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Child of Wisdom

Fortsetzung von Lost Prince
von

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Abendrot

Der nächste Tag hatte früh begonnen, die Sonne war noch nicht einmal bis zur Hälfte sichtbar, da verließ Lyze schon wieder das Haus. Mit einem weiten Weg von realistischen zweieinhalb Stunden musste er sehr früh los, um rechtzeitig bei der Arbeit zu sein. Der Bau an der ersten Zugverbindung von Destercity nach außen hatte bereits begonnen. Viele Strecken, zum Beispiel zu der Handelsstadt Comerence und zum nördlichen Meer, waren bereits existent – doch würde Lyze zu der nahest liegenden Zugstation gehen, würde sich der Weg wegen des langen Gehweges von realistischen zweieinhalb Stunden nicht wirklich viel verändern.

Gerade fiel die Tür ins Schloss, da riss es Siri aus dem Schlaf: sie wollte doch eigentlich mit ihm sprechen! Noch schnell aus dem Bett gesprungen, lief sie die Treppe runter, öffnete die Tür und rief noch ein halblautes „Lyze!“ in die Weite. Es war zu Spät – der Halbengel war schon gar nicht mehr am Boden, er flog die erste Hälfte der Route und war bereits zu weit weg, um Siris Ruf zu hören.

Schade; da stand sie nun, im Schlafkleidchen, in den Morgengrauen starrend. Zu gern hätte sie noch vor der Arbeit mit ihm geredet. Nur blöd, wenn man es einfach nicht gewohnt ist, so früh aufzustehen… und der Wecker nicht läutet.
 

Mit Ausnahme eines Besuches am Vormittag, einer Nachbarin des nahen Dorfes, geschah Untertags nichts weiter Besonderes. Aira war in der Schule, die Wäsche von gestern fertig zusammengelegt und in den Schränken verstaut, das Essen war am kochen und die Nachbarin hatte auch noch einen guten Kirschkuchen mitgebracht. Siri hatte mit ihr Rezepte ausgetauscht und will nun in naher Zukunft mal selber einen backen.

Gegen sechs Uhr Abends legte die junge Frau die Schürze beiseite und ließ sich in das Wohnzimmersofa fallen. So viel hatte sie geschafft. Zumindest was den Haushalt betraf.

Sie legte den Kopf nach hinten und blickte an die Decke, als sie darüber nachdachte, dass Aira vor etwa einer halben Stunde hätte zu Hause sein sollen...

Ihr wird schon nichts passiert sein, dachte Siri sich, wahrscheinlich war Aira wieder beim Fluss, oder trifft sich noch mit ein paar Freunden. Was ältere Kinder nun mal in ihrer Freizeit so machen.

Da hörte man ein Summen. Kein summen von Insekten, wie Bienen etwa, sondern lauter. Irgendetwas kam auf das Haus zu und es konnte keine alltägliche Sache sein. So setzte sich die junge Frau erstmals fragend auf, ging dann zum Fenster und schob den weißen Vorhang zur Seite, bis sie beschloss vor das Haus zu gehen, nachdem man vom Fenster aus nichts sehen konnte.

In der Abendröte die Türe hinter sich schließend, hielt sie sich eine Hand über die Stirn, um zu erkennen, was da den Hügel hochkam. Als dann eine weißblau glänzende Maschine über das Feld gefahren kam, wurden ihre Augen größer: zwei Räder, ein Sitz. Unmöglich ein Fahrzeug wie ein Auto… eher wie ein Fahrrad? Das Beste daran war, dass Lyze am Steuer saß – wo hatte er das Ding denn her?

Ein wenig Abstand haltend ging Siri zwei Schritte zurück, als Lyze neben ihr hielt und fröhlich ein „Hallo Siri!“ rief.

„Hallo…“, Siri deutete ungläubig auf die Maschine, ohne etwas dazu zu sagen.

„Ist es nicht toll?“, begeistert stieg Lyze herab und klappte die Stütze des Gefährts aus, „Das ist ein Motorrad! Alle Bandmitglieder haben es mir gemeinsam geschenkt, damit ich nicht mehr so einen weiten Weg zur Arbeit habe!“

„Aber-“, die junge Frau sah immer noch verblüfft aus, „Aber du kannst doch fliegen? Wozu brauchst du dann so ein Ding?“

„Siri.“, war die Antwort, während er den Gitarrenkoffer hinab stellte, „Fliegen ist anstrengend und der kalte Wind macht einem nicht nur im Winter zu schaffen – mit einem Motorrad ist man schneller am Ziel, als man glaubt. Ich habe nur eineinhalb Stunden hergebraucht; es ist, als würde man Zug fahren!“

„Zugfahren?! Lyze, ich weiß wirklich nicht ob-“

„Es wird mit Fenduskristallen betrieben. Einmal in der Woche muss man den Motor erneuern, aber es gibt mittlerweile eigene Stellen dafür… ich glaube, man nennt sie ‚Tankstellen’.“

„Lyze, hör mal ich-“

„Die gibt’s zwar momentan nur in Destercity, aber wenn ich zur Arbeit fahre kann ich dort auch gleich-“

„Lyze!“, Siri packe ihn an den Schultern, damit er sich endlich wieder einkriegte. Als er sie dann so überrascht anschaute, wusste sie nicht mehr, was sie sagen wollte. Schließlich ließ sie von ihm ab und drehte sich ein wenig weg. „…Sei bitte vorsichtig.“

Alles, was Lyzes Reaktion hervorbringen konnte, war ein zartes Lächeln in seinem Gesicht. Er nickte und begann das Motorrad hinter das Haus zu schieben. „Keine Sorge, gleich morgen werde ich mir einen Helm kaufen. Ich weiß, dass es gefährlich sein kann.“
 

Wie seltsam es doch nicht war. Die modernste Stadt des Landes schien stetig mehr auf das umliegende Feld abzufärben, mit jedem Jahr und nun bald mit jedem Tag. Da fragte man sich, wie viel von dem Fenduskristall, der in der nahen Region von Destercity abgebaut wurde, in fünfzig Jahren übrig bleiben würde. Was würde aus der Stadt werden? Aus der Welt? Würde, wenn alle Vorräte verbraucht waren, die technische Entwicklung von vorne losgehen?

Alles Fragen, über die scheinbar noch kein Mensch in Desteral nachgedacht hatte – und ob je einer darüber nachdenken würde, stand in den Sternen.

Lyze hatte beschlossen, vor dem Haus auf Aira zu warten. Es war bereits kurz nach halb Sieben und er war sich nicht sicher, ob er sie später wegen dem Ärger schimpfen, oder wegen dem Glück sie wieder zu haben, umarmen sollte. Jedenfalls hatte er sich auf das Stückchen Holzgeländer gesetzt, welches eigentlich schon längst niemanden ans durchgehen hinderte, und übte ein paar Lieder auf seiner Gitarre. Der erste Auftritt seiner Band lag nicht mehr fern und es gab immer noch Stellen in Liedern, die ausgebaut werden mussten.

Die letzten Sonnenstrahlen am Horizont schienen ewig zu wären, sie färbten Himmel und Erde rotorange. Siri war bereits ganz ungeduldig und begann sich sorgen zu machen. Es kam bisher nicht allzu oft vor, dass Aira, ohne bescheid zu geben, so lange Fehlte. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus im Haus zu warten und kam hinaus zu Lyze. Er war abgelenkt, weshalb er erst ziemlich spät merkte, dass sie sich rechts zu ihm gesetzt hatte. Siri sagte im ersten Moment auch nichts, weil sie der Musik lauschen wollte. Erst, als das momentane Lied zu ende gespielt war, begann sie zu sprechen. „Das war schön.“

„…Danke.“

„Ich glaube wirklich, dass ihr am Fest erfolg haben werdet.“

Lyze lächelte, während er wieder zu spielen begann. „Daran hatte ich nie gezweifelt…“

„Aira… ihr wird doch nichts passiert sein, oder?“

„Nein. Nein, das glaube ich nicht. Sie kommt einfach in ein Alter, indem man beginnt auf eigene Faust zu erkunden.“

„Oh ja.“, Siri sah schmunzelnd zu Boden, „Was König Vilior, Mica und ich angestellt hatten… Mairon hatte mich nicht nur einmal geschimpft. Daran kann ich mich gut erinnern, aber es hatte auch spaß gemacht.“

„Na, hoffen wir, dass Aira nicht so unternehmungslustig ist, wie du warst.“, dies hatte Lyze Scherzhaft gemeint, brachte die junge Frau allerdings zum Nachdenken. Über die Familie und über das, worüber sie schon seit langem mit ihm sprechen wollte.

„Uhm… da gibt es etwas, worüber ich mit dir reden möchte…“

Er sah kurz zu ihr auf, spielte aber anschließend weiter sein Instrument. „Nur zu.“

„Na ja, ich… ich habe nachgedacht… und so.“, sie wurde nervös und musste schlucken, versuchte jedoch die Fassung zu halten. „Lyze wir- also du, Aira und ich, wir… wir sind doch eigentlich eine richtige Familie.“

„Kann man so sagen, ja.“

„Auch wenn du Airas Bruder bist und ich eigentlich nur eine Freundin für sie, so… so scheint es doch, als wären wir in der Elternrolle…“

„…Da ist sicher etwas Wahres daran.“

Siri wollte endlich zum Punkt kommen. Doch wie sollte sie... seit langer Zeit existierte die Freundschaft zwischen ihm und ihr. Was ist, wenn er nicht das Selbe empfindet wie sie? Würden die Folgen des misslungenen Gespräches für immer auf die derzeitige Familienlage drücken?

„Ich…“, sie schluckte wieder. Ein Glück für sie war es, dass Lyze die ganze Zeit aufs Spielen konzentriert war und sie darum nicht ansah. „Ich wollte dir nur sagen, dass… dass du mir-“

…eine Menge bedeutest. So hätte der Satz enden sollen, wenn da nicht plötzlich Airas Stimme zu hören gewesen wäre.

„Aira!“, ohne weiteres auf Siri zu achten, legte er die Gitarre ins Gras und lief den Hügel hinab, der Schwester entgegen.

Die junge Frau ließ nur mehr den Kopf hängen und seufzte tief. „…War ja klar.“ Nach einem Moment sprang dann auch sie vom Geländer und kam zu den Beiden.

Gerade, als sie fragen wollte was geschehen sei, begann Aira zu erzählen: „Da war ein Mann im Wald, er hatte mich und meine zwei Freundinnen einfach überrascht!“

„Wie?“, Lyze beugte sich zu ihr, „Hat er dir etwas getan? Bist du verletzt?“

„Nein! Nein, er hat uns nichts getan! Er zeigte uns Zaubertricks und ließ uns erst weitergehen, nachdem wir ihm unsere Jausenbrote vom Vormittag gaben!“

„Hä?“, Siri hob eine Augenbraue, als sie dies hörte, „Wer macht denn so was?“

„Na wer schon…“, Lyze seufzte. Für ihn war klar, wer sich in den nahen Wäldern herumtrieb.

„Meinst du etwa…“, da wurde es auch Siri klar. „Furah.“

Lyze stand aus der Wiese auf und nahm seine Schwester bei der Hand. „Ok, Aira. Folgendes gilt ab sofort: du wirst dich nicht ohne Begleitung von entweder Siri oder mir in den Wald begeben.“

„Was?“, warf Aira dazwischen.

„Für heute verlässt du nicht das Haus – und Morgen wird dich Siri von der Schule abholen.“

„Was?“, diesmal fragten beide Mädels gleichzeitig.

„Lyze-“, begann Siri, „Furah ist kein Mörder. Wenn ich Aira morgen zwei Brote mache, kann sie ihm eines geben und gut ist es…“, sie sah trocken Richtung Wälder, „Außerdem könnte dieser Idiot uns doch einfach mal besuchen kommen.“

„Aber das tut er nicht. Du sagtest selbst, wir müssen Vorsichtig sein – und wenn es um Aira geht, will und kann ich nicht Vorsichtig genug sein.“

Natürlich war Lyzes Sorge berechtigt. Seine Schwester war die einzige, die ihm von seiner Familie übrig blieb, und sie versuchte er mit all seiner Kraft zu schützen.

Den heutigen Abend verbrachte der Haushalt ruhig miteinander, aßen zusammen und schauten ein Wenig Fernsehen. Kurz nach Elf schlug dann die Müdigkeit zu, wobei Aira als erstes ins Land der Träume reiste, dann Siri und als letzter Lyze. Er saß noch eine ganze Weile im Wohnzimmer und übte seine Lieder – wäre ihm bewusst gewesen, dass es nie zu einem Fest in Destercity kommen würde, hätte sich sicher auch er kurz nach Siri schlafen gelegt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Azahra
2013-10-04T07:49:21+00:00 04.10.2013 09:49
Hi :),

sehr schönes Kapitel; armer Lyze. Immer kommt ihm was dazwischen. Aber das Motorrad stell ich mir echt schick vor, aber ich bin schon gespannt wann er den ersten Unfall damit baut xD
Mhm.... ja das könnte wirklich Furah gewesen sein, verrückt dazu ist er ja ;)

cucu
Azahra
Von:  SunnyFlower
2010-08-06T19:52:53+00:00 06.08.2010 21:52
Ich kann Hi-Chaaan nur zustimmen, dein Schreibstil wird mit jeden Kapitel immer besser^^

"Schade; da stand sie nun, im Schlafkleidchen, [...]"

Ach herrje óo Die Arme, dabei war das, was sie Lyze sagen wollte, sicherlich sehr wichtig, jetzt muss sie den ganzen Tag warten :<

"Siri hatte mit ihr Rezepte ausgetauscht [..]

Siri macht mir Angst! °-° *sich versteckt* Sie mutiert zur perfekten Hausfrau! >< Aber was soll sie sonst auch machen? xD°

"Da hörte man ein Summen. Kein summen von Insekten, wie Bienen etwa, sondern lauter. [...]"

"Aber Motorräder summen doch garnicht!" war mein erster Gedanke, aber nachdem ich wieder ein Motorrad gehört habe, passte es doch, in gewisser Weise x3 *kicher* Es ist putzig, wie sich Lyze über das Motorrad freut, seine Bandkollegen sind echt nett ^^

"„…Sei bitte vorsichtig.“"

Awwwwww~ *Herzchen mit den Fingern form* Wie süß~ x3

"er war sich nicht sicher, ob er sie später wegen dem Ärger schimpfen, oder wegen dem Glück sie wieder zu haben, umarmen sollte."

Umarmen! Umarmen! xD

"Uhm… da gibt es etwas, worüber ich mit dir reden möchte…“"

Boah, Lyze ist so begriffsstutzig! >< Und Ich bin ganz plötzlich doch dafür, dass Aria eine Tracht Prügel kriegt! xP

"Er zeigte uns Zaubertricks und ließ uns erst weitergehen, nachdem wir ihm unsere Jausenbrote vom Vormittag gaben!“"

Ich habe erst an einen Kerl mit Zylinder, Hasen und Karten, eben einen klassischer Zauberer gedacht, doch mit den nächsten Satz musste ich schmunzeln :) Das Furah nun auch kleine Kinder bestiehlt...also wirklich, aber wenigstens ist er nett :P

*Schüssel Marskuchen dalass* ^^

Sunny :D
Von: abgemeldet
2010-06-28T19:17:44+00:00 28.06.2010 21:17
ohh cool!! deine story gefällt mir!
ich kenn nicht viele leute, die den Namen Siri kennen, und von den andern beiden hab selbst ich noch nicht wirklich was gehört!
aber die sind voll schön!!
deine ganz geschichte ist sehr schön geschrieben und es macht voll spaß sie zu lesen!!!
*.*

Hi-chaan


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