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Nimm mich ...

OUTTAKES
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Eckstein, Eckstein ♪ [Bahnhofsszene]

»Hast du sie jetzt wirklich bezahlt?« Brons blieb vor der Tür zur Bar stehen und blockierte den gesamten Bürgersteig.

»Was interessiert es dich?«, gab Ruben zurück.

»Die Kleine scheint es dir echt angetan zu haben. Wäre ziemlich traurig, wenn sie nur mit dir abhängt, weil sie Geld dafür kriegt.«

»Sie ist Soldatin, du Blödmann.« Moore zog ihn zur Seite, weil eine Gruppe jugendlicher Mädchen irritiert stehen geblieben war. Dann wandte er sich zu Ruben und spottete: »Ich dachte, du vermeidest persönliche Bindungen zu deinen Männern.«

»Sieht sie aus, als hätte sie einen Schwanz zwischen den Beinen?« Ruben schaute in die andere Richtung, als ein Mädel aus der Gruppe ihm zuzwinkerte. Das passierte leider immer, wenn er direkt nach der Arbeit ausging. Uniformen hatten eine seltsame Anziehungskraft auf Weiber.

Das schäbige Grinsen auf Moores Gesicht verschwand. Er wies mit dem Kinn zum Bahnhofsgebäude auf der anderen Straßenseite. »Du lässt sie doch nicht wirklich gehen?«

Ruben Sanchez rannte keinen Frauen hinterher. Wenn Tamia unbedingt mit der U-Bahn fahren wollte, so sollte sie es tun. Sie war ein freier Mensch und er akzeptierte ihre Entscheidungen. Sich Sorgen um sie zu machen, bedeutete, dass er ihre Fähigkeiten infrage stellte. Ruben vertraute ihr, denn sie konnte allein auf sich aufpassen. Und trotzdem kam er nicht umhin, die Abfahrtzeit zu prüfen. In fünf Minuten fuhr ihr Zug ab.

»Ich kann deine Gedanken lesen.« Ohne Eile zog Moore die Hand aus der Hosentasche und zeigte auf den mit Sukkulenten bewachsenen Vorplatz, unter denen die unterirdischen Gleise entlang liefen. »Du solltest dir die Öffi-App besorgen. Die Bahn kommt um diese Zeit oft zu früh. Sie fährt nämlich …« Er hielt die Hand an sein Ohr, als würde er es rattern hören. »Jetzt ein.«

Die Fußgängerampel blinkte und sprang auf Rot. Ruben rannte los – einer Frau hinterher. Er hetzte vor den anfahrenden Autos über die Straße, in den Bahnhof, die Treppen hinunter. Er drängte sich an den Menschen vorbei, die vor den Boutiquen und Imbissen in den Zwischengeschossen standen, und sprang über die Koffer von Fernreisenden. Aus dem Lautsprecher ertönte die Ansage: Der Zug Arlington–Phoenix fahre auf Gleis 15 ein.

Es gab nur eine schmale Rolltreppe nach unten und diese war mit einer riesigen Clique Football-Fans vollgestopft. Ruben stellte sich auf die Zehenspitzen, sah links und rechts an ihnen vorbei und suchte unter den Fahrgästen nach einem blonden Kopf – doch Tamia war nirgends zu sehen. Ob sie schon eingestiegen war? »Mia!«

Seine Stimme hallte an den gefliesten Wänden wider. Einige Leute drehten sich um und stiegen in die Waggons. Die Lampen leuchteten mit einem Warnsignal auf, bevor die Tür schnaufend zufiel. Der Zug fuhr los, die Anzeige änderte sich von »Eingefahren« auf »U7 Richtung Phoenix - 30 Minuten« und erst jetzt bemerkte Ruben, dass er auf der falschen Seite des Bahnsteigs stand. Der Zug nach Arlington war längst weg.

Sie ist weg.

Ruben starrte in die Leere. Das Stimmengewirr der Fahrgäste, der Singsang besoffener Fans, die ratternden Rolltreppen, die auf den anderen Plattformen einfahrenden Züge und die Ansage aus dem Lautsprechern … alles verschwamm zu einer entfernten Geräuschkulisse. Er hatte Tamia verpasst, weil er an seinen Prinzipien festgehalten hatte, keiner Frau hinterherzurennen. Warum hatte er so lange gebraucht, um zu verstehen, dass Ausnahmen gemacht werden mussten?

»Hey, Mondfinsternis.« Schlanke Arme legten sich um seinen Bauch, eine Stirn lehnte sich gegen seinen Rücken. »Du stehst auf dem falschen Gleis.« Ihre Stimme war leise, ungewöhnlich sanft und doch neckend.

Er traute sich kaum zu atmen. Vielleicht war sie nur eine Fantasie, entstanden durch Alkoholkonsum und Sehnsucht. Eine falsche Bewegung und sie würde wie ein Schmetterling davon fliegen. Vorsichtig tastete er nach ihren Fingern und hielt sie fest, während er sich umdrehte. Ihr zärtliches Lächeln nahm ihn ein, sodass er nicht fähig war, sich zu bewegen.

Tamia erlöste ihn, indem sie sich auf die Zehenspitzen stellte und einen winzigen Kuss auf seine Lippen hauchte. Als wüsste sie, wie schwer es ihm fiel zuzugeben, dass er ihr nach gelaufen war; als würde sie wissen, wie wichtig ihm sein Stolz war, sagte sie: »Ich habe die Bahn verpasst … fährst du mich bitte nach Hause?«

»Selbstverständlich. Liegt eh auf dem Weg.« Das war eine Lüge. Um nach Arlington zu kommen, mussten sie nämlich an Rubens Wohnung vorbei über den Highway durch die Wüste fahren.



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