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Messing with Movies

100 Filmzitate-Projekt
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"Unwissenheit ist ein Segen." (The Avengers)

6. „Unwissenheit ist ein Segen.“ (Matrix)
 

Fandom: Avengers

Charaktere: Bruce Banner, Loki
 

Die Slums von Kalkutta lagen in düsterem Zwielicht, noch immer ungewohnt für die Augen eines Mannes, der aus dem niemals schlafenden New York stammte und sich erst daran hatte anpassen müssen, dass schlechte Gegenden ohne Straßenbeleuchtung gleich noch gefährlicher wirkten. Nicht, dass sie es für ihn waren – man kannte ihn hier, den Amerikaner, der sich für sie einsetzte, und selbst als völlig Fremder hätte der kurze, kontrollierte Ansatz einer Verwandlung ausgereicht, um seine Angreifer in die Flucht zu schlagen. Bruce Banner war vielleicht nicht einschüchternd, aber der andere war es immer.

Vielleicht hatten die Jahre der relativen Sicherheit, in denen er mit dem Gefühl lebte, dass er keine Schläger und keine Räuber, ja nicht einmal Schüsse fürchten musste, ihn eingelullt, denn als der hagere Mann mit dem Gehstock aus einer Seitengasse auftauchte, zuckte er nicht einmal zusammen. Er hätte ihn auch nicht beachtet, wenn er mehr wie einer der typischen Bewohner der Slums ausgesehen hätte, doch sein Anzug, sein Gehstock, die Art, wie er ging, den Kopf hoch erhoben, passten nicht zu einem Menschen, der mit dem Gefühl aufgewachsen war, zu den benachteiligten Bewohnern dieses Planeten zu gehören. Ganz im Gegenteil.

Trotzdem war Bruce bereit, ihn einfach passieren zu lassen, auch, weil er sich in den letzten Jahren bemüht hatte, die Welt außerhalb dieses kleinen Mikrokosmos, in dem er einen Unterschied machte, zu ignorieren, aber der intensive Blick des Fremden blieb an ihm haften und entlockte dem anderen eine leise Warnung in seinem Hinterkopf. Er festigte den Griff um seine Tasche, widerstand aber der Versuchung, seinen Schritt zu beschleunigen, und versuchte, die plötzliche Spannung in ihm abzuschütteln – war er jetzt vollkommen paranoid geworden? Nicht, dass man paranoid war, wenn die Chance bestand, dass der mächtigste Geheimdienst der Welt seine Agenten schickte, um einen wieder zu verhaften, aber...

„Doctor Banner.“

Keine Paranoia – ein schwacher Trost in einer beschissenen Situation. „Sie scheinen mir gegenüber im Vorteil, Mr...?“

„Loki. Nur Loki.“

Die Art, wie der Fremde sprach, genauso wie der kalte Hunger in seinen Augen, trugen nicht dazu bei, Bruce irgendwie zu beruhigen, und er konnte spüren, wie der andere sich in den Vordergrund drängte in dem Versuch, die Kontrolle zu übernehmen und sich selbst zu beschützen. Bruce schob ihn rücksichtslos zurück und wandte sich Loki zu. In Situationen wie dieser verfluchte er immer, dass er nicht nur einen Gegner hatte, sondern zwei, die ihn in unterschiedliche Richtungen zerrten und unterschiedliche Dinge von ihm wollten, der innere und der äußere. Und hier wusste er nicht einmal, was Loki zu erreichen versuchte, und brauchte seine ganze Konzentration, um sich ihm entgegenzustellen.

„Und was tun Sie in dieser lauen Nacht in dieser wunderschönen Stadt, Loki?“

„Ich bin auf der Suche nach jemandem.“ Er lächelte, und es war kein angenehmer Anblick, eher so wie ein hungriger Schakal, der sich über seine Beute freute. „Sagen Sie mir, Doctor Banner, fühlen Sie ein Übermaß an Freiheit?“

Bruce runzelte die Stirn, als er unwillkürlich über die Frage nachdachte und an alte Wunden stieß. „Ich bin hier, oder etwa nicht?“, entgegnete er kühl, während er die Bedrohungssituation neu einschätzte. Loki klang nicht so, als ob er für S.H.I.E.L.D arbeiten würde, denn dieser Typ von Mensch war nicht besonders auf die Freiheit weniger bedacht, sondern eher auf die Sicherheit von vielen, und dass Bruce ein Risiko für die körperliche Unversehrtheit der Menschen um ihn herum darstellte, war nicht zu leugnen, nicht einmal von ihm.

„Ja – aber sind Sie auch alleine?“

Ich wäre es, wenn mir kein Idiot in einem überzogen feinen Anzug meine Zeit stehlen würde. Der Hulk in seinem Inneren schlug vor, herauszukommen und Loki ein wenig durch die Luft zu schleudern, um ihm seine Arroganz zu nehmen, doch Bruce schmetterte seinen Vorschlag ab, wenn auch nicht ohne Bedauern. „Ihnen ist klar, dass sich im Umkreis von zehn Metern um uns herum zwanzig Personen befinden?“

„Fünfzehn“, entgegnete Loki kühl und trat zur Seite, gab den Blick frei auf die Seitengasse, aus der er gekommen war, und in der die zusammengekrümmten, blutenden Körper von fünf Männern lagen. Sie sahen aus wie die üblichen Bewohner der Slums, die Bruce jeden Tag behandelte, doch er unterdrückte den Reflex, an Loki vorbeizustürmen und zu helfen, wo nicht mehr zu helfen war – dann griff Loki in die Tasche seines teuren Anzugs und ließ eine Handvoll Funkgeräte herausfallen, nicht größer als ein Knopf im Ohr. Aus der anderen folgten zwei zerstörte Pistolen, eindeutig amerikanisches Militärdesign, und er fluchte innerlich. S.H.I.E.L.D hatte ihn also nicht verloren, wie er das gedacht hatte, sondern war an seinen Fersen geblieben, auch wenn sie sich aus irgendeinem Grund dazu entschlossen hatten, sich nicht zu zeigen.

„Wer sind Sie?“, fragte er, die Worte sprudelten aus ihm heraus, bevor er sie zurückhalten konnte, und Loki lächelte erneut.

„Ich bin gekommen, um diesen Planeten zu befreien.“

„Und Sie fangen bei mir an?“ Er konnte ein zynisches Lächeln nicht zurückhalten.

„Selbst ich brauche gelegentlich Hilfe, und wo könnte ich sie besser finden als bei einem Mann, der gelernt hat, seine Ketten zu hassen?“ Loki machte einen weiteren Schritt auf ihn zu, festigte den Griff um seinen lächerlichen Spazierstock, während tief in seinen Augen die Aufregung des Moments und der Nervenkitzel schimmerten.

„Und was genau bringt Sie auf den Gedanken, dass ich Ihnen helfen würde?“

Zu seiner Überraschung dämpfte seine brüske Ablehnung nicht die erregte Zuversicht in Lokis Augen, das triumphierende Lächeln, und Bruce spürte, wie die sirrende Leere in seinem Magen nach seinen Gliedern griff. Scheiße.

„Das hier“, entgegnete Loki und hob seinen Arm, und Bruce sah, dass der Spazierstock kein Spazierstock war, sondern ein goldenes Szepter, dessen Spitze in einem irritierenden, fast außerweltlichen Blau leuchtete. Während seine Gedanken noch versuchten, die Situation zu begreifen, nach einem Ausweg aus diesem Dilemma suchten, von dem ihm sein Gefühl sagte, dass es fatal für ihn enden konnte, drängte sich der andere in seinem Inneren nach vorne. Und der Hulk hatte eine Lösung – hatte für alles eine Lösung, zumindest für die Gefahren, die sich ihnen in der Welt dort draußen entgegenstellten.

Bruce fühlte, wie seine Muskeln sich ausdehnten, wie seine Proportionen sich veränderten, wie seine Kleidung begann, zu eng zu werden – dann legte sich die Spitze des Szepters an seine Brust, und er spürte, wie Frieden über ihn hinwegflutete. Oder vielleicht war es nicht Frieden, Frieden hatte er sein ganzes Leben nicht gekannt, aber etwas, das ihm verdammt nahe kam. Ein Ziel im Leben. Ruhe in seinem Inneren. Rasende Gedanken, die sich legten und nicht mehr alle paar Sekunden die Richtung änderten. Das Gefühl, dass all die hell- und dunkelgrauen Töne, in die sich seine Welt einteilte, sich in klare, scharfe Abgrenzungen von Schwarz und Weiß verwandelten. Verantwortung, für sich und für den anderen, die von ihm abfiel und ihn mit einem amoralischen Gefühl von Zweckorientierung zurückließ.

Dann spürte er, wie der Hulk in seinem Inneren aufschrie, und sein wilder Protest brachte Bruce wieder zurück aus diesem schwebenden Gefühl der Klarheit. Seine eigenen Gedanken fühlten sich plötzlich schmutzig und hässlich an, und er hasste sie selbst, wollte aus ihnen ausbrechen und wieder ins blaue Vergessen abtauchen, doch der Hulk packte dieses Gefühl am Kragen und trampelte so lange darauf herum, bis es im Mülleimer seines Geistes verschwand. Und erst dann begriff Bruce – er war nicht alleine. Sie kämpften gemeinsam gegen diese schreckliche, verführerische Klarheit, in der die Welt plötzlich nur noch zweidimensional und in Gut und Böse geteilt war. Sie kämpften gemeinsam, weil sonst der brüchige Frieden, den sie geschlossen hatten, um beide nicht verrückt zu werden, sich in Staub auflösen würde – denn Bruce und der Hulk würden unweigerlich auf verschiedenen Seiten dieser Frontlinie landen, weil der jeweils andere für ihn das Übel war. Der Hulk hasste Kontrolle genauso, wie Bruce Kontrollverlust hasste, und um ihr Überleben zu sichern, das nur gemeinsam möglich war, mussten sie zusammenarbeiten.

Und wenn sie eines gemeinsam hatten, dann war es die Abneigung dagegen, benutzt und eingesperrt zu werden, sei es im Gefängnis des eigenen Geists, des Körpers oder der Zelle, die Fury für sie gebaut hatte. Bruce Banner schüttelte den Kopf wie ein Boxer, der gerade einen Schlag ins Gesicht bekommen hatte, dann antwortete er Loki mit seinem eigenen Grinsen, das nicht nur ein wenig an den Hulk erinnerte. „Das da scheint nicht zu funktionieren.“

Auch sein Gegenüber hatte bereits diesen Schluss gezogen, denn er hob sein Szepter erneut, doch diesmal war Bruce bereit – seine Hand schnellte nach vorne und schlug es mit mehr als einem Schimmer der wilden Kraft des Hulks zur Seite. „Nein.“ Seine Stimme klang dunkler, tiefer, gefährlicher, hatte ihre fast sanfte Ruhe verloren, und Loki starrte ihn an. „Mein großer, grüner Freund und ich haben beschlossen, dass jetzt der Zeitpunkt für dich ist, zu verschwinden. Ich hab keine Ahnung, wer du bist und was du hier möchtest, aber in dieser Stadt bist du nicht willkommen.“

Schweißperlen drängten sich auf Lokis Stirn, während er ihn ansah, doch hinter seiner Überraschung verbarg sich Konzentration – und Bruce spürte, wie etwas an ihm zerrte. Er hatte die Kontrolle des Stabs doch nicht so vollständig abgeschüttelt, wie er gedacht hatte, und nun war Loki hier, in seinem Geist – nicht mehr blaues Vergessen, sondern schwarze Energie, durchsuchte er seine Gedanken, und selbst der Hulk hatte nun nicht mehr die Kraft, oder vielleicht die Finesse, um ihn fernzuhalten. „Vielleicht kann ich dich nicht ganz haben... aber ein bisschen gehörst du mir, und wirst es immer tun. Aber für den Moment muss das unser Geheimnis bleiben...“

Bruce' Hände verkrampften sich, schlangen sich um seine Tasche, während der Hulk in einem Käfig tobte, den diesmal nicht er erschaffen hatte, sondern Loki. Und so sehr er sich auch wünschte, diesen Fremden aus seinem Geist zu werfen, ein Teil von ihm konnte nicht anders, als ihm dabei zu helfen, den anderen im Zaum zu halten. Kalkutta war dicht besiedelt und ohne effektive kommunale Strukturen. Eine unkontrollierte Verwandlung hier, in diesem dicht bewohnten Slum mit den instabilen Wellblechhütten, würde mehr Opfer fordern als sein Ausflug nach Harlem... und S.H.I.E.L.D. endgültig davon überzeugen, dass er eine Gefahr für die Menschheit wäre.

„Komm...“ Die Stimme war nicht mehr nur in seinen Ohren, sondern in seinem Geist, und er schauderte. „Komm... Unwissenheit ist ein Segen, und kein Fluch. Vergiss, was heute passiert ist – bis ich nach dir rufe.“

Und Bruce tat es, auch wenn er sich für den Rest seines Lebens dafür schämen musste.



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