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Space of World - von Freiheit der Evolution

- ein utopischer Roman -
von

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Vergangenes

Rauschen, kurz unterbrochen von einem Klicken. Dann wieder eins. Ein dumpfes Knacken und die Lautsprecher fielen ganz aus. An der Decke surrte die Notbeleuchtung, flackerte schwach. Vor ihr das Unbekannte hinter ihr das Grauen. Vage Ahnungen verrieten, dass es nicht ganz so einfach war. Ihr Blick glitt herunter - zu ihren Schuhen. Sie waren aus hellem Stoff mit stabiler Sohle. Braunrote Flecke bildeten ein letales Muster. Ihre Sicht verschwamm. Tränen rannen ihr Gesicht herunter.

Warum? Warum war das alles geschehen? Gestern war noch alles in Ordnung gewesen.

Sie fing an zu schluchzen. Schnell nahm sie die Hand vor den Mund, versuchte die ungewollten Geräusche zu dämpfen. Verzweifelt kniff sie die Augen zu und beugte sich leicht vorn über. Alles in ihr verkrampfte. Betonwand hinter ihr gab ein leises Zischen von sich, als sie an ihr entlang rutschte. Das Einzige, was sie jetzt noch konnte, war so heil wie möglich aus der Sache herauszukommen. Auch, wenn es bedeutete alles hinter sich zu lassen, was sie kannte und schätzte. Sie stieß sich von der Wand ab, wankte kurz und begab sich tiefer in das Unbekannte. Sie wusste, irgendwann erlosch auch die Notbeleuchtung. Dann müsste sie sich langsam durch die Dunkelheit tasten bis – ihre dunkelste Befürchtung war bis sie so ausgezehrt war, dass sie einsam und allein vor sich hin rottete. Oder er erwischte sie, was fast noch schlimmer war, da es ihm Genugtuung verschaffen würde.

Abermals schloss sie die Augen. Ein tiefer langer Atemzug. Mit schweren Schritten schleppte sie sich weiter durch die grauen leblosen Gänge. Der allgegenwärtige unnatürliche metallene Geruch langsam verfliegend.

********
 

Es regnete. Nichts außergewöhnliches, zumindest in diesen Breitengraden. Die Bewohner dieser Hochebene brachten ihm die gleiche stoische Ruhe entgegen wie allem anderen. Schon vor langer Zeit war der Großteil der lockeren Bodenschichten hinfort gespült worden, das aber die hiesige Vegetation nicht davon abhielt sich zu einem üppigen Dschungel zu entwickeln. Wohl gemerkt zu einem Dschungel mit ziemlich harten Boden, der zudem auch noch die Tendenz hatte mit Algen bewachsen zu sein (*ja, so nass war es). In diesem Wald zeigte sich die wahre Natur der vorherrschenden evolutionären Trends. Kein Mensch war zu erkennen, obgleich eine Menge Bewohner diese als Vorfahren hatten. Selbsterhaltungstrieb und wissenschaftliche Neugier brachten einst diese Absonderlichkeiten hervor. Gewissen, moralischer Devot und gesellschaftliche Verantwortung sorgten für den Rest. In einigen Meilen Abstand konnten sich Zweifler dieser Annahme vom Gegenteil überzeugen – überwucherte Überreste einstiger ziviler Bauten.

Unter exotischen Pflanzen, einige davon mit riesigen urwüchsigen Blättern, saß die Zukunft der Menschheit: Kreaturen, mehr schlurfend als laufend, mit Fell, teils Federn, die Arme und Beine deformiert, in uneinheitlichen Lauten sich unterhaltend um eine Futterquelle herum, die noch letzte klagende Worte von sich gab.

So begann es und würde es auch enden.
 

********
 

Während die Landschaft dahin sauste, wobei sich der unwissende Beobachter fragte, warum das nahe so verschwamm und das Ferne stand, fuhren unsere Protagonisten lautlos. In dieser Gegend standen größere Bäume, strauchdünn und so trocken, dass der Stamm vom bloßen Berühren abbröckeln würde. Die Blätter nicht mehr als dünne Nadeln und nur aus nächster Nähe grün. Weite Flächen waren von Gras überwuchert. In einem blassen Farbton kaum unterscheidbar vom sandigen Untergrund. Manche von den reglosen Felsen mochten wachende Tiere sein, die über die Mittagshitze keine bessere Alternative gefunden hatten und ihr eventuell unterliegen. Am Himmel zeigten sich schüchtern kleine Wolken, wurden aber zusehends kleiner je weiter sie der Wind gen Süden trieb. Dabei hatte die Sonne noch nicht ihren Zenit erreicht. Zumindest kühlte ein lauer Wind die Luft ein wenig ab.

Pia hatte die restlichen Glassplitter aus der Türfassung entfernt und sah nun mit heraushängendem Arm hinaus. Ein stetes Brausen war zu hören, das einem jegliches Hörvermögen Richtung null werden ließ. Auch der Geruchssinn war so gut wie nicht vorhanden (*was nicht unbedingt das Schlechteste war). Die Sitzpolster im gesamten Fahrzeugraum waren abgeranst und stockfleckig. Die Türfassung zeigte nur noch ihr blankes, metallenes Gesicht, wie ein pockennarbiger Postpubertärer überwuchert von rostigen Löchern. Ein bisschen mulmig war ihr schon, konnte das Ding sich gegen die Physik durchsetzen?

Ihr Blick glitt hinüber zu Tiger, der sich so gut es ging neben ihr ausgestreckt hatte und schlief. Windstöße verursachten, dass seine Ohren immer wieder zuckten. Im Innenraum hielt sich eine recht kühle dennoch drückende Luft trotz der großzügigen, wenn auch unbeabsichtigten, Belüftung. Aus den Augenwinkeln sah sie ab und zu wie Luke ruhig dasaß, seine Hände über dem Bauch gefaltet. Sein Gesicht abgewandt, in die Ferne gerichtet. Ben schien ganz und gar mit sich im Reinen zu sein. Er grinste die meiste Zeit über und summte vor sich hin.

Pia rang schon seit einer Weile mit sich. Sollte sie Fragen stellen? War es angebracht? Dummerweise hing eine noch viel wichtigere Sache hinter diesen Überlegungen: Sie müsste wertvolle Fragen ebenso wie die anderen beantworten. Sie wusste einfach nicht inwieweit sie selbst dazu bereit war, jedoch vertraute sie ihnen bereits auf eine seltsame Art und Weise. Fast wie eine verkorkste Familie, die einem zwar peinlich war, die man aber schmerzlich vermisste, so bald man sie verlor. Nichtsdestotrotz hatte sie mittlerweile so viele Gedanken daran verschwendet, dass sie fast einen inneren Drang verspürte alles loszuwerden, obwohl all ihre verdrängten Erlebnisse und Emotionen wieder hochkommen würden. Sie rang noch einen kurzen Moment und atmete tief durch.

„Was ist eigentlich passiert?“

Die Frage war so unvermittelt, dass niemand etwas tat.

Schließlich sagte Ben: „Was?“

Es war ziemlich schwierig das Rauschen der vorbeiziehenden Luft zu übertönen. Auch dies merkte Pia jetzt. Sie stemmte sich hoch und nahm zwischen Ben und Luke Platz, wobei Ben leicht verkrampfte als er sie bemerkte. Sie stellte die Frage erneut.

Luke hob nicht mal ein Lid. „Wann?“

„Bevor ich zu euch stieß und der Grund, warum du abgehauen bist.“

Ben riskierte eine Blick zur Seite. „Das interessiert mich auch. Ich bin nur einen knappen Tag vor dir mit Luke zusammengetroffen und er hatte mir in der Zeit nichts erzählt.“ Er zog eine beleidigte Miene.

„Nun, wie du schon treffend bemerkt hast, habe ich mich nicht verhalten, wie man es verlangt hat.“

Tiger lehnte sich nun auch nach vorn. „Kommt da noch eine nähere Erläuterung oder müssen wir uns eine haarsträubende Geschichte ausdenken, die dich nicht gut dastehen lassen wird?!“

Ben konnte nicht umhin ebenfalls etwas zur Konversation beizutragen. „Ja, sei nicht so kryptisch!“ Diese Aussage unterstrich er, in dem er mit dem Zeigefinger drohte. Luke öffnete nun zum ersten Mal die Augen, betrachtete kurz Bens Geste und hob dann eine Braue. Der Blonde nahm so schnell es ging die Hand wieder zum Lenkrad und tat als wäre nichts geschehen.

„Es ist nicht mehr als das gewesen. Würdet ihr weiter fragen, wäre es dieselbe Geschichte, nur mit anderen Worten.“

Pia sah ihn an. „Ich wollte nicht andere hören, nur mehr. Ein paar Details wären nett.“

Für einen Moment spürte sie die Wehmut in seinem Blick, aber es verflog schnell, vor allem weil er sich nicht abwandte. „Ich wurde vor ein paar Wochen in Betrieb genommen. Ich hatte bereits diese Form -“ Er deute auf seinen Körper. „- und kann mich an keine vorherigen Ereignisse erinnern oder weiß, wie ich entstanden bin. Jedenfalls war ich nicht der erste Versuch, lediglich die Komponenten wurden verändert, wie es bei Versuchen so üblich ist, sowohl von der biologischen als auch der mechanischen Seite. Was genau kann ich nicht sagen. Wie auch immer ist der Kerl, der mich gebaut hat, ein älterer Mann, der sein Labor in einem verlassenen Krankenhausgelände hatte. Außer mir waren noch zwei weitere Cyborgs dort. Einen habt ihr bereits getroffen. Was aus den anderen geworden ist, kann ich nur vermuten, aber mit großer Wahrscheinlichkeit waren sie entweder nicht lebensfähig oder defekt, was auf dasselbe hinausläuft.“

Pia unterbrach ihn kurz. „Andere? Wieso denkst du da waren noch mehr?“

„Einheit L.“ meinte Ben nur. „Luke stammt von mir.“ erläuterte er weiter.

„Ah, also gab es...“ Sie zählte einen Augenblick. „... zwölf weitere?“

Luke nickte. „Das meiste konnte und wusste ich schon, motorisch und kognitiv voll ausgebildet. Allerdings musste ich noch lernen die Sinneseindrücke zu verarbeiten. Der Großteil meines Körpers ist nicht machinell und das ist wahrscheinlich ach der Grund, warum ich nicht das tun wollte, was man von mir wollte. Ch fing an Fragen zu stellen und wollte mich nicht unterordnen. Als ich bemerkte, das er mich beheben wollte, bin ich fortgegangen.“

„Ha, aus einem ähnlichen Grund bin ich damals auch abgehauen. Mein alter Herr war ziemlich bestimmend.“ warf Ben ein.

„Nun ja, im Grunde genommen ist das immer der Grund, warum man das elterliche Gefilde verläßt.“ gab Tiger zu bedenken.

Sie verfielen in eine zunehmende Stille. Pia hatte mit mehr gerechnet. Mit einer richtigen Unterhaltung, aber vermutlich war das bei diesen mehr oder minder freiwilligen Einzelgängern nur normal. Luke war ganz offensichtlich so gut wie gar nichts gewohnt, immerhin war er gerade mal ein paar Wochen alt und ertrug die meisten Situationen mit entschlossener Gleichgültigkeit. Tiger war, nun ja, ein Mischwesen, was zwar nichts erklärte, aber doch irgendwie Sinn ergab. Und Ben war viel zu menschenfreundlich und aufdringlich, was wohl den Großteil abschreckte. Sie selbst sah sich etwas kritischer. Zwar war sie unter vielen Leuten aufgewachsen, aber schon immer still und ruhig gewesen, nicht misanthrop, aber sie hatte auch gern ihre Ruhe. Die Tatsache, dass sie als Frau unterwegs war, verbesserte ihre Lage nicht gerade. Deshalb empfand sie, während sie alle wieder ihre Positionen einnahmen, eine gewisse Erleichterung. Auf diese Leute konnte sie sich verlassen, auch wenn sie genug eigenen Ärger mitbrachten.

Es fühlte sich nach einer Gemeinschaft an.
 

********
 

Es war eine interessante Sache. Da herrschte seit Jahrhunderten die Postapokalypse (*niemand konnte so illusorisch sein, dies als Nachkriegsdepression zu bezeichnen) und doch war noch so viel Altes vorhanden. Sei es Technik oder Wissen. Man sollte meinen, die Menschheit müsste noch einmal von vorn beginnen. Dabei vergisst man, dass es niemals zu dieser Entwicklung gekommen wäre, würden die Menschen nicht alles horten.

Die Problematik ist nur, dass bei solchen Vorgängen oft der Filter fehlt (*und auch nicht wirklich eindeutig wäre) und es an späteren Zugeständnissen von Fehlern mangelt. Wie sonst würden sich Krieg und Diskriminierung halten und sie teilweise sogar für weitere missbraucht und getarnt werden?

Ben hatte das meiste von seinem Wissen von seinem Vater, der ihm oftmals einfach ein Buch oder audiovisuelle Aufzeichnungen zur Beschäftigung gab. Diese entstanden alle vorm großen Gau. Weshalb er auch so unendlich verwirrt war, als er aus seiner behüteten Welt trat und feststellte, dass sich nichts hielt. Keine der gezeigten Normalitäten hatten bestand. Selbst Dinge wie Ideologien und Ideale wirkten surreal.

Als er das erste Mal auf Zivilisation traf, hatte man ihn abgezogen und dann ausgelacht. Das kam ihm reichlich unfair vor,jedoch legte er das ab. Aus reinem Selbsterhaltungstrieb. Pia war die erste Frau, die seinen Vorstellungen aus den Aufzeichnungen entsprach. Andere Frauen setzen sich durch und legen eher männlichere Züge an oder sie lassen es über sich ergehen, ertragen alles in der Hoffnung auf bessere Zeiten. Allesamt pragmatischer Anschauung. Nur Pia wirkte noch frisch und unverbraucht. Als gäbe es irgendwo ein Tor in der Realität, dass man nur durchschreiten musste, wenn es zu viel wurde. Ben wusste aus Erfahrung, dass vieles in dieser Richtung erforscht und probiert wurde, deshalb war er recht desillusioniert, aber man sollte ja nicht alles glauben.
 

So~

wie versprochen, aber mittlerweile ist es Dienstag >_>

nun ja, hat ja lange genug gedauert, nach dem Motto: was lange währt, wird endlich gut...

n_n



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  blacksun2
2010-01-08T22:18:20+00:00 08.01.2010 23:18

Wow, es geht weiter, das freut mich, wenn ich auch schon gar nicht mehr damit gerechnet hatte (dafür hab ich aber nie die Hoffnung auf ein neues Kapitel aufgegeben ^^)
Und meine Ausdauer wurde belohnt mit einem sehr ausdrucksstarken, sprachlich sehr hochwertigen Kapitel mit tollen Vergleichen und nur paar kleinen Tippfehlern

„Fast wie eine verkorkste Familie, die einem zwar peinlich war, die man aber schmerzlich vermisste, so bald man sie verlor.“ Also besser hätt ich die Zusammenstellung der Gruppe nicht beschreiben können, ja so kommt es einen wirklich vor, als wären sie trotz der kurzen Zeit des Kennens schon sehr zusammengewachsen

hoffe, dass auch bald das nächste Kapitel hier auftaucht

glg
blacksun
Von:  shadowcat45
2009-11-07T13:04:29+00:00 07.11.2009 14:04
Na endlich machst du mal weiter, sehr schön.
Ist auch recht gut gelungen. Hoffentlich dauert es nicht wieder so lange ...

Grüsse


shadowcat45


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