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Der blaue Stern

Türchen Nr. 8
von

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Der weiße Stern

Sein Gast war glücklich, das konnte Ja'far an den leuchtenden Augen sehen, mit denen er sich auf die ihm angebotenen Tintenfischhäppchen gestürzt hatte. Vor einigen Jahren hätte er es vielleicht noch seltsam gefunden, dass Jemand einfach so aus dem Nichts auftauchte, ein Schläfchen auf seinen Papieren hielt und seine Häppchen fraß, aber inzwischen war er, was Seltsames betraf, ziemlich abgestumpft.

Immerhin schien er ungefährlich zu sein.

Mit einem Lächeln erinnerte er sich an den Blick mit dem der Andere seine tintenverschmierte Hand angestarrt hatte. Weltfremd, zumindest hatte es so ausgesehen und auch jetzt machte sein Gast einen ungewohnten Eindruck. Wäre er irgendwo in einem fremden Zimmer aufgetaucht, er hätte seinen Gastgeber mit Fragen gelöchert, sein Gast aber hatte, seit er von seinem Wirtschaftsbericht gestiegen war, nur eine einzige Frage gestellt:

Darf ich die probieren?“

Ja'far schüttelte angesichts dieser Prioritäten einmal mehr den Kopf. Scheinbar hatte er hier einen sehr müden, sehr hungrigen Gast, der ein Bad gebrauchen konnte und vielleicht auch Jemanden, der ihm das Haar mal ordentlich durchbürstete. Aber abgesehen davon war er eigentlich ganz …

Er weigerte sich das Wort zu denken und sah seinem Gast lieber weiter beim essen zu. Die Küche würde sich freuen, wenn er die Teller spiegelblank zurückschickte und mit Pech würde sie dafür sorgen, dass er die nächsten drei Wochen ständig Tintenfisch serviert bekam. Aber wenn es seinem Gast schmeckte, war es das wert. Und es schmeckte ihm definitiv, so wie er die Häppchen in sich hinein schaufelte.
 

Ein weiteres Stück verschwand zwischen seinen Lippen. Wieder schienen seine rosafarbenen Augen vor Freude zu strahlen, doch dieses Mal wandten sie sich nicht gleich wieder dem Teller zu. Eine Hand fuhr durch die lange, rote Haarmähne, eine Bewegung, die irgendwie dazuzugehören schien, auch wenn sie scheinbar keinen echten Nutzen hatte.

„Stören sie dich?“, entfuhr es Ja'far vielleicht eine Spur zu neugierig und da war er wieder, dieser hilflose, weltfremde Blick, der verriet, dass sein Gegenüber mit der Frage völlig überfordert war.

„Deine Haare“, versuchte er zu präzisieren, „Weißt du, ich könnte sie dir bürsten und sie neu nach hinten binden.“

Langsam legte der Andere den Kopf schief, schien darüber nachzudenken, dann fuhr er erneut mit der Hand durch die roten Strähnen, so als wollte er prüfen, ob das was er vorschlug auch wirklich nötig war.

„Wenn du magst.“
 

Es war ein seltsames Gefühl die Finger nicht durch das vertraute Haar seines Königs gleiten zu lassen. Aber scheinbar machte er seinen Job dennoch gut. Sein Gast hatte die Augen geschlossen und schien inzwischen jeden Bürstenstrich und jede Berührung zu genießen.

Ein wenig bereute Ja'far, dass er nicht versucht hatte, ihn zu einem Bad zu überreden. Irgendwie gefiel ihm die Idee seinen Schützling in Sinbads großes Becken zu setzen und von oben bis unten in teure Düfte zu hüllen. Aber seinem König hätte das nicht gefallen und seinem Gast möglicherweise auch nicht. Immerhin war es doch ein ziemlicher Unterschied, ob man Jemandem gestattete einem das Haar zu bürsten oder ob man sich vor ihm auszog.
 

„Warum hörst du auf?“

Ja'far zog überrascht die Augenbrauen nach oben und fing an, die Bürste wieder intensiver durch das rote Haar zu ziehen. Jeder Andere hätte angenommen, dass er schlicht fertig war.

„Besser so?“

Sein Gast gab einen Laut von sich, der wie eine Mischung aus Schnurren und Gähnen klang und „Ja“ sagte, noch bevor die Antwort wirklich über seine Lippen war. Es freute Ja'far, dass ihm das alles so gut gefiel. Nur eine Kleinigkeit, die beschäftigte ihn dann doch:

„Findest du es gar nicht seltsam, dass du dir von einem Wildfremden die Haare machen lässt?“

„Ich fände es seltsamer, würde ich sie einem Wildfremden machen“, konterte sein Schützling.

Da hatte man ihn wohl auf frischer Tat ertappt.

„Könntest du das überhaupt?“, neckte er probehalber und lauerte gespannt darauf, wie der Andere das aufnehmen würde. Er schien zu überlegen, ließ sich zwei lange Bürstenstriche dafür Zeit, dann erst erklang ein leises „Nein“.

Ja'far begann erneut zu lächeln. Ihm gefiel, was da auf seiner Arbeit gelandet war und mit jeder Antwort, jedem Bürstenstrich, jedem Blick wurde es besser.

„Ich bin Ja'far“, eröffnete er.

„Mei. Nenn mich Mei.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Von: Arcturus
2015-02-14T20:35:39+00:00 14.02.2015 21:35
Oh, das wird eine Lebensaufgabe.
*seufzt*
Und Sin wird es hassen. Wenn er jemals aus diesem Zelt kommt. Wenigstens vermisst ihn keiner. Noch nicht.


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