Heartache and happiness
Es dauerte eine ganze Weile, bis sich meine Atmung und mein Herzschlag wieder beruhigten. Kaiba hatte mich vor einigen Minuten losgebunden, mich auch von der Augenbinde und dem Knebel befreit und mich dann hinüber in sein Badezimmer getragen, weil ich zu fertig war, um selbst zu laufen. Jetzt liege ich hier in seiner riesigen Badewanne, während das warme Wasser die Wanne immer mehr füllt, er selbst ist nicht hier, was ich sehr schade finde. Ein gemeinsames Bad mit ihm hätte mir sehr gefallen. Die Badewanne ist fast voll, also dreh ich das Wasser ab, lehne mich zurück und genieße die Wärme des Wassers und den Kräuterduft, der vom Badeschaum kommt. Wie lange hab ich schon keine Badewanne mehr benutzt? Ich glaube, seit sich meine Mutter von meinem Vater getrennt hat und mein Vater mit mir in eine kleinere Wohnung gezogen ist, die nur eine Dusche hatte. Ich hatte nicht gewusst, dass man das einfache Bad in einer großen Wanne vermissen könnte, aber jetzt in diesem Moment weiß ich, dass ich es ab jetzt wirklich vermissen werde. Ob Kaiba mir erlauben wird, öfters bei ihm ein Bad zu nehmen? Vorzugsweise nach himmlisch-höllischem Sex?
Die Wärme des Wassers lässt mich leise seufzen. Das hier ist fast so gut wie Sex. Leider nur fast. Seit ich Sex mit Kaiba habe, gibt es nichts auf dieser Welt, das ich als schöner und berauschender beschreiben könnte. Das ist äußerst bedenklich für meine Verhältnisse. Aber irgendwie auch wieder vollkommen logisch. Denn Sex mit Kaiba ist immer wie ein Abenteuer. Ich weiß nie, was er als nächstes mit mir anstellt, wann er mich zu sich ruft, wie er mich durchzuvögeln gedenkt. Es ist aufregend und faszinierend. Er ist aufregend und faszinierend. Wie von selbst wandern meine Hände zu meinem Glied, fangen an es zu reiben, zu streicheln. Das warme Wasser und der angenehme Kräuterduft berauschen mich. Der Gedanke, dass ich vor wenigen Minuten absolut heißen Sex mit Kaiba hatte und die Tatsache, dass ich mich gerade in seiner Badewanne befinde, lassen mich laut aufstöhnen.
Bin ich so unersättlich geworden? Ich hatte gerade einen absolut himmlischen Orgasmus und dennoch kann ich an nichts anderes denken, als an Sex mit Kaiba? Ich bin wahrhaftig ein Idiot. Und doch lassen meine Hände das Reiben an meinem Glied nicht, als hätten sie ein Eigenleben.
„Wenn Du damit fertig bist, solltest Du besser gehen. Ansonsten könnte ich Dir Dinge antun, über die Du sicherlich nicht erfreut sein wirst. Ich kämpfe gerade sehr mit meiner Selbstbeherrschung, also geh, bevor es zu spät ist, Joseph.“
Ich blinzle verwirrt, öffne meine Augen, von denen ich nicht einmal weiß, wann ich sie geschlossen hatte und starre in die äußerst hungrig aussehenden blauen Augen von dem Kerl, in dessen Badewanne ich mir gerade einen runterhole. Und völlig ohne mein Zutun verkrallen sich meine Hände fast krampfhaft in mein Glied und ein Zucken geht durch meinen Körper, als ich zum Orgasmus komme. Verdammt! Wie schafft der Kerl das immer wieder?
„Bin fertig.“
Sein jetzt sehr amüsierter Blick wandert völlig ungeniert über meinen nackten Körper, der selbst mit diesem Badeschaum ziemlich gut im Wasser sichtbar ist.
„Ich sehe es.“
Ich werfe einen Blick in Richtung meiner unteren Körperhälfte und sehe etwas Weißes im Wasser schwimmen, das nicht wie Badeschaum aussieht und erröte schlagartig.
„Wird nachher weggespült.“
„Hhm. Beeil Dich. In der Küche gibt es Frühstück, ich bin in meinem Arbeitszimmer und Du solltest nach dem Frühstück besser wieder in Deine eigene Hundehütte marschieren. Ich brauche keinen Babysitter.“
Er wendet sich von mir ab und geht zur Badezimmertür, mein Herz zieht sich krampfhaft zusammen. Er will mich also doch rauswerfen? Er braucht keinen Babysitter? In meinem Kopf spuken gerade üble Verwünschungen herum und gleichzeitig auch süßes Liebesgeschwafel, was ich mit der Zeit wohl von den ständigen Turtelleien zwischen Tea und Yugi aufgeschnappt habe, doch ich kriege keinen Ton über meine Lippen, weil er sich noch einmal in der offenen Tür umdreht und mich mit seinen dunkelblau wirkenden Augen fixiert.
„Danke.“
Dann verlässt er das Badezimmer und ich sinke mit Tränen in den Augen tiefer in die Badewanne. Scheiße! Dieser Idiot! Dieser bekloppte Idiot! Wie kann er es wagen, sich bei mir zu bedanken? Einfach so? Ein Seto Kaiba bedankt sich nicht! Nicht einfach so! Und schon gar nicht dafür, dass man ihn in seinem privaten Reich stört! Was ist nur in ihn gefahren?
Seufzend streich ich mir durch die nassen Haare und erhebe mich dann mühselig aus der Badewanne. Ich habe Hunger. Jetzt, wo er von Frühstück gesprochen hat, knurrt mein Magen. Nun ja, nicht wirklich verwunderlich, immerhin verbrennt Sex eine Menge Kalorien und ich hab seit mehr als 8 Stunden nichts mehr gegessen. Okay, ich hab in dieser Zeit auch geschlafen, aber das spielt keine Rolle.
Ich schnappe mir ein weißes Badehandtuch aus einem Regal und trockne mich ab. Meine Klamotten befinden sich noch in Kaibas Schlafzimmer auf dem Boden, also geh ich nur mit dem Badehandtuch um den Hüften durch die Badezimmertür. Wie er gesagt hat, scheint er bereits in seinem Arbeitszimmer zu sein, denn sein Schlafzimmer ist leer und sein Laptop inklusive seines silbernen Koffers ist ebenfalls verschwunden.
Etwas bedrückt zieh ich mich an und bring das nasse Badehandtuch zurück ins Badezimmer, wo ich es über einen Handtuchhalter zum Trocknen aufhänge. Zeit die Küche zu suchen, ich hab jetzt wirklich mörderischen Hunger. Ich weiß zwar wo das Esszimmer ist, aber die Küche habe ich bisher noch nicht von innen gesehen, aber vermutlich wird sie irgendwo in der Nähe des Esszimmers sein, also irgendwo in der unteren Etage. Ich marschiere durch den Gang, vorbei an Mokubas Zimmer und verharre dann sekundenlang an der Tür zu Kaibas Arbeitszimmer. Kurz denke ich darüber nach, bei ihm anzuklopfen, aber ich entscheide mich dann doch dagegen und gehe an der Tür vorbei in Richtung der Treppen.
Unten im Gang suche ich den Weg zum Esszimmer, in dem wir Mokubas Party gefeiert haben, aus einer Tür direkt neben dem Esszimmer kommt eines der Dienstmädchen, die gestern das Knabberzeug in Kaibas Schlafzimmer gebracht haben, sie sieht mich kommen und mustert mich argwöhnisch. Ich grinse sie an.
„Hi. Kaiba sagte mir, in der Küche gäbe es Frühstück. Nur weiß ich nicht, wo die Küche ist. Können Sie mir helfen?“
Aus irgendeinem Grund errötet das Dienstmädchen, zeigt aber mit der linken Hand auf die Tür, aus der sie gerade gekommen ist.
„Hier ist die Küche. Es wird selten hier gegessen, nur wenn es der junge Herr Mokuba mal wieder eilig hat oder Master Seto nur einen Kaffee wünscht, bevor er in die Firma fährt. Gäste sind relativ selten und werden in der Regel nur im Esszimmer empfangen.“
Oh? Soll das jetzt heißen, ich bin kein Gast? Oder mehr als nur ein Gast?
„Nun ja. Ich würde mich eher unwohl fühlen, wenn ich in diesem großen Esszimmer frühstücken müsste, ich bevorzuge also die Küche. Außerdem bin ich irgendwie kein richtiger Gast, wenn dann sicher nur ein unerwünschter. Ich muss dann auch schon wieder los, wenn ich gefrühstückt habe. Aber danke für die Gastfreundlichkeit. Ach ja, ich bin Joseph, Joseph Wheeler, ein ehemaliger Klassenkamerad von Seto Kaiba, die meisten nennen mich nur Joey.“
Nun ja. Kaiba nennt mich immer Joseph, nie Joey und irgendwie mag ich es, wenn er das tut, weil er einer der Wenigen ist, die das machen. Es ist etwas Besonderes.
„Ich weiß, wer Sie sind. Ich hab Sie bei den Duell Monsters Turnieren gesehen, die Master Seto veranstaltet hat. Sie waren mit Yugi Muto befreundet, richtig?“
Ich nicke freudig.
„Natürlich. Bin ich noch immer.“
Sie zieht ihre Stirn in Falten.
„Dann wundert es mich sehr, dass er Sie hier so einfach duldet. Ich war immer der Meinung, dass zwischen Yugi Muto und Master Seto eine Art Rivalität bestand und er aus diesem Grund auch nichts mit dessen Freunden zu tun haben wollte.“
Ich lege leicht den Kopf schief und tippe mir mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand nachdenklich ans Kinn.
„Naja. Wissen Sie. Irgendwann werden wir alle mal erwachsen, da werden andere Dinge wichtiger als Rivalität und Duell Monsters.“
Dinge wie Sex oder Liebe…
Das Dienstmädchen mustert mich noch einmal kurz, nickt dann und öffnet die Tür zur Küche.
„Nehmen Sie ruhig Platz, es gibt Rührei mit Speck und Kaffee, das nimmt Master Seto gerne zum Frühstück, wenn er denn die Zeit für ein ruhiges Frühstück findet, ich hoffe, dass es Ihnen schmeckt.“
Mit einem freudigen „Danke“ geh ich an ihr vorbei in die Küche und nehme sofort den Geruch von frischem Kaffee und gebratenem Speck wahr. Es erinnert mich an Familie. An eine glückliche Zeit, in der es noch eine heile Familie in meinem Leben gab. Mutter am Herd, die Speck anbriet, Vater mit Kaffee und einer Zeitung am Tisch, Schwester noch singend im Badezimmer und ich mit knurrendem Magen in der Tür zu unserer Küche. Familienglück, das es in dieser Form wohl nie wieder für mich geben würde.
Warum erinnerte ich mich an dieses Familienglück ausgerechnet hier in Seto Kaibas vollkommen leeren Küche?
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