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NCIS One-Shots

... für Zwischendurch zum Lesen.
von

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Zwei Seiten - Part Two

27. Mai, 20.37 Uhr, Washington DC, israelische Botschaft – ein Hinterzimmer

Verdammt. Was hatte ich eigentlich erhofft? Ich war einem Täter gefolgt, hatte meine ehemalige Partnerin als diesen enttarnt und war ihr weiterhin gefolgt. Und nun? Verdammt … was hatte ich denn tun wollen? Sie festnehmen? Aber warum tat ich das dann nicht, redete noch normal mit ihr, hatte sie sogar umarmt … ?! Was war los mit mir?

Noch bevor ich realisierte, dass ich einen Moment lang so tief in meinen Gedanken versunken war, dass ich nichts um mich herum bemerkte, war Ziva verschwunden und wieder zurückgekehrt – mit einem erste Hilfe-Koffer. Sie war, als ich erkannte, was geschah, dabei, mir meinen Ärmel hoch zu krempeln, scheiterte jedoch daran, dass es nicht so hoch zu krempeln war, wie meine Verletzung war.

„Tony, zieh dich aus.“

Verblüffung. Ich starrte sie im wahrsten Sinne des Wortes mit offenem Mund und völlig sprachlos an.

„Hier und jetzt?“

„Wo und wann denn sonst?“

Sie hielt einen Moment inne und musterte meinen Gesichtsausdruck, dann realisierte sie erst, was ich verstanden hatte, knuffte mich leicht in die Seite und grinste kopfschüttelnd.

„Nicht was du denkst! Dein Hemd. Ich versorge trotz allem die Wunde.“

„Ich sagte, du musst nicht.“

„Ich gebe es nur ungern zu, aber wenn ich die so sehe, bekomme ich doch fast schon ein schlechtes Gewissen.“

„Das will ich erleben. Deshalb bleibt die Antwort auch bei nein.“

„Anthony DiNozzo!“

Sie wollte mich zurechtweisen, ging auf mich zu und blieb direkt vor mir stehen, so nahe, dass ich genau riechen konnte, was sie für ein Shampoo genutzt hatte, was sie für ein Parfum, ob ungewollt oder gewollt, aufgetragen hatte und ich genau in ihre faszinierend dunkel-braunen Augen blicken konnte.

Schweigend und langsam machte sie sich an meinen Hemdknöpfen zu schaffen. Wenn ich nicht wollte, dann würde sie eben handeln – wie immer. Auch mein kleinlauter Protest wurde einfach abgewimmelt und als ich sie mit meinen Händen stoppen wollte, hörte sie dennoch nicht auf. Die Stärke und der Wille, den sie dabei in ihr Handeln legte, waren enorm. Zudem … ich war ein Mann und welcher Mann ließ sich nicht gerne von einer Frau – egal für welchen Zweck – entkleiden?

„Ziva, Ihr Vater möchte Sie spre-“

Der Typ von der Botschaft war zurückgekehrt … Rubén, oder wie Ziva ihn genannt hatte. Na super. Gerade jetzt.

„Ich … “

Er suchte nach den passenden Worten, schien das Falsche zu denken, blickte von Ziva, die mein Hemd aufknöpfte, zu mir, der ihre Handgelenke festhielt. Seine Haltung veränderte sich deutlich, seine Gesichtsfarbe wurde um einige Nuancen roter. Er dachte wirklich das Falsche … !

„Gut, ich komme gleich.“

Hatte sie nicht bemerkt, was er dachte? Wie wir aussahen? War es ihr vollkommen egal? Verstehe einer mal diese Frau!

„Eh … j-ja. Gut … ich … i-ich richte es ihm aus.“

Völlig von der Rolle. So verlieren Israelis also ihre Fassung! Wenn das immer bei solchen Dingen geschah, war es wirklich einiges wert … ich hatte diesen Kerl ohnehin nicht wirklich gemocht und war deutlich erleichtert, als er das Zimmer fast schon fluchtartig verließ.

„Ich mach das selbst.“

Bot ich ihr an, ließ ihre Handgelenke los und blickte sie an.

„Der muss gedacht haben, dass du etwas anderes vorhast, als mich zu verarzten.“

Sie nickte nur, schwieg. Langsam ließ sie die Hände sinken, wich meinem Blick aus, während ich mein Hemd gänzlich aufknöpfte und meinen Arm freimachte.

„Du machst deine Sache gut. Ich könnte mir vorstellen, dass auch andere so denken.“

Was erzählte sie mir da, während sie meine Wunde reinigte, desinfizierte und verband? Ich war gut? Worin? Wer sollte das auch meinen? Hatte ich etwas verpasst? Aus welchem Film stammte das?

„Doch manchmal muss man wissen, wann Ende ist, wann man aufhören sollte.“

„Wozu erzählst du mir das, Ziva?“

Sie half mir, mein Hemd wieder ganz anzuziehen, machte sich wieder an meinen Knöpfen zu schaffen. Dabei fiel mir auf, dass sie das nur tat, um das leichte Zittern ihrer Hände zu verbergen, dass mir schwach auffiel. Es passte nicht zu ihr, nicht zu dieser starken Frau, die nie ein Zeichen von Schwäche zeigte.

„Ich erzähle es dir, weil ich denke, dass ich dir diesen Ratschlag schuldig bin. Wir sollten im Grunde nun quitt sein.“

Der letzte Knopf.

„Quitt? Hatten wir je eine Rechnung offen?“

„Ich wollte dich umbringen, habe ich verletzt. Nun ist deine Wunde versorgt und ich konnte dir einen ehrlichen Ratschlag geben. Damit wäre meine Schuld getilgt.“

„Da war nichts, Ziva! Du machst mehr Wirbel um etwas, als nöti-!“

„Mein Vater wollte mich sprechen. Ich sollte gehen und ihn anrufen. Er wartet ungern.“

„Klär ihn besser über das auf, was dein sogenannter Butle-“

„Rubén ist kein Butler! Er arbeitet hier wie jeder andere auch. Und ich werde ihm nichts erklären müssen.“

Ich atmete tief durch, schloss einen kurzen Moment lang die Augen und blickte sie dann wieder an. Doch – sie war verschwunden, so wie sie es häufiger getan hatte, als wir noch in einem Team gewesen waren. Diese Art … nur Gibbs und sie hatten sie beherrscht und damit hatte ich mir so einige Male Ärger eingeheimst, da ich Dinge getan hatte, die ich lieber hätte unterlassen sollen. Doch … wie sagte man? Auf frischer Tat ertappt, so muss man seine Schuld eingestehen, da führt kein Weg vorbei.
 

Selbiger Tag, 20.54 Uhr, Washington DC, israelische Botschaft

„Nein, ich werde nich- … Nein, das werde ich ganz bestimmt nicht tu- … Ich habe einen eigenen Willen!“

Ich hatte das Hinterzimmer verlassen, war an Rubén, so unsympathisch er mir auch war, vorbeigegangen und konnte nun Ziva gedämpft reden hören. Sehen konnte ich sie auch schon – nur war dort kein Gesprächspartner, abgesehen von dem Telefon an ihrem Ohr.

„Er weiß es. … Nein, es gibt noch ander-“

Warum sprach sie Englisch? Es war doch eindeutig, dass sie mit ihrem Vater sprach, oder etwa nicht? Wollte sie, dass ich sie verstand, falls ich an ihr vorbeigehen sollte? Doch was sollte das Ganze dann?

Sie legte auf, wirkte ein wenig gereizt. Daher beschloss ich, sie nicht anzusprechen, ging einfach an ihr vorbei, wollte die Botschaft verlassen, blieb dann doch vor der Tür stehen und drehte mich um, blickte sie ein letztes Mal an. Sie sah mich ebenfalls an, schien meinen Blick in ihrem Rücken gespürt zu haben.

„Was wirst du tun?“

„Ich werde dich laufen lassen. Niemand muss wissen, dass du im Land bist, dass ich dich gesehen habe.“

Die Idee war schon länger in meinem Sinn, doch ich hatte mich nicht mit ihr anfreunden können, immerhin hatte ich Director Vance, zwar ungewollt, schon darüber informiert, aber ich würde sagen können, ich hätte jemanden gesehen, der ihr sehr ähnlich gewesen war.

Langsam nickte Ziva, ihren Blick prüfend auf mir ruhen lassend. Ihre Körperhaltung verriet, wie angespannt sie war, sie hatte die Arme vor dem Körper verschränkt und stand einfach nur dort, blickte mich an, schien abzuwarten, was ich als nächstes tun würde.

„Mach keinen Ärger, Ziva.“

Was sollte ich denn sonst sagen? Ich wollte, dass sie blieb, dass sie zum NCIS zurückkehrte! Doch … wenn sie das tun würde, wäre die Deckung, die ich ihr geben wollte, unbrauchbar … einfach vernichtet. Und bei mir bleiben ging auch nicht, es würde auf das Selbe herauskommen. Sie musste zurück in ihr Land, zurück zum Mossad, zu ihrem Vater … ihrer Behörde, vielleicht der restlichen Familie … vielleicht hatte sie Tanten oder Großeltern, wer wusste das schon?

Ich drehte mich wieder um, ging auf die große Eingangstür zu, öffnete sie langsam und trat hinaus auf die Straße, drehte mich nicht um, sah nicht zurück, bis die Tür hinter mir wirklich ins Schloss gefallen war. Dann begab ich mich langsam in Richtung Höhle des Löwen … zum Navy Yard, auf dem das Hauptquartier des NCIS' lag.
 

Selbiger Tag, 21.30 Uhr, Washington DC, Navy Yard – NCIS, Director Vance's Büro

„Was fällt Ihnen ein, solch eine Behauptung aufzustellen, DiNozzo?!“

Vance saß an seinem Schreibtisch, nein … an Jennys Schreibtisch, und sah mich wutentbrannt an. Man konnte ihm förmlich ansehen, wie er um seine Fassung rang, wie er sie auf keinen Fall verlieren wollte, und wie sie ihm dennoch davon lief.

„Er hat keine Behauptung aufgestellt, Leon. Er hat jemanden unpassender Weise falsch identifiziert, aber so etwas kommt vor. Zudem ist er persönlich nach seiner Suchaktion erschienen, um seine Identifizierung wieder aufheben zu lassen.“

Gibbs setzte sich für mich ein! Ein seltener Moment! Ich sollte ihn mir wirklich ins Gedächtnis brennen lassen, vor allem, da Vance noch mehr von seiner Fassung verlor und ich Gibbs deutlich ansah, wie sehr er diesen Triumph genoss, obwohl er es mir wohl niemals gestanden hätte.

„Dennoch. Es ist spät, er hätte seinen Fehler eher eingestehen müssen, Gibbs.“

„Leon, ich sehe nicht das Problem in der Sache. DiNozzo sollte nach hause, der Tag war anstrengend, zudem ist er verletzt.“

„Er soll sich von Dr. Mallard untersuchen lassen.“

„Ducky ist schon zuhause, Leon. Lass ihm seinen Feierabend. Wie man sehen kann, ist DiNozzo doch schon versorgt worden.“

Vances Blick glitt von Gibbs zu mir, blieb an der versorgten Wunde am Arm hängen. Er nickte kaum merkbar, richtete seinen Blick dann wieder auf Gibbs.

„Die Frage ist, wer hat ihn so schnell versorgen können?“

„Wo liegt der Sinn hinter dieser Frage?“

„Wenn er Zeit genug hatte, sich versorgen zu lassen, wieso ist er dann nicht eher zurückgekehrt? Wieso hat er nicht länger gesucht?“

Ich seufzte. Meine Lider wurden schwer, ich hatte Schwierigkeiten, meine Augen noch länger offen zu halten. Die Aufregung und die Wunde ließen mich langsam müde werden. Und Gibbs merkte das.

„Leon, entlassen wir DiNozzo für heute. Morgen wird er noch einmal Rede und Antwort gestehen, wenn es sein muss. Aber zunächst einmal sollte er sich ausschlafen.“

Vance sah unglücklich mit Gibbs Meinung aus, nickte aber dennoch. Wahrscheinlich sah er ein, dass sein Agent Recht hatte und ein weiteres Gespräch mit mir keine weiteren Ergebnisse bringen würde. Deshalb nickte er noch einmal und Gibbs und ich waren entlassen.
 

Selbiger Tag, 23.13 Uhr, Washington DC, kleine Wohnung in zweiten Stock, Schlafzimmer

Unruhig wälzte ich mich im Bett hin und her. So sehr mein Körper nach Schlaf schrie und so sehr ich ihm diesen auch gönnen wollte, ich konnte einfach nicht schlafen. Zivas Worte gingen mir nicht aus dem Kopf, ich sah ihr Gesicht immer wieder vor mir, hörte noch einmal den Schuss, der mich kurz darauf streifte, und fragte mich, ob ich Gibbs hätte einweihen sollen, dass Ziva wieder zurück in Washington DC war und dass sie die Person war, nach der man suchte.

„Man, DiNozzo … “

Ich redete schon mit mir selbst, um mich zu beruhigen. Wie weit war ich noch vom Verrückten entfernt? Weit? Oder eher doch relativ nahe dran?

„ … komm zur Ruhe und schlaf endlich!“

Ein klarer Gedanke würde mir dabei helfen – oder eben einfach das Gehirn ausschalten. Doch wie? Es ließ sich nicht ausschalten … und einen Knopf hatte ich bisher auch nicht gefunden. Selbst die Kopfnuss, die ich mir eigenhändig verpasste, weniger stark als Zivas oder Gibbs' seine, brachte nichts. Ich war wirklich nahe am Verrückten dran.

Die Klingel läutete und rettete mich aus meinem Vorhaben, gänzlich verrückt zu werden. Ich stand auf, hechtete zur Tür und öffnete diese. Da war es mir völlig egal, dass ich nur Boxershorts und ein weites, weißes T-Shirt trug.

„Shalom, Tony.“

Mein Gehirn setzte für einen Augenblick aus. Meine Augen starrten eine Zeit lang die Person vor mir ungläubig an. Meine eine Hand ruhte noch immer auf dem Türgriff, die andere auf dem Türrahmen. Mein Mund ging auf, doch kein Ton kam heraus.

„Störe ich dich … bei irgendetwas?“

Ihr Blick fuhr kurz an mir herab, bevor er wieder auf mein Gesicht gerichtet wurde, während ich sie noch immer anstarrte, als sei sie ein Geist, eine Halluzination meiner verrückten Gedanken.

„Z-Ziva … “

Mühsam hervorgebracht. Mein Gehirn nahm seine Arbeit wieder auf, meine Augen schienen langsam wieder auf mich hören zu wollen und auch die sonstigen Funktionen meines Körpers begannen ihre Arbeit von neuem.

„Was machst du hier?“

„Ich … habe nichts wirkliches zu tun.“

„Und dein Job?“

„Alles, was ich brauche, ist vorbereitet. Ich habe nichts mehr zu tun, Tony.“

Sie wiederholte sich, aber im Grunde war das gut so: Mein Gehirn hatte noch nicht hundert Prozent Leistungsfähigkeit erlangt. Wahrscheinlich wusste sie das.

„Dann … eh … komm rein.“

Ich machte ihr den Weg frei, trat zur Seite und ließ sie ein, dann verschloss ich die Tür hinter ihr und blickte sie weiter an, während sie sich kurz umsah.

„Du hast deine Möbel umgestellt.“

„Nun, es ist lange her, seit du das letzte Mal hier warst.“

„Es ist lange her, dass ich irgendwo war ... weil ich es so wollte … “

„Willst du denn hier sein, Ziva?“

„Ich bin aus freien Stücken zu dir gekommen, Tony.“

Sie hatte sich auf mein Sofa fallen lassen, blickte mich aus aller Seelenruhe an und lächelte minimal. Dieses Lächeln war etwas, was ich während unserer getrennten Wege vermisste. Ich mochte es so sehr, es war zögernd und dennoch ehrlich gemeint, zeigte einerseits ihre wahre Seite, andererseits war es ebenso antrainiert worden, wie all die anderen Fähigkeiten, die sie besaß.

„Doch warum?“

Ich setzte mich ihr gegenüber in den Sessel, blickte sie fragend an und beobachtete sie zugleich auch ein wenig.

„Du bist der einzige, der weiß, dass ich hier in Washington bin.“

„Und Rubén, euer Laufbursche?“

„Rubén ist kein Laufbursche, Tony. Er ist Mitarbeiter der israelischen Botschaft und damit ei-“

Sie unterbrach sich, als ich gähnte. Ich hielt mir zwar die Hand vor den Mund und ich gähnte nicht aus Langeweile, sondern weil die Müdigkeit mich wieder einmal überkam, doch sie bemerkte es.

„Ich habe dich aus dem Bett geholt … “

„Nein, warte.“

Sie hatte sich erhoben, wollte gehen. Nun aber war sie stehen geblieben und blickte mich fragend und abwartend zugleich an, während ich ebenfalls aufstand und sie ansah.

„Ich konnte ohnehin nicht schlafen. Du rettest mich nur vor der Verrücktheit meiner Gedanken, Ziva.“

„Verrücktheit deiner Gedanken?“

„Du warst bis vor einigen Stunden nicht in meinem Leben, du warst in meinen Erinnerungen, aber nicht mehr im hier und jetzt. Du warst fort und doch warst du mit einem Male da. Die Umstände dessen sind banal und doch haben sie für dieses Treffen gesorgt. Ich hätte dich festnehmen sollen, habe es aber gelassen. Ich habe Vance angelogen und Gibbs ebenso. Er hat mich sogar noch vor Vance verteidigt … wobei ich eher annehme, dass er das auch getan hat, weil er Vances Verhalten Leid ist und es so richtig genossen hat.“

„Was willst du mir damit sagen?“

„Ich frage mich, warum ich dich habe laufen lassen.“

„Das kannst nur du selbst beantworten.“

Ich nickte ein wenig, überlegte. Währenddessen wanderte ihr Blick durch den Raum, blieb an meinen Videos und DVDs hängen. Sie grinste, sagte aber nichts.

„Willst du einen sehen?“

Sie sah mich an, ihr Grinsen blieb bestehen, dann nickte sie.

„Gern.“
 

28. Mai, 01.56 Uhr, Washington DC, kleine Wohnung in zweiten Stock, Schlafzimmer

„Ich hätte mir nicht erträumen lassen, dass bei dir eine Übernachtung auch ohne Betreibung deines Lieblingssports geht, Tony.“

„Nun … da sieht man, wie wenig du mich eigentlich doch kennst. Keine Akte der Welt kann das beurteilen.“

Sie lachte leise, während sie sich anders positionierte und ihren Kopf mit der linken Hand abstützte. Ihr Blick ruhte auf mir, ihr anderer Arm lag zwischen uns, musste aber immer wieder eine ihrer Locken hinter ihr Ohr verbannen.

„Danke, Tony.“

„Keine Ursache.“

„Nein, ich meine es ehrlich. Nach allem … “

Die Berührung ihrer Hand an meiner Hand sorgte in meinem Inneren für ein Gefühl, wie ich es nur selten erlebt hatte. Ich musste meine Augen kurz schließen, um mich nicht gänzlich zu verraten.

„Du kehrst zurück, oder?“

Sie seufzte, nickte dabei. Ihr Blick ruhte noch immer auf mir, doch an Stelle der Ruhe in ihnen trat nun etwas, dass wie Trauer aussah. Nur zu gerne hätte ich gewusst, was in ihr vorging, hätte sie zu gerne danach gefragt, aber ich wusste, sie würde es mir nicht erzählen. Sie gab solche Dinge nun einmal nicht preis.

„Nachdem ich fertig bin, werde ich zurück nach Tel Aviv kehren. Dort erwartet mich dann noch mehr Arbeit.“

„Und … du wirst auch nicht darum bitten, zurück zu uns kehren zu dürfen?“

„Ich muss meinen Vater nicht darum bitten.“

Bereuend, seufzend, mit einem Mal irgendwie kalt. Sie schloss einen Augenblick lang die Augen, schien sich beruhigen zu müssen. Schließlich öffnete sie wieder die Augen und sah mich an.

„Ich habe ihn schon darum gebeten, aber er hat es abgelehnt.“

Ich sah sie an, bemerkte, wie sie mit einem Mal traurig aussah. In ihren Augen konnte ich Tränen glänzen sehen, was so gar nicht zu ihr passte. Ihre Stimme zitterte, als sie sprach. Mein Bedürfnis, sie trösten zu müssen, wurde geweckt.

Langsam näherte ich mich ihr, legte dann meine Arme vorsichtig um sie. Ich wollte sie trösten, irgendwie beruhigen und doch versteifte sie sich zunächst ein wenig, bis sie vermutlich meine Absicht in meinem Handeln erkannte, dann ließ sie es zu, schlang ihre Arme um mich und vergrub ihr Gesicht an meiner Schulter.

Ich seufzte. So eine Ziva David war ich nicht gewöhnt. Es passte nicht zu dieser starken Frau, die sich nie ein Zeichen von Schwäche anmerken ließ. Es passte so gar nicht.

„Vielleicht bittest du ihn, wenigstens in Washington DC arbeiten und leben zu dürfen?“

„Er würde es nicht erlauben, Tony.“

„Doch wieso?“

Sie entfernte sich wenige Zentimeter von mir, sah mir in die Augen, seufzte. Als sie sprach, war ihre Stimme so leise, dass ich zunächst vermutete, mich verhört zu haben.

„Die Nähe zu dir macht ihm Angst. Er befürchtet, mich verlieren zu können ... “
 

28. Mai, 09.45 Uhr, Washington DC, Navy Yard, Großraumbüro

Das unverkennbare Geräusch des Fahrstuhls, der gerade auf der Etage, auf der sich zum einen die Schreibtische des Teams, in dem ich war, befanden, riss mich aus meinen Gedanken und während die Türen langsam zur Seite glitten und ich aus dem Fahrstuhl trat, wanderte mein Blick noch einmal, so wie er es so oft während der Fahrt im Fahrstuhl getan hatte, zu der dunkelhaarigen Frau, die mir langsam aus dem Fahrstuhl folgte.

McGee war schon anwesend, er saß an seinem Schreibtisch, vertieft in irgendetwas, was er auf seinem Monitor las. Wahrscheinlich mal wieder irgendeine E-Mail. Gibbs schien ebenfalls anwesend zu sein, doch er saß nicht an seinem Schreibtisch. Dennoch verriet ihn die große Anzahl der leeren Kaffeebecher im Mülleimer neben seinem Schreibtisch, der jede Nacht geleert wurde.

„Morgen, Bambino.“

Ich warf meine Sachen hinter meinen eigenen Schreibtisch, schaltete den Computer und den Monitor ein und ließ mich auf meinen eigenen Stuhl fallen.

„Morgen, Tony.“

McGee begrüßte mich, ohne auch nur einmal den Blick von seinem Monitor zu nehmen. Somit bemerkte er auch nicht die dunkelhaarige Frau, die ihre Sachen auf ihren ehemaligen Schreibtisch mir gegenüber stellte und sich ebenfalls auf den Stuhl fallen ließ. Sie sagte nichts, sondern beobachtete McGee nur eine Weile, bis sie mich dann schließlich wieder ansah. Ich erwiderte den Blick grinsend.

„Hoffen wir, dass es klappt.“

„Wie war das? Im Film hat das funktioniert.

McGee hob bei dem Klang ihrer Stimme von seinem Monitor, blickte zunächst mich an, dann sie. In seinem Gesicht konnte man grenzenlose Verwirrung erkennen, er öffnete den Mund, um ihn Sekunden später wieder zu schließen. Man konnte förmlich sehen, wie er versuchte, ihre Anwesenheit sich selbst zu erklären.

„Shalom, McGee.“

„Z-Ziva!“

„Ja, ich bin es.“

Sie nickte, sah ihn an und grinste.

„Du hast Tony meine Anwesenheit zu verdanken.“

Während die beiden einander ansahen und sich einiges zu berichten hatten, lehnte ich mich auf meinem Stuhl zurück und blickte wie durch Zufall nach oben. Dort auf der Empore stand Gibbs, sah mich an und grinste kurz. Es war ein kurzes, aber wissendes Grinsen, eines der seltenen Grinsen, die man bekam, wenn man etwas Gutes vollbracht hatte – und das noch hinter dem Rücken der Direktoren Vance und David, NCIS und Mossad.



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