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Myth, Story, Legend

Kurzgeschichten aus Desteral
von

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Ohne dich

Als der erste Tag nach der Hochzeit langsam verging, standen die angehörigen des Schlosses beisammen. Wachen, Soldaten, Putzfrauen, Bedienstete und sogar Sir Steiner, waren im großen Hauptsaal versammelt. Christy, Juls und Rina standen abseits bei Madame Ynes Leichnam, der verdeckt unter einem Leintuch ruhig zu schlafen schien.

Die drei Bediensteten waren fassungslos und versuchten sich gegenseitig zu trösten. Rina hielt sich die Hand vor dem Mund, um nicht laut zu schluchzen, als sich Juls ein paar Tränen wegwischte und sie in den Arm nahm.

Christy starrte auf Ynes Körper hinab; ihr Tod kam so plötzlich und hinterhältig. Dass Avrial sie umgebracht haben soll, konnte sie nicht glauben. Es war unlogisch und völlig überstürzt; doch so etwas wie ein Gericht gab es in Ikana nicht. Erst recht nicht wurden Morde gründlich untersucht – fünf Leute waren anwesend, konnten die Tat angeblich bestätigen – das allein Reichte für ein Urteil aus.

Doch Avrial konnte nicht so einfach verurteilt werden. Als Fürst von Ikana war er praktisch gegen Verhaftungen immun; allein die Tatsache, dass er nun alleine dastand, ließ das hassende Volk und vor allem Sir Steiner hoffen, er würde fortziehen und der Insel den Rücken kehren.

Da hatte sich der machtbesessene Berater meilenweit geirrt.

Auch wenn der Arcaner kaum ansprechbar war, weigerte er sich, auch nur einen Fuß aus dem Schloss zu setzen.

Sir Steiner glaubte fest, es müssten nur ein paar Tage in das Land ziehen, ehe Avrial beschließt, zu gehen. Doch die Tage verstrichen und wurden zu Wochen.

Madame Yne wurde im mittleren Garten, bei ihrem Vater beigesetzt. Inzwischen waren die vielen Blumen der Leute, die sich Verabschieden wollten, fast gänzlich verwelkt.

Noch immer sprach Avrial kaum ein Wort, erst recht nicht war er außerhalb seines Zimmers häufig zu sehen.

Der Tag war gekommen, da wollten weder die Dorfbewohner, noch Sir Steine länger warten. Der Arcaner wurde vor die Wahl gestellt: entweder er verließ das Schloss, das Dorf und Ikana, oder die vielen Bediensteten verließen ihn.

Für Avrial hatte es nie eine Wahl gegeben. Er hatte sein Leben erst von neu begonnen – und nun sollte er schon wieder hinaus in die Welt? Vielleicht sogar Furah begegnen, damit er sich über ihn lustig machen kann? Wo würde seine Reise enden? Etwa genauso, wie in Ikana? Nein. Avrials Entschluss stand fest: er würde hier bleiben, im Schloss... bei Yne.

So kehrte ihm Ikana den Rücken zu. Die Wachen, Soldaten, Bediensteten, Köche, Putzfrauen... die gesamte Mannschaft verließ das Schloss und kehrte ins Dorf zurück.

In ein paar Jahren darauf sollte es die erste Wahl eines Bürgermeisters geben. Sir Steiners Plan war nie aufgegangen – nur zwei Jahre später sollte er erhängt in einer Seitengasse aufgefunden werden...

Im sonst so lebendigen Schloss war ein Tag nachdem die Bediensteten weggezogen waren totenstille. Nur eine traurige Gestalt sollte durch die Flure wandern.

Auch wenn bereits Wochen in das Land gezogen waren, verging der Schmerz nicht. Avrial dachte an die glücklichen Momente zurück, war gefangen in den Erinnerungen. Sie drehten sich, kehrten immer wieder. Sie ließen ihn nicht los, selbst dann nicht, wenn er versuchte sich mit Lesen zu beschäftigen.

Christy, Juls und Rina standen als letzte mit gepackten Taschen vor dem großen Haupttoren. Eigentlich wollten sie nicht gehen – die Männer Ikanas waren ihnen zuwider, erst recht, wenn sie dran dachten, welche Position sie wohl bei ihnen haben würden; sie waren Putzfrauen und daran würde sich wahrscheinlich nie etwas ändern.

Christy seufzte ein letztes Mal in das Schloss hinein, da sprach Juls die Worte „Kommt, lasst uns gehen.“

Die drei waren gerade am losgehen, da schüttelte Rina den Kopf: „Nein – nein ich gehe nicht zurück! Ich werde nicht zurückgehen!“

„Rina...!“, die zwei Freundinnen sahen ihr überrascht nach, als sie zurück ins Schloss lief. Sofort die Taschen abgestellt, liefen sie ihr nach.

„Rina!“, Christy sah sie im linken Flur um die Ecke biegen, „Bleib sofort stehen...!“

Gerade um die selbe Ecke gebogen, blieben die zwei schnell selbst stehen: Rina hatte Avrial aufgesucht und stand flehend vor dem sowieso schon gebrochenen Mann.

„Bitte, Meister Avrial! Schickt uns nicht zurück! Bitte, wir wollen nicht zurück ins Dorf!“

„Ri-na!“, Juls zog sie von dem Schlossherren weg, „Rina, hör auf damit! Lass ihn in Frieden!“

„Meister Aaaavrial-“, meinte Rina noch, „Bitte! Ihr wisst doch gar nicht, wie die Männer aus Ikana drauf sind-“

„Schluss jetzt!“, Juls zog sie den Flur entlang. „Was genug ist, ist genug. Christy komm, wir gehen!“, sie sah schnaufend zurück, „Christy?“

„...Juls hat recht.“, nun begann sie den Kopf vor Avrial zu senken. „Die Männer aus dem Dorf sind wirklich schrecklich.“

„C-Christy...!“

„Nein, Juls.“, sie grummelte, ehe sie sich wieder dem traurigen Mann zudrehte. „Meister Avrial, Ihnen geht es schlecht... sehr schlecht sogar. Sie sind am Ende – und dann wollen Sie auch noch ganz alleine das Schloss betreuen?“, Christy schüttelte traurig den Kopf, „Wir wissen Bescheid, wir wissen es! Sie haben Madame Yne nichts angetan, dass hätten Sie nie machen können! Nie, nie, nie, nie! Also-“, sie schluchzte, „Seien Sie bitte nicht stur... schicken Sie uns nicht weg... Sie brauchen unsere Hilfe. So... haben wir alle etwas davon.“

Die ganze Zeit sprach Avrial kein Wort. Erstrecht nicht hatte er einen Blick auf die Mädchen geworfen. Allein dass er die Augenbrauen zusammenzog und minimal nickte, ließ die drei Bediensteten überaus erleichtert aufsehen.

„Danke!“, Christy verbeugte sich, „Vielen Dank, Meister. Wir werden unser bestes geben, das versprechen wir.“
 

Die drei Bediensteten hielten mit vollem Einsatz ihr Wort. Neben dem Putzen und Kochen kümmerten sie sich um Avrial, so gut es ging. Der Verlust hatte ihm ein schwarzes Loch in die Brust gerissen, dass wohl nie mehr gefüllt werden konnte. Das mindeste, was die drei tun konnten, war den Arcaner abzulenken und zu beschäftigen. Doch jeden morgen spürte Avrial aufs neue, dass er nur schwer Atmen konnte. Erstrecht, wenn der Name seiner verstorbenen Frau in ihm wieder hallte. Er wusste, er würde Yne nie wieder sehen. Er hatte sie verloren...

Schnell das Frühstück ans Bett gebracht, waren die drei Putzen zur Stelle, um den Magier aus seinen eintönigen Gedanken zu zerren.

Es kam nicht selten vor, da sank Avrial mitten in einen der Flure auf den Boden. Meistens standen eine oder zwei der Mädchen bei ihm, ließen alles liegen und stehen, um ihm wieder auf die Beine zu helfen.

Oftmals saßen alle vier beim Abendessen zusammen, während der Arcaner nur wenig bis gar nichts von seinem Teller anrührte. Er seufzte immerzu; Juls meinte poetisch, es sei seine gebrochene Seele, die nach Luft schnappte.
 

Eines Tages, nach dem Abendessen, brachte Rina Avrial auf sein Zimmer, während die zwei anderen den Tisch abräumten. Juls ließ einen Seufzer los, da begann Christy zu prusten: „Was ist los? Schnappt deine Seele nach Luft?“

„Ja, so ungefähr.“, meinte sie, „Was meinst du? Meister Avrial ist ein Arcaner. Und... laut Büchern werden Magier bis zu zweihundert Jahre alt...“

„Und?“

„Wir werden sterben, ehe unser Meister über Madame Yne hinweg kommt... nicht war?“

„Ich weiß es nicht...“, sie schüttelte den Kopf, „Und selbst wenn... wir haben es versprochen. Hast du denn etwas anderes vor, Juls?“

„Nichts auf der Welt wäre für mich wichtiger. Aber... eines ist sicher.“

„Ja, du hast recht...“, Christy lächelte traurig in Richtung Stufen, auf denen vorhin noch Rina und Avrial gegangen waren, „Die Frau, die Meister Avrial aus seinen selbstgebauten Gefängnis befreit, muss erst noch geboren werden.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  SunnyFlower
2012-09-20T13:14:23+00:00 20.09.2012 15:14
Das Ende....
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> Dass Avrial sie umgebracht haben soll, konnte sie nicht glauben. Es war unlogisch und völlig überstürzt [...]

Ich würde es auch nicht glauben können óò

> fünf Leute waren anwesend, konnten die Tat angeblich bestätigen – das allein Reichte für ein Urteil aus.

Achja~ Früher waren Vorurteile noch stärker als jede Logik oder Beweis, irgendwie erinnert mich das an "to kill a mockingbird" |D° Dass diese fünf Männer lügen könnten, daran kommt natürlich niemand! ><° Avrial ist für die alle ein Monster - Ein Wunder, dass sie ihn da auf Ikana haben leben lassen óo

> Noch immer sprach Avrial kaum ein Wort, erst recht nicht war er außerhalb seines Zimmers häufig zu sehen.

Armer Avrial ><° Der Schock sitzt wohl wirklich tief, das ist aber auch nur allzu verständlich ._.

> Vielleicht sogar Furah begegnen, damit er sich über ihn lustig machen kann?

...das ist seine einzige Sorge? xD° Ich würde mir eher Gedanken machen, dass mein Erzfeind mich jetzt viel leichter umbringen kann - Schließlich sind die Gedanken doch woanders^^° Mensch Av! *ihn schüttelt*

> Wo würde seine Reise enden? Etwa genauso, wie in Ikana? Nein. Avrials Entschluss stand fest: er würde hier bleiben, im Schloss... bei Yne.

D'awwww....Einerseits ist das sehr süß, doch ich bezweifle, dass Yne gewollt hätte, dass er quasi mit ihr stirbt und aufhört zu leben, weil er ununterbrochen an sie denkt ><°

> Sir Steiners Plan war nie aufgegangen – nur zwei Jahre später sollte er erhängt in einer Seitengasse aufgefunden werden...

Haha! *Nelsonmodus* Sorry, doch das hat er verdient! xD Wobei ich mich frage, ob er sich selbst erhängt hat (Wie hat er das dann gemacht? Ist er aus den Fenster gesprungen? oo) oder es tatsächlich seine eigenen Männer waren, die sich für die leeren Versprechen rächen wollten... |3

> „Meister Avrial, Ihnen geht es schlecht... sehr schlecht sogar. Sie sind am Ende – und dann wollen Sie auch noch ganz alleine das Schloss betreuen?“

Ich glaube, daran denkt der Meister nicht einmal, wie er in seinen Erinnerungen gefangen ist^^°

> [...] „Seien Sie bitte nicht stur... schicken Sie uns nicht weg... Sie brauchen unsere Hilfe. So... haben wir alle etwas davon.“

Hätte er sie tatsächlich weggeschickt?! oo Obwohl, sein Misstrauen zu den Dorfbewohnern müsste schon groß sein, nachdem sie ihn so behandelt haben^^° Es ist aber sicher erleichternd zu wissen, dass wenigstens drei Personen einen glauben :) Auch wenn das den Schmerz nicht weniger macht ._.°

> Der Verlust hatte ihm ein schwarzes Loch in die Brust gerissen, dass wohl nie mehr gefüllt werden konnte.

Oh ja...*Avrial lieb pat*

> Es kam nicht selten vor, da sank Avrial mitten in einen der Flure auf den Boden. Meistens standen eine oder zwei der Mädchen bei ihm, ließen alles liegen und stehen, um ihm wieder auf die Beine zu helfen.

Ohje óò

> „Wir werden sterben, ehe unser Meister über Madame Yne hinweg kommt... nicht war?“

Awww~ Das ist furchtbar ><° In seinen Zustand dürfte man Avrial eigentlich nicht alleine lassen^^°

> Die Frau, die Meister Avrial aus seinen selbstgebauten Gefängnis befreit, muss erst noch geboren werden.“

D'awwwww~ :< Das dauert dummerweise auch noch sehr lang ><° Wenigstens ist er nicht die ganze Zeit alleine óo

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Avrials und Ynes Geschichte ist so traurig óo Der arme Kerl tut mir wirklich leid, das hatte er wirklich nicht verdient ><° Verdammtes Schicksal! Avrial war als junger Mann auch noch leicht naiv und sensibel, das macht die Sache doppelt so schlimm! D:

Es war interessant zu lesen, wie es dazu kam, dass Avrial ist, wie er ist - Auch wenn es sehr traurig ist :( Sicher wäre er sehr glücklich geworden, wenn das Volk von Ikana nicht so grausam gewesen wäre, mit dieser Geschichte kann man sich einen glücklichen Avrial auch schon besser vorstellen, früher konnte ich das nicht :) *kichert* Ich frage mich, ob Yne und er einen Jungen oder ein Mädchen bekommen hätten |3

Ehrlich gesagt bin ich auch seeeehr gespannt auf die Szene, wo Yne ihn den Grund für ihren Tod erklärt, doch wird die wohl nicht vorkommen, mmm? ^^° Schließlich ist Limiu später älter~

Vielen Dank für die schöne Kurzgeschichte^^ Ich freue mich auf die nächste x3 *Konfetti zerstreu*


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