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☾ Mikadzuki

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Freitag der 13., Führerscheinprüfung bestanden und zur Feier des Tages gibt's ein neues Kapitel ;) Komplett anzeigen

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Abschied und Wiedersehen

Da vorne ist eines der Dörfer, InuYasha!“, rief Kagome.

„Ich weiß“, erwiderte der Hanyou bloß. Als ob er das nicht selbst mitbekommen hätte.

„InuYasha!“, wiederholte Kagome da, mit mahnender Stimme. Erst jetzt verstand er, worauf sie hinaus wollte. „Schon gut“, brummte er und kam zum Stehen.

Die junge Miko rutschte von seinem Rücken und zog sich ihr Gewand zu Recht. Dann stapfte sie an dem Halbdämon vorbei, Richtung Dorf.
 

Es dauerte nicht lange, bis sie bemerkt wurde, zwei Bauern kamen heran. „Was wünscht Ihr, Miko-sama?“, wollte einer wissen.

„Ich bitte um Unterkunft für mich und meine Begleitung“, gab Kagome freundlich zurück und verbeugte sich höflich. Inzwischen war ein Dritter heran gekommen, die etwas ordentlichere Kleidung sprach dafür, dass es sich um den Dorfvorsteher handeln musste.

„Eure Begleitung?“, mischte der sich ein.

Kagome wies mit einer Handbewegung nach hinten. Dort kam InuYasha heran, die Hand auf Kiraras Nacken gelegt, als würde er sie führen, Kohaku ritt nach wie vor auf der Nekomata. Kagome konnte deutlich spüren, wie erschrocken die drei Männer vor ihr waren, sich aber offenbar zusammenrissen.

„Es geht mich sicher nichts an, Miko-sama, aber meint Ihr, dies ist die richtige Begleitung für eine Priesterin?“, fragte der Dorfvorsteher vorsichtig.

Kagome setzte ein feines Lächeln auf. „Ungewöhnlich sind sie sicherlich. Aber sie sind weder gefährlich noch ungeeignet als Begleitung“, antwortete sie, die gleichen Worte, die sie immer wählte.

Der Dorfvorsteher nickte nun, sah aber etwas skeptisch zu, wie Kohaku von Kirara abstieg. Als er das verletzte Bein aufsetzte, knickte es kurz weg. Sofort packte InuYasha ihn am Arm und hielt ihn fest. Der junge Taijiya dankte knapp, auch wenn es ihm nicht gefiel, so hilflos da zustehen. Solange er verletzt war, musste er es annehmen. Kirara hatte sich inzwischen in ihre kleine Form verwandelt, in der sie weniger beängstigend, als bloß niedlich wirkte. Das schien die Dorfleute nun endgültig zu überzeugen. „Nun gut. Dann kommt, Miko-sama. Wünscht ihr sonst noch etwas?“

„Verbandszeug wäre gut. Ich sollte Kohakus Bein neu verbinden“, gab Kagome zurück und zeigte auf den jungen Taijiya, der etwas humpelnd folgte.
 

Gemeinsam ging die kleine Gruppe Richtung Dorfplatz. „Wenn ich fragen darf, Miko-sama, er ist nicht etwa Euer Sohn?“, fragte der Dorfvorsteher.

Kagome grinste leicht. Dann hätte sie ja mit drei Jahren Mutter werden müssen. Aber sie wusste, dass viele Menschen InuYasha auf den ersten Blick für einen Dämon hielten und somit schlossen, Kagome sei mit ihrer Familie unterwegs. „Nein. Er ist der kleine Bruder einer guten Freundin“, antwortete sie daher wahrheitsgemäß, da der junge Dämonenjäger wie immer schon etwas skeptisch guckte.

Er kannte von Sango die Geschichten über Mirokus Lügenmärchen und hatte schon oft überlegt, ob Kagome etwa in die Fußstapfen seines Schwagers treten wollte. Zum Glück tat sie es nie. Wäre ja auch noch schöner gewesen.

Der Dorfvorsteher führte sie inzwischen in eine Hütte direkt am Dorfplatz, offenbar die seiner eigenen Familie. Neben der Tür spielten zwei Jungen von vielleicht fünf und sieben Jahren, beachteten die Besucher reichlich wenig. „Macht es euch bequem. Ich werde jemanden anweisen, Verbandsmaterial zu bringen“, bat der Dorfvorsteher.

Kagome nickte bloß, machte sich jedoch ihre Gedanken über seine Worte. Er hatte weder nach einer, seiner Frau gerufen, noch jemanden dieses Standes erwähnt. War er allein mit den Jungen? Ein seltener Anblick. Aber sie war höflich genug, nicht darauf einzugehen. Kohaku hatte sich inzwischen an die Wand gesetzt, also legte Kagome ihren Bogen und den Pfeilköcher beiseite und kniete sich neben Sangos Bruder, wartete auf die Rückkehr des Dorfvorstehers.

InuYasha setzte sich neben sie, eine Hand auf ihrer Schulter, verhielt sich jedoch ruhig. Inzwischen kannte er sie gut genug, um zu wissen, dass sie ungnädig werden konnte, wenn er sie nicht erst ihre Pflichten erledigen ließ. Und momentan hieß ihre Pflicht, Kohaku zu versorgen.
 

Doch plötzlich verspannte er sich, hob den Kopf um zu wittern. War da nicht eben etwas gewesen?

Er erhob sich, witterte erneut. Ja, doch, da war etwas.

„Kagome?“, fragte er leise. „Ich fürchte, das Dorf wird angegriffen…“
 


 

Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob die junge Löwendämonin sich, griff die Schriftrolle und verzog sich tiefer in die Höhle, wo Tamoko war. Es wurde Zeit, dass sie zeigte, ob sie den Inhalt der Schrift verstanden hatte.
 

Doch plötzlich hielt sie inne. Was war denn das gewesen? Flackerndes Yôki? Und von vielen Wesen auf einem Haufen? Tamoko hatte ihr erzählt, dass die Fürsten davon viel auf dem Fürstentreffen gehört hatten, aber hier in diesen Gebieten war dieses Phänomen noch nicht aufgetaucht.

Sie wirbelte herum, als neben ihr eine Stimme zu hören war, die sie gut kannte: „Nun sind sie also hier“ Tamokos Stimme klang ruhig und weise, so wie immer. Die alte TigerYôkai stand auf einmal direkt neben Amaya, die Augen leicht zusammengekniffen. Dennoch, ein wenig Unruhe strahlte ihre Aura aus und Amaya wusste genau, wieso. Tamoko hatte nie gut gekämpft. Und jetzt fürchtete sie die Konfrontation, auch wenn sie es sich nicht anmerken lassen wollte.

Die junge Löwendämonin griff in den weiten Ärmel ihres Kimono, holte die drei Wurfmesser heraus, die sie dort verstaut hatte. Dabei stand sie mit dem Rücken zu Tamoko, denn sie wusste, dass ihre Mentorin es nicht gern sah, wenn sie die Waffen hier mithatte. Bisher war es auch nicht nötig gewesen, nie hatte jemand gewagt, die Höhlen der Schamanen anzugreifen. Amaya schloss die Augen um genauer zu fühlen. Das ‚Nie‘ war jetzt dahin. Sie wurden angegriffen. Weitere Schamanen aller Nekoarten hatten sich nun um sie versammelt, alle vor Tamoko, schirmten ihr Oberhaupt ab, gegen die Gefahr, die sie bisher nur spürten und nicht sahen.
 

Dann ging alles sehr schnell. Binnen Sekunden wimmelte der Eingangsbereich der Höhle vor niederen Oni, jeder musste nun zusehen, wie er selbst heil wieder aus der Sache heraus kam. Auch Amaya dachte nicht weiter nach, als sie eines ihrer Wurfmesser einem Wurmdämonen in den Rachen warf, sich gerade noch rechtzeitig zur Seite warf, ehe eine Art Schlangenwolf sie an die Höhlenwand quetschen konnte.

Das zweite Wurfmesser nutzt sie als Dolch und schlitzte ihrem Angreifer die Kehle auf. Dann rannte sie weiter, versuchte nach draußen zu kommen um Alarm zu schlagen, nutzte ihre Klauen und die beiden verbliebenen Messer um sich den Weg freizumachen. Hinter ihr, rechts und links von ihr kämpften ihre Kollegen, mehr schlecht als recht, die wenigsten Schamanen bekamen eine Kampfausbildung. Gerade noch wich sie dem Angriff einer hellgrünen Echse aus, schlug sie zurück und schleuderte ihr zweites Wurfmesser gegen eine andere. Das nahm ja gar kein Ende!

Plötzlich roch sie die Witterung eines Katzenverwandten, wandte sich sofort in die Richtung. War etwa eine Katze unter den Angreifern? Da entdeckte sie die feuerrote, annähernd löwenartige Gestalt – und die beiden schwarzen Schlagen, die sich um dessen Hals wanden, es offenbar unter ihre Dienste zwangen. Sie pulsierten unter dem blauen Licht des Yôki. Sie ziehen es ihm ab… kontrollieren ihn!

Ohne weiter nachzudenken, übertrug Amaya ein bisschen ihren Yôkis, ihrer Magie, auf ihr letztes Wurfmesser, schleuderte es auf die Schlangen. Es bohrte sich in die diffusen, schwarzen Körper – und löste sie auf.

Das Messer fiel scheppernd auf den Fels und auch der Löwe sank zu Boden. Seine Gestalt verschwamm, dann lag eine überraschend junge, männliche Gestalt dort, in der Kleidung eines freien Reisenden. Amaya kam heran, klaubte ihr Messer auf und beugte sich zu dem jungen Mann herab. Sie wagte nicht, nach seinem Befinden zu fragen, er sah zu schwach aus, blutete aus vielen Wunden und ihr Messer hatte seinen Hals aufgeschrammt. Er würde nicht mehr lange leben.

Doch plötzlich vernahm sie die stockende Stimme: „Hüte… hüte dich vor den verd-dorbenen Seelenfängern! Der… der Höllen…wolf ist gebannt, doch niemand… reinigte sie…“ Er keuchte auf, ein Zittern durchlief seinen zerfetzten Körper, dann lag er still da. Amaya machte sich nicht die Mühe es nachzuprüfen. Der war tot. Sie hatte ihn zu spät befreit. So drehte sie sich um.

Keiner der niederen Oni mehr weit und breit.

Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass der Kampf vorbei war.

Zwei der anderen Schamanen kamen auf sie zu, beides Luchsdämonen. Doch obwohl sie einigermaßen unverletzt wirkten, waren ihre Gesichter voller Entsetzen. Ein Schauer lief Amaya über den Rücken, als sie den Blick der beiden auffing. „Nein…“, hauchte sie erschrocken und sprintete an den beiden vorbei. Das darf nicht sein… Tamoko!

Innerlich schrie sie, doch kein Wort kam über ihre Lippen. Da entdeckte sie die anderen Schamanen, alle knieten sie um den zusammengesunkenen Körper der alten Torayôkai. Amaya kniff vor Schmerz die Augen zusammen, als sie sich aus dem Lauf auf die Knie sinken ließ, direkt neben Tamokos Kopf.

Ihre Mentorin wandte den Kopf, ein feiner Blutfaden rann aus ihren Mundwinkel, offenbar war sie innerlich verletzt worden. Die schwarzen Tigerstreifen auf ihrer Stirn waren durch Rote aus Blut ergänzt worden, sie sah geschwächt und doch seltsam ruhig aus. Und obwohl Amaya es ebenso wie bei dem Reisenden eben spürte, hier wollte sie es nicht wahrhaben. Es durfte nicht schon zu Ende gehen! Ihr Blick war fest auf die Ältere gerichtet, sie brachte kein Wort heraus. Auch Tamoko sprach nicht, sie sah nur jeden einzelnen der ihr unterstellten Schamanen durchdringend an, dann richteten sich ihre blass gewordenen, gelben Iriden auf ihre jüngste und doch hochrangigste Schülerin. „Es ist gut… du… weißt, was du tun musst…“, flüsterte die Tora-Yôkai, dann atmete sie noch einmal tief aus – und nicht wieder ein.

Amaya unterdrückte ein Schluchzen und hob zittern die Hand um Tamokos Augen zu schließen. „Ja, ich weiß, was zu tun ist…“, flüsterte sie erstickt und löste in der gleichen Bewegung den Knoten, der das Regenbogentuch an Tamokos Hals fixiert hatte, zog es unter dem toten Körper hervor.

Dann erhob sie sich, trat an den anderen Schamanen vorbei, zurück Richtung Höhleneingang.

Kaum strich ihr die kühle Luft um die Nase, hielt sie die Tränen nicht mehr zurück. Das magische Tuch in den Fingern, stand sie einfach da, ließ den Tränen freien Lauf.

Tot…tot…tot… hämmerte es in ihrem Kopf. Tamoko, ihre Mentorin und mütterliche Freundin war tot. Und das weit vor der Zeit…
 


 

Gerade als InuYasha die Hütte verlassen wollte, die Hand bereits an Tessaiga, flog die Reisstrohmatte zur Seite und eine ältere Frau stürzte beinahe in ihn hinein. „Miko-san!“, rief sie, ehe sie bemerkte, dass keine Miko mehr im Raum war. Erschrocken sah sie sich um, musterte dann vorsichtig den Halbdämon, der mit halb gezogenem Schwert vor ihr stand.

InuYasha brummte missmutig. „Kagome ist schon draußen. Und ich würde jetzt auch ganz gerne, sonst könnt ihr euer Dorf nämlich vergessen. Wir kennen diese Art Dämonen, die lassen sich nicht einfach verscheuchen“, sagte er rasch, sodass die alte Frau, deren Kleidung sie als die dorfeigene Miko auswies, mehr reflexartig beiseitetrat.

Doch noch ehe InuYasha aus der Tür war, hielt ihre Stimme ihn erneut auf. „Und der Junge?“

Der Hanyou verdrehte die Augen, seine Ohren zuckten, als er von draußen das erste Losschnellen der Pfeilsehne vernahm. „Kirara passt schon auf“, erwiderte er und blickte kurz über die Schulter zurück.

Die alte Miko runzelte skeptisch die Stirn, während sie die kleine Katze betrachtete.

InuYashas genervter Laut war diesmal deutlicher zu vernehmen. „Kirara!“, sagte er eindringlich, ehe er hinausstürmte, diesmal ohne sich noch einmal aufhalten zu lassen. Die Nekomata hatte ohnehin verstanden, eine Feuerlohe stieg um sie auf, als sie in ihre weit wehrhaftere, große Form wechselte. Die alte Dame taumelte zwei Schritte zurück, atmete dann tief durch und schüttelte den Kopf. Da sollte nochmal jemand sagen, in ihrem Alter habe man schon alles gesehen.
 

Der Hanyou war inzwischen endlich draußen angekommen, hatte zu Kagome aufgeholt, die an vorderster Front zwischen den Dorfleuten stand, die sich verzweifelt zu verteidigen versuchten. Ihre Pfeile rissen immer wieder breite Schneisen in die Dämonenhorde vor ihren Nasen, aber wie es schon von Narakus Untertanen seinerzeit gewohnt waren, rückten an deren Stelle sofort gefühlt doppelt so viele nach. Es nahm kein Ende.

Also zog InuYasha alle Register. Mit einem Satz war er über die Verteidigungslinie hinweg, ein paar Schritte schräg vor Kagome, sein Schwert noch im Sprung gezogen. „Kagome!“, brüllte er gegen das Gezeter der Oni an und schwang etwas seine Klinge herum.

Die junge Miko verstand. „Jetzt!“, schrie sie zurück und ihr Pfeil sauste grell leuchtend knapp an ihm vorbei, Sekundenbruchteile später schloss sich ihm InuYashas Windnarbe an, der kombinierte Angriff räumte ordentlich auf, endlich lichtete sich die Dämonenwolke.

Doch plötzlich witterte er etwas. „Kagome!“ Diesmal klang sein Ruf erschrocken, sodass sie sofort herumwirbelte, jedoch nur noch erkennen konnte, dass ein schattenhafter Oni den Dorfbewohner direkt hinter ihr mit einem Klauenhieb zerfleischte und dann auf sie losgehen wollte.

Noch ehe sie reagieren oder gar InuYasha bei ihr sein konnte, spürte sie Stoff gegen ihre Schulter klatschen und eine schlanke Gestalt sprang zwischen sie und den Angreifer. „Kage no Kisu!“ erklang eine hallende Mädchenstimme und Schatten, die sich um ihre Hände gebildet hatten, flogen auf den Oni zu, hefteten sich an seinen Körper und lösten ihn an diesen Stellen auf, sodass er leblos zu Boden fiel. Gefahr gebannt.

Die Unbekannte sprang etwas zur Seite und mischte sich endgültig in den Kampf ein, zu dritt lösten sie die Linie Oni, die ihnen in den Rücken hatte fallen wollen, in Sekundenschnelle auf.

Noch einmal witterte InuYasha prüfend, dann wagte er sich zu entspannen, sein Schwert hielt er locker in der Hand. Kagome hatte ihren Bogen wieder über die Schulter gehängt und die Unbekannte stand halb mit dem Rücken zu ihnen da, rührte sich nicht. Den Dorfbewohnern schienen sie im Moment ziemlich egal zu sein, kaum war die unmittelbare Gefahr vorbei, kümmerten sie sich nur noch um die beiden Todesopfer und nicht mehr um die drei Kämpfer, die weitere Opfer verhindert hatten.
 

Schließlich raffte Kagome sich auf. „Wer bist du? Ich möchte dir danken“, sprach sie ihre Retterin an, sodass die den Kopf wandte. Das fein geschnittene Gesicht einer Jugendlichen, scheinbar ein gutes Stück jünger als Kagome, blickte sie an, weiße Haare mit violettem Stich und deutlich amethystfarbene Augen zeugten von der Unmenschlichkeit, mit der sie schon gerechnet hatte. Eine Dämonin? Aber es fehlten die spitzen Ohren, jegliche Gesichtszeichnung. Die Fremde sah sie einfach nur an.

„Kagome, lass es. Das bringt doch nichts“, mischte sich InuYasha schließlich ungeduldig ein, als die Unbekannte weiterhin nichts sagte.

Da plötzlich erhob sie doch ihre Stimme. „Ka-go-me…“, wiederholte sie leise den Namen, als würde sie nachdenken. Dann wanderte der violette Blick zu dem Hanyou. „InuYasha…“, flüsterte die Stimme.

Der Halbdämon zuckte mit den Ohren. „Woher…“, begann er, doch die Fremde schnitt ihm mit einer Handbewegung das Wort ab. Langsam kam sie auf ihn zu und InuYasha war viel zu perplex von ihrer seltsamen Art um Tessaiga wegzunehmen, ehe sie zwei Finger auf die Klinge legte und halb die Augen schloss. Augenblicklich begann das Metall feuerrot zu glühen.

„Keh!“, machte InuYasha überrascht, während Kagome die Augen aufriss. Sie musterte ihre Retterin noch einmal genauer, dann schien ihr ein Licht aufzugehen. „Shi-Shiori?“
 


 

Über dem Schloss der Neko brach der Morgen an.

Blassrosa und zitronengelb kämpfen sich erste Lichtschlieren an den Himmel, als Sesshômaru aus dem Hauptportal trat. Endlich war er Tôran wieder los. Hatte ihn ja schon beinahe gewundert, dass sie ihn nicht noch des Nachts aufgesucht hatte.

Er prüfte kurz die Luft, hielt dann auf das Tor in der Schutzmauer zu, von wo er Ah-Uhns Witterung ausmachen konnte. Man hatte den Reitdrachen also schon nach draußen gebracht. Nun, das war ein Punkt, den er den Panthern wohl positiv anrechnen musste. Ebenso wie die Tatsache, dass sie gestern nach zähen Gesprächen endlich zugestimmt hatten, ihm diese entfernte Cousine als Reisebegleitung zu überlassen, damit er überhaupt eine Chance hatte, die Sekai no Tia mal von Nahem zu sehen – und vielleicht sogar tatsächlich als nützlich zu befinden. Da hatte er deren Vater doch tatsächlich noch versprechen müssen, auf sie aufzupassen. Wer war er denn bitte? Ein Babysitter? Aber ihm blieb wohl nicht viel anderes übrig. Er hatte in den sauren Apfel beißen müssen.

Wo er gerade beim Thema war – wo bitte war seine neue Reisebegleitung?

Bei Morgendämmerung Aufbruch hieß nicht, sich bitten zu lassen.

Dennoch ließ er sich seinen Unmut nicht anmerken, als er durch das Tor trat, sich Ah-Uhn zuwandte. Eine dunkel gekleidete Gestalt in Haori und Hakama hielt den zweiköpfigen Drachen am Zügel, redete offenbar leise auf ihn ein. Seinem Reittier schien das zu gefallen, aber das war zu erwarten gewesen. Dieses Vieh war geradezu unsäglich vertrauensselig. Er kam näher, trat wortlos an die Seite seines Drachens.

Ein Seitenblick bestätigte seine Ahnung, dass seine Reisebegleitung doch pünktlicher war, als angenommen, auch wenn der Anblick ihn insgeheim überraschte. Zusätzlich zu der wenig höfischen Kleidung – zumindest für eine Frau – trug sie nun eine Gesa aus sandfarbenem Fell, die von der linken Schulter zur rechten Hüfte verlief und ein meeresgrünes Tuch um die Taille. Dort wo Schärpe und Tuch übereinanderlagen, also an der rechten Hüfte, hing ein Schwert. Außerdem hatte sie nun eine lederartige Rüstung an, die Oberkörper und Unterarme schützte. Wo sie gestern noch den Eindruck einer – wenn auch niederen – Hime vermittelt hatte, wirkte sie heute eher wie eine richtige, selbstbewusste Kriegerin – und so verhielt sie sich auch.

Keine Spur mehr vom sittsamen Wegschauen, nach einer höflich grüßenden Verbeugung sah sie ihm mit erhobenem Kinn direkt ins Gesicht.

Eigentlich eine Unhöflichkeit, die sanktioniert werden müsste, aber Sesshômaru beließ es dabei, sie geflissentlich zu ignorieren. Als ob er sich provozieren lassen würde.

Ohne ein Wort nahm er ihr Ah-Uhns Zügel aus der Hand und wandte sich ab, richtung Westen. „Gehen wir“, befahl er unterkühlt.
 


 

Das leise Lachen des weißhaarigen Mädchens erschien ebenso hallend wie ihre Stimme im Allgemeinen. „Erraten“, sagte sie in leisem Tonfall, musterte ihre beiden Gegenüber.

InuYasha hatte sich so gar nicht verändert, Kagome ein bisschen, aber Shiori wusste nur zu genau, dass sie für die beiden so unverhofften, alten Bekannten vollkommen fremd erscheinen musste. In den letzten Jahren war aus dem Kind, welches die Komori-Yôkai so drangsaliert hatten, eine Jugendliche geworden, die sich zu wehren verstand. Eine taffe, junge Halbdämonin.

Nach einem Moment des gegenseitigen Anschweigens, blickte sie sich um. „Seit ihr allein hier? Wo ist der Mönch? Und diese Taijiya?“

Kagome sammelte sich wieder einigermaßen. „Sie sind in dem Dorf zurück geblieben, wo wir nun leben“ Zu sagen, sie sei noch immer perplex würde ihre momentane Lage untertreiben. Wenn sie mit einem überhaupt nicht gerechnet hätte, dann mit einem Wiedersehen mit Shiori. Dementsprechend knapp war auch ihre Antwort ausgefallen.

Die Fledermaushanyou ließ sich davon nicht entmutigen. „Und eure dämonischen Begleiter?“

„Shippô ist da, wo ein Kitsune in seinem Alter hingehört. An einer Fuchsakademie. Und Kirara ist mit uns hier, sie ist da vorne irgendwo, in der Hütte des Dorfobersten“, antwortete die junge Miko, diesmal etwas ausführlicher.

InuYasha war entgegen seiner Verhältnisse stumm geblieben, behielt die Umgebung im Blick. „Kagome? Ich denke, wir sollten gehen. Schau, so wirklich begeistert sind die Dorfbewohner nicht von unserer Anwesenheit“ Wenn ihm schon so etwas auffiel, musste es deutlich sein, das war Kagome klar und so blickte sie sich um, folgte seinem Blick.

Tatsächlich rotteten die Dorfbewohner sich zusammen, ab und an ging ein Fingerzeig in ihre Richtung. „Allerdings… komm, wir holen Kohaku und dann ab dafür. Schnee hin oder her, wir kennen Schlimmeres“, erwiderte sie und wandte sich wieder Shiori zu. „Tut mir Leid, dass unser Wiedersehen so kurz ist, aber du siehst selbst, hier wird es sonst gleich ungemütlich“

Sie lächelte endschuldigend, dann wandte sie sich um und lief InuYasha hinterher, der ungestüm wie immer ohne weiteres Wort vorausgegangen war.

Bei der Hütte holte sie ihn ein, weil er gewartet hatte, sie vorgehen ließ, wohlwissend, dass die alte Miko noch im Raum sein könnte. Da wartete er lieber draußen. Sie schien aber nicht mehr da zu sein, denn schon ein paar Augenblicke später kam Kagome mit den beiden restlichen Mitgliedern der Gruppe zurück, wobei Kohaku sich leicht auf Kiraras Nacken abstützte, ehe er draußen wieder auf deren Rücken glitt.

Die vier nickten sich kurz zu, wollten gerade losziehen, da wurde Geschrei laut, Geräusche waren zu hören, wie beim Auftreffen von Holz und Metall auf harten Boden.

Sie wandten alle gleichzeitig die Köpfe und erkannten erschrocken, dass die Dorfbewohner nun auf Shiori losgegangen waren und über vierzig aus irgend einem Grunde wütende Menschen konnten für das junge Halbdämonenmädchen kritisch werden, zumal sie nur zurückwich, sich nicht verteidigte. Und sie trieben sie immer mehr auf eine Hüttenwand zu, in die Enge.

InuYashas Verstand schaltete aus, sein Beschützerinstinkt dafür auf Turbo und schon war er in Richtung der aufgebrachten Meute gestürmt. „Lasst sie gefälligst in Ruhe! Was hat sie euch getan?“, brüllte er, sprang mitten zwischen die Menschen, sodass die auseinandersprangen, erschrocken über die rote Gestalt, die sie erst danach als ihren Verteidiger von zuvor erkannten. Sehr zu beruhigen schien sie das allerdings nicht, denn der hatte die Hand erhoben, sodass die Klauen deutlich aufblitzten und funkelte sie wütend an.

„Weil…weil… sie hat diese schrecklichen Oni auf uns gehetzt!“, wagte einer zu behaupten, der sich von der Gruppe geschützt sah. Er hatte eindeutig InuYashas Gehör unterschätzt, denn der konnte sofort orten, wo der vorlaute Wicht sich befand, aber Kagomes Ankunft verhinderte, dass er sich den Rufer nochmal direkter zur Brust nahm.

„InuYasha!“, rief sie ihn zur Ordnung, noch ehe er losspringen konnte und wandte sich dann an die Menge. „Dieses Mädchen hat sicherlich keine Dämonen auf euch gehetzt. Sie hat mitgeholfen, sie zu vertreiben, habt ihr das vergessen? Und sie hat mich beschützt“

„Trug und Tarnung!“, muckte wieder einer auf, doch InuYashas funkelnder Seitenblick reichte aus, ihn zum Schweigen zu bringen. Der Hanyou kniff die Augen zusammen, als er merkte, wie die Menschen enger zusammenrückten, sie offenbar einkesseln wollten, vergessend, wie gefährlich sie werden konnten, wenn sie es darauf anlegten.

Er ruckte mit dem Kopf. „Keh! Kagome, komm her. Kirara, nimm Shiori!“, rief er, packte bereits die junge Miko und sprang aus dem Pulk heraus. Die Nekomata folgte, kaum dass Shiori mit Kohakus Hilfe aufgestiegen war, allerdings blieb die säbelzahntigergroße Raubkatze in der Luft schweben, sah sich um, relativ ungerührt von den Steinen, die sie ab und an trafen. „Dort, zum Strand. Bei den Felsen ist eine Höhle!“, hörte sie da die leicht hallende Stimme des Halbdämonenmädchens. Mit einem Fauchen flog Kirara los, wich nun dem Steinhagel geschickt aus. InuYasha schaute kurz nach oben, dann setzte er ihr ohne Protest nach.
 

Wenige Minuten später setzte Kirara weich an der Stelle auf, die Shiori ihr gezeigt hatte. Unter ihren Pfoten befand sich kristallähnlicher, grober Sand, rechts von ihr erhob sich der blauschwarze Schlund einer Felsenhöhle. Die Nekomara wandte den Kopf, als auch InuYasha herankam, Kagome absetzte. „Was nun?“, fragte er.

Shiori wandte den Kopf zu ihm. „Ihr habt mir geholfen, nun helfe ich euch. Kommt rein, die Höhle ist ein prima Unterschlupf“ Sie ging selbst voraus, wartete aber am Eingang, bis Kagome zu ihr aufgeschlossen hatte. „Du hast nicht zufällig Verbandszeug?“, wollte sie wissen.

Die Schwarzhaarige horchte auf. „Wieso? Bist du verletzt worden?“ Besorgt musterte sie die Jüngere.

Die schüttelte jedoch den Kopf. „Ich nicht. Aber ich bin hier nicht allein. Und für Tián brauche ich Verbandszeug. Deswegen war ich ja überhaupt im Dorf. Freiwillig wäre ich da nie hingegangen, die konnten unsereins noch nie leiden. Dabei bin ich mir nicht einmal sicher, ob sie wissen, dass ich kein Mensch bin. Aber die hier sind schlimmer als mein Heimatdorf, und das hat was zu heißen, immerhin wollten die mich damals opfern. Aber für Tián bin ich trotzdem gegangen. Ohne Versorgung kann er sich nicht mehr schnell genug selbst heilen“


Nachwort zu diesem Kapitel:
So so, Shippô ist also an der Fuchsakademie, ja? Wer's glaubt...
Und Gruppe drei ist jetzt auch unterwegs. Viel spaß, Sess^^

Im nächsten Kapitel "Tián" lernen wir Shioris Bekanntschaft kennen und auch Shippô trifft jemanden - wenn auch nur kurz... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Avialle
2013-09-13T19:25:32+00:00 13.09.2013 21:25
Dann ist der Unglückstag anderer dein Glückstag - Glückwunsch :)

Ohja, Shippo ist hundert pro an der Akademie. Ganz klar.
Gut das du nochmal gesagt hast, wer Shiori war. Dem Namen konnte ich echt nichts zuordnen^^"
Ein sehr freundliches Dorf hier -_- Undankbares Pack
Nu fragt man sich aber, wer Shioris Findling ist...
Und Sessys Bekanntschaft ist auch nicht zu vergessen!
Das Mädel wird ja immer interessanter!
Antwort von:  Mimiteh
13.09.2013 21:40
Dankesehr. Meine Cousine bedauerte vorhin auch schon, dass der Wochentag der Ausstellung nicht auf dem Führerschein mit drauf steht^^

Ansonsten... ja klar^^
Und Natsu... hmm, interessant dürfte der richtige Ausdruck sein.
Von:  Pei-Pei
2013-09-13T18:55:54+00:00 13.09.2013 20:55
Hi,

bevor ich kommentiere zunächst einmal: Herzlichen Glückwunsch zu bestanden Führerscheinprüfung. ^^

Ich hatte mir schon gedacht, dass die Gruppe von Inu Yasha nicht die Ruhe bekommen wird, wie gedacht. Aber dass die Dorfbewohner sich gleich gegen ihre Retter wenden, ist nicht gerade die feine englische Art.

Dann bin ich mal gespannt, was im nächsten Kapitel über diesen Tian offenbart wird, da du ja bereits angemerkt hast, dass Shiori sich es bestimmt Überlegt hätte, jemanden aus dem Meer zu retten, wenn sie gewusst hätte, was dadurch auf sie zukommt.

Wieder gut geschrieben. Freu mich auf das nächste Kapitel.

Lg
Pei-Pei

Antwort von:  Mimiteh
13.09.2013 20:58
Danke für die Glückwünsche^^
Und die Reaktion der Dorfbewohner war natürlich alles andere als dankbar... naja, Inu und Kago dürften schlimmeres gewohnt sein und Shiori erst recht.


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