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Night's End

Der Wiedergänger
von

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Eifersucht

Luca überließ die restliche Planung des Aufbruchs und des Lagerabbaus Orpheu, der sich in seiner Position wieder bestätigt fand. Auch seine Männer schienen erleichtert, dass sich der Magier wieder aus den Geschäften eines Heerführers heraus hielt. Er – für seinen Teil – brauchte Zeit um mit einzelnen Personen zu sprechen. Aki, und Sjorn, genau wie Aycolén, Henrik und Justin.

Letzter blieb ohnehin mit dem Elf und Luca in der kleinen Höhle zurück. Nachdenklich betrachtete er die schön längst wieder geschlossenen Fingerknöchel, mit denen er versucht hatte, ein Loch in die Wand zu schlagen.

„Mein Fehler von vorhin tut mir leid, Luca“, begann Ayco unsicher. Er schien wieder in die Rolle des verstörten Knaben zurückgedrängt worden zu sein, was allerdings nicht zuletzt an der Anwesenheit Justins lag. Die düstere Stimmung des Vampirs legte sich unangenehm und bedrückend auf das Gemüt der beiden anderen Männer. Luca saß mit untergeschlagenen Beinen auf dem nackten Boden. Wo ihm zuvor zu warm gewesen war, fror er nun umso stärker wieder.

Tambren saß in seinem Schoß und hatte sich zum Schlafen zusammen gerollt. Die Arbeit sich durch die Gedanken eines anderen zu arbeiten und dann auch zu projizieren, strengte den kleinen Drachling stark an, zumal er auch keine Sehnsucht zu verspüren schien, sich auf den zweischneidigen Geist des Vampirs zu konzentrieren.

„Ist nicht schlimm, Ayco“, beruhigte Luca ihn lächelnd und streckte ihm eine Hand entgegen. Die andere hielt er unter Tammys Kiefer und kraulte den Drachling liebevoll.

Der junge Mann trat zu ihm, nahm seine Finger und zuckte zusammen, als Justin einen Fluch ausstieß. Er blickte über die Schulter zu Justin. Der Vampirelf fixierte ihn mit blanker Wut in den Augen. „Weißt du Irrer eigentlich, was du Luca angetan hast?!“, fragte er lauernd.

Der junge Mann schien im ersten Moment zusammenzuzucken, straffte seinen Körper dann aber und zog seine Finger aus denen Lucas zurück. Er wollte scheinbar stehen bleiben. Luca konnte sich denken weshalb. So war der Vampir gezwungen, zu Ayco aufzusehen. Es war eine ganz einfache Sache der Körpersprache, die der junge Mann sich zunutze machte.

„Ich weiß es, verdammt!“, stieß Ayco hervor. „Aber es ist nicht deine Sache mir zu vergeben sondern Lucas. Wenn es für ihn gut ist, sollte es das auch für dich so sein.“

Justin federte auf die Füße und war in einer einzigen gleitenden Bewegung bei dem Elf, riss ihn mit einer Hand in die Luft und drückte ihm mit seinen langen, schmalen Fingern die Luft ab.

Luca konnte gar nicht so schnell auf die Beine kommen, wie Justin gegen Ayco handelte. Er zog die Lippen hoch und entblößte weiße, messerscharfe Fangzähne, so lang wie ein kleiner Finger.

„Du kannst ihn damit zerstören!“, zischte er. „Du nimmst ihm damit seine Macht und tötest ihn vielleicht. Luca Veraldis war kein unbekannter Name in Valvermont. Er ist nur durch Mesalla und mich in Sicherheit. Wenn du Narr seinen Namen herausposaunst, kannst du ihn genauso gut selbst umbringen!“

Luca sah dass Ayco hilflos nach Luft rang und versuchte sich aus dem Griff des Vampirs zu befreien, aber keine Chance hatte. Die Unbeherrschtheit Justins kannte keine Grenzen. In Luca wuchs unsägliche Wut. Er zwang Justins Arm herab, mit dem er Ayco hoch hielt.

„Lass ihn los!“ rief er entsetzt. „Du bringst ihn um!“

Justin hatte Ayco zwar zu Boden gelassen, umklammerte seine Kehle noch immer. Lucas Blick traf den unnachgiebigen Justins. Der Vampir brannte von seinem eigenen Hass und seiner Gier nach Luca förmlich. Der Magier sah in den dunkelblauen Augen alle geballten Gefühle seines Liebhabers, die zwischen Verletzung, Angst, Schmerz, Verlust und grenzenloser Liebe lagen. Seine Hilflosigkeit gegenüber dem eigentlich körperlich wesentlich schwächeren Aycolén, der aber all das sein eigenen nennen konnte, was Justin von Luca verwehrt worden war, bahnte sich in reiner Gewalt ihren Weg.

Mit der einen freien Hand stieß er Luca zu Boden und schlug im gleichen Augenblick Aycolén nieder.

Der Magier kannte diese Ausbrüche Justins nur zu gut. Und nicht nur er. Tambren, der sonst nicht feige war, tat das, was ihm Luca mehrfach eingeschärft hatte. Er versteckte sich. Aber der Magier konnte das hilflose Schluchzen und die Angst seines Freundes deutlich hören und spüren.

Er federte wieder auf die Füße, nur um von einer Ohrfeige erneut niedergestreckt zu werden. Lucas Lippe blutete, doch das registrierte er im ersten Moment nicht. Erst als er den salzigen Geschmack auf seiner Zunge wahrnahm. Beinah beiläufig trat er Luca in den Bauch. Lichtblitze explodierten hinter den geschlossenen Lidern Lucas. Alle Luft schien sich aus seinen Lungen zu pressen und er spürte, wie er sich hilflos zusammenkrümmte. Alles an ihm war nur noch hilflose Agonie.

Am Rande seines Bewusstseins hörte er Ayco schreien. Er wusste nicht ob es Wut oder Schmerz war. Selbst als er die Lider krampfhaft hob und versuchte unter den blutigen Schleiern etwas zu erkennen, konnte er nicht genau sagen, ob der junge Elf versucht hatte Justin anzugreifen oder der Vampir ihn nur einfach mit seinen bloßen Händen versuchte umzubringen.

Lucas Finger ballten sich zu Fäusten und seine Nägel bohrten sich in seine Handballen, bis sie die Haut durchbrachen und Blut über seine Fesselgelenke rann.

„Hör’ auf!“

Lucas Stimme war nicht mehr als ein atemloses Flüstern. Justin schien ihn aber gehört zu haben, denn er ließ von Aycolén ab. Der junge Elf sank in den Staub, verkrampfte sich, seine rechte Hand an die Brust gepresst.

Er hob den Kopf und Luca sah, wie sich sein Blick in den Rücken Justins bohrte. Fassungslosigkeit, Unglauben und tiefe Wut verzerrten das schöne Elfengesicht zu einer Maske. Blut lief über seine Lippe und Tränen tiefer Verzweiflung röteten seine weiße Haut.

„Lass Luca in Ruhe du Monster!“

Justin ignoriert ihn. Im Gegenteil sah er noch einmal über die Schulter, bevor er sich vor Luca nieder ließ und ihn unsanft in eine sitzende Position zerrte. Wortlos hielt Luca ihm seine blutigen Hände hin.

„Nein!“, schrie Ayco entsetzt. Er Zwang sich auf die Füße hoch und taumelte die wenigen Schritte zu Justin. Doch der Vampir hatte sich vollkommen gefangen. Er saß Luca gegenüber und hielt seine blutigen Hände in den seinen. Dann hob er sie zu seinen Lippen. Luca spürte die seidige Kühle, die sein einstmaliger Liebhaber ausstrahlte. Das war nicht mehr das Monster Justin, sondern der Unsterbliche, das Gute, was der Vampir sein konnte. Das Leben. Sanft küsste er die Verletzungen, nahm mit seiner Zungenspitze einige Tropfen des Blutes auf und heilte die leichten Wunden, füllte Lucas Körper mit warmer Energie an, mit Kraft und Liebe.

Der Angriff Aycos blieb aus. Nicht weniger fassungslos als zuvor beobachtete er den jetzt wieder so liebevollen Mann. Luca sah zu dem Elf auf.

Von seinen Verwundungen war nichts mehr zu sehen. Der ganze Raum füllte sich mit sanft schimmernder, goldner Luft, dem Hauch des Lebens, geschaffen aus der Seele des Vampir, der ein wenig von Lucas Blut getrunken hatte und dieses Geschenk für sich umsetzte.

Ohne auch nur etwas davon zu bemerken, veränderten sich auch Aycos Wunden und heilten.

Sanft umarmte Luca Justin und schenkte ihm einen einzigen Kuss auf die hohe, edle Stirn des Elfenvampirs.

Justin zog sich zurück und erwiderte das Lächeln, gefangen in einer Trance aus seinen Gefühlen. Dann sank er still in den Armen des Magiers zusammen und schlief ein.

Lucas Blick hielt dabei den Aycoléns gefangen. Der Unglaube, die Eifersucht, aber auch vollkommene Verwirrung schlugen dem Magier entgegen. Still, wahrscheinlich von dem, was er gerade erlebt hatte völlig überfordert, kniete sich Aycolén neben Luca. Er hielt gebührenden Abstand zu Justin.

„Was war das?“, fragte er leise.

Luca atmete tief durch. Dann senkte er die Lider und betrachtete Justin.

„Er ist der Avatar des Lebens, Ayco.“
 

Justin lag zusammengerollt wie ein Kind neben Luca, eine Hand unter dem Kopf und die andere in Lucas verschränkt. Er hatte sich in Lucas Decken eingeschlungen und lag nun friedlich da. Ayco traute dem Frieden allerdings nicht, so weit wie er Abstand zu dem Vampir hielt. Er hatte Luca dennoch geholfen den schlanken Mann vorsichtig auf etwas Stroh und Lucas Bettrolle zu legen. Danach aber wich er wieder zurück. Sogar Tambren hatte sich vorgenommen nicht mehr in die Nähe des Vampirs zu kommen. Bisher kannte der kleine Kerl die gerichteten Gewalttätigkeiten gegenüber Luca. Aber an einem anderen Mann hatte sich Justin nie zuvor vergriffen. Diese Sorge ließ er Luca auch spüren.

‚In seiner Eifersucht könnte er Aycolén wirklich töten, Luca. Sei vorsichtig gegenüber dem Verrückten!’, warnte er seinen Herren.

‚Ich werde vorsichtig sein’, versprach Luca wortlos. ‚Aycolén ist der Mann, den ich will. Ich ertrage es schon jetzt kaum, ihn die meiste Zeit wesentlich nüchterner und neutraler zu behandeln, als ich es will. Aber wenn ich in der Gegenwart Justins meinen Gefühlen Ausdruck gebe, rufe ich eine Katastrophe hervor. Das will ich auch nicht.’

„War das wirklich Justin?“, fragte er leise, als Luca ihm lächelnd in die Augen sah. Der Magier wurde ernst, senkte den Kopf und betrachtete den Vampir, der in seinem Schlaf immer wieder Lucas Namen flüsterte und auf eigentümliche Art lächelte.

„Ja, das ist auch ein Aspekt seiner Persönlichkeit, Ayco.“

Sanft strich er Justin über die Wange und löste behutsam seine Finger aus denen des Priesters.

Für einen winzigen Moment wurde der Elfenvampir unruhig, rollte sich dann aber noch enger in die Wolldecken ein und sog den Duft Lucas in sich ein. Lautlos erhob sich der junge Magier und trat zu Ayco, der mit dem Rücken an der gegenüberliegenden Wand lehnte.

Stumm schloss er den Elf in seine Arme und genoss die Wärme des so lebendigen Körpers. Endlich konnte er das tun, wonach er sich in den vergangenen Tagen so sehr gesehnt hatte. Und dieses Gefühl war etwas Besonderes. Lange hatte er schon keinen lebendigen Körper mehr so gehalten und noch viel länger nicht mehr gefühlt, wie diese Umarmung erwidert wurde. Er spürte den Herzschlag Aycos unter dem dünnen Stoff des Hemdes, das ruhige Heben und Senken seiner Brust bei jedem Atemzug und sog den Duft des seidigen Silberhaares in sich auf. Das Aroma seiner blassen weichen Haut umfing Luca und weckte den Windhauch einer alten, verborgenen Erinnerung an ihre gemeinsamen Tage in seiner Kindheit. Plötzlich fühlte sich der Magier wieder wie ein Kind, glücklich und geborgen in den Armen seines geliebten Freundes, der Himmel und Erde, Leben und Lachen war.

Liebevolle Finger, die Luca so vertraut waren, strichen durch sein Haar und tasteten über Nacken und Schultern.

Tam kletterte nun endgültig auf den Boden zurück und suchte sich in Lucas Tasche ein lausiges Plätzchen. ‚Lasst euch in eurer Wiedersehensfreude von mir nicht stören’, stichelte er.

‚Danke, kleiner Freund’, entgegnete Luca.

„Du bist so groß geworden, Luca“, bemerkte Ayco leise, erstaunt. Sein Atem streifte Lucas Wange und Ohr. Der warme Luftzug, der seine sensible Haut so liebevoll streichelte, versetzte den jungen Mann in einen Zustand leiser, sehnsüchtiger Erregung. Er seufzte leise und schloss die Lider. „Es ist so lange her“, flüsterte er und zog Ayco noch enger an sich. Er fühlte den muskulösen, geschmeidigen Leib des Elfs, der sich seinerseits, und vorsätzlich lasziv, an ihn drängte. Sanft strichen seine Finger über Lucas Wirbel hinab zu seiner Taille, verharrten dort einige Zeit und spielten versonnen mit dem Saum seiner Hose. Behutsam lehnte Luca seine Stirn gegen die Aycoléns, hob die Lider und versank sofort in den großen, jadegrünen Katzenaugen.

„Ich liebe dich“, flüsterte der Magier zärtlich.

In den Augen des Elfs erwachte ein sehnsüchtiger und hoffnungsvoller Funke. Seine Lippen öffneten sich leicht und er schloss wortlos die Augen. Eine andere Einladung hätte es nicht mehr bedurft. Die Finger Lucas legten sich sanft unter Aycos Kinn, während er ihm mit der anderen Hand über die Wange strich. Sein Atem strich über die Haut des Elfs, der leicht erschauerte. Dann berührten seine Lippen die des jungen Mannes und streichelten sie behutsam.

Luca spürte Aycos Atem, der schneller wurde, sah die geschlossenen Lider des Elfs flackern und strich mit seiner Zungenspitze sanft über die weiche, rosige Haut, nahm den leichten Geschmack von süßem Tee und Honigbrot wahr, genauso das Aroma von salzigem Schweiß und dem Blut, nachdem Justin ihn geschlagen hatte. Er hatte völlig die Vorlieben des Elfs vergessen, gestand er sich ein. Süße Dinge waren seine Obsession, daran konnte sich Luca plötzlich wieder erinnern. In dem Moment berührte heißer Atem und die feine, feuchte Zungenspitze Aycoléns seine. Luca schob jeden weiteren Gedanken von sich und intensivierte den Kuss zu einem lasziven Spiel. Seine Hitze und Kunstfertigkeit darin erregte Aycolén, der im Gegensatz zu Luca scheinbar nicht annähernd so viele gute Liebhaber gehabt hatte. Luca sah und fühlte, dass sein Kuss allein ausreichte den Elf vor ungestillter Sehnsucht fast verbrennen zu lassen. Und es gefiel ihm, dass seine Fähigkeiten in dieser Hinsicht scheinbar auch ihn zu verzaubern vermochten. Er lockte den Elf bis an eine Grenze von der es fast schon kein Zurück mehr gab, reizte ihn absichtlich und spürte zum ersten Mal seit langem selbst den tiefen Wunsch dieses erotische Spiel bis zu Ende zu treiben.

Zusätzlich zu der Nähe und Hitze ihrer Körper, den intensiven Bewegungen, die sie durch ihre Kleider zu deutlich fühlen konnten, war auch das Wissen etwas Verbotenes zu tun, direkt in der Nähe des schlafenden Vampirs ein zusätzlicher Gedanke, der sie beide zu erregen vermochte.

Ohne ihre Lippen voneinander zu lösen, vollendeten sie ihren stummen, intensiven und leidenschaftlichen Tanz, ohne sich wirklich vereinigt zu haben.

Vollkommen außer Atem und verschwitzt, aber glücklich, löste Luca seine Lippen von denen Aycos. Der Elf rang selbst nach Luft, lachte aber glücklich und schmiegte erschöpft seinen Kopf an Lucas Schulter. Keiner von ihnen sprach. Sie genossen die Hitze, ihre glühenden Körper und das Feuer, was ihre Lippen noch brennen ließ, aber mehr als das ihre Liebe zueinander.
 

„Ich wusste nicht, dass Du dich so verbessert hast“, lächelte Ayco und zog sich eine saubere Hose an. Dennoch klang leise Eifersucht durch. Der Magier saß noch immer still im Wasser. Sein Blick strich über Aycos Körper. Luca genoss den Anblick des schönen Elf. Mit einiger Verzögerung nickte er leicht. „Ich hatte etliche guter Lehrmeister, Ayco. Aber ich habe keinen von ihnen geliebt.“ Luca betrachtete seine Knie, die er mit den Händen umschlungen hielt. „Wenn du es so willst, habe ich meinen Körper als Preis für ein recht angenehmes Leben verschenkt.“

Ayco trat zu ihm und kniete neben dem Becken der Badehöhle nieder. „Gibt es nun noch andere neben mir?“, fragte er leise, Angst schwang in seiner Stimme mit. Luca erwiderte den Blick des Elfs und schüttelte den Kopf. „Nein. Aber das konntest du dir denken, oder?“

Ayco schloss die Augen und atmete tief durch. „Ich hatte schon Angst“, begann er. Als er Luca ansah, verfing sich sein Blick in dem des Magiers und er verstummte. Wortlos löste Luca seine Hand und strich mit seinen feuchten Fingern über Lippen und Wangen des Elfs. Er wusste, dass seine Gefühle sichtbarer denn je waren.

Der junge Mann starrte Luca lange an, bevor er den Blick senkte und lächelte. „Ich habe dreizehn Jahre nach dir gesucht, alles getan, um dich zu finden. Nichts kann mich jetzt von deiner Seite trennen. Du gehörst zu mir und ich zu dir.“

Er schmiegte seine Wange in die Hand Lucas. „Was du vorhin sagtest, dass du mich liebst, das war Belohnung und Glück für mich, dass all dieses Leid, was es einst gab und die Trennungen, das Siegel auf unserer Erinnerung und diese vielen Tausend Tode, die wir zusammen haben sterben müssen, nicht umsonst waren, Luca.“

Der Magier erhob sich aus dem Becken und setzte sich an den Rand. „Ayco, ich wollte alles aufgeben, um nach dir zu suchen. Etwas in mir hat dich wiedererkannt und mir gesagt, dass wir ein Paar sind und zusammengehören. Glaubst du ernsthaft, dass ich dich je wieder gehen lasse?“

Still fiel ihm der Elf um den Hals und schmiegte sich an Lucas nassen Leib.

„Aber was ist mit Justin? Das wollte ich dich vorhin schon fragen.“

Luca seufzte tief. „Er ist mein Mentor. Seine Liebe ist verheerend und seine Seele gespalten. Du kennst ihn sicher so wie alle ihn kennen und verehren. Der liebevolle, sanfte, schöne Mann, der Heiler, der Barde. Das ist eine Seelenhälfte, die, die mich aufnahm, beschützte, liebte, die mich mit Geduld und intensiver Freundschaft und Liebe zu seinem Gefährten machte. Aber die andere Seite von ihm ist gewalttätig und unberechenbar. Wenn seine Gefühle ungezügelt sind, überhand nehmen, oder er sich von mir verraten fühlt, übernimmt das Monster in ihm, der Vampir, die Oberhand und zwingt diesen lieben, sanften Freund zurück. Ich weiß, dass seine Seele darunter leidet. Er wird im Anschluss immer von Gewissensbissen geplagt. Aber er kann den Vampir in sich oft nicht zügeln. Und das schlimmste daran ist, er war vorher nicht so. S’ielle, seine Vertraute und Dienerin, diese schwarze Elfe in seinem Palast“, erklärte er Ayco. „erzählte mir einmal davon. Ich bin der Auslöser dafür. Das sagte sie nicht direkt, aber es ist ganz offensichtlich so. Er kann sich meiner nie sicher sein, weil ich nie aufgehört habe nach meinem mir vorbestimmten Partner zu suchen und das macht ihn rasend.“

Ayco hatte ihm zugehört ohne ihn auch nur einmal zu unterbrechen. Er hatte sich lediglich aufgesetzt und hing wie gebannt an den Lippen des Magiers. Die Worte minderten ganz offensichtlich nicht die Angst vor Justin, aber Verständnis glomm in seinen Augen. Vorsichtig strich ihm Luca über den Nacken, fischte aber mit der anderen Hand nach seinem Hemd.

„Mir wird langsam kalt“, sagte er leise.

Aycos Blicke hafteten an dem Körper Lucas, der sich den Seidenstoff über die noch immer feuchte Haut streifte. Nur zu gut wusste der Magier, welche Wirkung dieser Anblick auf Justin hatte. Mit Aycolén verhielt es sich nicht anders. Der junge Elf strich wortlos über Lucas Brust. Seine Haut schimmerte durch das Tuch, das sich an seinen Leib schmiegte und nichts zu verhüllen in der Lage war. Luca bemerkte mit einem Schmunzeln, wie schwer es Ayco fiel, ihm wieder in die Augen zu sehen.

Er streifte sich seine Hosen über und schnürte sie zusammen. Dann löste er sein Haar, das er in einen Zopf zusammengeflochten hatte.

Ayco seufzte leise. Sein Blick verschleierte sich leicht. „Die letzten Jahre hätte ich dich nur zu gerne beobachtet wie aus dem Jungen ein Mann wird. Nun bist du optisch der ältere, aber nichts desto trotz hast du immer einen noch viel stärkeren Zauber, den du auf mich ausübst.“

Wehmut und Trauer schwang in Aycos Stimme mit. Der Magier legte den Kopf schräg und lächelte sanft. Sein Haarmantel umschloss seine Gestalt warm und angenehm. Er reichte Ayco seine Hand und wartete bis der Elf sie ergriff.

„Du weißt noch alles“, flüsterte Luca. „Ich habe das Siegel nie brechen können. Aber meine Erinnerungen an Dich sind da, verschleiert, aber greifbar. Bitte, hilf mir mich wieder zu erinnern, Ayco.“

Der Elf verschränkte seine Finger in Lucas. „Das werde ich.“
 

Justin lag noch immer auf dem Lager und schlief. Er hatte von dem Intermezzo zwischen Aycolén und Luca nichts mitbekommen. Der Elf rollte sich von Ayco und Luca weg, als sie eintraten und murmelte etwas in seinen Träumen. Lautlos stellte Luca eine abgedeckte Schüssel neben ihm ab und einen Krug süßen Tees.

„Er kann richtig essen und trinken?“, fragte Ayco verwundert. Luca nickte leicht. „Ja. Blut nimmt er nur alle paar Monde zu sich. Zumeist natürlich mein Blut. Aber er ist kein Vampir im klassischen Sinne, da er nie gebissen wurde. Damals, als er noch ein sehr junger Priester war“, erzählte Luca leise „musste er in einer stürmischen Nacht in einem Landhaus nächtigen. Es lag in der Nähe von Maiden Haven. Irgendwo in dem kurzen Landstück zwischen der Küstenstadt und Valvermont. Das war noch weit bevor Valvermont zu einer Freistadt gemacht wurde, weit vor Prinz Mesalla, als das alles noch kaiserliches Protektorat war.“

Luca sah Ayco an, dass der Junge gerade versuchte eine grobe Zeitspanne einzuschätzen. Sein Blick umwölkte sich immer mehr, bis er nervös an der Unterlippe nagte und schließlich zu Luca blickte. Er sah dem Magier zu, wie er Tee in zwei Becher goss, nahm dann einen davon auf und erneut sah Luca, dass er sich etwas dahinter versteckte. Er nippte an dem kalten Tee und verzog angeekelt die Lippen.

„Das war vor siebenhundert Jahren“, erklärte Luca mit einem gutmütigen Lächeln auf den Lippen.

Ayco stellte den Becher neben sich und zog sich eine Decke heran, die er sich um die Schultern schlang. Luca lächelte, löschte die meisten der Kerzen und Lampen, bis die allein in einer kleinen, warmen Enklave rotgoldenen, flackernden Lichtes zurück blieben und eine eigenartige, mystische Stimmung aufzog. Die Schatten an den Felswänden wurden für Luca zu dunklen Gewitterwolken, die sich zusammenzogen und über den Wäldern ballten. Er kannte die Geschichte um Justins Fluch sehr gut. Besser als jeder andere. Damals, als der Vampir ihm das Geheimnis seines Fluches erzählt hatte, glaubte Luca, schon dabei gewesen zu sein.

Er legte seinen Arm um Ayco und zog den Elf an sich. Ruhig schmiegte sich der junge Mann gegen Lucas Brust und flüsterte: „Erzähl weiter, bitte.“

Luca warf ihm einen langen, nachdenklichen Blick zu und begann seinen Nacken zu kraulen. „Die Familie Bertrand bewohnte das Anwesen damals. Eine ebenfalls verdammte Familie“, erklärte Luca leise. „Der alte Hausherr, Hugo Bertrand, hatte in dieser unseligen Nacht seine Familie um sich gesammelt. Jemand hatte ihm zugetragen dass seine beiden jüngsten Kinder einander liebten und seine Tochter von seinem Sohn ein Kind erwartete. Im Kreise seiner anderen Nachkommen und seiner jungen, frisch angetrauten Frau, wollte er beraten, was mit den beiden für ihn nun ausgestoßenen Kindern tun wolle. Es ging ihm wohl auch um ein recht großes Erbe, das Land, das Haus und den nicht ganz unbekannten Bertrand-Schatz. Leider kam an diesem Abend Justin dort an, bereits vom Gewitter überrascht und erschöpft von seiner Wanderschaft. Bertrand gab ihm Obdach. Unser hier schlafender Freund konnte nicht ahnen, zu was für einem schlechten Zeitpunkt er dort nächtigte. Er erfuhr erst von dem Streit, als Bertrands Frau zu ihm kam und ihn um das Leben ihres Mannes anflehte.“

Luca nahm nun ebenfalls einen Schluck Tee, legte die Stirn in falten und murmelte: „Hat Mano versehentlich seine Füße darin gewaschen?“

Ayco knuffte ihn ungeduldig in die Seite. „Erzähl’ weiter!“, forderte er ihn auf.

Luca nickte. „Justin sah sich den Mann an. Er fand leicht heraus, dass man versuchte ihn zu vergiften, konnte auch die Wirkung des Giftes verzögern, aber ein Heilmittel dagegen hatte er genauso wenig wie ein effektives Gegenmittel.“

Die Stimme des Magiers verlor sich, wie seine Gedanken, in der Erinnerung, die nicht seine war.

„Er begann auf eigene Faust nach einer Möglichkeit zu suchen, dem Mann zu helfen. Dabei geriet er immer tiefer in den Strudel der Ereignisse. Das junge Paar war seit jener Nacht auch verschwunden. Sie galten als flüchtig. Die restliche Familie beschloss sich darüber keine weiteren Gedanken zu machen. Aber Justin wollte wissen, ob die beiden in ihrer Wut ihren Vater versucht hatten zu vergiften. Die vergeblichen Heilungsversuche und die Suche nach dem flüchtigen Paar, von dem er sich ein Gegengift, oder zumindest einen Hinweis auf die Art des Giftes erhoffte, hielten ihn weit über einen Zehntag dort. Er fand sich in seinem Bemühen aber allein. Immer wieder drängte ihn die junge Frau Bertrands nach einer Lösung und sein übrigen Kinder und Kindeskinder taten ihr Bestes, ebenfalls dafür zu sorgen, dass er in die Ecke gedrängt wurde. Mit einigen magischen Nachforschungen und der Verführung eines Dieners, der ihm schließlich half die beiden Flüchtigen zu finden, kam er einer ganz anderen Wahrheit auf die Spur. Das junge Paar war tot, die Leichen im nahen Moor ertränkt. Außer dem Mörder hatten die Tat wohl auch Bertrand und der Diener gesehen. Dem Personal Angst zu machen, war einfach, Der Mann schwieg, bis Justin es auf seine Weise aus ihm heraus brachte. Der alte Hausherr allerdings hätte geredet. um ihn Mundtot zu machen, vergiftete man ihn.“

Ayco schauderte. „Aber wie kam es zu dem Fluch?“

„Bertrands Frau“, erklärte Luca, „ wollte Justin dazu zwingen ihren Mann am Leben zu halten. Aber der alte Herr starb und ließ sie, die ihn wohl wirklich von Herzen geliebt hatte, jung und verzweifelt zurück. Sie nahm sich in der gleichen Nacht das Leben. Zuvor sprach sie den Fluch über Justin aus. Sie hatte alles verloren, was ihr als Sicher und glücklich vor kam. Für sie war Justin der Unglücksbote, an dem ihre Welt zerbrach, und der ihren Mann auf dem Gewissen hatte.“

„Aber er konnte nichts dafür?“, mutmaßte Aycolén leise.

„Richtig. Er war nur zur falschen Zeit am falschen Ort“, schloss Luca seine Erzählung. Der junge Elf überlegte eine ganze Zeit und seine Blicke glitten immer wieder zu Justin hinüber in den Kreis an Dunkelheit. Er schien noch einmal die ganze Geschichte zu durchdenken. Luca ließ ihm die Zeit dazu. Während der Zeit beobachtete er Aycolén. Leise Erinnerungen daran, dass er den Elf als Kind bewundert, zu ihm aufgesehen und seine Fantasie verehrt hatte, erwachten. Nun hatten sich die Seiten verkehrt. Obgleich er wesentlich jünger war, hatte ihn das Alter doch im Vergleich zu Ayco eingeholt und er nahm nun die Position des ruhigeren, gesetzteren Mannes ein. Lucas Wesen war durch lernen und studieren geprägt worden, aber auch durch unzählige Auseinandersetzungen, aus denen er sich herausmanövrieren musste, ohne zu großen Schaden anzurichten, schon weil es oft seine Gefährten und Freunde waren, die ihm diese Probleme bereiteten. Er hatte nicht nur außergewöhnlich viel Magie in sich angesammelt, Wissen und Talente der unterschiedlichsten Arten, sondern auch eine sehr hohe Sensibilität dafür entwickelt wann der richtige Moment war zu reden und wie er die Worte wählen musste. Wenn er nun Aycolén dagegen betrachtete, der einfach in jeder Situation seiner Intuition folgte, ohne die möglichen Folgen abzuwägen, fast noch die gleiche Faszination für Gesichten aufbrachte wie ein Kind und dessen Gemüt leicht erregbar war wie das eines Jungen, so hatte sich der junge seine Natürlichkeit und Frische bewahrt. Luca kam sich gegenüber Ayco wie ein uralter Mann vor. Aber er wusste auch, dass alles andere nicht seinem Wesen entsprach. Er besaß nicht das Feuer und die Leidenschaft die Ayco in sich aufbrachte. Dazu war er zu überlegt und zu sehr im Storm seiner eigenen Kraft. Selbst Justin konnte ihn nur noch zwingen unüberlegt zu handeln, wenn er einem anderen als Luca Gewalt antat.

Justin, auch Luca versuchte mit seinen Augen die Dunkelheit zu durchdringen. Der Elf lag immer noch zusammengerollt auf seinem Strohlager. Der rotgoldene Haarmantel lockte sich über seinen Rücken in den Staub. So friedvoll wie dieses Bild und das Gefühl, dass er vermittelte nun war, fand Luca heiße, tiefe Liebe für ihn in sich. Er konnte nicht leugnen, dass er dem Mann nie etwas antun konnte. Dazu standen sie sich zu nah. Luca erinnerte sich daran, nun seit fast neunzehn Jahren sein Vertrauter und Freund zu sein. Diese Freundschaft, aber auch diese Hassliebe Justins, würden wohl nie enden.

Gegenüber dem Vampir erwartete ihn bei Aycolén ein anderes, freies Leben, vielleicht eines, was aller Logik trotzte, aber eines an der Seite des Mannes, den er von ganzem Herzen liebte, und nach dessen verspielter und verträumter Seele er sich sehnte. Es war ihm egal, dass Ayco ihn als seinen Besitz ansah. Er wusste nur zu gut, dass er niemals einen anderen Mann so lieben würde.

Sanft neigte sich Luca über Ayco und riss ihn aus seinen Gedanken. Er strich ihm zärtlich über die Wangen und spielte mit einer Haarsträhne, die über seiner Ohrspitze lag.

„Justin ist so anders gewesen“, murmelte er traurig.

Luca nickte sanft. „Er war ein guter Freund für dich, der dir im Labyrinth immer Unterschlupf gewährte, oder?“

Ayco richtete sich etwas auf und strich sich die langen silbernen Haarsträhnen aus den Augen. gähnend streckte er sich. „Seit ich nicht mehr im Orden bin habe ich ohnehin einiges falsch gemacht, Luca“, gestand er halblaut.

„Das war mir bewusst“, entgegnete Luca. Er versuchte seine Stimme klar ruhig und wertungsfrei zu halten. „Niemand, der ein ehrenwertes Mitglied der hart arbeitenden Gesellschaft Valvermonts ist,“, sein Hohn über der Ehrenwerten Gesellschaft verlieh er mit besonderer Betonung Ausdruck. Luca akzeptierte die Gesellschaft selbst nicht. „hat eine Daseinsberechtigung im Labyrinth, wo nur Aussätzige, Diebe, Mörder und anderes Pack herumlungert, und wird auch kaum auf solch halsbrecherische Abenteuer geschickt von Mesalla.“

Luca, dank seiner Herkunft und Justin selbst ein fester Teil des Labyrinthes, liebte die friedvolle Gesellschaft, die schon gezwungen durch die Außenwelt Hand in Hand arbeitete und ihre Kräfte und Talente zu einer perfekten Einheit miteinander verbanden. Luca hatte Justin nicht umsonst das Liebevolle, dunkle Herz des Labyrinthes genannt. Das, was Prinz Mesalla augenscheinlich draußen erzwungen hatte, funktionierte in den Ruinen der alten Kernstadt Valvermonts, die heute nur noch das Labyrinth genannt wurde.

„Was davon bist Du, Mörder, Dieb, Räuber, Krank?“ Lucas Stimme klang leise und sanft.

Ayco lächelte traurig. „Das, was ich einst bei deinem Großvater lernte, und was mir dein Vater zur Aufgabe machte“, entgegnete er leise. Luca konnte sich dank des Armbandes noch gut daran erinnern. Er hob sein Handgelenk in das Licht der Kerzen.

Ayco nickte. „Mein Gesellenstück trägst du noch. Das habe ich zuvor schon mitbekommen, Luca. Heute bin ich wesentlich besser. Ich könnte aus dir einen König machen, geschmückt wie die schönsten Elfenherrscher und niemand würde es merken, dass du keiner bist.“

Still nickte Luca. Er traute es Ayco wirklich zu. Mit dem Talent und der Fantasie, die dem jungen Mann zueigen waren sollte es leicht sein.

Der junge Mann warf seine silbrigen Haare zurück und lehnte sich an Lucas Schulter. „Ich bin ein Dieb und Fälscher“, sagte er. In seiner Stimme schwang Trauer mit. „Lea hatte es nie gebilligt und meine Eltern wohl auch kaum.“

Luca legte seine Wange gegen Aycos Kopf und umschlang ihn mit beiden Armen. „Vielleicht können wir eines Tages ruhig leben, Du als Goldschmied und Maler, das, was du schon immer wolltest, und ich als Barde, als Sänger und Tänzer.“

Ayco klammerte sich an Luca und nickte heftig. „Ja, das will ich!“

Dann aber hob er vorsichtig den Kopf und Luca löste seine Umarmung. Der Elf setzte sich über Lucas Oberschenkel, ergriff seine Schultern und sah ihn aus brennenden Augen an.

Fragend sah Luca zu ihm auf. Als er etwas sagen wollte, legte Ayco ihm die Finger über die Lippen und schüttelte leicht den Kopf. Dieselbe furchtbare Angst die er schon während des Rates bei ihm gesehen hatte, grub sich nun wieder in die Züge des jungen Mannes. „Dieser Traum wird sich nie erfüllen, wenn Du Ihad hier her holen lässt!“
 

Ayco lag zusammengerollt in seinem Schoß, die Wangen gerötet von Tränen. Der junge Mann schlief, schreckte aber bei der geringsten Regung Lucas hoch und umklammerte ihn erneut, jedes Mal etwas fester, weil er fürchtete, den Magier zu verlieren.

Tambren, der den Unterhaltungen sehr genau gelauscht hatte, saß nun wieder neben Luca.

‚Ich wusste nicht dass ihr zusammen im Orden wart’, erklärte Tam. ‚Von Ihads Plänen dich betreffend weiß ich auch nichts Luca, glaubst du mir das?’

Der Magier betrachtete seinen Familiaris einen Herzschlag lang. In seinem Kopf pochte ein unsäglicher Schmerz. Er konnte seine Gedanken kaum ordnen. Natürlich glaubte er Tambren, aber er erinnerte sich nicht mehr an das, was im Orden passiert war. Viel zu lange lastete das Siegel aus der Zeit seiner Initiation auf ihm. Er konnte sich nicht mehr erinnern, dass sie damals gemeinsam in diesen Orden gebracht wurden oder Aycolén mehrfach mit seinen Aktionen gegen Cyprian einen Rauswurf provoziert hatte.

Er konnte sich auch nicht daran erinnern, dass man ihn damals fast tot geschlagen und Ihad ihn einmal in einem Kampf um ein Haar umgebracht hatte. Der Ordensgroßmeister wollte die Jungen damals trennen, dazu war ihm jedes Mittel recht. Er musste wohl Aycolén mehrfach aus dem Orden geworfen haben. Aycolén, aller Magie, die er gelernt hatte, beraubt, starb damals fast, allein und wieder zurück auf den Straßen Valvermonts. Da war es Lea, das Geistermädchen, die ihm zur Seite Stand und sein Gedächtnis wurde, und Justin nahm sich seiner an und half dem jungen Elf.

Luca verstand, dass Aycos Angst vor Ihad grenzenlos war, aber den Grund dafür konnte er nicht nachvollziehen.

Tambren konnte ihm nicht helfen. Der Drachling war noch gar nicht lange genug an seiner Seite. Scheinbar tat das dem kleinen Kerl eher sogar sehr weh, dass er Luca nicht zur Seite stehen konnte. Auch konnte er selbst nicht an dem Siegel vorbei, dass Ihad damals über Luca ausgesprochen hatte. Die Magie war zu stark und zu alt.

Das selbe Siegel lastete auch noch auf Aycolén. Der Elf hatte es nicht überwinden können. Aber Lea hatte ihm alles wichtige erzählt und ihm geholfen, auch wenn es ihre Erinnerungen waren, ihm eine Grundlage für eine neue Vergangenheit zu geben. Insgeheim war Luca dem Geistermädchen sehr dankbar, aber andererseits konnte er keinen Kontakt zu ihr aufnehmen. Das beschämte ihn mehr als er wollte.

Allerdings nahm er sich nun auch vor mit Orpheu und Justin zu reden. sie mussten sich etwas anderes einfallen lassen, als gerade um Hilfe bei Ihad zu bitten. Selbst Cyprian wäre die definitiv falsche Wahl gewesen. In vielen Punkten gingen die beiden Ordensherren nicht überein, aber Luca war sich seines Einflusses und seiner sexuellen Wirkung auf den Eisdämon nicht sicher genug als das dieser gegenüber seinem feurigen Pendant schwieg und sich überzeugen ließ.

Davon abgesehen hatte Luca dieses Mal auch nicht vor Cyprian seine Gesellschaft und seine Dienste zur Verfügung zu stellen. Das war vorüber, schwor sich der Magier. Aycolén war sein Partner, hatte er ihn doch in den vergangenen Jahren viel zu oft betrogen.

Sein Schädel wollte unter allen Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen gegenüber Aycolén platzen. Die Schmerzen wurden so groß, dass er die Lider schloss. Wenig später fiel er in einen unruhigen Schlaf. Er hatte noch das Gefühl, am Rande Justin mitzubekommen, der wie ein Geist aufgestanden war, nichts als eine silbrige Erscheinung, die zu ihm trat, sich über ihn neigte und sanft küsste, seine Stirn, seine Lippen, und ihm mit seinen feinen, langen Fangzähnen die Zunge aufriss. Während des Kusses trank er in gierigen Zügen von Luca. Noch während der Magier schwach versuchte abzuwehren, versank der Traum endgültig in Dunkelheit und einer Bewusstlosigkeit gleich schlugen die Wellen absoluter Finsternis über ihm zusammen und ließen ihn in tiefen, erschöpften Schlaf fallen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Anfang 2015 erscheint im Incubus-Verlag ein weiterer Roman der in Äos (der Welt von Night's End) spielt.

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