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Thesedays ...

*KaRe*
von

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Die Geschichte der Schildkröte

2. Die Geschichte der Schildkröte (a turtles tale)
 

„Hi.“, sagte Max mit belegter Stimme und streichelte sanft über den Kopf der Schildkröte, er war noch immer fassungslos darüber was eben geschehen war.
 

„Hallo Max, mein alter Freund.“ Der blonde Amerikaner zuckte zusammen, als er die Stimme in seinem Kopf hörte.

Draciels Stimme. Sie klang ein wenig raschelnd, wie altes Pergament und hallte in seinem Kopf nach. Max wurde klar, das Draciel gar nicht wirklich mit ihm sprach, sondern ihre Worte nur in seinen Kopf projizierte. Ihre? Seine? Beides klang falsch.
 

„Ich kann sein, was immer du willst.“, hörte er Draciels Stimme in seinem Kopf auf die unausgesprochene Frage antworten. Sein Bitbeast konnte also seine Gedanken hören.
 

„Ja.“, antwortete Draciel und Max kam es vor als schwang ein entschuldigendes Lächeln in dieser Aussage mit. Max fragte sich ob sie wohl jeden Gedanken kannte, den er jemals gehabt hatte. Doch er schüttelte diese Überlegung ab und stellte eine viel näher liegende Frage.
 

„Warum bist du hier?“, fragte er und setzte sich im Schneidersitz vor sein Bitbeast, sodass er sich auf Augenhöhe mit der Schildkröte befand. Draciel kam ihm anders vor als er es in Erinnerung hatte, irgendwie gealtert. Ihre schuppige Haut schien fahler zu sein, die schwarzen Augen glänzten nicht mehr so voller Elan und Stärke. Ein großes Gebäude, das langsam verfällt.
 

„Wir haben uns eine Weile nicht gesehen.“, wieder raschelte die Stimme in seinem Kopf. Trocken und brüchig.
 

„Ja.“ Max kicherte, obwohl ihn ein merkwürdig sorgenvolles Gefühl umfing.

Er hatte Draciel Jahre nicht mehr in seiner materialisierten Gestalt gesehen. Jeden Morgen legte er sich die dünne Silberkette mit dem Bitchip um den Hals und jeden Abend bevor er zu Bett ging nahm er sie wieder ab. Sie war für ihn wie ein Talisman geworden, den er schon lange nicht mehr mit dem Bitbeast, das nun vor ihm stand, in Verbindung brachte.

Draciel trat ein paar Schritte zurück und Max Blick fiel auf die Silberkette und den Anhänger daran. Er lehnte sich nach vorn, nahm sie und legte sie sich wieder um den Hals.
 

„Warum bist du hier?“, wiederholte er seine Frage.
 

„Ich muss mit dir sprechen. Die Dinge verändern sich.“
 

„Welche Dinge? Seit wann denn?“, Max war verwirrt von dieser Aussage. Er hatte keine Veränderungen mitbekommen. Jedenfalls nichts was Draciels Erscheinen rechtfertigen würde.
 

„Ich verändere mich.“, sagte die Schildkröte und legte sich auf den Boden. „Seit zehn Jahren schon.“
 

„Was?“ Max verstand gar nichts. Wie sollte sich Draciel verändern? Sie sah doch noch fast so aus wie früher nur ein wenig … betagter halt. Und warum seit zehn Jahren ? Warum erschien sie ihm erst jetzt um ihm das mitzuteilen?
 

„Eine Dekade ist für mich eine recht kurze Zeitspanne, wenn man bedenkt wie lange ich schon lebe. Aber ich werde schwächer, die Verbindung zu dieser Welt schwindet.“
 

„Was bedeutet das?“ Max verstand nicht was Draciel mit seiner Aussage meinte.
 

„Ich werde nicht mehr Teil dieser Welt sein.“
 

„Warum?“, für Max kam das Alles viel zu plötzlich.
 

„Die Welt besteht für uns aus fünf Elementen. Feuer…“, sagte Draciel bestimmt und Max zuckte erneut zusammen, als sein Büro für Sekunden um ihn herum verschwand.

Er spürte noch den harten Fußboden auf den er saß, und fühlte den rauen Teppich unter seinen Fingern, doch seine Augen sahen etwas völlig anderes. Kais Dranzer, ein Phönix dessen Gefieder so rot und golden schimmerte, dass es in Flammen zu stehen schien, schwebte aus völliger Dunkelheit zu ihm heran und stieß dabei einen hohen, glockenhellen Schrei aus. Max lief ein Schauer über den Rücken.
 

„…, Luft …“, hörte Max Draciel sagen und das Bild vor seinen Augen veränderte sich. Seine Umgebung hellte sich auf zu einem klaren Blau. Wolken zogen an ihm ihn vorbei und Dragoon schwebte heran. Den langen, schlangenartigen Körper in die Endlosigkeit gestreckt. Ein imaginärer Wind strich durch Mähne des Drachen und zerzauste sie.
 

„…, Erde“, wieder wechselte das Bild vor Max Augen. Drigger, Rays weißer Tiger, jagte mit großen Sätzen über den staubigen Boden einer Steppe. Eine Wolke aus aufgewirbeltem Sand folgte ihm.
 

„ …Wasser und Geist.“ Max blinzelte einige Male und war dann sehr froh in sein Büro zurückgekehrt zu sein. Draciel stand vor ihm und legte den Kopf schien, als ob sie sich fragte ob Max die kleine Vorstellung gefallen hatte.
 

„ Während ich und die anderen, die ihr Bitbeasts nennt, die stofflichen Elemente vertreten“, fuhr Draciel nach einer kurzen Pause fort „ wird das Element Geist durch euch, unsere Mündel, repräsentiert. Wir sind verpflichtet euch zu beschützen und für euch zu kämpfen solange ihr unsere Hilfe braucht.“
 

Draciel machte eine kurze Pause um seine Worte wirken zu lassen und fuhr dann fort.
 

„Die Fäden die uns in dieser, eurer, Welt halten sind dünn geworden. Ihr benötigt uns nicht mehr. Ihr habt euch aus den Augen verloren. Eure Verbindung untereinander schwindet.“
 

Wieder verschwand das Büro um Max herum, doch diesmal war er darauf vorbereitet und zuckte nicht zusammen. Max fand sich an einem sonnigen Nachmittag in Mr. Dickens Büro wieder. Um ihn herum saßen Kai, Ray und Tyson. Max kannte diese Szene. Sie entstammte seinen eigenen Erinnerungen. Es war das letztes Mal gewesen, das sie alle vier zusammen gesessen hatten. Es war der Tag gewesen als sie beschlossen hatten sich als Team für immer zu trennen. Seit diesem Tag hatten sich die vier ehemaligen Bladebreakers in alle Himmelrichtung verstreut. Max hatte nur noch sporadisch mit Tyson den Kontakt gehalten. Eine Weihnachtskarte, ein Telefonanruf zum Geburtstag, nichts was man mehr Freundschaft nennen konnte.

Die Szene löste sich auf und Max kehrte in sein Büro zurück.
 

„Ich bin mit den anderen Bitbeasts verbunden und gleichzeitig mit dir. Ihr, vier Mündel, seid untereinander verbunden. Es ist ein kompliziertes Gewebe.“, setzte Draciel seine Geschichte fort, „Reißt ein Faden so besteht die Gefahr, dass sich das ganze Gewebe auflöst. Ich ziehe meine Energie aus der Verbindung mit dir. Bist du stark, so bin ich es auch. Bist du geschwächt, so lassen auch meine Kräfte nach …“
 

„… sterbe ich, so wirst auch du sterben.“, beendet Max angstvoll den Satz. Doch Draciel schüttelte den Kopf.
 

„Nicht so hastig, mein allzu junger Freund. Ich sterbe nicht mehr. Die meiner Art existieren schon zu lange um noch sterblich zu sein. Dennoch ist unser Schicksal an das Schicksal unseres Mündels gebunden. Doch gerade weil wir so alt sind, sind wir träge. Ein Jahrzehnt ist für mich nur ein Wimpernschlag. Veränderungen, die sich in so kurzer Zeit vollziehen kann ich nicht aufhalten.“
 

„Was ist mit den anderen?“, fragte Max und dachte dabei an Tyson, Ray und Kai.
 

„Die anderen der großen Vier sind schon zu schwach um ihre Mündel noch zu warnen. Dragoon hat eine Möglichkeit gefunden die Ewigkeit zu überdauern. Er wird schlafen, an einem Ort an dem er schon einmal geschlafen hat. Doch es wird ein langer traumloser Schlaf sein; und es ist ungewiss ob er je wieder aufwachen wird. Wir anderen drei werden einfach verschwinden, wie Nebel unter dem Einfluss der Morgensonne. Ich konnte dich nur warnen, weil ich mit meinem Element in Verbindung gekommen bin. Ich bin auch schon zu schwach.“
 

Obwohl es in seinem Büro sonst angenehm warm war, zitterte Max bei diesem Worten leicht.
 

„Wie lange noch?“, fragte er Draciel und hatte Angst vor der Antwort.
 

„Zwei, vielleicht drei Monate, bevor die Verbindung zu schwach ist um die Entwicklung noch umzukehren.“
 

„Umzukehren?“, ein Funke der Hoffnung keimte in Max auf. Es war noch nicht zu spät.
 

„ Es gibt ein Ritual, das die Fäden neu verknüpft und das Gewebe wieder festigt. Ihr alle müsst es tun, zusammen, und ihr müsst einen Preis dafür zahlen, das wir in dieser Welt bleiben.“
 

„Was für einen Preis?“
 

Doch bevor Draciel antworten konnte ging die Bürotür auf und die Frau mit dem rostroten Haar steckte den Kopf durch die Tür.
 

„Max ich wollte noch fragen ob du Lust hättest …“, sie brach in der Mitte ihres Satzes ab, als sie Max nicht an seinem Schreibtisch sitzen sah, sondern im Schneidersitz mitten im Raum.
 

„Sie kann dich nicht sehen?“ Max formte die Worte in seinem Geist.
 

„Ja.“, Draciel nickte „Sie glaubt nicht an mich, deshalb kann sie mich nicht sehen. Doch sie würde sicherlich über mich stolpern, wenn sie das Zimmer betritt. Ich bin nur ein Geist für sie.“
 

Max verstand. Er sah die Frau lächelnd an. „Was gibt’s?“, fragte er und tat als wäre es das normalste der Welt, das er ohne scheinbaren Grund mitten in Raum saß.
 

„Ähm…“, die roten Haare schwangen sanft hin und her, als sie irritiert den Kopf schüttelte. „ Nicht so wichtig. Ich komm einfach später nochmal wieder.“, sagte sie und schloss hastig die Tür wieder hinter sich.

Machte der Professorentitel die Menschen schrullig, oder wurden nur wunderliche Menschen Professoren, fragte sie sich?
 

Draciel lächelte, als die Schritte der Frau auf dem Gang verklungen waren.
 

„Du magst sie, nicht wahr?“, fragte die Schildkröte Max.
 

„Ja schon“, Max druckste ein wenig herum und sah zu der Schale mit Bonbons, die auf seinem Schreibtisch stand. Er schüttelte den Kopf. „auch wenn sie manchmal viel zu unorganisiert ist und ständig Süßigkeiten klaut.“
 

„Welchen Preis müssen wir zahlen.“, fragte Max Draciel und nahm somit ihr Gespräch wieder auf.
 

„Blut, und ihr müsst etwas opfern das euch etwas bedeutet.“
 

Max nickte. Er dachte bereits darüber nach, was dieses Opfer bei ihm sein könnte. Er musste über sich selbst schmunzeln, als er diesen Gedankengang bemerkte. Es kam für Max nicht in Frage einen Moment an etwas anderes zu denken, als Draciel um jeden Preis hier zu behalten. Es war gut nicht zu zögern.
 

„Du musst die Anderen noch überzeugen, sie müssen mit dir das Ritual gemeinsam durchführen, sonst wird kein Bitbeast in dieser Welt bleiben.“
 

„Warum nur wir vier? Warum nur Tyson, Ray, Kai und ich? Es gibt doch noch mehr Menschen die Bitbeasts besitzen?“
 

„Kein Bitbeast gleicht einem anderen. Doch unsere Welt besteht nur aus fünf Elementen. Erde, Feuer, Luft, Wasser und Geist. Die vier stofflichen Elemente werden durch Drigger, Dranzer, Dragoon und mich repräsentiert. Der Geist seid ihr. Alle anderen Bitbeasts sind uns untergeordnet. Ein Bitbeast, das das Eis benutzt, greift auf die Elemente Feuer und Wasser zurück. Wenn die Hüter dieser Elemente nicht mehr in dieser Welt weilen, verliert es seine Fähigkeiten. Es wird auch verschwinden. Wenn wir vier Großen gehen, werden auch die, die uns untergeordnet sind, folgen.“
 

„Aus Wasser und Feuer wird Eis?“, fragte Max, der alles bis auf diesen Zusammenhang verstanden hatte.
 

„Man kann die Kräfte der Elemente nicht nur addieren, man kann sie auch voneinander abziehen. Wenn du Wasser die Wärme entziehst, dann gefriert es. Deshalb gibt es so viele Bitbeasts, es gibt unendlich viele Möglichkeiten die Elemente miteinander zu verbinden.“
 

„Okay, wie sieht dieses Ritual nun genau aus?“, fragte Max Draciel. Er war fest entschlossen seine ehemaligen Freunde davon zu überzeugen an dem Ritual teilzunehmen, koste es was es wolle. Er war einfach nicht bereit Draciel aufzugeben.

Eine Rolle vergilbt aussehenden Pergaments taucht plötzlich direkt vor Max auf. Draciel hatte sie erscheinen lassen.

Die Gestalt der Schildkröte flackerte einige Male, verfestigte sich dann aber wieder. Dennoch blieb Draciel so durchscheinend, dass Max die Zimmerpflanze an der Wand durch das Tier hindurch sehen konnte. Max griff nach der Schriftrolle und öffnete sie vorsichtig. Mit dunkelblauer, bereits halb verblasster Tinte, waren die Anweisungen für das Ritual auf ihr vermerkt. Max studierte alles sorgsam, sah dann auf den Kalender an der Wand und nickte. Das Ritual musste bei Vollmond vollzogen werden.
 

„Gut.“, sagte Max mit ruhiger Stimme. „ Das bedeutet: Ich habe noch drei Wochen bevor wieder Vollmond ist.“
 

„Ich werde jetzt gehen.“, sagte Draciel zu ihm „Ich muss mich ausruhen.“
 

Das Bitbeast verschwand.
 

***
 

Max konnte sich den Rest des Tages nicht recht auf seine Arbeit konzentrieren, so machte er sich auch früher als gewöhnlich auf den Weg nach Hause. Er suchte in seinem Telefonbuch nach Tysons Nummer. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es in Japan wohl sehr früher Morgen sein musste, doch das kümmerte Max in diesem Moment nicht. Es läutete fünf Mal, ehe sich Tysons verschlafene Stimme am anderen Ende meldete.
 

„Ja?“, gähnte eine müde Stimme in den Hörer.
 

„Tyson, hier ist Max Tate. Ich muss mit dir reden.“
 

„Was? Hallo Max. Weißt du überhaupt wie spät es ist?“, Tysons Stimme klang halb ärgerlich, halb überrascht.
 

„Sechs Uhr früh dürfte es bei dir sein, aber das ist jetzt unwichtig. Ich brauche deine Hilfe. Dragoon ist in Gefahr.“
 

Tyson war mit einem Mal hellwach.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  tenshi_90
2012-03-16T19:05:38+00:00 16.03.2012 20:05
deine story ist echt interessant :)

bin gespannt, wie max es schaffen wird :)

liebe grüße
Von:  lady_j
2012-03-15T19:38:03+00:00 15.03.2012 20:38
es wird spannend^^

schön, dass du das ganze aus max' sicht aufrollst, er bekommt ja ansonsten eher weniger aufmerksamkeit...
ich finde das thema sehr interessant und frage mich natürlich auch, welches opfer letztendlich gebracht werden muss Oo werde also weiter an der geschichte dran bleiben.


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