte.

"Du hast Recht, das wäre wirklich völlig unfair von mir, dich so zu trizen" gab er zustimmend und mit einem hungrigen Knurren, welches seiner Kehle entwich, zu.

Mit sanften Fingern fuhr er Adams Haut entlang und strich dann bis zu dessen Lippen.

"Werd mir nicht zu wild, sonst muss ich dich fesseln" drohte er und seine makellos weißen Eckzähne blitzten bei seinem schelmischen Grinsen auf.

Dann zog er Adam noch einmal an sich, um ihn zu küssen und mit einem leichten Schwung dann doch wieder unter sich zu bringen. Wenn der andere schon jetzt so berauscht von den Gefühlen war, da war sich der ältere Vampir gar nicht mehr so sicher, ob er sich so bedingungslos hingeben wollte.

Also war es wohl besser ein wenig um die Zügel zu kämpfen und die Führung wieder zu übernehmen. Außerdem konnte er seinen Liebsten so viel besser verwöhnen, womit er auch gleich anfing. Zärtlich legte er seine kühlen Lippen auf die ebenso kühle Haut unter sich und saugte sich liebevoll an seinem Hals fest, grinste dann ein wenig.

"Dein Hals ist noch so verführerisch wie eh und je" sagte er schmunzelnd.

Es hatte also in der Tat nichts mit dem darin heiß strömenden Blut zu tun, sondern es war einfach so ein verführerischer Teil von Adam, stellte er fest und küsste den anderen wieder auf diese geliebten Lippen und schmiegte sich eng an ihn, dass dieser gar nicht auf die Idee kommen konnte, sich seiner Nähe zu entziehen oder noch einmal um die Führung zu kämpfen, zumindest nicht um die obere Position.

"Willst du mir Angst machen?" feixte Adam.

Mit Fesseln konnte er ihm sicherlich keine Angst machen. Schließlich konnte jetzt nicht mehr wirklich viel passiern. Kein unvorhergesehenes Blutbad mehr angerichtet werden. Es dauerte nicht lange und er fand sich unter Nathanael wieder. Doch so leicht wollte er sich nicht geschlagen geben, was bei den zarten Liebkosungen allerding nicht gerade leicht war. Er wollte auch mal Top sein in ihrer Beziehung. Doch so leicht würde sich Nathanael diesen Posten wohl nicht streitig machen lassen und er würde dafür kämpfen müssen.

Insgeheim aber wusste Adam, dass er nicht gewinnen konnte. Er keuchte leise auf, als Nathanael an seinem Hals saugte. Eigentlich hatte sich der Jüngere immer vorgestellt, wie es sich wohl anfühlen würde, die Lippen des Vampirs auf seinem Hals zu spüren. Und als Nathanael ihn nun in die Mangel nahm, warf er all seine Kampfgelüste über Bord. Leise keuchte er in den Kuss hinein und schlang seine Arme um den Hals des Vampirs.

Nein, Angst wollte er ihm sicher nicht machen, nur ein wenig klar stellen, wo Adam sich seine Grenzen ziehen durfte. Er grinste ein wenig, nachdem er den Kuss wieder gelöst hatte.

"Wenn wir dann mal zusammen sind, haben wir auch nichts anderes mehr im Kopf, hm?" meinte er nur und küsste seinen Liebsten wieder, zog die Decke über sie.

Er konnte sich gut vorstellen, wie sie beide die Welt bereisen würden, hier und dort eine Weile blieben und einfach das Leben genossen, es sich richtig gut gehen ließen. Jeden Tag, jede Nacht würde er an Adams Seite haben, ohne irgendwelche Angst haben zu müssen ihn zu verlieren, ohne um sein Leben fürchten zu müssen, egal warum.

Sie würden fortan alles irgendwie zusammen bestreiten, wenn auch nicht immer Seite an Seite und es freute ihn sehr, diesen Gedanken endlich leben und nicht mehr denken zu dürfen.

Zärtlich streichelte er Adam, verwöhnte seinen ganzen Körper mit so viel Liebe, wie wohl noch nie zuvor und schließlich küsste er ihn wieder, schloss die Augen und versank in seinen Gefühlen für seinen Liebsten, ließ sich endlich wieder vom Leben treiben.
 

Adam ließ sich ganz in Nathanaels Arme fallen. Er grinste bei dessen Bemerkung und nur mit Mühe konnte er ein Lachen unterdrücken. Es lief seltsamerweise immer so, wenn sie zusammen waren. Er schlang einen Arm um Nathanaels Nacken und vergrub seine Hand in dessen Haaren.

"Ich denke, es wird nicht ständig so sein, aber ... des öfteren."

Als sich nun auch die Decke über ihrer beiden Körper breitete, waren sie endlich wieder für sich.
 

Als der nächste Tag anbrach, lagen sie noch immer zusammen im Bett. Nathanael leicht über Adam, der noch immer völlig verliebt mit dessen Haaren spielte und kleine Kreise auf den Rücken des Vampirs zeichnete. Mit diesem Sonnenaufgang, so wusste Adam, hatte seine ewige Reise, auf der Suche nach Zugehörigkeit und Geborgenheit endlich ein Ende.

Seinen Hafen, seinen Halt hatte er in Nathanael gefunden. Auch wenn er sich sicherlich einmal für eine kurze Zeit von ihm trennen würde, um seine eigenen Erfahrungen zu sammeln, so wusste der Schwarzhaarige doch, er würde immer wieder zu ihm zurückkehren können und es auch tun. Ohne Wiederworte und auch ohne lang darüber nachdenken zu müssen.

Er kicherte ein wenig und zog Nathanael fester in seine Arme, ehe er einen leidenschaftlichen Kuss auf dessen Lippen hauchte. Der Blick, den er anschließend in den Augen des Älteren versenkte, brauchte eigentlich keine Worte mehr. Dennoch konnte Adam es sich nicht verkneifen.

"Ich liebe dich Nathanael. Für immer."

- The End -
 

So, nun ist es vollbracht. 'Fallen Angel of the Night' hat ein Ende gefunden. Es waren lange Nächte, Monate des Schreibens und des Korrigierens. Aber wir hoffen an dieser Stelle auch, dass es euch so viel Spaß gemacht hat, es zu lesen, wie es uns Spaß gemacht hat, es zu schreiben.



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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  AlecKeira
2011-04-18T20:23:52+00:00 18.04.2011 22:23
...so....verdammt...süßßßß <3 ich LIEBE diese FF!! Wenn ich nicht gerade essen, schlafen oder arbeiten müsste würd ich sie so oft lesen wie es nur geht oO riiiiesengroßes danke schön das diese ff on gestellt wurde und noch mehr freu ich mich das daraus auch n doujin gemacht wird <3 wirklich! ne tolle story, tolle charaktere und sehr schön geschrieben :D


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