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Go!Go!America!!

von

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Chapter 12

Ich saß allein auf dem Balkon unseres Internatzimmers, schaute in die Flamme eines kleinen Teelichtes und lauschte den sanften Wellengeräuschen, die vom Meer herüber drangen, während ich mit dem Saum von Jins Jacke spielte, die auf meinem Schoß lag. In meiner Nervosität hatte ich vergessen, sie ihm wieder zugeben. Leicht streifte ich mit den Fingern meine Lippen. Es war ein seltsames Gefühl, jemanden zu küssen, dachte ich. Wer hätte gedacht, dass es so aufregend ist? Jeden Tag sieht man irgendwelche Küsse in der Zeitung und empfindet nichts dabei. Ich lächelte leicht.

Es war mittlerweile fast sieben Uhr morgens und nachdem ich weniger als sechs Stunden geschlafen hatte, saß ich nun hier. Als ich ins Hotel zurückkam hatte ich Angst, dass mich irgendjemand sehen würde, doch das gesamte Gebäude war wie ausgestorben. So konnte ich mich ohne Probleme ins Zimmer schmuggeln, um dort eine schlafende Chris vorzufinden. Müde legte ich mich in mein Bett, worauf ich auch sofort einschlief. Doch gegen sechs Uhr morgens wachte ich plötzlich putzmunter auf und konnte nicht mehr einschlafen.

Und so saß ich nun hier, auf einem kleinen Balkon und konnte dem Sonnenaufgang zuschauen. Ich schloss die Augen und grübelte darüber nach, warum mich meine Freunde allein in dieser U-Bahn zurück gelassen hatten. Sollte ich ihnen dankbar oder böse sein? Noch war ich unentschlossen. Und da gab es noch etwas: Was sollte ich jetzt mit Jin tun? Ihn zu ignorieren und vergessen hatte nicht geklappt, aber wenn ich ihn jetzt wieder sehen würde, müsste ich erneut Angst haben, dass ich auffliege. Und diesmal nicht nur vor Frau Eichner sondern auch vor meinen Freunden. Anna war die Einzige, die nicht dagegen war, dass ich Jin sah. Auf die Neuigkeit, dass es kein Wiedersehen geben würde, reagierte sie ungewohnt skeptisch. Sollte ich mit ihr darüber reden? Aber dann würde ich ihr eine Last aufzwängen, die sie womöglich nicht wollte. Nein, das war eine ziemlich schlechte Idee. Ich raufte mir die Haare, weil ich mal wieder keinen Ausweg sah.

„Ria?“ Die Balkontür ging auf und Chris sah mich mit müden Augen an. „Hey, Ria, warum bist du denn schon wach?“, fragte sie.

Ich war kurz vor dem Explodieren, weil sie eine so dumme Frage stellte. „Warum ich schon wach bin? Das fragst du? Ich hätte eher erwartet, du würdest fragen, warum ich hier bin! Ich meine, es war nicht gerade einfach von einer mir unbekannten Gegend allein zurück zu finden. Denn ihr wart ja nicht mehr da… Hm, Moment?! Warum wart ihr eigentlich nicht da?!“ Ich funkelte sie an. Sie wurde blass und erstarrte. Vermutlich hatte sie nicht mit so einer heftigen Reaktion gerechnet.

„Oh mein Gott, Ria, sag bloß du…? Ach, hätten wir das gewusst! Weißt du, es ging alles so schnell. Erst diese Typen, dann der andere... Wir hatten ihm doch geglaubt, immerhin gab er uns sein Wort...“

„Was?! Chris, jetzt bitte mal langsam und ganz von vorn. Ich versteh überhaupt nicht wovon du redest!“

Sie seufzte leicht, nahm auf dem Stuhl gegenüber von mir Platz und starrte auf den Tisch. „Also pass auf, es war so: Du warst mal wieder eingeschlafen, wie immer, wenn du in einem Fahrzeug bist…“ Sie lächelte matt. „An einer der Haltestellen, stiegen auf einmal ein paar Idioten ein, die zu tief ins Glas geschaut hatten und deswegen jeden im Abteil blöd anmachten. Die Leute wechselten einfach das Abteil und das wollten wir auch. Wir hatten nicht mitbekommen, dass du eingeschlafen bist. Erst als wir auf einem anderen Platz saßen, fiel uns dein Fehlen auf. Wir rannten natürlich zurück und da sahen wir, wie einer der Kerle sich neben dich gesetzt hatte und dich mit irgendwelchem sinnlosen Gelaber voll redete. Er schien so betrunken zu sein, dass er nicht mal mitbekam, dass du schliefst. Wir wollten dich einfach nur wegzerren, aber da hielten uns die anderen auf. Sie wollten uns schlagen, doch bevor es dazu kam, tauchte auf einmal jemand anderes auf. Der Typ war von oben bis unten vermummt mit Kapuze und sogar mit Schal. Dennoch kam er uns zu Hilfe und bat uns, abzuhauen. Wir erklärten, dass wir noch auf dich warten müssten, schließlich konnten wir dich nicht allein lassen… Der Unbekannte meinte nur, dass er sich drum kümmern würde, dass dir nichts passiert. Erst waren wir noch unsicher, immerhin kannten wir den nicht, doch dann nahm er seine Kapuze ab und… na ja, weißt du… es war Jin.“ Mir stockte der Atem. Irgendetwas passte hier nicht ganz zusammen. Ich beschloss, Chris erst einmal enden zu lassen. Sie räusperte sich kurz, bevor sie fort fuhr: „Ja… Es war Jin… Und er meinte, dass wir uns auf ihn verlassen könnten. Natürlich haben wir ihm geglaubt, ich meine, warum sollten wir auch nicht? Also sind wir ausgestiegen… Wir dachten, er würde dich nach Hause bringen!“

Sie sah mich erwartungsvoll an. Ich hatte wieder begonnen, mit dem Saum von Jin’s Jacke zu spielen. Es klang etwas unglaubwürdig, aber alles an diesem Trip nach LA war so unreal. Von daher, hätte ich mich eigentlich nicht wundern dürfen.

„Ria, was ist dann passiert?“, fragte sie nun, nachdem ich keine Anstalten machte, irgendetwas zu erwidern.

Ich überlegte, ob ich ihr die Wahrheit sagen sollte. „Chris, warum habt ihr mich mit ihm allein gelassen? Wart nicht ihr es, die gemeint haben, ich sollte ihn nicht sehen, ich bekäme Schwierigkeiten? Wenn er mich zurück ins Internat gebracht hätte und wir dabei gesehen worden wären, wäre es dann nicht genau auf das hinausgelaufen?!“

„Nein!“, meinte sie bestimmt.

Verblüfft schaute ich zu ihr auf. „Wie…?“

„Nein, das wäre es nicht, Ria. Denn dann hätten wir alle die Situation erklären können. Es ist schon ein Unterschied, ob du nun in Gefahr bist und er dich rettet, oder ob ihr euch einfach trefft. Verstehst du?“

Ich schüttelte ungläubig den Kopf.

„Das ist echt… ätzend!“

Sie griff über den Tisch und griff nach meinen Arm. „Ja, das ist es. Leider…“

Für einen Moment sagte keiner von uns etwas.

„Er hat mich gerettet…“, begann ich nun. „Er wurde verprügelt, von den Betrunkenen. Davon wurde ich munter. Erst habe ich ihn nicht erkannt, immerhin war er vermummt, als wäre es der kälteste Winter. Ich hab den Schaffner geholt, er hat die Situation geregelt. Dann sind Jin und ich an der nächsten Haltestelle ausgestiegen. Ich hab ihn nach Haus gebracht, dann bin ich zurück zum Internat.“ Das war größtenteils wahr. Die kleinen Details, die ich verschwieg, hätten nichts an Allem geändert. Kurz und präzise. So wie ein Bericht sein musste. Chris ging es darum, dass es mir gut ging und vermutlich nicht um das Ganze drum herum.

„Und… Und wie geht es ihm?“ Ich war überrascht über diese Frage.

„Ähmm… ganz gut, denke ich.“, antwortete ich unsicher.

„Du hast ihn nicht versorgt?“ Warum fragte sie all diese Dinge? Ich war fest davon überzeugt, dass sie nichts davon wissen wollte.

„Doch…“

Sie lächelte beruhigt.

„Das ist gut. Habt ihr geredet?“

Ich nickte stumm.

„Was ist dabei herausgekommen?“

„Weiß nicht…“

Dann herrschte wieder Schweigen. Mein Körper wollte, dass ich zu Jin ging und ihn danach fragte, warum er mich wegen dem Grund dieser Prügelei belogen hatte. Mein Geist meinte, ich sollte lieber bleiben, denn die Antwort würde mich auch nicht weiter bringen. Vielleicht hatte er mich auch gar nicht belogen. Vielleicht hatte er mir nur einen Grund von vielen genannt. Vielleicht auch nicht. Was spielte das für eine Rolle? Er hatte mich gerettet, trotz dass ich ihn so verletzt hatte mit meinen Worten.

Mir stiegen die Tränen in die Augen.

„Ria, ist alles okay?“ Chris kam besorgt um den Tisch gelaufen und legte ihren Arm um mich.

Ich nickte und versuchte ein Lächeln. Das misslang mir allerdings.

„Was ist los?“

„Nichts… Ich bin einfach nur glücklich…“

„Glücklich?“

„Ja.“

„Warum?“

„Wegen ihm.“

„Wegen ihm? Meinst du, wegen Jin?“

„Ja.“

Dann hörte sie auf, weiter zu fragen und ging wieder in unser Zimmer, um sich für das Frühstück fertig zu machen.

Und was tat ich? Ich heulte und lächelte gleichzeitig, während ich mir weiterhin den Sonnenaufgang ansah. Was für eine ungewöhnliche Mischung…



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von: abgemeldet
2009-11-19T07:05:24+00:00 19.11.2009 08:05
Uaaaah, bin heute früh aufgewacht. ^^ Weiß nicht wieso, aber ich konnte schlecht schlafen – hatte Angst wieder zu verschlafen. Daher habe ich mich aufgerafft und wärme meine Finger wieder mit schreiben…

http://www.pi-pu.com/?attachment_id=2928&cpage=1#comment-820
Von: abgemeldet
2009-02-11T12:29:32+00:00 11.02.2009 13:29
Hm, irgendwie war mir der Hintergrund ihres Wiedersehens jetzt zu konstruiert. Aber welche Story ist das nicht? Nichts geht ohne Planung. *ggg* Trotzdem kam mir das zu direkt und deswegen zu naja, salopp rüber. Ich persönlich mag es lieber, wenn der Leser von den gewollten Zufällen des Autoren nichts mitbekommt, bzw. nicht auf den Gedanken kommt, dass eine Story NUR aus gewollten Zufällen besteht. *lach*
Ahhh, ENDLICH kriegt man mal wieder ETWAS über Rias Charakter heraus - die Stelle mit dem "Bericht erstatten" war sehr aufschlussreich. Ich mag so eine nüchterne pragmatische Ader. *lach*
Von: abgemeldet
2007-10-25T18:28:42+00:00 25.10.2007 20:28
endlich ich habs geschafft und das sogar ohne merkzettel^^
ja und darfst jetzt klatschen XD
so aber jetzt mal was zur fanfiction, also ich find das kapitel war mit das beste von allen, und die wendung find ich richtig schön das die zwei wieder "zu einander finden"...
und due weisst ja das ich das ganze teil toll finde!!
hdl
Tee~


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