Zum Inhalt der Seite

My Ryu, My Shu - Zwei Brüder, eine Geschichte

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schmerzhafte Rückkehr

Ryuichi hatte sich innerhalb der zwei Wochen nicht weniger stark verändert. Seine Single „To in the night“ inklusive Kurzgeschichte und Videoclip hatte es mit Autogrammstunden samt Fotosessions in die Charts bzw. Bestsellerlisten geschafft, die zweite Single ebenfalls bereits in den Kasten. Seine Gedanken wanderten dabei ständig zu Shuichi. //Ob es ihm gut geht? Ob er überhaupt noch hier lebt?// Für ihn wäre es ein leichtes gewesen sich auf die Suche nach dem alten Freund zu begeben, aber da Shuichi nicht wollte und er selbst stur war, ließ er es lieber sein. Stattdessen stürzte sich Ryuichi mit Feuereifer auf die Arbeit und ließ absolut nichts aus, wegfallende Mahlzeiten und fehlender Schlaf inbegriffen. Der Grünhaarige weigerte sich schlicht weg nachdenken zu müssen, da er sonst nur wieder Shuichis Flecke vor seinem inneren Auge sah und die Wut über den Verursacher erneut die Oberhand gewann. Er würde sonst nur wieder SEINEN Tod sehen, die Heimzeit und seine Eltern…

Trotz dieser Weigerung, gelang es seinen Gedanken immer wieder sich zu verselbständigen und neuen Schmerz mit sich zu bringen, der zu weiteren Selbstverletzungen führte. Wütend über sich selbst floh Ryuichi nach einer solchen Verletzung zu Rikus Grab, um sich dort die Seele aus dem Leib zu weinen. Seinen Fans gegenüber spielte er allerdings weiterhin den fröhlichen Entertainer vor. Er wusste, dass er damit eine Lüge lebte, aber ihm war das egal. Er liebte dieses Spiel und wanderte in Gedanken daran auch heute Abend wieder zum Grab.
 

Doch nicht nur er spazierte durch die Nacht... Shuichi lief ebenfalls bereits seit einer Weile an einem Fluss entlang, der sich neben seinem Apartment seinen Weg suchte...Er war ganz in Gedanken versunken und dachte erneut an Ryuichi, doch dann... "Na, wen haben wir denn da?", sprach plötzliche eine schmalzige Stimme, die er nur zu gut kannte. //Nein...bitte nicht. Alles, nur das nicht!// Shuichi ging, sich verkrampfend, schnurstracks weiter. Trotzdem wurde er links und rechts unter den Armen gepackt und emporgehoben.

"Das ist doch unser kleiner Shuichi. Hast du überhaupt eine Ahnung davon, wie sehr wir dich vermisst haben?"

"Lasst mich sofort runter. Ich werde die Vertragsbedingungen nicht länger erfüllen. Ich bin kein Stricher! Davon war außerdem nie die Rede!", versuchte er sich zu verteidigen.

"Oh doch! Glaubst du, du kannst dem entgehen, nur weil dein kleiner, berühmter Freund meint er wäre mächtig? Weil er glaubt, er hätte Einfluss?" Ein dreckiges Lachen vervollständigte die bittere Aussage.

"Das kannst du vergessen, Kleiner. Der Boss will dich wiederhaben und zwar um jeden Preis. Du bist eine Goldgrube...bedank dich bei deinen weiblichen Zügen..."

"Ich gehe nicht zurück!"

"Oh...wirklich nicht? Zu schade, denn dadurch hast du nur zwei Möglichkeiten, dabei wäre eine UNS zu bestechen…“

"Ich hab kein Geld..."

"Wir meinen etwas anderes...", sagte er und streichelte Shuichis Wange sanft, woraufhin dieser seine Augen zu Schlitzen verengte.

"Vergiss es."

"Gut...dann die dritte Möglichkeit. Wir könnten deinem kleinen Freund etwas antun..."

"Das wagt ihr nicht..."

"Oh doch, Shuichi...das wagen wir..." Die Augen des schwarzgekleideten Mannes verengten sich zu zwei schmalen Graden.

"Lasst ihn aus dem Spiel. Er hat nichts damit zu tun...", schrie Shuichi. "Okay...macht mit mir was ihr wollt, aber lasst ihn bitte in Ruhe!"

"Gut, Shuichi...dann zeig uns den Weg zu deinem Apartment."

Nur mit Widerwillen ließ er sich in sein Zimmer schaffen und dort auf das Schlauchboot schmeißen, auf dem er die letzten Nächte versucht hatte zu schlafen.

"Ihr seid miese Schweine...", wisperte er, als er bemerkte, dass sich vier Mann um ihn versammelten. Anschließend wurde er grob an den Haaren gepackt und sein Kopf nach oben gezogen.

"Hast du etwas gesagt?"

Shuichi verengte die Augen, nahm all seinen Mut zusammen und spukte ihn an. Eine Entscheidung, die er schon bald bereuen sollte, da sein Gesicht zur Seite flog und die Knochen in seinem Gesicht scheinbar hörbar knacksten. Ein feines Rinnsal Blut lief aus seiner Nase und sein Gesicht schmerzte entsetzlich.

"Du wagst es, du kleiner Bastard...Los, fangt an!"
 

Damit begann das offizielle Trauma für Shichi, weswegen dieser seine Augen schloss. Er spürte, wie sie ihm die Kleider regelrecht vom Leib rissen und sich der Erste bereit machte. Ein furchtbarer Schmerz durchzog seinen Körper. Es war die Hölle auf Erden, schlimmer noch, für dieses Gefühl gab es keine Worte. Nichts konnte dem gerecht werden oder aber es auch nur annährend beschreiben. Er wurde ohnmächtig, als sich der dritte von insgesamt vier Leuten an ihm zu schaffen machte...zuviel Schmerz...zuviel Blut... Er spürte nicht, wie sie sich nochmals über ihn hermachten, um ihm abschließend noch ein paar saftige Tritte zu verpassen. Er schien eine Weile zu schlafen, denn als er erwachte, spürte Shuichi, wie er von einem der vier Männer getragen wurde. Er hatte wieder Sachen an, doch seine Hände waren gefesselt. Unbeschreibliche Schmerzen breiteten sich in seinem gesamten Körper aus.

"Weil du so schön brav warst, bekommst du jetzt eine Chance...Du wirst auf jeden Fall frei sein.“, gab einer der Träger inklusive dreckiger Lache von sich.

"Vielleicht hast du Glück und überlebst es Kleiner. Wenn nicht? Auch gut! Tja, das ist deine Alternative!" Mit seinem letzten gesprochenen Wort warf ihn der Träger über ein Brückengeländer. Shuichi schrie auf, dann landete er im Wasser. Luftblasen stiegen aus seinem Mund und seiner Nase, als er herumwirbelte, versuchte, wieder an die Wasseroberfläche zu kommen. Er konnte nicht richtig schwimmen, da man ihm seine Hände zusammen gebunden hatte, doch letztendlich gelang es ihm, sich oben zu halten. Er atmete tief durch und schrie um Hilfe. Doch da es Nacht war, würde ihn niemand hören, besonders nicht, da der Fluss seine Geräusche überdeckte.

Als der Pinkhaarige schon fast aufgeben wollte, blieb er an einem Ast hängen. Irgendwie schaffte er es sich hinaufzuziehen. Shuichi krabbelte in eine seichte Stelle, die nur Kniehoch war und ließ sich erschöpft ließ fallen. //Wah, ist das schweinekalt.// Er blickte an sich hinunter. Irgendetwas Scharfkantiges im Wasser hatte seine Schulter getroffen, wodurch dort eine große Wunde klaffte.

Seine Unterlippe zitterte, dann kroch er langsam aus dem Wasser und versteckte sich unter einer Brücke. Er zog sie Beine dicht an den Körper, biss in die Fesseln, um sie zu lösen, was er schließlich auch schaffte und suchte nach seinem Handy. Hoffentlich funktionierte es noch...

Er schüttelte es... Dann versuchte er eine Nummer zu wählen und siehe da, es funktionierte.

"Hhh...haa...ah...ha...ah....Sa...Sak..ma-san..."
 

Während Shuichi mit dem Tod kämpfte, saß Ryuichi tränenblind am Grab seines einstigen Geliebten. Zitternd versuchte er sich zu entschuldigen, da der Grünhaarige schon wieder seiner alten Sucht verfallen war und die Therapie abgebrochen hatte. Weinend kuschelte er sich an seinen Hasen und saß kreuz unglücklich auf seiner Bank. Er konnte es nicht fassen. Er hatte doch nie wieder hier hin zurück gewollt. Er hatte doch eigentlich für immer damit abgeschlossen.

"Ich hatte es doch dir versprochen." Mit trüben Augen nahm er seine Klinge aus der Jackentasche und löste ebenso stumm das Pflaster von seiner Haut. Sorgsam strich er über die Narben, alte wie Neue, setzte er die Klinge an und machte das was er immer tat: sich selbst schaden.

Helle Blutstropfen fielen auf die Erde vor der Bank und tränkten sie blutrot. "Bald bist du nicht mehr allein." Sorgfältig schnitt er immer weiter bis er nicht mehr konnte und ohnmächtig auf die Bank fiel. Das Messer landete dabei auf dem Boden. Frierend wartete Ryuichi die nächsten Sekunden ab. Gleich würde wieder dieses taube Gefühl kommen und er ein weiteres Mal schweben. Plötzlich jedoch klingelte das Telefon und Ryuichi flog erst mal vor lauter Schreck von der Bank. Schmerzhaft kam er auf den Boden auf und striff dabei mit seinem Arm das Messer. "Shimata." So gut wie möglich säuberte er das Messer, verstaute es unauffindbar und suchte mit zitternden Händen das Handy zu erreichen.
 

Nur mit Mühe gelang es ihm...
 

"Ja...."
 

"Hhh...haa...ah...ha...ah....Sa...Sak..ma-san..."

Shuichi konnte kaum sprechen. Sein Körper war völlig taub vor Schmerz und Kälte dank des Wassers, welche sie sich sogar bis auf seine Knochen durchgefressen.

"Sakuma-san...", keuchte er.

"Bist du böse auf mich?"

Er wartete einen Moment. Um ihn herum war es ruhig, wenn man das Rauschen des Wassers und das Klappern seiner Zähne nicht beachtete. Außerdem überkam ihn ein ekliges Gefühl, gefolgt von dumpfem Husten.

"K...kannst du...vielleicht..."

Nur mit Mühe konnte Ryuichi sich noch bei Sinnen halten, denn diesmal war er zu weit gegangen. Seine Gelenke schmerzten entsetzlich. Zwar hatten sie aufgehört zu bluten, aber durch den Sturz war Dreck in die Wunde gekommen und die frischen Schnitte erleichterte nicht gerade das Halten des Handys.

"Wie könnte ich dir böse sein?"

Mit letzter Kraft schleppte er sich wieder auf die Bank zurück und legte sich dort hin. Er brauchte dringend eine kurze Pause ehe er nach Hause gehen konnte, um sich zu versorgen.

"Zu dir kommen? ..."

Automatisch griff er sich dabei an die Stirn. //Jetzt bloß nicht schlapp machen.// Ächzend erhob er sich von der Bank und ging vorsichtshalber aus dem Friedhofsbereich raus. Dabei entdeckte er Blutflecken auf seinem Shirt.

"...hm...ja...", keuchte Shuichi.

"...tut mir wirklich Leid...", keuchte er, hustete wieder.

"Aber...ich kann nicht mehr laufen..."

//Ich doch auch fast nicht mehr//

Kraftlos schleppte er sich weiter vom Friedhof weg. Dabei missachtete er die Blicke der Leute. Zum Glück erkannte ihn keiner weiter, denn sonst wäre die Presse wieder hoch erfreut gewesen.

"Wo bist du?"

Selbst das Atmen fiel ihm langsam schwer. Er brauchte dringend seine Medizin und Schlaf.
 

"...unter so ner Brücke...im Fluss...da hinten ist der Hafen...", schniefte er. Seine Lippen waren blau und seine Haut bleich. Er saß noch immer zur Hälfte im Wasser, wagte es nicht seinen Sitzplatz zu verlassen, aus Angst davor, dass diese Typen vielleicht doch noch mal zurückkommen würden...

Sein ganzer Körper schmerzte. Seine Schulter pulsierte und hörte nicht mehr auf zu bluten.

Durch das Telefon hörte er Sakuma schnaufen.

"Geht es dir nicht gut...?", keuchte er, hustete erneut, klapperte mit den Zähnen und zitterte.

"Komm lieber nicht, wenn es dir nicht gut geht..."

"Geht schon... Ich lass dich doch nicht allein."

Er versuchte sich zu erinnern wo das war. Ohne zu zögern machte er sich auf den Weg dahin und fand es ohne weitere Schwierigkeiten. Er konnte Shu-chan schlecht sagen dass er sich gerade hatte selber umbringen wollen. Instinktiv spürte er, dass bei dem Kleinen Eile angesagt war. Er begann schneller zu laufen. "Mach dir mal keine Sorgen um mich."

"Mach ich aber...Ryuichi..."

Es war das erste Mal, dass er ihn beim Vornamen nannte... Was sollte es...Ryuichi nannte ihn ja auch Shuichi und nicht Shindou-san. Wieder hustete er, hatte dabei das Gefühl, seine halbe Lunge würde hinterher kommen. Er musste dringend aus der Nässe raus. Es war so furchtbar kalt...

Eine Hand wanderte in seinen Schritt.

"Ngh..."

Ryuichi war unterdessen am Hafen angelangt und suchte nun nach so etwas Ähnlichem wie einer Brücke. Nur im Dunkeln war das ziemlich problematisch.

"Was aber..."

Inzwischen hatte er mehrere Brücken entdeckt und schickte sich an die Richtige suchen. Doch das war leichter als gesagt, denn im Dunkeln sahen alle gleich aus. Allerdings tat die kalte Luft seinen Wunden gut.

//Vielleicht sollte ich lieber unter der Brücke hervor kriechen... Immerhin gibt es mehrere hier.// Dummerweise fiel dadurch sein Telefon ins Wasser.

"Oh verdammter Mist..."

Er rollte sich auf die Seite, kroch stöhnend und keuchend unter der Brücke hervor, schleppte sich bis aufs Gras und blieb dort regungslos liegen. Seine Schulter blutete noch immer, sein Hintern schmerzte, genau wie der Rest seines Körpers.

"Hallo..."

Verwundert sah Ryuichi auf sein Handy. Es tutete nur noch am anderen Ende. Irgendwo in der Ferne hörte er ein Plätschern und folgte diesem instinktiv. Eilig sprang er über Kisten und flog dabei nen paar Mal auf die Schnauze. Nach scheinbar einer Ewigkeit meinte er einen Körper im Gras liegen zu sehen und ging auf diesen Punkt zu. Diesmal hatte er es besonders eilig, denn sein Herz sagte ihm das dort Shuichi lag. Und er hatte recht gehabt. Doch war das überhaupt noch sein Shuichi?
 

"Shuichi...?"
 

Shuichi versuchte sich umzudrehen...

"Ryuichi...hallo...", meinte er und lächelte ihn an.

"Wie geht's dir?"

"Frag mich was Leichteres... Bleib liegen..." Sorgsam betrachtet er Shuichis Verletzungen. "Hm, zur Erstversorgung müssen wir dich glaube ins Krankenhaus bringen."

Vorsichtig versuchte er Shuichi etwas aufzurichten, da dieser schlecht bis dahin laufen konnte. Sanft nahm er ihn auf seinen Rücken, doch angesichts von Shuichis Schulterwunde war das nicht das Wahre. Er riss von seiner Jacke ein größeres Stück ab und legte damit erst mal notdürftig einen Druckverband an. Anschließend nahm er ihn wieder auf seinen Rücken und überlegte wo hier überhaupt das nächste Krankenhaus war.

Shuichi ächte auf, als er auf Ryuichis Rücken gehievt wurde. "N...nicht doch...bin zu schwer...", murmelte er, war schon im Halbdusel. "Ich will aber nicht ins Krankenhaus...", wisperte er. "D...d.das schaffst du doch gar nicht, bis dahin...a...aber ich wohn hier gleich um die Ecke...", schlotterte er. Er zitterte am ganzen Körper. "Bitte nicht ins Krankenhaus...sonst...sonst...merken die, dass ich noch lebe und dann kann ich dich vielleicht nicht mehr beschützen..."

"Nichts da, mit den Verletzungen lasse ich dich nicht laufen."

Ryuichi sah ihn verwundert an. Der Kleine wollte ihn tatsächlich beschützen? In seinem Zustand?

"Wir müssen aber, ich hab nicht so viel Kenntnis in der Medizin alsdas ich deine Schulter versorgen kann." Seufzend überlegt er noch eine Weile.

"Ich weiß zwar nicht wer die sind, aber da du offensichtlich so ne Angst hast, gehen wir zu mir. Ich werd mal sehen was ich in seinen Aufzeichnungen finde. Dann kann ich am Ende doch was für deine Schultern tun... Da bist du sicherer."

Vorsichtig ging er los und hoffte dabei inständig das Shuichi seinen linken Oberarm nicht zu sehr umklammern würde. Der hatte unterwegs aufgehört zu bluten... Von seinen Gelenken ganz zu schweigen.

Shuichi schwieg eine Weile, schlang seine Arme um Ryuichis Schultern, zitterte noch immer. Er war klatschnass.

"Tut mir L...l.ll.leid...", wisperte er.

"D...die? Die von dem Club...d..die haben gesagt, w...wenn ich nicht tu, was sie wollen, dann bringen sie dich um...", zitterte er, umarmte Ryuichi fester und begann zu weinen.

"Ich will aber nicht, dass dir was passiert..."

Beruhigend strich Ryuichi ihm so gut wie es ging über den Rücken. Da dies jedoch nicht recht gelingen wollte, begann er mit einer beruhigenden Stimme zu singen. Dabei versuchte er sämtliche Angst zu verbannen, um Shuichi nicht noch mehr aufzuregen. Leider konnte er die Tränen nicht trocknen, denn dafür hatte er keine Hand frei.

"Mir wird schon nichts passieren. Hab keine Angst kleiner Shuichi, die werden das, was auch immer sie dir angetan haben, noch bereuen. Wer sich einmal mit Ryuichi Sakuma anlegt der wird seines Lebens nicht mehr froh. Ich lass mich von denen nicht töten... Nicht von denen..."

"N...nicht von denen? Dann von jemand anderem?", fragte er zitternd, umarmte ihn stärker.

"Ich hab dich so vermisst..." Er schloss die Augen, weinte einfach still vor sich hin. "Darf...darf ich bei dir bleiben, Ryuichi?"
 

"Darüber reden wir später ja... aber von jemand anders könnte man so sagen..." Er kniff ein Auge zusammen, denn langsam tat es doch weh. "Nicht so doll ja?" Ryuichi hatte unterdessen schon ein gutes Stück Weg zurückgelegt und war fast zu Hause angelangt. Erst jetzt merkte er wie wenig Kraft er eigentlich noch hatte.

"Meinst du ich lass dich in diese Hölle noch mal zurück? Die kriegen ihr Fett weg. Ein Tipp und deren Club in New York ist aufgelöst und die fassen auch sonst kein Fuß mehr. Und bei mir ist noch genug Platz. Das Gästezimmer kann dein Zimmer werden. Ein anderer unbenutzter Raum ein weiteres Zimmer für dich und ein zweites unbenutztes Zimmer wird dann eben zum Gästezimmer. Von daher bist du willkommen kleiner Shuichi." Er fragte sich allerdings wie das mit dem Verletzen klappen sollte. Mit Shuichi ihm Haus war das etwas schwierig.

"Du hast mir auch gefehlt..."

"Ich hab dich so lieb...danke...d...d...danke für alles...", flüsterte er in das Ohr des anderen und löste seinen Griff etwas.

"Du schwankst, Ryuichi...lass mich runter...", sprach er mit zittriger Stimme, zappelte etwas herum.

"Ich merk doch, dass es dir nicht gut geht..."

"Hab ich doch gern gemacht..." Flüsterte der Grünhaarige zurück. Er versuchte tapfer zu lächeln, um den entgegen zu wirken, aber es gelang nicht recht.

"Ist doch nicht mehr weit." Da er aber nicht mehr die Kraft hatte dieses Zappeln lange auszuhalten, ließ er Shuichi runter. "Mir geht's gut, mach dir mal keine Sorgen." Besorgt schielt er nach seinem Arm und den Gelenken. "Wenn es hier einem nicht gut geht, dann bist das du. Außerdem ist da vorn schon mein Block." Seltsam, sonst war er nicht so schnell oder machte ihm sein Hirn einen Strich durch die Rechnung? Er brauchte dringend Medizin.

Zitternd stand Shuichi nun auf eigenen Beinen und spürte, wie ihn ein unheimlicher Schmerz durchzog. Anscheinend hatte man ihm einen kräftigen Tritt in den Schritt verpasst, nachdem...

Er kniff die Beine zusammen, beugte sich etwas nach vorn und versuchte so zu laufen.

"Ah..." Er biss sich auf die Unterlippe. "Diese...", wisperte er, beendete seinen Fluch lieber leise.

Die kalte Luft war auch nicht gerade förderlich, da seine Klamotten noch immer klatschnass waren und ihm eiskalt. Er klapperte mit den Zähnen, dann wurde ihm schwindlig und er griff nach Ryuichis Arm, doch der zuckte dabei zusammen. Sein Blick richtete sich auf Ryuichis Handgelenke, doch die waren vom Stoff seiner Jacke bedeckt.

"Du hast da Blut...warum hast du da Blut?", fragte er, schlotterte dabei weiter. Dann packte er Ryuichis Handgelenk und zog den Ärmel hoch.

"Ryuichi...", wisperte er fassungslos. "Warum ritzt du dich selber?", hustete er hervor.

Tränen füllten seine Augen. Er kannte das...er hatte es selbst einmal ausprobiert, als Yuki ihn zum ersten Mal verlassen hatte...er war gerade dabei gewesen sich Yukis Namen in den Arm zu ritzen und bereits mit dem Y fertig, als Hiro ihn fand und mit ein paar saftigen Ohrfeigen in die Realität zurückholte. Er musste ihm schwören, das niemals wieder zu tun und hatte sein Versprechen auch gehalten...Anklagend blickte er Ryuichi in die Augen.

"Warum tust du dir selbst weh?", weinte er.

Stumm sah der Entertainer in Shuichis Augen. Sein Gesicht hatte jegliche Farbe verloren. Hastig entzog er ihm sein Handgelenk und schob den Pullover wieder drüber. Dann blickte er in den Himmel, denn er konnte die Tränen Shuichis nicht ertragen und die Frage gleich gar nicht. Er hatte sie zu oft gehört. Zögernd suchte er nach einer Antwort.

"Weil ich dieses scheiß Leben nicht mehr anders ertrage. Außerdem lebe ich schon zu lange damit, um es aufzugeben. Und außerdem... außerdem..."
 

An dieser Stelle brach er kurz ab.
 

"Und außerdem... habe ich die Therapie abgebrochen... Es geht nicht mehr... Nicht schon wieder..."
 

Nun sah er Shuichi wieder in die Augen. Es tat weh ihn so weinen zu sehen, aber was wusste er schon von seiner Vergangenheit? Außerdem würde er die Bedeutung dessen nicht verstehen. Nun sah er selbst auf seine Handgelenke und musste sich erstmal über die Augen reiben. "Mist, die haben sich ja..." Er schüttelte den Kopf und kramte den Schlüssel hervor. Zitternd schloss er die Tür auf. "Außerdem versorgen wir erstmal dich. Du braucht nämlich dringend ne Dusche."
 

"Dann sag mir, warum dein Leben scheiße ist. Du hast mich aufgehalten, als ich mich umbringen wollte... Und tust dir selbst so was an...Das versteh ich irgendwie nicht." Er schüttelte den Kopf.

"Ryuichi... du hast mal gesagt, dass wir Freunde sind. Weißt du das noch? Ich weiß, dass ich ein scheiß Freund für dich bin. Ich verdanke dir so viel und kann dir gar nix zurückgeben." Er nahm Ryuichis Hand in seine eiskalte Hand. "Aber ich kann dir zuhören, wenn du willst...", hustete er.

Er blickte ihn mit seinen müden Augen an und versuchte zu lächeln, zitterte dabei weiterhin.

"Wie willst du das auch verstehen? Ich sitz schon so lange in dieser Falle fest und falle immer wieder zurück." Seufzend sah er ihm in die Augen. "Die Vergangenheit hätte einfach anders sein sollen... Ich selbst hätte anders sein solln."

"Ich weiß dass ich dir das mal gesagt habe, aber das ist schon so lange her. Wir sind es auch immer noch. Es ist nur so, dass... Ach was... Irgendwann kannst du es mir zurückgeben. Nicht heute ja? Erstmal kümmere ich mich um dich."

Liebevoll nahm er ihn in den Arm und schob ihn durch die Haustür zum Fahrstuhl. Gott sei Dank war gerade einer unten, so dass sie gleich nach oben fahren konnten. Ryuichi hielt ihn dabei in den Armen, damit er nicht umfiel. Oben angekommen suchte er den Schlüssel raus.

"Danke für das Lächeln... Ich glaub ich muss dich erst mal waschen ehe ich dich verarzten kann."

Shuichi blickte Ryuichi an. "Versprich mir, dass du es mir erzählst...deine Vergangenheit meine ich...dann verspreche ich dir auch, etwas zu erzählen, was ich noch niemandem auf der Welt erzählt habe..."

Er seufzte, als Ryuichi ihn in den Arm nahm und lehnte sich an ihn. "Du wirst doch ganz nass...", murmelte er, genoss aber die Wärme des anderen Körpers, da ihm noch immer ziemlich kalt war.

Er fuhr mit dem unverletzten Arm um Ryuichis schmalen Rücken und drückte sich gegen ihn.

"Hast du an Gewicht verloren? Du bist dünner als das letzte Mal..."

"Eigentlich wollte ich nie wieder versprechen geben, aber bei dir mach ich eine Ausnahme. Ich weiß nicht, ob ich es halten kann, aber vielleicht hilfst du mir und ich schaffe es diesmal."

Traurig wanderte Ryuichis Blick nach unten. "Was soll’s, ich muss dich eh gleich waschen und außerdem muss ich meine Wunden selbst noch versorgen. Macht wirklich nichts..." Liebevoll betrachtete er den schmalen Körper. //Wenn ich es nicht besser wüsste, sollte man meinen, dass ich gerade meinen toten Bruder im Arm halte. Aber das geht doch gar nicht oder?//

"Schon möglich, hab ziemlich viel gearbeitet und..." Nein, dass gehörte nun wirklich nicht hierher.

Endlich hatte er den Schlüssel gefunden und schloss die Wohnung auf. Er wartete bis Shuichi eingetreten war. "Ich geh schon mal ins Bad ja?" Während er wartete, dass Shuichi nachkam bereitete er schon mal alles vor.

Shuichi ließ sich auf den Boden sinken und zog sich die Schuhe aus, stellte sie dann ordentlich hin, sodass niemand drüber fallen konnte. Irgendwie rappelte er sich auf und wankte ins Badezimmer.

"Hast du vielleicht was zum Anziehen?", fragte er und schaute ihn schüchtern an.

"Sicher, aber erstmal kümmern wir uns um dich. Du kannst ja schon mal deine Sachen ausziehen. Ich kann dich ja schlecht so verarzten." Ryuichi zog sich während dessen seine eigene Hose aus sowie die Jacke und den Pulli. Dabei riss er die Wunde am Oberarm wieder leicht auf. Schnell holte er noch ein zweites Handtuch aus dem Schrank, sowie einen Schwamm und das Buch in dem er ihm damals seine Aufzeichnungen hinterlassen hatte. "Falls dir was passiert." Dann drehte er sich zu Shuichi um. "Fertig? Musst mir dann bloß sagen was dir genau weh tut wegen verarzten nachher."
 

Shuichi zog sich bis auf die Unterhose aus und sah an sich herunter. Was war das? Hatten die ihn auch noch zusammen geschlagen? Er wusste nicht wirklich, was geschehen war, nachdem ihn die Ohnmacht in ihre Arme genommen hatte. Allerdings tat es schon mal gut aus den nassen Sachen raus zu kommen.

"Hm...eigentlich tut alles weh...", meinte er.

"Äh...die Unterhose auch?"

"Musst du nicht, wenn du nicht willst."

Vorsichtig hob er Shu-chan in die Dusche, stellte diese an und brauste den Kleinen leicht ab. Anschließend seifte er ihn ein, so gut es eben ging. Ebenso vorsichtig spülte er die Seife wieder runter.

"Hm, ich werde nachher deine Schulter verarzten und mach dir um Bauch und Rücken wieder so nen Stützverband. Tja und deine Beine sowie den anderen Arm schmiere ich mit der Salbe ein die mir Riku mal gegeben hat." Innerlich schlug er sich allerdings auf den Mund. //Mist, eigentlich sollte er diesen Namen doch gar nicht erfahren.//

//Riku...schöner Name.// Shuichi lächelte Ryuichi an. Auch wenn der Pinkhaarige dem anderen ansehen konnte, dass es nicht mit Absicht geschehen war, so hatte dieser dem Jüngeren etwas von seiner Vergangenheit erzählt...

"Du hältst ja dein Versprechen, Onii-chan.", meinte er und schlug sich die Hand gegen den Mund.

Onii-chan? Wie kam er nur dazu Ryuichi mit dieser Floskel anzureden? Er war doch kein kleines Kind mehr, das einen älteren Jungen oder gar Bruder ansprach. Aber wenn er Ryuichi so ansah, kam er sich ihm gegenüber beängstigend ähnlich vor. Sein eigener bester Freund Hiro hatte das auch schon behauptet. Doch nicht nur eher, selbst Tatsuha hatte ihm das einst gesagt, kurz bevor der versuchte Shuichi deswegen zu vernaschen. Er zog den Schnodder in seiner Nase hoch. Irgendwie klebte diese Unterhose an ihm und war somit in keinster Weise angenehm.

"Sorry, Sakuma-san...es kam so über mich...", meinte er wegen der Verniedlichung, zog anschließend seine Unterhose aus.

"Tut weh...", murmelte er und ließ sie erst mal im Duschbecken liegen. Jetzt brauchte er sich auch nicht mehr zu schämen...Schließlich hatten seine Peiniger ihn auch nackt gesehn...

Ryuichi wusste im ersten Moment gar nicht was er sagen sollte. Für ein paar Sekunden musste er erstmal nach Luft schnappen ehe er auch nur annährend irgendwie reagieren konnte. "Ich werde es versuchen, dass kann ich dir Versprechen. Bitte verlang nicht mehr von mir." Bittend sah er ihn an.

"Mach dir mal keinen Kopf... Außerdem nenn mich lieber Ryuichi. Sakuma-san wird mir zu blöd..." Leicht biss er sich auf die Zunge. "Ober aber... Ne, lieber doch nicht." Das wäre für den Moment dann doch zuviel.

"Das hättest du nicht tun müssen." Sanft sah er ihm in die Augen und reichte ihm die Dusche. Er wollt Shuichi nicht noch mehr verschrecken in dem er ihn auch noch da säuberte. Es sei denn, die Schmerzen wären zu groß.

"Okay...Ryuichi...", meinte jener. Dann blickte er an sich herunter. //Ohmgh...Au...ja... // Er nahm den Duschkopf und ließ sich etwas Wasser darüber rieseln, kniff die Augen zusammen.

"Aiaiaia..." Nochmals zog er seinen Schnodder hoch. Na prima...bekam er auch noch einen Schnupfen? "Warum sollte ich mich vor dir schämen? Ich glaube, gerade vor dir brauch ich das nicht. Ich vertraue dir nämlich. Du bist der einzige auf der Welt..."

Leicht belustigt beobachtete der Sänger die ganze Aktion. Währenddessen schäumte er sich selbst ein. Als der Badeschaum über die Wunde am rechten Arm lief, musste er allerdings kurz die Augen zusammen kneifen, denn das Zeug brannte wie sonst was.

"Ich glaub, du brauchst nachher noch ne vorbeugende Erkältungspille."

Inzwischen hatte er sich vollständig eingeseift. Das Brennen am rechten Arm und den Gelenken ertrug er tapfer. "Hätte ja sein können, denn schließlich na ja hast du ja einiges mitgemacht." Eine Weile schwieg er. "Und ich werd mich bemühen dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen."

Shuichi lächelte ihn an, dann umarmte er ihn. "Danke, das bedeutet mir viel...", meinte er und löste sich wieder von ihm. "Sorry...weiß ja, dass du das nicht so magst." Er brauchte das jetzt aber einfach mal als Ausgleich für die ganze Schelte, die er bekommen hatte. "Au...ich kann sicher die nächsten Tage nicht sitzen...", meinte er und kniff die Augen nochmals zusammen. Wenigstens waren seine Lippen nicht mehr blau, das warme Wasser hatte mehr als gut getan.

Verlegen wehrte sich Ryuichi auch diesmal nicht. "Ist schon gut." Langsam wurde ihm das peinlich. "Seit damals nicht wirklich... Aber kann sich ja mal wieder ändern. Dann musst du halt liegen oder so... Wir finden schon ne Möglichkeit... selbst wenn du immer nen Kissen unter dem Hintern hast." Ryuichi nahm Shu-chan die Dusche ab und brauste sich selber ab. Das Wasser legte nun seine Haut wieder frei, wodurch man die vernarbten Unterarme sehen konnte.

"Ich geh dann schon mal raus, ja?" Vorsichtig stieg er aus der Dusche und trocknete sich ab. Dann zog er sich seine Schlafhose an und suchte bereits die Medikamente raus. "Ich kümmere mich schon mal um mich selbst ja?"

Shuichi nickte, wärmte sich derweilen noch ein bisschen unter dem warmen Wasserstrahl auf und spürte nun auch seine Gliedmaßen wieder so einigermaßen.

"Manchmal frag ich mich, was ich den Leuten eigentlich getan habe...", sprach er eigentlich mehr zu sich selbst. Ryuichis Arme sahen schlimm aus...aber wie sollte er ihn schon von so was abbringen? Nach einer Weile drehte er das Wasser aus.
 

Schnell schmiss Ryuichi seinen Pulli sowie die restlichen und Shuichis Sachen gleich in die Maschine, nahm aber vorher die Klinge raus. Schmerzhaft verzerrte er dabei das Gesicht. Irgendwie schaffte er es auf dem Hocker vor dem Medizinschrank und ließ sich darauf nieder. Schwer atmend betrachtete er seine Wunden. Die Gelenke sahen wirklich schlimm aus. Durch den Dreck hatten sie sich inzwischen rot verfärbt. Die anderen Narben leuchteten dadurch besonders intensiv. Zitternd kramte er nach dem Desinfektionsmittel, tropfte es davon auf ein Wattestück und fuhr damit über die Wunden an beiden Gelenken. Schmerz durchzuckte seinen Körper, denn das Zeug brannte wie sau. Tapfer biss er die Zähne zusammen und entfernte jeglichen Dreck aus den Wunden. Dadurch bluteten die frischen Wunden erneut. Ehe es weiter gehen konnte, musste Ryuichi also erstmal die Blutung wieder stillen. Erschöpft ließ er sich an die Wand sinken. "Ich muss wohl doch wieder zur Therapie..." Bedrückt suchte er die Salbe raus, die ihm sein damaliger Freund gezeigt hatte. Davon verteilte er sorgsam etwas auf die Wunden. Wieder wartete er eine Weile, ehe er eine leichte Kompresse drauf legen konnte, um anschließend einen Verband anzulegen.

Doch das war zu viel. Seine Wunde am Arm meldete sich wieder. "Stimmt ja, die hatte ich vergessen." Entfernt erinnerte er sich daran, dass er durch das Klingeln von der Bank und in das Messer geflogen war. Sorgenvoll betrachtete er die Wunde. "Die werde ich wohl nähen müssen." Angewidert stillte er auch hier erst mal die leichte Nachblutung ehe er die Umgebung mit einer Spritze betäubte. "Wie gut, dass ich damals bei ihm aufgepasst habe." Anschließend nahm er Nadel sowie Pfaden und nähte die Wunde. Bis zum Videodreh würde davon nichts mehr zu sehen sein. Anschließend trug er dort ein wenig Salbe auf, um die Heilung zu unterstützen und legte auch hier einen Verband an. Mühsam erhob er sich und räumte die Utensilien beiseite und desinfizierte Klinge sowie Nadel und beschloss erstere später sorgsam zu verstauen. Die blutrot gefärbten Wattestücke warf er in den Mülleimer. Die Wäsche war inzwischen auch fertig. Schnell warf er sie noch in den Trockner. Anschließend legte er schon mal das Medizinzeug für Shuichi raus.

Shuichi selbst versuchte währenddessen irgendwie aus der Dusch zu kraxeln und stand nun wie ein begossener Pudel im Badezimmer und blickte sich verpeilt um.

Da Ryuichi sich nun bereits selbst versorgt hatte drehte er sich wieder zu Shuichi um. Liebevoll begann er ihn abzutrocknen. Dabei ging er ebenso vorsichtig vor wie unter der Dusche. Schnell flitzte er in sein Schlafzimmer, um eine frische Unterhose sowie Schlafzeug für Shuichi zu holen. Ein letztes Mal rubbelte er ihn und trocken und wartete bis dieser die Unterhosen anhatte, um die Wunde versorgen zu können.

"Morgen geh ich und hol meine Sachen... ist es echt ok, wenn ich hier bleibe?“, hackte Shuichi vorsichtshalber nach. "Ich such mir auch bald wieder eine Arbeit, dann zahl ich auch Miete!"
 

"Du bleibst morgen liegen. Um das Zeug kümmere ich mich alles. Ich möchte dass du dich ausruhst und deine Wunden ein wenig schonst. Zumindest den Vormittag über, ja?" Sanft drückte er ihn auf den Hocker auf dem er vorhin schon gesessen hatte. "Natürlich, denn sonst hätte ich kaum ja gesagt. Wegen der Miete, das wird schon... Außerdem ist die erstmal unwichtig." Sorgsam sah er sich die Wunde an der Schulter an. "Ich glaube die müssen wir auch nähen..."

Shuichi seufzte. "Okay..." Er kniff die Augen zusammen, als er auf den Hocker gedrückt wurde.

"Vielleicht kann man hier Pizzas ausliefern...", murmelte er. "Nähen? So schlimm ist das doch gar nicht...", meinte er und blickte darauf. "Nicht nötig..."

"Pizza ausliefern sollte nicht das Problem sein, aber lass dir damit lieber Zeit. Erstmal wirst du wieder gesund, anfangs wenigstens in Punkto körperliche Wunden. Dann kannst du dein Leben immer noch ordnen Shu-chan.", entgegnete er liebevoll, aber bestimmt. "Hm, ok, dann kleben wir das bloß." Sofort holte er die dafür nötigen Utensilien aus dem Schrank. Gekonnt drückte er den Kleber in die Wunde und diese zusammen. "Keine Angst, gleich ist es vorbei."

Nach wenigen Sekunden legte er einen leichten Druckverband darum. Anschließend begann er Shuichis Oberkörper mit einer Salbe gegen blaue Flecke und Schmerzen einzureiben. Auch hier legte er einen sanften Druckverband an. Shuichis Arme und Beine besprühte der Grünhaarige mit einem Spray. Es hatte denselben Wirkungseffekt wie die Salbe, man brauchte allerdings keine Binde. "Fertig." Schnell räumte er das Zeug weg während Shuichi sich wieder anzog. Liebevoll verstaute er Rikus Buch wieder dahin wo es hingehörte. "Hast du eigentlich immer noch Schnupfen?" Dabei kramte er bereits nach einer Schmerztablette, denn seine Wunden schmerzten entsetzlich und er konnte nicht behaupten zu 100% sicher auf den Beinen zu stehen.

Shuichi fragte sich woher Ryuichi das ganze Zeug hatte. Vielleicht musste man so was besitzen, wenn man sich wie sein Idol selbst verletzte. Der Pinkhaarige konnte damit gar nicht umgehen, hatte kaum Ahnung davon. Er wusste nicht, was er ihm sagen sollte oder was er tun sollte. //Bestimmte helfe ich ihm nicht, wenn ich ihn immer wieder darauf anspreche. Ich habe ihm zwar angeboten mir zu erzählen was er auf dem Herzen hat, aber ob er es tut weiß ich nicht. Schön wäre es ja// Shuichi seufzte verhalten.

Wie konnte er Ryuichi nur verstehen? Warum tat er das? Besaßen die Narben genug Kraft, um ihn an seine Vergangenheit zu erinnern, ihn daran zu erinnern, dass das alles Realität war? Er schnaufte und verstand es einfach nicht. Diese Autoaggression war so unbegreiflich für ihn. //Am Besten ist es wohl, wenn ich normal mit ihm umgehe.// Hauptsache, Ryuichi verletzte sich nicht so sehr, dass er sich selbst umbrachte. //Ich werde auf ihn aufpassen, vielleicht das Einzigste was ich im Moment für Ryuichi tun kann. Ich kann nicht zulassen, dass mein neuer Freund verschwindet.// Ryuichi hatte ihn davon abgehalten, sich umzubringen, als würde er es genauso tun. Er wusste zwar nicht, was in Ryuichis Vergangenheit vorgefallen war und weshalb er begann sich selbst zu verletzten, aber eines war klar: In seinem und in Ryuichis Leben war deutlich was schief gelaufen. Vielleicht waren sie zusammen in der Lage dazu, dass Leben wieder genießen zu können. Im Grunde genommen waren beide einsam, warum also nicht zusammen einsam sein? Ryuichis "Fertig", riss ihn aus seinen Gedanken. Er hatte die ganze Zeit wie paralysiert dagesessen und überlegt.

"Danke, Ryuichi. Danke...und entschuldige bitte...ich hätte vor zwei Wochen nicht einfach abhaun solln, aber ich war einfach zu überwältigt, weil da diese Gefühle waren. Sie sind immer noch da, aber ich glaube, ich kann besser damit umgehen. Weißt du, du hast mich schon immer fasziniert, weil du...na ja...", er hörte auf zu erzählen. "Schnupfen? Weiß nicht so genau...", schniefte er.

"Ist doch gern geschehen kleiner Shuichi... ist nicht schlimm... wirklich nicht. So manche Erkenntnis haut einen eben erstmal um ehe du sie beginnst zu begreifen und merkst dass du nichts dran ändern kannst..." Kurz hielt er inne "Aber schön dass du damit umgehen kannst. Das macht es uns beide leichter. Weil ich was?" Fragend sah er ihn an.

"Hm, dann gebe ich dir mal vorsichtshalber das hier." Er reichte ihm eine kleine Lutschtablette.

"Das Zeug verteilt sich in deinem Körper und sorgt dafür, dass du erst gar keine Erkältung bekommst." Anschließend suchte er nach den Schmerztabletten. Er konnte dabei kaum das Zittern unterdrücken, welches ihn schon die ganze Zeit quälte. "Shimata." Endlich hatte er die Dinger gefunden, nahm eine aus der Packung raus und wollte sie gerade schlucken, als sie ihm aus den Händen fiel. Seufzend hob er sie wieder auf, öffnete die Kapsel und schluckte den Inhalt. Eigentlich sollte er den Geschmack gewöhnt sein, aber es schmeckte jedes mal wieder scheiße. Aufmunternd sah er Shu-chan an und schloss den Medizinschrank ab. Vorsichtig legte er auch die vorhin desinfizierte Klinge beiseite und blieb erstmal hocken. "Mir ist so schrecklich kalt." Sollte das etwa? Ja, offensichtlich überfiel ihn gerade wieder einer diese Kälteanfälle. Er hatte sie in den letzten Jahren so oft gehabt, aber nach Versuchen wie heute besonders heftig. "Ich muss wohl doch wieder zur Therapie.", murmelte er mehr zu sich selbst.

"Weil du schon seid ich 12 bin mein größtes Vorbild bist. Hiro und Tatsuha meinen, dass ich eine gewisse Ähnlichkeit zu dir habe.", sagte er leise und begann, die Tablette zu lutschen. "Hatschie!", schniefte er, konnte im letzten Moment verhindern, dass er das Medizinteil wieder aus seinem Mund hinaus befördert, in dem er die Hand davor nahm. Dann sah er zu, wie Ryuichi seine eigene Medizin nahm und auf dem Boden hockte. Shuichi stand auf, kniete sich neben ihn und streichelte ihn den Rücken. Große, besorgte blaue Augen sahen in die des anderen.
 

"Hm, dass ist nicht von der Hand zu weisen...“ Ängstlich sah er Shuichi an. "Das war wohl doch zu heftig heute. Ich werd wohl die nächsten 3 Tage ohne auskommen müssen." Dann fiel sein Kopf nach vorn in Shuichis Arme. "Oder ich fang die Therapie wieder an... die dritte..." Zitternd saß er noch immer auf den Boden und vermisste Kuma-chan sowie sein Bett schrecklich. Sein Körper schüttelte sich unter den Krämpfen. So heftig waren sie schon lange nicht mehr gewesen.

"Wah!", rief er und hielt Ryuichi fest. "Mach jetzt nur keinen Quatsch..." Ryuichi gehörte ins Bett, so viel stand fest, aber wie sollte Shuichi ihn nur da hin kriegen? Er konnte ihn schlecht tragen, dafür war er zu geschwächt und Ryuichi wohl doch etwas schwerer als er selbst. Also versuchte er das, was er auch schon vor zwei Wochen getan hatte: Er setzte ihn auf den Boden und fasste hinter Ryuichis Rücken unter den Armen hindurch, verschränkte seine Hände vor der Brust und konnte ihn so irgendwie ziehen.

Shuichi ächzte. Das war nicht wirklich das Richtige für seine Verletzungen, aber was sollte es? Er zog ihn quer durch die Wohnung, bemerkte wie der Körper zitterte und sich verkrampfte. //Wo ist das Schlafzimmer?// Er versuchte, sich zu erinnern und glaubte dann, Ryuichis Zimmer gefunden zu haben. //Volltreffer.// Er schaffte es, auch wenn er nicht genau wusste wie, ihn ins Bett zu bugsieren. ihm Kumagoro, der dort auf ihn wartete, in die Arme zu drücken und ihn zuzudecken.

Er atmete schwer. Sein Körper schmerzte und seine Seele ebenso, wenn nicht sogar noch mehr.

//Ich sollte die Nacht über lieber wach bleiben. Wenn ich schlafe, würden mir die Alpträume nur wieder meinen Verstand rauben. Alles würde dadurch noch schlimmer werden, als es ohnehin bereits ist.// "Schlaf gut...", keuchte er hervor.

"Geh nicht weg, bitte bleib hier. Mir ist so kalt." Ängstlich sah er Shuichi an und konnte nur mühsam seine Tränen unterdrücken. "Jetzt mach ich dir auch noch so nen Kummer. Eigentlich solltest du dich doch ausruhen und nicht mich noch..." Sniefend brach er ab...

"Du musst doch wieder gesund werden. Argh..." Zitternd griff er nach Shuichis Handgelenk während ihn erneuter Krampf schüttelte. Sofort ließ das Gelenk los und schlank seine Arme um sich selbst. Traurig sah er zu seinem Kumagoro. "So fing es damals auch immer an... ehe..." Er vergrub den Kopf in sein Kissen und wollte an nichts mehr denken.

"Was hast du denn nur?", fragte er ihn mit gebrochener Stimme, kniete sich dann neben das Bett.

Er zögerte erst eine Weile, immerhin mochte Ryuichi es nicht, wenn er ihn anfasste, doch dann streichelte er ihm beruhigend über den Kopf, zaghaft und ganz zart. Seine müden Augen blickten ihn an. "Was fing so an?"

Schüchtern kuschelte sich Ryuichi in die Hand. Normalerweise mochte er das nicht, aber heute war ihm das egal. Er wollte einfach nicht allein sein während dieses Krampfes, denn sonst würde er nur wieder zurück ins Bad gehen und dort weiter machen. Es tut gut dabei mal nicht auf sich gestellt zu sein. "Ich will nicht allein sein... ohne jemanden den Krampf überstehen." Sofort schob sich ein Schatten über seine Augen. "Damals... immer wenn ich mich... wenn ich mich... da hab ich davor auch immer gezittert und dann war es..." Traurig sah er an Shuichi vorbei "Fast immer zu spät..."

Shuichi schüttelte den Kopf, der Mund war leicht geöffnet. Was redete er denn da? "Ryuichi..."

Seine Hand glitt unter die Bettdecke, suchte die des Älteren und fand sie schließlich auch. Sanft beugte er sich über das Bett, legte seine Wange an die des Älteren. "Du bist nicht allein...du hast doch mich..." Er verstärkte den griff um seine Hand. Fast immer zu spät? Hatte Ryuichi versucht, sich umzubringen? "Du darfst dir nichts antun...", sagte Shuichi weinerlich, dann rollten große Krokodilstränen aus seinen Augen. "Das darfst du nicht...du hast mich aufgehalten, also bleib gefälligst auch hier...ich brauche dich doch, du bist der Einzige, der mich nicht hasst..."
 

Mit tellergroßen Augen sah der Grünhaarige in das Gesicht Shuichis. Mit der noch freien Hand strich er sanft über dessen Gesicht. "Nicht weinen ja?" Er wollte ihm Trost geben, obwohl er ihn doch selbst brauchte. Ryuichi konnte es eben nicht sehen, wenn jemand weinte, besonders bei Shuichi nicht. Der sah lächelnd eh sehr viel besser aus.

"Aber für wie lange?... Irgendwann schlaf ich doch wieder allein..." Ryuichi weinte nun selbst Krokodilstränen. Eigentlich wollte er es jetzt noch nicht sagen, aber das machte nun auch keinen Unterschied mehr. "Ich habe mich aber schon ein paar Mal selbst ins Jenseits befördert. Es hat bisher nur nie richtig geklappt. Außer einmal so gut wie." Seine Tränen wurden immer stärker.

"Ich würde ja auch gern bleiben, aber... das ist nicht so leicht... Schließlich... schließlich geht das schon so lange... Wie sollte ich dich auch hassen? Ich hab dich doch zu gern." Zögernd legte er Kumagoro zwischen sie. "Bitte schimpf nicht so... Ich hab doch nichts gemacht."

"Für wie lange? Für immer, Ryuichi, für immer... Wie oft soll ich es dir noch sagen? Du bist der Grund dafür, dass ich überhaupt noch lebe. Wie oft soll ich es dir noch sagen? Ich liebe dich! Wenn du nicht da wärst, hätte mein Leben keinen Sinn mehr. Und wenn du dich umbringst, dann werde ich das auch tun...", haspelte er.

"Warum? Warum versuchst du dich umzubringen?", weinte er und ließ seinen Po auf die Füße fallen, kniete vor ihm und zog seinen Arm zurück, als Ryuichi Kumagoro zwischen sie legte. Wenn er nicht angefasst werden wollte, dann sollte er das wohl auch lassen...

Er blickte ihn an, stumm rannen Tränen aus seinen Augen.

Mit einem Mal saß Ryuichi senkrecht im Bett und presste Kumagoro an sich. Wortlos sah er an Shuichi vorbei ehe wieder in dessen Gesicht sah. Enttäuschung spiegelte sich in seinen Augen wieder und planke Angst. Er war mit der Situation schlicht weg überfordert. Auf der einen Seite wollte er das Shuichi sich zu ihm legte, damit ihm nicht mehr so kalt war, aber auf der anderen Seite hatte er auch schreckliche Angst vor der Nähe.

"Ich will aber nicht dass du stirbst. Ich will es nicht.", brabbelte der Grünhaarige und schüttelte dabei heftig seinen Kopf. "Ich musste ja damals nach seinem Tod auch weiter leben. Und ich lebe ja noch. Ich würde dich ja auch gern lieben, aber...", versuchte Ryuichi zu erklären während er für einen Moment zusammen sackte.

"Aber ich habe so riesige Angst davor. Ich habe ne scheiß Angst vor dem Gefühl und davor jemanden neben mir zu wissen. Ich habe einfach nur Angst."

Erschöpft zog er seine Beine an sich.

"Weil ich bereits früh aus dem Haus musste… Weil in jüngeren Jahren wichtige Menschen gestorben sind… Weil er dann auch gestorben ist… Weil ich mich dem Schmerz verweigere."

Tränenblind sah er ihn an. "Weil ich..." Sein Kopf fiel zurück auf das Bett. "Ich wollte dir doch nur Kumagoro geben, damit du nicht mehr weinst... Aber anscheinend war das falsch." Seufzend versuchte er die Tränen unter Kontrolle zu kriegen. "Damit du ein bisschen Wärme kriegst. Ich kann mich ja in meine Decke einwickeln."
 

Shuichi stand auf und nahm Ryuichi in die Arme. Es war ihm egal, ob es ihm nicht passte oder nicht, er würde ihn schon von sich stoßen, wenn er es nicht haben wollte oder sich anderweitig bemerkbar machen. "Ich wollte dir nur nicht zu Nahe treten. Ich dachte, du wolltest, das Kumagoro mich von dir fernhält.", wisperte er, saß auf Ryuichis Schoß und schmiegte sich fest an ihn. Sein anschließendes Seufzen täuschte dabei nicht über das wild gegen seine Brust trommelnde Herz hinweg.

"Ich will nicht, dass du stirbst! Du warst schon immer was Besonderes für mich, weil ich...Du warst mir so vertraut, selbst als ich dich nur vom fernsehen her kannte...oder wenn ich dich singen gehört habe...viel vertrauter als meine Familie...", er stockte. Familie...wie lächerlich. Er hatte keine Familie mehr.

"Meine Familie...", wisperte er und kniff die Augen zusammen.“Ich verlange ja auch nicht von dir, dass du mich liebst. Ich habe schon so oft gemerkt, dass das so nicht funktioniert...", seufzte er, streichelte das grüne Haar.

"Alles, was ich wollte war, dass mich Yuki liebt, dabei war ich nichts weiter als Ersatz für den, den er getötet hat..." Er lachte. " Ersatz...ich bin eigentlich immer nur Ersatz... egal für wen" Er schwieg einen Moment und streichelte das grüne Haar dabei weiterhin.

"Ryuichi, deine Vergangenheit ist traurig, das ist wahr, aber du lebst. Darüber solltest du glücklich sein! Du darfst nicht zulassen, dass die Angst dich betäubt, denn so wirst du nur einsam. Du musst den Schmerz rauslassen und deine Wut. Du kannst ruhig zugeben, dass du auch wütend bist, auf die, die dich verlassen haben, weil sie nicht mehr bei dir sein können..." Wieder folgte eine kurze Pause. "Tut mir Leid, ich weiß ja nicht, wovon ich spreche, ich habe noch niemanden verloren, abgesehen von mir selbst."

Seufzend klammerte sich Ryuichi an den schlanken Körper und legte seinen Kopf in dessen Halsbeuge. Bebend legte er Kuma neben sich und drückt sich nun ganz an Shuichi. Erleichtert schloss er die Augen. "Das sollte er gewiss nicht. Du hast nur so ausgesehen, als ob du ihn brauchen könntest. Schließlich hat er ja schon viele Tränen getrocknet. Außerdem... außerdem hast du ja schon mal einen bekommen."

Erstaunt lauschte er Shuichis wildem Herzschlag. Wie fremd und vertraut das doch war.

"Im Moment möchte ich gar nicht sterben. Ich möchte nur nichts mehr fühlen und endlich diese Therapie hinter mich bringen. Ich krieg die im Moment nur nicht auf die Reihe.", murmelte Ryuichi mit trüben Blick zu Shuichi.

"Erzähl mir bloß nichts von Familie." Gewiss, er hatte eine gehabt, aber so wie sie gelebt hatten, war das keine Familie. Böse sein konnte er ihnen deswegen aber nicht, da ihnen damals nichts anderes übrig blieb.

"Gefühle kannst du auch von niemandem verlangen, denn das geht nach hinten los und du bleibst unweigerlich auf der Strecke." Verlegen sah er ihn an. "Vielleicht besteht aber doch noch Hoffnung, wenn ich irgendwann diese Angst überwinde. Aber das du immer nur Ersatz bist stimmt nicht, denn sonst würde ich dich anders behandeln."

Schüchtern schlang er die Arme um Shuichi. Er wusste nicht wieso, aber im Augenblick konnte er nicht anders. Zitternd versuchte er sich an diesen Umstand zu gewöhnen.

"Meine Vergangenheit? Wer kennt die schon? ... Aber schön war’s, mehr oder weniger... wohl er weniger... Mir wäre es aber lieber, wenn ich nicht mehr da wäre und sie alle leben könnten. Sie hatten es nicht verdient zu sterben. Ausgerechnet sie, wo sie doch nichts getan haben. Ich bin schon so lange allein und vom Schmerz zerfressen das ich nicht mehr weiß wie man sich äußert. Ich hab’s einfach verlernt. Wütend auf sie? Das geht doch gar nicht. Es tut nur so weh..." Auch erhielt kurz inne. "Ist schon ok." Wieder dieser Satz "Dann sei froh darüber, denn Verlust ist etwas das dich auf Jahre schädigt und dir Augenblicke nimmt die man eigentlich genießen sollte."
 

"Ich brauche nicht Kumagoro, sondern dich...", schniefte er und kuschelte sich dichter an ihn.

Es gab kein schöneres Gefühl, als ihn umarmen zu dürfen. "Aber du hast versucht dich heute umzubringen, oder?", flüsterte er in Ryuichis Ohr. "Ich bin froh, dass du es nicht gemacht hast...", meinte er und lächelte. Natürlich konnte Ryuichi das nicht sehen. Sein Mund ruhte nun auf Ryuichis Haut. Durch die Nähe konnte er außerdem seinen Duft einatmen. //Er riecht gut!//

"Ich will dir ja auch nichts von Familie erzählen, schließlich hab ich selbst keine..." Wieder und wieder streichelte er ihm durch das duftende grüne Haar, spielte damit. "Du bist der erste, für den ich kein Ersatz bin. Du gibt’s mir mehr Liebe, als ich je irgendwann in meinem Leben bekommen habe. Du siehst in mir mich als Person und keinen anderen Kerl." Er kuschelte sich näher an ihn.

"Dass das wehtut, kann ich verstehen...deine Seele ist verletzt...das kenne ich. Meine ist es auch..."

Fest schlang er sich um ihn, die Arme um seinen Nacken, die Beine um seine Taille. Er wollte ihn am liebsten nie wieder loslassen.

Gezwungen durch diese Aktion fiel Ryuichi auf das Bett zurück, denn Shuichis Gewicht wurde aufgrund seiner eigenen Position nun doch etwas zufiel. Seufzend hangelte er irgendwie die Decke über beide. Schließlich sollte sich Shuichi nicht auch noch erkälten und er selbst wollte nur bedingt krank werden.

"Und ich? Ich brauche einen Grund, um zu kämpfen.", wisperte der Grünhaarige und strich liebevoll über Shuichis Gesicht. Dabei schwand die Angst langsam aus seinen Augen, da das Zittern sich stetig normalisierte.

"Hm, na ja, ehrlich gesagt war ich schon ziemlich weit, deswegen ja die Zitterkrämpfe. Aber dann hast du angerufen und na ja... dann konnte ich auch nicht mehr... Denn normalerweise geht’s nach solchen Zitter- und Kälteanfällen erst recht weiter."

Ryuichi erschauderte bei der Berührung der Lippen auf seiner Haut. Es war lange her, dass ihn jemand so berührt hatte. //Seltsam, es macht mir nicht mal etwas aus.// "Ich hatte mal eine, aber das ist lange her... Sehr lange her...", murmelte der Entertainer traurig vor sich hin.

"Wie kannst du da schon von Liebe geben sprechen? Du bist nun mal du und da werde ich mich schwer hüten das ändern zu wollen. Denn gerade das macht dich ja einzigartig." Fragend sahen Shuichi große Augen an und lagen dabei gefährlich nah vor seinem Gesicht. "Habe ich überhaupt noch eine? Und wenn, dann ist sie sehr tief verletzt und wird es auch bleiben. Es sei denn, ich schließ irgendwann damit ab, krieg die Therapie zu ende und bleibe irgendwann auch wirklich weg."

"Dann musst du dir einen Grund zum kämpfen suchen...", gab Shuichi zurück. Er lehnte sich gegen die ihn streichelnde Hand. //Schön..// Er sehnte sich einfach nur nach Zuneigung. "Du hast es nur nicht getan, weil ich angerufen habe? Das heißt, wenn ich nicht angerufen hätte, wärst du jetzt tot?", ungläubig schüttelte er den Kopf. "Sag noch einmal, deine Leute wachen nicht über dich, denn die haben das arrangiert." Er lächelte ihn an.

"Weißt du, nachdem die mich gefesselt und ins Wasser geworfen hatten, dachte ich, es ist alles aus. Ich kam nicht mehr hoch. Wie sollte ich auch schwimmen? Aber dann bin ich irgendwo gegen geknallt und die Schulter hat mich aufgeweckt… Ich blieb an nem Ast hängen. Das Handy war locker in meiner Hosentasche und ist klatschnass geworden, aber hat trotzdem funktioniert...das ist doch nicht normal, oder?" Er blickte ihm in die Augen, versank darin. Es war fast, als würde er in einen Spiegel sehen.

"Dann geht es dir besser als mir, ich hatte nie eine richtige Familie..." Er lächelte traurig. "Wie ich schon von Liebe sprechen kann? Weil noch nie jemand so lieb zu mir war. Ich bin nicht ich. Natürlich hast du eine Seele, jeder hat eine Seele. Du hast mir mal gesagt, dass ich mehr Selbstvertrauen brauche, das gilt ach für dich. Du schaffst es endlich damit abzuschließen! Du schaffst das! Glaub an dich selbst! Glaub an die, die du geliebt hast...sie wachen über dich...", hauchte er, knapp über Ryuichis Gesicht.
 

Lächelnd bemerkte Ryuichi diese Sehnsucht und behielt das Streicheln bei. "Doch wo soll ich den finden? Es sei denn du kannst mir die Angst nehmen..." Nun schüttelte Ryuichi seinerseits den Kopf. "Nein, aber dann wäre die Beinahtoterfahrung noch intensiver gewesen, denn gefehlt hat nicht mehr viel. Allerdings weiß ich nicht ob er deswegen auf mich böse ist." Stockend und geschockt hielt er kurz inne "Das ist das Schlimmste an der ganzen Sache." Er versuchte das Lächeln zu erwidern.

"Meinst du wirklich? Normal ist das tatsächlich nicht, aber vielleicht sollte das einfach so sein. Vielleicht hat es das Schicksal so vorgesehen. Wer weiß... Ich kann es dir wirklich nicht sagen. Aber wär’s anders gelaufen, wäre ich vielleicht nicht mehr da und du würdest nicht neben mir liegen." Ryuichi hielt ganz still, als Shuichi ihm in die Augen sah. Sein Bruder hatte das früher auch immer gemacht.

"Ich hatte auch nie von ihnen etwas gehabt. Jedenfalls nicht wirklich, weil wir nicht durften. Aber ich dachte. Ich mein du hast doch ne Schwester und so was." Oder sollte es anders sein? "Dann sollte ich vielleicht immer so lieb zu dir sein, damit du irgendwann weißt wer du wirklich bist und dich voll entfalten kannst. Ich hab eine Seele? Schön, aber so wie ihr seit Kindheit schade muss sie mich doch gar nicht mehr mögen. An sich selbst glauben, dass ist verdammt schwer. Zumindest, wenn es gilt DAS los zu werden. Der Gang zur Therapier wird immer schwerer und zu ihm auch." Erschaudernd schloss er kurz die Augen, als er Shuichis Atem über seinem Gesicht spürte. "Ich glaube doch schon seit Jahren an sie, denn sonst wäre ich wirklich schon fort. Ich versuche es zumindest."

"Ich möchte dir gerne die Angst nehmen. Ich werde es versuchen." Shuichi lächelte und gab ihm einen Eskimokuss. "Ich hab dich lieb, Ryu-chan." Er schloss die Augen, spürte wieder die Hand an seiner Wange und schnurrte leise.“Er ist nicht böse auf dich...bestimmt nicht." Er blickte ihm erneut in die Augen. "Auf dir, Ryu-chan, ich lieg auf dir.", giggelte er belustigt.“Ist mal ne ganz andere Erfahrung, sonst liegen immer alle nur auf mir."

"Eine Schwester? Das ist nicht meine richtige Schwester. Familie Shindou hat mich adoptiert. Ich weiß nicht, wer zu meiner richtigen Familie gehört oder wie mein richtiger Name lautet. Ich weiß nicht mal, wann genau ich geboren wurde." Er lächelte. "Vielleicht wird es leichter, wenn ich dich begleite."

Verdattert sah Ryuichi ihn in diesem Moment an. "Das würdest du echt tun?" Ungläubig starrte er den Jüngeren immer noch an. "Ich dich auch.", brachte er verdattert hervor. Er war in diesem Moment viel zu sehr durch den Wind, um intelligent darauf zu reagieren. "Ich hoffe es, denn das könnte ich mir nie verzeihen." In Gedanken fiel Ryuichi in Ohmacht. Diese Gedankensprünge aber auch immer. "Und, schlimm?" Treudoof sah er ihn an. "Liegst du gern auf mir?" Ups, er könnte sich für diese Frage selbst eine über hauen.

"Immer das Gleiche ist doch langweilig. Außerdem bist du noch von meiner Decke zugedeckt."

Himmel, was sollte das werden? "Das wusste ich gar nicht. Ich dachte dass sie deine richtigen Eltern sind, aber vielleicht findest du auch das irgendwann raus. Sicher, Behörden sind mitunter ziemlich stur, aber vielleicht kriegen wir bzw. du das irgendwann auf die Reihe. Wäre schließlich schade, wenn du immer namenlos bleibst." Schüchtern erwiderter er das Lächeln.

"Würdest du das wirklich wollen? Sein Grab sehen? Und diese Therapie mitmachen? Ich weiß noch nicht mal wann die jetzige wieder fortsetzen kann."

"Natürlich würde ich das gern tun. Du hast auch schon so viel für mich gemacht." Erneut strich er ihm durchs Haar. "Nein, ist nicht schlimm, ich mag es. Ich dachte, du magst es nicht, wenn ich dich berühre und das ist schon mehr als ich mir jemals gewagt hätte zu hoffen.", seufzte er und guckte irritiert aus der Wäsche.

"Gern auf dir...? Ich...es...es ist schön mit dir zu kuscheln, denn das hat noch nie einer gemacht. Wenn sich mal einer auf mich gelegt hat, dann wollte er immer nur Sex… sonst nichts." Er guckte etwas lädiert. "Nein. Die Shindous haben ihren Sohn verloren, der hieß Shuichi. Ich wurde in einer Mülltonne gefunden. Eigentlich dürfte ich das nicht wissen, aber ich hab’s in den Tagebüchern meiner Stiefmutter gelesen. Deshalb konnten sie nur schätzen wie alt ich bin. Einen Namen hatte ich eben auch nicht... wie auch immer. Ja, ich würde alles für dich tun, Ryuichi..."

"Ich hab dich doch damals aber ganz schön gepiesackt..." Still genoss er die Geste. "Normalerweise hasse ich Berührungen ja auch, aber heute wäre allein sein nicht gut gewesen. Das wäre nicht gut gegangen. Aber ich kann auch nicht behaupten dass ich Lust habe mich dagegen zu wehren. Ist zur Abwechslung erfreulich, aber gewöhnungsbedürftig und komplett neu. Ich weiß allerdings nicht wies morgen früh aussehen wird.", sprach Ryuichi und wuselte ihm nach der Antwort liebevoll durch die Haare

"Dabei kann kuscheln doch so schön sein und viel mehr beruhigen als die andere Sache. Ok, die gehört zum Leben dazu, aber einfach so daliegen ist viel bindender als alles andere." Och ne, jetzt wurde er schon wieder philosophisch. "Kein schöner Ort für ein Baby. Aber du hast Eltern gefunden und durftest bei ihnen bleiben. Sicher, die richtigen Eltern bleiben die richtigen Eltern, aber es gibt Kinder die haben weniger Glück. Es ist doch schön, dass du wenigstens ein Elternhaus hattest, mehr oder weniger... Aber lassen wir das... Irgendwann findest du die Wahrheit schon noch raus." Er stockte. "Dann könnten wir ja in ein paar Tagen abends mal hingehen." Letzteres flüsterte er nur.

"Das hast du doch nur gemacht, um mich anzustacheln. Wer hat mir denn damals geholfen, als ich nen Blackout auf der Bühne hatte?" Er seufzte, rollte sich von ihm runter und kuschelte sich neben ihn. "Wie es morgen aussieht, ist egal. Wenn du eingeschlafen bist, geh ich eben rüber."

Er seufzte nochmals. "Also an mir hat’s nicht gelegen. Ich will keinen Sex, mit niemandem und nie wieder. Für mich gehört das nicht zum Leben dazu..." Er verzog das Gesicht, rutschte noch ein Stück näher an ihn heran und schmiegte sich in seine Halsbeuge. "Ja, es wäre schon zu wissen wer ich bin.", flüsterte er während seine Lippen flüchtig Ryuichis Hals berührten. "Hm...ja...gehn wir..."
 

"Das war ich... Schließlich kann ich es nicht zu lassen, dass ein Sänger nicht singt. Das geht ja nun mal gleich gar nicht kleiner Shuichi.", brüstete sich Ryuichi und streichelte weiter durch seine Haare. "Du kannst, wenn nicht auch hier bleiben, es ist dir überlassen." Lächelnd sah er zu dem Kleinen. "Sicher nie wieder? Aber ich brauche es auch nicht dauernd. Ich hab schließlich Kuma-chan und der ist mehr als anstrengend. Das reicht erstmal.", meinte Ryuichi und legte seinen Kopf auf den von Shuichi. "Wir werden es herausfinden.", meinte er mehr zu sich selbst und schloss schaudernd die Augen.

"Danke."

Shuichi schwieg erst einmal eine Weile und zwinkerte. Er lag so nah an Ryuichi, dass dieser seine Wimpern spüren konnte, wenn er blinzelte. Eine Hand lag an seiner eigenen Brust, der andere Arm lag auf Ryuichis Seite. Er hatte Angst einzuschlafen, denn er war sich sicher, dass ihn erneut Alpträume heimsuchen würden. Sie quälten ihn bereits seit der Sache mit Yuki. Daran würde auch dieser Tag nichts ändern.

Ryuichi spürte instinktiv, dass Shuichi Angst hatte einzuschlafen, er wusste nur nicht wieso. Ebenso wenig wusste er wie er ihm die Angst davor nehmen konnte. Vorsichtig tastete er nach Kumagoro und legte ihn auf Shuichis Seite. //Hoffentlich versteht Shuichi das jetzt überhaupt richtig.// Shuichi sollte den Hasen ruhig mit ins Gästezimmer nehmen, der Grünhaarige selbst würde eine Nacht ohne sein Stofftier auskommen. Und wenn nicht, dann würde er sich eben etwas aus seinem Hobbyzimmer holen. Shuichi bemerkte Kumagoro und nahm ihn in die Arme. Er sagte nichts, sondern drückte seinen Kopf nur näher an den anderen heran. Obwohl er Kumagoro im Arm halten durfte und ihm das viel bedeutete, weil er wusste, wie wichtig der Hase für seinen älteren Freund war, hatte er noch immer Angst zu schlafen. //Am Ende liege ich doch nur wieder wach und kriege nichts auf die Reihe.// Der Pinkhaarige hatte nicht eine Nacht durchgeschlafen seitdem er aus Japan abgehauen war.

Ryuichi beobachtete Shuichi noch eine ganze Weile. Der Hase sah in seinem Arm einfach zu niedlich aus. Sein Bruder hatte es früher auch immer geliebt mit einem Kuscheltier im Arm einzuschlafen bzw. einfach eines im Arm zu halten. Langsam aber sicher wurden Ryuichis Augen merklich schwer. Er wehrte sich noch eine ganze Weile dagegen, da er Shuichi nicht allein lassen wollte. Irgendwann aber gewann der Schlaf und er schloss die Augen, um in einen zunächst unruhigen Schlaf zu fallen.

Shuichi bemerkte, dass Ryuichi eingeschlafen war. Er setzte sich auf und beobachtete den unruhigen Schläfer eine Weile. Er drückte Kumagoro fest an sich, wartete bestimmt eine Stunde und kletterte dann vorsichtig aus dem Bett, um Ryuichi nicht aufzuwecken. Er wollte nicht, dass der Ältere am nächsten Morgen einen Schock bekam, wenn er ihn in seinem Bett vorfinden würde.

Er legte Kumagoro neben Ryuichi und betrachtete ihn noch einmal. Wie hübsch er doch war... Er seufzte, bemerkte wie schwindlig ihm eigentlich war und wie matschig er sich fühlte.

Shuichi schwankte zur Tür und musste die Hose festhalten, damit sie nicht runterrutschte, schaffte es aber hinaus zu gehen. Er war mit Absicht in den Flur gegangen, denn Ryuichis Klinge lag im Badezimmer und sollte er auch nur irgendwie auf die Idee kommen, sich wieder etwas antun zu wollen, müsste er erst mal an Shuichi vorbei. Mit diesem Gedanken spielend, ließ er sich an einer Flurwand herabsinken. Er saß einfach da, starrte mit glasigen Augen die Wand an und dachte über den Abend nach. Wenn er die Augen schloss, sah er immer wieder die vier Gestalten, die sich über ihn hermachten, ihn missbrauchten. Er hatte Angst, Angst, dass sie noch mal zurückkehren würden. Er hatte Angst, zu sterben, ohne leb wohl zu Ryuichi zu sagen. Außerdem hatte er Angst davor gehabt, dass sie Ryuichi etwas antun könnten.
 

Seufzend drehte sich Ryuichi auf die Seite und nahm Kumagoro in die eigenen Arme. Glücklich schloss er das Stofftier an sein Herz und nahm prompt dessen Ohr in seinen Mund. Freudig kaute er darauf rum und brabbelte vor sich hin. Allerdings zu leise, um zu verstehen was er da eigentlich sagte. Ihm war kalt und so zog er die Decke ein wenig höher. Dabei kam ihm etwas komisch vor, aber er wunderte sich nicht weiter darüber. Inzwischen begann die Schmerztablette zu wirken und machte Ryuichi unfähig wirklich zu reagieren. Der Dreck hatte sich doch recht heftig in den Wunden breit machen können.

Schwer atmend drehte er sich auf die andere Seite und kroch dabei unter die Decke ohne es wirklich zu merken. Dort kuschelte er sich gänzlich ein, um sich selbst zu wärmen, denn ihm war immer noch kalt. Inzwischen hatte er es aufgegeben auf Kumas Ohr zu kauen.

Stattdessen suchte seine Hand nach etwas anderem, aber das hatte er ja vorhin im Bad liegen gelassen. Sein Hirn sagte ihm allerdings, dass er hier im Zimmer noch eine versteckt hatte. Allerdings betäubte ihn die Tablette zu sehr, als das er sich im Moment bewegen könnte.

Shuichi fühlte sich schlapp, er schein Fieber bekommen zu haben. Er starrte noch immer auf die Wand und hoffte, dass Ryuichi nicht auf die Idee kommen würde, sich wieder etwas antun. Was, wenn er noch mehr in seinem Zimmer hatte, womit er sich verletzten konnte?

Shuichis Gliedmaßen wurden schwer. Er konnte sich kaum noch bewegen, auch das Atmen fiel ihm immer schwerer. Er sank in sich zusammen, rutschte gen Boden und blieb quer im Flur liegen, sein Kopf in einer abstrakten Haltung zur Wand. Hoffentlich war die Nacht bald vorbei.

Ryuichi indes lag auf diese weise etliche Minuten dar. Unruhig suchte seine Hand immer noch nach einem Werkzeug, wodurch er schweißgebadet aufwachte und erschrocken in die Dunkelheit starrte. //Na toll, nicht mal im Schlaf habe ich meine Ruhe davor.// Erschöpft stieg er aus dem Bett und ging zu Shuichi rüber, fand den Kleinen dort aber nicht. Verwundert verließ er das Gästezimmer wieder und fand ihn dafür im Flur. //Eine leicht merkwürdige Art zu liegen, behaupte ich jetzt mal.// Besorgt beugte er sich runter und bemerkte die heiße Stirn. "Shuichi ist ganz heiß." Vorsichtig hob er ihn auf und trug Shuichi ins Gästezimmer. Anschließend ging er ins Bad, um eine Fiebertablette sowie eine Schüssel mit kaltem Wasser zu holen. Wieder im Gästezimmer angekommen, stellte er die Schüssel ab und ging noch mal in die Küche, um ein Glas mit Wasser zu holen. Daraufhin tapste er zu Shuichi und hob dessen Kopf an. "Bitte schluck das." Vorsichtig legte er ihm die Tablette auf die Zunge und hielt das Glas an seine Lippen. Sorgsam achtete er darauf, dass sich Shuichi nicht verschluckte. Anschließend kramte er einen Lappen aus dem Schrank, tränkte den mit kaltem Wasser und legte ihn Shuichi auf die Stirn.

"Mhh...nein...Ryuichi...nicht...", brabbelte der Pinkhaarige, als er von Ryuichi emporgehoben wurde. Er wurde ins Bett verfrachtet... Ein Bett...er hatte schon ewig nicht mehr in einem Bett geschlafen. Yuki hatte ihn nur ins Bett gelassen, wenn er Sex wollte, ansonsten musste er auf der Couch oder dem Boden schlafen. Kein Wunder also, dass ihm das Bett wie ein Fremdkörper vorkam. Shuichi hustete nachdem er die Tablette hintergewürgt hatte und blickte Ryuichi mit trüben Augen an. Geschwächt griff er nach Ryuichis Oberteil. "Nein...Ryuichi...", wisperte er und blickte ihn an.“Nicht...du darfst dir nichts tun...", murmelte er, zitterte.

"Schhhh... du darfst jetzt nicht sprechen." Er nahm den Lappen wieder von Shuichis Stirn und tränkte ihn ein weiteres Mal in kaltem Wasser. Anschließend legte er ihn wieder auf Shuichis Stirn.

"Keine Angst, ich tu mir heute nichts.", versuchte er ihn zu beruhigen und sprach weiter: "Ich muss jetzt eh zwei Tage warten bis der Dreck raus ist." Vorsichtig legte er Shuichis Hand kurz auf seinen Bauch zurück. Aus dem sich im Zimmer befindenden Schrank nahm er mehrere Handtücher raus. Zwei tränkte er in kaltes Wasser und wickelte sie um Shuichis Waden, zwei weitere trockene Handtücher zusätzlich um diese. Dann setzte er sich an Shuichis Bett, nahm dessen Hand in seine Hand und wachte so über Shuichi. "Ich sterbe dir heute schon nicht weg.", flüsterte er.

Shuichi ließ alles mit sich machen, doch als er Ryuichis letzten Satz vernahm löste sich ein Schwall Tränen aus seinen Augen. Mit Schwung setzte er sich auf, der Lappen von seiner Stirn fiel mit einem dumpfen Geräusch auf das Laken und er packte Ryuichi an den Schultern.

"Heute vielleicht nicht, aber morgen dann?", keifte er ihn an, sah ihm anklagend in die Augen. "Und wenn nicht da, dann übermorgen? Glaubst du, dass Riku das gern hätte?", weinte er. "Wenn du unbedingt Schmerzen brauchst, dann häng ich dich kopfüber in deinem Zimmer auf und peitsch dich aus!"
 

Sanft drückt der Grünhaarige ihn wieder in das Bett zurück und legte den Lappen auf seine Stirn zurück. Vorsichtig versuchte er Shuichis Tränen zu trocknen ohne recht zu wissen wie er ihm das erklären sollte. "Natürlich hätte er das nicht gern gesehen. Ich sage ja auch nicht das ich mich übermorgen verabschiede oder so. Ich werd schon merken, wenn es soweit ist. Aber versteh das nicht falsch..." Seufzend blickte er kurz aus dem Fenster. "Was soll mir das bringen? Es ist nicht der Schmerz der mich daran bindet. Eher die Erleichterung, dass der innere Druck weg ist, aber wie machen ich dir das begreiflich?"

Unaufhörlich strömten Tränen aus den zittrigen Augen des Traurigen. Alles, was er bisher unterdrückt hatte, kam in diesem Moment zum Vorschein. Er nahm sich den Lappen von der Stirn und setzte sich wieder auf, diesmal aber krallte er sich an Ryuichi fest, dessen Oberteil er schon nach kurzer Zeit durchtränkt hatte.

"Aber es klingt so, als würdest du es gleich tun.", weinte er. "Und wenn es soweit ist, merkst du eh nichts mehr. Du bleibst hier! Ich durfte auch nicht gehen, also bleib hier!", heulte er. "Stirb gefälligst auf natürliche Weise und nicht schon jetzt. Warum willst du alles hinwerfen was du hast? Du hast deine Eltern verloren und auch deinen Freund... und vielleicht war dein leben scheiße...aber es gibt noch immer Leute, denen es noch beschissener geht als dir! Außerdem darfst du eins nicht vergessen: Du lebst! Darauf solltest du verdammt stolz sein! Du solltest für sie leben, weil sie es nicht mehr können! Du kommst schon noch früh genug zu ihnen, da kannst du dir sicher sein.", weinte er weiter. Erneut lief ein Schwall Tränen aus seinen Augen, er schluchzte laut auf und krallte sich fester an Ryuichi.

Erschüttert über diesen Ausbruch nahm er Shuichi einfach in seine Arme und strich ihm über den Rücken. Unaufhörlich streichelte er den schmalen Körper und suchte wie bereits vorhin nach Worten. Angestrengt schloss er die Augen und holte tief Luft. "Sorry, wenn es für dich so klingt, aber gemeint war es anders… Dann will man auch nichts mehr merken... soll das jetzt ein Befehl sein?" Stockend sprach er weiter und schloss die Augen, denn Shuichi übte trotz seiner Krankheit einen ziemlichen Druck durch seine Klammerung aus. "Weil es im Grunde doch nur irdischer Besitz ist den ich am Ende eh nicht mitnehmen kann oder glaubst du etwa, dass ich Kumagoro mitnehmen kann? Ich weiß, dass es anderen Menschen noch schlechter geht, denn das Leid kennt keine Grenzen und wird es auch nie kennen. Doch was haben sie davon, dass ich für sie lebe? Ich kann ihnen nichts von dem was ich hier erreicht habe schenken. Sie werde es nie berühren, fühlen oder sonst was können. "

Shuichis Arme schlangen sich nun trotz seiner schmerzenden Schulter um Ryuichis Nacken. Er presste sein Gesicht an Ryuichis Brust und weinte noch immer. "Wie soll ich dir was befehlen können? Es geht doch auch nicht um den verdammten Kram, den du hast, es geht darum, dass du Menschen berührt hast! Mit deiner Musik! Weißt du, wie oft ich heulend im Bett gelegen habe, weil ich einfach nicht damit fertig wurde, dass meine Eltern mir verschwiegen haben, das ich nicht ihr richtiger Sohn bin? Ich hab deine Musik gehört und es ging mir besser. Du hast Leute damit aufgebaut! Sleepless Beauty? Erinnerst du dich noch daran? Wenn du selbst nicht an deine Lieder glaubst, wie kann man dir dann noch glauben?
 

Sleepless Beauty...

Das erste Lied von dir...

Und Nittle Grapser...

Es hat euch berühmt gemacht...

Ich erinnere mich noch genau an den Text...
 

Lass deine Augen leuchten, sie führen mich zu dir,

sie alle sind erwacht und sie warten nur auf dich.

Verführ den Schutz der Nacht, wirf die Hülle nun von dir,

fang ganz von vorne an, denn das Leben spielt jetzt hier.
 

(Ohne einen Ausweg)

Schau nur nach vorn, wenn du das hier überleben willst!

(Lass dich nicht so fallen)

denn dann betrügt der Zauber dich!
 

Du bist zurück gekehrt und neu geboren,

deine Augen sind mit Licht gefärbt,

dein Lächeln soll nicht einsam sein!

Selbst wenn die Welt, die du begehrtest, hier

und jetzt, in deinem Blick zerfällt,

das Wunder lässt es zu, wir finden uns bestimmt.
 

(Halte mich ganz sanft

mein Herz zerbricht daran.)
 

Sei rein wie eine Blume, die ohne Blüten lebt,

sie ließ sie von sich fallen, um neu hervorzugehen.

Beginne zu verstehen, dass jeder Tag sich lohnt,

wie leuchtende Juwelen, halt sie, ihr Wert ist hoch.
 

(Eine kalte Hand)

ergreift die Dornen, die du von dir geworfen hast.

(Eine kleine Flamme)

wird immer weiter für dich glühn!
 

Zeig mir Gedanken voller Leben, die mich zu dir bringen,

von dem Ort, an dem das Licht mit dir geboren ist.

Fürchte nicht den Lauf der Zeit,

denn deine Worte dürfen nicht vergehn,

sie führen mich zu dir und alle folgen mir!
 

(Es gibt keinen Ausweg)

(Und ich falle tiefer)
 

Du bist zurück gekehrt und neu geboren,

deine Augen sind mit Licht gefärbt,

dein Lächeln soll nicht einsam sein!

Selbst wenn die Welt, die du begehrtest, hier

und jetzt, in deinem Blick zerfällt,

das Wunder lässt es zu, wir finden uns.
 

Gedanken voller Leben, die mich zu dir bringen,

von dem Ort, an dem das Licht mit dir geboren ist.

Fürchte nicht den Lauf der Zeit,

denn deine Worte dürfen nicht vergehn,

sie führen mich zu dir und alle folgen mir!
 

(Halt mich immer wieder,

fang mich immer, immer wieder

weiter, immer immer weiter,

mein Herz zerbricht!)"
 

Er wurde immer leiser, seine Stimme immer heiserer, Shuichi selbst immer schwächer. Noch immer flossen Tränen aus seinen Augen. "Sag, Ryuichi, glaubst du selbst nicht an deine Lieder? Glaubst du selbst nicht an das was du geschrieben hast? Belügst du die Leute etwa, die zu dir aufsehen, die dich lieben und verehren? Leute wie Tatsuha...Yukis Bruder, der dich liebt... Oder mich...", hauchte er und wimmerte schließlich nur noch.
 

By Jemo Kohiri
 

Anhang:

Das Cover wurde von Ahiku gestellt und die Story selbst von mir verfasst. Als Grundlage diente hierfür der RPG "My Ryu, My Shu!" Hierbei spielte Ahiku Shuichi (später noch Neil und Granny) und ich Ryuichi. Dabei bleibt es nicht aus, dass ein Teil der Postings stückweise so übernommen wird wie im RPG selbst verfasst. Natürlich werden sie für die Story entsprechend angepasst und abgewandelt, gerade Gesprächsteile aber doch in Original übernommen. An der Stelle möchte ich mich lieb bei ihr für die tolle Playzeit bedanken. Ohne dich wäre die Fanfic nicht möglich gewesen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Klein_Ryu
2008-08-17T21:58:58+00:00 17.08.2008 23:58
huhu^^

habs grad fertig bekommen,
und weiß gar nicht was ich sagen soll..
ich find das wirklich so traurig >.<
hoffe, es geht bald weiter^^
Von: abgemeldet
2008-06-24T17:21:13+00:00 24.06.2008 19:21
Hach, dieser Teil war ja sooo traurig! *schnieff*
...wo soll man da bloß anfangen...
also an erster Stelle bleibt mal zu erwähnen, dass einem Ryu und Shu wohl diesmal richtig Leid tun können ;__; die beiden sind so mit sich selbst und gleichzeitig mit dem anderen beschäftigt, dass sie nicht wissen, wie sie miteinander umgehen sollen...
Und als ich den Absatz gelesen habe, in dem Shu misshandelt wurde... boah, ich dachte nur noch: "Omg, omg, was schreibst du denn da für Zeugs? Der Scheiß-Kerl hat ihn erpresst - und dann geht er auch noch darauf ein? Was machst du denn, Shuuu? ><" *schüttel* *plärr*.... aber ist ja auch klar, hier ging es ja auch um Ryuichi und den liebt er ja TT__TT
gleichzeitig wundere ich mich sehr über Ryu, denn er könnte wohl Arzt werden, so wie der vorsorgt ^__~ (Hat sich seine Wunde selbst zugenäht? *brrr*)
Und dann geht Ryu noch so liebevoll mit Shu um ;__;

dennoch hat das Eki auch lachen müssen, bei einigen Stellen und die waren mehr als nur herrlich! xD
Zb der Eskimokuss - ja, wie süüüss! xD
Oder das "Liegst du gern auf mir?" Prust, Lach. Oh jaaaa, ich bin sicher, dass er das tut xD
aber am witzigsten fand ich immer noch (auch wenn es unangebracht war) dieses: "Wenn du unbedingt Schmerzen brauchst, dann häng ich dich kopfüber in deinem Zimmer auf und peitsch dich aus!"
. Loooooool. Rofl. *am Boden lieg* In deiner FF scheinen wohl alle beide auf SM zu stehen, wie? xD

Dann hat es da noch natürlich wieder nen Satz hat gegeben, der mich (mal wieder) besonders berührt hat:
"Sag, Ryuichi, glaubst du selbst nicht an deine Lieder? Glaubst du selbst nicht an das was du geschrieben hast? Belügst du die Leute etwa, die zu dir aufsehen, die dich lieben und verehren? Leute wie Tatsuha...Yukis Bruder, der dich liebt... Oder mich...",
Hach, das klang sooo schön T^T. Ich meine, was würde Tatsus Leben dann noch für einen Sinn haben ohne sein geliebtes honey-Ryuichi ;).
Apropos, hast du dir eigentlich die Sound Storys von Gravi angehört? Da gibt es so eine geile Stelle von Ryu und Tatsu xD <-- sorry, das muss jetzt einfach sein

Da gehts nämlich darum, dass alle campen gehen *falls das so verstanden hat da kein japanisch kann* xD und dann sind Ryu und Tatsu allein und Tatsu flippt voll aus. Ich glaube in dem Moment fällt Ryu plötzlich auf Tatsu drauf und der stellt sich dann so vor, wie es wäre wenn er Uke und Ryu Seme wär *loool*
Jedenfalls musst da unbedingt mal reinhören!! (auch wennu kein Tatsu-Fan bist xD)

Alles in einem aber mal wieder ein sehr schöner Teil, besonders weil man diesmal so richtig schön mitfühlen konnte und dann noch dieses hin und her zwischen ihnen, traktieren sich mit Fragen während sie aufeinander liegen xD und geben sich sogleich auch Antworten.
Klar, gibt es noch ein paar Dinge zu bemängeln, aber hiernach wäre das nun auch gar nicht so wirklich nötig. ;) Toll gemacht...


Zurück