Immer
Wie immer...
Es ist wie immer.
Es dauert allerhöchstens einige Minuten und doch erscheint es ihm wie ewig.
Es ist... es ist wie immer.
Der Mann vor dem Spiegel erkennt seine eigenen Konturen nur noch sehr zaghaft, fühlt wie immer wieder einige kalte, gnadenlose Bluttropen über sein Augenlied laufen.
Sorgfältig wischt er sich die rote Flüssigkeit aus dem Gesicht, sieht wie es sich mit dem klaren Wasser vermischt und einige orange-bis rosafarbenen Flecken auf dem weissen Hemd hinterlassen.
Dieser Geruch von Eisen, von ersticktem Leben, hängt ihm in der Nase und es scheint seine Sinne zu benebeln.
Es ist wie immer.
Es ist dunkel und er ist alleine in seinem Zimmer... einsam. Wie nach all den anderen Aufträgen.
Es ist... einfach wie immer.
Doch trotz der Routine, trotz der Abstumpfung durch seine alltägliche Arbeit kann er nicht aufhören an sie zu denken. An all seine Opfer... an ihre Schreie... das eigentlich erlösende, letzte Gurgeln das sie von sich geben kurz bevor sie das letzte Mal einatmen.
Gut, vielleicht bereut er nicht alles, denn es gab Menschen, welche den Tot in seinen Augen verdient hatten aber... es waren ebenso viele Unschuldiege durch seine Hand gestorben... wenn nicht sogar mehr.
Die Stille in seinem kalten Apartment treibt ihn fast in den Wahnsinn, deswegen dreht er den Wasserhahn so sehr auf, dass das wasser um ihn herumspritzt. Sonst wäre es... einfach unerträglich. Er muss einfach irgendwie spüren, dass er noch da ist - das er immer noch lebt, im Gegensatz zu seinen Opfern.
Heute war es eine Familie, eine reiche, kleine und glückliche Familie. Die Bombe hat ihren Zweck nicht verfehlt und auch jetzt noch kann er das kleine Mädchen vor sich stehen sehen. Wie hilflos und ängstlich sie ihm nachgeschaut hatte, als er das Haus verlies. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits blutüberströmt... es gab einige Komplikationen mit den Monstern.
Es ist wie immer.
Mit dem Wasser versucht er vergebens die Schmutzflecken von ihm zu waschen - Flecken, die er nie wieder reinigen kann, denn sie liegen unter seiner blassen Haut.
Es ist wirklich... wie immer.
Wieder prallen eiskalte Tropfen in sein Gesicht, die er vorher mühevoll mit den zittrigen Händen, aus dem bereits überlaufendem Becken, geschöpft hat.
Nein, für diesen Mann gibt es kein zurück mehr.
Er hat nichts außer dem Töten... sein Leben besteht nicht aus einer netten Freundin, vielen Freunden und einem guten Elternhaus. Nein, in seinem Alltag überlebt man oder man stirbt. Ja, so ist das. Das Einzige was ihm ab und zu ein wenig Ablenkung verschafft sind einige nette Abende in einer Bar, guter Sex mit der ein oder anderen Person oder aber sein Partner.
Mit der gesäuberten Haut dreht er den Wasserhahn zu, schlüpft aus dem Anzug, nur um sich in einen neuen zu hüllen. In seinem typischen Stil gekleidet tut er so, als wäre nichts gewesen. So wie er es immer tut.
Erschöpft sinkt er auf sein Bett und starrt die Decke an, stützt die Hände unter seinen Kopf und seufzt geqüält. Jetzt, gleich, würde die Tür aufgehen - da ist er sich sicher... und das tut sie auch. Ein ihm ziemlich bekanntes Gesicht tritt in den Raum und auch wenn es so dunkel ist, dass man fast nichts zu erkennen vermag, weiss der Liegende sofort, wer soeben sein Zimmer betreten hat. `Der Besucher´ hat es schließlich auch nicht besser, denn... der große Mann ist sein Partner.
Mit einer flüchtigen Kopfbewegung macht dem Schweigenden auf dem Bett deutlich, dass sie einen weiteren Auftrag zu erledigen haben.
Langsam und beschwerlich erhebt sich der Körper und sieht sich noch einmal im finsteren Raum um.
Ja, Turk zu sein bedeutet abstumpfen, kämpfen, ausspionieren und morden.
Es ist wie immer.
Reno blickt seinem Partner Rude, der bereits wieder in der Tür steht, hinterher. Wer müsste dieses Mal vor seinen Augen sterben? Wäre es ihm endlich egal? Würde er wieder das Adrenalin in seinem Blut spüren oder würde er sein Gefühl sogar komplett verlieren?
Es sind die gleichen Fragen wie immer, denn...
es ist nunmal wie immer.