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Child of Wisdom

Fortsetzung von Lost Prince
von

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Siris Tag

Schnell hatte Siri die Hände vor ihre Augen geschlagen, als der Blitz, den sie gerade noch in Avrials Bibliothek sah, so grell wurde, dass sie angst hatte, sie könnte erblinden. Ein merkwürdiges Gefühl hatte sich danach breit gemacht; es war eine Mischung aus Achterbahn und dem Springen von einem Zehnmeterbrett in tiefes Wasser.

Danach war es still. Sehr still.

Siris Hände lagen noch immer auf dem Gesicht. Ihre Atmung war lange Zeit schnell und unregelmäßig. Es brauchte eine ganze Weile, bis dieses Angstgefühl verschwand und sie es wagen konnte, langsam ihre Hände aus dem Gesicht zu nehmen.

Sie erblickte graue Mauern vor sich. Halbvertrocknetes Gras unter ihren Füßen; und eine dichte Wolkendecke über ihr am Himmel. Verwundert blickte sie danach an sich selbst runter, da sie ihr altes, sehr altes Sommerkleid trug – sie hatte es zuletzt im alter von acht Jahren getragen. Nach und nach bewunderte sie ihre kleinen, jungen Hände, begutachtete jeden Finger.

„Ich bin wieder ein Kind…!“, sie hielt sich den Mund zu: ihre kindliche Stimme hatte sie nach ihren Worten erschreckt.

„Salieri?“, eine Hand lag plötzlich auf ihrer Schulter, als sie sich hastig zu dem großen Arcaner umgedreht hatte.

„Mairon!“, sie konnte es nicht richtig kontrollieren – sie lief zu ihm und umarmte den weißhaarigen Mann; na ja, zuminderst hang sie an seinen Beinen.

Er lachte darauf, bückte sich zu ihr herunter. „Haha, Siri! Ist doch schon gut. Ich verzeihe dir.“

„Du verzeihst mir?“, verwirrt schlug sie die Augen auf, bis sie zu ihm aufsah. „Habe ich denn- oh! Ohh, ach das meinst du!“ – in Wirklichkeit wusste sie nicht mehr, wovon er sprach – „Bitte entschuldige! Ich werde es nie wieder machen, versprochen!“

„In Ordnung.“, er legte seine Hand auf ihren Kopf, „Geht es dir auch gut…?“

„Aber natürlich doch. Alles bestens, wirklich!“

„Na dann…“, Mairon stand vom Boden auf, „Ich habe heute Nachmittag eine wichtige Konferenz im Schloss. Wenn du willst, darfst du mich begleiten.“, er schmunzelte, „Dein Freund Mica würde sich sicher freuen.“

Siri nickte stumm und wartete, bis Mairon sich zum Gehen umdrehte. Sie winkte ihm noch nach und versuchte mit diesen Satz von ihrer merkwürdigen Art abzulenken: „Ich werde noch ein wenig draußen Spielen gehen. Bis später!“

Endlich war er außer sichtweite. Erleichtert atmete Siri stark aus, stützte sich nach ihrer Nervosität sogar auf den Knien ab. Danach murmelte sie leise zu sich selbst. „Das halte ich keine zwei Tage durch…“

Plötzlich – Siri sprang erschrocken zur Seite, als unter ihr der in die Vergangenheit mitgenommene Kommunikator im Gras begann zu läuten. „Oh man, du Mistding!“, sprach sie beim Aufheben, „Mach das bloß nicht, wenn Leute in der Nähe sind…“, und drückte den Knopf, um den Anruf zu empfangen.

„Hallo Lyze.“, meinte sie, „Du glaubst es nicht, bei mir ging es hier gleich mal rund. Lyze…?“, irgendetwas stimmte nicht. Der Kommunikator schien doch nicht so einwandfrei zu funktionieren: statt Lyze war auf dem Bildschirm nur Rauschen zu sehen. Aber wenigstens konnte sie ihn hören: „Ich bin in meinem Haus aufgetaucht, es ist niemand hier…“, genau wie Siri, klang Lyzes Stimme sehr kindlich; mit dem Unterschied, dass Siri nie einen Stimmbruch durchmachen musste und sie sich darum noch eher wie sie selbst anhörte, „Sie sind wohl alle draußen; würde mich nicht wundern, wenn ich meine Mutter als erstes finde.“

Nun konnte das Mädchen nicht mehr anders: sie brach im kindlichen Lachen aus, als sie ihn zugehört hatte. „Tut- tut mir leid!“, sie lachte, „Deine Stimme! Du-“, nun kamen ihr schon die Tränen, „Du klingst so süß!“

„Ach…“ er sah sich im Zimmer um, „Bist du gut angekommen? Vergiss nicht, heute die Formel aus dem Schloss mitzunehmen.“

„Werde ich.“, allmählich konnte die kleine Siri sich beruhigen, „Es ist gefährlich, uns gegenseitig anzurufen… was hältst du davon, wenn wir uns eine Zeit für heute Abend ausmachen? Sagen wir um elf? Da sind wir sicher schon beide im Bett.“

„In Ordnung. Ich werde mich inzwischen ein wenig umsehen.“

„Mach das. Hab einen schönen Tag, Lyze!“

„Danke. Den wünsch ich dir auch.“

Der Kommunikator war aus und Siri verstaute ihn in ihrer kleinen Kindertragetasche. Es war ein komisches Gefühl, wieder ein Kind zu sein; aber irgendwie auch ein schönes.
 

Währenddessen stand Lyze in seinem alten Kinderzimmer. Ein Holzboden unter ihm, ein schlichtes Bett an der Seite und ein paar wenige Spielzeuge sollten stumme Zeugen der baldigen Verwüstung werden. Das Fenster war weit geöffnet; der Wind, so warm und sacht, hob die dünnen Vorhänge zur Seite.

Die Sonne schien. Lyze erinnerte sich genau an diesen milden Sommer. Er ging hinaus auf den knarrenden Flur, die alte Holztreppe hinab. Noch genau konnte er sich an diese, für seine damalige Größe, riesigen Stufen erinnern. Er drehte den Türknauf, schritt hinaus, in die warme Sonne.

Da war sie: seine Mutter. Ihr seidig goldenes Haar wehte im Wind, als sie die letzte Wäsche an der Leine befestigte und sich anschließend zu ihrem Sohn umdrehte – das erste Lächeln von ihr, seit knapp zwölf Jahren, würde Lyze nie mehr vergessen wollen. Er nickte sacht und entgegnete ihr selbst mit einem sanften Lächeln. „Hallo, Mama.“
 

Gemeinsam mit Mairon spazierte die kleine Siri am späten Nachmittag den Weg durch das dämonische Dorf entlang. In Azamuth war es im Prinzip genau wie in Desteral; es gab Hütten und solide Steinhäuser, Gärten, Bäume und Blumen, Seen und Flüsse, freundliche, sowie unfreundliche Nachbarn. Die größten Unterschiede bestanden wohl darin, dass erstens der Himmel immer bewölkt war und kaum Sonne durchließ und zweitens, gab es hier kaum menschliche Wesen.

Eine Nachbarin schenkte Siri noch einen süßen Apfel aus ihrem Garten – dann ging es ab zum Schloss, Mairon wollte schließlich nicht zu spät kommen.

Siri erinnerte sich: an das große Tor und die vielen, nach Stall riechenden, Muskelbepackten Wächter, an die vielen Fackeln und die dunklen Flure im Schloss; Azamuth wurde seit jeher von Vampiren, dem Adelsgeschlecht des Landes, regiert. Damals, als Siri ein Mädchen war, saß noch Viliors Vater auf dem Thron; er war wohl schon sehr alt. Ein alter, verbitterter Mann, mit einem Hang zu Traditionen. Denn, von Siris jetzigem alter ausgesehen, wird sich Prinz Vilior in knapp zwölf Jahren in eine menschliche Frau verlieben – dieses Ereignis wird der beginn eines unnötigen Krieges werden.

„Du, Mairon?“, fragte Siri, die Hand haltend neben den großen Mann herging. Sie wartete kurz, bis er zu ihr hinab sah. „Du kommst direkt unter dem König, nicht war?“

„Ja, das ist Richtig.“

„Heißt das, du bist ein Ritter, wie Knight Tarrence? Stehst du mit ihm auf einer Position?“

Mairon sah Augenbraun gehoben zu ihr. „Woher rührt diese plötzliche Neugier…?“

„Uhm… ich, äh-“

„Ja, wir beide stehen unter dem König. Schau Salieri, es gibt insgesamt drei Ritter, die den König beschützen und im Land für Recht und Ordnung sorgen: Tarrence, Hector und ich. Hector ist im Außendienst, also in einem anderen Land stationiert. Tarrence bildet die Truppen aus, für den Fall, dass es irgendwann einen Krieg gibt.“

„Krieg…? Und was machst du?“

„Ich bin für die Wächter im- und außerhalb des Schlosses zuständig.“, er wuschelte ihr durch die Haare, „Jetzt weißt du aber genug.“, er deutete auf ein Fenster, „Schau, Mica wartet im Schlossgarten auf dich.“ Siri sah ihm nach, als ihr Erzieher ihre Hand losließ und gerade aus, auf ein großes Tor zuging. „Ich hole dich, wie immer, nach der Konferenz ab, ja? Sei brav.“

Das Mädchen nickte, wartete bis das Tor geschlossen wurde und lief schließlich hinaus in den Garten. Sie blieb stehen und musste Schlucken, als sie den Jungen mit den smaragdgrünen Augen beim Brunnen sitzen sah. „M-mica?“

Der Kleine sah auf: „Siri!“, sprang vom Brunnen und lief zu ihr, „Schön dich wieder zusehen!“

„Wie geht es dir?“, sie musterte ihn, „Bist du gewachsen…?“

„Uhm… keine Ahnung. Bin ich das?“, er nahm ihre Hände, „Pass auf, der König will mich bei seiner Konferenz dabei haben!“

„Ich weiß… als Muse musst du ihm zur Seite stehen, huh?“

„Ja… aber danach können wir gerne spielen! Oh, sofern Mairon dich nicht gleich wieder mitnimmt.“

Die kleine Siri nickte, „Keine Sorge. Ich werde mit ihm reden, dann kann ich vielleicht länger mit dir spielen. Was sagst du?“

„Ja, das ist eine großartige Idee!“, Mica lächelte bis über beide Ohren, „Dann spielen wir Fangen, ok?“

„Liebend gerne. Nun geh schon, ehe sich die Leute fragen, wo du bleibst!“

Er nickte noch fröhlich, dann verschwand er im Inneren des Schlosses. Mica war ein armes Kind gewesen. Nie durfte er die dunklen Mauern verlassen, geschweige denn hatte er Spielzeug oder persönliche Gegenstände. Als Muse geschaffen, musste er einfach immer für seinen König da sein. Wenn man bedenkt, dass er vor vier Jahren heraufbeschworen wurde, hatte er sich schon prächtig bis heute entwickelt; Mica war schlau, doch redete nicht viel. Siri sah ihn immer nur dann lächeln, wenn er sie erblickte. Seine einzige Freundin; bis auf Prinz Vilior.

Das war Siris Chance. Sie wusste, dies wird ihr einziger Versuch bleiben, im Schloss nach der altarcanischen Formel zu suchen.

Vorsichtig schlich sie sich zurück ins Schloss und an einer Pattroulierenden Wache vorbei. Wie die Formel genau aussah wusste sie zwar nicht; aber sie hatte den Verdacht, es sei ein altes Stück Papier, genau wie dieses, welches bereits in Avrials besitz war.

Nach drei falschen Türen, zwei Schlafgemächern und einer scheinbar nie gesäuberten Küche, stieß Siri schließlich auf eine gut bewachte Tür mit zwei Wächtern. Sie sah um die Ecke, zu den beiden sich unterhaltenen Dämonen auf. Irgendwie musste sie die zwei loswerden; aber wie?

Da bröckelte beim anlehnen der Steinwand ein Stückchen ab und viel zu Boden. Sofort sahen die beiden Wachen mit einem „Was war das!?“ auf und folgten dem Geräusch um die Ecke.

Das Mädchen blieb unentdeckt; sie hatte sich unter einer Holzbank versteckt, bis die zwei nicht-sehr-hellen Dämonen vorbeigelaufen waren. Nun kam sie hervor, putzte sich ab und ging gelassen zu der eigentlich gut bewachten Tür. Siri musste sich strecken, um an die Türklinke zu gelangen – als diese dann nach unten gedrückt war, sprang schließlich die schwere Türe auf und gab das Geheimnis dahinter frei. Überglücklich spazierte sie hinein – ehe ihr das Gesicht einschlief. „Ein Schlafzimmer!?“ Und zwar ein Reich geschmücktes! Sie hatte eindeutig das Königsgemach gefunden.

„Salieri…?“

Oha. Diese Stimme kam ihr nur allzu bekannt vor… „M-Mairon…“, sprach sie beim umdrehen, ganz verlegen, „So schnell fertig? I-ist die Konferenz etwa schon zu E-“

„Sei nicht so vorlaut.“, sprach der weißhaarige Arcaner im scharfen Ton, „Ich wusste es, darum bin ich dir gefolgt. Du bist nicht meine Siri.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Ireilas
2011-08-05T19:43:54+00:00 05.08.2011 21:43
> Haha, erklärt Mica Siri nicht erst nach der Konferenz, dass er eine Muse ist, weil er sie anschnauzt? xD° Siri patzt hier ganz schön als Kind, sie spricht auch viel zu erwachsen :3

Nachdem Siri ins Alter von acht Jahren zurückgeschickt wurde und Mica mit Vier kennen gelernt hat, wird sie (die kleine Siri) bereits früher die Erfahrung von Micas Verwandlung festgestellt haben ^^
Mica erwähnt es, weil er sich freut, an einer wichtigen Konferenz teilnehmen zu können xD Vielleicht sollte ich diesen Satz ein wenig umschreiben, dann ist es nicht mehr verwirrend.
Dankeschön :3
Von:  SunnyFlower
2011-08-05T18:37:28+00:00 05.08.2011 20:37
Let's get ready to comment!!! xD

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"es war eine Mischung aus Achterbahn und dem Springen von einem Zehnmeterbrett in tiefes Wasser."

Das klingt überhaupt nicht gut, zum Glück kenne ich beide Gefühle nicht xD°

"sie konnte es nicht richtig kontrollieren – sie lief zu ihm und umarmte den weißhaarigen Mann; na ja, zuminderst hang sie an seinen Beinen."

Süüüüüß ^-^ Sie hat ihn wohl sehr vermisst, was? ^^ Schon damals hat sie manches ausgefressen, also wirklich :P

"„Das halte ich keine zwei Tage durch…“"

Awwww~, nicht so pessimistisch! xD Es macht doch sicher Spaß, wieder ein Kleinkind zu sein^^

"Tut- tut mir leid!“, sie lachte, „Deine Stimme! Du-“, nun kamen ihr schon die Tränen, „Du klingst so süß!""

Awwwwwwwwww~ Das stelle ich mir richtig süß vor! xD Sowohl die Szene als auch Lyzes Stimme als kleiner Junge^^

"das erste Lächeln von ihr, seit knapp vierzehn Jahren, würde Lyze nie mehr vergessen wollen."

T^T *Lyze pat* Der Ärmste :<

"Schau Salieri, es gibt insgesamt drei Ritter, die den König beschützen und im Land für Recht und Ordnung sorgen: Tarrence, Hector und ich."

Oh~ Jetzt weiß man die Namen aller Ritter ^-^ Frag' mich nicht wieso, aber irgendwie muss ich bei Hector an einen Fisch denken Oo Keine Ahnung warum xD° Dass die drei Ritter eine bestimmte Aufgabe haben, ist aber interessant~ :3 Dass Tarrence bald alle Hände voll zu tun hat, weiß der arme Kerl noch garnicht xD°

"er nahm ihre Hände, „Pass auf, der König will mich bei seiner Konferenz dabei haben!" [...]"

Haha, erklärt Mica Siri nicht erst nach der Konferenz, dass er eine Muse ist, weil er sie anschnauzt? xD° Siri patzt hier ganz schön als Kind, sie spricht auch viel zu erwachsen :3

"„Ich wusste es, darum bin ich dir gefolgt. Du bist nicht meine Siri.""

Agh! oo° Anscheinend war Siri wirklich nicht besonders gut, ein Kind zu sein xD° Mal sehen, wie sie sich daraus reden will :P

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Mica war als kleiner Junge ja richtig niedlich, er hatte Siri schon als Kind wirklich sehr gerne, huh? ^-^ Mairon wirkt auch wirklich nett, außer im letzten Satz xD° Ich frage mich wirklich, was Mairon Siri verzeiht x3~

Ich muss mir angewöhnen, erst das neue Kapitel zu lesen, wenn ich das Kommentar geschrieben habe, agh x3~ Man will aber ja auch wissen, wie es weitergeht, mist~ :P gleich zum nächsten hops*


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