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Schlafstörung

Ein Weihnachtsplanet-Abenteuer
von

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Es war einer dieser heißen Tage Anfang August, an denen Sonneneinstrahlung, Londons Asphalt und die schiere Menge der Einwohner der Metropole dafür sorgten, dass man sein Haus nicht verlassen wollte. Clara verstand nicht, warum man diese Zeit „Hundstage“ nannte, die Collies, Spaniels und Retriever, die von ihren Herrchen und Frauchen gezwungen waren, einen Spaziergang in den Hyde Park zu unternehmen, sahen genauso unglücklich aus wie sie sich fühlte. Selbst ihr luftiges Sommerkleid klebte an ihrem Körper.

Ein Blick zur ihrer rechten Seite genügte, um zu sehen, dass Danny einer der wenigen Menschen war, dem diese Hitze nichts ausmachte. Während sie ihren Liegestuhl unauffällig in den Schatten eines Baumes gerückt hatte, baumelte Danny mit geschlossenen Augen und entspannten Gesichtsausdruck in seinem. Sie erhob sich halb und streckte ihren Arm, damit sie seine Hand wie beiläufig streifen konnte. Tatsächlich war diese angenehm kühl. Clara konnte also davon ausgehen, dass Danny die Hitze fürwahr genoss.

Sie unterdrückte einen Seufzer und schwang sich endlich auf. Danny öffnete probehalber ein Auge und schirmte sogleich die Sonne mit der Hand ab. „Gehst du etwa?“, wollte er lächelnd wissen.

„Nein, nein“, beruhigte Clara ihn, obwohl die Option ihr tatsächlich kurz durch den Kopf gegangen war. „Ich, ähm, wollte nur... nur kurz eine Erfrischung holen.“ Erleichtert deutete sie mit dem Daumen hinter sich, wo sich in Sichtweite ein Kiosk befand.

Danny lehnte sich wieder entspannt zurück und Clara kehrte ihm den Rücken zu, wo sich ihr Lächeln in eine gequälte Miene verwandelte, als sie aus dem Schatten trat.

Sie bezahlte gerade für eine Cola und ein Tonic Water, als sie ein vertrautes Geräusch hörte, dass ihr Herz sowohl vor Aufregung als auch leichter Panik höher schlagen ließ. Sie ließ die Zehnpfundnote auf dem Tresen liegen, schnappte sich beide Flaschen samt Strohhalmen und folgte der sich materialisierenden TARDIS an die Hintertür des Kiosks.

Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, dass trotz der Wetterumstände ein ehrliches war. Als Danny nach Schulschluss vorgeschlagen hatte, den Nachmittag im Park anstatt mit Korrekturarbeiten zu verbringen, hatte sie schlecht vorbringen können, dass Mittwoch für ihre angeblich beendeten, aber in Wahrheit fortgeführten Abenteuer mit dem Doctor reserviert waren.

So hatte sie zugesagt und war nur noch schnell nach Hause gerannt, um am Kühlschrank eine Nachricht für ihn zu hinterlassen. Anscheinend hatte er diese allerdings als Aufforderung sie ihm Hyde Park abzuholen, missverstanden. Trotzdem konnte sie ihre unbändige Freude kaum unterdrücken, die sie immer verspürte, wenn sie die blaue Polizeibox erblickte.

Gerade als sie die Tür öffnen wollte, schwang diese nach innen auf und der Doctor erschien, wie immer in seinem dunkelblauen Mantel mit rotem Innenfutter und weißen Hemd.

So weit nichts besonders. Dennoch legte Clara den Kopf schief und starrte mit verengten Augen auf sein graues Haupt. Sie war von seiner vorigen Inkarnation allerlei merkwürdige Kopfbedeckungen gewohnt, aber sie hatte sich damit abgefunden, dass diese einen schlichteren Look bevorzugte.

Aus diesem Grund kam sie nicht umhin wie gebannt auf die mit Glitzersternen und Leuchtherzen versehene Weihnachtsmütze zu starren, auf die als Sahnehäubchen eine Papierkrone wie aus einem Christmas Cracker gesetzt worden war.

„Season’s greetings“, sagte er ungewöhnlich gut gelaunt. „Komm herein, ich habe mir etwas ganz spezielles für diese Jahreszeit überlegt.“

„Hat es vielleicht irgendwas mit dem besten Weihnachtsplaneten zu tun?“, mutmaßte Clara und deutete auf seine Kopfbedeckung. „Ist es nicht ein bisschen zu früh für diesen Trip?“

Augenbrauen zogen sich zusammen und er warf einen Blick nach rechts und links.

„Der Klimawandel hat London früher erreicht als gedacht. Nicht, dass es etwas ausmacht, da wo wir hinfahren, gibt es Schnee en masse. Komm schon!“ Er machte eine einladende Handbewegung und verschwand wieder im Inneren der TARDIS.

Clara zögerte einen Moment und in ihrer Bauchgegend breitete sich ein unangenehmer Druck aus, wie man ihn verspürte, wenn man mit der Achterbahn die letzten Zentimeter zum Abhang fuhr.

Mit Schrecken erkannte sie, dass es nicht daran lag, dass Danny in weniger Entfernung in seinem Liegestuhl auf sie wartete und sie im Begriff war, mit einem anderen Mann, dessen Bekanntschaft sie offiziell eigentlich aufgegeben hatte, zu verschwinden. Sie wusste, dass der Doctor sie rechtzeitig wieder zurückbringen konnte, ohne dass Danny Verdacht schöpfen und sich auf die Suche machen würde. Schließlich spielte sie dieses doppelte Spiel bereits seit mehreren Wochen.

Stattdessen erfüllt sie ein leichtes Grauen, wenn sie an den letzten Weihnachtsausflug dachte, den sie mit dem Doctor unternommen hatte. Clara schnitt eine Grimasse und betrat die TARDIS. Es konnte ja nicht jeder Weihnachtsabend damit enden, dass sie einem völlig neuen Doctor gegenüberstand und im viktorianischen London zurückgelassen wurde. Außerdem hatte sie nicht sowohl Danny als auch den Doctor belogen, um jetzt wegen einem kleinen Trauma einen Rückzieher zu machen.

Kaum hatte sie die Türe geschlossen, setzte sich das Raumschiff/Zeitmaschine in Bewegung.

Der Doctor hatte seine Mütze abgelegt und sah aus als könne ihn kein Wässerchen trüben. Während er die TARDIS navigierte, erzählte er Clara mehr über ihr angestrebtes Reiseziel: „Auf de Planeten ist es ein halbes Jahr lang Weihnachten. Weil ebenso lange Winter ist versteht sich, da möchte man die Zeit sinnvoll nutzen. Und es gibt keine Jahreszeiten wie auf der Erde, es wird von einem Tag auf den anderen Sommer. Kein Übergang mit Frühling, sodass die Bewohner nach der Sonnenwende sich in einen Sommerschlaf begeben, der erst endet, wenn wieder Winter ist. Kein Wunder, schließlich haben sie fast ein halbes Jahr durchgefeiert. Und genau an Weihnachten, der Mitte des langen Winters, finden natürlich die größten Festlichkeiten statt. Die Rentiere, die sie in allen Größen gezüchtet haben, sodass sie auch in die Handtasche passen, dürfen an diesem Tag überall frei herumlaufen, auch in Geschäften. Sie sind heilig.“

Clara konnte die aufkommende Vorfreude nicht unterdrücken. Sie grinste breit und folgte dem Doctor um die Konsole und lauschte seinem Monolog.

Nicht speziell die Vorstellung von einem Weihnachtsplaneten, sondern allein ein neuer, fremder, außerirdischer Planet ließ sie alle Sorgen vergessen. Sobald sie die TARDIS betrat, war sie wahrhaftig ein anderer Mensch. Jemand, der sich nicht mit alltäglichen Sorgen beschäftigen musste. Sie konnte eine Auszeit nehmen und es war keine Zeit vergangen, wenn sie sich wieder mit dem echten Leben beschäftigen wollte.

Der Doctor erzählte noch von Rentierchören, dem Hauptberuf Weihnachtself und natürlich dem Planetenoberhaupt, dessen Palast einer riesigen Weihnachtsbaumkugel glich, als Clara bereits zu den Türen rannte und sie ungeduldig aufriss.

Sie waren auf dem Marktplatz gelandet, der laut Doctor das Zentrum der Festlichkeiten darstellte. Doch statt einer schaulustigen Menge, Akteuren und dem Geruch von weihnachtlichen Köstlichkeiten starrte sie auf verlassene Häuser in einer dunklen und verschneiten Winternacht.

„Ähm, ich möchte nicht deine Pilotenkünste in Frage stellen, obwohl du, wie wir alle wissen, eine gewisse Neigung hast, aber bist du sicher, dass wir die richtige Zeit erwischt haben?“, fragte Clara. Dennoch trat sie aus der TARDIS. Vielleicht war weniger Trubel ein Segen. So konnten sie ungestört den Planeten und seine Bewohner erforschen. Oder eine Invasion hatte stattgefunden von weihnachtshassenden Aliens, durch die die Bewohner gezwungen waren ihre Rituale aufzugeben. Clara war überrascht, wie plausibel das klang. Ähnliches erwartete sie auf jedem zweiten Ausflug.

Sie warf einen Blick in den Himmel und entdeckte einen Doppelmond. „Oooooh!“, rief sie und war ehrlich begeistert. „Zwei Monde, das hatten wir schon lange nicht mehr. Der Doctor, der die TARDIS ebenfalls verlassen hatte und sich misstrauisch umsah, folgte ihrem Blick. „Eigentlich nur ein Mond. Das andere ist der Zwillingsplanet. Den sieht man allerdings auch tagsüber und dann würdest du ja nicht sagen: ‚Ooooh, eine Doppelsonne!’, oder?“ Er grummelte weiter und schien vergeblich nach der Ursache für diese unerwartete Wendung zu suchen.

Clara verdrehte die Augen. „Wenn du das sagst“, meinte sie und entfernte sich weiter von TARDIS und Doctor. Sie näherte sich einem der Häuser und versuchte einen Blick ins Innere zu erhaschen. Bald musste sie feststellen, dass zumindest dieses Haus keineswegs verlassen war. Die Bewohner lagen zufrieden zusammengerollt in ihren Betten und schienen einem traumlosen Schlaf erliegen. Clara klopfte vorsichtig an ein Fenster, doch nichts tat sich. Die Bewohner hatten wohl einen sehr festen Schlaf. Nur die Katze auf dem Fensterbrett zuckte unruhig mit dem Schwanz, als Clara ihr Klopfen wieder aufnahm, diesmal etwas lauter. Mit einem Mal tauchte der Doctor neben ihr auf und packte ihre Hand. „Was tust du da?“, wollte er zischend wissen. „Wir wissen nicht, was auf diesem Planeten passiert ist und du machst einen Lärm, der Tote aufwecken könnte.“ Sorgenfalten waren auf seiner Stirn erschienen und Clara zog ihre Hand zurück. „Ich dachte, wir könnten einen von ihnen fragen, was passiert ist. Sie müssten es ja wissen“, wollte sie sich rechtfertigen. Er sah sie überrascht an. „Das ist eigentlich eine wirklich gute Idee. Wieso antworten sie nicht?“

„Noch sind sie nicht aufgewacht. Sie schlafen wirklich sehr tief.“

„Wie Eichhörnchen im Winterschlaf“, murmelte der Doctor nachdenklichg. „Nun ja“, warf Clara ein, überrascht, dass sie etwas besser wusste als er, aber bereit diesen Moment zu genießen, „theoretisch schlafen Eichhörnchen nicht den ganzen Winter durch. Sie wachen immer wieder auf und gehen vergrabenes Futter-“

Doch weiter kam sie nicht, weil der Doctor ihre Hand nahm und sie wieder Richtung TARDIS zog. So weit sie es sehen konnte, hatte sich sein finsteres Gesicht deutlich aufgehellt.

„Alles gut“, versicherte er ihr, „den Bewohner geht es durch und durch gut.“

„Woher weißt du das?“, verlangte Clara zu wissen, „hast du sie etwa untersucht?“

„Nein, aber ich bin der Doctor, ich erkenne eine gesunde Lebensform, wenn ich sie sehe. Und diesen Wesen fehlen nur noch etwa drei Monate Schlaf.“

Sie sprangen ins Innere der TARDIS und der Doctor warf die Navigation an. „Ich muss nur ein wenig die Zieleingabe korrigieren.“ Er sah sie an. „Lach nicht!“

Clara war gar nicht zu lachen zumute, dazu war sie viel zu verwirrt.

Offensichtlich sah man ihr das an, denn der Doctor knirschte mit den Zähnen und presste dann ein „Zwillingsplanet“ hervor.

Es dauerte noch ein paar Momente, dann verstand Clara. Und tatsächlich begann sie zu lachen. Sie wischte sich eine Lachträne aus den Augen und sagte dann: „Die Zwillingsplaneten leben in unterschiedlichen Schlafrythmen? Wenn die einen aufwachen, gehen die anderen zu Bett.“ Sie gluckste vergnügt. „Dann sind wir jetzt auf dem richtigen Planeten gelandet?“

Der Doctor lächelte und deutete zur Tür, durch die bereits Jahrmarktsmusik drang.

„Lass es uns herausfinden.“



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