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Diagnose: Schreibblockade

Dreimonatige Challenge
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Braucht ihr den Trubel der Stadt oder laugt der euch eher aus? Und falls ihr öfter mal in der Natur unterwegs seid: Habt ihr auch schon beobachtet, wie viele sich dort aufhalten und letztlich gar keinen Blick für deren Schönheit haben? Komplett anzeigen

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16.2.2024: faselig

Er hatte nur eine Halbtagsstelle und trotzdem war er auch an diesem Tag zu Feierabend wieder so erschöpft, wie andere nach einer Zehnstundenschicht. Sein Kopf dröhnte, der Nacken war verspannt und die Augen brannten. Ein bisschen konnte ihn die Musik in seinen Kopfhörern ablenken, aber trotzdem drang viel zu viel der Unruhe an ihn heran. Menschenmassen, wohin das Auge fiel. Egal, ob er bei seinem Weg zum Zug durch den Park lief, durch die Einkaufspassagen oder am Bahnhof entlang: Überall war Gefasel, Hektik, Lärm. Es zerrte an seinen Nerven und laugte ihn aus. Wie froh war er da, als er endlich am Bahngleis stand und seinen Zug heranrollen sah. Bald wäre er zuhause. Bald würde er die Stadt und ihren Stress hinter sich lassen können. Kurz schloss er die Augen und atmete tief durch, ehe er ins Abteil trat und sich einen freien Sitz suchte. Es war um die Mittagszeit und nicht allzu viel los. Trotzdem fand er auch hier keine Ruhe: Nur wenige Reihen hinter ihm saß eine Gruppe junge Frauen in ihrem Vierersitz und beschallte den halben Zug mit ihren Erzählungen.

„Wie kann man nur so faselig sein?“, dachte er und drehte seine Musik so hoch es ging – sie kam nicht gegen das Gerede an. Er wollte nichts wissen über Zahnarztbesuche und Diäten. Über Modetrends oder das nervige Berufsleben dieser Frauen. Konnten sie nicht ein bisschen leiser sein?

Seine Fahrt dauerte nur wenige Minuten und trotzdem konnte er es gar nicht erwarten, aus dem Zug zu stürmen. Die Haltestelle lag ländlich und abgelegen. Mit jedem Schritt von ihr weg ließ er die Stadt und ihr Chaos mehr hinter sich. Die Bewegung tat ihm gut, ganz zu schweigen von der frischen Luft. Er liebte das Leben auf dem Land und die Arbeit in der Stadt war für ihn nur ein notwendiges Übel. Eines, das ihn so auslaugte, dass sich gar nicht vorstellen konnte, wie seine Kraftreserven für eine Vollzeitstelle ausreichen sollten. Zum Glück brauchte er nicht viel zum Leben und kam mit dem Geld irgendwie zurecht. Und zum Glück hatte er bald ein paar Tage Urlaub. Er dachte daran, was er in seiner freien Zeit dann alles machen wollte und trat das letzte Hindernis auf seinem Weg nach Hause an: Den Feldweg, der auch von vielen Spaziergängern und Hundebesitzern genutzt wurde. Eigentlich war er wunderschön und ermöglichte einen herrlichen Blick über die Landschaft, aber viele der anderen Besucher achteten darauf gar nicht. Sie liefen durch die Natur und nahmen die Natur dabei gar nicht richtig wahr. Ihre Gespräche waren so laut, dass sie die Tiere im hohen Gras verschreckten. Sie waren so in ihr Gerede vertieft, dass sie nicht mitbekamen, wie Schwärme von herrlichen Vögeln über sie hinwegflogen oder ihre Hunde kreuz und quer über die bestellten Äcker und Weideflächen rasten und damit ihre Schäden hinterließen. Ganz zu schweigen von den Tretminen oder liegengelassenen Spielzeugen. Für sie waren die Natur und das Land nur Abenteuerspielplätze, aber nicht das Zuhause anderer, in das sie sich selbst ungefragt als Gäste einluden.

„Warum kann man nicht einfach diese Schönheit genießen und dabei Rücksicht auf andere nehmen?“, murmelte er und bog in den kleinen Feldweg ein, der zu seinem Haus führte. Was war er froh, dass dieses Stückchen so wenig einladend wirkte, dass kaum jemand sich hierhin verirrte – und er dank der hohen, dornigen Hecke wieder ungestört in die Schönheit seines Gartens eintauchen konnte, als er endlich durch das Eingangstor seines Zuhauses schritt. Wie hatte er dieses kleine Paradies vermisst.



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