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Seelensplitter

Rufe aus der Vergangenheit
von

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"Nachglühen"

"Nachglühen"
 

(Eldsvoði - Aska)
 

„Wie sollen wir das nur Neisti erklären…?“
 

Sanft spielt der Wind in den halblangen, roten Haaren des Feuerdrachen, der gedankenverloren in die Ferne starrt, die Gesichtszüge bar jedweder Emotion.
 

Am Horizont senkt sich die goldgelbe Sonne ihrem Untergang entgegen und taucht das stille Meer in warme Orangetöne, die vereinzelten Wolken am Himmel schimmern in den verschiedensten Nuancen von zartem Rosa bis Dunkelviolett.
 

„Verdammt… verdammt… verdammt!!“
 

Der weibliche Eldursdreki tobt und flucht – eine Hand verkrampft gegen die lädierte linke Gesichtshälfte gepresst, die andere so fest zur Faust geballt, dass die Knöchel weiß hervortreten.

Frust und Wut wühlen ihr Innerstes auf, und ihr Rachedurst ist unlängst geweckt.

Sie wird es diesem elenden Luftdrachen heimzahlen…
 

„Aska. Hör mit diesem Theater auf und antworte mir.“
 

Er sitzt mit dem Rücken zu ihr, die Beine überkreuz, die Hände in seinem Schoß gefaltet.

Ruhig, nahezu apathisch wirkt seine reglose Gestalt im Vergleich zu der seiner Schwester, die stetig in Bewegung ist und offenbar nie zur Ruhe kommt.
 

„Was weiß ich, wieso fragst du mich sowas?

Hraunar ist tot, wir sind gescheitert. So einfach ist das.“
 

Seufzend schließt Eldsvoði die Augen.
 

„Wahrscheinlich weiß er ohnehin bereits, was geschehen ist. Fraglich, ob er das verkraftet…“
 

Einer heftigen Schimpftirade aus dem Hintergrund folgt ein unwirsches Schnauben, als sich Aska hinter ihm aufbaut und die Arme vor der üppigen Brust verschränkt.
 

„Unheimlich, wie du anfängst Unsinn zu reden, wenn du nüchtern bist, Eldsvoði. Willst du hier sentimental werden?

Wenn Neisti nicht stark genug ist, das zu überwinden und als Krieger nichts taugt, dann ist es besser für uns, ihn aus dem Weg zu räumen.“
 

Seine Fingerspitzen streichen beinahe zärtlich über die marmorierte kleine Kugel, die seit Stunden in seiner Rechten ruht.

Hraunar…
 

„Denkst du wirklich wir könnten ihn so einfach entbehren? Spürst du es nicht?

Neisti ist unsere einzige Chance…“
 

Von Ungeduld ergriffen packt sie ihn an der Schulter, zwingt ihn gewaltsam dazu, sie anzusehen.

Er wehrt sich nicht gegen den harschen Griff, stellt sich anstatt dessen die Frage, ob sie aufgrund der Erkenntnis, dass ihr linkes Auge gänzlich erblinden und das verletzte Gewebe in ihrem Gesicht vernarben wird, so ungehalten agiert.

Mit Bestimmtheit kann er das nicht behaupten, vermutlich handelt sie aus dem Affekt heraus.
 

„Was willst du damit andeuten?

Dieses weinerliche Kleinkind ist auf dem Schlachtfeld keinen Pfifferling wert.“
 

Eldsvoði lächelt daraufhin milde.
 

„Du täuschst dich, Schwesterherz.

Anscheinend ist dir unser unterschwelliger Triumph tatsächlich verborgen geblieben.

In diesem Kampf haben wir mit Hríðarbylur die Alte Generation komplett ausgelöscht, jetzt bricht eine neue Ära an.“
 

Ihr Blick driftet ins Nachdenkliche ab, sie versteht nicht, worauf er hinaus will.

Natürlich ist ihr bewusst, dass im Clan der Eldursdrekar seit Jahrhunderten keine Repräsentanten der Alten Generation mehr existieren. In den vielen Sippenfehden überleben oftmals nicht ausschließlich die Stärksten, sondern die, die sich als gerissen, flexibel und ausdauernd erweisen.

Und zu dieser Sorte Drachen zählen die Jungen.
 

„Der Machtausgleich zwischen den Elementen hat sich mit der Zeit verschoben, aber gerade, in diesem Moment, sind wir an einem Punkt angelangt, an dem die Karten wieder gemischt werden.

Die Kräfte pendeln sich sozusagen neu ein, was eine perfekte Okkasion für uns darstellt.

Neisti hat das gewisse Etwas, das dazu nötig ist.“
 

Sie lässt von ihm ab, perplex blinzelnd, und entfernt sich einige Schritte.
 

„Das gewisse Etwas?“
 

Unmerklich schweift sein Augenmerk gen Westen.
 

„Hríðarbylurs Macht war allgegenwärtig, man konnte sie manchmal bis in unsere Heimat fühlen – das war bei allen Drachen der Alten Generation der Fall.

Ihre Nachfolger sind die, die über dasselbe Potential verfügen, und davon gibt es lediglich wenige.

Hraunar trug es in sich; ich nicht, du nicht. Dafür wohnt es Neisti ebenso inne wie ihm.“
 

Verwirrt hebt Aska eine Augenbraue, taxiert ihn mit einem fragenden Ausdruck.
 

„Was ist mit den Loftdrekar?“
 

Die Neugierde ist ihre Schwäche, doch Eldsvoði stört sich nicht an speziellen Charaktereigenschaften seiner Geschwister.

Zudem schmeichelt es ihm, dass sein Wissen geschätzt wird – hinsichtlich dessen zollt ihm kaum jemand einen gebührenden Respekt.
 

„Súnnanvindur nicht, dafür sein Sohn.“
 

Er prahlt nicht mit seiner Überlegenheit, also muss er wohl oder übel einräumen, selbst Schuld daran zu tragen, für einen faulen, dauerhaft berauschten Idioten gehalten zu werden.

Mit seinem Ruf ist es nicht weit her.
 

„Die Vatnsdrekar?“
 

Erschöpft lehnt er sich zurück, schaut ins Zwielicht der aufkommenden Dämmerung am Firmament auf.

Was wird die Zukunft ihnen bringen?
 

„Aranami und ihr Erstgeborener.“
 

Insgesamt wohl ein Dutzend, womöglich weniger – Neisti wird rasch lernen müssen, um sich behaupten zu können, und darin vermeint er seine Aufgabe zu erkennen.

Alles für die Eldursdrekar, und wenn es sein Leben kosten wird.
 

„Wie steht es mit den übrigen? Jörðardrekar? Ísdrekar?“
 

Eldsvoði zuckt ratlos die Achseln. Dem kann er nichts erwidern.

Die Clans, die sich im Schatten verbergen, werden die Gelegenheit nicht unangetastet vorüber ziehen lassen, dessen ist er sich sicher.
 

„Der wahre Krieg um die absolute Machtdominanz beginnt erst.“
 

***---***---***
 

[Anm. der Autorin]

Tja, ursprünglich für später, für das Ende der Reihe geplant, aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dieser OS passt ganz gut zum aktuellen SA-Kapitel.

Wieder mal hätte mir die englische Variante "afterglow" besser gefallen, hätte sich allerdings zu arg vom Rest abgegrenzt; trotzdem einer meiner Favoriten. Spielt direkt nach der Niederlage der Feuerdrachen im Kampf gegen die Luftdrachen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Carcajou
2007-09-07T13:37:38+00:00 07.09.2007 15:37
Puh, mal wieder sehr eindrucksvoll.
Denkt und fühlt man sich da so richtig ein, dann wird einem die tragweite des Geschehenen in regelrecht bedrückendem Ausmaß bewusst. Die alte Garde ausgelöscht, und die nachfolgende Generation wird mit allen Mitteln um die Dominanz ihres jeweiligen Clans kämpfen... Düstere Aussichten für die Zukunft. Und irgendwie hat das alles so einen endgültigen, traurigen Beigeschmack, auch insbesondere, was die Rolle von Flugar in diesem Drama betrifft...
schön war der Kontrast zischen dem Verhalten von Aska und ihrem Bruder- ihr hitziges Temperament hatte sie wohl schon immer- und das ihr Bruder trotz seines Drogenkonsums nicht zu unterschätzen ist, hattest du ja schon bei Bundoris Auftritt angedeutet.

Freu mich auf nächsten Dienstag...^^°

LG,
Carcajou
Von: abgemeldet
2007-09-05T14:05:54+00:00 05.09.2007 16:05
WOW ich bin wirklich schwer beeindruckt, woher hast du nur all diese komplizierten Namen????. Die meisten kann ich mir nicht merken, geschweige den aussprechen. ^^°

Vielleicht bekomm ich ja dazu ne Antwort. ^-^

Die Disskusion ziwschen den Geschwister fand ich sehr unterhaltsam, gleichwohl sie am Anfang für mich etwas verwirrend war. ^-^


24
Von:  Hotepneith
2007-09-05T12:54:12+00:00 05.09.2007 14:54
Der wahre krieg um die Macht beginnt, ja, das passt zum aktuellen Kapitel.
Ich frage mich nur, warum sich diese Clans dauernd bekriegen wollen und müssen^^. Alle Elemente zusammen wären eigentlich unschlagbar.

Flugar hat also die Macht der ersten Drachengeneration? Hm.Warum überrascht mich das nicht, und warum gefällt es mir im Hinblick auf die sich anbahnende Entwicklung in SA nicht? Seufz. Ich sag ja schon ncihts mehr...

bye

hotep




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