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Go!Go!America!!

von

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Chapter 7

Wir wurden von einem Klopfen an unserer Zimmertür geweckt. Ächzend erhob sich Sophie, die zusammengerollt im Korbsessel geschlafen hatte. Sie schlurfte zur Tür und ich konnte sehen, wie überrascht sie schaute, als sie Anna öffnete.

„Na, ihr?!“, meinte sie fröhlich.

„Was willst du?“, entgegnete Sophie schlaftrunken.

„Elli und die anderen wollen heute den Tag im Internat bleiben. Ich wollte aber raus. Und da dachte ich mir: Ich hab ja noch euch. Wisst ihr denn schon was ihr machen wollt?“ Sie trat ein und suchte sich eine freie Stelle im Raum, wo sie sich hinsetzen konnte und entschied sich schließlich für mein Bettende.

Chris und Karmen sprangen auf einmal wie von der Tarantel gestochen auf.

„Wie spät ist es?“, fragte Chris aufgebracht.

„Acht durch, wieso?“, antwortete Anna verwundert.

„Mensch, wir haben nur noch eine Stunde. Los jetzt! Karmen, Sophie, ihr geht rüber und macht euch fertig. Ria, du erzählst Anna was hier eigentlich los ist, während ich im Bad bin. Los! Los!!!“ Sie scheuchte die anderen beiden auf, bevor sie ins Bad hechtete.

Stöhnend verließen Karmen und Sophie das Zimmer und ich wand mich der völlig perplexen Anna zu. „Wir werden heute zum NewS-Fotoshoot gehen, deswegen sind wir alle so aufgeregt. Jin hat uns eingeladen…“

„Ihr werdet was? Wie kannst du mir das jetzt erst erzählen? Ich will auch mit.“

„Anna, hör mal…“, versuchte ich sie zu beruhigen, während ich versuchte unser Zimmer aufzuräumen. Wir hatten ein ziemliches Chaos angerichtet und da ich die Ordnung liebte, konnte ich das nicht einfach so lassen.

„Auf keinen Fall!“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und blickte mich mit funkelnden Augen an.

„Was?“

„Ich werde auf keinen Fall hier bleiben, während ihr mit YamaP zusammen seid!“

„Aber hast du schon mal daran gedacht, wie ich das Jin erklären soll? Ich kann nicht einfach sagen du kommst mit, wenn er was dagegen hat. Verstehst du?“

„Hm… Ja, schon klar. Dann machen wir es eben so: Ich komme erstmal mit und wenn er wirklich etwas dagegen haben sollte, gehe ich wieder. Versprochen!“

Ich stöhnte. Als ich ihren mitleiderregenden Blick auffing, nickte ich erschöpft und sie sprang mir um den Hals.

„Danke, danke, danke!!!!“

„Im Gegenzug hilfst du mir jetzt aber beim Aufräumen.“
 

Trotz der morgendlichen Hektik, schafften wir es, rechtzeitig am Bahnhof zu sein. Jin wartete schon und als er Anna neben uns sah, blickte er ziemlich verwundert. Mir rutschte das Herz in die Hose. Was er wohl dachte? ‚Was soll denn das jetzt bitteschön?’ oder ‚Was stellt sich Ria eigentlich vor?’ Ich wusste es nicht und das lag nicht zuletzt an meiner Aufregung.

„Hey. Ria-chan, wer ist das?“ , fragte er mit neugieriger Stimme, die keine weitere Interpretation zuließ.

„Ähm… Das ist Anna. Sie wollte unbedingt mit und…“

„Will sie mitkommen?“ , fiel er mir ins Wort und musterte Anna. Seine Stimme klang freundlich und dennoch misstrauisch.

„Na ja… Ja. Das heißt, wenn du nichts dagegen hast…“ Ich verfluchte mich dafür, dass ich mal wieder nachgegeben hatte. Er runzelte die Stirn und betrachtete Anna. Die lächelte verlegen.

Ich hörte förmlich die Uhr ticken. Jede einzelne Sekund kam mir vor wie eine ganze Stunde und ich schaute hibbelig zu Boden. Meine Füße wippten hin und her und nach gefühlten zehn Stunden und in Wirklichkeit wahrscheinlich noch nicht mal einer Minute meinte er endlich: „Ja, klar, warum nicht. Die Jungs werden sich sicher freuen, wenn noch ein hübsches Mädchen mehr dabei ist.“ Er grinste. Die Anspannung wich aus meinem Gesicht und ich blickte erleichtert. Dennoch war ich mir nicht sicher, ob es wirklich in Ordnung war. Immerhin war das nicht irgendeine Autogrammstunde und wir hatten Backstagekarten. Nein, wir lernten die Jungs privat kennen und das musste für Jin doch bestimmt auch eine gewisse Überwindung gekostet haben. Allerdings hatte ich mal wieder nicht den Mut ihn darauf anzusprechen.

„Na dann mal los. Der Zug fährt in zwei Minuten.“ Er schaute auf die große Bahnhofsuhr, die keine zwei Meter von uns entfernt hing. Jin lief voran und ich hatte mal wieder Mühe, mit ihm Schritt zu halten. Erst jetzt fiel mir auf, wie gut Jin an diesem Morgen wieder aussah. Er trug eine schwarze Baumwollhose, darüber ein weißes, lockeres Shirt und FlipFlops. An seinem Ausschnitt baumelte eine Sonnenbrille.

Ich griff ihn am Arm, als ich genau auf seiner Höhe war und erklärte ihm: „Das ist wirklich lieb von dir, Jin. Aber geht das auch wirklich in Ordnung. Du weißt…“

„Ja, ich weiß, du willst mir keine Probleme machen. Ria, ich habe dir schon mal gesagt, dass du mir die nicht machst. Außerdem hab ich dir doch schon erklärt, dass die Jungs sich freuen werden, wenn noch ein Mädchen mehr dabei ist. Okay?“ Seine Stimme klang lieb und nahm mir den letzten Rest von Unsicherheit. Bei seinen ersten Worten machte er eine Handbewegung, als hätte er mir das schon unendlich viele Male erklärt und grinste mich dabei an.

„Okay. Dann halt ich jetzt lieber meine Klappe, was das Thema betrifft. Wie war’s denn gestern mit deinem Kumpel? John, hieß er, oder?“

„Du meinst Josh. Es war ganz lustig. Wir waren in einem Club. Ich hätte dich auch mitgenommen, nicht, dass du denkst…“

„Ach quatsch. Ist doch okay. Ich bin schon froh genug, dass du überhaupt Zeit hast…“ Verlegen starrte ich zu Boden.

Als wir den Zug betraten, merkte ich, wie sehr sich mein Magen verkrampfte.

„Bist du aufgeregt, Ria-chan?“ , fragte er, als ich neben ihm platz nahm.

„Du glaubst gar nicht wie sehr. Und du?“

„Ich auch. Ich freue mich, sie alle wieder zusehen. Es ist lange her.“

Ich nickte und griff nach seiner Hand, die er lässig auf sein Bein gelegt hatte. Ich drückte sie sanft und atmete tief durch.

„Ich danke dir, dass du so viel Vertrauen in mich hast, dass du meine Freunde und mich sie alle kennen lernen lässt.“ Die Worte waren nicht leicht über meine Lippen gekommen und dennoch war ich froh, sie gesagt zu haben. Er erwiderte nichts, sondern blickte mich eine Zeit lang einfach nur an. In seinen Augen konnte ich lesen, was er sagen wollte. Und es machte mich glücklich.
 

Am Flughafen angekommen waren wir alle so nervös, dass wir nicht sprechen konnten. Sogar Karmen hatte es die Sprache verschlagen. Neugierig saßen wir auf einer Bank und wippten mit den Füßen. Als die Maschine angesagt wurde sprangen wir auf und reckten die Köpfe in Richtung ‚Exit’ -Schild. Endlich kam jemand. Ein kleiner Japaner mit Basecap bog um die Ecke und zog seinen Koffer hinter sich her. Als er Jin sah, lachte er freudig. Seine Augen strahlten pure Wärme aus. Es war Takahisa Masuda. Mit einem Handschlag begrüßte er Jin und sie wechselten ein paar Worte auf Japanisch. Ich sah meine Freundinnen grinsend an. Sie lächelten nervös und aufgeregt. Wieder wanderten unsere Blicke zum Ausgang.

Shigeaki Kato und Keiichiro Koyama kamen plaudernd auf unsere lustige Menschentraube zugelaufen. „Hey, it’s nice to see you.“ , meinte Keiichiro in ziemlich gutem Englisch zu uns und verbeugte sich. Unklar was wir machen sollten nickten wir und verbeugten uns ebenfalls. Als er lachte, spielten kleine Lachfältchen um seine Augen. Shigeaki verbeugte sich auch. Er wollte gerade etwas sagen, da kam ein lauter, schmerzverzerrter Schrei aus Richtung Ausgang und unsere Köpfe drehten sich wieder in diese Richtung.

Tegoshi Yuya stand dort und hielt sich den Fuß, den er sich anscheinend an dem schweren Mülleimer gestoßen hatte. Die Jungs lachten laut auf und riefen ihm etwas entgegen.

„Er ist niedlich, oder?“, lachte Chris. Ich nickte.

„Man, da fehlt doch noch jemand, nicht?“ Karmen reckte den Kopf, doch sie konnte niemanden erkennen. „Hey, guys. A question: Where are...“

„Karmen! Meine Güte, dir ist auch nichts peinlich!“ Ich rammte ihr den Ellenbogen in den Bauch, worauf sie mich verwundert anschaute. Die Jungs blickten uns mit großen Augen an.

„What’s the matter, Ka... Kamen-chan?“, fragte Shige.

„Karmen. Mit ‚r’. Also ich wollte fragen, ob…“

Wieder wurde sie unterbrochen, denn Jin ließ einen Freudenschrei aus und rannte YamaP entgegen, der schwatzend mit Ryo Nishikido aus Richtung Ausgang kam. YamaP trug eine schwarze Hose und ein rotes T-shirt, darüber einen passenden Blaser. Er hatte seine Haare zum Zopf gebunden und seine Augen wurden durch eine Sonnenbrille verdeckt. Ryo trug eine blaue Hose, ein gelbes T-Shirt und eine schwarze Jacke. Außerdem hatte er eine Brille auf der Nase. Als er Jin sah, ließ er seine weißen Zähne leuchten.

Sie fielen sich in die Arme und lachten vergnügt. Ich war so gebannt, dass ich gar nicht mitbekam, dass hinter ihnen noch fünf andere Gestalten auftauchten. Wenn Karmen nicht einen Quieker von sich gegeben hätte, als wäre sie gerade ein Schwein auf der Schlachtbank, wäre das wahrscheinlich auch so geblieben.

„Was ist los?“, fragte ich sie. Mit weit aufgerissenen Augen stand sie da, die Hände vor dem Mund.

„Ka… Kaaaa… Kame-chan!!!!!“

„WAS???“

Wir sahen sie völlig fassungslos an. Und da standen sie tatsächlich: Die übrig gebliebenen Mitglieder von KAT-TUN, die sich um Jin gesellten. Sie sahen alle völlig erfreut und glücklich aus. Jin blickte erst ebenfalls völlig fassungslos, dann, als ob er gleich weinen wollte. Ich lachte. NewS sahen mich an.

„Was lachst du denn?“ , fragte mich Masuda unsicher. Ich war mir nicht sicher was ich antworten sollte.

„Nichts… Eigentlich. Es ist nur so unglaublich, wie glücklich man einen Menschen mit einem anderen Menschen machen kann, oder? Akanishi wirkte eine Zeit lang sehr traurig und jetzt? Jetzt denkt man, nichts könnte diesen Mann umwerfen.“

„Hmm… Ist das so?“ Masuda blickte mich forschend an. Ich nickte.

„Ieeeeh.“ Sophie stand als einzige in der Ecke und blickte zutiefst angewidert drein.

„Was ist los?“ Ich stupste sie in die Seite.

„Ueda…“, meinte sie nur und streckte den Zeigefinger in Richtung Tatsuya aus.

Ich kicherte. „Komm, er wird bestimmt nett sein…“

„Los, lasst uns rüber gehen!“ Keiichiro grinste uns Mädchen herausfordernd an. Wir liefen ein paar Schritte auf unseren wackeligen Beinen und die anderen waren so ruhig, dass man sie kaum atmen hörte. Karmen seufzte Kames Namen immer wieder vor sich hin und die anderen waren mit der Situation einfach nur überfordert. Was will man auch erwarten?

„Ah, Ria-chan. Ich muss dich noch vorstellen. Ria-chan, das sind Kazu-chan, Tat-chan, Koki, Junno, Maru, Pi und Ryo.“ Er zeigte sie mir und ich lächelte jedem Einzelnen freundlich zu. Natürlich kannte ich sie alle von Fotos, doch ich war froh, dass er sie mir alle noch mal genau vorstellte.

„Und das sind ihre Freunde: Karmen-chan, Kazu, du wirst sie mögen, Sophie-chan, Chris-chan und Anna-chan.“

„Woah! Er hat mich gerade Kame vorgestellt. Ria, halte mich, ich falle.“

„Karmen, jetzt reiß dich aber mal zusammen. Steh grade, lächle freundlich und nicke ihnen zu. Sonst halten die dich für total bescheuert.“ Sophie sprach ein Machtwort und machte eben gesagtes vor. Nur bei Ueda wurde ihr Blick etwas eisig. Daraufhin hob dieser verwirrt die Brauen.

„Okay, was wollt ihr jetzt machen? Geht es erst ins Hotel, oder gleich zum Fotoshoot?“ , fragte Jin auf Englisch und ich war ihm sehr dankbar, dass er nicht auf seiner Muttersprache redete.

Ein Stimmenwirrwarr begann.

„STOP!“

Stille. YamaP hatte laut gerufen. Er war wohl von allen der, der am besten Englisch sprach.

„Wir müssen gleich zum Fotoshoot. Die anderen kommen auch mit. Sie wollen noch ein paar Fotos für eine Zeitschrift machen. Unsere Sachen werden von einem Angestellten zum Hotel gebracht.“

„Gut, dann los.“ Die Gruppe setzte sich langsam in Bewegung und wurde schließlich in drei Abschnitte gegliedert. Vorn liefen YamaP, Kame, Jin, Kôki und Ryo mit ein paar Männern, die alle aussahen wie aus einem James Bond Film entsprungen, in Anzug, mit Krawatte und schwarzer Sonnenbrille. Dahinter die anderen und schließlich folgten wir fünf. Ich sah zu Sophie und bemerkte, wie sie ruhig einen Kaugummi aus ihrer Tasche zog. Als sie meinen Blick bemerkte, bot sie mir ebenfalls einen an. Dankend nahm ich an und lächelte zaghaft.

„Was ist los, Ria? Du wirst doch nicht etwa aufgeregt sein?“, meinte sie und man konnte die Ironie deutlich heraushören.

„Natürlich nicht… Aber du machst den Eindruck, als würdest du gleich platzen.“, neckte ich sie zurück. „Sie scheinen uns nicht wirklich sympathisch zu finden, oder?“, meinte Anna und schaute uns nacheinander an.

„Es ist doch klar, dass sie uns nach zwei Minuten nicht ihr ganzes Leben anvertrauen wollen!“, erwidert Karmen und durchbohrte mit ihren Blicken Kames Rücken.

„Stimmt. Und außerdem können einige von ihnen nicht mal die einfachsten Redewendungen auf Englisch…“ Chris suchte ihre Sonnenbrille und fand sie schließlich auf ihrem Kopf, worauf sie sie freudig auf die Nase setzte.

„Ach Leute, das wird sich schon alles noch ergeben. Jetzt sind wir erstmal hier und mal sehen, wohin wir gleich fahren werden. Wir sollten für jede einzelne Minute an dem heutigen Tag dankbar sein.“, gab auch Sophie ihren Kommentar hinzu.

„Wow… Heute so optimistisch? Hat dir Ueda den Kopf verdreht?“ Karmen boxte sie in die Seite und wir mussten alle lachen.

„Oh man, erinnert mich nicht an den… Seine Lippen sind noch größer als in den ganzen Clips. Wahrscheinlich werden sie retuschiert!“

„Du bist fies… Sophie wirklich.“

„Ja, schon gut. Ich werde mein Bestes geben und nett zu ihm sein. Wer weiß, vielleicht ist er sogar ganz nett.“

„Okay, abgemacht. Sie werden alle gleich behandelt!“

Widerwillig nickten sie alle auf meine Worte.
 

Wir fuhren mit drei Autos zum Strand von Santa Monica. Die Morgensonne spiegelte sich im Meer und färbte dieses in leuchtendes Orange.

Bis das ganze Set aufgebaut wurde, saßen wir im, noch feuchten, Sand und unterhielten uns. Jeder saß woanders. Karmen war in ein Gespräch mit Kame verwickelt und gestikulierte wild umher.

Seine kleinen Augen folgten ihren Händen gebannt. Ich konnte hören, dass sie ihm von Deutschland erzählte. Chris hatte sich mit Anna neben Tegoshi und Keiichiro gesetzt, wobei sie sich noch mit Koki und Nakamaru unterhielten. Sophie saß ziemlich unbehaglich neben Ueda und unterhielt sich mit ihm. Er versuchte, ein kleines Gespräch anzufangen und fragte sie über ihr Alter, ihre Interessen und Familie aus. Sie gab ihm Antwort, wobei ich nicht erkennen konnte, ob es ihr Spaß machte, oder ob sie lieber weggerannt wäre. Doch ab und zu lächelte sie und als sie dies bemerkte, wurde ihre Miene wieder todernst, als ob sie sich über sich selbst ärgerte. Ich saß neben Jin und hörte einem Gespräch zwischen ihm, Ryô und YamaP zu.

„… Und dann sind wir durch die Hintertür rein, weil vorne zu viel los war.“

„Japp, diese komischen Weiber gingen mir ziemlich auf die Nerven!“

„Hätte mich auch gewundert, wenn nicht, Ryo-chan.“ Jin lachte.

„Ria, geht es dir gut? Du bist so ruhig…“ Jin stupste mich sanft in die Seite.

„Hm? Ja, alles bestens. Ich höre nur interessiert zu.“ ‚…und außerdem bin ich viel zu aufgeregt, um irgendetwas zu sagen...’, fügte ich in Gedanken hinzu.

„Dann ist ja gut… Ich hatte schon Angst, du würdest dich langweilen…“

„Machst du Witze?“

Er lachte über mein verblüfftes Gesicht.

„Der arme Kame…“, murmelte Ryo.

„Hm? Wieso?“ , fragte ich.

„Deine Schwester scheint ihn ziemlich in die Mangel zu nehmen…“

„Sie ist etwas aufgedreht.“

„Merkt man…“

„Du würdest sie mögen, Ryo-chan. Glaub mir. Sie ist genau der Typ Mädchen, den du magst!“ Jin kniff ihn in den Arm und lehnte sich entspannt zurück.

Ich grinste vor mich hin. Ryo schaute etwas verwirrt. Wahrscheinlich wusste er mit Jin’s Worten nichts anzufangen.

Nach einer Weile erhob mich. Ich klopfte mir den mittlerweile warmen Sand von meiner Hose und die drei sahen zu mir hinauf.

„Was machst du?“ , fragte YamaP ruhig. Sophie und ich hatten mal ein Gespräch darüber geführt, wie beruhigend Yamashita’s Stimme auf uns wirkte und das wir bei ihm unbesorgt einschlafen könnten.

„Ich werde zum Supermarkt gehen, der da drüben ist.“ Ich zeigte mit dem Finger auf den kleinen, relativ verfallenen Markt, der sich hinter der Straße erstreckte. „Soll ich euch was mitbringen?“

„Gern. Ich hätte gern eine Flasche stilles Wasser…“, meinte Jin.

„Warte, Ria-chan, ich werde mitkommen. Ich muss noch ein wenig Kleingeld wechseln, weil die Scheine beim Zigarettenautomaten nicht funktionieren…“ YamaP sprang in die Höhe. Ich war ein wenig überrumpelt, nickte nur.

„Bis gleich.“

Yamashita’s Hände streiften sanft meinen Rücken und er lief neben mir den Sand entlang. Ich wusste nicht, worüber ich reden sollte, da YamaP noch einen Tick undurchsichtiger als Jin wirkte. Es war einfach Unsicherheit, die mich daran hinderte, ihn etwas zu fragen.

„Wie habt ihr euch kennen gelernt?“

„Bitte?“ , fragte ich, als er mich aus meinen Gedanken riss.

„Wie haben Jin und du euch kennen gelernt?“

„ Ach so, ja. Das war eine ziemlich witzige Geschichte… Ich saß zufälliger Weise in der U-Bahn neben ihm. Es war etwas seltsam, ich war eingeschlafen und er weckte mich, als er mitbekam, dass meine Freundinnen ausstiegen. Und da habe ich ihn erkannt…“

„Du tust ihm gut…“ Nervös blickte er zu Boden. Meine Augen weiteten sich und ich war einen Moment sprachlos. Wie meinte er das?

„… Er wirkt glücklich. Ich habe nicht oft mit ihm telefoniert seit er hier ist, aber er war jedes Mal nicht gerade fröhlich. Er hat rumgejammert, er möchte wieder nach Japan und wie Leid es ihm tue, dass er gegangen sei. Ich habe ihm gesagt, „Jin, du wollte das alles hier und du solltest das auch durchziehen!“. Schließlich war es schwer genug, diese Entscheidung zu fällen, wie ich mir vorstellen kann… Kame war sehr traurig, als er davon hörte. Er hat tagelang aus Frust nicht mit Jin geredet, um ihm zu zeigen, dass er ohne ihn nicht auskommen würde. Doch Jin hatte sich entschieden, er wollte auf etwas aufbauen können. Das Musikbusiness ist hart und für jeden von uns kann es morgen zu Ende sein. Ich fand es gut, was er sich vorgenommen hatte…“

„Hast du Kamenashi-san überzeugen können?“

„Nein. Wir haben uns angeschrieen. Jeder auf seinem Standpunkt beharrend. Jeder wollte, dass er selbst richtig liegt und hat den anderem alles Mögliche an den Kopf geknallt…“

„Wie ist das Ganze ausgegangen?“

„Jin kam zufällig vorbei und hat uns beide eine Standpauke gehalten, was wir denn denke würden. Er beruhigte sowohl Kame, als auch mich. Er ist ein großartiger Mensch und, auch wenn er sehr schusselig ist, so ist er der liebenswerteste Mensch, den ich je kennen gelernt habe.“

Ich nickte stumm. Wir waren vor dem kleinen Supermarkt angekommen. Wir schlenderten durch die Regale und ich holte sowohl das gewünschte Wasser für Jin, als auch 6 Flaschen Eistee für meine Freunde und mich.

„Bist du sicher, dass wir für die anderen nichts mitbringen sollen?“ , fragte ich YamaP, während die Getränke und eine Schachtel amerikanische Cookies, die er sich geholt hatte, auf dem Laufband vorgetragen wurden.

„Jo, bin ich mir. Wir können uns auch etwas von der Verpflegung nehmen, die vor Ort für uns hergerichtet wurde. Aber ich wollte unbedingt einmal in meinem Leben original amerikanische Cookies essen. Mir wurde erzählt, wie lecker sie seien.“

„Oh ja, das sind sie. Bei uns in Deutschland gibt’s auch welche zu kaufen. Ich glaube sogar dieselbe Marke…“

„Wirklich? Hm… Das ist wieder eine Versuchung mehr.“

„Hihi… Na dann… Das ist noch nicht das Beste, glaub mir.“

Ich sah ihn belustigt an und er sah mich neugierig an.

Er bezahlte alles, obwohl ich ihn davon zu überzeugen versuchte, dass dies nicht nötig sei. Doch er lachte nur und meinte, dass er das gern täte.

Seine Art faszinierte mich und ich fragte mich, ob ich das Band der Freundschaft je so sehr bei Sophie, Chris, meiner Schwester und mir gespürt hatte, wie er es bei Kame, Jin und sich selbst beschrieb. Alle möglichen Szenen schossen mir in den Kopf. Da waren wir in der siebten Klasse, wie wir vor dem großen Achtmannzelt standen, Sophie, Karmen und ich. Sie hatte die Hände um uns gelegt und grinste in die Kamera. Ich liebte das Bild. Dann sah ich uns, wie wir lachend am Tisch in unserer Kantine saßen und uns vor Lachen die Tränen in den Augen standen. Eine neue Szene und ich sah, wie wir auf dem Leipziger Weihnachtsmarkt standen und uns die Beine vom vielen Laufen wehtaten. Oh ja, unsere Freundschaft hatte schon Einiges durch und ich hoffte, dass sie ewig andauern würde.

„Wann werdet ihr wieder aufbrechen?“ Wir überquerten die Straße und ich schraubte meine Eisteeflasche auf.

„Wahrscheinlich schon morgen Nachmittag. In Japan steht ein Konzert an.“

„Ich würde gern mal zu einem Konzert in Japan gehen. Ich finde eure Bühnenshows sehr beeindruckend, wie ihr durch die Luft wirbelt und euch verrenkt.“

Er lachte herzhaft. Wir kamen vor dem Zigarettenautomat zum Stehen und er drückte auf einen der vielen Knöpfe. Er öffnete die Schachtel und klemmte sich eine Kippe zwischen die Lippen, bevor er ein Zippo aus seiner Hosentasche zückte und sie anzündete. Tief inhalierte er den Tabak und stieß eine kleine Wolke aus. Ich mochte den Geruch nicht besonders und doch störte es mich nicht.

„Ich bin davon überzeugt davon, dass du mal Eins sehen wirst.“

„Wie meinst du das?“ Ich lächelte ihn an und er lachte erneut.

„Du wirst es sehen…“

Ich wollte nachhaken, doch wir waren wieder bei den anderen angekommen. Meine Freunde saßen noch immer im Sand und auch das vollständige KAT-TUN war noch dort, nur NewS hatten sich verkrümelt.

„Pi-chan, du musst in die Maske. Die anderen warten bereits.“

Er rollte die Augen und winkte, bevor er schnellen Schrittes zu dem aufgebauten Set lief. Ich schaute ihm nach, bevor Jin mich an meiner Hose wieder sanft in den Sand zog.

„Hier, dein Wasser.“ Ich hielt es ihm an die Wange, damit er die Kälte der Flasche spüren konnte. Er schreckte zusammen. Ich lachte.

Ich wendete meinen Blick zum aufgebauten Set. Eine große weiße Wand stand dort und drei, mindestens genauso große, Scheinwerfer, die noch greller leuchteten als das Sonnenlicht. Die Jungs saßen alle hochkonzentriert in der Maske und machten alle etwas anderes. Ryo las ein Buch, Tego löste ein Kreuzworträtsel, Massu spielte mit einem Bleistift, wobei ihm irgendetwas durch den Kopf zu gehen schien. YamaP hörte Musik, während er im Takt auf sein Bein klopfte, welches er lässig über dem anderen liegen hatte. Keiichiro unterhielt sich mit seiner Visagistin und Shige beobachtete die beiden, wobei er ab und zu lächelte.

Ich schaute sie noch eine ganze Weile an, dann beschlossen die anderen, eine Runde Volleyball zu spielen. Ich rappelte mich also wieder auf und wir liefen zu elft etwas weiter nach hinten. Wir legten fest, dass wir Jungs gegen Mädchen spielten und obwohl uns klar war, dass wir nicht nur in der Anzahl unterlegen waren, erklärten wir uns einverstanden.

„Psst… Sophie, wenn du es hinbekommst, Ueda den Ball genauso auf die Nase zu hauen, wie wir es aus diesem Clip kennen, gebe ich dir Einen aus!“ Ich stupste sie an und flüsterte hinter hervorgehobener Hand. Sie bekam einen Lachanfall, bei dem Gedanken an diese Szene und außer mir schauten sie alle ziemlich irritiert an. Ihr liefen die Lachtränen aus den Augen und ich prustete mit los.

„Hey, was ist denn los? Wir wollen mitlachen…“

„Ach, alles bestens. Kann es losgehen?“

Die anderen zuckten die Schultern, als Antwort auf meine Frage und ich ließ mir den Ball von Ueda zuspielen, bevor ich eine ziemlich verkrüppelte Angabe hinlegte, die Kame mehr oder weniger versuchte anzunehmen.

Wir spielten eine Stunde durch und nach drei Revanchen stand es 4:0 für KAT-TUN. Wir lachten die ganze Zeit und Sophie versuchte ununterbrochen, den Ball so zu schmettern, dass er Ueda irgendwie im Gesicht traf. Jedes mal musste sie lachen, sodass das ganze ziemlich in die Hose ging.

Erschöpft liefen wir zum kühlen Zelt rüber, welches völlig verlassen war, da NewS noch vollkommen professionell vor der Kamera posierten. Sie trugen alle eine weiße Hose und ein weißes Hemd, das einige von ihnen leicht geöffnet hatten. Ein aufgestellter Ventilator ließ ihre Haare in dem unechten Wind tanzen. Kame, Koki und Jin liefen hinter den Fotografen und zogen Fratzen und äfften sie nach. Alle mussten lachen und so wurde das Shooting für eine halbe Stunde unterbrochen.

„Oh man, es muss ungeheuren Spaß machen, so vor der Kamera zu posieren…“ Sophie seufzte und lies sich auf einen herumstehenden Stuhl fallen.

„Wollt ihr auch mal?“ Keiichiro nahm einen großen Schluck aus seiner Wasserflasche.

Wir schauten uns an. „Klar.“

„Okay, ich regle das…“ Er stand auf und lief zum Fotografen hinüber, der sich gerade mit seinem Assistenten beriet. Er hatte dunkle Haut und schwarze, lange Haare, die er sich zum Zopf gebunden hatte. Seine Augen wurden von einer kleinen Sonnenbrille versteckt, doch man sah trotzdem, dass er Asiat sein musste.

Keiichiro redete auf ihn ein und er nickte. Dann winkte er uns rüber. Wir liefen zaghaft in Richtung Fotograf und stellten uns auf Englisch vor, worauf er uns in perfektem Englisch erklärte, dass er gern ein paar Fotos von uns machen würde, da er das immer für hübsche „Ladys“ erledigte. Wir grinsten über seine Schmeicheleien und gingen zu der Garderobenstange, wobei sich jeder einen großen Hut heraussuchte. Ich trug einen schneeweißen mit blau gepunkteter Krempe. Sophie hatte einen in grellstem pink, Anna einen in türkisem blau mit albernen Strichmännchen, Chris einen rot-weiß-schwarzen, wobei das Muster an einen umgefallenen Farbtopf erinnerter. Und zu guter Letzt Karmens Hut, der mal wieder alles an Abartigkeit und Grausamkeit übertraf: Einen grellgelben Hut, mit grüner Spitze am unteren Rand, die eher an ein Fliegengitter erinnerte. Aus der Seite ragte eine riesige weiße Feder heraus. Auf der Spitze des Hutes saß eine kleine Figur, die frech die Zunge hinausstreckte. Wir stellten uns vor die gigantische Wand und posierten in allen möglichen Stellungen, die uns gerade einfielen. Die Jungs sahen fasziniert zu und lachten bei einigen Posen.

Wir hatten den ganzen Nachmittag unseren Spaß und ich fühlte mich unglaublich geborgen in der doch ungewohnten Umgebung.

Als die Sonne langsam unterging und das Set allmählich abgebaut wurde, ging ich hinunter ans Ufer und hielt meine warmen Füße in das angenehme Meerwasser. Ich schaute mich um und sah meine Freundinnen, wie sie beim Abbau halfen und sich mit dem Fotografen über unsere Fotos unterhielten. Ich suchte Jin, weil ich ihm für den schönen Tag danken wollte. Als ich ihn sah, stand er abseits mit YamaP und redete auf ihn ein. YamaP lachte und Jin sah aus, als ob er ihn anflehen würde, ihm etwas zu verraten. Yamashita grinste breit und erwiderte schließlich etwas. Auf einmal sah Jin so aus, als ob er zur Salzsäule erstarren würde, bloß, dass die Salzsäule rot war wie eine Tomate. Ich überlegte, warum und beschloss, ihn bei Gelegenheit danach zu fragen. Ich lief wieder zu meinen Freunden hinüber.

„Hey, Chris, hast du mal ein Taschentuch? Ich habe meine vergessen…“

„Ja, klar. In meiner Tasche gleich da drüben.“

Ich dankte ihr und kramte in der Tasche.

„Haha… Du hast ja dein Gitarrenbuch mit! Wie kam es denn dazu?“

Sie kam hinüber gelaufen und meinte: „Ach, das muss ich wohl vergessen haben, auszupacken. Ich hatte es mit nach LA genommen, weil wir doch bestimmt noch irgendeinen Schwachsinn für den Abschlusstag machen müssen. Und da dachte ich mir, vielleicht können wir ja ein Lied spielen.“

„Super Idee!“

„Hey ihr zwei, was macht ihr denn hier?“ Shige schlich sich von hinten an uns heran und legte seine Arme um uns.

„Hey, ist das nicht ein Notenbuch?“, fragte er, gerade rechtzeitig, denn Chris wollte das Buch wieder wegstecken.

„Japp.“

„Ihr müsst uns unbedingt etwas Deutsches vorsingen!“

„Ähh…“

„Keine Widerrede! Hey Leute, hat jemand seine Gitarre mit?“ Er drehte sich zu den anderen um und schreite den ganzen Strand zusammen.

„Wozu braucht ihr denn eine? Ich habe meine mit…“, meinte Ueda und kam hinüber gerannt.

„Die Mädels haben ein Notenbuch mit. Ich will unbedingt was hören…“

„Ja, ich auch. Moment ich hole sie.“

Er rannte wieder davon und kam wenige Minuten später zurück.

„Hier.“

„Also… Shigeaki-san… Ich weiß nicht, ob das gut ist…“

„Klaro! Wir werden euch schon nicht auslachen!“

Ich wollte gerade noch etwas erwidern, da wurden wir von Jin zum Lagerfeuer gerufen, dass die anderen am Strand angemacht hatten. Obwohl man es wahrscheinlich nicht so nennen konnte. Es war ein ziemlich breiter Kessel, den man wohl am ehesten mit einem Wok vergleichen konnte, obwohl dieser Kessel noch ein wenig höher war. In dem großen Behälter war kein Holz sonder Grillkohle die man zum Glühen gebracht hatte. Nun wurde Zeitungspapier hineingeworfen und leuchtende Flammen stiegen auf. Aber es war dennoch eine gute Idee, denn allmählich wurde es recht kalt und so diente das kleine Feuer als Wärme- und Lichtquelle.

Widerwillig nickte ich auf Shiges fragenden Blick und gemeinsam schlenderten wir zu den anderen. Ich ließ mich neben Jin plumpsen und grinste ihn an. Er grinste zurück… Etwas verlegen wie mir schien.

„Okay, Karmen-chan, Ria-chan, Sophie-chan, Anna-chan und Chris-chan singen jetzt was Deutsches für uns.“

Allgemeines Stimmengewirr. Anna, Sophie und Karmen schreckten zusammen und rissen die Augen auf.

„WAS?“, meinten sie gleichzeitig.

Wir zuckten unschuldig die Schultern. Was sollten wir auch sonst tun? Wir konnten schlecht verneinen, denn die Jungs hatten uns den Tag ziemlich gut gestaltet. Sie hatten was gut bei uns.

„…Was zum Teufel sollen wir denn singen?“

„Ich weiß was…“ Ich nahm Chris das Buch aus dem Schoß und blätterte auf die gesuchte Seite. Sie lachten und nickten begeistert.

„Okay, das ist einfach. Das hab ich auch schon mal im Gitarrenunterricht gespielt.“ Chris freute sich und nahm behutsam Uedas Gitarre.

Wir setzten uns hinter sie und sie kramte ihr Plektrum hervor. Vorsichtig schlug sie noch einmal die Seiten an, um sich zu vergewissern, dass die Gitarre richtig gestimmt war. Sie nickte uns zu und meinte:

„Eins, zwei…und:“

„Steck dir die halbe Tüte Erdnusschips in deinen zuckersüßen Mund…“ Wir sangen drauf los und zu meiner Überraschung verpasste keiner den Einsatz. Erst zitterte meine Stimme etwas, ich war sehr nervös, doch nachdem wir die erste Strophe sangen, hatte ich langsam wieder das gewohnte Glücksgefühl, was ich verspürte, wenn ich dieses Lied hörte.

„…Kling Klang du und ich, die Straßen entlang.

Kling Klang du und ich, die Straßen entlang…“

Ich schaute vorsichtig in den Kreis, den wir um das warme Feuer gebildet hatten. Alle starrten uns gebannt an, als ob sie jedes fremde Wort in sich aufsaugen wollten.

Ich grinste Sophie an, als sich unser Blick traf, dann schaute ich wieder auf das Notenbuch, obwohl ich den Text bereits auswendig konnte.

„…Für diesen Augenblick dich in die Kamera zu kriegen,

haut mal wieder nicht hin….“

Ich blickte zu Tegoshi, der mir freundlich entgegenblickte.

„…Komm und lass uns heute noch nach Feuerland fliegen…“ Massus liebenswürdige Augen betrachteten uns.

„…God save the Queen…“ Taguchi lachte.

„An der Westküste dann die Promenade runter…“ Kokis angestrengte Miene erhellte sich bei dem Wort „Westküste“, da er wahrscheinlich das Wort verstand.

Bei jeder einzelnen Textstelle, fiel mir ein anderer Gedanke ein und ich blickte von einem Gesicht ins andere.

„…Bloß von hier weg, so weit wie möglich…“ YamaP…

„…Bis du sagst: Es ist Zeit, wir müssen aus Feuerland zurück…“ Kame… Ueda…

„…nach Hause im Wienerwalzerschritt…“ Nakamaru…

„…dü dü dü… dudel dü dam…“ Keiichiro, Ryo und Shigeaki.

„…Kling Klang du und ich, die Straßen entlang.“ Jin!

Der letzte Gitarrenschlag, dann endete das Lied. Erleichtert atmeten wir durch. Die Jungs klatschten und pfiffen, höflicherweise.

Wir lachten verlegen und starrten zu Boden.

„Really good. Ich würde gern wissen, worum es ging, aber man kann ja nicht alles haben, nicht?“ Shige lachte kindlich und wir grinsten.

„Jetzt seid ihr aber dran!“ , meinte Karmen und das Lachen verstummte augenblicklich.

„Wir? Oh… Na, was sollen wir denn singen?“

„Ich weiß nicht… Vielleicht etwas, wozu es sich gut Tanzen lässt?!“

„Wie wäre es mit einem englischen Lied?“ , warf Anna ein.

Chris und ich starrten uns an und wir hatten denselben Gedanken.

„Etwas Englisches? Habt ihr denn Lyrics?“ , fragte Kame und steckte die Hände in seine Hosentaschen.

„JA!“ , meinten Chris und ich im Chor. Verdutze Augenpaare unserer Freundinnen.

„Ach wirklich?“

„Japp. Also… Man kann ziemlich gut dazu tanzen, würde ich sagen… Oder Ria?“

Ich nickte.

„Hm… Warum nicht. Ich meine, man kann nur üben… Also, was meint ihr Jungs?“ Koki drehte sich zu seinen Kollegen um und ein einstimmiges ‚Hai’ erklang, bevor wir uns alle aufrappelten. Chris zog aus ihrer Hosentasche einen ziemlich zerknitterten Zettel, was ich ihr gleich tat.

„Hier. Teilt euch rein.“ Sie lachten beim Titel des Liedes.

„Oh Gott, das kann ja heiter werden.“

„Los jetzt!“

„Let’s go for a little walk

Under the moon of Love

Let’s sit down and talk

Under the moon of Love...”

Wir lachten, als alle zu einer unterschiedlichen Zeit einsetzten und alle etwas anderes sangen.

„Okay, das war wohl nix! Wie wär’s, wenn wir uns das Lied erstmal anhören. Habt ihr ein paar Boxen und ein Gerät, wo ich meinen i-Pod anschließen kann?“ Chris kramte in ihrer Tasche nach dem kleinen Gegenstand.

„Ja, komm mit.“ YamaP zog Chris am Arm zu dem kleinen Zelt und sie blieben ein paar Minuten weg. Dann kam auf einmal laute Musik aus dieser Richtung.

Nach anfänglichen Startschwierigkeiten, hatten wir uns dann alle überwunden und tanzten zur Musik. Wir hörten alles Mögliche: Japanische Musik, Deutsche Musik und auch Amerikanische Musik. Und auch eine Polka war dabei, wobei wir alle versuchten, diesen Tanz hinzubekommen.

Doch irgendwie versagten wir alle und als dann schließlich der Erste stolperte und in den Sand fiel, flogen alle anderen hinterher. Es gab ein lautes Gelächter und schließlich setzten wir uns wieder um das Lagerfeuer. Ich saß neben Tegoshi und Massu. Tegoshi hatte einen Stock in der Hand und versuchte die Rinde abzupulen. Massu schaute gebannt in das Feuer und lauschte der, noch immer spielenden, Musik. Ich schaute sie beide an und versuchte ihre Gedanken zu lesen. Doch es wollte mir nicht recht gelingen. Warum versuchte ich es eigentlich immer wieder? Bis jetzt war es immer zwecklos gewesen.

„Ria-chan?“

„Hm?“ Ich schaute mich um und blickte in die warmen Augen von Kame.

„Könntest du mir kurz helfen?“

„Ähm, ja, klar. Was soll ich machen?“ Ich stand auf und lief ihm hinterher.

„Ich wollte ein paar Decken aus dem Zelt holen. Aber es sind so viele, ich kann sie nicht alle tragen.“ Sein Englisch war gebrochen, dennoch konnte ich den Sinn heraushören. Ich fragte mich, warum er ausgerechnet mich darum bat, hätte ihm meine Schwester doch liebend gern geholfen.

„Hm, wo sind sie denn?“ Nervös sah er sich in dem dunklen Zelt um.

„Ich glaube, sie liegen da oben.“ Ich leuchtete mit der Taschenlampe, die auf dem Tisch stand in diese Richtung.

„Ah ja, genau.“ Er streckte sich zu dem Schrank, erreichte diesen allerdings. Ich grinste.

„Lass mich mal, Kamenashi-san.“ Ich stellte mich neben ihn und die gut fünf Zentimeter Größenunterschied reichten aus, sodass ich ohne Mühe an die Decken heran kam. Eine nach der anderen gab ich hinunter.

„Das ist also der Grund, warum ich dir helfen sollte…“

Erschrocken blickte er mich an.

„Eh? Nein, dass ist nicht der Grund. Ich wollte dich etwas fragen…“

Erstaunt blickte ich ihn an.

„Ähm… ja? Was denn?“

„Hat… Hat Jin etwas über mich erzählt?“

Ich weitete meine Augen.

„Was genau meinst du?“ Ich wusste, dass es gemein von mir war, noch so zu bohren, aber ich war nicht sicher, was er von mir hören wollte. Er räusperte sich.

„Hat er etwas darüber gesagt, ob er auf mich sauer ist, oder…“

„Ach so. Nein, ich glaube nicht, dass er wütend auf dich ist. Er hat ein paar Mal gesagt, dass er dich vermissen würde, aber immer im Zusammenhang mit den anderen. Aber ich weiß das auch nicht so genau… Ich bin mir nicht sicher, ob er mir so viel über sein Privatleben anvertrauen würde…“

„Denkst du wirklich, dass er dich dann heute hierher mitgenommen hätte?“

Kames Antwort kam schnell, als ob er sich seiner Sache sicher wäre. Seine Worte brachten mich zum Nachdenken. War es wirklich so, wie er dachte?

„Oh, entschuldige Ria-chan. Ich wollte dich wirklich nicht in Verlegenheit bringen…“

„Nein! Nein… Ist schon okay. Vielleicht hast du Recht… Aber wie gesagt, er hat nichts über dich gesagt…“

Er nickte und wollte aus dem Zelt gehen.

„Kamenashi-san?“

„Ja?“

„Du solltest mit ihm reden, wenn du dir Sorgen um ihn machst.“

„Meinst du?“

Ich nickte aufmunternd und trat neben ihn. Ich wusste nicht, warum ich ihm einen Rat gab, war er doch älter als ich. Aber ich hatte schon oft erlebt, dass ich Dinge von Menschen dachte, die eigentlich ganz anders waren und dass es immer besser war, sie geradewegs darauf anzusprechen.

„Gut, dann mal los, eh den anderen noch kalt wird.“
 

Ich beobachtete Kamenashi noch eine Weile. Er saß noch immer neben Karmen, die sich allerdings mit Ryo Nishikido unterhielt und ab und zu einen besorgten Blick auf ihn warf. Unschlüssig saß er da und warf immer wieder einen Blick auf Jin, der mir schräg gegenüber saß und mir ab und zu eine Grimasse schnitt, worauf ich ihn anlachte.

„Es ist immer dasselbe mit den beiden…“ Koki nahm einen Schluck Bier und blickte ins Feuer.

„Was meinst du?“

„Sie sind wie Brüder füreinander und dennoch haben sie nie den Mut, sich zu überwinden und einen Schritt auf den jeweils anderen zuzugehen…“

Unsere Blicke wanderten parallel zwischen den beiden hin und her.

„Ich denke schon, dass Kamenashi-san ihn ansprechen wird…“

„Meinst du?“

„Ja. Pass auf, gleich wird er aufstehen und zu Akanishi-kun rüber gehen und ihn um ein Gespräch bitten…“

„Die Wette gilt… Aber woran siehst du das?“

„Ich sehe es nicht… Ich hoffe nur, dass ich Kamenashi-san davon überzeugen konnte, dass es besser wäre, wenn er mit Akanishi-kun reden würde.“

„Hm, okay. Du hast sicher Recht. Bei uns muss auch immer noch einer Vermittlungsmann spielen, bis sie endlich miteinander reden. Aber die Wette gilt trotzdem! Mal sehen, ob du es geschafft hast, ihn zu überzeugen… Immerhin ist Kame sonst nicht der Typ, der sich von… nun ja… fast fremden Personen dazwischen reden lässt…“

„…“

„Das sollte jetzt nicht böse gemeint sein. Aber es ist schwer, Kames Vertrauen zu bekommen. Er ist misstrauisch.“

„Du musst dich doch nicht rechtfertigen, Tanaka-san! Es ist mir schon klar, dass man einem Menschen nicht innerhalb von einem Tag sein ganzes Leben anvertraut. Das würde ich selbst auch nicht tun.

Es ist nur…“

„Ja?“

„…was ist, wenn ich meine Wette verliere?“

Er lachte laut auf und grinste vor sich hin.

„Ach, noch ist nichts verloren… Aber wenn das der Fall sein sollte, lass ich mir schon was einfallen...“ Er grinste so verschmitzt, dass ich mir ein wenig Sorgen machte.

Es dauerte noch zwei Minuten, dann gewann ich meine Wette schließlich. Koki lachte leise und ich atmete erleichtert auf. Das hatte zwei Gründe: Erstens war ich mir sicher, dass sie sich wieder vertragen würden und zweitens musste ich mir keine Sorgen mehr machen, was sich Koki ausdenken würde.

„Du bist besser, als ich dachte, Ria-chan. Hm, ich bin dir was schuldig! Was willst du haben?“

Ich überlegte.

„Momentan nichts. Aber irgendwann werde ich auf dein Angebot zurückkommen, ja?“

„Okay.“

„Versprochen?“

„Versprochen!“ Er hielt mir seinen kleinen Finger hin und ich verhakte meinen in seinen.
 

Es war kurz vor zehn Uhr, als der kleine Van uns vor dem Internat absetzte. Und es dauerte seine Zeit, bis sich alle von uns verabschiedet hatten und jeder dem anderen noch etwas wünschte.

„Mach’s gut, Ria-chan. Ich wünsche dir alles Gute. Pass gut auf Akanishi auf, ja?“ YamaP stand mir gegenüber und sah mir tief in die Augen. Ich lief rot an.

„Ähm…“

Er lachte leise.

„Schon okay. Ich weiß, dass du das machst, auch wenn du dir dessen nicht bewusst bist…“

Ich gab ihm die Hand, dann kam Kame auf mich zu. „Arigatou, Ria-chan.“

„Äh?“

„Wegen dir bin ich doch erst auf ihn zu gegangen.“

„Kamenashi-san, du brauchst mir nicht für etwas zu danken, was ich nicht getan habe. Du hast doch aus freien Stücken mit ihm geredet.“

„Aber…“

„Nichts, aber. Du warst es alleine. Und wenn ihr euch noch mal streiten solltet, dann wirst du auch wieder alleine auf ihn zu gehen, nicht wahr?“

Er grinste.

„Aber eine Frage hätte ich da schon noch…“

„Ja?“

„Wie ist es denn nun ausgegangen?“

Sein Grinsen wurde noch breiter, als es war.

„Alles okay. Wie immer eigentlich. Ich hoffe, dass er sich jetzt öfter bei mir meldet…“

Ich nickte, da ich nicht wusste, ob ich etwas darauf erwidern sollte.

„Mach’s gut, Ria-chan. Komm uns mit deiner Schwester und deinen Freunden mal besuchen.“

„Wenn das möglich ist, gern. Alles Gute!“

Auch ihm gab ich die Hand. Wenige Minuten später hatte ich elf Hände geschüttelt und elfmal -mach’s gut- gesagt. Die anderen standen noch immer da und lachten. Ich stand etwas abseits. Da kam Jin auf mich zu.

„Ria-chan!“

Ich lächelte ihn an.

„Es war schön heute.“

„Ja? Das freut mich. Mir hat es auch gefallen. Die anderen fanden euch alle sehr nett.“

„Echt? Das ist… toll…“

„Wollen wir uns morgen treffen?“

„…“

„Nicht? Hast du keine Zeit?“

„Doch, schon, aber…“

„Bist du unsicher, wegen deiner Lehrerin?“

Ich nickte.

„Ach, das wird schon. Ruf mich an, wenn du Zeit hast, okay?“

„Okay.“

Es wurde nach Akanishi gerufen. Jin hob die Hand, um zu zeigen, dass er noch etwas Zeit brauchte. Er sah mir in die Augen.

„Darf ich dich um etwas bitten?“ Seine Frage kam überraschend und stutzig hob ich meine Brauen.

„Klar. Was ist es?“

„Wenn wir uns das nächste Mal sehen, also außerhalb von LA, dann tanzen wir wieder, ja?“ Er grinste mich breit an und ich lachte.

„Da muss ich aber noch üben… Aber okay, wir tanzen wieder! Ich verspreche es dir!“ Damit gab ich mein zweites Versprechen an diesem Tage und ich hoffte, dass ich sie auch beide halten konnte.

„Okay, Ria, ich glaube, ich sollte jetzt gehen. Oyasumi nasai.“

„Gute Nacht.“

Er lief zum Auto und stieg elegant ein. Dann brauste der Wagen los und wir standen alleine auf dem ruhigen Bürgersteig.

Wir winkten dem Wagen so lange hinterher, bis man ihn nicht mehr erkennen konnte. Glücklich über die neuen Bekanntschaften liefen wir ins Internat und ließen uns auf die große Couch in der Lobby fallen.

„Sie waren alle so nett…“

„Ja, das waren sie… Selbst Ueda...“ Sophie seufzte. Ich wusste nicht, ob es aus Enttäuschung war, oder vor Erleichterung.

„Und Taguchi…“

Wir lachten.

„Wir müssen unbedingt zu einem Konzert gehen…“

„Auf jeden Fall“

„Spätestens nach dem Abi, okay?“

„Abgemacht!“

Wir schwiegen für eine Weile, weil wir alle unseren Gedanken nachhingen.

„Los, morgen müssen wir früh raus. Lasst uns ins Bett gehen.“

„Ja, du hast Recht, Chris.“

„Guten Nacht.“

Wir gingen auf unsere Zimmer und fielen wie Steine todmüde in unser Bett. Sofort schliefen wir ein.

Was für ein Tag!



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2009-02-08T20:35:23+00:00 08.02.2009 21:35
Uff, langes Kapitel - aber das ist toll! ^^ Du hast ein wenig mehr Zeit gelassen. Schwierig so viele Charaktere gleichzeitig darzustellen und agieren zu lassen, ohne dass einer vergessen wird. Ich finde, du hast es super hingekriegt. Ist irgendwie seltsam, dass Yamapi so frei spricht, wo doch gleichzeitig erwähnt wird, dass er noch undurchschaubarer als Jin ist. *grins* Aus Yamapis Andeutungen und dem letzten Teil des Chaps kann ich ziemlich genau abschätzen, das der Höhepunkt der Story ist. *ggg*
Von:  Linni-chan
2008-11-06T18:30:51+00:00 06.11.2008 19:30
Okay, ich habe jetzt die ersten Kapitel gelesen und ich muss sagen, es gefällt mir ziemlich gut, auch wenn ich normalerweise nichts von Self-Insert halte (was aber wohl eher damit zusammenhängt, dass das meist in Mary Sue ausartet XD). Dein Schreibstil ist schön flüssig und schnell zu lesen und es sind wenig Rechtschreibfehler drin, auch wenn jetzt in diesem Kapitel ein paar Tippfehler waren.
Ich mag den eher ruhigen Ton, den deine Story hat und die Charaktere wirken alle sehr echt und lebensnah. Was mich gewundert hat ist, dass Koki Bier trinkt, obwohl er das ja eigtl. nicht darf.
Ich musste an manchen Stellen echt lachen, z.B. da, wo die beiden Klassenkameraden sich gegenseitig Rosinen in die Nase stecken, dass ist einfach so bekloppt, dass man merkt, dass du Leute als Vorbild hattest, die es tatsächlich gibt.
Ansonsten freut es mich, dass jetzt auch noch der Rest von Kat-tun da ist XD Hm... Karmen ist mir irgendwie ans Herz gewachsen *lol*
Vielleicht liegt das daran, dass ich wie sie den hässlichsten Hut genommen hätte, den es gibt... XD
Ich werde also auf jeden Fall weiterlesen. *Daumen hoch*


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