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Drachenjagd

Die Himmelsgöttin
von

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Zwischenspiel III

Die Wasserkugel komprimierte sich, schließlich wurde die Gestalt dahinter sichtbar - ein Mann, kaum von beachtlicher Größe oder Aussehen. Seine rechte Hand unter der Kugel bewegte sich, als knetete sie etwas. Sila wusste es ganz genau, seine Kräfte waren es, die ihre Magie gebändigt hatten. Ein schwacher Rauch und das Wasser verdampfte. Der Mann ließ die Arme sinken und lächelte die beiden Drachen an.

"Verzeihen Sie mein plötzliches Eindringen, meine Damen, aber der Vordereingang war mir nicht vergönnt. Doch das wissen Sie ja bereits", er kam zwei Schritte auf sie zu. Zwei Schritte zu viel, aber die beiden Drachen ließen sich nichts anmerken. "Ein wirklich netter Schutzwall, muss ich zugeben", fuhr er fort. Sein entspanntes Auftreten ließ das Blut der Lóng kochen.

"Selbst in Abwesenheit Ihres Königs eine undurchdringbare Mauer, sehr faszinierend."  

Er wusste, dass der König außer Haus war. Sila hörte, wie Kyias Muskeln anspannten. Die Augen auf den Eindringling fokussiert, versuchte die Lóng mehr über den Mann zu erfahren. Dass er kein gewöhnlicher Herr war, musste kaum mehr gesagt werden. Aber etwas störte sie an ihm. Die Art seines Auftretens, sein Erscheinungsbild, sowie seine gesamte Redensweise passten nicht zueinander. Er war ein Paladin, nein, er musste ein Paladin sein, denn nur sie waren in der Lage, Magie zu wirken und eine Strecke wie die nach Dragor unbeschadet zu überstehen. Man überwand den Weg zwischen der Drachenmetropole und dem Schloss lediglich, wenn man des Fliegens mächtig war - oder auf andere heimtückische Fähigkeiten zurückgreifen konnte. Doch was machte ein einzelner Paladin in Dragor? Waren noch andere zugegen? Verbargen diese ihre Aura genauso gut wie dieser hier? Und überhaupt - ein Paladin, der weder Rüstung noch Helm trug? Was war das für ein Mann, der in einfaches Leder gekleidet war, scheinbar mit Arroganz den beiden Drachen gegenüberstand? Vielleicht ein Ablenkungsmanöver. Sila schielte zu ihrer Freundin. Der Bergdrache gab kein Zeichen des Zweifels. Dann sollte Sila auch nicht zweifeln.

"Eine dumme Idee, hierher zu kommen…Paladin", sagte sie und brachte sich in Angriffsstellung." Er sollte ruhig wissen, dass er ihnen nichts vormachen konnte.

"Aber, aber", hob er seine Hände und lächelte versöhnlich, "ich habe wirklich nicht die Absicht, mich mit Ihnen anzulegen. Ich bin nur hier, um Ihnen ein paar Fragen zu stellen. Wie ich hörte, wohnt seit Kurzem unter Ihnen ein Drachenmensch-"

Das war Kyias Zeichen. Wie der Blitz schnellte der Bergdrache nach vorne, direkt auf den Paladin zu. Die Faust war mit der Magie des Bergdrachen getränkt, ein Stein war nichts im Vergleich zu Kyias Knochen und der Kraft, die daraus einhergingen. Mit ebendieser Kraft zielte sie auf den Paladin.

"Also wirklich", er hob seinen Arm, seine Handinnenfläche entließ eine Druckwelle, der den Bergdrachen an die nächste Felswand schleuderte. Sila hielt den Atem an. Zum Glück waren nicht nur Kyias Fäuste aus Stahl. Den Rücken mit dem Drachen in sich verschmolzen, milderte dieser den Sturz ab, Kyia war bereits wieder auf den Beinen, bereit für den nächsten Angriff.

"Das ist aber nicht die feine Art", stöhnte der Paladin, "aber nun gut - was soll man auch anderes erwarten, nicht wahr? Bestie bleibt eben Bestie." Sein Blick verdüsterte sich, während das Grinsen fratzenartige Züge annahm. Endlich zeigte das Monster sein wahres Ich. Von wegen friedliche Absichten!

"Sila", Kyias Stimme hallte durch ihren Geist. Die Lóng verstand. Es galt jetzt, einen kühlen Kopf zu bewahren. Wenn sie sich nicht täuschte, konnte der Mann die Schallwellen der Drachen kodieren. Das bedeutete, sie hatten es mit einem starken Paladin zu tun.

Nun denn; Silas Augen begannen zu glühen, sie wich zur Seite aus, Kyia stürmte von links auf ihn zu. Dabei das Schwert aus der Scheide gezogen, ließ sie ihre Drachenmagie auf die Klinge wirken. Rotbraune Streifen umwickelten die scharfe Seite, mit voller Stärke holte Kyia aus. Das Schwert traf auf widerspenstiges Metall. Der Paladin hatte ebenfalls ein Schwert gezückt und parierte die Schläge des Bergdrachen allesamt.

"Ein Bergdrache und eine Lóng", sagte der Paladin, während er sich dem Schutz der nächsten Lücke bediente und einige Meter Abstand zwischen sie beide brachte. "Wie überaus lästig", er fuchtelte mit den Armen und schlug einen Eispflock nach dem nächsten weg. Aber Kyia ließ ihm keine Pausen. Ein Schlag von oben, die Erde erzitterte und der Paladin verschwand unter dem Krater und einer ein Meter hohen Staubschicht.

"Netter Versuch", hallte es von oben. Kyia schnellte den Kopf in die Richtung.

"Kyia, ein Hinterhalt", schrie Silla, doch zu spät. Arme packten sie an den Füßen. Es waren dutzende Hände, die aus der Erde emporragten. Ein Erdzauber, dachte Sila und ließ die Blicke zu den Dracheneier wandern, während Kyia eine Hand nach der anderen weg stieß. Sila konnte nicht länger ihre ganze Aufmerksamkeit Kyia widmen, sie musste sicher gehen, dass den Eiern nichts passierte. Auch wenn der Paladin sie nicht sehen konnte, waren sie nahe genug an der Magie, um Schaden nehmen zu können.
 

"Vergiss' es, Drache!" Sila drehte sich um, ein Angriff von hinten! Eine zweite Druckwelle beförderte den Bergdrachen direkt neben ihre Freundin. Kyia stöhnte auf.

"Bist du verletzt?", flüsterte Sila ihrer Freundin zu.

"Wir haben nicht die Zeit", fauchte Kyia und sie verstand sofort.

"Du verdammter-", knurrte Sila. Ihr Herz raste, sie spürte das Adrenalin durch ihren Körper fließen. Erst strömte die Magie über ihre Augen. Die Lòng war an der Reihe. Die Attacken des Paladins waren großflächig und Kyias Kräfte zu impulsiv, als dass die Schlucht keinen Schaden davon nehmen würde.

"Niemand kommt ungestraft in unser Territorium!", rief sie. Wasser formierte sich in ihren Händen. Mehrere Wellen peitschten in alle Richtungen, die Hände spülte es aus dem Boden. Jetzt rannte Sila los, auf den Paladin, dessen hinterhältiges Versteck sie aufgespürt hatte. Der Felsen zu ihrer Linken, am dritten Vorsprung, dort hatte sich diese Kröte versteckt. Die Lóng rief weitere Schichten Wasser herbei, wie Stufen ebneten sie Sila den Weg nach oben. Sie sprang, ihre Bewegungen wurden eins mit dem Wasser in ihren Händen.

"Du bist nicht der einzige, der Spielchen spielen kann, Paladin!" Ihr Körper kühlte aus - in unmenschlicher Geschwindigkeit war sie weit unter dem Gefrierpunkt. Sila atmete aus, formte ihren Atem nach ihrem Willen, so wie es seit Generationen den Lóng weitergegeben wurde. Ein Speer legte sich auf ihre Handinnenfläche, aus Trockeneis geboren, könnte dieser tödlich für denjenigen enden, der seine Spitze berührte. Die Wirkung hielt nicht lange, aber Sila verschwendete keine Zeit, holte aus und schlug mit voller Wucht zu. Eis traf auf Fleisch, die Spitze hatte den Arm erwischt. Tief versenkte sie die Waffe in seinen Körper. Das Knacken von Knochen und der Arm wurde abgetrennt. Blut spritzte ihr ins Gesicht. Der Paladin lachte. Laut, schallend, dass es in sämtliche Nervenbahnen eindrang und Sila irritiert zurückließ.

Er riss die Augen auf. "Zu spät, Wasserdrache!" Ein Klirren, Sila wandte sich der Quelle zu, als ihr Gesicht inmitten der Bewegung verharrte. Schließlich wurde ihr Kopf herumgerissen, sie starrte Kyia direkt in ihr entsetztes Gesicht.

"Nein", schrie der Bergdrache, doch Kyia war zu weit weg. Sila sah nur noch, wie ihre Freundin ihr Schwert mit beiden Händen packte.

"Kyia", stöhnte die Lóng. Die Luft wurde dünn, der Druck an ihrem Hals war unerträglich.

"Nicht bewegen, kleine Bestie", säuselte der Paladin in ihr Ohr. Sila knirschte mit den Zähnen, bewegte sich aber nicht. Verdammt, was war nur los?

"Eine Schönheit wie du", sagte er und packte sein Schwert ein. Es schien, als interessierte ihn nicht, dass der Bergdrache einen nächsten Angriff vorbereitete.

"Ein richtiges Schmuckstück", sagte er weiter und zog den Eiszapfen aus ihrem Haar, "und dazu noch so selten. So eine wie du passt gut in meine Sammlung."

"Niemals", knurrte Sila.

"Du hast es scheinbar noch nicht begriffen, Drache, aber du gehörst bereits mir."

Sila stockte der Atem. Der Paladin hob seine Hand, zwei dicke Ketten aus Stahl hatten sich um sein Handgelenk gewickelt. Der Druck an ihrem Hals wurde stärker, sie fasste nach ihrem Nacken - kalt und fest hatte sich das Halsband wie ein Strick um ihren Hals gewickelt. Man hatte sie ausgetrickst!

"Und jetzt", lachte er und zog an dem Stahl, dass Sila herumwirbelte und direkt auf Kyia zu sprang.

"Halt mir dieses lästige Weib vom Leib!", der Befehl hallte durch Sila durch. Der Drache in ihr rebellierte, ihr Hals wurde warm, sie spürte das Halsband, die Knechtschaft, von der sie nur aus Erzählungen wusste. Ein Stromschlag folgte und Silas Körper bewegte sich von allein. Sie streckte den Arm aus, eine Ladung Wasser drängte den Bergdrachen zurück an die Wand.

"Es tut mir leid", rief Sila, obwohl sie sich gerade selbst nicht verzeihen konnte. Langsam stützte sich Kyia am Felsen ab.

"Weiter!", befahl der Paladin und Sila ballte die Hände zur Faust. Sie wollte das nicht, nein, ihr Innerstes schmerzte, ihr Herz verkrampfte, aber sie hatte keine Kontrolle über sich. Die Kräfte strömten aus der Lóng, direkt auf Kyia zu. Diese wollte ausweichen, aber Sila kannte ihre Freundin. Sie sammelte die Magie in ihren Augen, das Leuchten erhellte die Felsen und mit zusammengepressten Lippen entließ sie ihre Kräfte. Kyia erstarrte. Den Mund aufgerissen, rang diese nach Luft, aber das Wasser schnürte ihr die Kehle zu. Tropfen für Tropfen sickerte aus ihrem Mund. Bergdrachen bestanden aus sechzig Prozent Wasser. Genug, um Kyia außer Gefecht zu setzen. Wie lange sie gegen den Druck ankam, wusste Sila nicht. Sie hoffte, dass es lange genug ausreichte. Hilfe sollte unterwegs sein. Im letzten Moment hatte Sila ihre Aura auf das gesamte Areal verteilt. Wenn der König bereits in der Nähe war oder wenigstens die Streitkräfte um Dragor ihr Signal erkannten…

"Nun zu dir, meine Hübsche", schnurrte der Paladin.

"Was willst du?"

Aber der Paladin zog an den Ketten, dass Sila auf den Boden geschleudert wurde. Der Aufprall schürfte ihre Knien auf, das Gewand riss und eine Blutspur zog sich über die Erde.

"Ich hatte nur ein paar Fragen", sagte der Mann, sprang vom Felsvorsprung und landete vor Silas Gesicht. Dort, wo sein abgetrennter Arm gewesen war, tropfte weiterhin das Blut, ein normaler Mensch wäre längst verblutet und auch ein gewöhnlicher Paladin sollte sich doch langsam mal heilen müssen. Welchen dreckigen Zauber hatten sich diese Scheusale diesmal ausgedacht?

"Ihr wolltet einfach nicht hören." Er schüttelte den Kopf.

"Damit kommst du nicht durch", Sila versuchte sich aufzurichten. Die Stiefel des Paladins traten Sila in die Seite, die Lóng krümmte sich, ein weiterer Tritt auf ihre rechte Hand folgte. Sila fauchte, damit sie nicht vor Schmerz heulte.

"Du weißt scheinbar nicht, wo dein Platz ist", knurrte der Paladin. Er sah auf Sila herab, sie spürte seinen Hass, die Überlegenheit in seinen Augen und die unkontrollierte Wut in ihm. Diese war jedoch nichts im Vergleich zu ihrem eigenen Zorn.

"Solange ich nicht das bekomme, weshalb ich hier bin, werde ich auf andere Weise auf meine Kosten kommen. Und ich bin noch lange nicht zufrieden." Er lächelte schief. "Also, Schätzchen", er schwenkte seinen einzigen Arm, dass die Ketten straffer wurden und Sila zurück auf die Füße stellte. "Fangen wir mit deinem kleinen Geheimnis an." Er zog noch einmal kräftig, dass Silas Gesicht auf die Felswand zu ihrer linken gerichtet war.

Das Schimmern war nur für diejenigen sichtbar, welche die Schutzmauern errichtet hatten. Das Glühen der Eier spürte Sila bis hierher, die Ungeborenen nahmen die Veränderungen wahr - ein sensibler Moment für die Nachkommen.

"Denkst du, ich weiß nicht, was das für ein Ort ist?", der Paladin legte eine Hand auf ihre Schulter. Sie wollte sich davon befreien, aber sie war wie festgewachsen. Ihre Gedanken galten den Eiern. Ihre Angst wuchs mit jedem Augenschlag, der sie weiter zur Erkenntnis brachte.

"Weißt du, euer König hat mir über hundert Drachen weggenommen. Da ist es doch nur fair, wenn ich dasselbe mit euch mache." Fingernägel krallten sich in ihre Schultern. Es brannte, mit jedem Zentimeter, den er tiefer in ihr Fleisch eindrang.

"Lös' die Schutzzauber auf!"

"Nein!"

"Das war keine Frage", knurrte der Paladin. Egal, was sie machte, Sila war nicht fähig, seinem Willen zu widerstehen. Tränen liefen aus ihren Augen, als diese ein weiteres Mal zu glühen anfingen und die Schutzmagie aufhoben, die diesen Ort umgab. Selbst die Mauern der anderen Weibchen zerfielen durch die Macht der gebürtigen Lóng. Die Höhleneingänge begannen erst matt zu schimmern, ehe die Eier ihre wahre Gestalt offenbarten. Es leuchtete in allen Regenbogenfarben, das Spektakel war nur denjenigen vergönnt, die ihre Eier das erste Mal schlüpfen sehen sollten, und nicht einem Paladin, der auf Rache aus war. Der einzigartige Moment war den Weibchen genommen - ein Anfang des wahren Grauens, das folgen sollte und Sila musste es mit eigenen Augen sehen.

"Sehr gut", lobte der Paladin und verhöhnte damit alles, was Sila sich die Jahre aufgebaut hatte. Das Vertrauen, die Mühen, die Verhandlungen und das viele Durchsetzen. Sie biss sich auf die Unterlippe. Sie schmeckte die salzigen Tränen, die sie nicht aufhalten konnte.

"So ist's brav", lächelte der Paladin und ließ von ihr. Sein Blick ruhte auf den unzähligen Eiern. Zerbrechliche Geschöpfe, aufgewachsen in einer einzigartigen Schale, die bald aufbrechen sollte. Sila wusste, wie versessen manche Paladine nach ihnen waren. Die Drachenjäger hatten viele abartige Artgenossen hervorgebracht - Reiter, Diebe und Schlächter. Die kostbaren Schalen, die schwerer als Gold aufwogen, waren für Drachenjäger eine besondere Herausforderung. Es gab so viele verschiedene und die seltensten und kostbarsten Eier waren hier versammelt.

"Das sind wirklich hübsche Eier", er stemmte die Hände in die Hüften, Sila sah den Soll seiner Arbeit in seinen Augen aufblitzen. Wie viel ihm der Großmeister für ein paar Volan- und Lóngeier zahlen würde?

"Und diese da-" ohne hinzusehen, wusste Sila, dass er auf ihre zeigte. Die Perlmuttfarbenen, die im Mondlicht in einem zarten Blauton schimmerten. Sie lagen ganz außen, im Schutz der Höhle - der einzig verbliebenen Mauer. Schwach und ausgeliefert.
 

"Töte sie!"



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