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☾ Mikadzuki

von

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Der Dämon brach so plötzlich aus dem Boden, dass Kirara ihr ganzes Geschick benötigte, um ihm noch rechtzeitig auszuweichen.

Im nächsten Moment hatte Kohaku seine Kusarigama geschleudert, doch der Dämon verschwand so schnell wieder im Boden, wie er gekommen war. „Na prima“, murrte Kohaku und veranlasste Kirara dazu, einen großen Bogen zu fliegen.

Die Nekomata knurrte leise vor sich hin.

„Ich weiß. Das ist keines von diesen kranken Viechern, das ist ein gesunder Oni. Und ein schneller noch dazu“, murmelte der junge Taijiya und fixierte eine Stelle im Boden, die verdächtig rissig wurde.

Tatsächlich kam genau an dieser Stelle der Dämon erneut hervor und diesmal traf die Wurfsichel und riss eine klaffende Wunde in die Seite des Oni. Er taumelte kurz, griff dann aber nur umso wütender an.

Kohaku verzog das Gesicht. „Niedlich. Eine kleine Schwester von Lady Tausendfuß“, sagte er sarkastisch und griff unter eine seiner Schulterkappen, holte ein kleines Käpselchen mit Kräutergift hervor. Dieses Vieh sah tatsächlich so aus wie eine zu klein geratene Ausgabe derjenigen Dämonin, die seinerzeit ebenfalls das Shikon no tama für sich beansprucht hatte und bei der es nur mit vereinten Kräften des ganzen Taijiyadorfes gelungen war, ihr das Juwel zu entreißen. Gut, diese hier hatte kein Juwel und war höchstens halb so groß, aber sie war schnell und hatte dolchartige Fangzähne, die ihm durchaus gefährlich werden konnten. Er musste sie langsamer bekommen, soviel stand fest, sonst hätten Kirara und er allein keine Chance.

Also ging er das Risiko ein, abzuwarten, bis das Vieh ihn angriff und ihm nahekam, um die Giftkapsel genau in sein Maul zu werfen.

Die Oni hielt inne, bewegte ein wenig die Kiefer, beinahe als würde sie kauen, dann leuchteten die Augen plötzlich blutrot auf – und aus der Wunde an ihrer Seite begann neben schwarzem Blut auch dunkelgrüner Dunst zu sickern. Sie hatte das Gift unbeschadet in sich aufgenommen und versuchte ihn jetzt mit seinen eigenen Waffen zu schlagen? Nicht mit ihm!

„Kirara!“, rief er auffordernd und die Nekomata verstand, worauf er hinauswollte. Sie stieg höher, sodass er die Chance hatte, auf den Nacken der Oni zu zielen und diese somit zur Strecke zu bringen.

Doch die Dämonin war schneller. „Lecker! Mehr davon!“, zischelte sie und schnellte hinter der Nekomata her, durch ihre eigene Schnelligkeit kurzzeitig in der Luft gehalten.

Kohaku biss die Zähne zusammen. Die fand das Gift, das jede andere Oni gelähmt hätte, also lecker? Na prima. Da hatte er sich ein schönes Eigentor geschossen. Aber der würde er es zeigen. Er schleuderte erneut seine Waffe und riss diesmal die andere Seite der Dämonin auf. Erneut quoll Blut – und Gift – hervor.

Da taumelte Kirara plötzlich in der Luft, fing sich gerade noch und wich im letzten Moment einem Angriff aus.

Das Gift hatte sie erreicht. Und für sie, wie für jeden normalen Dämon, war es gefährlich. Sie knurrte und stieg noch etwas höher, um mehr Ausweichmöglichkeiten zu haben und weiter von dem Gift entfernt zu sein, zu erfahren in der Kooperation mit Dämonenjägern um nicht zu wissen, dass Kohaku allein, ohne sie, gegen diese Dämonin verloren wäre. Wieder sprang die Oni hoch, wieder riss Kohakus Kusarigama einen Teil ihrer Seite auf und säbelte diesmal auch einige der unzähligen Beine ab, aber dadurch mischte sich nur noch mehr Gift in die Luft.

Und für Kirara wurde es immer schwieriger, der Dämonin und dem Giftnebel zugleich auszuweichen. Immer wieder atmete sie ein wenig davon ein und langsam machte sich das bemerkbar.

Sie wurde langsamer.

Zu langsam.

Der nächste Frontalangriff traf Kirara voll. Zwar schützte das dicke Nackenfell sie vor den Fangzähnen ihrer Gegnerin, aber sie wurde zurück geschleudert, verlor das Gleichgewicht und knallte hart auf den Boden auf.

Mit einem schmerzerfüllten Fauchen zog sie sich in ihre kleine Form zurück und entging damit dem Folgeangriff der Oni, die nun knapp neben ihr mit dem Kopf voran auf den Boden knallte. Im Gegensatz zu Kirara richtete sie sich zwar wieder auf, wirkte aber wenigstens benommen. Lange würde das aber nicht andauern. Kirara hielt Ausschau nach Kohaku, während sie vergeblich versuchte, auf die Beine zu kommen. Hier unten war der Giftnebel dicht und machte sie fast bewegungsunfähig, von seinem Gestank mal ganz abgesehen. Und die Dämonin schien es momentan auf sie abgesehen zu haben.
 

Kohaku war ein paar Meter weggeschleudert worden und nur dank seiner Erfahrung einigermaßen glimpflich aufgekommen, sodass er sich abrollen konnte. Seine linke Schulter pochte, war wohl geprellt, aber ansonsten war er unverletzt. Aber er machte sich Sorgen um Kirara. Die treue Freundin seiner Familie setzte so schnell nichts außer Gefecht, aber so schnell stürzte sie auch nicht ab. Sie musste sehr mitgenommen sein. Jetzt mussten sie für einander einstehen, dass war er ihr schuldig, so oft wie sie ihn schon gerettet hatte.

Aber schon als er auf die Beine kam und dabei Kirara entdeckte, die in kleiner Form reglos auf dem Boden lag, sah, dass die Dämonin sich gerade aufrichtete, angespannt wie eine Giftschlange kurz vor dem Zustoßen, da wusste er, dass er nicht schnell genug bei Kirara sein konnte, um sie zu beschützen. Die Nekomata war dem Angriff hilflos ausgeliefert. Verzweifelt schleuderte Kohaku noch einmal seine Kusarigama, aber die Kette war zu kurz um mehr als zwanzig Meter Entfernung zu überbrücken. Weit entfernt davon die Gegnerin zu treffen, bohrte sich die Wurfsichel unnütz in die Erde.

Da setzte die Oni bereits zum Angriff an, zielte mit ihren Fangzähnen auf den ihr gegenüber winzig wirkenden Körper Kiraras und ließ sich fallen.
 

Kirara hatte ergeben die Augen geschlossen. Sie konnte kaum noch atmen, so viel Gift hatte sie nun schon eingeatmet und sich zu wehren war vollkommen unmöglich. Kirara hatte abgeschlossen. Nachdem sie Midorikos legendären Kampf überlebt und über Menschengenerationen hinweg denjenigen zur Seite gestanden hatte, die das Gedenken an ihre einst so berühmte Herrin wahrten, war sie nun am Ende ihres Weges angekommen.

Fast siebenhundertsechzig Jahre hatte sie auf dieser Erde gelebt, jetzt würde sie die andere Welt kennen lernen. Sie zuckte nicht einmal zusammen, als ein wenig Geifer der Dämonin auf ihr Gesicht tropfte. Sie wusste, dass sie nicht mehr kampffähig war.

Verzeih, Kohaku… verzeihe mir und flieh! Sango würde es nicht ertragen, dich so schnell endgültig zu verlieren… Sie spürte den Luftzug, als die Oni sich fallen ließ. Seit ihrem Sturz waren nur ein paar Sekunden vergangen.

Kohakus verzweifelter Schrei drang an ihre Ohren, sein Ruf nach ihrem Namen.

Dann hörte sie nur noch ihren eigenen Herzschlag, wartete auf den entscheidenden Biss.

Doch dazu kam es nicht mehr.
 

Ein tiefes Grollen durchbrach die Stille, das Fauchen der Luft war zu hören, als sie von einem sich schnell bewegenden Körper beiseite gedrückt wurde, dann erklang ein dumpfer Aufschlag und ein erneutes Fauchen. Kirara verstand instinktiv den Wortlaut: "Wie kannst du es wagen, meine Artgenossin anzugreifen!"

Perplex öffnete Kirara die Augen, erkannte überrascht eine fremde Nekomata, die eben ihre Fangzähne aus der Dämonin löste und sich von dem großen Körper abstieß um aus der Reichweite der Giftwolke zu gelangen.

Auf den zweiten Blick erkannte sie, dass es ein Kater war. Er hatte pechschwarzes Nackenfell, selten, soweit sie wusste. Und dann wurde ihr bewusst, dass er sie gerettet hatte. Vor dem sicheren Tod. Da richtete die Oni sich erneut auf, nun neben den drei Verletzungen von Kohaku auch noch aus der großen Bisswunde blutend, die der Kater ihr zugefügt hatte. Die Augen rot aufblitzend versuchte sie sich nun auf den neuen Angreifer zu stürzen, kam aber nicht einmal in seine Nähe. Sie hatte nämlich einen schweren Fehler begangen und den bisherigen Gegner aus den Augen verloren. Kohakus Kusarigama steckte zielsicher in ihrem Nacken und an dem Blutschwall, der hervorschoss, als der Taijiya seine Waffe zu sich zurückholte, wurde klar, wie gut er getroffen hatte. Im nächsten Moment brach die Dämonin zusammen, zuckte noch einmal und blieb dann reglos liegen. Staub wirbelte auf, als sie sich aufzulösen begann.

Aus Kiraras Kehle kam nur ein erleichtertes Piepsen, als sich mit dem Tod der Dämonin auch der Giftnebel verzog und sie wieder besser atmen konnte. Vorsichtig versuchte sie sich auf die Beine zu stemmen, doch noch gelang es nicht.

Im selben Moment spürte sie, wie sich Kohakus Arme unter sie schoben und sie aufhoben. Behutsam erhob er sich und hielt sie fest. Dankbar blinzelte Kirara zu ihm auf, erkannte, dass er sich umblickte. Das Skelett der Dämonin lag noch auf der aufgewühlten Wiese, würde aber auch bald zerfallen sein.

Daneben stand der Kater. Er war nun in kleiner Form und neben ihn war eine weitere Nekomata getreten. Auch sie hatte schwarzes Nackenfell und eine Zeichnung, die Kirara wiedererkannte. Kuroro…Sie erinnerte sich gut an die Nekomata, die seinerzeit, als sie noch mit Sango unterwegs gewesen war, mit ihr verwechselt worden war, an das kleine Mädchen mit der glockenhellen Stimme, die Kuroro so geliebt hatte. Und an Kuroros Kitten. Ob das dort neben ihr eines ihrer Jungen war?

Nekomata wuchsen im Gegensatz zu anderen Dämonen in wenigen Monaten zu voller Größe heran, möglich wäre es also.

Kiraras Blick traf denjenigen des Katers, als Kohaku sich mit ihr auf dem Arm bereits umdrehte. Dankbarkeit lag darin, Dankbarkeit für die Lebensrettung. Der Kater erwiderte ihren Blick und grollte eine bescheidende Erwiderung, als Kirara ein schwaches Maunzen ausstieß. Dann verschwand er hinter der Hügelkuppe, die Kohaku eben überquert hatte. Kirara merkte nicht, dass Kohaku sie die ganze Zeit über beobachtet hatte.

Sie schloss jetzt nur erschöpft die Augen. Wenn sie im nächsten Kampf wieder einsatzbereit sein wollte, musste sie sich jetzt auskurieren.

Und der nächste Kampf kam bestimmt.
 


 

Als Kohaku zu der Lichtung zurückkehrte, auf der Natsu lag, dämmerte es bereits und Kagome und Kyoko waren längst wieder vor Ort. Kirara schwankte ein wenig, als sie auf dem Boden aufkam und wechselte auch sofort in ihre kleine Form, als Kohaku abgestiegen war, aber sie hatte darauf bestanden, ihn zu tragen. Der junge Taijiya musterte sie nur besorgt, ehe er Kagomes entsetzten Blick bemerkte.

Sofort winkte er ab und löste das Stoffbündel von seinen Schultern, in dem er die Gaben der Dorfbewohner verwahrt hatte. „Sie muss sich nur erholen. Das Dorf in dem wir waren, hatte einen unerwünschten Mitbewohner. Aber ihn zu beseitigen, hatte auch Gutes. Die Bewohner haben mich geradezu überschüttet. Hier: Verbandsmaterial, Kräuter, Proviant und sogar eine warme Decke.“

Sein Blick fiel auf die junge Dämonin, die unverändert unruhig schlief, halb an den Findling gelehnt, halb daran heruntergerutscht. Der Haori war wieder auseinander gerutscht und der dünne Unterkimono, den Natsu darunter trug, war zu sehen, aber ansonsten hatte sich nichts getan.

Plötzlich erhob sich ein warnendes Knurren auf der Lichtung und alle fuhren herum.

Sesshômaru hatte die Augen geöffnet und fixierte Kohaku mit eisigem Blick.

Dem jungen Taijiya kroch ein Schauder über den Rücken. Er war seinerzeit eine Weile mit dem Hundedämon gereist und kannte dessen unterkühlte Ader, aber das hier… war das Wut? Auf jeden Fall war das Knurren eine Warnung gewesen, weswegen auch immer.

Kagomes Blick huschte herum, auf der Suche nach dem, was Sesshômaru so sauer aufgestoßen sein könnte und sie unterdrückte nur mühsam ein Grinsen, als sie das Einzige erkannte, was es gewesen sein könnte. Rasch zog sie Natsus Haori wieder zu Recht.

„Kohaku, ich glaube es ist besser, wenn du zu den anderen gehst. Shiori, zeigst du ihm, wo sie sind?“, brachte sie mühsam hervor.

Sofort sprang die Halbdämonin auf und zog Kohaku mit sich, der sichtlich immer noch nicht verstand, worum es ging.
 

„Was soll das?“, fragte er auch sofort, als Shiori ihn ein paar Meter weiter losließ und voran ging.

Sie drehte sich zu ihm um. „Dummkopf. Natsus Haori fiel so locker, dass… sagen wir… zu viel von ihrer Gestalt zu erkennen war. Das ist das Problem“, erklärte sie und auch sie konnte ein Kichern nicht unterdrücken. Weniger wegen Kohakus paralysiertem Blick, als wegen der vorangegangenen Situation. Das Sesshômaru so etwas überhaupt interessierte, fiel selbst ihr als seltsam auf, wo sie den unterkühlten Inuyôkai doch weit weniger kannte, als die anderen.

„Na hör mal! Ich bin doch nicht mein Schwager!“, protestierte Kohaku derweil, konnte nun aber auch ein Grinsen nicht unterdrücken. Das war ja wieder eine Verkettung gewesen. Als ob der Tag nicht schon aufregend genug gewesen wäre. Kopfschüttelnd folgte er Shiori, die ihn bei den Jungs ablieferte und sich dann auf den Weg zurück machte. Vielleicht brauchte Kagome ihre Hilfe ja noch.
 

Die hatte derweil Kohakus Mitbringsel auseinander sortiert und besah sich nun Natsus Wunden noch einmal genauer. Jetzt, wo das Blut beinahe versiegt war, begannen die Wundränder zu verhärten und auch wenn noch immer über allem der schimmernde Film des Wundsekretes lag, immerhin hatte sie verhindert, dass es eiterte.

Sie wandte sich um und zog den Moosstreifen von Natsus Stirn um ihn erneut in die Wasserschale zu tauchen, damit er noch kühlte. Viel mehr konnte sie gegen Natsus Fieber nicht tun.

Da kehrte Shiori zurück, unverhohlen noch immer grinsend, aber das Kichern unterdrückend um Sesshômaru nicht zu verärgern, der die Augen inzwischen wieder geschlossen hatte. Sie kniete sich neben Kagome. „Kann ich noch etwas helfen?“

„Ja. Du könntest neues Wasser holen – oh, und ein paar einigermaßen saubere Moosstreifen. Nimm Kyoko mit, sie weiß, wo ein naher Bachlauf liegt“, bat die junge Miko und konzentrierte sich darauf, die Streifen des Verbandsstoffes zu glätten.

Shiori erhob sich sofort, tauschte einen Blick mit Kyoko.

Das Kitsunemädchen war sofort aufgesprungen, als die Sprache auf sie gekommen war und stand nun schon in den Startlöchern. Sie war noch immer fasziniert. Eine Miko die trotz aller Widrigkeiten einer Dämonin half, das ging sogar noch über Shippôs Erzählungen hinaus, nun, er war selbst ein Dämonenkind und hatte es am eigenen Leib erfahren, ihm fiel das vermutlich kaum noch auf. Aber Kyoko staunte immer mehr. Jetzt aber lief sie erst einmal, dicht gefolgt von Shiori, los und suchte den Weg zurück zu dem kleinen Bach, den Kagome und sie vorhin gefunden hatten.
 

Kaum waren sie wieder zurück, nahm Kagome ihnen einen der sauberen Moosstreifen ab und tauschte ihn gegen den inzwischen etwas verdreckten Streifen auf Natsus Stirn. Dann tauchte sie einen Streifen des eigentlich als Verbandsmaterial gedachten Stoffes in das frische Wasser und begann die tiefsten Wunden vorsichtig auszuwaschen. Erst dann machte sie sich ans Verbinden, träufelte dabei nur in die allertiefsten Schnitte etwas Kräutersaft.

Dabei schoss ihr immer wieder durch den Kopf, wie abgehärtet sie inzwischen war. Vor gut vier Jahren noch hatte sie bei einem kleinen Kratzer ein Heidentheater veranstaltet und jetzt kümmerte sie sich in stoischer Ruhe um tiefe Wunden, die selbst für eine starke Dämonin lebensgefährlich waren. Es hatte etwas Kurioses.

Erst als sie fertig war, hob sie wieder den Kopf.

Natsus Beine waren fast komplett einbandagiert, aber es schien, als würde wenigstens nichts mehr durchbluten.

„Shiori? Gib mir mal bitte die Decke, die Kohaku mitgebracht hat“

Sofort langte das Halbdämonenmädchen danach und half der jungen Miko, den groben, grauen Stoff über Natsu zu ziehen und unter deren Körper festzustecken, sodass sie fest darin eingepackt war. „Warum machst du das?“, fragte Shiori, als sie fertig waren.

Kagome griff nach einem sauberen Moosstreifen und nutzte ihn um sich die Hände zu waschen. „Zumindestens bei Menschen heißt es, Fieber müsse man ausschwitzen. Also sollten wir sie so warm wie irgend möglich halten“, erklärte sie dabei, ehe sie das übrig gebliebene Verbandsmaterial auf den Stoff schob, den Kohaku als Beutel benutzt hatte.

„Tust du mir den Gefallen und wechselst nochmal das Wasser? Ich denke, wir sollten die anderen auch noch versorgen. Wenigstens InuYasha wird es nötig haben, auch wenn er es vorhin schon abgestritten hat.“ Kagome klang zwar etwas belustigt, aber ihre Gesichtszüge waren müde. Der Tag war anstrengend gewesen und von ihrer Ohnmacht hatte sie sich auch noch nicht ganz erholt.

Shiori machte sich sofort auf den Weg, erneut Kyoko im Schlepptau, die diesmal sogar vergessen hatte zu fragen, ob sie mitdürfe, sie ging einfach.
 


 

Kagome fand die Stelle am Waldrand, an der die anderen sich zusammengefunden hatten, schnell.

„Kagome!“, rief Shippô erfreut und sprang ihr sofort auf den Arm, ehe Kagome irgendetwas tun konnte. Sie drückte ihn kurz an sich und ließ ihn dann wieder zu Boden, als sie sich hinsetzte. „Schön, dass es dir gut geht, Shippô“, gab sie zurück und blickte dann zu InuYasha. „Wie geht es deinen Schultern?“, wollte sie wissen.

„Schon wieder in Ordnung. Jetzt heile ich ja wieder schneller“, gab er zurück.

„Sicher?“

„Kagome, die Diskussion hatten wir doch schon, oder?“, antwortete er mit einer Gegenfrage.

Die junge Miko zog eine Schnute. „Dein Selbstvertrauen ist jedenfalls wieder geheilt“, kommentierte sie trocken.

Er grinste bloß. „Sei doch froh – Übrigens solltest du dir lieber mal Kohakus Schulter ansehen.“

Kagome drehte den Kopf dahin, wo der junge Dämonenjäger saß und InuYasha einen strafenden Blick zuwarf. „Hast du nicht vorhin gesagt, der Kratzer auf deiner Stirn sei die einzige Verletzung?“, fragte Kagome lauernd.

„War es ja auch. Das mit der Schulter stammt von der Oni, die ich in dem Dorf lahmlegen musste. Kirara ist abgestürzt und ich hab mir ein wenig die Schulter geprellt, nichts Wildes“, erläuterte Kohaku murrend. Er war ganz offensichtlich nicht gerade glücklich damit, dass seine Verletzung breitgetreten wurde.

„Daraus entnehme ich, dass du nicht willst, dass ich dir das verbinde?“, fragte Kagome nach.

Er schüttelte schlicht den Kopf.

Die junge Miko seufzte. „Na dann…“ Sie atmete tief durch und streckte sich etwas. Ihr konnte es ja eigentlich Recht sein, wenn niemand ernsthaft verletzt war. Aber sie war im Moment einfach etwas abgespannt. Das war einfach zu viel gewesen.

„Du siehst erschöpft aus. Willst du baden?“, ließ sich da plötzlich InuYasha vernehmen.

Kagome schreckte auf. „Warum fragst du?“

„Da hinten ist eine heiße Quelle, ich kann es wittern“, gab er prompt zurück.

„Warum eigentlich nicht…“, murmelte die junge Miko nach kurzem Überlegen und erhob sich. „Falls doch noch jemand auf die Idee kommen sollte, er könnte Verarztung gebrauchen, in dem Beutel hier ist Verbandsmaterial und etwas Proviant“, erklärte sie noch. Dann ging sie in die Richtung, in die InuYasha gezeigt hatte. Ein warmes Bad war selten genug in dieser Epoche und es würde ihr gut tun. „Sag mal, warum kommst du eigentlich mit?“, fragte sie schließlich über die Schulter.

InuYasha schloss zu ihr auf. „Ich wollte dir den Weg zeigen. Da hinten geht’s lang.“

Da er tatsächlich nicht in die Richtung zeigte, in die sie von sich aus gegangen wäre, nahm sie das so hin, konnte sich aber einen zweifelnden Seitenblick nicht verkneifen.

Das blieb natürlich nicht unbemerkt.

„Hey! Ich bin nicht Miroku. Keine Angst, ich gehe sofort wieder. Versprochen“, beeilte er sich zu sagen und brachte Kagome damit nun doch zum Lachen. Soweit waren ihre Gedanken dann doch nicht gegangen.
 

So kehrte InuYasha bald darauf zu den anderen zurück, wo inzwischen auch Shiori und Kyoko eingetroffen waren, während Kagome sich im warmen Wasser der Quelle wenigstens etwas entspannte.

Die Felssenke war eingerahmt von einer Art Heckenwall und an einer Stelle beugte sich die krumm gewachsene Krone eines uralten Ahorns über das Wasserbecken, sodass die Quelle richtig geschützt lag. Ein hübsches Plätzchen. Sie genoss die seltene Gelegenheit, aber jetzt, wo die Ereignisse des Tages etwas von ihr abfielen, kam ihr der Grund wieder in den Kopf, warum Sesshômaru momentan mehr oder weniger mit ihnen gemeinsam reiste. War sie wirklich bereit, ihr Leben dem Wohl der Yôkai zu verschreiben?

Sie erinnerte sich, dass Yume auch von der Sekai no Tia ‚gesprochen‘ hatte, wusste daher auch, was sie bewirkte und dass sie ebenfalls zu den Artefakten des Gleichgewichts gehörte, aber das machte es nur umso schlimmer. Die Tia würde sicher genauso begehrt sein, wie es einst das Juwel gewesen war und ob sie dann eine ruhige Minute hätte? Sie lebte im Vergleich zu InuYasha schon nur so kurz, sollte sie dieses kurze Leben verplempern, nur weil Mister Inuyôkai es gerne so hätte? Das klang irgendwie absurd.

Beinahe wäre sie über diesen Gedanken eingenickt und als sie das merkte, beendete sie lieber ihr Bad und machte sich auf den Weg zurück zu den anderen.
 

Dort angekommen bemerkte sie nur zu deutlich, dass InuYashas Blick sich sofort auf sie legte. Etwas wie Verwirrung und Bewunderung lag darin.

Sie runzelte die Stirn. „Was ist? Sind mir Hörner gewachsen, oder was?“, wollte sie wissen.

Der Hanyô schüttelte rasch den Kopf. "Keh! Nein. Aber ich frage mich wirklich, wie du das schon wieder geschafft hast“

Kagomes ganzes Gesicht strahlte Ratlosigkeit aus. „Wovon redest du, InuYasha?“

„Na davon, wie es dir gelungen ist, Sesshômaru dazu zu bringen, dass er Natsu sein Fell als Decke leiht“, gab der Weißhaarige zurück und starrte gleich darauf in Kagomes fassungslos offen stehenden Mund.

„Bitte waaas?“, fragte sie, als sie sich wieder einigermaßen im Griff hatte.

„Sesshômaru hat Natsu mit seinem Fell zugedeckt. Ich hab‘s gesehen, als ich auf dem Rückweg von der Quelle war“, antwortete InuYasha, während sich seine Augen noch ein wenig mehr weiteten. Auch er verstand langsam, dass Kagome offenbar nichts mit diesem Phänomen zu tun hatte.
 

Keiner merkte, dass Kirin und Yutaka einen bezeichnenden Blick tauschten. Hatte ihre Intuition sie vorhin also doch nicht getäuscht. Aber sie hielten sich heraus, zumal der Rest der Gruppe noch keinen blassen Schimmer zu haben schien, was so eine Geste bedeuten konnte, bedachte man Sesshômarus sonstige Art.
 

Kagome schüttelte derweil im Zeitlupentempo den Kopf. „Ich glaub‘s einfach nicht… kann höchstens sein, dass er gehört hat, dass ich sagte, Fieber müsse ausgeschwitzt werden – oder dass er das selbst wusste. So oder so, hat er aus eigener Initiative heraus gehandelt. Ich bin unschuldig“, murmelte sie vor sich hin, konnte dann aber ein Gähnen nicht unterdrücken. „Wie auch immer. Ich bin müde. Schaut jemand regelmäßig nach Natsu und weckt mich, wenn etwas falsch läuft?“, fragte sie in die Runde.

Kyoko und Shiori nickten zeitgleich. „Wir können uns ja abwechseln“, schlug Shiori vor, ehe Kyoko einen Rückzieher machen konnte.

Das Fuchsmädchen nickte, während sie beobachtete, wie Kagome sich hinlegte und fast augenblicklich eingeschlafen schien.

Sie erwachte auch nicht, als eine frische Windböe über sie hinweg strich und sie unwillkürlich zum Erschauern brachte.

Dennoch streifte InuYasha sofort seinen Suikan ab und breitete ihn über der jungen Miko aus. Deren Haare waren noch nass und er wusste nur zu gut, wie leicht sie sich erkältete. Das Szenario hatten sie schon einmal gehabt, das musste er nicht noch einmal haben. Dann lehnte er sich selbst gegen einen Baumstamm und döste ebenfalls ein. Ausnahmsweise waren wirklich genug starke Kämpfer zugegen, dass er es mit seinem Gewissen vereinbaren konnte, auch etwas zu schlafen. Er hatte Kagome gegenüber zwar die Wahrheit gesagt, seine Schultern waren fast wieder verheilt und auch die anderen Verletzungen verflüchtigten sich langsam, aber auch ihn hatte der Tag erschöpft.
 

So waren, neben Kirin, bald nur noch Tián und Shiori wach.

„Shiori, es tut mir Leid, dass ich dich angelogen habe“, wisperte der junge Dämon schließlich.

„Du hast ja nicht gelogen. Bloß geschwiegen“, gab sie ebenso leise, aber doch etwas bissig zurück. Sie war noch immer etwas beleidigt.

„Hätte ich geredet, wäre meine Familie in Lebensgefahr. Könnte ich dir erzählen, warum ich hier bin, würdest du es verstehen, da bin ich sicher“

Einen Moment kehrte wieder Stille ein, nur die ruhigen Atemzüge der anderen waren zu hören.

„Vertraust du mir nicht?“, fragte sie schließlich flüsternd.

„Doch, Shiori. Doch. Du hast mein Leben gerettet und ich… ich habe dich sehr lieb gewonnen. Fast als wärst du meine Schwester. Aber um der Sicherheit meines Volkes Willen…“, er verstummte und es war ihm anzuhören, wie schwer es ihm fiel, zu sprechen.

„Das ist nicht das Einzige, oder? Da ist noch etwas, etwas, das mit mir persönlich zu tun hat und es dir schwer macht, mit mir zu sprechen, oder?“, wollte das Hanyômädchen schließlich wissen.

Etwas zögerlich nickte Tián. „Ja, so ist es wohl…“, murmelte er vor sich hin.

Damit erstarb das Gespräch und beide hingen wieder ihren Gedanken nach, während langsam aber sicher die Nacht hereinbrach.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Tja, Miroku und die üble Nachrede...
Zusammengefasst: Sesshômaru verhält sich immer seltsamer, Tiáns Geheimnis wird immer noch nicht gelüftet und Kagome hat genug eigene Probleme.
Kleiner Spoiler übrigens: Kiraras Retter ist nicht zum letzten Mal vorgekommen.

Im nächsten Kapitel wird Sess dann auch noch "Philosophisch", Kirin trifft eine Entscheidung und die Gruppe bricht wieder auf. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Avialle
2014-02-03T14:50:13+00:00 03.02.2014 15:50
So einen Ruf wird man eben nicht so schnell los, sag ich nur zu Miroku
Und nun die Frage aller Fragen. Hat Sess an irgendwelchen Pflanzen im Wald gesnüffelt? Oder hat ihm jemand heimlich Drogen verabreicht? Ist aber seeeeehr süß von ihm *nick* Was Natsu wohl dazu sagen wird, wenn sie das erfährt?
Übrigens bist du was Drama angeht auch nicht besser als ich. Die arme Kirara fast sterben lassen! Wirklich unfassbar!
Nun, Natsus Zustand hat sich immerhin nicht verschlechtert. Es gibt also Hoffnung *zufrieden*
Antwort von:  Mimiteh
03.02.2014 20:24
Hab' ich jemals behauptet, dass ich besser wäre?
Was unseren lieben Sess da geritten hat, wird aber noch eine Weile im Dunklen bleiben^^
Antwort von:  Avialle
03.02.2014 20:42
Nö, wollte es nur erwähnt haben :D
Also ein Nachtschattengewächs? Oder aber Katzengras...
Antwort von:  Mimiteh
04.02.2014 08:02
Ich glaub' du bist im falschen Film xD
Antwort von:  Avialle
04.02.2014 15:35
Woher weißt du das? Ist nen Insider von mir und ner Freundin, Seth aus Twilight betreffend, weil der immer so gut drauf ist. Wir vermuten daher, er hat als Wolf im Wald an zu vielen Kräutern geschnuppert :D
Antwort von:  Mimiteh
04.02.2014 15:46
Daaa kann ich nicht mitreden, ich hab' mich mit Twilight nie weiter beschäftigt. Der Hype hat's mir verleidet...
Antwort von:  Avialle
04.02.2014 16:19
Das ist schade. Vom seitenlangen Geschmulze abgesehen sind die Bücher nicht schlecht, die Filme sind auch OK, wenn man sich für 2 Chars bessre Schauspieler denkt *hust*
Die Filme lassen sich aber auch super durch den Kakao ziehen :D


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