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Life is a Gamble

Jounouchi/Kaiba
von

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Kapitel 21

Kuwabara wies das Sondereinsatzkommando dazu an, die Strecke zu nehmen, von der Jounouchi erzählt hatte. Jounouchi beharrte weiterhin darauf, mit den Einsatzkräften mitzukommen. Kaiba verzog keine Miene. Es war ihm buchstäblich egal, was dieser drittklassige Duellant machte. Wenn er der Ansicht war, dass er sein Leben sinnlos riskieren musste, dann sollte er das ruhig tun. Das war nun wirklich nicht sein Problem. Solange Yuugi pünktlich zum Finale erschien und ihr Duell planmäßig stattfand, war alles drumherum nicht so wichtig. Kaiba mochte es zwar nicht, seine Termine über den Haufen zu werfen, doch er beschwichtigte sein schlechtes Gewissen damit, dass er einfach nur ein paar Überstunden machen musste und dass Mokuba ihm sicher helfen würde, die verlorene Zeit aufzuholen. Das Einhalten von Terminen war in der KC sehr wichtig, denn nur so konnte man seine Ziele auch erreichen.
 

Kaiba versuchte noch einmal Yuugis GPS Signal zu orten, doch dessen Duel Disk musste beschädigt worden sein, sodass er kein Signal finden konnte. Jeder Duel Disk war mir einem GPS System ausgestattet, sodass man schnell einen Duellanten ausfindig machen konnte. Kaiba fand dies äußerst hilfreich, insbesondere da er nur Interesse an seinem Rivalen hatte und er diesem stets einen Schritt voraus sein konnte. Dass der Duel Disk beschädigt sein musste, war zwar nicht gut, aber kein allzu großes Problem. Er würde Yuugi einfach rasch ein neues Modell bauen, das er auf ihn zuschnitt. Besondere Duellanten wie er und Yuugi verdienten auch einzigartige Duel Disks, wodurch sich die beiden nur noch mehr von der Menge abhoben. Sobald Yuugi wieder zurück war, würde alles wieder seinen gewohnten Gang nehmen.
 

„Ich komme mit, Jounouchi“, sagte Mokuba und ging entschlossen einen Schritt auf den Blonden zu.
 

Kaiba konnte seinen Ohren nicht trauen. Was hatte sein Bruder gerade gesagt? War er denn nun völlig übergeschnappt? Das konnte er unter keinen Umständen zulassen! Dieser verdammte Jounouchi war ein schlechter Umgang und stachelte ihn dazu an, Dinge zu tun, die sich jeglicher Vernunft und Logik entzogen. Das hier war doch kein Kinobesuch oder sonst irgendeine Freizeitbeschäftigung! Sofort kam er den beiden näher und obwohl er sich selbst innerlich dazu ermahnte, ruhig zu bleiben, konnte er das Beben in seiner Stimme nicht unterdrücken und er wurde weitaus lauter und ungehaltener als er es wollte. Es fiel ihm immer einfach, seine Gefühle unter Verschluss zu halten und auch wenn andere diesen Zorn falsch interpretierten, so war er im Moment derart aufgewühlt, dass er nicht anders konnte als seine Stimme zu erheben.
 

„Du bleibst hier! Bist du lebensmüde oder was?“, keifte er und packte seinen kleinen Bruder grob an der Schulter, riss diesen zu sich um, um ihm genau in die Augen zu sehen und ihn hoffentlich von seinem Plan abbringen zu können. Der Schwarzhaarige vermied es seinen Blick zu erwidern, schlug die große Hand seines Bruders weg und ging einen Schritt von diesem weg. Er vergrößerte die Distanz zum Brünetten. Dieser atmete tief ein und überlegte fieberhaft, was er tun musste, um ihn davon zu überzeugen, dass er nicht mitkam.
 

„Nii-sama, ich tue, was ich für richtig halte. Ich werde meine Freunde nicht im Stich lassen und ich will mit meinen eigenen Augen sehen, dass es Yuugi gut geht!“
 

Ohne sich weiter aus Diskussionen einzulassen, wandte sich Mokuba um und ließ seinen Bruder sprachlos zurück. In Kaiba loderte der Zorn. Verstand sein kleiner Bruder wirklich nicht, in was für eine Gefahr er sich brachte? Ihre Gegner waren unberechenbar. Das waren Kriminelle, die vor nichts zurückschreckten und mit Sicherheit keine Rücksicht auf einen Minderjährigen nahmen. Höchstens, dass sie Mokuba in Gefangenschaft nahmen und dann ein hohes Lösegeld von Kaiba forderten, um diesen unversehrt zurückzuerhalten. Auch wenn Jounouchi ein guter Kämpfer war, war es nicht auszuschließen, dass sein Bruder verletzt werden könnte. Die anderen Mitglieder des Sondereinsatzkommandos waren geschulte Soldaten, dennoch wollte er nicht zulassen, dass sein kleiner Bruder eine Dummheit begann. Kaiba wollte dieses Risiko auf keinen Fall eingehen!
 

„Du bleibst hier! Hörst du mich!?“, kam es wutentbrannt von ihm und er wollte erneut nach Mokubas Hand greifen und ihn von dem gepanzerten Wagen wegziehen, doch dieser wich erneut zurück, wandte sich rasch um und warf dem Brünetten einen verletzten, aber auch kämpferischen Blick zu. Er machte mit seiner Körperhaltung und seiner Mimik klar, dass er sich von seinem Entschluss nicht abbringen lassen würde. Sein kurzes Haar flog ihm ins Gesicht, als er sich so rasch umdrehte. Wann nur hatte er sich so sehr verändert? Wie konnte es sein, dass Kaiba nichts bemerkt hatte?
 

„Yuugi würde dasselbe für mich tun! Nein, er hat das bereits mehrmals getan!“, gab er zurück und stieg nun gemeinsam mit Jounouchi in den Wagen.
 

Der schwer bewaffnete Mann in seinem Sturmanzug tat es ihm gleich, verkündete mit strengen Worten, dass sie nicht noch länger warten konnten und dass Kaiba sich überlegen musste, ob er bereit war, mitzukommen oder lieber hierbleiben wollte. Zähneknirschend gab Kaiba nach und stieg ebenfalls in den gepanzerten Wagen, welcher nur wenige Sekunden später den Motor laut brummend startete und über den grauen Asphalt raste. Bei jeder Kurve quietschten die Räder und als Kaiba sich in diesem kleinen Innenraum befand, wurde er leicht panisch. Noch einmal versuchte er Mokuba zur Vernunft zu bringen, doch dieser zog sich, ohne ihn auch nur zu beachten, eine kugelsichere Weste an und streifte sich einen Schutzhelm über, während er das Equipment checkte und sicher ging, dass auch sein Headset richtig funktionierte. Kaibas verzweifelte Worte und seine beinahe flehende Stimme ignorierte er.
 

Auch Jounouchi hatte sich die Kampfmontur übergezogen. Für einen Moment hielt Kaiba inne und musste beeindruckt feststellen, dass Jounouchi in diesem Aufzug mehr hermachte als in seinem üblichen zerschlissenen Shirts und den verdreckten Jeans, die er sonst trug. Jounouchi war fest entschlossen. Hin und wieder hörte man Funksprüche der anderen Einsatzwägen, die ihre Koordinaten durchgaben und versicherten, dass die Bodentruppen sofort zur Hilfe eilen würden, wenn sie gebraucht wurden.
 

„Mokuba, du musst mir nichts beweisen! Du musst hier nicht den Helden spielen!“, versuchte es Kaiba erneut, doch scheiterte einmal mehr an der Entschlossenheit seines Bruders, dessen Augen pure Selbstüberschätzung widerspiegelten, während er sich mutig zum Kampf bereit machte. Der Wagen hielt an und sie hatten ihr Ziel vorerst erreicht. Jounouchi stieg aus dem Wagen und gab weitere Anweisungen. Sein plötzliche Tapferkeit überraschte den Brünetten und als Mokuba an ihm vorbei ging, ohne seinen Bruder auch nur eines Blickes zu würdigen und den Wagen verließ, wusste Kaiba, dass er mit Worten allein nichts mehr ändern konnte. Mokuba war ebenso stur und stolz wie er selbst. Ihn davon zu überzeugen, das Ganze brav auszusitzen und abzuwarten, war nun schier unmöglich.
 

Kaiba knurrte, kniff die Augen zu und griff ebenfalls nach einer der Westen und streifte sie über. Ebenso wie die anderen Mitglieder des Sondereinsatzkommandos zog er sich den Helm und die Schutzkleidung über. Das war doch absolut bescheuert! Das ergab doch gar keinen Sinn! Warum nur wollte Mokuba unbedingt selbst an der vordersten Front sein? Es reichte doch völlig aus, aus dem Hauptquartier der Kaiba Corporation das Ergebnis abzuwarten, um zu wissen, ob Yuugi in Sicherheit war. Kaiba hatte als Firmenleiter große Verantwortung, doch für ihn stand fest, dass er seinen kleinen Bruder unter keinen Umständen allein in die Höhle des Löwen lassen würde. Als er aus dem Wagen stieg, pfiff Jounouchi anerkennend, während Mokuba ihn nur fragend musterte. Wenn dieser verdammte Draufgänger Jounouchi nur nicht gewesen wäre! Nur wegen ihm brachte sich Mokuba bereitwillig in Gefahr! Das alles machte ihn rasend, aber er durfte jetzt nicht die Nerven verlieren.
 

Einige der Männer fragten ihren Boss, ob er wirklich mitkommen wollte, da die Kaiba Corporation ohne Führung dastehen würde, würde ihm etwas zustoßen. Kaiba schüttelte nur den Kopf und ließ sich weder Angst noch Sorge ansehen. Selbst in dieser Situation blieb er ernst und konzentriert. Nur ein Fehler könnte sein Ende bedeuten. Nur eine Unachtsamkeit und Mokuba könnte ernsthaft in Gefahr geraten.
 

„Du musst nicht mitkommen“, meinte Jounouchi und trat dem Brünetten gegenüber.
 

Durch die schwere Kampfausrüstung und die verdunkelten Scheiben ihrer Schutzhelme konnte er nicht in die Augen des Brünetten sehen und es war ihm unmöglich zu sagen, ob dieser seinen Entschluss nicht schon bereute. Jounouchi war es gewohnt gegen große Gruppen zu kämpfen. In seinen Straßenkämpfen musste er sich stets gegen eine Überzahl behaupten. Er wusste sich im Notfall zu helfen und seine Erfahrungen, die er in Schlägereien und Duellen erworben hatte, halfen ihm ungemein, um seine Gegner genau durchschauen zu können und ihre nächsten Bewegungen vorhersagen zu können. Der Blonde zweifelte stark daran, dass Kaiba sich in einem Zweikampf wehren könnte. Er mochte zwar muskulös sein, doch Muskeln zu haben, bedeutete nicht unbedingt, dass man sich mit Fäusten behaupten konnte. Auch wenn er seine Bereitschaft äußerte, mitzukommen, so konnte Jounouchi nicht glauben, dass dieser wirklich bereit war.
 

Er bewunderte Kaibas Mut und seine Fähigkeit, sich so rasch an diese neue, ungewohnte Situation zu gewöhnen und sich entsprechend anzupassen, doch er befürchtete, dass wenn es Hart auf Hart käme, dieser ihm keine Hilfe sein würde und ein Risiko darstellen könnte. Natürlich hatte er noch die anderen erprobten Kämpfer an seiner Seite. Die meisten machten einen durchaus erfahrenden Eindruck und er war sich ziemlich sicher, dass der Großteil dieser Männer bereits im Wehrdienst gedient und als Soldaten in echten Kriegen gekämpft hatten, sodass sie auch in Krisen schnell agieren konnten. Diese Männer, die hier standen, wussten genau, was sie erwartete. Jounouchi hatte keine Angst. Was ihn antrieb, war die Wut darüber, dass ein Freund verletzt wurde. Der unbändige Zorn, dass Yuugis Ehre verletzt wurde und man ihn gegen seinen Willen entführt hatte.
 

Jounouchi hatte sich mehr als einmal geschworen, seine Freunde zu beschützen. Vor allem Yuugi schuldete er so viel, dass er es sich zur Aufgabe gemacht hatte, ihn vor Unheil zu bewahren. Yuugi wartete sicher darauf, dass er kam. Denn so war es immer gewesen und so sollte es auch zukünftig sein. Jounouchi wollte, dass das erste Gesicht, in das Yuugi sah, seines war. Er sollte Jounouchis Grinsen sehen und wissen, dass er keine Angst mehr haben brauchte. Er sollte wissen, dass Jounouchi Himmel und Erde für ihn in Bewegung setzte und dass nichts und niemand ihn davon abhielt, für ihn da zu sein. Doch Kaiba hatte es selbst erwähnt. Er hatte diese Art der Bindung zu Yuugi nicht. Sie waren ja „nur“ Rivalen. Es ging ihm nur um sein Turnier. Um seinen Zeitplan, sein Image und seinen guten Ruf. Mit Freundschaft hatte das nichts zu tun.
 

Mokuba fühlte sich Yuugi verpflichtet und er wollte ihm zur Hilfe eilen. Er wollte sich als wahrer Freund beweisen, weil er genau wusste, dass Yuugi dasselbe für ihn getan hätte. Darauf zu warten und zu hoffen, nicht zu wissen, was hier geschah, forderte viel Geduld und Vertrauen, doch Mokuba wollte selbst tätig werden. Er musste es selbst sehen und seine eigenen Erfahrungen sammeln. Jounouchi fand, dass Mokuba ein echter Mann war. Mutig und stark und das beeindruckte ihn ungemein.
 

„Ich muss mitkommen, immerhin ist mein kleiner Bruder von allen guten Geistern verlassen und könnte hier umkommen! Denkst du, ich werde hier sitzen und tatenlos zusehen, dass mein Bruder getötet wird?!“, knurrte Kaiba und ballte seine Hände zu Fäusten, sodass die Handschuhe seiner Schutzkleidung knirschten.
 

„Und genauso geht es mir, Nii-sama. Ich kann nicht warten. Ich habe genug davon, immer nur zu warten und außen vorgelassen zu werden.“
 

„Vergiss dein kindisches Ego, Mokuba! Das hier ist ernst! Kapierst du überhaupt nicht, was hier vor sich geht?“
 

„Im Gegensatz zu dir habe ich es verstanden. Ich riskiere mein Leben für einen Freund, von dem ich genau weiß, dass er dasselbe für mich tun würde. Ich vertraue ihm... mehr als dir.“
 

„Mokuba...!“, kam es geschockt von Kaiba und es verschlug ihm die Sprache.
 

„Der Bruder, den ich kannte, war ein liebevoller und netter Junge, der sich für die Belange von Schwachen interessiert hat. Er träumte mit mir von einer Zukunft, in der auch Waisenkinder Spaß haben und Freizeitparks besuchen können. Und er hat gelächelt. Doch der Mann, der hier heute steht, erfreut sich am Leid anderer. Er zeigt keinerlei Gefühlsregung, wenn Menschen in seiner Umgebung verletzt werden. Er ist skrupellos und gefühlskalt. Er genießt es zu provozieren und glaubt, nur er allein habe das Sagen. Aber so ist das schon lange nicht mehr. Ich bin nicht dein folgsamer Angestellter, sondern dein Bruder. Ich bin kein Kind mehr und das werde ich heute beweisen.“
 

„Mokuba...“, hauchte Kaiba.
 

Vor nur wenigen Stunden hatte er darüber nachgedacht, mehr mit ihm zu sprechen. Er hatte sich Gedanken gemacht, ob er sich nicht zu sehr von ihm entfernte und sich die Frage gestellt, ob Mokuba mit seinen kurzen Haaren ein Zeichen setzen wollte. Vielleicht wollte er gar nicht etwas Neues ausprobieren, sondern einfach nur die Aufmerksamkeit seines Bruders? Hatte er ihn so sehr vernachlässigt? War Mokuba wirklich der Ansicht, dass sie sich auseinandergelebt hatten und dass Kaiba ihn, ohne mit der Wimper zu zucken, für den Profit seiner Firma opfern würde? Mokuba war noch jung und naiv. Es war vollkommen normal, dass Jugendliche unüberlegt und emotional handelten und er wusste, dass die Pubertät für die meisten Jungs sehr schwierig war und sie einen Ansprechpartner brauchten. Wieso hatte er ihn nicht gefragt, was in ihm vorging? Kaiba hatte seine Probleme stets selbst lösen müssen. Er hatte nie mit jemanden reden wollen, über das, was ihn belastete und es gab auch niemanden, den er mit seinen Problemen gar behelligen wollte. Er war der ältere Bruder. Es war seine Pflicht wie ein Fels in der Brandung zu stehen und Sicherheit auszustrahlen. Deshalb hatte er keine einzige Schwäche zugelassen. Für ihn. Damit niemals wieder ihn jemand ausnutzen oder gar manipulieren konnte.
 

„Ich würde dich niemals im Stich lassen. Mokuba, auch wenn ich es nicht immer so zeige, aber du bist mir wichtiger als alles andere. Ich habe immer geglaubt, dass du mich von allen am besten verstehst. Seit wann ist das nicht mehr so?“
 

„Ich stehe hinter dir. Immer. Alles, was du tust, ist großartig und ambitioniert und ich weiß, dass du unglaublich intelligent bist, dennoch bist du nicht in der Lage soziale Bindungen aufrechtzuerhalten und deine Mitmenschen zu verstehen. Alles, was du tust, ist effektiv und ins genauste Detail durchgeplant. Du bist perfekt. Und deshalb verstehe ich dich schon lange nicht mehr. Ich bin nicht perfekt. Ich bin nicht so wie du.“
 

„Du hättest mir das doch einfach nur sagen müssen. Warum musst du deshalb dein Leben aufs Spiel setzen? Nur um mir eins auszuwischen? Komm doch zur Vernunft!“
 

Nii-sama“, begann Mokuba, doch seine Worte klangen anders, sie waren durchdrungen von Enttäuschung und er schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf.
 

„Dass du nicht verstehst, warum ich Yuugi retten will, macht mir Angst. Deine analytisch geniale, aber sozial inkompetente Weltsicht unterscheidet uns voneinander. Alles, was dir nichts nützt, löscht du aus. Klar, du hast keine Schwächen. Du verschwendest keinen einzigen Gedanken daran, wie andere über dich denken. Dein Mangel an Emotionen ist deine Stärke, doch dass du selbst mir gegenüber nicht schaffst, deine wahren Gefühle zu zeigen, ist der Grund, warum ich davon überzeugt bin, dass ich Yuugi retten muss. Denn Yuugi hat sein Leben ohne nachzufragen für mich riskiert. Er hat nie darüber nachgedacht, welchen Nutzen es hat, anderen zu helfen. Du brauchst immer gute Argumente, doch dass Menschen auch aus Emotionen handeln können, verstehst du nicht“, meinte er dann und schnalzte leicht verächtlich mit der Zunge.
 

„Yuugi hat mir immer ein Lächeln entgegengebracht. Du lächelst nie. Du lachst über meine Freunde. Da ist etwas in dir, das dich zurückhält und ich bin es nicht, der dieses Monster im Zaun hält. Der einzige, der das kann, ist er. Der einzige, der dir dabei helfen kann, dein eigenes Gefühlsleben zu verstehen und dich dazu bringt, das Zwischenmenschliche zu entwirren, so wie du sonst komplexe technische Probleme im Detail analysierst und sie behebst, bin nicht ich. Ich kann das nicht, weil ich dich nicht verstehe. Doch ich weiß, dass Yuugi dich durchschaut. Er kann, was ich nicht kann.“
 

Kaiba knirschte mit den Zähnen, doch durch den schweren Helm war es für keinen zu erkennen, wie schwer ihn Mokubas Worte trafen. Dieses Gespräch hatte er bereits einmal. Vor Jahren im Battle City hatte Mokuba ihn deswegen harsch zurechtgewiesen. Er wollte den Turm Alcatraz sprengen, obwohl Malik, Yuugi und dessen Freunde sich immer noch auf der Insel befanden und das finale Duell des Turniers immer noch im vollen Gange war. Er hatte den Timer gesetzt, zwei Stunden sollten sie Zeit haben, bis Kaiba die Schande seiner Vergangenheit endgültig vom Antlitz dieser Welt tilgte und sich mit erhobenem Haupt der Zukunft widmete, doch Mokuba hatte ihn ausgeschimpft. Er würde Menschenleben in Gefahr bringen. Er hatte Tränen in den Augen. Kaiba fand nicht, dass es tatsächliche Gefahren zu erwarten gab. Bis die Sprengung losging, war genug Zeit. Doch Mokuba war dennoch so unglaublich aufgebracht gewesen.
 

Dass Mokuba sich gegen ihn stellte, hatte er als einmalige Sache angesehen. Das war ein Fehler. Jetzt machte sich dieser Fehler bemerkbar und er spürte Mokubas Zorn und seinen Frust über diese Art der emotionalen Vernachlässigung nun am eigenen Leib. Mokuba hieß nicht alle von Kaibas Entscheidungen gut. Da war etwas zwischen ihnen, das die beiden Brüder auseinandertrieb. Kaibas Unvermögen die Feinheiten zwischenmenschlicher Beziehungen zu verstehen trieb einen Keil zwischen die beiden. Mokuba sehnte sich nach Gesellschaft und Freunden. Kaiba hatte immer geglaubt, dass er niemanden brauchte außer seinen Bruder. Das rächte sich nun und sein eigener Bruder war bereit, sein Leben zu riskieren, nur um seinen Standpunkt zu untermauern.
 

„Mokuba, ich verstehe, dass du wütend bist, doch wenn du aus einer Emotion heraus solche Entscheidungen triffst, hilft das niemanden. Du bringst dich selbst und Yuugi in Gefahr. Du bist nur verwirrt, weil du gerade von verschiedenen Hormonen, die deinen Körper steuern und dein Denkvermögen einschränken, gelenkt wirst. Denk doch mal darüber nach! Dein Hormonleben steuert gerade dein rationales Wahrnehmen und veranlasst dich dazu“, begann Kaiba, doch Mokuba fuhr ihn ins Wort.
 

„Du denkst, das wäre eine pubertäre Phase von mir?!“, keifte er ihn an und kam ihm näher. Man hätte glauben können, dass Mokuba ihm mit einem Faustschlag vom Gegenteil überzeugen wollte. Jounouchi und Kaiba hatten den Schwarzhaarigen noch nie so aufgewühlt erlebt.
 

„Mokuba. Kaiba“, sprach Jounouchi mit fester Stimme und ging zwischen die beiden Brüder, bevor ihr Streit noch weiter eskalierte.
 

„Das reicht jetzt. Eure Diskussion könnt ihr auch zuhause weiterführen. Aber eines möchte ich dir sagen, Kaiba, glaube nicht, dass du einen Menschen an dich fesseln kannst. Mokuba ist ein freier Mensch und kann für sich selbst entscheiden. Nur weil du nicht in der Lage bist, die Gefühle deines Bruders zu verstehen, darfst du sie auf keinen Fall kleinreden. Du machst es nur schlimmer, wenn du die Sorgen deines Bruders auf Hormone reduzierst.“
 

Kaiba senkte den Kopf und am liebsten hätte er Jounouchi gesagt, dass ihn das Ganze überhaupt nichts anginge und er sich nicht einmischen sollte, doch er tief in seinem Herzen wusste er, dass er mit einer solch unüberlegten Reaktion nur noch mehr Schaden anrichten würde. Jounouchi hatte mit seinen Worten ins Schwarze getroffen. Mokuba war wütend. Wenn er sich mit seinem Bruder versöhnen wollte, musste er zumindest versuchen, ihn zu verstehen. Und das bedeutete mit ihm zu kommunizieren und nichts mehr zu tun, was die beiden Brüder nur noch weiter voneinander trennte. Kaiba konnte nicht bestreiten, dass er Yuugi als Duellanten und als seinen Rivalen schätzte. Vielleicht sollte er einfach mitspielen und sagen, dass er Yuugi als seinen Freund ansah, nur um den Schwarzhaarigen versöhnlich zu stimmen?
 

„Wenn Yuugi etwas zustieße, würde mich das genauso treffen wie dich, Mokuba“, sagte er dann und beendete seinen Satz gedanklich: Ich würde es nicht ertragen, ihn zu verlieren. Genauso würde ich es nicht ertragen, dich zu verlieren. Du bist doch alles, was ich habe. Niemand durfte seine Worte hören. Viel mehr dienten diese Worte dazu, sich selbst zu überzeugen von dieser hirnrissigen Entscheidung, zusammen in das Hauptquartier des Gegners einzubrechen und sein Leben für seinen Rivalen und seinen Bruder in Gefahr zu bringen. Das war alles andere als rational. Das war lebensgefährlich, riskant und in keinem Fall das, was ein normal denkender Mensch tun sollte.
 

„Ich werde euch begleiten“, kam es nun resigniert von Kaiba. Diese Niederlage war zerschmetternd. Auch wenn er glaubte, dass Mokuba nur gerade an einer Stimmungsschwankung litt, ausgelöst durch eine erhöhte Testosteronausschüttung, so musste er akzeptieren, dass sich Mokubas Einstellung zu ihm langsam veränderte und er anfing, sich von seinem großen Bruder zu distanzieren. Kaiba hatte allerhand Bücher gelesen und sich informiert, was es bedeutete, wenn ein Junge in die Pubertät kam, doch wirklich vorbereitet war er nicht auf diese plötzlichen Veränderungen seines Bruders. Kaiba überlegte. War er selbst auch so schwierig gewesen?


Nachwort zu diesem Kapitel:
War er selbst auch so schwierig gewesen?, fragt sich der gute Kaiba. Gesunde Selbstreflektion scheint ihm ebenfalls zu mangeln wie die Fähigkeit Menschen zu verstehen. Aber gut. Immerhin pulverisiert und vernichtet er seine Vergangenheit und verschwendet keine Sekunde damit, über seine eigenen Fehler zu sinnieren. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Onlyknow3
2018-10-30T10:27:04+00:00 30.10.2018 11:27
Das was Mokuba da seinem Bruder an den Kopf geworfen hat, war mutig und wichtig.
Nur so konnte Mokuba auch klar stellen das sein Bruder anfängt darüber nach zu denken was das fehlt.
Jetzt liegt es an Seto ehrlich mit sich selbst zu sein, und Mokuba ernst zu nehmen, mit dem ws er sagt.
Weiter so, freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


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