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Feenblut

Frühlingsevent Discord
von

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Sie war viel zu verwirrt, um klar zu denken. Fast automatisch kämmte sie die Haare mit dem fremden Kamm. Sie spürte, wie sie sich beruhigte. Der Kamm tat ihr gut. Elfenmagie war unglaublich mächtig. Die Sichel umklammerte sie mit der anderen Hand fest. Alleine das gab ihr etwas Mut. Zwerge waren ein friedliches Völkchen, die stolz auf ihr Handwerk waren. Zwerge fürchteten sich vor so gut wie nichts. Die Flügel konnte das Mädchen immer noch nicht bewegen. Es fühlte sich an, als wäre auf einmal ihr Feenblut aus ihr gesaugt worden. Heisse Tränen rannen ihr über die mit Schlamm verklebten Wangen. Wenn sie keine Halbfee mehr wäre, wären ihre Eltern sicherlich enttäuscht. Dann wäre sie ein niemand. Nutzlos. Unwürdig. Quasi ein gewöhnlicher Mensch.

Sie war doch so stolz darauf, eine Fee zu sein. Warum durfte sie nicht stolz darauf sein?

Panisch schloss sie die Augen. Der Nebel verwirrte ihren Geist. Sanft pickte ein Vögelchen ihr in die Hand. Der leichte Schmerz holte sie zurück.
 

Ich muss ruhig bleiben. Das ist sehr starke Magie. Magie einer alten Rasse, da bin ich mir sicher.

Antoinette versuchte sich zu konzentrieren. Da ihr Feenmagie blockiert war, musste sie auf ihre anderen Kräfte vertrauen. Sie hatte Feenblut in sich, stammte jedoch auch von einer mächtigen Zauberersippe ab. Ihr Urgrossvater beschützt heute noch ein Buch, welches das Tor der Hölle öffnen konnte. Er hat bis heute keinen würdigen Nachfolger für diese Aufgabe gefunden. Antoinettes Wangen verfärbten sich vor Scham. In diesem Augenblick flammte kurz die Erkenntnis auf, wie sehr sie ihren Vorfahren unrecht tat.

Sie konnte stolz auf sich sein. So wie Cat es wäre. Cat war auf alle ihre Vorfahren stolz.

Wieder pickte ein Vögelchen ihr in die Hand. Dieses Mal heftiger. Der Nebel war nun so dick, das Antoinette nichts mehr erkannte. Der Kamm fiel ihr aus der Hand.
 

Wie hatte die Stimme sie genannt? Ein junges Ding, das ihr Leben ohne Reue geniessen darf. Dies stimmte. Sie konnte ihr Leben geniessen. Aber trotzdem hatte sie viele Sorgen. Der Sportunterricht machte ihr zu schaffen. Sie konnte immer noch nicht ihre Flügel richtig benutzten. Sie hasste es, sich körperlich fest anzustrengen. Auch beim Fach Geschichte hatte sie Schwierigkeiten. Oft verwechselte sie Namen und Jahreszahlen.

Das schlimmste für Antoinette war die Tatsache, das sie sich ausgeschlossen fühlte. Die Feen akzeptierten die nicht. Feen waren, auch wenn man es sich nicht vorstellen konnte, gehässig und eifersüchtig. Jede Gelegenheit wurde ausgenutzt, um dich selbst in besseres Licht zu rücken.

Egal was sie tat, nie war sie in den Augen der anderen Fern gut genug.

Wut. Scham. Angst.

Antoinette spürte diese Gefühle in sich. Wollte sie unterdrücken.
 

Was konnte sie dafür, das es ihr aufgefallen ist, das die magische Feder verschwunden ist? Das dieser Trick nicht ihr galt? Die Muse wusste nicht, was für ein Glück sie hatte. Sie war nicht nur eine gewöhnliche Muse, sie stammte von den heiligen neun ab.
 

Die Gefühle wurden stärker. Langsam konnte sie bloss noch Wut fühlen. Wie konnte irgendjemand es wagen, sie wie eine dumme Marionette zu benutzen? Ihre Wangen färbten sich nun rot vor Zorn. Niemand durfte es wagen, so mit ihren Gefühlen umzugehen! Sie war Antoinette Goldglow. Eine mächtige Zauberin. Ihre Familie hütete Geheimnisse, die konnten sich Feen und Elfen nicht in ihren kühnsten Träumen vorstellen.

Sie bemerkte nicht, wie ihre Magie ihren Körper übernahm. Mit einem wütenden Schrei setzte die Schülerin ihre Macht ein. Der Nebel lichtete sich Stück für Stück. Sie erblickte Walhberht. Mit grossen Augen sah er sie an. Furcht war in seinen freundlichen Augen zu sehen. Die Muse, die dem Troll wohl alles erzählt hatte, zuckte zusammen. Sie wedelte mit den Armen, wollte verhindern, das ihre jüngere Mitschülerin eine Dummheit tat.
 

Doch es war zu spät. Ihre Flügel leuchteten auf, sowie ihre Augen. Das Feenblut übernahm die Kontrolle über das Mädchen.

 
 

[***]

"Sprich, weshalb wagst du es, meine Zeit zu stehlen?"

Antoinette war nicht mehr zu erkennen. Ihre liebenswürdig und jugendliche Arroganz war verschwunden. Ihre Aura strahlte heimtückisch. Vorsichtig näherte sich ihr der Troll. Seine Verletzungen spürte er nicht. Trolle waren Immun gegen alles, was sie selbst nicht als Verletzungen wahrnehmen. "Kleine, hör auf den guten Walhberht. Sei wieder du" , sprach er sanft. Antoinette warf ihm einen angewiderten Blick zu. "Troll, ich habe nicht erlaubt zu sprechen", flötete sie. Die Muse seufzte. Das wollte sie nicht. Sie wollte der Fee niemals solche Angst machen.

Niemals war sie oder Walhberht in tödlicher Gefahr. Der Hausmeister war bloss so verletzt, weil er einen grossen Teil ihrer Magie angefangen hat. Und vermutlich würde er es das Gleiche wieder versuchen.
 

Die Muse sah zu ihren Füssen. Sie musste jetzt ihren Fehler wiedergutmachen. Mit festen Schritten schwebte sie zu der Fee. "Ich bin die, welche du suchst", sprach Menamplia. Die Fee legte den Kopf schief. Ihre Augen funkelten. Bevor sie antworten konnte, holte Menamplia aus ihrem Ausschnitt das gesuchte Objekt hervor. Die Feder strahlte auch im Feenraum erhaben. Ihre Magie liess die Fee erzittern. Sie musste den Impuls unterdrücken, nach der Feder zu greifen.

"ICH versuchte Euren Geist zu verwirren. Ein unschuldiges Geschöpf …", langsam senkte die Muse den Blick. Die Worte von Walhberht klangen immer noch in ihren Ohren. Und zu sehen, wie ihre jüngere Mitschülerin in ihrer Magie gefangen war, gab ihr einen Stich in ihr Herz. Hatte die Angst solche starke Macht? Das hätte sie nie erwartet. Antoninette sah nie so aus, als würde sie solche Zweifel in dich haben.
 

Sie erkannte, dass sie nicht von ihrer Bestimmung weglaufen könnte. Das sie ihr Leben nicht umschreiben konnte. Ihre Cousinen hatten stets recht gehalten. Bestimmung war Bestimmung.

"Hat meine Ausstrahlung dir die Gespräche verschlagen?"

Das Lachen der Fee klang wie das einer schrillen Geige. Missmutig blickte der Troll zwischen den beiden Schülerinnen hin und her. In seinen Augen blitzte nun väterliche Strenge.

"Meine Liebe, der gute Walhberht übernimmt das Reden", seine Stimme war gewaltig. Er liess die Umgebung erzittern. Selten konnte man ihn so hören. Perplex, fast schüchtern, nickte die Muse. Ihre langen Wimpern verdeckten ihre klaren Augen. Sie atmete tief ein und aus.

Der Troll nutzte seine Kräfte. Spürte er keine Schmerzen?

"Wag es …!"

"Du bist ein liebes Mädchen. Walhberht glaubt an dich. An Antoinette."

Ungläubig blinzelte die Fee. Ihre Mundwinkel zuckten spöttisch. Ihre Körperhaltung strahlte pure Arroganz aus. Doch ein winziges Funkeln in ihren Augen verriet, das Antoinette ihn hörte.

Die Vögelchen zwischerten leise. Eines hüpfte auf den Kamm zu und pickte auf ihn herum. "Nimm den Kamm, meine Kleine. Walhberht erzählt dir eine Geschichte."

Die Stimme des Trolls war nicht mehr väterlich. Doch seine Augen strahlten wie am Anfang. Fürsorglich war sein Blick. Die Fee nahm den Kamm. Sie fing an, ihre langen Haare zu kämmen. "Nun sprich schon, Troll", flötete sie.

 

 
 

[***]

"Der gute Walhberht erkannte den Pinsel. Meine Vögelchen sagten mir, das du auch diesen Gedanken hattest. Dieser Pinsel ist nicht von der Schule."

Die Vögelchen plusterten sich auf. Sie zwitscherten aufgeregt. Die Finger der Fee klammerten sich an den Kamm. Antoinette versuchte, die Kontrolle über ihren Körper wieder zurückzubekommen. Irgendwie konnte sie sich erinnern, was sie in diesem Moment gedacht hatte. Sie erinnerte sich, wie ihre Freundin Cat ihr über Magie sprach. Das es Artefakte gab, die so sehr mit der Magie des Blutes verwoben ist, das sie ihre wahre Natur niemals verbergen können. Ob die Muse nicht lügen konnte? Ob sie unbewusst einen Hinweis hinterlegen wollte? Oder war es für die Muse ein Spiel? Langsam erschien ihr das Bild aus einem Buch in ihren Gedanken. Sie wollte sich erinnern, jedoch konnte sie es nicht. Das Feenblut übernahm wieder ihren Geist. Bevor sie wieder zu einer echten Fee wurde, sah sie zu Menamplia.

Die Muse lächelte und sagte nur diese Worte: "Ich habe dies alles getan."
 

Augenrollend widmete sich die Fee weiterhin ihr Haaren. Was interessierte sie eine alberne Schnitzeljagd? Sie versuchte sich beruhigen. Warum versuchte ein Teil von ihr, die Macht zu unterdrücken? Der Troll setzte seine Erzählungen fort.

"Unser Schulschatz ist was wirklich Besonderes. Unsere liebenswerte Menamplia kann mit der Feder unglaubliche Dinge anstellen. Der gute Walhberht kennt nun die Wahrheit. Die ganze Wahrheit."

Schnaubend drehte sich die Fee im Kreis. Sie fixierte die Muse.

"Sprich, was möchte der Troll andeuten?"

Bevor Menamplia ihre Stimme erheben konnte, bewegte sich der Hausmeister. Mit Schrecken bemerkte sie, das die Risse in seiner Haut grösser geworden sind.

"Mit ihrer im Blute uralten Magie und dem magischen Schulschatz hätte sie ihr Leben umschreiben können. Der gute Walhberht kann die Verzweiflung verstehen. Weglaufen löst keine Probleme. So lange Walhberht lebt, ist dies nie passiert."
 

Zischend drehte sich die Fee um. Gerade wollte sie ihren Unmut Luft machen, da stockte sie. Ihre Flügel zitterten. Wie ein Stein plumpste sie zum Boden. Der magische Raum, den die Fee erschaffen hatte, schwang. Kurz erkannte man den Schulgarten und den See, in den die Schülerin fast gefallen war.

Die Stimme der Muse erreichte Antoinette. Die Muse erklärte ihr in einfachen Worten, was es alles bedeutet und warum sie diese Spuren gelegt hatte.

Menamplia wollte sich mit der magischen Schreibfeder ein neues Leben erschreiben. Das sie sich ein Leben ohne Druck erfinden wollte. Ein Leben, das sie selbst bestimmen konnte.

Warum sie Spuren hinterliess? Das konnte sie nicht sagen. Sie wollte wohl gefunden werden.

Doch nicht von einer Schülerin wie sie. Die Muse gab zu, eifersüchtig auf jede jüngere Schülerin zu sein.

Die Schuppen der Nixe hatte sie gesammelt, als sie zusammen Sportunterricht hatten. Das Antoinette sie Nixe auch getroffen hatte, war Zufall.

Mit den Walküren gab es stets Differenzen. Musen und Walküren hatten eine uralte Fehde. Deswegen die Notenblätter. Gestohlen hatte Menamplia diese mit purer Absicht.

Ihren privaten Pinsel, die wichtigste Spur. Darüber schwieg sie.

Ob sie aufgehalten werden wollte? Auch darüber schwieg sie eisern.

"Antoinette Goldlfow. Bitte nimm meine aufrichtige Entschuldigung an." Demütig knickste Menamplia. Sie neigte ihren Kopf, schloss ihre Augen.
 

Walhberht, der wachsam die Szene beobachtete, trat näher. Seine Vögelchen setzten sich auf die Schulter der jüngeren Schülerin. Zwischerten fröhlich.

Mein Herz ist froh. In der Kleinen ist eine liebe Seele. Sanft nahm der Troll zitternden Antoinette in die Arme. Er spürte, wie ihr Feenblut langsam die Macht über ihren Körper und Seeler verlor.

Stolz füllte den Troll. Sein Plan mit dem Kamm ist aufgegangen. Er würde sich bei wahren Besitzerin entschuldigen.

 

 

 

 
 

[***]

"Hey Küken! Aufwachen. Die Sonne scheint. Geh raus und … Geh Weg! Es starrt mich an!"

Der Otter verfolgte spielerisch das Heft. Verschlafen öffnete Antoinette die Augen.

Das verzweifelte Schimpfen ihres Hausaufgabenheftes vermischte sich mit dem schelmischen Lachen ihrer Freundin Cat. Ihr Otter wuselte im Krankenzimmer übermütig herum. Sein Keckern liess Antoinettes Herzschlag beschleunigen.

Alles ist gut. Alles ist in Ordnung.

Sie konnte sich bloss noch bruchstückhaft erinnern.
 

Doch was ihr Herz am meisten zeriss, ist wie sehr Walhberth litt. Er musste sich schonen. Seine Wunden waren tief. Und sie trug eine grosse Mitschuld daran.

Das ihre Eltern einen Brief zugeschickt bekamen, war ihr egal. Das sie von den Sommeraktivitäten ausgeschlossen wurden, wurmte sie zwar, sah jedoch ein, warum das ihre Strafe war.

Was Antoinette tief betrübte, war die Drohung der Schulleiterin, das sie aus dem Internat herausgeworfen werden würde. Tief in Gedanken versunken, sah sie zu ihrem Hausaufgabenheft. Wie gerne würde sie weiterhin mit ihm lernen. Mit ihm ihre Hausaufgaben durchgehen.
 

"Toni! Hör auf zu Flennen. Damit änderst du überhaupt nichts."

"Das tue ich nicht. Das sind Tränen des Schlafes."

"Wie auch immer du es nennst. Du flennst. Rotze läuft dir aus der Nase. Deine Augen sind feuerrot."

Cat holte ein schwarzes Taschentuch hervor. Bestickt mit ihrem Otter und ihren Namen. Schwesterlich putzte sie ihr die Tränen ab, danach half sie ihr, die Nase zu schnäuzen.

"Aufzugeben passt nicht zu dir. Wo ist dein Stolz? Immerhin bist du ne Fee!"

Möchte ich … wirklich eine Fee werden? Ich würde mich schon freuen, im Internat zu bleiben. Ich will nicht nochmals die Kontrolle über mich verliere.
 

“TONI!”

Erschrocken zuckte sie zusammen. Sie blickte in das Gesicht ihrer Freundin. Der Otter sprang ihr auf die Schulter. Seine Nase berührte ihre Wange. Er pfiff und stupste sie an.

"Du hast mir nicht zugehört. Wie nett."

Cat erhob sich hektisch. Nicht weil sie böse auf ihre Freundin war, sondern weil die Direktorin und ihre Stellvertreterin das Zimmer betrat. Die beiden Frauen blickten streng zu zwei. Die Krankenschwester, eine stämmige Zwergin, watschelt in den Raum. Ihre grauen Augen sahen zu den Schülerinnen.

Sie nickte kaum merklich.

"Die Freundin soll bleiben. Das ist gut für die Gesundheit."

"Egal was passiert. Ich werde an deiner Seite bleiben", flüsterte Cat. Sie zwinkerte Antoinette verschwörerisch zu.

Antoinette atmete tief ein und aus.

Sie würde dieses Mal nicht davon laufen und die Schuld jemand anderem geben.
 

Und falls sie herausgeworfen wurde, würde sie zuerst die Schuld begleichen.

Auch wenn er ein dummer Steintroll war, konnte er nicht so herumlaufen. Walhberht brauchte eine neue Schürze und Hut.

Blumen würden ihm sicher schmeicheln. Rosen wären perfekt für ihn. 

 

 



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