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Drachenjagd

Die Himmelsgöttin
von

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Izara

Weitere zwei- dreimal musste Solar an Izara und Mayabe appellieren. Die beiden Freundinnen lagen sich lange in den Armen. Izara versprach, dass sie sich fortan öfter sehen würden. Als Prinzessin musste es doch möglich sein, Mayabe und ihre Mutter aufs Schloss zu holen - oder? Schließlich lösten sich die beiden voneinander. Einzelne Tränen rannen das Kinn herunter, dann drehte sich Izara um und folgte Solar aus der Stadt.

"Bist du sauer?", fragte Izara und eilte dem Blitzdrachen hinterher.

"Ich bin nicht sauer", entgegnete Solar knapp.

"Doch bist du", sie hatte Mühe, hinterher zu kommen, "weil ich getrunken habe und meinen Spaß hatte."

"Ich bin nicht sauer", wiederholte er, die Lippen fest zusammengepresst.

"Ich verspreche dir, du wirst meinetwegen keinen Ärger kriegen."

Solar antwortete nicht. Grimmig hielt Izara inne. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und wartete, bis Solar es bemerkte.

"Der Volan hatte recht", sagte er. Solar war stehen geblieben, den Rücken hatte er ihr aber immer noch zugewandt. "Es war zu riskant. Selbst wenn dich nur ein paar Drachen und Wyvern gesehen haben, hätte es auch ganz anders laufen können. Mitten im Spätlesefest - was, wenn Spitzel irgendwo auf der Lauer lagen. Oder Paladine wieder versucht hätten…" Er fasste sich durchs Haar. "Wenn dir etwas zustößt-"

"Mir geht es gut", unterbrach sie ihn. Eigentlich hatte sie vorgehabt, stehen zu bleiben, aber…

"Dass du mich heute mitgenommen hast", sie stand nun dicht hinter ihm, "das war nicht falsch. Du hättest mir kein größeres Geschenk machen können... Ja, ich weiß, ich bin die Drachenprinzessin und ich will auch gar nicht mehr vor meinem Schicksal davon rennen, aber", sie senkte die Stimme, "aber darf ich nicht einmal etwas tun, das mich glücklich macht? Muss es denn immer nur darum gehen, was ich bin? Darf ich nicht einmal Izara sein?"

"Du bist Izara", erwiderte Solar rau, "denkst du, es geht mir um etwas anderes?"

Sie sah auf, und obwohl er sie nicht sehen konnte, lächelte sie ihm zu. Solar lief weiter. Dem Sonnenuntergang entgegen. Genau hinter den zwei Felsen, die den Palast bildeten, sanken die Strahlen immer tiefer. Ein blassroter Himmel, dann war die Sonne gänzlich verschwunden. Die Nacht kehrte ein, das ruhige und stetige Zirpen der Zikaden ließ Izara langsam zur Ruhe kommen. Sie hatte sich neben Solar eingefunden. Mit Zeigefinger und Daumen hatte er eine kleine Blitzkugel geschaffen, die ein Stück des Weges beleuchtete.

"Wenn du willst, dass ich ein wenig Licht erzeuge-", begann Izara und wurde von Solar unterbrochen.

"Das erweckt zu viel Aufsehen. Dein Licht ist einzigartig."

"Naja, nicht ganz", winkte Izara ab und ärgerte sich, dass sie selbst mit dem Thema angefangen zu hatte.

"Deine Kräfte sind anders als die unseres Königs."

"Weil ich zum Teil ein Mensch bin", knurrte Izara.

"Nein. Weil du eine Himmelsgöttin bist. Dein Licht ist viel…intensiver." Solar kratzte sich an den Kopf.

"Ich weiß überhaupt nichts von meinen Kräften", gestand sich Izara traurig ein, "als ich sie das letzte Mal benutzt habe, wäre ich fast verblutet."

Solar hielt inne. Mist, das hatte sie doch gar nicht verraten wollen. Ihre Zunge gehorchte ihr aber auch nicht! Sie biss sich auf die Unterlippe.

"Also", nuschelte sie, "was ich damit sagen wollte-"

"Pst", er streckte einen Arm aus, die Blitzkugel zerdrückte er mit seiner Faust. Izara wäre fast in ihn hineingelaufen. Sie wollte fragen, was los war, als Solar sie auch schon herum wirbelte und an einen der Bäume drückte. Der Geruch von Kiefer und Heu stieg in ihre Nase auf. Izara hielt den Atem an. Dann hörte sie es auch. Schritte. Ihr Herzschlag wummerte gegen Solars Brust. Der Blitzdrache hatte Izara mit seiner Statur vollkommen überschattet, ein Entkommen schien unmöglich, selbst wenn sie gewollt hätte, und Izara wollte ganz sicher nicht, dass er sich bewegte. Auch er atmete nicht, sein ganzer Körper spannte sich an, Izara konnte einzelne Muskeln ertasten. Die Schritte wurden lauter. Es klackerte leicht. Solars Atem berührte ihre Kapuze.

"Fehlalarm", raunte Solar und atmete tief aus, "das Geräusch erinnert mich immer-"

"An Ketten?", Izara hatte dasselbe gedacht. Die Bilder von Paladinen, die mit Ketten durch die Straßen marschierten, Drachen erwählten und zur Belustigung hinterher sich herzogen. Wenn sie ihre Beute erspähten, ließen die Paladine ihre Leinen gerne einmal über den Boden schleifen. Genau dieses Geräusch hatte sie geglaubt, gehört zu haben. Aber es war kein Paladin und auch keine Kette. Es war der Laut eines Lindwurms, der über den Boden kroch.

"Der Schwanz eines Lindwurms ist so hart wie Stahl. Daher das Geräusch", murmelte er in den Stoff ihres Umhangs. "Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe."

"Muss es nicht", flüsterte Izara, "es gibt Dinge, die kann man nicht so leicht vergessen."

"Ich wünschte, ich könnte so manches vergessen." Solar war noch immer angespannt, seine Präsenz so nahe wie noch nie.

"Was meinst du?"

"Deinen Duft zum Beispiel." Die Worte schwebten über ihnen. Izaras Magen zog sich zusammen.

"Er hat sich verändert", sagte er mit kratziger Stimme, "seit ich weiß, wer du bist…nein, seit ich weiß, wer du nicht bist, ist alles…komplizierter."

"Solar", hauchte Izara. Seine Nähe umhüllte sie mit seinem Duft, der sich mit etwas anderem, Intensiverem zu vermischen drohte. Wie von selbst reagierte ihr Körper. Obwohl etwas in ihr bereit dazu war, wickelte sich ein unsichtbares Band um ihre Brust und zog sie von Solar weg. Der Blitzdrache hörte sofort auf, das Gefühl verschwand und eine peinliche Stille legte sich zwischen ihnen. Kalter Wind trennte die beiden unabdingbar voneinander.

"Ich bitte um Verzeihung."

Izara war noch nicht ganz bei sich, als Solar auch schon auf die Knie gegangen war.

"Ich hätte das nicht tun dürfen."

"Nein, Solar, ich…", sie hätte nie gedacht, einmal in so eine Lage zu geraten. Und dann auch noch mit Solar.

"Ich", Izara ließ die Schultern hängen, "ich liebe dich, Solar. Genauso wie ich Mayabe, Levis oder Kaia liebe."

"Ich verstehe", antwortete Solar überraschend gefasst, "ich verspreche dir, es wird nicht wieder vorkommen."

"Versprich' mir lieber", sie schaute weg, zu dreist kam ihr diese Bitte vor. Schnell sprangen die Worte von ihren Lippen. "Versprich' mir, dass du mich nicht verlässt - als Bruder, als Freund. Ich möchte dich nicht auch noch verlieren."

Solar schaute sie mit großen Augen an. Schnell fasste er sich wieder, erhob sich und legte die Hand auf das Abzeichen.

"Ich verspreche, meiner Prinzessin auf ewig ergeben zu sein - als Bruder und auch als Freund."
 

*
 

Den Rest des Weges redeten sie kein Wort mehr darüber. Solar verfiel in Schweigen und auch Izara hing ihren eigenen Gedanken nach. Das Ziehen in ihrer Brust hatte aufgehört, dennoch spürte sie, wie etwas in ihren Körper eingedrungen war. Eine unsichtbare Barriere, eine Art Schutzzauber, der sie mit Gewalt von Solar entrissen hatte. Selbst wenn sie es gewollt hätte, ihr Körper schien das letzte Wort zu haben und das fiel gnadenlos aus.

"Was wirst du jetzt machen?", fragte Izara, kurz bevor sie das Schloss erreicht hatten.

"Du wolltest doch mit dem König sprechen."

"Das habe ich auch noch vor", Solars Stimme klang so abgeklärt wie immer, "aber sein Leibwächter meinte, ich sollte morgen wiederkommen, also muss ich mich gedulden und bis morgen warten."

"Aber wenn du schon mal hier bist", Izara zeigte auf die Palasttore. Solar schüttelte den Kopf.

"Ich halte mich an die Regeln. So weit ist es nach Dragor nicht, vielleicht werde ich auch irgendwo im Hain warten."

"Ich setze dich doch nicht wie einen reudigen Straßenköter vor die Tür!" Sie blieb kurz stehen. Seufzend - denn es brachte ja eh nichts, gegen Solars Einstellung zu rütteln -, lief sie weiter. An den Toren begrüßten sie zwei Wachen. Izara zog die Kapuze herunter und befreite ihr Haar von dem wirren Zopf. In seichten Wellen fiel das feine Haar über ihren Umhang. Solar war dabei voranzuschreiten, als sie ihn am Ärmel packte und den Boden anvisierte.

"Solar", murmelte sie. Angesprochener versteifte sichtlich, sagte aber nichts.

"Was deinen Vater angeht - ich werde dir bei deiner Suche helfen. Ich weiß noch nicht, wie, aber ich werde alles versuchen, um dir zur Seite zu stehen."

Solar drehte sich nicht um, aber die Anspannung blieb. Schließlich nickte er und beide betraten das Schloss.



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