Zum Inhalt der Seite

Yoyogi

Tsuzuku & Meto
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Huhu! ^^
Ja, ich lebe noch. Aber ich hab zur Zeit echt viel zu tun, jede Menge Termine und so weiter, weswegen Schreiben ein wenig in den Hintergrund gerückt ist. Ich komme einfach sehr viel langsamer voran. ;_;

Aber hier ist es, das achtzehnte Kapitel und bevor ich wieder viel vorwegrede, geht's jetzt einfach mal los!

eure Haru Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Natsu

Wieder hielt die gute Stimmung ein paar Tage an. Tsuzuku fühlte sich schwebend und hatte so gute Laune, dass es sowohl den Kollegen im Tanaka, als auch den Gästen dort deutlich auffiel.

Am Mittwochabend nahm Miki ihn kurz auf die Seite und fragte: „Darf ich fragen, weshalb du so gut drauf bist, Genki-san? Du strahlst die Leute an, als wäre das hier dein Traumjob!“

Er erzählte ihr von Meto, von MiA und Koichi, von den ersten Anfängen der Band und davon, wie glücklich ihn das machte. Davon, dass das sein größter Traum war.

„Das ist ja toll! Echt, das freut mich für dich.“ Miki lächelte. „Vielleicht werdet ihr ja mal groß rauskommen…“

Natürlich war die gute Stimmung am Ende der Woche ein wenig abgekühlt, doch es gab keine Zwischenfälle namens Saeko, so wie beim letzten Mal, sodass es Tsuzuku trotzdem weiter gut ging.

Das Wetter trug seinen Teil dazu bei. Zwar regnete es seltener, dafür wurde es jetzt richtig heiß. Der Sommer war in vollem Gange und Tsuzukus im Frühjahr üblichen schwarzen Hemden wurden endgültig zu warm. Jetzt war es Zeit für etwas, das er im Sommer besonders mochte: Netzhemden. Zwar durfte er diese im Tanaka nicht tragen, dafür zog er sich, sobald er zu Hause war, um und lief zu Hause und auf der Straße in diesen Oberteilen herum, die sich so herrlich halb-angezogen anfühlten und eine ideale Präsentation seines Körperkunstwerkes ermöglichten.

Am Samstagnachmittag verabredete er sich wieder mit Meto im Yoyogi. Auch Metos Kleidung passte sich den sommerlichen Temperaturen an, er trug einen schlichten, dunklen Rock und ein schwarzes, aber bunt bedrucktes T-Shirt, anstatt der mehrlagigen und somit viel zu warmen Lolita-Kleidung.

Sie saßen zusammen auf ‚ihrer‘ Bank, beobachteten die Leute und rauchten.

„Wann hast du damit angefangen?“, fragte Tsuzuku und zeigte auf Metos Zigarette.

„Als ich wieder aus dem Haus gegangen bin. Irgendwie hatte ich da auf einmal Lust drauf. Und du?“

„Ist schon lange her. Ich weiß nicht mehr, da war ich wohl sechzehn oder so…“

Eine ganze Weile schwiegen sie, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach, bis Meto auf einmal diese Frage stellte: „Sag mal, Tsu… Hattest du eigentlich schon mal ‘ne Freundin?“

Tsuzuku bekam einen kleinen Schreck, wusste erst nicht, was er antworten sollte, fragte dann zurück: „Wie kommst du da jetzt drauf?“

„Weiß nicht, ich hab grade so dran gedacht… Ich frag mich halt, wie dein Leben früher so aussah und eben auch, ob es da schon mal so jemanden gab“, antwortete Meto. „Du siehst ziemlich gut aus und so, das zieht doch sicher Mädchen an…“

Tsuzuku schüttelte den Kopf. „Nein, nicht wirklich. Ich hab das nie geschafft, so eine richtige Freundin und das alles.“

„Und es hat sich nie eine für dich interessiert? Das glaub ich nicht.“

„Doch, das schon. Aber… es ist eben nie was Festes draus geworden. Weil ich’s nicht gepackt hab.“

„Warum denn nicht? Du bist toll, du siehst gut aus, du kannst wunderschön singen, wieso hat es nicht geklappt?“

„Weil ich immer unsicher war. Ich hab mich nie getraut, eine als meine Freundin zu bezeichnen, selbst wenn ich mit ihr ausgegangen bin. Weil ich nie dran geglaubt habe, dass es hält. Ich dachte immer, dass ich für so eine Beziehung eh zu unfähig bin.“

„Ich glaub, das bist du gar nicht.“

„Hm?“

„So sehr anders als eine gute Freundschaft ist das gar nicht, denke ich. Und selbst, wenn du es früher nicht konntest, ich glaube, jetzt könntest du das.“

„Meinst du?“

Meto nickte. „Du kannst viel mehr, als du dir zutraust, Tsuzuku. Sieh mal, ich hab auch schon in deinem Bett geschlafen, und das war kein Problem für dich. Ich glaube, wenn du das nächste Mal einer tollen Frau begegnest, dann weißt du, was du tun musst.“

„Mit ihr übernachten?“ Tsuzuku lächelte ironisch.

Meto lachte leise. „Mit ihr reden, so wie du mit mir und mit MiA und Koichi redest. Und dir zutrauen, dass was draus werden kann. Dass du das schaffst, weil du dich auch entwickelst und besser wirst. Schau, ich hab jahrelang nicht gesprochen und seit ich dich habe, kann ich’s wieder. Man hört nie auf, sich zu entwickeln, auch du nicht.“

Tsuzuku nickte. Er verstand ja, was Meto meinte, so war es nicht. Auf einmal fühlte er sich merkwürdig alt. Fünfundzwanzig Jahre und noch keine richtige Freundin gehabt, was war das denn?! Es hielt ihm seine soziale Unfähigkeit vor Augen, und es fiel ihm sehr schwer, an das zu glauben, was Meto soeben über Weiterentwicklung gesagt hatte. Irgendwo wusste er, dass der Jüngere Recht hatte, doch es blieb nicht hängen, zu lange war Tsuzuku davon überzeugt gewesen, dass alles Soziale ihm einfach nicht lag.

„Ich glaube, du schaffst das, Tsu. Und wenn du ganz genau drüber nachdenkst, dann glaubst du das auch irgendwann. Du brauchst eben Zeit, aber die braucht jeder.“ Meto war deutlich anzumerken, dass er viel darüber nachgedacht hatte. Schließlich hatte er ein ähnliches Problem und jede Menge Zeit, wenn er allein zu Hause in seinem Zimmer saß.

Er legte Tsuzuku eine Hand auf den Arm, sah ihm in die Augen und lächelte.

Wieder schwiegen sie eine Weile, beobachteten die Gruppe Sweet Lolitas vor ihnen auf der Wiese. Die Mädchen schnatterten alle scheinbar quer durcheinander, unmöglich zu verstehen, eine Art Hintergrundgeräusch, während Tsuzuku über Metos Worte nachdachte und sich vorzustellen versuchte, wie es wäre, eine Freundin zu haben. Doch der Gedanke kam ihm so abstrakt vor, so weit entfernt, dass er es sich nicht recht vorstellen konnte. Irgendwo sehnte er sich danach, doch seine wenigen Erfahrungen dieser Art waren schon so lange her…

Auf einmal stand Meto auf. „Komm, wir gehen zu den Bands, ein bisschen Musik hören.“

Sie durchquerten den Park bis zum Platz, auf dem heute nur eine Band aufgebaut hatte, jedoch noch nicht spielte. Am Rand des Platzes auf einer Bank entdeckte Tsuzuku ein bekanntes Gesicht: Akio, den ehemaligen Drummer von Dis:Hana. Er trug die Schuluniform einer bekannten Oberschule und als er Tsuzuku und Meto bemerkte, stand er auf und kam auf sie beide zu.

Tsuzuku bekam leichte Panik. Es konnte schließlich sein, dass Akio sauer auf ihn war, weil er ihm und der Band sozusagen MiA ausgespannt hatte. Und da Meto wohl nicht mit Akio reden würde, musste Tsuzuku die Konversation machen.

„Hey.“ Akio blieb stehen und an seinem Gesicht war zuerst nicht zu erkennen, ob er sauer war oder nicht.

„Tut mir leid, das mit eurer Band“, war das erste, was Tsuzuku zu sagen einfiel. Seine Hände zitterten ein wenig und er hatte das Gefühl, rot zu werden vor Aufregung.

Akio lächelte kurz. „Ist schon okay. Ich hab sowieso keine Zeit mehr, bin im letzten Schuljahr, da muss ich mehr lernen als Musik machen.“

„Und die anderen?“, schrieb Meto. Tsuzuku sah ihn dankbar an.

„Hiroaki ist gleich ab zu seiner Süßen von Flower, aber Shun ist beleidigt. Er meinte, MiA hätte ja wohl keine Ahnung, welches Genie er da im Stich lässt und so. Ich find’s idiotisch. Erstens ist MiA das musikalische Genie und nicht Shun, und zweitens, wenn wir nicht mehr miteinander können, weil es dauernd nur Streit gibt, dann macht ‘ne Band wenig Sinn.“

„Du bist wirklich nicht sauer?“, fragte Tsuzuku, immer noch unsicher.

„Nee, wieso denn? MiA hat sich eben entschieden, Hiro wollte eh weg, also hat’s eigentlich gar nichts mit dir zu tun. Ihr beiden seid doch in Ordnung.“ Akio lächelte wieder. „Und ich, ich finde schon was Neues, wenn ich wieder genug Zeit habe.“

Tsuzuku atmete erleichtert aus. Bis auf Shun schienen alle das Ende von Dis:Hana relativ gut verkraftet zu haben. Und auch der schien ‚nur‘ sauer auf MiA zu sein. Und das würde MiA schon zu klären wissen.

„Also dann… viel Spaß noch. Vielleicht komm ich mal her, wenn ihr hier auftretet.“ Akio winkte und verschwand dann in der Menge, die sich inzwischen auf dem Platz gesammelt hatte, da die heutige Band fertig mit Aufbauen war und auftreten wollte.

Es war wirklich ziemlich warm heute und so war nicht viel mit Feiern und Tanzen. Und während Meto und Tsuzuku im Publikum standen und der Musik zuhörten, hatten beide denselben Gedanken:

Dass sie jetzt wussten, wie es war, auf der Bühne zu stehen, vom Publikum angeschaut und gefeiert zu werden. Wie wundervoll sich das anfühlte. Und dass es das war, was sie aus ihrem Leben machen wollten.

Später liefen sie wieder durch die Takeshitadori, kamen an jenen Gothic-Laden vorbei und beschlossen, spontan Koichi zu besuchen. Er stand wie üblich hinter der Kasse im Obergeschoss und lächelte, als er Tsuzuku und Meto bemerkte.

„Hey, ihr zwei! Ist grad nicht viel los, wir können also ein bisschen quatschen.“

„…Hast du schon… mit der Kassette geübt?“, fragte Meto. Er sprach noch ein wenig stockend, fühlte sich jedoch schon sicherer Koichi gegenüber.

Der Pinkhaarige nickte. „Ja, hab ich. Aber wir hätten vielleicht doch alle die Noten aufschreiben sollen. Ich kann besser nach Noten spielen, als nach Gehör. Na ja, können wir ja nächstes Mal nachholen.“

„Und wann wäre das?“, fragte Tsuzuku. „Ich kann morgen nicht, aber vielleicht Mittwoch.“

Koichi warf einen Blick auf den Kalender, der hinter der Kasse hing und auf dem mit rotem Stift an jedem Tag zwei Namen eingetragen waren. „Hm… heute und am Mittwoch bin ich mit Ruka eingetragen, ich könnte sie fragen, ob sie den Nachmittag auch alleine schafft. Ansonsten kann ich auch erst nächsten Samstag wieder… Und wie sieht’s bei dir aus, Meto-chan?“

„Ich hab ja… nichts zu tun, also kann ich… eigentlich immer.“ Es war das erste Mal, dass er sich irgendwie komisch vorkam, weil er weder Schule noch Arbeit hatte. Alle anderen mussten ihre Vorhaben mit Arbeitsplänen und Kollegen abstimmen, nur er nicht, und das fühlte sich auf merkwürdige Weise nicht gut an. Jetzt erst verstand er vollkommen, was sein Vater an jenem Abend vor einigen Wochen gemeint hatte, als er sagte: „Haruka, du musst irgendwann arbeiten gehen, irgendwas tun, das ist kein Leben so.“

„Ich werde arbeiten“, dachte Meto. „Nur nicht so, wie man sich das vielleicht vorstellt. Ich werde einfach das tun, was ich am besten kann, und das ist Schlagzeugspielen.“ Sich das so selbst zu sagen, fühlte sich ziemlich gut an und ein Lächeln schlich sich auf Metos Lippen, welches von Koichi, der ihn in dem Moment ansah, sofort bemerkt wurde.

„Na, Meto-chan, geht’s dir gut? Woran denkst du grade?“

Meto schreckte auf, ein leichtes Rot schlich sich auf seine Wangen. Es kam schließlich nicht oft vor, dass er gefragt wurde, was er gerade dachte und jetzt erwartete Koichi sicher eine Antwort.

„Ich dachte nur… wie toll es wäre… wenn ich richtig professionell Schlagzeug spielen würde, also als Arbeit sozusagen…“, stotterte er.

Koichi grinste. „Ja, das wäre echt toll. Ich glaube, das wünscht sich jeder von uns, von der Musik leben zu können, oder, Tsu?“

Tsuzuku nickte, dachte an seinen Traum und musste ebenfalls lächeln.

„Hey, wir müssen uns richtig anstrengen und im Park auftreten, dann entdeckt uns vielleicht einer. Da hängen ab und zu Talentscouts und so rum, vielleicht erwischen wir einen von denen.“ Koichi strahlte vor Begeisterung.

„Dazu müssen wir aber erstmal gut zusammen spielen können“, bemerkte Tsuzuku.

„Ja, eben. Hey, das wird toll, sag ich euch! Und wir können ja auch ein bisschen nachhelfen…“

„Wie, nachhelfen?“, fragte Meto.

„Na, es kann doch was bringen, wenn wir uns den Segen der Götter holen. Wir treffen uns vor der nächsten Probe am Meiji-Schrein und sichern uns da ein bisschen ab, was meint ihr?“

„Schaden kann’s nicht…“, sagte Tsuzuku. „Glaubst du denn echt dran?“

„Ich glaub an Glück und dass man da halt ein bisschen nachhelfen kann.“ Koichi lächelte.

Tsuzuku dachte: „Du Glücklicher kannst an so etwas glauben“, sagte aber nichts. Es konnte ja nicht schaden, es doch mal mit dem Shinto zu versuchen.

In diesem Moment kam Ruka die Treppe hoch. „Hey, Koichi! Na, geht’s voran mit der Musik?“

Koichi hatte also ebenfalls schon jemandem von der Band erzählt. Er schien sich gut mit seiner Kollegin zu verstehen, vielleicht war es ähnlich wie bei Tsuzuku mit Miki. Eine nette Kollegin, der man erzählte, wenn etwas Tolles passiert war.

„Tretet ihr auch mal im Park auf?“, fragte Ruka.

Tsuzuku nickte. „Aber erst mal müssen wir noch ein bisschen üben.“

„Sagt Bescheid, wenn’s soweit ist. Ich komm dann und feiere mit.“ Ruka deutete eine Art Headbangen an und grinste.

„Und, was macht ihr zwei jetzt noch so?“, fragte Koichi.

Meto dachte einen Moment lang nach, dann holte er seinen Block raus und schrieb: „Wir besuchen Ken.“

„Ken Kawakami?“, hakte Koichi nach. „Der das Bodyart-Studio hier um die Ecke hat?“

Meto nickte.

„Hat der dein tolles Tattoo gestochen?“

„M-hm.“ Meto lächelte.

„Cool, da hab ich meins auch her.“ Koichi kam um den Tresen herum und zog sein T-Shirt ein Stück weit hoch. Dort waren in schönstem Tattoo-Schwarz Buchstaben zu sehen, die leicht als römische Ziffern zu erkennen waren: MCCXXII.

„Was heißt das?“, fragte Tsuzuku.

„Mein Geburtstag. Ich hab am 22. Dezember“, erklärte Koichi. „Und ihr? Wann habt ihr Geburtstag?“

Meto schrieb: „Am 17. Januar.“

„Meiner ist am 15. Dezember“, sagte Tsuzuku.

„Wie cool, wir sind alle drei Winterkinder!“ Koichi strahlte, sein fröhliches Koichi-Strahlen, bei dem man einfach mitlächeln musste. „Na dann, grüßt Ken von mal von mir. Vielleicht schau ich demnächst auch noch mal bei ihm vorbei…“

„Machen wir.“

In Kens Studio war es immer relativ ruhig. Nur das Summen der Nadel war neben den Klängen eines sehr leise gestellten Radios zu hören. Ken hatte Meto mal erzählt, dass er sich bei lauter Musik nicht auf die Arbeit konzentrieren konnte und da er sich nicht den geringsten Fehler erlaubte, lief in diesem Tattoo-Studio untypisch ruhige, leise Musik.

„Es ist grad noch jemand drin“, sagte Akiko. „Wollt ihr nur mit Ken reden oder was machen lassen?“

„Nur kurz reden“, sagte Tsuzuku und warf einen Blick über die Auswahl an Motiven, die fotografiert und in Klarsichthüllen auf dem Tresen auslagen. Auf einmal war ihm nach einem neuen Tattoo. Das letzte hatte er sich in einem Studio in Kabukicho zu seinem letzten Geburtstag stechen lassen, das war jetzt ein halbes Jahr her.

Akiko, die seinen interessierten Blick bemerkte, lächelte anerkennend und sagte: „Du siehst ja auch echt toll aus. Wo hast du das alles machen lassen?“

„Hiroshima, Sendai, hier und da halt.“

„Bist du aus Tokyo oder von woanders?“

„Jetzt geht’s los“, dachte Tsuzuku und antwortete: „Ich bin vor sechs Jahren aus Sendai hergezogen.“

Meto, der sich ebenfalls die Auslage angeschaut hatte, sah auf. Das hatte er noch gar nicht gewusst, dass Tsuzuku aus Sendai kam. Genau wie das mit der fehlenden Freundin schien es wohl etwas zu sein, worüber sein bester Freund nicht gern redete. Wahrscheinlich war dieses Mal der Grund, dass es mit seiner Mutter zusammenhing. Obwohl Meto diese Frau nicht persönlich kannte, wurde er schon beim Gedanken an sie ein wenig verstimmt, denn schließlich schien sie die Schuld daran zu haben, dass Tsuzuku sich so unzulänglich fühlte. Meto war niemand, der jemanden schnell verurteilte, doch er wusste, dass er Saeko Wataba, wenn sie nicht doch sehr, sehr überzeugende Gründe für ihr Verhalten Tsuzuku gegenüber aufweisen konnte, definitiv nicht mochte.

Er schüttelte kurz den Kopf, um diese Gedanken zu vertreiben und schaute sich wieder die Auslagen an. Jedoch war nichts dabei, was ihn wirklich interessierte. Er war zufrieden mit dem Baby, jedenfalls noch, obwohl es in Richtung Arm sicher noch erweiterbar war. Doch da ihm ja das Geld fehlte, verbot er sich vorerst jeden Gedanken an weitere Tattoos.

Tsuzuku hatte derweil eine Abbildung gefunden, die ihn interessierte: Einen großen Schmetterling in schönstem Tintenschwarz, der ihn irgendwie sehr ansprach. Manchmal gab es das ja, diese Dinge, die mit einem zu reden schienen, die sagten: ‚Komm, kauf mich‘ und bei denen man von dem Augenblick an wusste: „Das will ich haben!“

So ein Ding war dieses Tattoo. Etwas, von dem Tsuzuku in diesem Moment wusste, dass er es einfach haben musste. Er hielt Akiko, deren Name auf einem kleinen Schild an ihrem Kleid stand, die Abbildung hin und fragte: „Was kostet das hier?“

Akiko nannte einen Preis, der zwar definitiv hoch, jedoch durchaus erreichbar war und fügte erklärend hinzu, dass es deshalb so teuer sei, weil Kawakami-san eben die Hygiene sehr genau nahm.

„Der ist schön“, sagte Meto leise und deutete auf den Schmetterling.

Akiko machte große Augen. „Meto-chan, hast du gerade was gesagt?!“

Metos Wangen bekamen einen deutlichen Rotschimmer, er nickte undeutlich und seine Stimme versagte natürlich gleich wieder. Für einen unbedachten Moment hatte sich das, was ihn vom Sprechen abhielt, gelockert, wohl deshalb, weil Tsuzuku dabei war, doch darauf angesprochen verschwand dieses Aufgelockerte wieder ins Nichts.

In dem Moment kam Ken hinter dem schwarzen Vorhang hervor, gefolgt von einer jungen Frau, die das Abbild eines chinesischen Drachen auf dem Arm hatte.

„Na, ihr zwei? Wie geht’s?“, fragte der Tätowierer und lächelte.

„Kawakami-san, haben Sie den hier schon mal gemacht?“, fragte Akiko und hielt ihrem Chef das Schmetterlingsbild hin.

Ken schüttelte den Kopf. „Nein, das ist bis jetzt nur auf Tierhaut. Wieso?“

„Ich hätte den gern“, sagte Tsuzuku.

„Heute?“

„Nein, ich hab gar nicht genug Geld dabei. Aber, …das nächste Mal, wenn ich herkomme, hab ich’s.“

Ken lächelte. „Es wird mir eine Freude sein.“

Als sie das Studio kurz darauf wieder verließen, fragte Meto: „Sag mal, Tsu, was bedeuten deine ganzen Sachen für dich, also die Tattoos und so?“

Tsuzuku musste eine ganze Weile überlegen, bis sich das, was ihm seine Tattoos und Piercings sowie das Implantat und der Schnitt in der Zunge bedeuteten, in Worte fassen ließ. Es war mehr ein Gefühl, was ihn dazu getrieben hatte und bis jetzt hatte er niemandem wirklich erklären müssen, welche Bedeutung Bodyart für ihn hatte.

„Freiheit“, sagte er schließlich. „Und dass ich… na ja, dass ich eben ich bin. Mein erstes Tattoo hab ich stechen lassen, um meine Mutter zu provozieren und irgendwie wollte ich auch ausdrücken, dass ich weiß, was ich will. Und irgendwie… ist dieses Gefühl, was an mir zu verändern und zu zeigen, dass ich nicht normal bin, immer krasser geworden.“ Er grinste und ließ dabei die gespaltene Zungenspitze zwischen den Zähnen hervorblitzen.

Meto lächelte.

„Das Motiv ist mir irgendwie nicht mal so wichtig“, fügte Tsuzuku nach einer Weile hinzu. „Für dich bedeutet dein ‚Baby‘ als solches etwas, das bist ja sozusagen sogar du, aber ich entscheide aus der Laune heraus, was für ein Bild ich auf meiner Haut haben will. Als Abbild des Momentes.“

Sie gingen zusammen zur Bahnstation Harajuku und verabschiedeten sich dort mit einer Umarmung.

„Bis Mittwoch“, sagte Tsuzuku und lächelte.

Meto nickte, erwiderte das Lächeln und ließ Ruana, deren Kopf und Arm aus seiner Handtasche herausschauten, winken.


Nachwort zu diesem Kapitel:
So, das war das mehr oder weniger inhaltsreiche achtzehnte Kapitel. Ich hoffe, es hat euch gefallen. ^^

Ich freue mich wie immer über aufschlussreiche Kommentare und auch über Ideen. Aus dem, was ihr mir schreibt, spinnt sich nämlich ein Teil der folgenden Kapitel zusammen, je nachdem, wie es mit meinen Plänen zusammenpasst.

bis zum nächsten Kapitel ^^

eure
Haru Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2015-06-01T17:12:35+00:00 01.06.2015 19:12
Das Kapitel war auch schön.^^
Hat mir sehr gut gefallen.^^


Antwort von: Harulein
01.06.2015 20:16
Dankeschön ^^
Von: Futuhiro
2014-11-23T13:43:34+00:00 23.11.2014 14:43
Jaaaa, Dis:Hana spielen wieder mit! Ich freu mich. \(^_^)/
(Sorry erstmal, daß es so lange gedauert hat. Ich kam die letzten Wochen überhaupt nicht zum Lesen. Das Kapitel ist ja schon seit 3 Wochen on.)

Ja, man merkt wirklich, daß Meto zuviel Zeit hatte, sich über alles mögliche einen Kopf zu machen. Ich finde es toll, wie er sich entwickelt. Gerade dieser <upps, hab ich jetzt tatsächlich geredet?>-Effekt im Tattoo-Studio war süß. ^^

Den Einwand, daß Koichi mit Papier besser klarkommt als mit Noten, fand ich realistisch. Nur nach Gehör ist es wirklich schwer. Noch dazu, wenn 3 Instrumente und 1 Vocal gleichzeitig durchlaufen und man seinen eigenen Part erstmal aus dem ganzen Wust raushören muss.

Mit Shinto sind sie übrigens schlecht beraten, wenn sie sich Erfolg für ihre Karriere wünschen. ^^ Es sei denn einer hat musikalische Vorfahren. Shinto ist Totenkult, da wird hauptsächlich der verstorbenen Ahnen gedacht. Die Shintoisten gehen zwar davon aus, daß die Toten im Jenseits viel Macht über das Leben und Glück ihrer noch lebenden Nachkommen haben und versuchen die deshalb zu ehren und nicht misszustimmen ... Aber wenn sie Erfolg für sowas lebendiges wie Musik und Beruf haben wollen, sollten sie es besser in einem buddhistischen Tempel versuchen.
Antwort von: Harulein
23.11.2014 19:33
Schön, dass du's nicht vergessen hast ^^

Akio hab ich extra für dich hier eingebaut. Shun wird auch noch wieder auftauchen, aber erst viel später.

Meto ist da ein bisschen wie ich: Sitzt zuhause, hat nicht viel zu tun, denkt viel nach und merkt jetzt langsam, dass das so nicht ewig geht. Ist bei mir halt gerade ähnlich, weil ich letzten Winter krank geworden bin und deshalb das erste halbe Jahr zuhause saß.

Shinto/Buddhismus:
Hm, da hab ich was ganz anderes gehört. Nämlich, dass man bei lebendigen Sachen zum Shinto und bei Beerdigungen und so zum Buddhismus geht. Muss ich mich wohl noch mal reinlesen. Aber ich hab den Teil mit dem Meiji-Schrein jetzt schon geschrieben und da kommt was ganz Wichtiges vor. Muss wohl bisschen dran rumpuzzeln...

Danke fürs Comment. ^^

lg
Haru
Antwort von: Futuhiro
23.11.2014 19:40
Das japanische Wort <shin> für <Tod> steckt in <Shinto> ja schon drin. ^^
Aber wie gesagt, wenn einer der Jungs nen Vorfahren hat, der auch was mit Musik am Hut hatte, dann können sie den ja um Erfolg bitten. Das wird schon was, keine Sorge. ^^b Ist nicht falsch, braucht nur ne andere Begründung.
Antwort von: Futuhiro
23.11.2014 19:57
PS: [...] daß Koichi mit Papier besser klarkommt als mit Kassetten [...] sollte es natürlich heißen. >_>
Von:  Tesla
2014-11-06T07:13:47+00:00 06.11.2014 08:13
Uhhh dieses Mal recherchiert?
mittlerweile ist metos Tattoo ja riesig. Ich wünschte er hatte das mit der Farbe gelassen mur outlines haben mir besser gefallen aber is ja sein Körper. Hier hat er auch seine Implantate im Gesicht noch nicht, ne?

also alles in allemein sehr ruhiges aber schönes Kapitel. Ware jetzt wieder brav auf mehr.
Antwort von: Harulein
06.11.2014 11:09
Jaa, ein bisschen. Ich recherchiere mal mehr, mal weniger, je nachdem wie es mit meinen eigenen Ideen und so zusammen passt.
Ich muss mal schauen, wie ich das Thema Bodyart und Styling im weiteren Verlauf mache, also ob ich mich da an die Wirklichkeit halte nach den Fotos und so oder ob ichs anders mache.

Kann leider ein bisschen dauern, bis das nächste Kapitel da ist, weil ich wie gesagt viel Termine und so habe, aber ich bemühe mich natürlich, dass es bald weitergeht ^^


Zurück