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Schillern

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe, dieses und das nächste Kapitel werden noch zwei kleine Leckerbisse vor Weihnachten :3
Fürs Italienisch übernehme ich keine Haftung. Wer Fehler findet, darf mich gern verbessern^^ Komplett anzeigen

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Was unter der Maske schlummert

Als Karl am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich im ersten Moment so richtig wie ein Geburtstagskind.

Normalerweise, wenn er früher immer gefragt worden war, wie er sich denn nun mit einem Lebensjahr mehr fühle, hatte er nie richtig irgendeine Veränderung feststellen können. Aber heute…Heute fühlte er sich anders, so seltsam, wie er sich schon die letzten Wochen zeitweise gefühlt hatte. Ihm war zumute, wie ihm in den Situationen zumute gewesen war, in denen er August mit anderen Augen gesehen hatte. So überkam den Dunkelhaarigen eine Welle heißkalter Schübe, als er gleich beim Aufwachen seinen Freund auf dem Bettrand neben sich vorfand.

August hatte gestern Abend darauf bestanden, derjenige zu sein, der auf dem Sofa schlief, da Karl heute ja Geburtstag hatte, und nun saß er doch hier bei ihm, in den Händen einen Teller mit den indischen Keksen, die Humboldt ihnen gestern zum Nachtisch angeboten hatte.

„Alles erdenklich Gute zu deinem Geburtstag, Karl. Mögen dir noch unzählige Jahre geschenkt sein, die wir zusammen verbringen können.“

Dem Jüngeren wurde ganz schummrig, als er in Augusts strahlend braune Augen sah, die Maske hatte er abgelegt.

„D…das…Danke!“

Karl konnte nicht anders; er fiel seinem Freund um den Hals, die Kekse purzelten vom Teller aufs Bett, aber er ließ den anderen nicht los und verfluchte Humboldt und seine Beschönigungen.

– Das, was er hier fühlte, war mitnichten innige Freundschaft.
 

August lachte, als ihn Karl endlich wieder losließ.

„Ich glaube, das hat Vater mal erwähnt, dass ihr Schillers anhänglich seid.“

Der Dunkelhaarige hob die Kekse auf, um irgendwie von der Röte abzulenken, die ihm ins blasse Gesicht stieg.

„Jetzt hast du mein schönes Kunstwerk ganz zerstört.“, redete August weiter, „Ich hab mit deinem Taschenmesser Zahlen in die Kekse eingeritzt und hatte sie zu einer Rechnung angeordnet.“

Karl besah sich einen Keks. „Ich weiß doch, dass Siebzehn herausgekommen wäre.“, meinte er.

Als August ihn nur ansah, sprang er schnell aus dem Bett.

„Suchen wir heute weiter?“

„Wir sollten uns heute erst einmal neue Vorräte in der Stadt zusammensuchen.“, schlug der Ältere vor, „Schließlich wollen wir uns wohl nicht ausschließlich von indischen Backwaren ernähren. Du hast doch noch Geld?“

„Ja, genug.“

„Sehr gut.“
 

Am Mittag saßen beide wieder in Humboldts Wohnung, aufgrund der größeren Bequemlichkeit auf dem Sofa, und nahmen ihr mühsam in der Stadt erbeutetes Mittagessen zu sich. Man sollte das Leben der Venezianer auch vormittags nicht unterschätzen: Die Straßen waren zu dieser Zeit schon voll, und es ging reichlich chaotisch zu. Sie hätten sich auch in eines der Straßencafés setzen können, oder in ein Wirtshaus, aber sie wollten so wenig wie möglich unter den Leuten bleiben, um nicht doch unangenehm aufzufallen.

Karl betete, dass August nicht bemerkte, wie er von den Nudeln keinen Bissen herunterbekam – oder vielmehr, warum er sein Essen nicht wirklich anrührte.

Es war besser geworden, als August, die Maske auf, draußen unter den Leuten einer von vielen war. Aber jetzt gab es wieder nur ihn, und Karl konnte seine Blicke nicht von ihm lassen. Der Dunkelhaarige bereute den Sicherheitsabstand, mit dem er sich neben den anderen aufs Sofa gesetzt hatte, viel lieber wäre es ihm jetzt, säße er ganz dicht bei August, könnte ihm durch die Haare fahren, ihn fest in den Arm nehmen und –

„Karl?“

„Ah, ähm…!“ Völlig aufgeschreckt besann sich der Jüngere auf den Teller in seinen Händen, den er gerade bedrohlich schräg gehalten hatte.

„Schmeckt’s dir nicht?“, fragte August, eher besorgt als misstrauisch über das Verhalten seines Freundes.

„Doch, nein, also…“

„Was ist denn?“

„Ich… – ich hab an das Plakat gedacht, das du mir vorhin übersetzt hast.“, fiel Karl die erstbeste Ausrede ein.

„Das Plakat über den Ball heute Abend im Dogenpalast?“, hakte August nach.

Karl nickte eifrig. „Ich hab mir überlegt, ob wir da heute Abend nicht hingehen wollen. Vielleicht finden wir meinen Vater dort.“

Der Gedanke war ihm tatsächlich schon bei ihren Einkäufen gekommen, und er hatte auch kurzweilig über seinen eben gemachten Vorschlag nachgedacht. Bis ihn wieder andere Sachen, beginnend mit „A“, so fürchterlich abgelenkt hatten…

„Von mir aus machen wir uns den Spaß.“, meinte August, „Ein Versuch ist es wert. Wenn er wirklich noch in der Stadt ist, dann wird er sich ein solches Ereignis wohl auch nicht entgehen lassen.“

Karl nickte, schon wieder ganz gefesselt von Augusts Blick. Oder war es seine Stimme?

„Wir – “ Nervös sprang der Dunkelhaarige auf. So konnte es nicht weitergehen.

„Wir könnten uns jetzt ja schon unters Volk mischen.“, schlug er vor, um so schnell wie möglich aus diesen vier Wänden zu kommen, die ihn immer näher auf den Älteren zu schoben.

August stimmte zu, bestand aber seinerseits noch darauf, seine Portion Nudeln artig aufzuessen.
 

„Es kostet Eintritt?“

„Natürlich kostet es Eintritt. Wir müssen uns Karten kaufen. Es kann ja nicht die ganze Stadt in den Dogenpalast stürmen.“, erklärte August, während er den italienischen Worten des Mannes am Eingang folgte.

„Gib mir das Geld.“, forderte er Karl auf, „Ich zahle es dir, sobald wir in Weimar sind, zurück. Mein bescheidenes Geburtstagsgeschenk an dich.“

Der Dunkelhaarige ließ sich dieses Angebot nicht zweimal machen und reichte dem anderen freudig die benötigten Münzen.

Als sie in ihren Kostümen durch die Vorhalle liefen, links und rechts Tische, an denen es Sekt gab, belegtes Weißbrot mit Lachs und Kaviar, geräucherter Schinken, frischer Käse, Weintrauben, Melone…, da bekamen sie die prunkvollsten der Kostüme zu sehen, die Perlen, das Beste vom Besten, nicht zu vergleichen mit dem bunten Treiben draußen auf den Straßen.

Karl versuchte sich nichts anmerken zu lassen, als August vorschlug, sich hier eine der schönen Damen, die ohne Begleitung gekommen waren, für den Abend herauszusuchen.

„Mach du mal, ich suche meinen Vater.“

August lief dem Größeren hinterher.

„Aber Karl, das hält dich doch wohl nicht davon ab, ein junges Mädchen anzusprechen. Du bist heute siebzehn Jahr geworden, bist fast erwachsen. Außerdem, wenn wir in einer Unterredung mit so reizenden Damen sind oder mit ihnen tanzen, fallen wir doch viel weniger auf, meinst du nicht auch?“

Karl blieb vor der Tür zum Festsaal stehen. Er sah August nicht an und hoffte, dass seine Maske den Schmerz, den er im Herzen spürte, in seinem Gesicht verdecken würde.

„Wenn du darauf bestehst.“, sagte er.

Der Ältere wusste nicht so recht, was er mit dieser Aussage anfangen sollte, aber seine Reaktion blieb Karl durch die weiße Maske verborgen.

So betraten sie gemeinsam den großen Saal.
 

Geschmückte Paare drehten sich unter den glitzernden Kronleuchtern übers Parkett, vorne spielten zwei Quartette Streicher, eines in den Spiegeln der Wandvertäfelung. Rundherum im Raum standen Gruppen von Leuten, die angeregt oder seicht miteinander plauderten, einige waren auch auf die Balkone hinaus in die Nacht getreten, um hinter den Blättern exotischer Pflanzen ganz für sich zu sein.

„Wenn du etwas trinken oder essen möchtest“, meinte August, „dann werde ich auch das bezahlen. Nur für deine Mädchen, die du einlädst, kommst du selbst auf.“

Karl glaubte ein Zwinkern unter Augusts Maske erkannt zu haben, bevor der voran lief und gleich auf eine Gruppe maskierter Frauen zusteuerte.

Der Dunkelhaarige folgte ihm leicht missmutig.

August hob seinen Hut zur Begrüßung und sprach die Damen auf Italienisch an. An dem Kichern, das folgte, war zu hören, dass es sich wirklich um junge Mädchen handelte und nicht etwa um alte Witwen, die sich hinter der bunten Maskerade versteckten.

Karl hob ebenfalls kurz seinen federnen Hut und schenkte jeder der drei Frauen einen Blick. Das Mindeste, was er tun konnte.

August legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Tja, wenn du deinen Vater findest, ist das das erste, was du machen kannst: Beschwer dich bei ihm, dass er dir Latein, Griechisch, Französisch und sogar Englisch hat beibringen lassen, aber kein Wort Italienisch.“

Karl verzog sein Gesicht zu einem gezwungenen Lächeln.

„Ich brauche kein Italienisch.“, meinte er und trat an eines der Mädchen heran.

Er verbeugte sich vor ihr und bot ihr seinen Arm an.

Kichernd nahm die Dame an, und Karl führte sie auf die Tanzfläche, nicht ohne August noch einen triumphalen Blick zuzuwerfen.

Der lachte nur und wandte sich seinerseits an eine der Frauen.

„Vuoi ballare, Signorina?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  DasIch
2013-12-22T08:53:22+00:00 22.12.2013 09:53
So schön!!! I love it!!!
Antwort von:  KaethchenvHeilbronn
22.12.2013 14:03
Hihi, freut mich X3

Was macht deine FF? :3
Antwort von:  DasIch
22.12.2013 20:54
Glaube schreib morgen weiter
Von:  BloodyMary1342
2013-12-21T15:04:57+00:00 21.12.2013 16:04
Oh der arme Karl :(
Ich hoffe August kapiert endlich was er an Karl hat. :)
Ich sags ja "innige Freundschaft" ist etwas untertrieben ;D

LG Yuki
Antwort von:  KaethchenvHeilbronn
21.12.2013 16:34
Das hoffe ich doch auch ;3 XD

Danke für den Kommi :3


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