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Seelensplitter

Rufe aus der Vergangenheit
von

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"Feueratem"

"Feueratem"
 

(Flúgar - Aska)
 

Er hat bereits aufgehört zu zählen, wie viele es heute waren.

Bis zum Horizont, an dem gerade die Sonne ihren alltäglichen Weg über den Himmel beginnt, ist der einstig reinweiße Sand des Strandes rubinrot gefärbt.

In der Luft hängt der Geruch von Salz und Blut, von Strandhafer und Angst.

Seine Lippen sind trocken und spröde, er ist erschöpft, und müde, wie lange nicht mehr. Nur zu gerne würde er sich ein wenig ausruhen, doch die Schlacht ist noch unentschieden.

Es waren noch nicht annähernd genug, dessen ist er gewiss, denn das hitzige Youki des Feindes scheint so präsent wie am Tage zuvor, das tiefe Grollen der unterirdischen Vulkane im Meer ist längst nicht erloschen.

Für einen Moment schließt er die Augen, überprüft die Youkiquellen in der Umgebung, und es beruhigt ihn ungemein, dass er mehr vertraute Energien erspüren kann, als er angenommen hat.

Ihre Verluste sind beängstigend hoch, der plötzliche, unerklärliche Rückzug der Wasserdrachen hat den Kriegern vorerst die Moral geraubt.

Aufgeben kommt nicht in Frage, eher gehen sie im Kampf unter.

Unangenehm bezeugt seine durch getrocknetes Blut erhärtete Kleidung jedwede Bewegung, die er tätigt, und reibt seine Kniekehlen und Ellbeugen wund.

Die Verletzung an seinem Oberarm sendet fortlaufend einen stechenden Schmerz durch seine Nervenbahnen, und die feuchte Meeresluft ist nicht förderlich für die Wundheilung.

Zudem hat er den Großteil seines Youkis aufgebraucht.

Außer dem Rauschen der Wellen durchbricht kein noch so leiser Laut die beklemmende Stille; das monotone, penetrante Geräusch verursacht ein dumpfes Pochen in seinen Schläfen.

Dass ihn die Fußspuren, die seine schweren Stiefel im Sand hinterlassen, verraten werden und zu einer leichten Beute machen, interessiert ihn nicht wesentlich. Falls ihn jemand wirklich finden will, dann wird er das – mit oder ohne die offensichtlichen Hinweise.

Und tatsächlich dauert es nicht lange, bis er eine flammende Präsenz hinter sich spürt: ein Feuerdrache. Trotz der Distanz, die noch zwischen ihnen liegt, vermeint er den heißen schwefeligen Atem des Drachens spüren zu können.

Betont langsam dreht er sich halbseitig um, die rechte Hand an der Tsuka seines Schwertes und die Muskeln gefechtsbereit angespannt.

Er ist unterschwellig überrascht, als er in seinem Gegner eine Frau erkennt.

Ihr hasserfüllter Blick entstellt die überaus weiblichen Züge ihres Gesichtes, das nun mehr eine fratzengleichen Maske darstellt, unter der die silberfarbenen Augen einem rötlichen Glühen weichen.
 

„Du wirst dafür büßen, meinen Bruder getötet zu haben.“
 

Kurzzeitig mustert er sie eindringlicher.

Insgesamt ist ihre Statur schmal und zierlich, die relativ kurzen zweifarbigen Haare kleben an ihrer schweißnassen Haut, an der Stirn, im Nacken.

Sie droht ihm, erhöht den Pegel ihrer Dämonenergie drastisch.

Ja, er erinnert sich, das Muster ihres Youkis weist Übereinstimmungen mit dem des männlichen Feuerdrachen auf, den er in dieser Nacht getötet hat. Die Auseinandersetzung ist hart und anstrengend gewesen, aber fair, und er hat selten einen solch guten Kämpfer in den Reihen der Feuerdrachen entdeckt. Knapp war kein angemessener Begriff für den Ausgang ihres Kampfes, und die Wunde an seinem Arm, sowie zahlreiche weitere Blessuren, gehen auf das Konto des außergewöhnlich talentierten Kontrahenten.

Hraunar, so hieß er.

Ihre Rache ist für ihn bestimmt.
 

„Du hast die Zukunft unsere Clans zerstört…“
 

Ihre Stimme versiegt und wechselt zu einem aggressiven Knurren.

Ohne darüber nachzudenken, stürmt sie auf ihn zu, unbewaffnet, und attackiert ihn mit ihren bloßen Klauen.

Sie ist so blind vor Wut und Hass, dass sie nicht einmal mehr ordentlich Kämpfen kann – ihre überschäumenden Emotionen verwandeln sie in einen tobenden Berserker, der wild um sich schlägt und nach dem sühnenden Blut ihres Opfers giert.

Er jedoch lässt sich nicht darauf ein, umgeht mühelos ihre voraussehbaren Manöver – das Schwert hat er nicht gezogen.

Eben dies schürt ihren Zorn umso mehr, ihre Bemühungen verzeichnen dennoch keinen Erfolg.

Eher das Gegenteil ist der Fall.

Bald hat er sie in die Ecke gedrängt, und sie ist mittlerweile so erschöpft, dass sie sich kaum mehr auf den Beinen halten kann. Schwankend taumelt sie einen halben Schritt zurück. Während dessen schließt sich seine recht Hand fester um den Griff seines Katanas.

Sie schluckt und senkt den Kopf.

Dann stockt der Luftdrache unvermittelt, wendet sich ab, und starrt, wie in Trance verfallen, in die Ferne.

Das Schwert entgleitet seinem Griff, und er kann kaum mehr atmen. Seine Kehle ist wie zugeschnürt.
 

„Nein…“
 

Als sie aufblickt, ist er verschwunden.

Zähneknirschend richtet sie sich auf, so wird er ihr nicht davonkommen.
 

Bis sie ihn eingeholt hat, vergehen etwa zwei Stunden.

Er kniet neben dem leblosen Körper eines seiner Artgenossen, hält dessen rechte Hand in den seinen. Offenbar trauert er, und bemerkt nicht, dass sie direkt hinter ihm steht, die Klinge, die er vorhin beabsichtigte gegen sie zu richten, zielt jetzt auf sein Herz.

Das Auflodern seiner Aura erfolgt dermaßen plötzlich und unverhofft, dass sie nicht einmal an Abwehr oder Ausweichen denken kann und sein Angriff ist lediglich ein undeutlicher Schemen in ihrem linken Augenwinkel.
 

***---***---***
 

[Anm. der Autorin]

Oder: wie Aska zu ihren Narben kam.

Kurz und knapp, so sind sich Flúgar und Aska das erste Mal über den Weg gelaufen.

Eigentlich hatte ich nicht vor, Hraunar durch Flúgars Hand sterben zu lassen, hat sich so während des Schreibens ergeben, und warum auch nicht?

Außerdem: "Effi Briest" ist absolut nicht meine Lieblingslektüre gewesen, allerdings ist von Fontanes Werk doch etwas hängen geblieben. Der Strandhafer, der in Kessin in der Nähe des Chinesengrabes wächst, taucht auch in diesem One-Shot auf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Lizard
2007-07-16T16:03:22+00:00 16.07.2007 18:03
Schade, da hatte ich mich gerade so schön eingelesen und dann ist es schon wieder vorbei... dieses Mal war es ein eher actiongeladener One shot, auch nicht schlecht, auch wenn das Ende dann fast enttäuschend schnell kommt.
Um wen hat Flugar da eigentlich getrauert? Es muss da ja doch ein engerer Vertrauter gefallen sein, wenn ihn das so ablenkt und dann so in Rage bringt? Wer war das?
Schreibst du auch noch was zu den Wasserdrachen und wie bzw. warum es genau zu ihrem Verrat kam?
Ich bin neugierig, welche One shots du noch auf Lager hast. Meinetwegen können's gern noch ein paar mehr werden.
Von: abgemeldet
2007-07-11T12:10:45+00:00 11.07.2007 14:10
WoW das war zwar etwas kurz aber sehr interessant und vor allem spannend. ^-^

Du bist sehr erfinderisch, dass musste ich auch heute wieder feststellen.....das mit dem Strandhafer fand ich echt gut. ^-^


24
Von:  Carcajou
2007-07-10T20:55:46+00:00 10.07.2007 22:55
Aska scheint ja wirklich recht spontan ihren Eingebungen zu folgen- warum nachdenken, wenn es auch anders geht. Oder auch nicht, in diesem Fall.
Wie schön, endlich weiss man mehr über die beiden!!
Aska reagiert wirklich sehr emotional, denn ein ehrenvoller, fairer Kampf ist eben ein solcher...
Darf danach so gehasst werden, nach Drachen- und Youkaibegriffen?
Hat mir sehr gut gefallen, vor allem, das es eben ein Fairer Kampf war, indem Askas Bruder ein ebenbürtiger Gegner war.
Wieder sehr schön beschrieben, vom Stil sehr an SA erinnernd!
Hoffentlich hast du noch ein paar mehr OS auf Lager- sehr wahrscheinlich, wenn sogar SA dahinter zurückstehen muss...^^° Du erwähntest ja sowas!

Man liest/ schreibt sich...
LG,
Carcajou
Von:  Hotepneith
2007-07-10T13:11:39+00:00 10.07.2007 15:11
Ausgerechnet Strandhafer.:) Nun, warum nicht.
Hraunar so sterben zu lassen, also als gleichwertigen, ebenbürtigen Gegner für Flugar, hat doch etwas für sich. Auch, wenn Aska offenkundig anderer Meinung ist.( Mit blossen Händen auf einen Bewaffneten loszugehen, auch, wenn der verletzt ist, ist nicht gerade ein Zeichen für auch nur einen Moment Nachdenken. Sie scheint schon immer sejr temperatmentvoll gewesen zu sein.)
Wie viele Seelensplitter hast du eigentich geplant? Oder wartest du einfach auf die Eingebungen?

bye

hotep


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