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Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz

Shinji x Kaworu
von

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3. Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz

Anmerkung: NGE basiert auf der Kabbala? Muß ich wohl irgendwie mit der Kama Sutra verwechselt haben :)
 

* * *
 

Kapitel 3: Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz
 

Mein Freund ist weiß und rot, auserkoren unter vielen Tausenden. Sein Haupt ist das feinste Gold. Seine Locken sind kraus, schwarz wie ein Rabe. Seine Augen sind wie Tauben an den Wasserbächen, sie baden in Milch und sitzen an reichen Wassern. Seine Wangen sind wie Balsambeete, in denen Gewürzkräuter wachsen. Seine Lippen sind wie Lilien, die von fließender Myrrhe triefen. Seine Finger sind wie goldene Stäbe, voller Türkise. Sein Leib ist wie reines Elfenbein, mit Sapphiren geschmückt. Seine Beine sind wie Marmorsäulen, gegründet auf goldenen Füßen. Seine Gestalt ist wie der Libanon, auserwählt wie Zedern. Sein Mund ist süß, und alles an ihm ist lieblich.
 

Hohelied, 5.10 - 5.16
 


 

"Und ich sage immer noch, ich sollte auf dem Boden schlafen!"
 

"Nein, das solltest du nicht! Schließlich hab' ich dich gefragt, ob ich bei dir übernachten darf! Es ist schon okay."
 

Kaworu's Zimmer war ein winziger, fensterloser Raum, und schon vom ersten Moment an, erinnerte es ihn an das von Rei. Eigentlich konnte er sich glücklich schätzen, wenn er an sein schönes Zimmer bei Misato dachte.
 

Doch er fühlte sich dort nicht mehr zu Hause. Er konnte nicht sagen, ob es an dem Streit mit Misato lag, oder daran, daß die Wohnung ohne Asuka so leer war. Oder einfach daran, daß er allen Menschen aus dem Weg gehen wollte.
 

Aber dann hätte er Kaworu nicht gefragt, ob er heute Nacht bei ihm bleiben konnte.
 

Es hatte ihn all seinen Mut gekostet, das zu tun. Nach Kaworu's Worten war er wie vom Donner gerührt dagestanden und hatte nicht gewußt, was er davon halten sollte. So etwas hatte noch nie jemand gesagt. Seine Mutter vielleicht, als er noch klein war, aber nicht einmal daran konnte er sich erinnern.
 

Liebte er ihn auch? Das ging alles so schnell! Er wußte ja noch nicht einmal, ob Kaworu es ehrlich meinte. Woran erkennt man, ob jemand es ehrlich meint? Wie kann man das wissen?
 

Und wenn, wie kann jemand so etwas überhaupt sagen? Hatte Kaworu keine Angst, daß er sich über ihn lustig machte? Selbst wenn das, was er empfand, Liebe war, wie brachte er diesen Satz über die Lippen?
 

Ich könnte das nicht! Nein, niemals!
 

"Worüber wolltest du reden?"
 

Kaworu lag auf seinem Bett, Shinji auf den Tatami daneben. Es war ziemlich heiß in dem kleinen Raum, er schwitzte in dem warmen Schlafanzug, den er sich von Kaworu geliehen hatte, aber um nichts in der Welt hätte er ihn ausgezogen. Schon der Gedanke daran trieb die Röte in sein Gesicht.
 

"Du wolltest mir doch irgendwas erzählen!"
 

"Seit ich hier bin, habe ich soviel Neues erlebt." Er dachte an früher zurück, an die Zeiten als er noch kein Eva-Pilot war. "Früher habe ich bei meinem Lehrer gewohnt. Es waren stille, ruhige Tage, und ich habe einfach nur vor mich hin gelebt, einfach nur existiert. Aber das war in Ordnung für mich. Eigentlich habe ich überhaupt nichts getan."
 

"Du magst keine Menschen, stimmt's ?" wollte Kaworu wissen.
 

"Na ja, sie sind mir einfach egal. Nur mein Vater nicht, ihn hasse ich!" Warum erzähle ich Kaworu-kun das alles?
 

Vorsichtig äugte er zu seinem Freund hinüber, der ausgestreckt auf dem Rücken lag, die Arme locker hinter dem Kopf verschränkt, die Beine übereinandergeschlagen. Kaworu fing seinen Blick auf und lächelte, dieses ganz spezielle Lächeln, das ihn so nervös machte. Er wußte nicht, wie er seine Gefühle einordnen sollte. Einerseits vertraute er Kaworu, sonst würde er ihm nicht soviel über sich selbst erzählen, andererseits fühlte er sich unsicher und kribbelig in seiner Gegenwart. Er sehnte sich danach, ihn zu berühren, hatte aber Angst davor, zurückgewiesen zu werden.
 

Kaworu seufzte tief auf. "Vielleicht wurde ich nur geboren, um dich zu treffen."
 

Sie schwiegen beide, die Stille war Shinji unerträglich. Aber ihm war klar, daß Kaworu auf eine Reaktion wartete. Auf eine Antwort. Oft genug hatte er seine Gefühle deutlich gemacht, jetzt war Shinji an der Reihe.
 

Aber was für Gefühle hatte er eigentlich für Kaworu?
 

Er dachte an all die anderen Menschen, die in sein Leben gekommen, und wieder gegangen waren. Es war nicht dasselbe. Auch Touji hatte er vertraut, und mit der Zeit hätte er ihm sicher auch mehr über sich selbst erzählen können. Wenn er mehr Zeit gehabt hätte! Aber er hätte ihn nicht auf diese Weise berührt. Und er hatte nicht dieses Gefühl, wenn er in seiner Nähe war. Es war irgendwie ganz anders.
 

Was sollte er tun? Was war, wenn er es irgendwie mißverstanden hatte, und Kaworu es doch nicht so gemeint hatte. Vielleicht war es nur ein Wunschtraum von ihm. Und vielleicht hatte er auch keine wirklichen Gefühle für Kaworu, vielleicht wollte er einfach nur von jemandem akzeptiert werden, und nicht mehr einsam sein.
 

Ich suche schon wieder nach Ausflüchten, dachte er verzweifelt, nur damit ich nichts tun, oder sagen muß. Warum kann Kaworu es nicht einfach wissen? Warum kann er nicht einfach herkommen, und mich in den Arm nehmen, und dann muß ich wirklich nichts reden.
 

Ich hätte ihn küssen sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte. Bestimmt hat er darauf gewartet. Und was, wenn nicht? Will ich das eigentlich, einen anderen Jungen küssen? Ich meine, das ist doch nicht normal!
 

Was würde Asuka tun? Sie würde sagen, daß ich ein Dummkopf bin! Und eine Lusche! Und sie hätte recht damit!
 

"Du hattest von deinem Vater gesprochen", nahm Kaworu das Gespräch wieder auf.
 

"Bitte, laß uns nicht über ihn reden, okay? Er hat mich so wahnsinnig enttäuscht, es gibt keine Worte dafür. Er weiß überhaupt nicht, wer ich bin, und es interessiert ihn auch nicht! Ich bin nur ein Mittel zum Zweck, weil ich den Eva steuern kann, alles andere ist ihm völlig egal. Er ist schuld, daß mein bester Freund verletzt wurde, und beinahe gestorben ist."
 

Mit den Gedanken an Touji kam auch das Schuldgefühl zurück. Er hatte ihm nicht helfen können. Er hatte überhaupt nichts tun können. Touji lebte, aber es war nicht sein Verdienst. Und er wußte nicht, wo er jetzt war, und ob er wieder ganz gesund werden würde.
 

"Ich möchte so etwas nie, nie wieder erleben. Das könnte ich nicht ertragen!"
 

Kaworu streckte den Arm aus, und seine Hand berührte Shinji's Gesicht. Seine Finger strichen über Shinji's Augenlider, und wischten die ersten Spuren von Tränen fort. "Manche Dinge sind einfach nicht zu ändern. Wir sind alle nur Figuren in einem großen Spiel, und oft werden Entscheidungen über unsere Köpfe hinweg getroffen."
 

Shinji griff nach Kaworu's Hand, und diesmal hatte er keine Angst davor, sie festzuhalten. "Du hast gesagt, daß Leben oft Leid mit sich bringt. Und daß mein Herz wie Glas ist. Bist du denn niemals unglücklich?"
 

"Habe ich denn einen Grund dazu?" Kaworu drückte Shinji's Hand. "Vieles wird von anderen bestimmt, und man bekommt einfach nicht immer das, was man sich wünscht. Aber jeder von uns hat immer noch ein gewisses Maß an Entscheidungsfreiheit, was seine Zukunft betrifft und das muß genügen. Man kann den Ausgang des Spiels oft nicht direkt beeinflussen, aber man kann sich weigern darin mitzuspielen, und damit vielleicht ein Zeichen setzen. Vielleicht!"
 

Würde es einen Unterschied machen, ob er den Eva steuerte oder nicht? Jetzt wo ein Ersatz für Asuka gefunden war, war es vermutlich egal. Es blieb ja sowieso nur noch ein einziger Engel.
 

"Darf ich dich küssen?" platzte Shinji heraus, und Asuka's Stimme in seinem Kopf machte ihn unmißverständlich darauf aufmerksam, daß dies die albernste Bemerkung war, die er sich hatte einfallen lassen können. Trotzdem war er erleichtert, daß er es endlich herausgebracht hatte.
 

Kaworu beugte sich über die Bettkante und zog Shinji zu sich heran. Seine Augen leuchteten in der Dunkelheit, wie zwei kostbare Edelsteine. "Und ich dachte schon, du würdest nie danach fragen!"
 

Ihre Gesichter waren jetzt ganz nahe, Shinji spürte Kaworu's warmen Atem, das Kribbeln auf seiner Haut die Schmetterlinge in seinem Bauch. 'Hoffentlich mache ich nichts falsch', schoß es ihm durch den Kopf. Die Nasen waren irgendwie im Weg, aber es gelang ihm den Kopf zur Seite zu neigen, ehe sie zusammenstießen. Endlich, - es erschien ihm wie eine halbe Ewigkeit, fühlte er die erste zaghafte Berührung.
 

Er drückte seine Lippen auf Kaworu's Mund, im ersten Augenblick schien keiner der beiden so recht zu wissen, was er damit anfangen sollte. Erst ganz allmählich bewegten sich ihre Lippen, liebkosten einander, begannen vorsichtig zu erforschen, bis sie sich mit einem ungeschickten Schmatzer wieder lösten.
 

"Nimmst du mich in den Arm?" wollte Shinji wissen. Kaworu nickte und rückte ein Stück zurück, um ihm Platz zu machen.
 

Shinji kletterte ins Bett hoch. Er legte die Arme um Kaworu, ganz vorsichtig, als befürchte er immer noch, daß sein Freund ein Traum sei, der sich jeden Moment in Nichts auflösen könne, und kuschelte sich an ihn. Kaworu umarmte ihn ebenfalls. Mit seiner freien Hand wuschelte er durch Shinji's Haare.
 

Seine Stimme war leise, trotzdem hörte Shinji sie, als ob sie tief aus seinem Inneren erklang. "Es hilft nichts, wegen etwas zu weinen, das du ja doch nicht ändern kannst. Damit verlierst du nur den Blick fürs Wesentliche, für die wunderbaren Dinge, die du erleben darfst. Diese ganz besonderen Momente, die stärker sind, als jede Traurigkeit. Sie sind wie eine Melodie, die man immer noch hören kann, wenn der letzte Ton verklungen ist."
 

"Melodie?" fragte Shinji, dem Kaworu's Worte sehr rätselhaft vorkamen. "So wie das Lied, das du gesummt hast, als ich dich heute morgen getroffen habe?"
 

"Und das du angehört hast, als ich dich heute abend getroffen habe!" schmunzelte Kaworu und streichelte Shinji's Brust. "Weißt du, wovon das Lied handelt?"
 

"Nein, woher denn?" Shinji zuckte zusammen, als Kaworu fortfuhr, ihn zu liebkosen. "Sie singen in einer Sprache, die ich nicht verstehe."
 

"Es handelt davon, daß die Freude ein göttliches Geschenk ist, welches alle Menschen zu Brüdern macht."
 

Shinji zuckte ein weiteres Mal zusammen und Kaworu's Hand verharrte in der Bewegung. "Möchtest du das nicht? Soll ich damit aufhören?"
 

"Ja,... ich meine nein," stammelte Shinji. "Hör nicht auf, bitte!"
 

"Alle Menschen, egal wie unterschiedlich sie auch sein mögen, können dieselbe Freude empfinden. Schon das allein ist ein Grund, nicht unglücklich zu sein. Wenn die Menschen mehr Freude und weniger Schmerz empfinden würden, wären sie auch weniger einsam."
 

"Ja schon," Shinji schnappte keuchend nach Luft, "aber manchmal passieren... wirklich schreckliche Dinge, und... dann kann man nicht mehr glücklich sein. Wenn man zum Beispiel jemanden verliert, den man liebt, ist man immer unglücklich."
 

"Und vergißt vor lauter Unglück die ganzen wundervollen Momente, die man mit dieser Person verbracht hat." Übermütig rollte Kaworu ihn herum, und sein Gewicht drückte ihn in die Kissen. "Nein, Shinji-kun, jemanden zu lieben ist ein Geschenk, und nicht etwas worauf man Anspruch erheben kann." Mit der Nase fuhr er Shinji's Hals und Gesicht entlang und atmete seinen Duft ein. "Jeder Augenblick, den man zusammen verbringen darf, ist eine Gnade, einzigartig und unwiederbringlich."
 

Er küßte Shinji ein zweites Mal, diesmal saugte er heftiger an seinen Lippen. Shinji öffnete den Mund, und umklammerte Kaworu's Zunge. Er wünschte der Kuss würde ewig dauern, die Berührung dieser weichen wohlschmeckenden Lippen ließ ihn auf Wolken schweben, während Kaworu’s Hände ihre Liebkosungen wieder aufnahmen.
 

"Vorsichtig," seufzte er verzückt, "nicht zu fest, sonst tust du mir weh!"
 

"Keine Sorge, ich weiß, wo ich vorsichtig sein muß. Ich bin wie du, Shinji-kun, hast du das schon vergessen?" hauchte Kaworu in sein Ohr. Shinji stieß einen Protestlaut aus, als Kaworu ihn losließ, um unvermittelt nach seinen Händen zu greifen. "Du solltest deiner Erinnerung etwas auf die Sprünge helfen!"
 

"Ich soll was?" Halbherzig versuchte Shinji sich loszureißen.
 

"Du hast mich schon verstanden!" Kaworu umklammerte immer noch Shinji's Hände, jetzt zog er Shinji's Arme hoch über seinen Kopf, und verurteilte damit den anderen Jungen zur völligen Wehrlosigkeit. Mit den Zähnen zog er das Oberteil von Shinji's Schlafanzug nach oben und vergrub die Nase in seinem Bauchnabel. "Du bist wundervoll, alles an dir ist wundervoll. Ich möchte dich ansehen, bis das Licht meiner Augen erlischt, deinen Duft atmen, bis zum letzten Atemzug! In deinen Armen haben der Tod und die Finsternis keine Gewalt mehr über mich!"
 

"Bitte... sag so etwas nicht, Kaworu-kun...du machst mir Angst!"

Shinji zappelte wie ein Fisch in seinem Griff, wand sich unter ihm wie eine Schlange, ohne jede Möglichkeit, der süßen Qual zu entkommen. Kaworu's Atem kitzelte ihn vom Bauchnabel bis unter die Achsel, seine Lippen griffen nach Shinji's Haut, seine Zunge zog eine Flammenspur über seine Brust. Er umkreiste eine der Knospen, ohne sie wirklich zu berühren, einen Augenblick später knabberte er an der anderen.
 

Ein tiefer Seufzer entfloh Shinji's Lippen. Als Kaworu den Oberkörper aufrichtete, lag nahezu sein ganzes Gewicht auf Shinji's Hüften, hart wie Stahl, der Druck machte ihn rasend, und verwandelte sein Blut in flüssiges Feuer. Er glaubte schon, er könne das schelmische Spiel seines Freundes nicht länger ertragen, da ließ dieser plötzlich, und ohne Vorwarnung los.
 

Ohne jeden Gedanken sauste Shinji's Hand zu Kaworu's Kopf, um seinen Mund zurück auf die Brust zu drücken, der andere Arm schlang sich um seine Hüfte, um ihn näher, noch näher an sich zu spüren. "Du bist wie ich," keuchte er, "du bist gemacht wie ich!" Er rollte sich herum, und warf Kaworu auf den Rücken. " Ich muß keine Angst haben, daß ich etwas falsch mache, oder daß ich dir weh tue!"
 

Erst als er den Körper des Freundes unter sich spürte, warm und verlangend, erschrak er über seine eigene Kühnheit. Kaworu hatte ihn herausgefordert, aber mit einer solch heftigen Reaktion hatte er wohl nicht gerechnet. Unter ihm rang er nach Luft, kämpfte um Atem, wie ein Delphin, den die Strömung an den Strand geworfen hat. Wieder griff er nach Shinji's Händen, diesmal allerdings war Shinji vorbereitet, und ließ sich nicht so einfach aufs Kreuz legen. In diesem Spiel war Kaworu nicht erfahrener als er, nur wagemutiger, es schien als ob ein menschlicher Körper, sein Körper, ihm ein kostbarer Schatz sei, ein Quell der Freude und Zärtlichkeit.
 

Für Shinji war sein Körper immer etwas Selbstverständliches gewesen, wie ein Gegenstand, den man täglich benutzt, ohne darüber nachzudenken. Aber jetzt, wo sie einander liebkosten, entdeckte er sich selbst in Kaworu wieder, so fremd und doch so vertraut. Auf diese Weise berührt, angebetet, ja, geliebt zu werden, war ein lauer Sommerregen, der seine Seele erblühen ließ.
 

Er wollte in der tosenden Leidenschaft vergehen, die in seinem Innersten schäumte, sich im wilden Spiel ihrer ineinander verschlungenen Körper verlieren. Irgendwann waren sie vom Bett auf den Boden gerollt, und wieder ins Bett hochgeklettert, irgendwann waren die Schlafanzüge in die Ecke geflogen, irgendwann war die Welt um sie herum einer warmen Dunkelheit gewichen, in der es nur noch sie beide gab.
 

Nur noch sie beide, und niemanden sonst. In diesem Moment wurde Shinji fast schmerzhaft bewußt, daß zwischen ihnen eine unüberwindliche Grenze lag, egal wie eng sie sich aneinander schmiegten, sie waren und blieben zwei verschiedene Wesen. Und doch - sie mußten einander schon sehr nahe sein, denn Kaworu las Shinji's Gedanken aus dessen Augen. "Willst du das wirklich?" fragte er, und als Shinji nickte, fuhr er fort: "Weißt du worauf du dich einläßt? Wenn unsere Seelen miteinander verschmelzen, und sei es nur für einen kurzen Moment, gibt es kein Zurück mehr. Dann wird ein Teil von mir für immer bei dir sein, und du wirst einen Teil deines Selbst an mich verlieren!"
 

"Das macht nichts aus," sagte Shinji leise, "denn du bist schon ein Teil von mir, und ich habe mein Herz an dich verloren." Er wollte noch mehr sagen, wollte die Worte aussprechen, die er vor einigen Stunden von Kaworu gehört hatte. Aber er brachte sie nicht über die Lippen.
 

"Bist du sicher, daß du es wirklich willst?" fragte Kaworu ihn ein zweites Mal. Er hatte sich zurückgelehnt und seinen Kopf in Shinji's Schoß gelegt. Shinji kraulte ihn hinter den Ohren, streichelte seine Wangen, strich ihm die Haare aus der verschwitzten Stirn.
 

Er beugte sich nach vorne, um seinem Freund tief in die rubinroten Augen zu sehen. "Wenn du es auch willst, ganz sicher."
 

"Mehr als Worte sagen können!" Kaworu richtete sich auf. "Trotzdem, du solltest dir die Zeit nehmen, und noch einen Moment darüber nachdenken. "
 

Shinji war tatsächlich dankbar, ein bißchen allein zu sein und seine Gedanken schweifen zu lassen. Ihm war immer noch schwindelig vor Glück, auch wenn er inzwischen begriffen hatte, daß er nicht träumte. Kaworu war Wirklichkeit. Inmitten dieser zerstörten, trostlosen Welt hatte er die Liebe gefunden, eine Blume, die zwischen Trümmern aufgeblüht war, ohne Angst niedergetreten zu werden. Eine Hoffnung, die sich erfüllt hatte. Eine Oase des Friedens in einer Zeit, in der es keinen Frieden gab.
 

"Du warst nur ein paar Minuten weg, und schon hab' ich dich vermißt!" sagte Shinji.

Kaworu setzte sich aufs Bett und blickte liebevoll auf seinen Freund hinunter, der ausgestreckt vor ihm lag, die Knie locker umfaßt. Seine Hände liebkosten Shinji, zart und kühl, zogen ihn zu sich heran, hoben seine Beine. "Ganz sicher?" fragte er ein drittes und letztes Mal.
 

Als Antwort warf Shinji sich ihm entgegen, ohne jedes Zögern, ohne Scheu und ohne Angst zu fallen,

denn er wußte, Kaworu würde ihn halten. Zu lange hatte er seine Gefühle in sich eingeschlossen, sie drängten danach, sich zu befreien. Er hatte seine Seele mit hohen Mauern umgeben, die jetzt eine nach der anderen einstürzten, als die Leidenschaft gegen sie brauste wie die Brandung im Sturm. Nichts konnte

die Wogen des Glücks aufhalten, die sein Innerstes durchliefen, jeder Stoß zerbrach etwas mehr von der Schutzhülle, die ihre Seelen voneinander trennte, jede Welle brachte sie näher zusammen.
 

Als die letzte Grenze fiel, als sie sich endlich berührten, verschmolzen, für wenige Augenblicke eins mit sich selbst und der Ewigkeit wurden, konnte er hören, wie Kaworu seinen Namen rief, konnte spüren, wie er sich in seiner Zärtlichkeit verlor wie in einem endlosen Ozean. Kaworu's Leidenschaft strömte in seinen Körper, durchflutete ihn, erfüllte ihn mit einer nie gekannten Wärme. Ein Blick aus rubinroten Augen traf ihn bis ins Mark, als sein Freund sich über ihn beugte, salzige Gischt sprühte tief zwischen Kaworu's geöffnete Lippen, bis die tosende Flut in seinem Inneren langsam verebbte, wieder zu einem sanften Rauschen wurde und schließlich erstarb.
 

Die Stille war nahezu vollkommen, sie hüteten sich, sie durch Worte zu zerstören, als sie sich, voneinander gelöst, in den Armen hielten. Schließlich nahm Kaworu Shinji's Hände und küßte sie, sanft kribbelte sein Atem auf Shinji's Haut, als er seinen eigenen Duft von ihnen einsog. "Ich hab' dir doch nicht weh getan, oder?" flüsterte er. Shinji schüttelte den Kopf und lächelte ihn zärtlich an. "Ich hatte eher Angst, ich könnte dir wehtun." Er rieb die Nase an Kaworu's Hals, wo er links und rechts zwei rötliche Druckstellen auf der bleichen Haut sehen konnte, die langsam wieder verblassten. Offenbar hatten seine Beine ein wenig fest zugedrückt, ohne daß er es bemerkt hatte.
 

Shinji war viel zu erschöpft, um darüber nachzudenken, was soeben geschehen war, jetzt wollte er nur noch schlafen. Er drehte sich um, rollte sich zusammen, und schmiegte seinen Rücken an Kaworu's Brust. Dann griff er hinter sich, suchte Kaworu's Arm, und zog daran, bis sein Freund begriffen hatte, was er wollte. Im Halbschlaf konnte er noch fühlen, wie Kaworu den Arm um ihn legte, und ihn fest an sich drückte.
 

So geborgen hatte er sich seit langer Zeit nicht mehr gefühlt. Wie lange mochte es her sein, daß jemand ihn im Arm gehalten hatte? Viel zu lange! Noch nie? Er versuchte sich in der Dämmerung seines Bewußtseins zu erinnern, und glitt langsam in einen angenehmen Traum hinüber. Es war wundervoll auf diese Weise einzuschlafen.
 

Schlaf. Der Lilimkörper brauchte Schlaf. Was für ein merkwürdiges Wort war das, er hatte es nie zuvor gehört. Ein Gedanke. Gedanken, die nicht seine eigenen waren. Lilim. Adam. Weißer Mond . . . . Schwarzer Mond. . . .Ewigkeit. . . . Nigoki. . .
 

Eva Nigoki. . .
 

Der Alarm gellte durch den winzigen Raum, hallte in den Ecken wieder, brach sich myriadenfach an den engen Wänden. Im grellrot blinkenden Licht der Notbeleuchtung schien das Zimmer wie in Blut getaucht. Einen Augenblick später mischte sich der Lärm mit dem Dröhnen von Misato's Stimme, die ihn über Lautsprecher rief.
 

Die NERV Zentrale wurde angegriffen! Der Angriff des letzten Engels!
 

Er griff nach seiner Schuluniform, machte sich nicht die Mühe das Hemd zuzuknöpfen, er würde sowieso gleich seinen Plugsuit anziehen, und rannte los. Wo in aller Welt steckte Kaworu? Hätte er nicht auf ihn warten können?
 

Seine Schuluniform fehlte, er mußte sich bereits auf den Weg gemacht haben. Na ja, es machte nichts, sie würden sich sowieso gleich wieder treffen. Und dann, wenn der Kampf vorbei war...
 

Wenn der Kampf vorbei war! Er hatte nie darüber nachgedacht. Wenn der letzte Engel besiegt war, dann würde er kein Eva-Pilot mehr sein, niemandem mehr verpflichtet! Dann konnte er sich wirklich Gedanken darüber machen, wie er sich sein Leben vorstellte. Kein sinnloses Trübsal blasen, wie er es gestern noch getan hatte, sondern richtige Pläne schmieden.
 

'Auf alle Fälle können wir von hier fortgehen, und ich müßte Vater nie wiedersehen,' überlegte er. 'So wie es aussieht, hat Kaworu-kun doch auch kein richtiges Zuhause. Vielleicht könnten wir irgendwo zusammen wohnen.
 

Nein, es ist noch zu früh, um sich darüber Gedanken zu machen! Erst einmal müssen wir diesen Kampf hinter uns bringen, dann sehen wir weiter!'
 

Tsuzuku...



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2001-04-23T15:05:27+00:00 23.04.2001 17:05
Hi, ich finde alle 5 Kapitel sind dir echt gut gelungen, aber gennau bei diesem muss ich schreiben,als ich ihn gelesen hab ist mir Schauer über den Rücken gelaufen, so schön was der.... vielleicht werden ein paar anderer Meinung sein, aber ich stehe eben zu meiner. Denkt ja nicht das ich perverses Zeug mit nur "hentai" oder sonst noch welchen in die Richtung lese und nur deswegen rein geschaut hab, ich hab schon viele durchgeblättert, und diese wiederspiegelt echte Gefühle die noch durch nichts verdorben wurden, damit meine ich "hardcore" usw.Ist auf jeden Fall viel besser als wenn betrunkene Asuka und ebenfalls Shinji miteinander treiben....da gibt es doch echt kein Vergleich!!! (ich wollte auf keinen Fall irgend jemanden damit beleidigen, aber so ein Fan-Fic hab ich gelesen)
MayLynn
Von: abgemeldet
2001-04-23T15:01:30+00:00 23.04.2001 17:01
Hi, ich finde alle 5 Kapitel sind dir gut gelungen aber gennau bei diesem muss ich schreiben,als ich ihn gelesen hab ist mir Schauer über den Rücken gelaufen, so schön was die.... vielleicht werden ein paar anderer Meinung sein, aber ich stehe eben zu meiner. Denkt ja nicht das ich perverses Zeug mit nur "hentai" oder sonst noch welchen in die Richtung lese und nur deswegen rein geschaut hab, ich hab schon viele gelesen, und diese wiederspiegelt echte Gefühle die noch durch nichts verdorben wurden, damit meine ich "hardcore" usw.Ist auf jeden fall viel besser als wenn betrunkene Asuka und ebenfalls Shinji miteinander treiben....da gibt es doch echt kein Vergleich!!! (ich wollte auf keinen Fall irgend jemanden damit beleidigen, aber so ein Fan_Fic hab ich gelesen)
MayLynn


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