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Schillern

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ich wünsch euch allen ein frohes neues Jahr! :D Und hoffe, ich kann euch auch 2014 gut mit meinen FFs unterhalten :3 Komplett anzeigen

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Der Sturm der Seele, der Drang nach Blut

August ließ sich aufs Sofa fallen. Er war am Ende, alles drehte sich. Karl, sein bester Freund, war ein Vampir. Genauso wie dessen Vater. Er hatte ihn vorhin beinahe gebissen, und eben waren sie vor einem Vampirjäger geflüchtet, quer durch Venedig, nachdem Karl mit ihm auf dem Arm aus vier Metern Höhe von einem Balkon gesprungen war.

„Verdammt…verflucht noch eins!“, zischte Karl, seine Stimme bebte, er konnte nicht stillstehen.

August war der erste von beiden, der sich wieder gefasst hatte, ganz wie es für einen Goethe typisch war: Die aufrührenden Gefühle und damit auch die Schwäche wurden einfach verdrängt, um sich voll und ganz aufs Sachliche zu konzentrieren.

„Iffland ist seit Weimar hinter uns her, weil du ein Vampir bist.“

Karl fuhr sich übers Gesicht, nickte nur, während er das tausendste Mal vor der Küchentür kehrt machte, um wieder in die andere Richtung zu laufen.

„Und du…du wolltest mich beißen.“

Wieder nur ein Nicken von Karl, der Augusts Blick auswich und unter seinen leisen Flüchen wieder an der Küchentür angekommen war.

August legte sich zwei Finger an die Stirn und versuchte zu ignorieren, wie nervös Karl ihn mit seinem Rumgetrappel machte.

Schließlich seufzte er und stand auf, um den Jüngeren zur Vernunft zu bringen.

Doch der blieb sofort stehen und drehte sich hastig zu dem Älteren, der seine Maske abgenommen hatte, herum.

„Bleib…bleib da, wo du bist!“

„Karl.“

„Bleib stehen, August.“

„Karl, du– “

„Du sollst dich von mir fernhalten, sage ich!“, schrie der Dunkelhaarige verzweifelt.

Der Ältere hob abwehrend die Hände und nahm wortlos wieder auf dem Sofa Platz.

Nervlich völlig am Ende sank Karl an der Wand auf den Fußboden hinab.

„Entschuldige, August, aber…“ Er schüttelte den Kopf, „Ich hätte es wissen müssen. Schon in Weimar hätte ich darauf kommen können. Ich wusste, dass da eine Koppel Pferde vor unserer Stadt ist, genauso wie ich wusste, dass Iffland uns verfolgt hat. Aber wie…wie hätte ich mir erklären sollen, dass ich die Pferde gerochen und Iffland gespürt habe?!“

„Und deinen Vater?“

Karl sah auf. August hatte seinen Platz nicht verlassen.

„Ja, meinen Vater habe ich auch gespürt.“

„Ist er immer noch in der Stadt?“, wollte der Ältere wissen.

Da umspielte ein leicht verzweifeltes Lächeln Karls Lippen.

„Du fragst, ob ich ihn irgendwie fühle, seine Anwesenheit?“

Der andere nickte.

„August. Alles, was ich zurzeit spüre und was mir durch Kopf und Herz geht, bist du.“

Bevor sein verblüffter Freund auf dieses Geständnis hin irgendetwas antworten konnte, schlug Karl die Arme über seinem Kopf übereinander.

„Wie hat Vater das nur ausgehalten?!“, rief er, „Wie konnte er durch Weimar, durchs Leben schreiten, ohne je irgendeinen Mitbürger anzufallen?!? Die ganzen Jahre über in Jena, in Weimar…! Nie gab es einen Aufruhr, nie eine Leiche! Und ich bin seit heute ein richtiger Vampir und hätte dich beinahe…!“

August betrachtete sorgevoll das Häufchen Elend, das in der entferntesten Ecke ihm gegenüber im Raum saß und ihm verboten hatte, sich zu nähern.

„Vielleicht hat er sich von Tierblut ernährt.“, vermutete der Ältere schließlich.

Da schnellte Karls Kopf in die Höhe. Seine Augen schillerten.

„Ich gehe mir was suchen.“, beschloss er und sprang auf.

„Was…?! Nein!“, war August dagegen und sprang ebenfalls auf, „Karl, warte! Du kannst da jetzt nicht raus! Iffland ist– “

„Wenn ich nicht gehe, August, töte ich dich!“

Und bevor er seinen Freund irgendwie davon abhalten konnte, war der aus dem Fenster gesprungen.

August fragte sich im Stillen, ob es für Vampire üblich war, nicht mehr die Tür zu benutzen.
 

Als Karl Humboldts Wohnung und August zurückgelassen hatte, war es schon tiefe Nacht gewesen. Jetzt wurde es hinter den Gardinen schon langsam hell, aber der Ältere war immer noch wach, lag auf dem Bett und wartete. Er war müde, ja, sehr müde, aber er konnte nicht schlafen. Nicht wenn Karl da draußen war, in einer Stadt, in der ein Vampirjäger umherging, der anscheinend so schlau oder übersinnlich begabt war, dass er ihnen von Weimar nach Venedig hatte folgen können.

August saß senkrecht im Bett, als vor der Gardine ein Schatten erschien. Sekunden später purzelte Karl ins Zimmer. Hustend lag er auf dem Boden, Krämpfe schienen seinen Körper in der Gewalt zu haben.

„Karl! Karl, was ist los?!?“, rief August besorgt und sprang aus dem Bett.

Als er bei dem Dunkelhaarigen ankam, hatte der sich übergeben.

Zitternd versuchte sich Karl aufzurichten, Blut lief ihm das Kinn herab.

„Das…es war…scheußlich.“

August eilte, einen nassen Lappen holen, um damit seinem Freund das Gesicht abzuwischen.

„Du bist blasser als sonst.“, stellte er besorgt fest.

Karl antwortete nichts, stattdessen ließ er sich von dem Älteren aufs Bett bringen. Der fragte nicht, was passiert war, er wartete, bis der andere von selbst sprach.

Das tat Karl, nachdem er seine Augen geschlossen hatte.

„Ich hab ein Pferd gefunden. Hab es gebissen und getrunken. Das Gefühl, das man als Bluthunger bezeichnen könnte, ist verschwunden, aber es hat scheußlich geschmeckt. Und ich fühle mich elend. Krank.“

„Ich kann mir vorstellen, dass du dich erst daran gewöhnen musst.“, meinte August.

Karl öffnete seine blauen Augen.

„Nein, Tierblut ist nichts für Vampire.“, meinte er matt, „Nicht wirklich. Ich weiß es irgendwie.“

„Hm“, gab August von sich. Er saß auf der Bettkante und sah aus dem Fenster, wo es immer heller wurde.

„Ob dein Vater deswegen so krank war? An Schwindsucht ist er nun jedenfalls ja nicht gestorben.“

„Möglich.“, gab der Dunkelhaarige von sich und schloss wieder seine Augen. Er war müde.

„Ich mach deine Sauerei weg und dann geh ich uns was zum Frühstücken kaufen.“, beschloss August, obwohl er selbst nicht wirklich ausgeschlafen war, aber er hatte Hunger.

Karl hörte, wie August den Boden aufputzte, Maske und Hut vom Nachttisch nahm und den Raum verließ, dann glitt er in einen erholsamen Schlaf, den er sich nach den Aufregungen und plötzlichen Veränderungen in seinem Leben redlich verdient hatte.
 

Durch eine zufallende Tür wurde er eine Weile später unsanft aus seinem Schlummer gerissen.

Seine reflexartig aufgekommene Besorgnis verging, als er August erblickte, und kam sofort wieder zurück, als der die Einkäufe in die Ecke pfefferte und seine Maske abnahm: Dem Älteren stand die Wut ins Gesicht geschrieben.

„Karl, wie kannst du mich nur derartig belügen?!“

Der Dunkelhaarige starrte den anderen verwirrt an.

„In der ganzen Stadt erzählen sie davon!“, rief August und riss Karl aus dem Bett. „Ein junges Mädchen, unten an der Brücke! Was glaubst du, was du da getan hast?!? Der Hals aufgeschlitzt – natürlich verbreiten sich die Vampirgerüchte wie ein Lauffeuer! Und du Lügner erzählst mir was von Pferdeblut!“

„Du hitziger…!“ Karl stieß den Älteren von sich.

„August! Ich würde so etwas niemals tun! Weder einen Menschen töten, noch dich belügen! Lass diese voreiligen Schlüsse!“

Vor Aufregung heftig atmend hielt August inne. „Dann…“, fing er wieder an, „Dann war es dein Vater!“

Der Ältere flog mit dem Rücken an die Wand, als Karl ihm mit der flachen Hand auf die Wange schlug.

„Halt den Mund, Goethe! Wie kannst du so etwas von meinem Vater denken! Er ist noch weniger als ich zu so etwas fähig!“

„Ja, ist das so?!?“, schrie August, „Er hat seine Familie verlassen und meinen Vater, der seit seinem vorgespielten Tod ein gebrochener Mann ist! Aber redet euch nur ein, ihr wärt die besten aller Menschen, ihr Schillers, denn das ist alles, was ihr könnt!“

Und mit einer Hand auf seiner schmerzenden Wange stürmte August hinaus auf die Straße.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  DasIch
2014-01-05T21:45:04+00:00 05.01.2014 22:45
Bitte
Von:  DasIch
2014-01-05T15:17:08+00:00 05.01.2014 16:17
Öha.... Heftig! Aber mal wieder ein sehr,sehr gut geschriebenes Kapitel
Antwort von:  KaethchenvHeilbronn
05.01.2014 22:09
Aww, danke :3


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