Zum Inhalt der Seite

Blood Holidays

Suicide Apartment
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Deadly Passion

-Deadly Passion -
 

26ter Dezember ein Jahr zuvor, London
 

Hey Darrin,

ich hoffe du hast schöne Weihnachten gehabt. Meine waren jedenfalls ganz okay, wenn auch ein bisschen Englisch. *g* Ach ja, irgendwie kommt man sich doch bisschen doof vor, wenn man um diese Zeit bei einer fremden Familie hockt. Ich hab dir ja schon geschrieben, dass meine so genannten Gasteltern eigentlich kaum zu Hause sind. Ich bin fast immer mit Tyler allein. Und der Typ hat nur Mist im Kopf. So’n typischer Student, wenn du mich fragst. Und bald ist auch noch Silvester. Ich würde zu gern nach Rostock kommen um mit dir zu feiern, aber leider geht das ja nicht. Dabei haben wir bis jetzt immer Silvester zusammen verbracht. Ist das nicht zum kotzen? Ich hätte lieber gleich die UNI beehren sollen. Vermisst du mich eigentlich auch? Wehe nicht, dann bekommst du Ärger, falls ich das hier überlebe *g* Heimweh ist schon was Ekliges. Aber eigentlich könntest DU MICH ja mal besuchen. Mit deinen genialen Englischkenntnissen kann dir ja hier nichts passieren, oder? Du könntest mich schon wieder … was? ^^

Ich hoffe du schreibst bald wieder

Und guten Rutsch ^^

Und bevor ich’s vergesse: Trink nicht so viel wie letztes Jahr *g*

Tony
 

Tony betätigte den „Senden“ Button und lehnte sich zurück. Er streckte sich wie eine Katze und hörte kaum, dass seine Zimmertür aufging.

„Hey Honey!“ sagte Tyler und setzte sein breitestes Grinsen auf. Tony zuckte zusammen und drehte sich mit vorwurfsvoller Mine zu ihm um: „Du sollst mich gefälligst nicht immer erschrecken.“

„Tut mir leid“, sagte Tyler und sah gar nicht danach aus. „Aber ich muss ja sagen, es macht mich nervös, dass du immer noch die Türen hinter dir zumachst.“

Tony sah nun etwas schuldbewusst aus. Das vergaß er wirklich immer wieder.

„Sorry, alte Gewohnheit“, sagte er und sah Tyler dann fragend an. „Was wolltest du denn?“

„Ich wollt mal anfragen, was wir heute Abend machen wollen. In der Innenstadt läuft ne tolle Indie Party, na ja oder Club Night zwei Schuppen weiter. Oder vielleicht …“

„Wie wär’s mal mit einer Nacht Schlaf?“ fragte Tony etwas gequält. Jede Nacht feiern zu gehen und das kurz vor dem Jahreswechsel spielte ihn langsam etwas kaputt.

„Schlaf? Oder Beischlaf? Da hab ich auch nichts gegen!“

Tony verdrehte die Augen.

„Nicht schon wieder“, meinte er gähnend.

„Uhh hat Mandy dir die Lust aus den Knochen gesaugt?“

„Eher weniger“, murmelte Tony auf Deutsch.

An so was wollte er ja am liebsten gar nicht denken. Diese ganzen Mädchen immer, die alle immer mit ihm schlafen wollten. Wäre er jedes Mal darauf eingegangen, hätte er sich schon einen Ersatz für seinen kleinen Freund suchen müssen.

„Sag mal“, meinte Tyler hochinteressiert und schlich sich neben Tonys Schreibtischstuhl.

„Nix, sag mal“, konterte Tony und lehnte sich zurück. „Geht dich gar nichts an.“

„Och komm, du brauchst dich nicht zu schämen. Ich meine, bei deinem ausgewogenen Sexleben.“

„Geh wichsen, du nervst!“

Tyler lachte, rührte sich aber keinen Zentimeter vom Fleck.

„Woher du wohl wieder weißt, was ich grad brauche.“

Ein höchst schelmischer Ausdruck lag in seinen Augen. Tony betrachtete ihn misstrauisch. Was ging ihn das an, wenn Tyler grad etwas Notgeil war? Im Grunde nichts, aber dieser Blick sollte ihn wohl eines Besseren belehren. Tony schwenkte etwas mit dem drehbaren Stuhl und betrachtete seinen Gastbruder. Warum musste er Darrin nur so ähnlich sein? Zumindest war er ihm sehr ähnlich solange er die Klappe hielt. Tony grinste nun auch. Wie Tyler da am Boden hockte, das war echt verlockend. Er ließ sich von seinem Stuhl direkt auf Tylers Schoß fallen und drückte ihn rücklings auf den Boden.

„Hui!“ gab Tyler nur von sich und leckte sich unübersehbar angetan über die Lippen. Tony beugte sich soweit runter, dass er Tyler ins Ohr hätte beißen können, was er sich aber tunlichst verkniff.

„Wenn du es mal wieder brauchst, dann such dir jemanden der es dir macht oder mach es selber, okay?“

Tony erhob sich gelangweilt und verließ das Zimmer, wobei er die Tür hinter sich zumachte. Ja, immer schön die Tür zumachen, wenn man seine Ruhe brauchte, aber sonst nie. Und er vermutete, das Tyler im Moment ganz entschieden „Ruhe“ brauchte und auch ein wenig Eis in die Unterhose, wenn es sich einrichten ließ. Tony schüttelte genervt den Kopf. Es wurde langsam wirklich unheimlich. Auf der letzten Party im Nachtleben der englischen Hauptstadt war er mehrmals von Männern angebaggert worden. Trotzdem war es unheimlich, dass jetzt sogar schon Tyler in diese Kerbe schlug. (Abgesehen davon war Tony nicht wirklich abgeneigt. Das nächste Mal sollte er das Mädchen vielleicht wieder ranlassen. Das würde zumindest den Druck etwas aufheben.) Die Hände in den Hosentaschen vergraben lief er die Treppe hinunter und in die Küche. Noch bevor er die Treppe verlassen hatte hörte er oben seine Zimmertür wieder aufgehen. Aha, Tyler wollte also weiterspielen. Nur hatte Tony keine Lust zum Spielen, nein, gar keine Lust. Er bog in die Küche ab. Der sanfte Geruch des Weihnachtsbaumes im Wohnzimmer drang ihm in die Nase.

Silent night, holy night, all is calm, all is bright…

Er hörte Tylers schnelle Schritte auf der Treppe und verdrehte die Augen. Wäre er bloß zu Hause geblieben, oder wäre dieser unheimlich geile Hengst wenigstens wirklich …

„Komm schon, Tony“, Tyler stand mit ein paar Schritten hinter ihm und umschlang mit beiden Armen seine Taille. „Lass mich nicht hängen.“

Er schob Tonys Haare sanft etwas aus dem Nacken und Tony spürte seinen warmen Mund.

„Als wenn du hängen würdest!“ konterte Tony und wand sich aus Tylers Umklammerung.

„Du hast ja soooo recht“, Tyler grinste immer noch. Abscheulich, siegessicher. Er drückte Tony leicht gegen den Küchentisch und versuchte wieder an seinen Hals zu kommen.

„Vergiss es man! Ich geh nicht mit dir ins Bett.“

Meinst du wirklich?

Tyler lachte wieder.

„Macht nichts. Der Küchentisch tut’s auch.“

Tony schnappte empört nach Luft. Das war ja wohl die Höhe. Er schubste Tyler von sich weg und funkelte ihn böse an.

„Bist du irgendwie schwerhörig? Ich sagte nein! Klar? N-E-I-N!“

„Hey!“ Tyler hob die Arme auf Schulterhöhe. „Keine Panik, Honey. Ich hab’s kapiert.“

„Du bist so ein Idiot!“
 

31ter Dezember
 

Das Haus war voll und lärmerfüllt. Tony taumelte die Treppe herunter. Überall Farben, überall Lichter und Gestalten, die er vage als Menschen identifizieren konnte. Tony klammerte sich an das Geländer um nicht nach vorne zu fallen. Einen Moment lang hatte er das schreckliche Gefühl, dass seine Arme ihn nicht halten wollten, doch dann stand er wieder sicher auf der Treppe und starrte nach unten.

„Ich hasse Drogencocktails“, murmelte er und meinte damit Tylers hochprozentige Mixgetränke, die dieser als Drogencocktails bezeichnete. Nun ja, Alkohol war eben auch eine Droge. Tony hatte nur einen davon getrunken, aber der reichte ihm völlig.

„Honey, nicht schlapp machen!“

Tyler lief neben ihm die Treppe herunter. Tony wollte sich gerade umdrehen und ihn zum Teufel wünschen, als Tyler, schneller als Tony im Moment noch denken konnte, ihn an sich heranzog und ihn gierig auf den Mund küsste.

„Ich krieg dich heut noch. Ich schwöre.“

„Wichser!“ murmelte Tony, doch da war Tyler schon leichtfüßig die Treppe hinunter gesprungen und redete mindestens auf drei Leute gleichzeitig ein. Tony ließ sich auf einer Treppenstufe nieder und lehnte den Kopf gegen die hölzernen Geländerpfosten. In seinem Kopf drehte sich alles. Tylers Kuss hatte nach Alkohol geschmeckt.

Hey pretty boy …

Tony schauderte. Hatte da jemand was gesagt? Er sah sich um und erblickte ein Gesicht, das er kannte.

„Hey hübscher Junge, was machst du hier so einsam auf der Treppe?“

Tony grinste.

„Will, du bist ja doch gekommen.“

„Du hast mich jetzt so oft eingeladen und ich wollte dich dieses Mal nicht enttäuschen“, sagte William liebenswürdig und ließ sich neben Tony nieder. „Wo doch heute das alte Jahr zu Ende geht.“

„Schön, dass du da bist“, sagte Tony und lehnte sich jetzt an Williams Schulter. Die war eindeutig gemütlicher, als der doofe Pfosten.

„Möchtest du nicht irgendwo hin, wo es gemütlicher ist?“ fragte William.

„Fang du nicht auch noch an“, grummelte Tony. „Ich hasse es, wenn immer alle nur ficken wollen.“

William wirkte etwas geschockt. Er sagte einen Moment nichts, dann meinte er: „Davon rede ich gar nicht. Ich dachte nur, weil dir schlecht ist wäre ein Platz auf der Couch für dich schöner.“

„Das ist nett, ja“, sagte Tony und lächelte die Treppe an. Er fühlte sich nicht in der Lage noch einmal den Kopf zu heben. William zog ihn von der Treppe hoch und half ihm nach unten ins Wohnzimmer. Es stand fast vor Rauch, aber Tony merkte das kaum noch.

„Zigarette!“ sagte er und hielt die Hand auf. Als er sie wieder schloss lagen zirka 5 Zigaretten darin und Tony grinste zufrieden. „Auch eine?“ fragte er William, doch der lehnte dankend ab. Sie plumpsten auf die

Wohnzimmercouch und Tony sah sich missmutig um. Kein Feuer. Er erspähte ein Mädchen in extremen Minirock.

„Hey Baby! Hast du Feuer?“

Sie drehte sich zu ihm um, erkannte ihn und freute sich wie die Schneekönigin, dass sie ihm ihr Feuerzeug geben durfte.

„Danke“, sagte Tony mit einem anzüglichen Grinsen und wandte sich dann wieder zu William um. „Wirklich nicht?“

William schüttelte mit dem Kopf und betrachtete Tony wie er an seiner Zigarette zog und dann den Kopf zurücklegte. Jetzt begann der Alkohol endlich ordentlich zu wirken. Die Übelkeit war vorbei. Tony drehte den Kopf zur rechten Seite, wo William neben ihm saß und sah ihn seinerseits an.

„Magst du die Party?“ fragte er.

„Nein“, sagte William und sein Blick huschte durch den Raum. „Ich mag keinen von diesen Leuten und das Haus mag ich erstrecht nicht. Eigentlich hasse ich es. Ich bin nur für dich hier.“

Tony lächelte wieder, etwas verschwommen und eindeutig besäuselt.

„Wenn es zu schlimm werden sollte, Willy, dann kannst du gehen. Du musst dich nicht hier rumquälen, ja?“

„Werde ich nicht, jedenfalls nicht allzu sehr.“

William nahm Tony seine Zigarette aus der Hand, mit der er jetzt fast den Teppich in Brand gesteckt hätte und erstickte sie im Aschenbecher. Die anderen erschnorrten Glimmstengel lagen unberührt auf dem Tisch vor ihnen.

„Hey … warum …?“

William konnte sich einfach nicht mehr halten, wollte sich nicht mehr halten. Es wuchs ihm einfach über den Kopf, ohne dass er genau wusste, was er eigentlich gegen diese Gefühle tun konnte. Tony wollte protestieren, aber William hörte ihn gar nicht. Seine Augen hingen an Tonys Lippen, so zartrosa, so anziehend. Er hob die Hand, griff sanft nach Tonys Kinn und fuhr mit dem Daumen über seine Lippen. Weich, einladend. Und jetzt? William hatte nie jemanden umarmt, geküsst, geschweige denn in irgendeiner Form geliebt. Er war hilflos, fast verzweifelt. Doch Tony nahm ihm glücklicherweise die nächste Entscheidung ab. William spürte seine Lippen, spürte, wie sie sich für ihn öffneten.

Wenn es einen Himmel gibt, dann ist er hier. Wenn es einen Gott gibt, dann bist du es.

Der Kuss dauerte einige aufreizende Sekunden. William hatte schnell gelernt. Eigentlich war nichts dabei. Er spürte die Schauer durch seinen Körper rasen. Sie machten ihn fast besinnungslos.

„Was heißt hier Blackworth knutscht mit Honey rum?!“

Tylers Stimme durchriss alle anderen Geräusche. Das eintönige Gemurmel, die gleichförmige Musik, alles schien ins Stocken zu geraten und mehrere Stimmen erhoben sich jetzt. Man versuchte anscheinend Tylers kleinen alkoholisierten Wutanfall zurückzuhalten. William spürte, dass Tony sich von ihm löste, wollte protestieren, auch wenn er genau wusste, wie unklug das war. Er hatte Blut geleckt, jetzt wollte er mehr. Viel mehr.

„Tony … bitte.“

„Pst“, machte Tony und legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Es ist nur besser, wenn er das in seinem Zustand nicht sieht.“

Behände stand Tony von der Couch auf und William sah kurz seine nackte Haut aufblitzen, als er sein T-Shirt zu Recht schob.

Du kannst mich mit einem Blick töten. Du gehörst mir, ich gehöre dir. Ich werde dir jeden Wunsch von den Lippen ablesen, den Boden anbeten auf dem du gehst, aber komm zurück. Lass mich nicht so hier sitzen.

William stand ebenfalls auf und sah gerade noch, wie sich Tony einen Weg aus dem Wohnzimmer bahnte. Dann Tylers Stimme.

„Wo ist er?!“

„Du führst dich auf, wie ein wilder Hornochse!“

William stieß ein paar Leute zur Seite und versuchte Tony wieder in sein Blickfeld zu bekommen. Und ja, da war er. Es hatte sich ein kleiner Kreis um Tyler und Tony gebildet. William blieb in vorsichtigem Abstand stehen. Seine Lippen brannten noch, schrien nach Tony, blieben unerhört.

„Ist das wahr?“ giftete Tyler Tony an. Er sah etwas irre aus, eindeutig voll bis obenhin.

„Selbst wenn, was geht es dich an? Komm runter, Mann!“

„Hat Blackworth dich angemacht? Hat er?“

William drängelte sich bis nach vorn. Alles was er jetzt noch fühlte war heiße Wut.

„Was glaubst du eigentlich, wer du bist?“ ging er auf Tyler los, der ihn jetzt erst registrierte. „Was erlaubst du dir eigentlich so mit ihm zu reden? Du bist so ein verdammter …“

Es wurde sehr ruhig im Haus. Man spürte, dass die Stimmung heikel wurde. Außerdem fragte man sich, ob William überhaupt ein Schimpfwort im Vokabular hatte.

„Du kleiner Scheißer misch dich bloß nicht ein. Deine Schläge ist schon völlig überfällig“, Tylers Stimme war ruhig, verdammt ruhig und das war kein gutes Zeichen.

„Man Leute, reißt euch bloß zusammen“, sagte jemand aus der zweiten Reihe.

„Ja echt, es wäre jetzt voll scheiße, wenn ihr euch die Köpfe einschlagt.“

Tyler schien einen Moment lang gewillt die Vorschläge in den Wind zu schießen, überlegte es sich dann aber anders.

„Beweg deinen Arsch hier raus, Blackworth“, sagte er und deutete in Richtung Tür. „Und zwar sofort!“

William sah ihn ein oder zwei sehr lange Sekunden an, wandte sich dann ab, griff seine Jacke von dem Stapel vieler Jacken und verschwand. Die Tür fiel krachend hinter ihm ins Schloss. Tony wirkte niedergeschlagen. Doch niemand wagte das irgendwie anzusprechen.
 

Eine gute halbe Stunde und 3 Bier weiter hatten fast alle den kleinen Zwischenfall irgendwo ziemlich weit hinten in ihrem Gehirn geparkt. William war auf dem nach Hause Weg noch etwas eingefallen und er drehte abrupt um, marschierte den ganzen kalten Weg zurück. Es schneite. Das neue Jahr war nur noch eine halbe Stunde entfernt. Er wollte nicht mit Tyler aneinander geraten, aber er wollte mit Tony reden, wollte ihm jetzt ganz klar auf den Tisch legen, wie sehr er ihn liebte. Ein Fußmarsch vom Haus der Browns bis zu sich nach Hause dauerte fast eine Stunde und auf der Hälfte der Strecke machte William jetzt kehrt. Er lief so zügig, wie er nur konnte und war auch bald wieder am Ziel. Die Haustür war nur angelehnt und so konnte er unbemerkt hereinschlüpfen. Die anderen waren alle total besoffen, niemand machte sich wirklich Gedanken um ihn. Wo Tony wohl war?

„Hey“, William tippte einem Typen auf die Schulter, der gelegentlich etwas mit Tony zu tun haben schien. Er vermutete, dass die beiden denselben Studiengang hatten.

„Was’n?“ Die Fahne stank zum Himmel, aber William blieb hart.

„Weißt du wo Tony ist?“

Der Kerl drehte sich mit einem hinterhältigen Grinsen um und winkte William etwas näher an sich heran. Widerwillig beugte sich William zu ihm vor, wobei er versuchte so gut es ging die Luft anzuhalten.

„Ich hab die beiden gesehen. Sie sind in den Keller verschwunden. Glaub mir, die sind grad ziemlich beschäftigt.“

Damit drehte er sich wieder um und torkelte davon. William blickte ihm angewidert nach. Die beiden? Meinte er etwa Tyler und Tony? Der Keller also. William sah sich hektisch um. Die Kellertür musste die sein, die unter der Treppe war. William drehte sich um, suchte, fand. Nervös griff er nach der Klinke und drückte sie sanft runter. Fast völlig unbemerkt schlüpfte er in den Keller. Dort drinnen war es stickig, kühl und überaus dämmrig. Die Treppe fiel rechts von ihm steil ab. William setzte vorsichtig einen Fuß vor den

anderen. Er hörte leise Stimmen. Langsam nahm er eine Stufe und lauschte dann. Die Stimme war atemlos, aber er erkannte sie.

„Los mach schon, das wolltest du doch vor Tagen schon, los doch.“

Eine Gänsehaut kroch über Williams Arme, obwohl er seine dicke Winterjacke noch immer trug.

„Mach dir da mal keine Sorgen, gleich winselst du um Gnade.“

Ein leises Auflachen, durchtränkt von Alkohol und Lust. Wieder nahm William eine Stufe. Er hoffte, dass ihn nicht ein unerwartetes Knarren des Holzes verraten würde. Er versuchte hinunter in den spärlich beleuchteten Keller zu sehen und bereute es bis zum letzten Tag, dass er an diesem Abend nicht einfach nach Hause gegangen war …

„Ich soll um Gnade winseln?“

Tony kicherte. Tylers Hände, die ihm sein T-Shirt über den Kopf zogen waren kalt. Fast als hätte er Angst davor das hier wirklich zu beenden. Tony fuhr sich kurz durch die Haare, bevor Tyler ihn wieder zu küssen begann. Seine Hände wanderten über Tonys Körper und begannen an dessen Hose rumzufummeln.

„Wag es ja nicht mich mit deinen verdammt kalten Händen DA anzufassen!“

„Was meinst du, was ich nicht alles wage!“ konterte Tyler und öffnete geschickt den Knopf an Tonys Hose. Tony kicherte wieder. Er war sternhagelvoll und langsam fragte Tyler sich, ob er sich hinterher noch an den ganzen Akt erinnern würde.

„Lass mal den Meister ran“, sagte Tony, dessen Akzent mit dem Alkoholpegel gestiegen war. Nicht unangenehm und nicht unverständlich, aber hörbar. Er schubste Tyler leicht weg und rutschte von den alten Kisten, auf denen Tyler ihn hatte flachlegen wollen. Mit einem vernebelten Grinsen ließ er sich vor Tyler auf die Knie fallen und öffnete dessen Hose als hätte er nie etwas anderes getan. Nicht wenige Sekunden später war der Moment gekommen, an dem William es absolut nicht mehr aushalten konnte. Einen Würgreiz unterdrückend zog er sich von der Treppe zurück und verließ am ganzen Körper zitternd den Keller. Keiner nahm Notiz von ihm, als er blass und eindeutig kränklich das Haus zum zweiten Mal verließ, nur um sich dann draußen zu übergeben.

Du wirst sterben, sterben, sterben.

Als Tony und Tyler aus dem Keller wiederkamen war das neue Jahr bereits angebrochen. Tony ging hinaus auf die Veranda und sah hoch in den Himmel. Es war klirrend kalt und bunte Farben erleuchteten die ganze Stadt.

„Happy New Year, Darrin“, murmelte er und wischte sich zitternd über die Wangen. Er war sich nicht sicher wie er diesen Wahnsinn hier überstehen sollte.

Alkohol ist wirklich nicht gut für dich! Darrins Lachen. Er hörte es so deutlich. Tony presste seine Hand gegen die Rippen, ihm war so übel. Ich gebe dir nie wieder was. Du stirbst mir noch daran. Gelächter. Tony wischte sich wieder über die Wangen. Seine Tränen waren fast gefroren.

„Honey, komm rein, du frierst dich tot!“ Tyler umfasste wieder seine Taille und zog ihn zurück ins Wohnzimmer.

„Ich will nach Hause“, murmelte Tony.

Sag mal, weinst du?

Ja, Darrin, ich weine, komm und tröste mich.

„Honey, ich versteh kein Wort.“

„Ich auch nicht“, dachte Tony und der schwarze Himmel, gefüllt von Lichtern verschwand vor seinen Augen. „Ich bring dich ins Bett.“

Tony nickte, aber dieses Mal wollte er alleine sein. In seinem Kopf ging alles so furchtbar durcheinander. Er meinte Darrins Hände zu fühlen, meinte seine Stimme zu hören.

Auf das neue Jahr und Prost! Lass uns ordentlich anstoßen, komm schon …

Ihre verschränkten Arme, der Geschmack von Wodka Cola. Und dann der trunkene Moment.

Ich liebe dich, Mann, du bist so einzigartig.

Und dann der Kuss, etwas unbeholfen, aber reizend. Ja, sehr sogar.

Wir bleiben für immer Freunde Darrin, versprichst du mir das?

Ja, ich verspreche es. Für immer. Lass uns schwören.

Und sie hatten geschworen. Tony lächelte zufrieden.

„Honey, alles okay?“

Er nickte wieder nur. War so froh, dass seine Erinnerungen nur ihm gehörten.

„Bring mich ins Bett, bitte. Ich will schlafen.“

Weiche Kissen, ein Hauch von Waschmittelgeruch. Tony starrte hoch zur Decke, er war so müde, so benebelt.

„Schlaf gut, Honey.“

Die Silhouette über ihm. Darrin, für immer.

Aber nein, das war Tyler. Ja, wie sollte Darrin denn hierher kommen? Unmöglich.

„Gute Nacht.“

Und Tony schlief ein, schloss die Augen und schwamm hinüber in einen neuen Traum. Einen Traum, der so lange nicht mehr da gewesen war, denn er war ein Spiegel der alten Realität.

Tony roch Chlor. Er war 16, hatte gerade die Prüfungen der 10ten Klasse hinter sich gebracht. Ja, alles bestanden, alles gut bestanden und Darrin auch. Sie waren glücklich. Natürlich, sie hatten einen Abschluss, selbst wenn das ABI ein Reinfall werden sollte. Sie feierten bei einem Klassenkameraden. Es war Sommer, ein sehr heißer Sommer. Alle waren betrunken, natürlich, lief es nicht immer wieder darauf hinaus? Feiern, Alkohol bis zum Umfallen. Nur Darrin hatte sich zusammengerissen. Seine Eltern würden ihm zwei Jahre Hausarrest geben, wenn er betrunken nach Hause kam. Nein, Darrin trank nur, wenn er nicht nach Hause musste, wenn er bei Tony blieb. Aber Tony selbst, hatte die dumme Angewohnheit bei solchen Anlässen – einer davon war die Jugendweihe gewesen– bis zur Besinnungslosigkeit zu trinken. Darrin hatte jetzt immerhin noch ein Auge auf ihn, denn sonst hätte Tony seinen Abschluss mit einem Streichholz abfackeln können, unter der Erde, 1.80m tief. Der Klassenkamerad hatte recht gut betuchte Eltern. Sie hatten einen Pool im Garten, der natürlich –wegen der Hitze – gefüllt und unabgedeckt war. Zu ebener Erde in den Boden gelassen. Tony taumelte etwas hilflos durch den Garten, Darrin immer einen Meter hinter ihm. Doch dann wurde Darrin abgelenkt. Tony näherte sich dem Pool. Sein Inneres schrie, dass er zurück musste, nicht dichter, nein! Aber sein Körper gehorchte nicht. Es war wie verhext. Tony taumelte weiter, dichter, bis er hinunter ins zartblaue Wasser starren konnte.

Du darfst jetzt nicht lachen Darrin, ich kann immer noch nicht schwimmen.

Wasser. Tony hatte schon einigen Respekt vor diesem Element, das er nie bezähmen konnte. Vorsichtig machte er einen Schritt zurück. Ah! Er konnte sich wieder besser steuern. Gut … gut gleich noch einen Schritt. Aber dazu kam er gar nicht mehr. Jemand stieß ihm von hinten kräftig in den Rücken. Tony schrie überrascht auf und fiel kopfüber ins Wasser. Die Luft wurde aus seinen Lungen gedrückt. Tony schluckte Wasser und versank wie ein Stein. Das Becken war höchstens 1.80m tief, aber Tony war nur 1.68m groß. Er ruderte hilflos mit den Armen und sein Denken begann verdammt scharf zu werden.

Ich sterbe, ich sterbe …

Welcher Idiot hatte ihn geschubst? Niemand außer Darrin wusste, dass Tony nicht schwimmen konnte. Er ruderte weiter, es passierte nichts. Seine Hände stießen gegen die Fliesen des Poolboden. Seine Wahrnehmung schwächte wieder ab. Er wurde ohnmächtig. Doch dann nahm er aus dem Augenwinkel etwas wahr. Jemand packte seinen Arm, zog ihn hoch, schlang die Arme um ihn und es ging aufwärts.

Kalte und doch so warme Luft brannte sich in seine Lunge. Tony hustete, klammerte sich an seinem Retter fest. Er brüllte etwas. Klang nach Befehlen. Tony wurde weiter hochgezogen, aus dem Wasser raus. Er hustete immer noch. Jemand anderes schrie auch etwas. So was wie: „Woher sollte ich denn wissen…“ Und Tony landete rücklings auf dem säuberlich gestutzten Rasen. Er hustete immer noch. Die Luft schmerzte und tat doch so gut.

„Tony, Tony hol tief Luft, nicht aufhören, ja immer weiter.“
 

1ter Januar
 

Tony fuhr aus dem Schlaf hoch, hustete und schnappte nach Luft. Dieser Traum, er war so verdammt realistisch. Dabei war es knapp 5 Jahre her, dass Tony fast ertrunken wäre. Seitdem machte ihn schon allein der Geruch von Chlor so nervös, dass er sich fast übergeben musste. Tonys Körper begann zu begreifen, dass nirgendwo Wasser war und sein Atem beruhigte sich langsam wieder. Er ließ sich auf den Rücken fallen, vergrub sich unter der Decke. Ihm war kalt. Er musste an die Silvesternacht denken, daran, was er mit Tyler getan hatte. Hätte er nur nichts getrunken. Das war pervers! Und doch … Was würde Darrin dazu sagen? Was würde er von Tony denken? Bestimmt fand er es abartig, aber Darrin war nicht hier, nein und Tony musste noch knappe 6 Monate bleiben.

Tony beschloss den Rest seiner Zeit mit lernen zu verbringen. Er musste endlich mit dem Feiern aufhören, sonst wäre das alles hier wirklich völlig umsonst. So begann er von früh bis spät in der Uni zu hocken, die Bibliothek durchzustöbern und gönnte sich höchst wenig Freizeit, was Tyler überhaupt nicht verstehen konnte. Lernen schien ein Fremdwort für ihn zu sein. Wie er es wohl bis an diese Uni geschafft hatte? Wahrscheinlich nur mit Mamas gutem Lohn.
 

4ter März
 

Die Bibliothek war voll mit Studenten. Tony zwängte sich durch die Reihen und stellte ein Buch zurück, nur um dann ein nächstes aus dem Regal zu fischen. Er schrieb einen Aufsatz. Das dicke Wörterbuch lag wie eine fette Kröte neben einigen zerknüllten Vorlagen.

„Hallo Tony.“

Tony drehte sich um und sah verwundert in Williams Gesicht. Er hatte ewig kein Wort mehr mit ihm gewechselt, seit dem Silvesterabend. Warum wusste er nicht genau, aber es war definitiv immer William gewesen, der die Flucht ergriffen hatte.

„Hallo William“, Tony lächelte ihn an.

„Was machst du?“

Tony seufzte und stellte den dicken Band über die englische Literatur im 19 Jahrhundert zurück ins Regal.

„Seit Januar nichts anderes als lernen. Ich glaube mir explodiert bald der Kopf.“

Tony lächelte etwas schief und William erwiderte das Lächeln tapfer.

„Kann ich dir vielleicht helfen?“ fragte er.

„Ich dachte, dass du niemandem hilfst?“

„Manchmal mache ich Ausnahmen“, sagte William und zog nun seinerseits den Schinken aus dem Regal und betrachtete ihn. „Ich habe auch eins von denen. Vielleicht hilft dir das. Ich würde es dir ausleihen.“

„Das wäre total lieb von dir.“

„Möchtest du mit zu mir kommen? Dann können wir zusammen noch schauen, ob ich vielleicht noch mehr davon finde. Ich habe mal eine Umfassende Arbeit über das Thema geschrieben. Die könnte ich auch heraussuchen. Was hältst du davon?“

Tony dachte einen Moment nach. Tyler durfte auf keinen Fall Wind von der Sache bekommen. Die Folge davon wäre nur ein erneuter Wutanfall. In den letzten Monaten hatte sich Tyler regelrecht wohl gefühlt und es stand ihm fast auf der Stirn geschrieben, was er mit Tony getan hatte. Der Mann war noch nie so siegessicher durch die Gegend stolziert wie jetzt.

„Ja, ich komme mit zu dir Will, aber ich kann nicht allzu lange bleiben, ja? Ich muss noch den ganzen Kram fertig machen.“

Tony deutete auf den Tisch, von dem seine Sachen aufragten.

„Kein Problem.“
 

Keine Stunde später betrat Tony hinter William die Blackworth Villa. Die Eingangshalle war warm und einladend, gegenüber dem kalten März draußen. Vor ihm ragte eine breite Treppe auf, die von zwei Pfeilern gesäumt war, auf dessen Spitzen zwei elegante Adler hockten.

„Das ist ja schön“, sagte Tony begeistert.

„Komm mit, wir gehen in die Bibliothek und suchen die Bücher für dich.“

Tony folgte William durch eine hohe Tür zur Rechten und dann eine Treppe hinunter. Tony bewunderte das alles mit großen Augen. Dieses Haus war so geräumig, hier hätten 5 Familien Platz gehabt.

„Hast du Geschwister?“ fragte Tony.

William sah ihn über die Schulter an.

„Nein“, sagte er, als wisse er nicht worüber Tony redete. Am Ende der Treppe war es dunkel, nur ein blauer Schimmer leuchtete in der Ferne. Tony fröstelte. Gab es hier kein Licht? Doch er beschwerte sich nicht und folgte William bis ganz nach unten, wo ihm ein bekannter und unheimlicher Geruch in die Nase stieg.

„Chlor“, flüsterte er und wandte sich nach rechts. William blieb stehen und sah ihn fragend an. Tony starrte auf eine spiegelglatte Oberfläche unter der gelbe Lampen ihr Licht aussandten. Es hätte genauso gut Glas gewesen sein können, so ruhig lag das Wasser dort. Tony wurde leicht schwindelig. Er machte einen Schritt zurück.

„Schöner Pool“, sagte er, aber man hörte genau, dass er das nicht wirklich meinte. William beobachtete ihn angespannt. Tonys Blick huschte nach oben. Ein steinernes Gewölbe überspannte die Szene, alles sehr schön, sehr romantisch und irgendwie beängstigend. Er zuckte zusammen, als William ihm eine Hand auf den Rücken legte.

„Was ist mit dir?“ fragte er, seine Stimme hallte ein wenig.

„Ich … ich bin fast mal in so was ertrunken“, Tony deutete auf das Schwimmbecken. „Es war etwas kleiner, aber … aber das beruhigt mich nicht unbedingt.“

Er hatte angefangen zu zittern, ohne dass es ihm wirklich bewusst wurde.

„Warum ist das passiert?“

„Ich wurde geschubst und ich … ich kann nicht schwimmen.“

William starrte einen Moment auf das Wasser und nickte dann.

„Keine Angst, dir passiert nichts, nicht hier und nicht bei mir. Komm weiter.“

Und mit der Hand auf Tonys Rücken führte er ihn etwas weiter um eine erneute Ecke und in eine unterirdische Bibliothek, die großzügig beleuchtet war. Tony atmete etwas auf. Der Chlorgeruch drang glücklicherweise nicht bis hierher.
 

12ter Juli
 

Tony wuselte in seinem Zimmer auf und ab. Alles zurück in die Taschen und Koffer. Oh Gott, was hatte er alles gekauft? Das war ja Wahnsinn! Wie sollte er alles mitbekommen? Tyler stand währenddessen in Türrahmen und hatte den finstersten Blick aufgesetzt, den man sich bei ihm denken konnte. Endlich war die siegessichere Miene verschwunden.

„Du kannst es nicht erwarten, was?“

Tony sah hoch und blickte Tyler fragend an.

„Was meinst du?“

„Du kannst es nicht erwarten nach Hause zu kommen, hab ich Recht?“

„Ja, schon, mir fehlen halt meine Freunde und so. Wieso sollte ich mich nicht freuen nach Hause zu kommen?“

Tyler zündete sich eine Zigarette an und zog daran.

„Hat es dir wenigstens gefallen hier?“

Tony, der schon wieder in seine Zusammenpackarbeiten vertieft war, tauchte wieder auf und zuckte mit den Schultern.

„Es war schon schön, doch.“

Eine ziemlich schlüpfrige Aussage. Das fand zumindest Tyler.

„Ich find’s ja schade, dass du schon wieder gehst. Du kannst ruhig noch ein Jahr bleiben.“

Gott bewahre, dachte Tony, sagte aber nichts. Klar, manch eine Nacht hier war sehr geil gewesen und manch ein Tag auch. Im Großen und Ganzen, okay, aber er musste einfach zurück … zurück zu, wem? Zu Darrin, ja zurück zu Darrin. Es klang albern. Immerhin hatte Darrin seit einiger Zeit von seiner neuen Freundin geschrieben. Sie schien wirklich toll zu sein, wenn Tony seinen Aussagen glauben konnte. Und Darrin klang so glücklich.

„Auf jeden Fall, war es recht lehrreich“, sagte Tony und grinste Tyler schief an.

„Inwiefern?“ fragte der und drückte die Zigarette in dem Aschenbecher auf Tonys Schreibtisch aus.

„Na ja, ich hätte nicht gedacht, dass Sex mit Männern so angenehm ist.“

„Alte Schwuchtel“, Tyler lachte und ließ sich lässig auf den drehbaren Stuhl fallen. „Du darfst gern noch mal, Honey. Ich bin allzeit bereit.“

„Das glaube ich dir“, sagte Tony und zeigte ihm einen Vogel. Nein, das würde er nicht noch mal tun. Nie wieder mit Tyler. Höchstens wenn er auf einem Herointrip war und das würde in den nächsten 24 Stunden nicht passieren. Er sah Tyler an und stellte sich Darrin an seiner Stelle vor. Ein wohliger Schauer durchfuhr ihn und Tony stellte die Vorstellung schnell wieder ab. Wenn dieser Typ Darrin wäre … nicht auszudenken.

„Aber Honey, eins muss man dir ja mit auf den Weg geben.“

„Was denn?“ fragte Tony und wurde leicht rot.

„Dein Freund da, dieser … Dennis? Ne, Darrin? Ja genau – der hat mit dir echt einen sauguten Fang gelandet. Richte ihm das mal von mir aus. Ich glaube, er und sein kleiner Freund werden dich vermisst haben.“ Ein anzügliches Grinsen breitete sich auf Tylers Gesicht aus.

„Ich ficke nicht mit Darrin“, sagte Tony und zog die Augenbrauen zusammen. Das klang sehr übel und er hoffte, dass Darrin nie auch nur zwei Worte mit Tyler wechseln würde.

„Ach komm Honey, du brauchst mir echt nichts verheimlichen.“

„Ich sag ja die Wahrheit. Darrin ist nicht mein Lover, er ist lediglich mein Freund. Ich kenne ihn seit … seit ich denken kann.“

Tyler grinste immer noch. So wirklich konnte er Tony nicht glauben.

„Wenn du ihn bis jetzt noch nicht auf die Matratze genagelt hast, dann wird es schon noch dazu kommen. Glaub’s mir.“

Und Tyler hatte Recht. Nur wusste Tony das noch nicht. Tyler stand wieder auf und sah sich noch einmal im Raum um. Dann ging er einen Schritt auf Tony zu und sah ihn unheimlich ernst an.

„Ich fahr dich morgen zum Flughafen, Honey. Pass auf, dass du nichts vergisst, denn ich werd’s dir nicht nachschicken. Ich behalte es als Wichsvorlage.“

„Arschloch“, sagte Tony gelangweilt und zog eine Augenbraue hoch.

„Ich weiß. Aber Honey, es war geil mit dir, ich werd’s in ewiger Erinnerung behalten. Ich schwöre.“

Tony musste unwillkürlich grinsen.

„Danke dir“, sagte er. Tyler grinste auch. Er hob die Hand und schob sie in Tonys Nacken.

„Und damit ich nicht in Verruf gerate, will ich jetzt meinen Abschiedskuss.“
 

Es war der letzte Kuss, der Abschiedskuss ans Leben für Tyler.
 

13ter Juli
 

Gelangweilt, ja sogar etwas deprimiert wanderte Tyler den Gehweg entlang. Es war spät abends. Er hatte sein Auto stehen lassen und war zu Fuß auf dem Weg zur Disco. Die Straße war matschig vom vielen Regen und kaum jemand ließ sich überhaupt blicken. Trotzdem hatte Tyler das ungute Gefühl, nicht allein zu sein. Er blieb stehen und drehte sich um. Ein Typ, groß und blond ging einige Meter hinter ihm. Tyler grinste, als er ihn erkannte.

„Blackworth, was machen wir denn hier?“ fragte er und etwas eindeutig Gemeines lag in seiner Stimme. William blieb vor ihm stehen, seine Mine war gefasst und fast ein wenig herablassend.

„Was vermutest du denn?“

„Ich weiß nicht. Vielleicht willst du dich ja erschießen, weil Honey nicht mehr da ist und du ihn nicht ficken durftest. Wirklich ein guter Gedanke, ich würde ihn verfolgen, Blackworth.“

William schwieg einen Moment. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht und das machte Tyler wütend.

„Ja, Tony ist ein gutes Stichwort. Ja und erschießen auch. Schön das wir uns so gut verstehen. Ich werde den Gedanken auch verfolgen, ganz bestimmt, nur werde ich nicht der sein, der stirbt.“

Tyler bekam eine Gänsehaut unter seinem Parka. Was waren denn das für Sprüche?

„Laber nicht“, knurrte er.

William sah ihn an, wieder musste er grinsen. Seine rechte Hand wanderte in seine Tasche und Tyler starrte sie an. Als sie wieder auftauchte lag eine 9mm sicher in Williams Hand.

„Was soll DAS denn?“

Tyler wich ein paar Schritte zurück.

„Bleib stehen, du Widerling oder ich schieße dich in viele kleine Stückchen.“

Tyler gehorchte und starrte William offen entsetzt an.

„Ich hab dich gesehen, wie du und Tony … wie ihr euren Spaß hattet“, begann William und seine Hand zitterte einen Moment lang. „Das hab ich dir nie verziehen und das werde ich dir nie verzeihen.“

„Hey, Kumpel, Honey wollte das. Er wollte …“

„TONY WOLLTE GAR NICHTS! Du verdammter … du hast ihn abgefüllt. Du hast eins nicht begriffen: Tony gehört mir. Und zwar nur mir.“

Tyler konnte ein Lachen kaum unterdrücken.

„Du bist doch völlig gestört. Nimm das Ding runter, Blackworth.“

„Ich sage es nur einmal. Und vergiss es nicht, Tyler Brown: Ich hasse dich!“

Mit diesen Worten drückte William ab. Die Kugel hinterließ ein schwarzes Loch auf Tylers Stirn. Ein irrer Ausdruck von Entsetzten machte sich auf seinem Gesicht breit. Er stand noch ein paar Sekunden, stolperte dann nach hinten und klatschte der Länge nach auf den Boden. William lächelte zufrieden. Er ließ die Waffe zurück in seine Tasche gleiten und zog ein paar Gummihandschuhe heraus. Damit suchte er den Boden ab, fischte das Projektil aus einer schleimigen Pfütze von Gehirnmasse und starrte sie einen Moment an.

„Tot“, murmelte er und warf einen Seitenblick auf Tylers Leiche. Er schloss die Hand fest um das Projektil. Es war warm und feucht.

Wie du es verdient hast.

Langsam stand er auf und trat ein paar Schritte zurück. Sein Mund stand halb offen. Ein großes Loch klaffte an Tylers Hinterkopf. Überall war Blut und eine glänzende Masse, die einmal sein Gehirn gewesen war. William fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen, lächelte, lachte, wandte sich ab und begann zu rennen.
 

Beta Version 16.08.2010



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Laniechan
2009-09-05T17:25:30+00:00 05.09.2009 19:25
ich kann einfach kein mitleid mit tyler haben! ich mochte den kerl net...

warum hat willi die gunst der stunde nicht genutzt? warum war er nicht ein bisschen selbstsicherer? ich hab eindeutig einen faible für ihn *g*

meinetwegen hättest du ruhig noch eine szene mit den beiden einbauen können...william fällt über tony her oder sowas, weil er sich nicht mehr beherrschen kann. da war es ja noch nicht zu spät. gutherzig wie tony ist, hätte er bestimmt mitgemacht...
Von:  Rees
2007-04-12T22:20:40+00:00 13.04.2007 00:20
wieder mal ein sehr spannendes kap. es ist einfach unglaublich, dass du so was schreiben kannst. es ist wirklich spannend. man kann gar nicht aufhören zu lesen. und nun mach ich mich an das nächste
Lg Rees
Von:  Snaked_Lows
2007-01-08T21:54:05+00:00 08.01.2007 22:54
Oh Gott jetzt ist er tod T__T
Wirklich leiden konnte ich Tyler zwar nicht aber das...
Deine FF wird immer besser, immer spannender. Ich hoffe du hast bald wieder eine gute Idee für eine Fortsetzung. Auch für Lost Boys^^ Das jetzige Kapitel war auf jeden Fall richtig klasse. Du kannst toll schreiben, dass man gar nicht aufhören möchte zu lesen.


Zurück