Zum Inhalt der Seite

Schillern

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Übersetzen

Am Morgen wurden Karl und August früh von Humboldt geweckt. Er trug schon sein Kostüm und schlug auch ihnen beiden vor, die Maskerade bis zum Besteigen des Schiffes überzuziehen.

Nachdem alle Sachen gepackt waren, machte man sich auf den Weg zum Hafen.

Während Karl es bereute, schon wieder von seiner Stadt der Träume scheiden zu müssen, ohne auch nur einmal auf den Kanälen mit den Gondeln gefahren zu sein, fühlte sich August reichlich seltsam in seinem Kostüm, doch so fielen sie wirklich nicht mehr in der Menge auf und es sah ihnen keiner hinterher.

Mindestens über vier Brücken liefen die drei Reisenden, bis sie ihr Ziel erreichten. Hunderte kleine Boote lagen im Wasser, endlose Stege führten hinaus aufs Meer. Die Segel und Masten der großen Schiffe ragten beeindruckend in den Himmel.

„Hier“, sagte Humboldt, „Das ist meines.“

August folgte ihm mit andächtigen Schritten, während seine Sinne gar nicht wussten, was sie zuerst aufnehmen und verarbeiten sollten. Dort saß einer der Seeleute auf der Reling, die Pfeife im Mund, er flocht irgendetwas aus Schnüren zusammen, hier seilte sich ein anderer vom großen Hauptmast ab, um den die Möwen kreisten, ein weiterer schrubbte das Deck oder holte die dicken Taue ein, da spielten sie Karten – und alle begrüßten sie ihren Schiffsherrn mit freudigen Gesichtern.

„Herr von Humboldt!“

„Guten Morgen!“

„Geht es endlich wieder los?“

„Wir haben Sie schon vermisst. Das Schiff will weiter.“

Humboldt lief zu seinem Kapitän, Forscherkollegen, oder wer auch immer dieser Mann war, dass er ihn als einzigen mit einem Handschlag begrüßte, hinüber, da sah sich August nach Karl um.

Und wie vom Blitz getroffen stellte er fest, dass er den Jüngeren hier auf dem Schiff nirgendwo auffinden konnte.

Ohne Humboldt Bescheid zu geben, lief er wieder zurück zum Landesteg.

Und es fiel ihm ein Stein vom Herzen: Da unten stand der Gesuchte.

„Karl!“, rief er hinunter, bevor er die Holzplanke hinab stieg, „Karl, was machst du hier?! Wieso bist du uns nicht gefolgt?!?“

Während durch Augusts Maske gar keine Emotionen mehr abzulesen waren, sah man an Karls Mund, dass ihn etwas bedrückte.

„Ich weiß nicht, ob wir…“, fing er unsicher an.

„Ob wir was?“, fragte August nach.

„Ob wir tatsächlich abreisen sollten.“

Jetzt war der Ältere endgültig verwirrt.

„Wieso nicht?“

„Weil…weil ich glaube, dass Vater noch hier ist.“

„Was? Hier in Venedig?“

Karl nickte.

„Ja. Kennst du dieses Gefühl nicht, das dir sagt, wenn du im Begriff bist, etwas Falsches zu tun? Ich bin mir sicher, Vater ist noch in der Stadt.“

August sah unter seiner Maske skeptisch drein.

„Karl…es ist ziemlich riskant, bloß auf ein Gefühl zu bauen.“

„Aber ich fühle mich besser, wenn ich hier bleibe.“

Beide wurden sie von Humboldt aufgeschreckt, der nach ihnen rief und den Landesteg hinab gelaufen kam.

„August. Karl. Was ist denn los? Wollten wir nicht so schnell wie möglich ablegen?“

„Wir…“, fing August an, „Wir wollen doch bleiben. Karl meint zu wissen, dass sein Vater noch in der Stadt ist. Ich bitte Sie um Vergebung, dass wir Ihnen erst solche Umstände machen und dann doch nicht mitkommen wollen.“

Humboldt schüttelte den Kopf. „Das ist schon in Ordnung. Ihr müsst wissen, was das Beste ist. Wenn ihr euch entschieden habt zu bleiben, dann bleibt. Aber mein Angebot, dass ich euch mitnehme, steht bis wir die Segel setzen.“

„Vielen Dank.“, entgegnete August.

„Also“, fing Humboldt an und hob kurz seinen Hut, „Dann macht’s gut, ihr zwei. Passt auf euch auf.“

„Danke, das gilt auch für Sie.“

„Schönen Gruß an eure Väter.“

„Die Grüße werden wir ausrichten.“, versprach August.

Als Humboldt zu Karl sah, der bis jetzt noch nichts gesprochen hatte, nahm dieser all seinen Mut zusammen.

„Darf ich Sie zum Abschied noch um ein Wort unter vier Augen bitten?“, fragte er.

Humboldt sah man die Überraschung ob seiner Maske nicht an, aber er nickte.

„Selbstverständlich.“, sagte er und trat mit Karl einige Schritte zur Seite.

„Nun?“

Karl legte seine Hände ineinander, um sie vom Zittern abzuhalten.

„Ich stelle diese Fragen nicht, weil ich Sie in irgendeiner Weise beleidigen möchte, Herr von Humboldt, ich tue es, da ich mich gerade in einer Situation befinde, in der ich alleine nicht weiter weiß.“

Humboldt nahm seine Maske ab, damit Karl das Zutrauen in seinem Gesicht sehen konnte. Er war tatsächlich, wie der Jüngere wieder feststellte, ein sehr schöner Mann.

„Ich hoffe, dass ich helfen kann.“, meinte er.

„Das hoffe ich auch. Es geht um August und mich. Mich und meine Gefühle für ihn.“

Humboldts Lächeln wurde ein wenig breiter, was Karl nicht positiv oder negativ zu deuten wusste.

„Nun, seinen Sie nicht böse auf ihn, aber mein Vater hat mir erzählt, dass Sie…“

„Dass ich mich mit solchen Gefühlen auskenne, ja.“

„Können Sie mir irgendeinen Rat geben? Ich bin mir nämlich ganz und gar nicht sicher.“

„Was fühlst du denn?“, fragte Humboldt.

Karl musste sich erst die Worte zurechtlegen, bevor er antworten konnte.

„Ich fühle Wärme. Und…und eine Anziehung, die von ihm ausgeht. Ich will ihm nahe sein.“

„Willst du ihn berühren?“

„Ja.“

„Wo?“

Karl schluckte. Seine Maske verdeckte die geröteten Wangen nur spärlich. „Ich…weiß nicht…“

Humboldt kam einen Schritt näher. „Würdest du mich küssen, wenn ich es dir erlaube?“

Karl wich erschrocken zurück. „Sie…Sie sind zwar ein wunderschöner Mann, Herr von Humboldt, aber…verzeihen Sie, nein.“

Der Ältere lachte. „Da gibt es nichts zu verzeihen, Karl. Aber wir haben deine Frage geklärt.“

„S-so?“

Humboldt nickte. „Deine Gefühle haben nichts mit einer Neigung zu Männern hin zu tun. Du fühlst es nur bei August, stimmt’s?“

„J-ja.“

„Siehst du. Das ist lediglich innige Freundschaft, die du für ihn empfindest. So eine Freundschaft, die auch eure Väter teilten – oder muss man nun wieder teilen sagen? Du bist jedenfalls dabei, erwachsen zu werden, Karl, da sind solche Unsicherheiten völlig normal.“

Der Dunkelhaarige nickte. Langsam legte sich ein erleichtertes Lächeln auf sein Gesicht.

„Danke, Herr von Humboldt. Vielen Dank.“

„Nicht doch, Karl. Auf Wiedersehen.“

„Auf Wiedersehen!“
 

Karl war August dankbar, dass er nicht nachfragte, was er mit Humboldt zu bereden gehabt hatte. Das war eben die gute Erziehung im Hause Goethe.

„Und?“, fragte der Ältere stattdessen nach etwas anderem, „Was unternehmen wir jetzt?“

„Wir suchen meinen Vater.“

„Und wie stellst du dir das vor?“

Karl zuckte mit den Schultern, als sie durch die Straßen vom Hafen zurück in die Stadt liefen. Da fiel sein Blick auf den Kanal. „Wir könnten uns von einem Gondoliere durch die Gassen schiffen lassen.“, schlug er vor.

August lachte. „Du willst doch bloß Gondel fahren.“

Karl blieb an einer Brücke stehen. „Und wenn schon, ich hab das Geld.“

Der Ältere hob einladend die Hände in Richtung der Treppen, die hinunter in den Kanal führten.

„Danke.“, meinte Karl und lief voran.

„Sieh das als Anzahlung.“, rief ihm August nach und folgte ihm.

„Anzahlung?“, fragte der Dunkelhaarige.

Sein Freund stellte sich neben ihn ans Ufer und hob seine Hand, um einen vorbeischippernden Gondoliere herbeizurufen.

„Für morgen.“, antwortete er.

Karls Mund formte daraufhin ein breites Grinsen. „Du hast es nicht vergessen?“

„Wie sollte ich so etwas vergessen.“, lachte August und half Karl in die Gondel.

„Dann musst du dir für morgen aber noch was anderes einfallen lassen.“, meinte der Jüngere, „Sonst hab ich ja mein Geburtstagsgeschenk selbst bezahlt.“

„Mach dir da mal keine Sorgen.“

So fuhren sie beide durch die Stadt. Karl staunte nicht schlecht über die vielen Facetten Venedigs, die noch unentdeckt für ihn waren. Eine wunderschöne Fahrt, aber seinen Vater fanden sie nicht.

„Wie auch, wenn alle Masken tragen?“, seufzte August.

„Ich hätte ihn erkannt.“, meinte aber Karl, „Er ist mein Vater. Ich erkenne ihn auch mit Maske.“

Der Ältere entgegnete darauf nichts mehr, sondern stieg ans Ufer, nicht ohne sich auf Italienisch beim Gondoliere für die Fahrt zu bedanken, die Karl soeben bezahlte.

„Meinst du, Herr von Humboldt hat was dagegen, wenn wir seine Wohnung so lange benutzen, wie wir hier in der Stadt sind?“, fragte August.

Da hielt ihm Karl breit grinsend einen Schlüssel entgegen. „Schau an, was der liebe Humboldt mir überlassen hat.“

Unter seiner Maske zog der Ältere eine Augenbraue in die Höhe, bevor er dem anderen schmunzelnd zu ihrem neuen Quartier folgte.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Danke für eure bisherigen Kommentare X3! Freut mich, dass die FF bei einigen anscheinend doch gut ankommt ^^
Und darf ich den Reaktionen zum letzten Kapitel entnehmen, dass auch ein Auftritt von Heinrich gefordert wird...? XD Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  DasIch
2013-12-16T19:20:42+00:00 16.12.2013 20:20
Sehr schönes Kapitel!! Schön das die beiden weiter in Venedig verweilen. Aber ich denke das da zwischen beiden mehr ist als nur Freundschaft!
Freu mich auf den nächsten Geniestreich von dirXD
Antwort von:  KaethchenvHeilbronn
16.12.2013 20:42
Danke für deinen Kommentar X3 - ich schau, was sich machen lässt ;3
Von:  BloodyMary1342
2013-12-13T05:49:58+00:00 13.12.2013 06:49
Juhu ein neues Kapitel :)
Schaaaade Alex geht schon wieder.... :(
aber dass er den beiden seine Wohnung überlassen hat ist ja sehr nett von ihm! ^^
Jaja "innige Freundschaft" schon klar... ;P
Ich freue mich auch total, dass sie in Venedig bleiben und das Karl unbedingt mit der Gondel fahren wollte fand ich voll süß! *-*
Ich bin ja schon gespannt, was sich August für seinen Geburtstag einfallen lässt ;D

LG Yuki

PS. Jaaaaaaaaa Heinrich muss auch noch auftauchen! (am besten zusammen mit Alex...) *vermisst Alex jetzt schon*
Antwort von:  KaethchenvHeilbronn
15.12.2013 22:10
Freut mich, dass dir das Kapitel gefallen hat! X3

Und keine Sorge, was Heinrich (und Alex) betrifft, hab ich mir schon was überlegt ;3

Danke für deinen Kommentar!:3


Zurück